Smart Investor-Chef erklärt seine Portfolio-Strategie
Smart Investor-Depot mit über 220% im Plus: „Wir haben mit einer Put-Option auf den DAX viel absichern können”
In unserem wallstreet:online Corona-Depot sammeln wir Aktien, die Börsenexperten und -analysten als Gewinner der aktuellen Krise ausgemacht haben. Doch ist jede Empfehlung gleich einen Kauf wert? Wie stellt man überhaupt ein sinnvolles Portfolio zusammen? Unsere Partner-Redaktion von Smart Investor pflegt schon seit Jahren ein sehr erfolgreiches Musterdepot.
Bevor die erste Aktie gekauft wird, sollte man die Frage nach der eigenen Risikobereitschaft stellen, erklärt Smart Investor-Chefredakteur Ralf Flierl. “Will man mehr Sicherheit oder ist man aggressiver auf Rendite ausgerichtet?” Das sei eine sehr persönliche Entscheidung. “Es gibt Menschen, die bei drei Prozent Rückgang schon nervös werden. Andere zucken noch nicht Mal bei einem Minus von 20 Prozent.”
Das Smart Investor-Depot hat seit seiner Taufe im Jahr 2003 bereits mehrere Krisen durchgemacht. Aktuell liegt das Portfolio der Münchener mit über 220 Prozent im Plus. Doch der jüngste Crash hat das Musterdepot nicht kalt gelassen. “Mit so einem Drama hätten wir nicht gerechnet”, gesteht Flierl. “Wir waren relativ hoch investiert vor dem Absturz. Aber wir haben mit einer Put-Option auf den DAX viel absichern können.” Während der DAX ins Bodenlose fiel, sicherte sich das Team mit dieser Absicherung einen Return von 865 Prozent.
Der Anlagehorizont des Smart Investor-Teams ist langfristig. Das Team folgt einer einfachen Devise: “Wir wollen ein nachvollziehbares Depot für unsere Leser gestalten, bei dem nicht ständig gekauft und verkauft wird. Wir versuchen mit unseren Markteinschätzungen eine ausgewogene Mischung an guten Werten zusammenzustellen”, sagt Flierl.
Ein Blick in das Depot zeigt: Es gibt keinen Fokus auf spezielle Branchen, stattdessen unterscheidet Flierl zwischen verschiedenen Aktientypen. “Wir haben mit Fiat Chrysler zum Beispiel einen super ‘Deep-Value‘-Wert im Depot. Das heißt, diese Aktie ist unglaublich günstig, was die Kennzahlen angeht.” Doch momentan zieht der Wert mit einer Performance von minus 40 Prozent das Gesamtdepot runter. “Aber die Autobranche ist schwer von der Krise getroffen. Bei Fiat Chrysler gibt es also verschiedene Faktoren, die gegeneinander laufen. Wir haben uns dazu entscheiden, die Aktie erstmal zu halten”, sagt Flierl.
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Wann es Zeit ist, sich von einer Position im Depot zu verabschieden, das hänge in seinem Musterdepot unter anderem von der Charttechnik ab, erklärt der Smart Investor-Chef. "Wenn bestimmte Marken gebrochen werden, dann scheint etwas an unserer Einschätzung falsch zu sein. Dann preist der Markt etwas ein, das wir nicht beachtet haben.” Größere Verluste von mehr als 20 Prozent hat er nur sehr ungern im Depot. Da muss schon eine besondere Situation vorliegen.”
Edelmetalle gehören zu den Favoriten
Auch die Höhe des Investments entscheide mit darüber, wie viel Geduld das Team mit einer Verlust-Position hat. "Bei kleinen Positionen mit Verlusten schauen wir eher mal zu, wie es sich entwickelt. Wir haben auch die Sentiment Analyse im Blick, um zu sehen ob am Markt zu viel Optimismus oder zu viel Pessimismus herrscht. Damit versuchen wir, uns ein bisschen gegen die Masse zu stellen”, sagt Flierl (Foto).
Auffallend ist im Smart Investor-Depot die relativ starke Gewichtung auf Edelmetallen. Unter den 18 Werten im Depot finden sich fünf Edelmetall-Aktien. “Auch das hat uns in den letzten Wochen geholfen, denn diese Papiere waren im Anschluss an den Crash im Aufwind.” Und Edelmetalle gehören in Krisenzeiten weiter zu Flierls Favoriten. “Die Zentralbanken pumpen viel Geld in die Märkte, die Konjunkturprogramme laufen ebenfalls auf Pump. Da dürfte es mittelfristig zur Inflation kommen. Davon profitieren Gold und auch Edelmetall-Aktien, das ist der Gedanke dahinter.”
Grundsätzlich geht jedoch nichts über eine starke Diversifizierung, betont Flierl. “Wichtig ist, dass man verschiedene Branchen, Länder und Investmentansätze vermischt. Wir haben in unserem Depot auch einen “Abfindungswert” dabei – die Stada-Aktie. Für das Unternehmen gibt es schon einen ersten Abfindungspreis, der Kurs ist also nach unten abgesichert. Es kann aber nach oben noch Nachbesserungen geben. Das ist für uns quasi ein Cash-Ersatz mit weiterem Potenzial.”
Das Smart Investor-Depot “ist alles andere als aggressiv” ausgerichtet, sagt Flierl. Stattdessen wird Ausgewogenheit großgeschrieben. Mit einer solchen Strategie müssen Anleger Kompromisse eingehen. “Unser Depot ist so strukturiert, dass wenn der Markt hoch geht, wir nicht in vollem Umfang mitgehen. Wenn es runter geht, wird es uns auch nicht zu hart erwischen.”
In einem für den DAX trüben Börsenjahr 2018 schnitten die Smart Investoren deutlich besser ab, im starken 2019 etwas schlechter als der Leitindex. “Insgesamt waren wir mit dem Depot leicht besser als der DAX, aber mit deutlich weniger starken Ausschlägen”, sagt Flierl.
Mit dieser unaufgeregten Einstellung will die Redaktion auch durch das Krisenjahr 2020 steuern. “Das Risiko nach unten minimieren und bei Aufschwüngen dabei sein”, lautet die Ansage von Ralf Flierl.
Autor: Julian Schick, wallstreet:online-Zentralredaktion