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    Zinsen  936  0 Kommentare Notenbanken spielen Katz und Maus

    War es nur ein Testballon oder deutet sich da etwa auch bei der Europäischen Zentralbank (EZB) eine Wende an? Die Äußerungen des europäischen Notenbankchefs Mario Draghi auf der Notenbankkonferenz im portugiesischen Sintra klangen jüngst deutlich optimistischer als bisher. Alle Zeichen deuteten auf eine Festigung und Verbreiterung der Erholung in der Eurozone hin. Die Gefahr von Deflation sieht Draghi mittlerweile gebannt. Die nicht mehr explizite Betonung, dass eine expansive Geldpolitik weiter notwendig sei, deutete der Markt als Signal, dass die EZB sich darauf vorbereite, ihre Staatsanleihenkäufe von derzeit 60 Mrd. Euro pro Monat ab Januar kommenden Jahres herunterzufahren.

    Prompt ging der Euro in den Rallyemodus über, die Aktienmärkte in den Sturzflug und die Anleihenrenditen zogen kräftig an. Die Rendite der 10-jährigen Bundesanleihen durchbrach erstmals wieder die 0,50 Prozent nach oben - eine Marke, die seit 2015 nicht mehr erreicht wurde. In der Konsequenz emittiert nun auch die Deutsche Finanzagentur wieder zehnjährige Bundesanleihen mit einem positiven Kupon: Die aktuelle Emission kommt erstmals seit langem nicht mehr mit Nullzinsen, sondern mit einem Zinskupon von 0,50 Prozent p.a. auf den Markt.

    Zwar bemühten sich Notenbank-Insider schon kurz nach Draghis Aussagen, etwas Wind aus den Segeln zu nehmen. Der EZB-Chef sei überinterpretiert worden, Draghi habe sich mit seinen Äußerungen nicht auf eine konkrete Entscheidung zum Eindämmen der Geldflut festgelegt. Doch an den Märkten verpufften die Beschwichtigungsversuche. Kein Wunder: Die als „taper tantrum“ in die Geschichte eingegangene Achterbahnfahrt an den Börsen im Jahr 2013 ist vielen Marktteilnehmern tief ins Gedächtnis eingebrannt.

    Der damalige US-Notenbank-Chef Ben Bernanke erklärte in einer Anhörung im US-Kongress beiläufig, die Fed könnte bei anhaltend positiven Wirtschaftsdaten ihre Wertpapierkäufe allmählich zurückfahren – und löste damit weltweit heftige Reaktionen an den Aktien- und Rentenmärkten aus.

    Wie die Notenbanken die Märkte vor sich hertreiben, beweist auch einmal mehr die US-Notenbankchefin Yellen: Bei der amerikanischen Notenbank schien der Zinszug ja eigentlich eher stärker Fahrt aufzunehmen, doch die letzten Äußerungen von Yellen waren verhalten vorsichtig. Auf einmal erscheint eine Zinserhöhung im September nicht mehr als ausgemachte Sache. Der Aktienmarkt reagierte prompt mit einem kleinen Satz nach oben, in der Hoffnung, der Zinszug würde sein Tempo eher wieder verlangsamen.

    Mangels Alternativen, bleiben Aktien somit auf der Sonnenseite. Fast sieht es sogar so aus, dass der übliche Kurs-Dip im Sommer dieses Jahres ausbleibt, denn vor allem die amerikanischen Indizes kratzen immer wieder an neuen Höchstständen. Für Euro-Anleger kommt nur deshalb nicht so viel an, weil die europäische Währung gerade eine wahre Aufholjagd hinlegt.

    Das Zinsthema kann dem US-Dollar nicht mehr helfen. Vom Tief im Dezember letzten Jahres bei 1,04 ist der Euro mittlerweile auf über 1,14 gespurtet. Wird auch noch die 1,15 überwunden, könnte eine zweijährige Durststrecke für den Euro zu Ende gehen und die Einheitswährung wieder in Regionen deutlich über die 1,20 tragen. Spätestens wenn auch die EZB die Zinszügel anzieht, und sich die Zinsdifferenz zwischen USA und Europa wieder schmälert, könnte es mit niedrigen Euro-Dollar-Kursen endgültig vorbei sein.



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    Dr. Marc-Oliver Lux
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    Dr. Marc-Oliver Lux ist Mitgründer und Geschäftsführer der Vermögensverwaltung Dr. Lux & Präuner in München, die seit über 20 Jahren Privatkunden und Unternehmer im deutschsprachigen Raum betreut. Spezialität des Hauses sind regelbasierte und prognosefreie Anlagekonzepte in Aktien und ETFs, die einfach nachvollziehbar und bestechend in ihrer Performance sind. Weitere Informationen finden Sie unter www.LPVV.de.
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    Verfasst von Dr. Marc-Oliver Lux
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