Gerhard Schröder war noch viel zu leise: Die Amerikaner lieben deutliche Kritik - 500 Beiträge pro Seite
eröffnet am 20.09.02 20:02:26 von
neuester Beitrag 20.09.02 22:09:58 von
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Frankfurter Allgemeine Zeitung, 20.09.2002, Nr. 219 / Seite 39
Vom Nachteil, kein Amerikaner zu sein / Von Norman Birnbaum
Angenommen, ein wiedergewählter Kanzler Gerhard Schröder würde dem Sicherheitsrat der
Vereinten Nationen den Vorschlag unterbreiten, einen Regimewechsel in den Vereinigten Staaten
zu erzwingen - weil die amerikanische Außenpolitik die eines Schurkenstaates sei, weil das
amerikanische Wahlsystem einige Grundprinzipien der Demokratie ignoriere und weil der
amerikanische Kapitalismus nur durch einen Wechsel zur Sozialen Marktwirtschaft zivilisiert
werden könne. 262 Jahre nach der Verkündung der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung, so
könnte der Kanzler argumentieren, seien deren Versprechen immer noch unerfüllt. Eine
internationale Streitmacht müsse die Vereinigten Staaten vor sich selbst retten. Was würde
geschehen?
Vermutlich würde Edmund Stoiber in einer ersten Reaktion erklären, er stimme im Prinzip zu,
müsse Schröder aber vorwerfen, den deutschen Föderalismus nicht energisch genug als Vorbild
für eine reformierte amerikanische Verfassung beschworen zu haben. Das Pentagon würde
ankündigen, die Zahl der Nachbarschaftsfeste auf den amerikanischen Stützpunkten in
Deutschland zu vervielfachen. Das Außenministerium in Washington ließe verlauten, daß die
Zusammenarbeit zwischen den beiden Nationen nicht gefährdet sei, da sich Offenheit unter
Freunden von selbst verstehe. Nur die eigens aus der Reklameindustrie rekrutierte
Medienberaterin von Colin Powell würde deutlicher werden: Es sei klar, daß Schröder die
falschen Bücher gelesen habe.
Von der israelischen Lobby käme die übliche Reaktion in Form des
klassischen Telegramms aus Jerusalem: Fangt an, euch Sorgen zu machen, Details folgen.
Und unsere Deutschland-Experten würden wie ein Mann einen einzigen Gedanken verkünden:
Schröders Vorschlag ist ein Wahlgeschenk an die Linke.
...
Wenn Schröder jetzt kurz vor der Wahl wegen seiner Irak-Politik Opportunismus vorgeworfen
wird, so hat er sich das selbst zuzuschreiben. Er hat sich um Politikfelder wie die Bekämpfung der
globalen Armut oder den Entwurf einer neuen internationalen Ordnung nicht gekümmert. Sein
Widerstand gegen einen Krieg mit dem Irak wäre einleuchtender, wenn er Teil einer schlüssigen
Weltsicht wäre. Zur Durchsetzung dieses Weltbildes aber hätte Schröder erheblich größere
Anstrengungen unternehmen müssen, die deutsch-französischen Beziehungen zu modernisieren.
Und er wäre verpflichtet gewesen, der britischen Labour Party therapeutische Hilfe anzubieten,
um Tony Blair von einer englischen Krankheit zu heilen: systematische Heuchelei.
...
Schröders Weigerung, sich am Krieg zu beteiligen, ist eine Rückkehr zu den Quellen seines
politischen Engagements. Wie die deutsche Öffentlichkeit würde er gut daran tun, die Attacken
jener zu ignorieren, deren Geschichtsphilosophie "Ihr seid entweder für uns oder gegen uns" ein
Ausdruck geistiger Armut ist.
Schröder, wie unvollkommen auch immer, hat seine Schlüsse aus der deutschen Geschichte
gezogen. Während ich dies schreibe, versucht der amerikanische Regierungsapparat verzweifelt,
das Undenkbare zu verhindern: eine internationale Vereinbarung, die einen Krieg gegen den Irak
überflüssig machen würde. Eine neue deutsche Regierung, soviel kann man als Kulturkritiker
feststellen, wird daher in Zukunft, wenn sie es ernst meint, häufiger mit den Vereinigten Staaten
streiten müssen, nicht weniger. Es ist Schröders Verdienst, nicht vom wahren Schlachtfeld
geflohen zu sein.
Aus dem Amerikanischen von Heinrich Wefing.
Der Autor, Jahrgang 1926, ist Professor emeritus an der Georgetown University, Washington,
D.C. Wir setzen mit seinem Beitrag die Diskussion über Gerhard Schröders
Abwendung von der "uneingeschränkten Solidarität" mit den Vereinigten Staaten fort, die
Christian Geyer (Feuilleton vom 18. September) eröffnet hat.
Vom Nachteil, kein Amerikaner zu sein / Von Norman Birnbaum
Angenommen, ein wiedergewählter Kanzler Gerhard Schröder würde dem Sicherheitsrat der
Vereinten Nationen den Vorschlag unterbreiten, einen Regimewechsel in den Vereinigten Staaten
zu erzwingen - weil die amerikanische Außenpolitik die eines Schurkenstaates sei, weil das
amerikanische Wahlsystem einige Grundprinzipien der Demokratie ignoriere und weil der
amerikanische Kapitalismus nur durch einen Wechsel zur Sozialen Marktwirtschaft zivilisiert
werden könne. 262 Jahre nach der Verkündung der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung, so
könnte der Kanzler argumentieren, seien deren Versprechen immer noch unerfüllt. Eine
internationale Streitmacht müsse die Vereinigten Staaten vor sich selbst retten. Was würde
geschehen?
Vermutlich würde Edmund Stoiber in einer ersten Reaktion erklären, er stimme im Prinzip zu,
müsse Schröder aber vorwerfen, den deutschen Föderalismus nicht energisch genug als Vorbild
für eine reformierte amerikanische Verfassung beschworen zu haben. Das Pentagon würde
ankündigen, die Zahl der Nachbarschaftsfeste auf den amerikanischen Stützpunkten in
Deutschland zu vervielfachen. Das Außenministerium in Washington ließe verlauten, daß die
Zusammenarbeit zwischen den beiden Nationen nicht gefährdet sei, da sich Offenheit unter
Freunden von selbst verstehe. Nur die eigens aus der Reklameindustrie rekrutierte
Medienberaterin von Colin Powell würde deutlicher werden: Es sei klar, daß Schröder die
falschen Bücher gelesen habe.
Von der israelischen Lobby käme die übliche Reaktion in Form des
klassischen Telegramms aus Jerusalem: Fangt an, euch Sorgen zu machen, Details folgen.
Und unsere Deutschland-Experten würden wie ein Mann einen einzigen Gedanken verkünden:
Schröders Vorschlag ist ein Wahlgeschenk an die Linke.
...
Wenn Schröder jetzt kurz vor der Wahl wegen seiner Irak-Politik Opportunismus vorgeworfen
wird, so hat er sich das selbst zuzuschreiben. Er hat sich um Politikfelder wie die Bekämpfung der
globalen Armut oder den Entwurf einer neuen internationalen Ordnung nicht gekümmert. Sein
Widerstand gegen einen Krieg mit dem Irak wäre einleuchtender, wenn er Teil einer schlüssigen
Weltsicht wäre. Zur Durchsetzung dieses Weltbildes aber hätte Schröder erheblich größere
Anstrengungen unternehmen müssen, die deutsch-französischen Beziehungen zu modernisieren.
Und er wäre verpflichtet gewesen, der britischen Labour Party therapeutische Hilfe anzubieten,
um Tony Blair von einer englischen Krankheit zu heilen: systematische Heuchelei.
...
Schröders Weigerung, sich am Krieg zu beteiligen, ist eine Rückkehr zu den Quellen seines
politischen Engagements. Wie die deutsche Öffentlichkeit würde er gut daran tun, die Attacken
jener zu ignorieren, deren Geschichtsphilosophie "Ihr seid entweder für uns oder gegen uns" ein
Ausdruck geistiger Armut ist.
Schröder, wie unvollkommen auch immer, hat seine Schlüsse aus der deutschen Geschichte
gezogen. Während ich dies schreibe, versucht der amerikanische Regierungsapparat verzweifelt,
das Undenkbare zu verhindern: eine internationale Vereinbarung, die einen Krieg gegen den Irak
überflüssig machen würde. Eine neue deutsche Regierung, soviel kann man als Kulturkritiker
feststellen, wird daher in Zukunft, wenn sie es ernst meint, häufiger mit den Vereinigten Staaten
streiten müssen, nicht weniger. Es ist Schröders Verdienst, nicht vom wahren Schlachtfeld
geflohen zu sein.
Aus dem Amerikanischen von Heinrich Wefing.
Der Autor, Jahrgang 1926, ist Professor emeritus an der Georgetown University, Washington,
D.C. Wir setzen mit seinem Beitrag die Diskussion über Gerhard Schröders
Abwendung von der "uneingeschränkten Solidarität" mit den Vereinigten Staaten fort, die
Christian Geyer (Feuilleton vom 18. September) eröffnet hat.
Wie wahr!
guter Beitrag. Find ich auch. Nur erstaunlich, dass er aus der FAZ ist.
#3 xylophon,man lernt doch nie aus,überrascht bin ich darüber doch sehr,oder habe ich etwas nicht verstanden?.
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