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    Deutschlands Zukunft: mögliche Szenarien, Optionen, Prognosen - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 07.09.02 14:40:23 von
    neuester Beitrag 12.10.03 14:34:21 von
    Beiträge: 38
    ID: 630.027
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      schrieb am 07.09.02 14:40:23
      Beitrag Nr. 1 ()
      Ein neuer Thread darüber, wie die Zukunft Deutschlands aussehen könnte und welche Möglichkeiten die Politik hat, diese zu beeinflussen.
      Da künftige Veränderungen auf den Voraussetzungen der Gegenwart beruhen und diese wiederum Ergebnisse von Entwicklungen sind, die mehr oder weniger weit in die Vergangenheit reichen, wünsche ich mir eine weit ausgreifende Diskussion. Diese sollte aber - bitte! - frei von parteipolitischem, ideologischem und Wahlkampf-Gezänk sein.
      Ich würde mich freuen, wenn sich auch so kompetente User wie Auryn und for4zim hier einstellen würden, um u.a. die Diskussion mit Fakten zu Geschichte und Politik zu unterfüttern.

      Okay - es muß ja einen Nukleus geben, von dem aus das Gespräch beginnen kann. Ich schlage dazu das Thema "derzeitige Handlungsoptionen" der Regierung vor (egal, ob es die aktuelle rot-grüne oder eine andere nach den Wahlen ist), und diese ist m.E. entscheidend von der Lage der Staatsfinanzen abhängig.
      Es gibt einen guten Link, um sich hierzu mal schlau zu machen: http://home.t-online.de/home/dieter.meyer/homepage.htm bzw. http://www.staatsverschuldung-online.de/ und http://www.staatsverschuldung.de/
      ( http://www.google.de/search?q=Staatsverschuldung&ie=ISO-8859… )

      Dies ist aber nur ein Aspekt. Weitere könnten sein: Demographische Aussichten - auch in Relation zu anderen wichtigen Ländern -, Bildung / Ausbildung, kultur- und gesellschaftspolitische Entwicklungen usw.

      Meine These zu dem o.g. Aspekt: Deutschland hat, wie viele andere westliche Länder, den point of no return bei der Verschuldung schon überschritten. Demzufolge muß es nach einem Prozeß des schleichenden, aber allmählich sich beschleunigenden Niedergangs von staatlicher Handlungsfähigkeit und in deren Gefolge von wirtschaftlicher Prosperität in mittlerer Zukunft zu einem finanziellen Kollaps kommen.
      Ich halte eine Entwicklung für wahrscheinlich, wie sie im 3. Link beschrieben wird:
      __________________________________________________________________________________________________________________


      Die ungebremste Staatsverschuldung - was kann passieren?

      Aufbau der Schulden: Wenn ein Staat keine oder geringe Schulden hat, kann er jahrzehntelang Schulden aufbauen, ohne dass dies fühlbare Folgen für die Bürger hat. Außer den eigentlichen Staatsausgaben können auch die Zinsen aus neuen Schulden bezahlt werden. Die Bürger gewöhnen sich an überhöhte Staatsausgaben. Deutschland 1955-1995.

      Reformstau: Die Zinsen können nicht mehr aus der Neuverschuldung bezahlt werden, sondern allgemeine Steuermittel werden eingesetzt. Folge sind staatliche Sparprogramme, Steuererhöhungen und härtere Verteilungskämpfe. Schwarzarbeit breitet sich aus. Reformen, die Geld kosten, unterbleiben. Wechselnde Regierungen versuchen sich an demselben Problemen. Deutschland heute.

      Der geschwächte Staat: Finanzierungsprobleme führen dazu, dass einige Gesetze nur noch auf dem Papier stehen; dem Staat entgleitet teilweise die Kontrolle. Aus verbreiteter Schwarzarbeit entwickelt sich eine komplette Schattenwirtschaft. Zudem wird das staatliche Gewaltmonopol durch mafiose Strukturen ausgehöhlt. Italien in den 80er Jahren.

      Finanzkrise: Die ausländischen Gläubiger der Staatsanleihen zweifeln, ob die laufenden Anleihen pünktlich und vollständig zurückgezahlt werden können. Die Zinsen schießen in die Höhe, Währung und Börsenkurse stürzen ab. Argentinien 2001/2002.

      Wirtschaftskrise: Die Störung greift auf die private Wirtschaft über. Konkurswelle, Massenentlassungen. Deutschland Ende der 20er Jahre.

      Staatskrise: Gigantische Einnahmeausfälle machen es dem Staat unmöglich, seinen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen. Verelendung des Teils der Bevölkerung, der sein Einkommen vom Staat bezieht: Rentner, Beamte, Soldaten, Arbeitslose, die Beschäftigten im Gesundheitswesen. Begünstigt werden radikale, autoritäre politische Strömungen. Zunehmende Bereitschaft zur Anwendung von Gewalt nach innen und außen. Deutschland Anfang der 30er Jahre; Russland Mitte der 90er Jahre.

      Mit dieser Darstellung soll keineswegs behauptet werden, dass Staatsverschuldung geradewegs in die Staatskrise führt. Auch waren in den oben genannten historischen Situationen viele andere Faktoren beteiligt, in Russland etwa die Schwäche des Staatssozialismus. Aber Staatsverschuldung begünstigt derartige Entwicklungen.

      _________________________________________________________________________________________________________________

      Eine erste, pessimistische Annahme zur Zukunft dieses Staates.


      Gruß, ViccoB.
      Avatar
      schrieb am 07.09.02 15:11:07
      Beitrag Nr. 2 ()
      @ViccoB

      Ohne jetzt alle Daten und Fakten zur Hand zu haben...was Du schreibst, klingt für mich durchaus realistisch.

      Deutschland ist zu einschneidenden Reformen unfähig, weil die Verflechtungen der verschiedenen sozialen und politischen Interessensgruppen in unserem System schon zu weit fortgeschritten sind. Man sägt nicht gern an dem Ast, auf dem man sitzt. Man hofft, irgendwie über die Runden zu kommen.

      Anstatt sich auf schmerzliche Einschnitte für alle einzustellen, werden weiter Geisterdebatten um halbherzige Wahlprogramme geführt.

      Zitat aus einem der links:

      „Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist die Schärfe des Problems Staatsverschuldung nur wenigen Bürgern bewusst. Daher ist vorrangig die Aufklärung: Zunächst einmal muss das Bewusstsein dafür geschärft werden, dass wir ein Riesenproblem haben und dass wir es dringend lösen müssen. Wenn das erreicht ist, mag der Meinungsstreit beginnen. Aber soweit sind wir noch lange nicht. „

      Bingo!

      mfg
      C.T.D.
      Avatar
      schrieb am 07.09.02 16:58:21
      Beitrag Nr. 3 ()
      Ein weiterer provokativer Link zum Thema:

      http://www.tadema.de/aktuell/infl.html

      Auszüge hieraus:

      Zitate und Meinungen
      Manche Behauptungen werden von Politikern nur deshalb richtig genannt, weil sie falsch sind!

      "Allzu oft zeigen wir nur das im Fernsehen, was Politiker als Politik ausgeben. Und nicht das, was wirklich Politik ist." (Klaus Bresser im Dezember 87)


      Legaler Betrug am kleinen Mann: Staatsschulden!
      Deutschland hat keine Nettoverschuldung gegenüber dem Ausland d.h. daß allen Schulden im Land deutsche Gläubiger [ 1 ] gegenüberstehen. Der sogenannte öffentl. Schuldenberg wird über festverzinsliche Rentenpapiere refinanziert. Das sind Bundesobligationen, Bundesschatzbriefe, Bundesanleihen. Anleihen bei öffentlich rechtlichen Institutionen wie die Landesbanken, Post, Treuhand, Wiederaufbau-Kreditinstitute. Dann gibt es noch Anleihen bei Länder und Kommunen. Alle Papiere werden auf dem freien Markt erworben, der Preis bestimmt ihre Rendite. Der Schuldenberg ist somit eine reale Größe. Gekauft wird auch von Privatanlegern, die damit Gläubiger der öffentl. Hand sind. Das Groß wird allerdings von Banken und Versicherungen gekauft. So der Kreislauf. Der Bürger spart Geld, und bringt es zur Bank oder gibt es den Versicherern. Die geben es wiederum der öffentl. Hand. Die öffentliche Hand gibt es für meist nebulöse Dinge wieder aus. Dafür zahlt der Bürger Steuern, womit der Staat seine Schulden begleicht. Die Bank zahlt wieder an den Sparer aus. Das Geld wird eigentlich immer nur verschoben. Fazit: Der Bürger zahlt an sich selbst, verdienen tut nur die Bank! Die Schulden des Bundes aber werden bei wirtschaftlicher Betrachtung nicht getilgt; die fälligen Zinsen werden durch neu aufgenommene Kredite finanziert. So werden heute und in Zukunft Zinsen für Kredite gezahlt, für die ein Gegenwert gar nicht mehr vorhanden ist. Das wiederum heißt: Der Staat ist bankrott (im Volksmund: Pleite).

      Warum Eichels Staatsentschuldung scheitern wird! / Wer sind die Staatsverschulder?
      Obwohl die Staatsverschuldung dazu beiträgt, Arbeitsplätze zu vernichten, machen auch die Schröderisten damit weiter. Die chronische, Staatsverschuldung ist nicht in erster Linie Ergebnis ungelöster Probleme des Staates, sondern der Ökonomie.
      Während in den 60er Jahren noch zwei Drittel der Gewinne von der Wirtschaft reinvestiert wurde, ist es heute nicht mal mehr ein Drittel. Es wird mehr Geld für Fusionen ausgegeben als für Arbeitsplätze. Die Entnahmen stiegen schneller als die Unternehmensgewinne und natürlich auch viel stärker als Löhne und Gehälter.
      Es ist sehr viel Geld da, das nicht arbeitet. Mit staatlicher Hilfe macht es enorme Gewinne (Subventionen, Steuerabschreibungen, Kostenübernahme). Die deutsche Wirtschaft wächst heute nur noch, weil Staatsknete sie vorantreibt.
      Gründe der Staatsverschuldung, die im Staatsapparat selbst liegen, sind: -die Selbstbedienung der politischen Klasse mit Doppelt- und Dreifacheinkommen, -die Dauersubvention von Parteien, Fraktionen und Stiftungen aus Steuergeldern, -die Korruption, die zu Geldverschwendung führt.
      Regierungen subventionieren die Wirtschaft, schwächen den Sozialstaat und treiben die Verschuldungsspirale ins Unendliche. Fast die Hälfte der Steuereinnahmen gibt der Bund heute für Zins und Tilgung aus. Die Schuldigen tragen dazu bei, Arbeitsplätze zu vernichten und Demokratie zu zerstören.
      Schreckgespenst: Inflation
      Mal sehen, ob ich das hinkriege: Die Aktien steigen, weil VW oder Siemens, vielleicht beide 5000 Arbeiter entlassen, sie steigen aber auch, wenn die Rente sinkt; darauf hin fällt die D-Mark weil die Zinsen fallen; das könnte bedeuten, daß die Inflation steigt -und die steigt; also steigen die Zinsen und deswegen fallen die Aktien wieder; die fallenden Aktien könnten eine schlechte Wirtschaftslage bedeuten, deswegen fällt der Wert der D-Mark; nun können die Exporteure wieder mehr exportieren, und deswegen steigen die Aktien; weil die Aktien steigen, werden die Renten .., ja, was denn nun? Politiker befragt, würden die nur unwissend klug oder unklug daherreden. Von den volkswirtschaftlichen Zusammenhängen haben sie ebenso wenig Ahnung, wie Sie und ich.
      So wie es aussieht, haben Wirtschaftswissenschaftler auch wenig Ahnung vom Markt, von dem, was die Menschen, was uns alle bewegt, wann wir kaufen oder nicht kaufen, wann wir sparen oder verbrauchen, wann wir Geld ausgeben oder nicht ausgeben. Das zu wissen, darauf käme es aber an! Sie verkaufen uns und den Politikern immer nur ihre Irrlehren z.B. die Kaufkrafttheorie. Die Kaufkrafttheorie ist schnell erklärt. Verfügbares Geld wird ausgegeben - sofort und: Je mehr Geld - desto mehr Nachfrage. Das mag früher mal gegolten haben, heute stimmt das nicht mehr. Vielleicht sparen die Leute ja? Niemand mehr muß jede zusätzliche Mark sofort wieder ausgeben. Damit sind wir schon beim Wohlstand. Mehr Geld bedeutet zwar mehr Kaufkraft, aber noch lange keine Kauflust. Wohlstand hat die Welt verändert, Ökonomen haben es nur noch nicht bemerkt. Wenn aber durch einen Armutsbericht aufgeklärt, dann wird dieser ignoriert oder schnell wieder vergessen. Inflation ruft Kaufkraftschwund hervor mit für jeden spürbare Teuerung. Teuerung ist aber nur eine Begleiterscheinung der Inflation. Die eigentliche Krankheit ist die Aufblähung in Teilen der Wirtschaft. Aufblähungen aber sind Überkapazitäten. Aufblähungen sind auch die vermehrt festzustellende Wucherung der Geldvermögen. "Die Reichen werden immer reicher, die Armen immer ärmer". Beispiel: Michael Schumacher verdient eine Viertelmillion Mark am Tag ("Bild" vom 25.5.2001). Um das Geld nach Hause zu tragen, braucht er einen Umzugskarton. Er ist fast Milliardär, kann das Geld aber nicht ausgeben, will es auch gar nicht. Soll er sich jeden Tag einen Ferrari, ein Haus oder ein Flugzeug kaufen?
      Also, nicht die um 20% teurere Milch, die um 17% gestiegenen Benzinkosten, die um 16% gestiegenen Kosten für Gas und Heizöl u.v.m. sind Schuld an der Krankheit Inflation sondern die Überkapazitäten an faulen Schulden, Produktionsüberkapazitäten und das Geldvermögen.
      Hauptschuld an der Inflation hat in jedem Fall die Bundesregierung, die vor lauter Arroganz jeden Fehler macht der denkbar ist. Die Deutschen wissen alles besser, können alles besser und sind deshalb überall nur das Schlußlicht. Mitschuld an der Inflation ist auch die Wirtschaft. "Die Wirtschaft sind wir alle" , sagt Hans-Olaf Henkel. Er sagt auch: "Beim Schaffen von Arbeitsplätzen sind wir europäisches Schlußlicht, beim Wachstum auch. Aber bei der Inflation, da sind wir ganz vorn mit dabei" . Konzerne machen atemberaubende Gewinne, Steuern zahlen sie kaum. Oft werden sie bei der Bundesregierung vorstellig, um sich Geschenke abzuholen. 500 Millionen Mark an Daimler-Benz, 200 Millionen Mark an Siemens, alles ohne daß auch nur ein Arbeitsplatz geschaffen würde. So gesehen hat Hans-Olaf Henkel recht: Die Wirtschaft, das sind wir! Dann machen wir uns unsere Inflation selber? Ja, ein wenig schon!
      Schuld haben die "Frankfurter Währungshüter", weil nämlich diese mit ihrer rigiden Geldpolitik die Binnenkonjunktur regelrecht abwürgt. Die Frage ist: geht der Zentralbankrat mit seiner Unabhängigkeit verantwortungsvoll um? Die EZB hält die Zinsen hoch und handelt somit verantwortungslos. In den USA handelt man genau andersherum.
      Jetzt macht Riester Banken und Versicherungen ein schier unglaubliches Geschenk, die private Zusatzversicherung zur Rente (Riester-Rente). Ausgerechnet an die Krebsgeschwüre in unserer Wirtschaft - der schlimmsten Geldvernichtungsmaschinerie die man sich vorstellen kann - geht dieses Geschenk, dem wohl größten nach dem 2. Weltkrieg. Folge davon: immer weniger Geldverkehr. Geld das nicht ausgegeben, die Wirtschaft nicht ankurbeln kann, denn Versicherer horten ja nur. Die Inflation steigt und beginnt sich in Folge dessen selbst zu ernähren.




      C.T.D.
      Avatar
      schrieb am 08.09.02 19:28:00
      Beitrag Nr. 4 ()
      Hallo CTD,

      Gruß zurück. Wer steckt übrigens hinter "tadema"? Ich habe den Namen nicht herausfinden können...

      Ein weiteres heraufziehendes "Unheil" für Deutschland (und die meisten anderen europäischen Länder) besteht - wer wüßte das inzwischen nicht - in dem bereits in vollem Gange befindlichen demographischen Niedergang.

      Wenn hier mal die zu erwartenden Zahlen für die Einwohnerentwicklung der nächsten 25 - 50 Jahre aufgelistet würden, und zwar
      - Stärke eines Jahrgangs
      - Geburtenrate
      - Bevölkerungszu- bzw. Abnahme,
      und das im Vergleich einiger Länder Europas untereinander und dann mit einigen asiatischen und afrikanischen Ländern, dann würden manche kaum glauben, was sie da zu sehen bekommen.

      Ein Vergleich, beschränkt auf 2 Länder:

      Wird in Deutschland wie im Moment jede Generation nur zu 60% ersetzt, haben wir in der der nächsten statt einer Jahrgangsstärke von ca. 700.000 Menschen noch 420.000, in der übernächsten, d.h. in ca. 50 Jahren noch 252.000. Übrigens hatte allein die alte Bundesrepublik Ende der sechziger Jahre etwa 1.100.000 Geburten pro Jahr.

      Demgegenüber die Türkei; bevölkerungsmäßig gar kein aus dem Rahmen fallendes Land, das von afrikanischen und asiatischen Staaten mühelos "überholt" wird:

      Seit der Staatsgründung im Jahre 1923 ist die türkische Bevölkerung stark angewachsen. Damals lebten gerade einmal 12 Millionen Menschen in der Türkei. Die erste offizielle Volkszählung von 1927 ergab eine Wohnbevölkerung von 13,7 Millionen Personen. Im Jahre 1965 waren es dann aber schon 31 Millionen Einwohner.

      Der letzte Zensus von 1990 ergab 56,4 Millionen Bewohner. Davon waren 28,6 Millionen männliche und 27,9 Millionen weiblich. Somit hatten Männer einen Bevölkerungsanteil von 50,6 Prozent und Frauen einen Anteil von 49,4 Prozent. Gegenüber dem Wert von 1965 hat sich die Bevölkerung bis zum Jahre 1995 auf geschätzte 63 Millionen Personen verdoppelt. Das durchschnittliche Bevölkerungswachstum beträgt zur Zeit 2,17 Prozent. Zum Vergleich hat Irland als das Land mit höchsten Wachstumsrate in der EU nur ein jährliches Bevölkerungswachstum von 0,5 Prozent. Bis zum Jahr 2000 wir die Bevölkerung in der Türkei noch einmal um 5 Millionen Menschen wachsen.

      Die Türkei ist ein Land mit einem hohen Anteil an Jugendlichen. Daran ändert auch das Ansteigen des Durchschnittsalters der türkischen Bevölkerung seit 1970 von 18,95 auf 22,21 Jahre in 1990 nicht viel. Knapp 20 Millionen Menschen sind unter 14 Jahre alt. In der Bundesrepublik Deutschland gab es 1993 bei einer Gesamtbevölkerung von 81 Millionen weniger als 13 Millionen Jugendliche im Alter bis 14 Jahre.

      Quelle : Nachbar Türkei - kiara., Frankfurter Allgemeine, 1997

      und als Ergänzung:

      SPIEGEL ONLINE - 20. September 2001, 09:06
      http://www.spiegel.de/almanach/laender/0,1518,153819,00.html

      Bevölkerung: 67,632 Mio. Einwohner, davon rund 80 % Türken, 20 % Kurden
      Minderheiten: Araber 2 %, Tscherkessen und Georgier je 0,5 %.
      In Deutschland leben ca. 2 Mio. Türken. In Städten leben 75 %, unter 15 J. sind 30 % der Bevölkerung
      Bevölkerungsdichte: 86,8 Einwohner/km2
      Bevölkerungswachstum: 1,32 %
      Fruchtbarkeitsrate: 2,3 Geburten/ Frau

      In der Türkei werden momentan etwa 1.450.000 Kinder pro Jahr geboren;
      dort sehen die Zahlen für die Jahre 2025 und 2050 so aus:
      1.670.000 und 1.920.000.
      Nocheinmal für Deutschland: 420.000 und 252.000, natürlich beides als lineare Extrapolierung in die Zukunft, die nie ganz 100%ig eintreffen wird.

      Dies ist nur der Zahlenaspekt, das ist klar, es gäbe noch vieles andere zu sagen - vielleicht in weiteren Postings. Die Einwohnerzahl der USA wird übrigens bis zum Jahre 2030 auf geschätzte 400 Millionen anwachsen und dann die gesamte EU einschließlich der osteuropäischen Beitrittskandidaten überholt haben. Wenn man bedenkt, daß noch zur Zeit des 2.Weltkriegs das Verhältnis allein zwischen Deutschland und den USA 1 : 1,75 (80 zu 140 Mill.) lautete, wird einem bewußt, wie sehr sich die Verhältnisse in nur 100 Jahren (wahrscheinlich) ändern werden.

      Hier noch ein paar Adressen:

      http://www.tcbonnbe.de/de/allgemeine_info/allgeminfo4.htm
      http://www.ecopop.ch/
      http://www.ecopop.ch/A5BEVOELKWELT/5weltbevoelkerung.htm
      http://www.ecopop.ch/A5BEVOELKWELT/afrikadruck.htm


      Der dritte Aspekt der Gefährdung liegt in der zunehmenden Inhomogenität europäischer Gesellschaften durch massenhafte legale und illegale Einwanderung aus außereuropäischen Ländern (m.E. ist es etwas völlig anderes, ob ein Pole, Tscheche oder Franzose sich in Deutschland niederläßt oder ob Menschen aus Norafrika oder dem Nahen Osten kommen - letztere, die sich in mehrfacher Hinsicht von Europäern stark unterscheiden, sind nur dann zu integrieren, wenn es sich nicht um große Zahlen handelt; ansonsten passiert das, was seit längerem in deutschen und französischen Großstädten zu beobachten ist: es entstehen Parallelgesellschaften, deren fehlende Integration schon an der Ausrichtung der Parabolantennen auf heimatliche Sender zu erkennen ist).
      Bei allen Zuwanderern aus Ländern südlich und südöstlich von Europa kommt noch hinzu, daß es i.d.R. Muslime sind. Ich sehe den Islam in Deutschland und Europa insgesamt auf dem Vormarsch, und hierin liegt - in Verbindung mit den weiterhin schnell steigenden Zahlen von muslimischen Einwanderern - die vielleicht größte Gefahr.
      Dieser Link bietet dazu eine überzeugende Begründung:
      http://www.moschee-schluechtern.de/texte/mertensacker_muslim…

      Die oben schon erwähnten Türken stellen in Deutschland die bei weitem größte Gruppe von Einwanderern, und auf sie trifft das eben Gesagte beispielhaft zu. Ganz aktuell: eine Fernsehsendung vom heutigen Nachmittag in der ARD:

      http://programm.das-erste.de/detail1.asp?heute=1&id=X0001249…

      Das Erste     Sonntag, 08.09.02    17:30 Uhr    Woche 37

      "Wir wollen den wahren Islam" 

      Junge Muslime in Deutschland 

      Reportage von Udo Kilimann 

      Der 14-jährige Selman lebt in einem islamischen Schülerwohnheim in Süddeutschland. Vormittags besucht er die örtliche Realschule, den Nachmittag verbringt er im Wohnheim. Dort gibt`s u.a. Koranunterricht. Selmans Eltern wollen, dass der Junge im wahren Islam erzogen wird. Darum lebt er im Heim - abgeschottet von der „bösen“ Welt draußen.
      An einer Universität im Ruhrgebiet trifft sich eine Hochschulgruppe, ausschließlich Männer. Sie wollen den reinen Islam verwirklichen - ohne Kompromisse. Demokratische Gesetzgebung sei nicht mit dem Islam vereinbar, sagen einige, schließlich habe Allah im Koran bereits alle Gesetze erlassen.
      Im sozialen Problemgebiet einer Großstadt besuchen junge Männer regelmäßig einen islamischen Jugendtreff. Hier gilt die Religion als Bollwerk gegen die „unislamischen“ Verhältnisse in der deutschen Gesellschaft.
      Unter den 3,2 Millionen Muslimen in Deutschland gibt es einige Gruppen, die in einer Art „Parallelgesellschaft“ leben. Sie nutzen den Schutz der grundgesetzlich garantierten Religionsfreiheit; propagieren aber einen fundamentalistisch verstandenen Gehorsam gegenüber dem Koran. Lassen sich islamisches Bewusstsein und Toleranz miteinander vereinbaren? 

      http://homepage.ruhr-uni-bochum.de/ramis.oerlue/
      http://www.ruhr-uni-bochum.de/rubens/rubens65/18.htm
      http://www.moschee-schluechtern.de/texte/mertensacker_muslim… (nochmals genannt, weil der besagte Student hirin auftaucht)
      http://www.enfal.de/linksd.htm
      http://www2.active.ch/~atakan/Links.htm
      http://www.muslim-markt.de/einzelrubriken/muslim-privatseite…
      http://islamworld.biz/linkliste/yats.php
      usw., entnommen der google-Suche nach "örlü": http://www.google.de/search?q=%D6rl%FC&ie=ISO-8859-1&hl=de&b…

      Gruß, Vicco
      Avatar
      schrieb am 21.09.02 17:53:33
      Beitrag Nr. 5 ()
      Als Kohl Kanzler wurde, gab´s einen Kinofilm zu diesem "Ereignis" mit dem Untertitel: "Der CIA glaubt jeden Mist - nur nicht, daß Birne Kanzler ist" :D .

      Wem fällt was Passendes zu den beiden "Helden" ein, von denen ja morgen einer die Wahl gewinnen wird :cry: ?

      Gruß Vicco

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      Avatar
      schrieb am 29.09.02 15:35:29
      Beitrag Nr. 6 ()
      Deutschland "ächzt" nicht nur unter hohen Ausgaben auf dem Feld internationaler Beziehungen (immer noch größter Nettozahler der EU, Beteiligungen an Nato- und Uno-Militäraktionen - darunter die teuerste der Krieg gegen den Irak -, Entschädigungsfond für Zwangsarbeiter, Teilerlaß für russische Schulden etc.), sondern hat auch mit innenpolitischen bedingten Finanzlasten zu kämpfen, die sich zusätzlich zu den "normalen" auftürmen.

      Dies ist heute in der Welt am Sonntag zu lesen:


      "Zuwanderung bringt erst nach 25 Jahren Gewinn" 

      Neue Studie des Bielefelder Sozialwissenschaftlers Herwig Birg
      Von Jochen Kummer

      Berlin - Die Zuwanderung nach Deutschland und die Einbürgerung sind weiterhin heftig umstritten. Die Parteivorsitzende der Grünen, Claudia Roth, hat nach der Bundestagswahl ein neues Wählerreservoir entdeckt: die Türken, die auch die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen und somit in Deutschland wahlberechtigt sind. Knapp 500.000 sind es schon. 60 Prozent von ihnen haben vorigen Sonntag SPD gewählt, 22 Prozent die Grünen, berichtete die türkische Zeitung "Sabah". Und "Milliyet" jubelte: "Die Türken haben ihre Stimmenkraft gezeigt."

      Die rot-grüne Koalition hat von ihrer Reform profitiert, die die Erlangung der deutschen Staatsbürgerschaft erleichtert. Die Grünen, so Parteichefin Roth, wollen sich jetzt dafür einsetzen, dass noch mehr Ausländer als bisher in den Genuss der doppelten Staatsbürgerschaft kommen.

      Die Union dagegen, die allenfalls von den verbleibenden 18 Prozent Türken mit deutschem Pass gewählt worden ist, verweist auf ein brisantes Gutachten über die Kosten von Zuwanderung und Integration: Danach bringen Zuwanderer dem deutschen Staat nur bei langer Aufenthaltsdauer finanziellen Nutzen. Erst ab einem Aufenthalt von 25 und mehr Jahren in Deutschland sind die geleisteten Zahlungen der Zuwanderer höher als die empfangenen. In all den Jahren vorher ergibt sich bei der Umverteilung von Einheimischen zu Zugewanderten ein finanzieller Überschuss zu Gunsten der Zugewanderten.

      Das hat einer der international angesehensten Wissenschaftler errechnet: Professor Herwig Birg vom Institut für Bevölkerungsforschung und Sozialpolitik der Universität Bielefeld, der auch von der UNO zu Rate gezogen wird. "Ein wesentlicher Grund für die Umverteilung von Einheimischen zu Zugewanderten ist die bei den Zuwanderern wesentlich höhere Arbeitslosenhilfe-Bezugsquote und der Unterschied bei der Sozialhilfe-Quote".

      Der Professor hat die Kalkulation 2001 in einem Gutachten durchgerechnet. Das Resultat des "Umverteilungseffekts": Ein Zuwanderer, der bis zu zehn Jahre bleibt, kostet jedes Jahr 2368 Euro. Ein Zuwanderer, der zehn bis 25 Jahre bleibt, kostet jedes Jahr immerhin noch 1331 Euro. Birg stellt unter dem Strich fest: Nur bei einer langen Aufenthaltsdauer von 25 Jahren und mehr ergibt sich ein Überschuss der geleisteten gegenüber den empfangenen Zahlungen von 854 Euro pro Jahr.

      In Deutschland lebt laut Statistischem Bundesamt aber nur ein Viertel der Ausländer 25 Jahre und länger in Deutschland: 1,77 Millionen von insgesamt 7,3 Millionen Ausländern (Stand: 31.12. 2000). Das heißt: Nach Birgs Berechnung empfangen daher 5,5 Millionen Ausländer mehr Zahlungen, als sie leisten.

      Das ergibt nach den Unterlagen des Statistischen Bundesamtes: 3,3 Millionen der ausländischen Wohnbevölkerung leben bis zu zehn Jahre hier. Sie kosten somit pro Jahr 7,8 Milliarden Euro. 2,2 Millionen Ausländer halten sich seit zehn bis 25 Jahren hier auf. Sie kosten pro Jahr 2,9 Milliarden Euro.


      Wie kommt Birg auf diese Summen? Auf der Einnahmenseite werden die von den Zuwanderern geleisteten Zahlungen in die Sozialversicherung sowie die Steuern berücksichtigt. Auf der Ausgabenseite werden einbezogen: die Auszahlungen der Krankenversicherung, die Barwerte der späteren Leistungsansprüche bei Renten- und Pflegeversicherung, ferner die Ausgaben der Arbeitslosenversicherung und anderer Sozialausgaben. Außerdem steuerfinanzierte Infrastruktur, die bei einer Zuwanderung ausgebaut werden muss.



      Dieses Gutachten dürfte vielen den Wind aus den Segeln nehmen, die so häufig mit den angeblichen finanziellen Vorteilen argumentiert haben, welche die stetige Steigerung der Ausländerzahlen in Deutschland gebracht hätten.

      Oder doch nicht? Es gehört wenig Fantasie dazu sich vorzustellen, wie die Kommentare der verschiedenen Parteien dazu ausfallen werden...

      Gruß Vicco
      Avatar
      schrieb am 29.09.02 20:17:12
      Beitrag Nr. 7 ()
      http://www.zeit.de/2002/40/Wirtschaft/200240_argument.html,

      daraus:

      Die deutsche Volkswirtschaft befindet sich in einer gefährlichen Abwärtsspirale: Unternehmen erhalten keine neuen Kredite, weil die Banken keine Reserven mehr haben und jedes weitere Risiko scheuen. Das führt zur Rekordzahl von voraussichtlich 40 000 Pleiten in diesem Jahr, zu steigender Arbeitslosigkeit und dazu, dass sich die deutschen Verbraucher noch mehr zurückhalten, als es ohnehin ihre Art ist.

      Die Folge: weitere Pleiten von Einzelhändlern, Produzenten und in letzter Instanz auch Banken. Kein Land innerhalb der Europäischen Währungsunion, das eine niedrigere Inflation, geringere Kaufneigung und ein kleineres Wachstum vorweisen kann als Deutschland: Die Zinsen der EZB sind für Eurolands Banken zu hoch, für deutsche Banken sind sie tödlich.

      Das ist der klassische Fall eines "asymmetrischen Schocks" in der Währungsunion: Ein einzelnes Land wird von einem wichtigen Wirtschaftssektor in die Krise gezogen und ist der eigenständigen Geldpolitik beraubt, die durch Zinssenkungen die Anpassungen lindern könnte.


      Ich erinnere mich noch an die warnenden Stimmen in der Diskussion, wieviel finanzpolitische Kompetenzen an die EU abgegeben werden sollten.
      Ob Großbritannien an derartige Szenarien gedacht hat, als es sich entschloß, den Euro (zunächst) nicht einzuführen? Und hätte es das getan, wie würde es sich in einer solchen "Falle" verhalten?
      Maggie Thatcher war im Hinblick auf nationale Interessen vor Jahren sehr radikal: "I want my money back!"

      Vicco
      Avatar
      schrieb am 29.09.02 21:06:05
      Beitrag Nr. 8 ()
      Einfach ausgedrückt: Es sieht beschissen aus.


      Können wir nicht einfach nochmal wählen? Oder die, die Grün gewählt haben?

      Ökologie ist ja schön und gut, aber es gibt auch noch andere Bereiche. Und die werden von Rot-Grün arg vernachläßigt.
      Man sieht an den zahlreichen neuen Steuervorschlägen (Ökosteuer, Tabaksteuer, Vermögenssteuer und Erbschaftssteuer) von Rot-Grün, daß sie mit ihrem Latein am Ende sind.

      :-(
      Avatar
      schrieb am 29.09.02 21:25:09
      Beitrag Nr. 9 ()
      Das beste wäre die Bundesrepublik aufzulösen und den
      Franzosen die Führung in einem vereinten Europa zu
      überlassen.
      Dann haben wir unsere Ruhe.
      Avatar
      schrieb am 11.01.03 18:18:36
      Beitrag Nr. 10 ()
      up
      Avatar
      schrieb am 11.01.03 18:46:43
      Beitrag Nr. 11 ()
      vicco, jetzt bin ich dir aber ernsthaft böse. du hast in deinem eingangsposting die "kompetenten user auryn und for4zim" zu beiträgen gebeten, mich aber vergessen :mad:

      das ist nicht nett.









      :D
      Avatar
      schrieb am 11.01.03 19:29:49
      Beitrag Nr. 12 ()
      :laugh:
      Avatar
      schrieb am 11.01.03 22:04:32
      Beitrag Nr. 13 ()
      ach, wenn wir uns doch auf einen Thread einigen könnten,
      alle Aufklärer, die in #1 angesprochen wurden...


      würde ein Super-Thread, könnte man als Buch rausgeben!
      Avatar
      schrieb am 08.02.03 22:05:08
      Beitrag Nr. 14 ()
      Dies ist ein weiterer, sogar besonders wichtiger Aspekt, und sehr aktuell in diesen Tagen:

      Deutschland hat keine Freunde - höchstens Partner bzw. Verbündete.
      Und der Status eines Partners – poitisch oder in Handelsbeziehungen – bzw. Verbündeten ist bekanntlich alles andere als sicher und dauerhaft.

      Mehr noch: "Die" Deutschen erscheinen fast nirgends sympathisch; kaum jemand "liebt" sie.

      Machen wir Deutschen uns nichts vor: Die einzige Möglichkeit zu überleben besteht darin, anderen nützlich, oder noch besser: unentbehrlich zu sein.

      Bevor ich nun selbst diese Behauptung zu begründen versuche, die manchem beim ersten Lesen als übertrieben, wehleidig oder schlicht bescheuert vorkommen mag, stelle ich hier einen Beitrag von Spuersinn rein, der mich auf die oben genannten Behauptungen brachte:


      Thread: Donald Rumsfeld - ist es Alzheimer?

      #4 von Spuersinn 08.02.03 19:11:06
      ...
      "So hat noch kein Amerikaner mit dem Vertreter eines europäischen Landes gesprochen. Verglichen mit der militärischen Macht, der intellektuellen und moralischen Kraft seines Landes, so der amerikanische Minister, sei noch das größte Land in Europa bloß ein Flecken auf der Landkarte. Sein Land könne und dürfe intervenieren, wo es wolle. Eine kuriose Äußerung. Eine Dreistigkeit, gedeckt durch stämmiges Selbstbewusstsein, schiere Macht und den Willen, viele Fragen gar nicht erst zu stellen. Ein Skandal - aber einer aus dem Jahr 1850. Da hatte die Habsburger-Monarchie über ihren Gesandten Georg Ritter von Hülsemann gegen die Einmischung der Amerikaner in den ungarischen Aufstand protestiert und sich diese ziemlich forsche Antwort der Amerikaner geben lassen müssen."

      Schon im 19. Jahrhundert wurde versucht, uns das Genick zu brechen, was 1918 glückte. Antideutsche Ressentiments gab es bereits nach 1871 verstärkt. Das Land sollte nach dem 30jaehrigen Krieg, nach dem nur 1/3 der Bevölkerung übrig war - die Todesrate war bei Berücksichtigung der Geburten wohl noch höher - international nicht wieder auf die Beine kommen. Die siegreichen Länder hatten Gebiete annektiert - wie später nach dem 1. Weltkrieg, bei dem Verbündete durch Versprechen von Landgewinnen gewonnen wurden. (Italien erhielt das deutschsprachige Südtirol für den Kriegseintritt.) Das Land war verarmt und zerstückelt, wirtschaftlich auf viele Generationen verarmt und aus der internationalen Politik ausgeschieden.

      Dies und Ressentiments gab es vor dem Verbrecherregime, auf das sich vielerorts immer noch das Deutschlandbild reduziert.

      Interessant ist auch eine an ausländischen Schulbüchern ersichtliche Einseitigkeit. Vor Tagen habe ich wieder eines gesehen, das in der Tradition der einstigen Kolonialmacht britisches Empire aufgebaut war.
      Schwergewicht ist die angelsächsische Geschichte sowie die eigene des betreffenden Landes. Deutschland kommt über mehr als ein Jahrtausend so gut nicht vor. Danach taucht es in zwei Weltkriegen auf, in der Rolle des Bösewichtes. Anschließend verschwindet es wieder aus der berichteten Geschichte. Höchstens skurrile und unschöne Dinge über unser Land finden mal den Weg in solche Medien.

      Eine Zeitung dort meldete, der Airbus sei ein französisches Unternehmen. Dass ein deutsches Unternehmen wesentlichen Gründungsanteil hatte, in ein europäisches Unternehmen aufging, wird nicht erwähnt. Die gleiche Zeitung meldete, Frankreich sei Wortführer der Kriegsgegner im Westen. Dass wir eine stärkere Position vertreten und gar mit Libyen und Kuba verglichen wurden, ist ausgeblendet.

      Das sind stille und offene Ressentiments wie schon im 19. Jahrhundert. Aber nach dem ersten Weltkrieg hatten die Sieger den Besiegten einfach alle Schuld zugeschoben und sie so unterdrückt, dass Verbrecher die Macht ergreifen konnten. Ihren eigenen Anteil an der Fehlentwicklung haben sie natürlich nie ergründen wollen.

      Auch jetzt wird mit uns in einem Ton gesprochen, der mit England oder Frankreich kaum denkbar wäre. Wir sind ja erprobt darin, Schuld zu tragen und hinunterzuschlucken.

      Zuletzt noch über den regierenden Lügenbaron: Nur aus wahltaktischen Gründen hat er sich gegen den Irakkrieg ausgesprochen und festgelegt. Vorher hat der Schelm und Wirrkampf ABC-Spürpanzer ohne Befragung des Parlaments in einer Nacht- und Nebelaktion und in fragwürdiger Weise nach Kuweit geschickt und damit die Dummheit begangen, eine Verwicklung in einen ABC-Krieg zu riskieren. Dass dieser amtierende Wirrkopf es wagt, sich als Pazifist hinzustellen!

      Mit verwunderten Grüssen ...



      Viel, sehr viel gäbe es zu sagen zu der nicht endenwollenden Benachteiligung Deutschlands auf EU-Ebene (nur ein Beispiel: viele Investitionsaufträge werden nur in Französisch und Englisch herausgegeben und gelangen zu spät an deutsche Firmen),

      zu zweifelhaften Verhaltensweisen anderer EU-Länder gegenüber Deutschland (die Niederlande z.B., die kurz vor Inkrafttreten einer strengeren BSE-Verordnung im eigenen Land noch schnell mit einer Ausnahmeregelung des Innenministeriums eine große Zahl Rinder über die Grenze nach NRW schaffen ließen / Frankreich, das Deutschland jüngst bei den künftigen Agrarsubventionen „über den Tisch gezogen hat“)

      und zur Art der Berichterstattung über Deutschland in den Medien anderer Länder.

      Fortsetzung folgt
      Avatar
      schrieb am 08.02.03 22:06:40
      Beitrag Nr. 15 ()
      Aber das sind beinahe nur Peanuts; es gibt viel tiefer liegende und besorgniserregende Befunde.


      Wer erinnert sich noch an die atomaren Kurzstreckenraketen, die in den 80er Jahren auf auf französischem Boden aufgestellt wurden und im Falle eines Krieges zwischen den Blöcken Süddeutschland komplett verwüstet hätten, weil sie mit ihrer Reichweite nur deutschen Boden erreichen konnten?
      Wer erinnert sich noch an einen großen Spiegel-Artikel über militärische Planspiele von Margret Thatcher und ihren Parteifreunden auf einem englischen Landsitz, die durch Indiskretion bekannt wurden? Deutschland wurde dabei mitleidlos und hauptsächlich zum atomaren Schlachtfeld einer möglichen Auseinandersetzung bestimmt und die Auslöschung eines Großteils der Bevölkerung selbstverständlich in Kauf genommen.
      Eine endlose Kette von Vorfällen dieser Art gäbe es zu berichten, die in jedem anderen Land einen Sturm der Entrüstung verursacht hätten, und zwar nur bezogen auf die Nachkriegszeit.


      Der Beginn einer Sonderstellung der Deutschen / Deutschlands / deutscher Staaten (es kommt auf die jeweilige Zeit an, welcher Begriff passt) beginnt aber viele Jahrhunderte früher.

      Spuersinn hat den Dreißigjährigen Krieg erwähnt, und nicht viel vorher war es wohl, als erste Anzeichen sichtbar wurden.
      Nach dem Verfall des „Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation“ im 13.Jahrhundert begann bekanntlich der Aufstieg der Nationalstaaten an seinem Rande, und nach dem Ende des „Hundertjährigen Krieges“zwischen England und Frankreich erlebte letzteres einen großen Aufschwung, der unter den Kardinälen Richelieu und Mazarin zu einer regelrechten europäischen Vormachtstellung führte.
      Frankreich hat um diese Zeit fast dreimal so viele Einwohner wie die deutschen Kleinstaaten und der deutsche Anteil im immer noch existierenden Kaiserreich zusammen ( ! ). Der Sonnenkönig gilt als das große Vorbild für europäische Fürsten, und in seine Zeit fallen große deutsche Gebietsverluste im Westen an Frankreich, Gebiete, die Ludwig der XIV. einfach annektiert.
      Die „Machtverhältnisse“ hatten sich seit dem Ende des Mittelalters völlig gewandelt.

      Ich habe nun den Dreißigjährigen Krieg übersprungen, da ihn Spuersinn schon genannt hat. Allerdings gäbe es nachzutragen, dass sich die kriegführenden Mächte außerhalb Deutschlands schon in verblüffender Weise einig waren, insbesondere die Leiden und Zerstörungen auf deutschem Boden stattfinden zu lassen: Fremde Heere zogen kreuz und quer durch Deutschland und mussten sich „aus dem Land“ versorgen. Die Folgen waren, wie bereits dargestellt, verheerend. Dahinter steckt sicher keine „Methode“ im Sinne einer Verschwörungstheorie und auch keine Abneigung europäischer Staaten gegenüber Deutschland, die vergleichbar wäre mit der Zeit seit Gründung des preußisch bestimmten zweiten deutschen Kaiserreichs; ein irritierendes Moment enthält das Ganze trotzdem.

      Ich persönlich glaube, dass speziell die französischen Herrscher seit dem 17.Jahrhundert die französische Machtstellung als die ihnen selbstverständlich zukommende empfanden und jeden „Rollback“ deutscherseits oder das Aufkommen einer neuen Macht auf deutschem Boden wie Preußen als Störung und Anmaßung ansahen und möglichst zu verhindern suchten.

      Dies wäre auch ein Teil der Erklärung für die spätere Napoleonbegeisterung (französische Großmachtstellung). In dessen Zeit fällt eine Aussage, die bedenklich klingt und nach Metternich, der sie von Napoleon kurz vor der Völkerschlacht bei Leipzig hörte, so überliefert ist:
      M.: „Sire, ich habe Ihre neuen Soldaten gesehen – es sind noch Kinder. Mit einer solchen Armee wollen Sie einen Krieg gewinnen? Sie haben Ihre besten Soldaten in Russland verloren. Frankreich ist es leid, immer neue Opfer zu bringen!“
      N.: „Die Franzosen haben keinen Grund, sich über mich zu beklagen. Es waren in Russland vor allem Deutsche, die ich geopfert habe!“
      Den Rest der Entwicklung zwischen Frankreich und Deutschland spare ich mir; über die ehemalige „Erbfeindschaft“ weiß hier sicher jeder bescheid.

      Fortsetzung folgt
      Avatar
      schrieb am 08.02.03 22:07:43
      Beitrag Nr. 16 ()
      Stichwort Opfer: England hat Jahrhunderte hindurch wenig Interesse an deutschen Staaten; wenn, dann vorwiegend in seinem Konzept der „Balance of Power“ in Europa.
      Auffällig aber ist das Bestreben ab dem 18.Jahrhundert, möglichst wenig eigene Soldaten in Kriegen zu „verheizen“; statt dessen wurden gern andere, darunter viele deutsche, angeworben, wie z.B. beim „Kauf“ von Soldaten aus Hessen für den amerikanischen Freiheitskrieg.


      Diese zugegebenermaßen etwas lange Darstellung ist nicht bloß ein geschichtlicher Exkurs, sondern dient der vorbereitenden Begründung für die Feststellung eines – zumindest von mir so gesehenen – Tatbestandes, der für Deutschland ernüchternd wirkt, aber wichtig ist und jederzeit zu existenziellen Gefahren führen kann:
      Deutschland steht tief eigentlich sehr allein „auf der Welt“.

      Ich rede hier keineswegs für einen etwa wünschenswerten deutschen Sonderweg, im Gegenteil.

      Es ist noch lebenswichtiger, als viele glauben, dass Deutschland in eine Staatengemeinschaft eingebettet / eingebunden bleibt, zumal es inzwischen ungleich „schwächer“ als früher ist, nur:
      Es darf auf keine Sympathie oder „Liebe“ anderer Staaten zählen.
      Immer wieder auftauchende Ressentiments und Klischeevorstellungen und auch heute noch unvermindert fortbestehende Antipathieen in den meisten europäischen Ländern, was Deutsches betrifft, mahnen zur Vorsicht und zerstreuen Illusionen von „Normalisierung“.

      Es ist ein Alarmsignal, wenn anderen Europäern zu deutschen Entwicklungen meist zuerst negative Bewertungen einfallen:
      Ist Deutschland wirtschaftlich erfolgreich, sind die Reaktionen Neid und klischeehafte Vorwürfe: Die Deutschen seien fleißig, aber verbissen, humorlos, kaltherzig-tüchtig etc.
      Ist Deutschland in wirtschaftlichen Schwierigkeiten, sind die Reaktionen Häme und Spott.
      Treten deutsche Politiker international selbstbewußt auf, ziehen sie sofort den Vorwuf der Überheblichkeit auf sich, Erinnerungen an die Zeit des Dritten Reichs werden wach.
      Sind sie zurückhaltend, ist es angeblich Hasenfüßigkeit und Lauheit.

      Ich muss natürlich sehen, dass ich hier nicht selbst Vorurteile formuliere, aber es lassen sich zu jeder Reaktion genug Beispiele finden.
      Und ganz eklatant negativ zeigt sich die Berichterstattung europäischer Medien über Deutschland, allen voran die britischen Massenblätter, dahinter italienische und französische Zeitungen. Der „hässliche Deutsche“ als mediale Allzweckwaffe liegt in jeder Schublade bereit.

      Kann Deutschland an dieser „Sonderstellung“ etwas ändern?

      Ich weiß es nicht; ich weiß nur, dass es viel sorgfältiger als andere Staaten darauf achten müsste, politische und vor allem politisch-moralische Fehler zu vermeiden, wie z.B. das Gewährenlassen von deutschen Firmen im Handel mit Libyen und dem Irak. Unbegreiflich, wie dumm deutsche Politiker hierbei agiert – oder besser: nichts getan – haben.


      Fazit: Ich sehe Deutschland gefährlichen Zeiten entgegengehen. Politisches Mittelmaß könnte (wieder) zur existenzbedrohenden Gefahr werden.


      ViccoB.
      Avatar
      schrieb am 09.02.03 03:13:42
      Beitrag Nr. 17 ()
      Vicco, ganz ehrlich, wir sind halt ein besonderes Volk, welches zu starken Machtgefügen neigt, was alle anderen natürlich immer wieder vor den Kopf stößt.

      Genau wie man bei einzelnen Personen psychologische Ansätze finden kann, kann man es auch für Staaten.

      Ich finde, Deutschland ist endlich reif geworden,
      seine demokratische Einstellung der Welt zu zeigen!

      Die USA sind an ihrer moralischen Einstellung gescheitert, weil sie kein gemeinsames Ziel mehr haben, und sie ihre Macht weiterhin auf irgendwelchen Feindbildern begründen müssen! Und diese Macht korrumpiert, viel mehr, als man uns z.B. vorwerfen könnte!

      Daher haben die USA Angst vor uns!
      Avatar
      schrieb am 09.02.03 07:47:40
      Beitrag Nr. 18 ()
      @siin bull inv:
      Deutschland ist militärisch, politisch und seit neuestem auch wirtschaftlich ein Zwerg. Es kann nicht mal sich selbst aus dem Dreck herausziehen, in den Schröder und Co. es hingekarrt haben. Das Münchhausenprinzip funktioniert eben nicht.
      Die USA haben Angst vor Deutschland? Das ist lächerlich.
      Die USA sehen nur mit Verbitterung, dass der ehemalige Bundespartner sich eher mit dem Hussein von Irak solidarisiert las mit der weslichen demokratischen Führungsmacht. Rumsfeld hat recht - Deutschland unter Schröder ist bereits ein potentieller Schurkenstaat!
      Avatar
      schrieb am 09.02.03 07:49:04
      Beitrag Nr. 19 ()
      @CTD und ViccoB: sehr gute, ausgewogene und treffende Analyse. Bravo!:kiss: :kiss: :kiss:
      Avatar
      schrieb am 09.02.03 09:27:31
      Beitrag Nr. 20 ()
      apiru: Keine Nation wird sich am eigenen Schopf aus dem Schuldensumpf ziehen können, selbst die US-Boys nicht.

      Falls su dich umschaust, überall herrschen Probleme mit der Wirtschaft, selbst in den USA...

      Wenn du das irgendwann merkst, ist es aber eh` zu spät!


      Und es ist völlig egal ob wir ein Riese oder Zwerg sind, so lange wir im Innern moralisch handeln.
      So denke ich!
      Wir haben ähnlich einer Einzelperson eine schwere, harte Erfahrung mitgemacht, für die man uns unser Nationalbewußtsein genommen hat, in dem man jeden Ansatz dazu als nicht opportun darstellt, damit von unserem Boden nie wieder Krieg ausgeht, dann soll man jetzt bitte auch respektieren, das die Länder, die uns zu dem gemacht haben, nicht nur unsere bedingungslose Liebe erfahren, sondern wie es sich unter Freunden gehört, auch mal heftige Kritik, wenn etwas falsch läuft!


      Und bei den USA läuft da irgendetwas verkehrt, seit sie keinen globalen Gegner mehr haben. Warum wohl?
      Oder empfindet ihr gar nicht so, haltet ihr etwa die Falken in Washington für eine Erfindung???
      Avatar
      schrieb am 09.02.03 09:53:08
      Beitrag Nr. 21 ()
      @sittinbullinv: es geht nicht darum, ob in Washington Falken oder Tauben regieren, und keiner masst sich an, Kritik nicht zuzulassen.
      Was Schröder macht, ist keine Kritik, sondern eklantanter Verstoss gegen die UN-Charta. Egal, wie die UN (nicht die USA!) sich entscheidet, wollte er sich raushalten.
      Er ist damit ein Unterstützer Husseins.
      Avatar
      schrieb am 09.02.03 12:11:44
      Beitrag Nr. 22 ()
      sittin bull inv und apiru:

      danke für die Antworten!

      sbi, zu deinem #17:

      Ich glaube, daß die USA wie auch viele europäische Länder den deutschen Wiederaufstieg nach dem 2.Weltkrieg - vor allem wirtschaftlich - mit teils ungläubigem Staunen, teils Irritiertheit beobachtet haben; "Angst" ginge mir da allerdings zu weit!

      Es wäre übrigens mal sehr interessant, Voraussetzungen und Gründe für dieses "Comeback" zu erörtern, und zwar ohne jegliche ideologische Scheuklappen.

      Das "Wirtschaftswunder" dauerte aber nur etwa zweieinhalb Jahrzehnte lang, dann begann sich Deutschland in den Durchschnitt der allgemeinen Entwicklung einzufügen (die Gründe dafür sind in diversen Threads schon diskutiert worden).

      Der "Mythos" einer außergewöhnlichen Leistungsfähigkeit und Tüchtigkeit hielt sich trotzdem noch etwa zwei Jahrzehnte länger, nämlich bis kurz nach der Wiedervereinigung, obwohl die Wirklichkeit längst anders aussah.

      Man hat ja noch die Kommentare in vielen Medien vor Augen, die eine neue europäische Vormacht entstehen sahen und Besorgnis angesichts eines "übermächtigen" Deutschland äußerten.
      Die Lust an deftigen Schlagzeilen führte dabei manchmal auch zu Kuriositäten, wie etwa der Beschwörung einer neuen sportlichen Supermacht - durch die Hereinnahme der ehemaligen DDR-Sportler und den Zugriff auf das Know How ihrer Trainer -, die selbst die USA überholen würde.

      Dann aber, als sich offenbarte, daß die scheinbar so "kraftstrotzende" Bundesrepublik die Vereinigungslasten kaum zu schultern vermochte, als immer deutlicher wurde, wie untauglich viele politische Strukturen hierzulande für die Zukunft sind, wie sich Institutionen gegenseitig lähmen, war es auch mit dem besagten "Mythos" vorbei, und das "Pendel" der Einstellung anderer Länder Deutschland gegenüber schwingt nach meinem Eindruck seitdem eher in die entgegengesetzte Richtung.


      Gruß, Vicco
      Avatar
      schrieb am 09.02.03 12:30:52
      Beitrag Nr. 23 ()
      es kann kein Zufall sein, dass unser Wohlstand seinen Peak erreichte, bevor man großangelegtes "Deficit Spending" anfing, und mit Bretton Woods das System fester Wechselkurse und der Golddeckung abschaffte...


      Ganz ohne ideologische Scheuklappen?

      Wie soll das gehen?

      Wenn ich jetzt einfach mal behaupte, der "Deutsche" sei arbeitsamer als andere Volksgruppen, bin ich doch schon auf einer Position, die in unserer Zeit nicht mehr genehm ist.


      Aber eigentlich ist es ganz offensichtlich, denk an die russischen Gebiete, in denen Deutsche siedelten, dort herrscht selbst heute noch höherer Wohlstand als in anderen Regionen. Das kann genauso wenig ein Zufall sein.

      Leider ist es auf unserem Weg der Globalisierung egal, wie strebsam und fleissig der Großteil der Deutschen ist, da wir auf Grund unserer sozialen Umverteilung, der abnehmenden Zahl der Möglichkeiten sein Einkommen aus Arbeit zu erzielen und der Last der Schulden wir international nicht mit einer Masse von willigen Billigarbeitern konkurrieren können, egal wie gut unsere vermeintliche Ausbildungsqualität ist!

      Unser Altersproblem und das Schuldenproblem werden alle Strukturen, die wir kennen, explodieren lassen.

      Das ist aber kein deutsches Schicksal, sondern evtl. sogar ein weltweites. Attac zeigts ganz gut auf...
      Avatar
      schrieb am 09.02.03 12:34:47
      Beitrag Nr. 24 ()
      Sittin,gleiches Thema wie gestern,kommst du nicht selber drauf?Du beschreibst Fragmente nicht das zentrale Problem.

      Vicco,Einspruch,die Wiedervereinigung hat lediglich die Defizite unseres Systems früher als erwartet aufgezeigt.
      Sie ist nicht die Ursache!
      Avatar
      schrieb am 09.02.03 12:36:50
      Beitrag Nr. 25 ()
      opti, unterstelle mir nicht so etwas, wirf nicht nur Brocken hin, sondern sag` was du denkst!


      Das nervt nämlich! :p
      Avatar
      schrieb am 09.02.03 12:37:52
      Beitrag Nr. 26 ()
      das soll es auch:laugh:












      :kiss:
      Avatar
      schrieb am 09.02.03 12:46:29
      Beitrag Nr. 27 ()
      Sittin,wenn ich dir die Begründung gebe,hat dies nur negative Konsequenzen,ihr arbeitet nicht mehr an dieser Problematik weiter.Deshalb warte ich auf eure Selbsterkenntnis:)
      Hinweis ins Postfach?Nur bei Garantie der Nichtweitergabe:)
      Avatar
      schrieb am 09.02.03 13:17:55
      Beitrag Nr. 28 ()
      OK, dann schau aber mal wenigstens in meinen Meta-Thread!
      Ich werde es nicht weitergeben!
      Avatar
      schrieb am 09.02.03 15:17:09
      Beitrag Nr. 29 ()
      sbi,

      volle Zustimmung zu #23. Was die Anregung, "ohne ideologische Scheuklappen" das Phänomen der sogenannten "deutschen Tüchtigkeit" zu analysieren, angeht:
      Ja, ich glaube, das geht, und das Ergebnis sieht m.E. so aus:

      Nach dem 2.Weltkrieg gab es in Deutschland trotz der großen Verluste an Menschen immer noch eine große Masse gut ausgebildeter Fachkräfte in allen Branchen, auf die sich der Wiederaufbau stützen konnte, ein sehr effektives Ausbildungs- und Bildungssystem (das "duale" System, das lange Zeit weltweit als vorbildlich galt), ein Arbeitsethos, das seine Wurzeln noch in den sogenannten preußischen Tugenden hatte, und die bekannte "Aufbruchsstimmung" der ersten Jahre.
      Daß es einige dunkle Flecken auf der weißen Weste dieser "Gründerjahre" gibt (der politische Mief der 50er und 60er Jahre mit bspw. der mißglückten Entnazifizierung der Judikative, aber Achtung: das heißt nicht, daß ich die 68er und ihre Folgewirkungen besonders schätze), lasse ich mal außen vor, da sie, rein wirtschaftlich gesehen, keine Rolle spielen.

      Wenn man schaut, was sich an diesen 4 Voraussetzungen im Laufe der Zeit geändert hat, ist man schon einen wesentlichen Schritt weiter.


      optimalisty, #24:
      auch hier weitestgehend d´accord.

      Vermutlich hätten - neben anderem - auch die Bemühungen der Kohlregierung in den ersten Jahren seit dem Regierungswechsel 1982, die Fahrt in den Schuldenstaat zu bremsen, nur begrenzt Wirkung gehabt (bekanntlich überrollten die Lasten der Wiedervereinigung dann alles).
      Ich habe sie mal positiver beurteilt, aber seit ich diesen und andere Aufsätze kenne
      http://home.t-online.de/home/dieter.meyer/,
      weiß ich, was die Stunde geschlagen hat.

      Man sollte mal die Kernaussagen verschiedener Threads zusammenfassen; sbi hatte das auch schon mal angeregt.

      Grüße, Vicco
      Avatar
      schrieb am 12.02.03 22:29:43
      Beitrag Nr. 30 ()
      Mal etwas ganz Polemisches, völlig "ins Unreine" getippt:

      Ich stelle mir gerade mal amerikanische, britische und französische Politiker vor, wie (und was) sie sprechen, Mimik, Gestik, das ganze Auftreten etc.

      Da sind ein Jack Straw, ein Michael Portillo, ein Donald Rumsfeld, de Villepin u.a. ...

      Wenn ich dagegen bundesdeutsche Politiker vorstelle - was sind das oft für Zwergengestalten, intellektuelle Leichtgewichte, Möchtegerns...

      Urteile ich ungerecht, voreingenommen?

      Okay, man kann nicht willkürlich einzelne Personen vergleichen, aber insgesamt scheinen mir angelsächsische und französische Politiker eine ganz andere Professionalität, Abgeklärtheit und Cleverness zu besitzen als die meisten deutschen.

      Falscher Eindruck???
      Avatar
      schrieb am 12.02.03 22:45:00
      Beitrag Nr. 31 ()
      ViccoB,

      Deine Beobachtung ist richtig, von einer entscheidenden Ausnahme abgesehen: Schröder. Der kann es einfach, da sehen Bush und Blair irgendwie leichtfertig aus.
      Avatar
      schrieb am 21.02.03 19:10:44
      Beitrag Nr. 32 ()
      Guten Abend -

      zur Erinnerung:

      http://www.google.de/search?q=%22die+deformierte+gesellschaf…,

      daraus
      http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/354907154X/empfehlunge…
      http://www.perlentaucher.de/buch/9598.html
      http://www.memoiren-der-deutschen-mark.de/denk1.html

      Die deformierte Gesellschaft - Wie die Deutschen ihre Wirklichkeit verdrängen
      von Meinhard Miegel

      Träger des Corine – Internationaler Buchpreis 2002
      Meinhard Miegel, einer der profiliertesten Sozialforscher Deutschlands, stellt unsere Gesellschaft auf den Prüfstand – das Gemeinwesen, die Wirtschaft, die Sozialsysteme. Sein Fazit: Von einer zukunftsorientierten Leistungsgesellschaft sind die Deutschen weit entfernt. Sie verdrängen ihre Wirklichkeit und wiegen sich in Wohlstandsillusionen. Dabei fordert der dramatische Wandel der Grundlagen unserer Gesellschaft ein rasches Umsteuern auf allen Ebenen.

      Die außergewöhnliche Wohlstandsepoche, die die Bundesrepublik Deutschland seit den fünfziger Jahren erlebt hat, basierte auf der einzigartigen Kombination von Bevölkerungsstruktur, Wirtschaftswachstum, Vollbeschäftigung und sozialer Absicherung. Diese Jahre des Überflusses sind endgültig vorbei. Der Rückgang der Geburtenrate und die rapide Alterung der Bevölkerung stellen den Generationenvertrag auf den Kopf. Die Wachstumsraten der Zukunft werden einen Bruchteil des Gewohnten betragen, Arbeitslosigkeit wird zum Normalfall, das soziale Netz wird grobmaschiger. Dieser dramatische Wandel der Grundlagen unserer Gesellschaft ist seit langem erkennbar und von Experten prognostiziert. Doch die Deutschen, allen voran ihre Politiker, verdrängen die neuen Realitäten. Unbeirrt gelten den Westdeutschen die Erfahrungen der Aufbaujahre, den Ostdeutschen diejenigen der Planwirtschaft als Maßstab. Dese rückwärts gewandte Fixierung behindert die überfälligen Anpassungsprozesse in Wirtschaft und Gesellschaft.

      Der Bonner Sozialforscher Meinhard Miegel, einer der gefragtesten Berater von Politik und Wirtschaft in unserem Land, bescheinigt den Deutschen in seinem aufrüttelnden Buch, sich Wohlstandsillusionen hinzugeben und von einer zukunftsorientierten Leistungsgesellschaft weit entfernt zu sein. Er fordert ein rasches Umsteuern auf allen Ebenen, um auf verändertem Niveau ein neues gesellschaftliches Gleichgewicht zu schaffen. Je länger dieses verzögert werde, desto größer die Gefahr dramatischer Folgen. Ein unverzichtbares Buch für jeden, der sich um die Zukunft unseres Landes sorgt.

      "Miegels neues Buch nennt die Kosten, die anfallen, wenn die Deutschen die Wirklichkeit weiter verdrängen, und er zeigt die Chancen, wenn sie neue Wege wagen." DIE ZEIT

      "Miegel versucht uns den radikalen Rückbau des Sozialstaates auf die Sicherung eines Mindeststandards schmackhaft zu machen." DIE WELT

      "Miegel wirbt für ein gesamtgesellschaftliches Umdenken, für eine `aufgeschlossene, verantwortungsbereite, dynamische Bürgergesellschaft`. Der Kraftakt, so weiterzumachen wie bisher, sei nicht geringer, als der Kraftakt, die Dinge zu verändern." STUTTGARTER ZEITUNG

      "Meinhard Miegel ist ein einsamer Rufer in der Wüste bundesrepublikanischer Selbstverantwortungslosigkeit. Keiner hat so sehr wie er unermüdlich und lange den Finger in die Wunden eines todgeweihten Systems gelegt, das sich inzwischen alles andere als gerecht erweist." SÜDDEUTSCHE ZEITUNG


      Gruß Vicco
      Avatar
      schrieb am 21.02.03 21:19:00
      Beitrag Nr. 33 ()
      ViccoB, vieles, was der Miegel sagt hat Hand und Fuß.

      Ich weiß zwar nicht, wie seine Lösungsvorschläge genau aussehen, ich hoffe aber, wir können dazu hier noch mehr zusammentragen, und ich hoffe es ist mehr als der übliche Neo-Liberalismus-Quatsch, denn erst die fortgeschrittene Atomisierung aller Sozialsstrukturen in der gesättigten Wachstumswirtschaft plus die soziale Hängematte haben uns dahin gebracht, wo wir heute stehen.

      Wenn wir also nur einfach alles soziale streichen, müssen wir erstmal logisch überlegen, wohin dies alles führt!

      Denn die grundsätzlichen Probleme unserer Gesellschaft heißen nicht zu vorderst Sozialstaat, sondern Altersstruktur, Verschuldungsproblematik und Globaliesierung und dann erst daraus resultierende hohe Kosten mit all ihren negativen Folgen! ;)
      Avatar
      schrieb am 21.02.03 21:47:43
      Beitrag Nr. 34 ()
      Ist es nicht bemerkenswert, welch Weitsicht der Verfasser folgender Zeilen (Quelle: http://www.staatsbriefe.de/ ) doch vor zehn Jahren zeigte?
      Auf welcher Seite des Abgrundes stehen wir, steht Deutschland, Europa, ja, in Anbetracht der Entscheidungs(un)fähigkeit ihrer Staatsführer die ganze "zivilisierte" Welt?
      Rezession, astronomisch hohe, unbezahlbare Staatsschulden, Terrorismus im Namen von Göttern und Geldern?
      WO GEHT ES HIN, WENN NICHT NACH UNTEN?
      Lest selbst:

      Hans-Dietrich Sander

      Der deutsche Weg in die Ochlokratie

      "Jagt ihn - er ist Politiker". So hatte Friedrich Karl Fromme den leitenden Artikel der Frankfurter Allgemeinen am 20. März in Abwandlung eines Bühnenstückes von Erwin Guido Kolbenheyer eröffnet. Es gehört zum Schicksal liberaler Geister, daß sie immer zu spät kommen. Sie greifen nie ein, wenn noch etwas zu machen ist. Wenn sie sich dazu entschließen, ist es meistens Matthäi am Letzten. Ihr verspäteter Eifer verschlimmert dann in vielen Fällen noch das, was durch Unterlassung zwangsläufig wird. Noch schlimmer wird die Lage, wenn Liberale im Angesicht des Desastres, was nicht mehr zu halten ist, verteidigen. So unangemessen ist Frommes Verteidigung der untergangsreifen politischen Klasse in Deutschland.

      Nach der politischen Weisheit der Antike geht jede Demokratie zur Neige, wenn ihre Führungskräfte nur noch durch Negativauslese bestimmt werden. Es kommt dann zu einer Ochlokratie, zu einer Herrschaft der Schlechten, wie es damals hieß, in der alles dem Ruin entgegentreibt. Glücklich das Land, in dem eine Schar entschlossener Männer das Blatt rechtzeitig wendete. Es blieb ihm der Absturz in die Anarchie erspart, in der Völker untergehen, die nicht mehr die Kraft aufbringen, die Dinge durch eine Tyrannis oder eine Diktatur wieder ins Lot zu setzen, die mittels Befehlen und Erzwingung von Befehlsausführungen das Chaos wieder zu ordnen verstehen — bis eine neue solide politische Form gefunden wird.

      Die vereinigte Bundesrepublik Deutschland kann nicht mehr eines Tages zu jenen glücklichen Ländern gerechnet werden, in denen das Schlimmste noch abgewendet werden konnte. Es ist in ihrer Geschichte alles zur rechten Zeit gesagt worden. Es fand sich jene Schar entschlossener Männer nie. Die Sorte, die in der Politik an die Herrschaft gelangt war, führte das große Wort auch in der Wirtschaft, in den Verbänden der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer, im Militär, in den Kirchen, in den Medien. Es gab keine ochlokratiefreie Zone, in der sich eine Gegenwehr hätte bilden können. Wenn eine ansetzte, wurde sie im Nu gleichgeschaltet oder zerschlagen. Es ist leider nicht immer so kraß gewesen wie heute. Es ist alles mit tückischer Langsamkeit verfallen, in der es dem Juste-Milieu leicht war, Kritiker als Kritikaster beiseite zu quetschen.

      Der erwachende deutsche Bürger sieht heute um sich herum eine korrupte herrschende Klasse, wie es sie in keiner Niedergangsperiode der deutschen Geschichte gegeben hatte. Bei der Bandbreite und Verflechtungstiefe, die in den Skandalen des letzten Vierteljahres zu Tage traten, versteht er nicht, warum zum Jahreswechsel der Wirtschaftsminister Möllemann aus dem Amt scheiden mußte, der Werbebriefe für Firmen unterzeichnete.

      „Wenn wir solche Kriterien ansetzen, müssen ganze Parlamente entvölkert werden", wandte damals der FDP-Chef Graf Lambsdorff ein. Wie sich flugs herausstellte, mit Recht. Gegen das, was zwischen Saarbrücken, München und Kiel ruchbar wurde, waren Möllemanns empfehlende Petschaften nicht mehr als läßliche Sünden. Doch nur er mußte gleich den Hut nehmen. Hatte er, fragt sich jetzt der hellhörige Bürger, mit anderen Politikern zu wenig gemeinsame Leichen im Keller oder stand er ausländischen Wirtschaftsinteressen im Wege, die rücksichtslos auf unseren Markt drängen, um unerwünschte Folgen der Wiedervereinigung, die nicht zu verhindern war, zu unterbinden?

      Die Korruption ist aber nur eine Wurzel der beklagten Politikverdrossenheit, die besser und schärfer Politikerverdrossenheit genannt werden sollte. Die Korruption aus dem öffentlichen Leben auszuschalten, gelang in der neueren Zeit übrigens nur dem preußischen Staat. Es gibt durchaus korrupte Elemente in der Geschichte, die ihrem Lande unverzichtbare Dienste geleistet haben. Talleyrand und Fouché gelten als zwielichte Würdenträger dieser Art. Die Verbindung von Korruptheit und Leistung wird sogar oft bewundert, wobei ihre verführerische Verderbnis übersehen wird. Was in keinem Falle akzeptiert wird, ist Korruption, die sich mit Untüchtigkeit paart.

      Und Tüchtigkeit sucht der mißtrauisch gewordene deutsche Bürger heute bei allen Trägern des Bonner Parteienstaates vergebens. Die zehn Jahre der Ära Kohl, die auf einer CDU/CSU-Koalition mit der FDP basierte, haben ausgereicht, dieses Gemeinwesen einer Selbstauflösung auszuliefern. Neben den bis zur Unzurückzahlbarkeit hochgetriebenen Schulden des Staates und der Gemeinden schnellte eine neue Armut in die Höhe. Die öffentlichen Dienste stehen kurz vor ihrer Liquidierung. Das geistige Niveau ist auf eine Stufe heruntergekommen, auf der sich wieder Analphabetismus ausbreitet. In den Kirchen erleben wir nach der Profanierung des Sakralen seine Vulgarisierung, die bis zu Blasphemien und Sauereien geht. Der Wahlsieg müßte 1994 der oppositionellen SPD eigentlich in den Schoß fallen. Aber niemand traut ihr zu, daß sie es besser macht. Die meisten fürchten, daß sie es schlechter macht. Nicht nur die Oligarchie, auch die Ochlokratie hat ein ehernes Gesetz.

      Das eherne Gesetz der Ochlokratie besagt, daß die Herrschaft der Minderwertigen, wie Edgar Jung das schon in der Weimarer Republik nannte, jede Erneuerung unterbindet, die ihr von Höherwertigen droht.

      Zur Zeit erleben wir, mit welcher knallharten Wucht in den Parteien gegen Mitglieder vorgegangen wird, die versuchen, im Zuge der nationalen Renaissance nach dem Zerfall der Supermächte-Ordnung ihre Organisationen vom Fundus und Ethos der Nation her zu regenerieren: in der CDU gegen den anhaltinischen Bundestagsabgeordneten Rudolf Krause, in der SPD gegen Brigitte Seebacher-Brandt und den Mitarbeiter der Staatsbriefe Peter Faethe, in der FDP gegen alle Haider-Fans, in der PDS gegen die Dresdnerin Christine Ostrowski und bei den Republikanern gegen den Mitarbeiter der Staatsbriefe Reinhold Oberlercher.

      Das war auch zu erwarten. Es verblüfft nur die ungenierte Dreistigkeit, in der solche Prozesse über die Bühne gezogen werden, die nur noch von der Frechheit überboten wird, mit der die Politiker im Gegenangriff ihre Verdrossenheit über das Volk äußern. Ich zweifle nicht daran, daß sich die Ochlokratie insgeheim ihres anrüchigen Charakters voll bewußt ist. Es könnte sonst ihre Negativauslese über Jahrzehnte nicht funktioniert haben. Sie hält sich allerdings für unersetzbar und hat dafür in Deutschland handfeste Gründe.

      Etwas davon schimmerte schon in der Weimarer Republik durch. Im „Neubau des Deutschen Reiches" schrieb Oswald Spengler bereits 1924: „Und als endlich das durch die Städte schleichende Hungersterben, das nicht mehr zu ertragende leibliche und seelische Leid in der Zeit wahnsinniger Geldentwertung ein dumpfes Grollen entstehen ließ, da war es nicht die Scham, nicht ein Rest von Ehrgefühl, sondern nur die Angst dieser Piraten des Parlamentarismus, welche ihnen eine Art Zurückhaltung und das Zurschaustellen eines plötzlich erwachenden Gefühls der Verantwortung nahelegte ... Aber ich sehe in den Wortführern dieses Systems einen letzten Wunsch heimlich aufdämmern, schurkischer als alle, die vorausgegangen sind: den Wunsch, sich den Folgen einer Umstimmung des Volkes endgültig dadurch zu entziehen, daß man bei der Verwandlung Deutschlands in eine Reparationskolonie, in ein europäisches Indien - ein Plan, der überhaupt erst durch die Erfüllungspolitiker bis zu seiner heutigen Selbstverständlichkeit getrieben werden konnte - sich als Vollzugsorgan von den Gegnern legitimieren und seine Stellung damit von jeder inneren Krise unabhängig machen läßt."

      Was in der Weimarer Republik nur ein Wunsch war, ist in der Bonner Republik seit Anbeginn verfügte Wirklichkeit gewesen. Die politische Klasse ist seit 1945 ein Vollzugsorgan der Siegermächte geblieben und glaubt sich in dieser Legitimierung quer durch alle Krisen alles leisten zu können. Sie hat im Laufe der Jahrzehnte nicht etwa vergessen, daß sie ihrem Volk verpflichtet ist und ihm zu dienen hat. Das Volk war ihr nur eine Masse für Wahlkalkulationen.

      Hier wird sichtbar, daß es im europäischen Niedergang einen deutschen Sonderweg in die Lumpenherrschaft gegeben hat. Neben die Abstiegstendenzen der Demokratie trat jene Legitimierung durch die Gegner, deren profunde Ehrenrührigkeit nur charakterlich fragwürdige Elemente ertragen. Diese Legitimierung hat das demokratische Gefälle in die Ochlokratie beschleunigt. In diesem Sinne stellt die Ära Kohl tatsächlich den Höhepunkt der bundesrepublikanischen Geschichte dar. Die Parallelen zu Pankow liegen auf der Hand. Aber auch Bonn dürfte nur so lange halten, wie seine Besatzungsmächte es nicht fallen lassen.

      In der BRD dürfte es dann allerdings nicht viel anders aussehen als in der DDR nach dem Sturz des Parteistaats. Nach dem Sturz des Parteienstaates wird es in Bonn nur provisorische Regierungen geben, von denen jede schwächer sein wird als die andere, weil eine fremdbestimmte Ochlokratie die Bildung regierungsfähiger Gegeneliten ausschließt. Spengler hat schon 1924 „in bitterer Sorge auf die nationale Rechte" gesehen, „die sich heute als Vergelterin und Treuhänderin der Zukunft zur Übernahme der Geschäfte rüstet". Im Anschluß an die oben zitierte Stelle führte er aus: „Sie hat alles, was zum Begriff eines Ehrenmannes gehört, viel selbstlose Unterordnung, viel Opferbereitschaft, private Sauberkeit, Treue, aber sie besitzt nichts an staatsmännischen Fähigkeiten, wie sie in Deutschland nie etwas davon besessen hat, und sie ist heute zur Führung der Staatsgeschäfte genau so wenig reif wie damals, als sie Bismarck 1872 den Krieg erklärte." Sie ist das gegenwärtig auch nicht und verfügt in korporativer Breite nicht einmal über jene Sekundärtugenden. Die Parteienmilieus unterscheiden sich, unabhängig von ihrer Couleur, in keinem wesentlichen Punkt.

      Eine bald fünfzigjährige Besatzungszeit bleibt nicht ohne Folgen. Die Italiener haben durch ihre jahrhundertelange Teilung und Besetzung nach ihren piemontesischen und faschistischen Episoden wohl die Fähigkeit verloren, als souveränes Volk zu handeln. Ihr gerade in diesen Tagen ausgebrochener Marasmus zeigt den Deutschen, was ihnen droht.

      Den Deutschen wurde die geschichtliche Gnade zuteil, in ihren zentralen Provinzen die Teilung schon nach 45 Jahren überwunden zu haben. Das allein reicht aber nicht aus. Wenn sie nach der deutschen Einheit in absehbarer Zeit nicht auch die deutsche Freiheit wiederherstellen, werden sie diese Gnade schnell wieder verspielen. Eine Wiederherstellung der deutschen Freiheit geht aber nur über die Aufhebung der Ochlokratie — nicht über ein neues Verhältnis zwischen dem Volk und der herrschenden Klasse, wie der Vatikan vor ein paar Tagen in bezug auf Italien verlautete, sondern über ihre Ablösung, die bei einem noch intakten Staatsapparat da einzusetzen hat, wo Beförderungen nur aus politischen Gründen stattfanden. Zuvor aber müssen erst jene schillernden Ehrgeizlinge abgewirtschaftet haben, die sich einbilden, sie würden den Laden schmeißen, wenn man sie nur ließe.


      Bitte denkt dran: der Artikel ist ZEHN JAHRE ALT (und das Problem des "deutschen Weges" noch viel älter...)

      Moralkeule
      Avatar
      schrieb am 22.09.03 13:17:24
      Beitrag Nr. 35 ()
      Sehr interessanter Thread.
      Avatar
      schrieb am 12.10.03 13:57:38
      Beitrag Nr. 36 ()
      ebenfalls up ;)
      Avatar
      schrieb am 12.10.03 14:25:09
      Beitrag Nr. 37 ()
      Die Analyse/Prognose in #1 erschiene mir im großen und ganzen
      zutreffend, gäbe es da nicht eine unberücksichtigte, aber gleichwohl nicht vernachlässigbare Unbekannte in dem ganzen Szenario, nämlich den Faktor Europa.

      Deutschland als der Schwerpunkt im Zentrum Europas droht wie ein Mühlstein alle anderen europäischen Staaten mit nach unten zu ziehen. Gerade im Zeitalter der europäischen Integration werden es aber vermutlich die uns umgebenden Europäer - Neid hin, Schadenfreude her - gar nicht zulassen, daß die Deutschen diesen Weg (voraus)gehen.

      Aus europäischer (z.B. aus niederländischer) Sicht stellen sich zwei Handlungsalternativen:

      1. Die Deutschen isolieren, so daß sie ihre Suppe allein auslöffeln müssen. Diese Alternative wäre aber gleichbedeutend mit dem Ende Europas als politisch relevante Größe.

      2. Die Deutschen quasi unter Kuratel stellen, wie es die europäische Kommission teilweise inzwischen vorexerziert.

      Die 2. Vorgehensweise trägt der deutschen Reformunfähigkeit in gebührendem Maße Rechnung und könnte uns am Ende vor dem Schlimmsten bewahren ...
      Avatar
      schrieb am 12.10.03 14:34:21
      Beitrag Nr. 38 ()
      Klar doch, solange wir mehr zahlen können als die anderen.:laugh: :laugh: :laugh: :laugh: :laugh:


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