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     3693  0 Kommentare Zinsen, Gold, Inflation – so geht’s weiter - Seite 2

    Gold erlebt kein Zins-Waterloo

    Auf den zweiten Blick sollte die Wehrkraft von Gold nicht unterschätzt werden. Das altbekannte Muster, dass nach steigender Inflation anschließend deutliche Zins- und Renditeerhöhungen folgen, lassen die Notenbanken nicht zu. Wenn US-Notenbankchef Jerome Powell verkündet, dass es mehr als drei Jahre braucht, bis das Inflationsziel erreicht wird, weiß jeder Anleger, dass die Fed die Zins-Pferde nicht scheu machen wird. In das gleiche Horn pustet Christine Lagarde bei der EZB. Auch sie schaut über den kurzfristigen Inflationsberg hinweg, der nach Ablauf der konjunkturellen Nachholeffekte wieder zum Mittelgebirge wird.Und dann haben wir noch das „kleine“ Problem der apokalyptischen Überschuldung. Notenbanker müssten unter geistiger Umnachtung leiden, wenn sie mit klaren Zins- und Renditeerhöhungen den finalen Schulden-Crash auslösten.

    Grafik 3: Staatsverschuldung der G7 und 10-jährige Durchschnittsrendite (USA, Deutschland, Japan)

    Nein, zur Rettung der finanzwirtschaftlichen Vaterländer und des europäischen Corpsgeistes werden Fed und EZB die Weginflationierung von Verschuldung – die Preissteigerung liegt oberhalb der Schuldzinsen – betreiben. Das heißt, keine Leitzinserhöhungen. Daneben kaufen die Notenbanken weiter massiv Schulden auf und lagern sie in ihren Kellern wie Wein. Dass er später wie Essig schmeckt, muss man heute ja noch nicht mitteilen. Die verbalerotischen Stabilitäts-Apelle der Notenbanker mögen an die Strenge eines Kompaniefeldwebels erinnern. Praktisch jedoch sind sie Zins-Pazifisten. Ja, die Geldpolitik von Christine Lagarde erinnert an ein Mariengebet: Patronin voller Güte, uns alle Zeit behüte.Wenn Zinssteigerungen von der Inflation nicht nur ein-, sondern sogar überholt werden, ist Inflationsschutz über Zinspapiere nicht möglich. Gold bleibt also der Inflationsretter.

    Grafik 4: Renditen 10-jähriger US- und deutscher Staatsanleihen nach Inflation und Goldpreis

    Übrigens hat die Fed kein Interesse daran, dass steigende US-Zinsen den Dollar nachhaltig festigen und damit den Export behindern. Amerika gönnt Europa keinen schwachen Euro. Powell muss also besonders zins-pazifistisch sein, denn nur so ist er markanter Währungsabwertungskrieger.

    Gold kann sich anderen Anlageformen durchaus erwehrent

    Ohne Zweifel sind Aktien attraktive Anlageformen. Da es aber dank weiterer geldpolitischer Üppigkeit keine Liquiditätsknappheit gibt, kann man das eine (Aktien kaufen) tun ohne das andere (Erwerb von Edelmetallen) zu lassen.Und bei allem Respekt vor Bitcoin: Das klassische Finanzsystem betrachtet ihn mit viel Argwohn. Würden Kryptos zu einer echten Alternativwährung, verlöre die bislang so geschmeidige Staatsfinanzierung über Gelddruckerei ihr Gewaltmonopol. Wenn nötig wird man den Kryptos jede Menge regulatorische Knüppel zwischen die Beine werfen. Es kann eben nur einen Hahn im Hühnerhof der Finanzwelt geben.Daneben sorgen anonyme Besitzer gigantischer Bitcoin-Vermögen immer wieder für hoch volatile, nicht transparente Kursbewegungen, die bei Aktien sofort von den Behörden untersucht würden.

    Grafik 5: Wertentwicklung von Bitcoin und Gold

    Regulierungsgefahren und massive Volatilität machen den Bitcoin aber weder zu einem akzeptierten Vermögensspeicher noch – mit Blick auf die unsichere geopolitische Großwetterlage und die Wiederbelebung sozialistischer Ammenmärchen – zu einem stabilen Anlagehafen. Diese Funktionen erfüllt weiter mustergültig Gold, das im Volatilitätsvergleich ein braver Klosterschüler ist. Bitcoin hat eher einen spekulativen Charakter.

    Die Gold-Front mag wackeln, aber sie fällt nicht

    Ja, Gold wird momentan von vielen Seiten angegriffen. Vor allem die Zinsangst hält sich hartnäckig wie Zigarettengestank im Mantel. Doch auch dieser Geruch verschwindet früher oder später. Gold wird erfolgreich gegen die Zinsangst anstinken.Und wenn alle Stricke reißen, hat Gold starke Waffenbrüder. Es sind dieselben, die mit Geldschwemme draußen an der Schulden-Front kämpfen. Seit der Finanzkrise 2008 haben die Notenbanken die Goldbestände immer weiter aufgerüstet. Selbst sie suchen nach Sicherheit an der Heimatfront. Und was der Geldpolitik recht ist, sollte Goldanlegern billig teuer sein.

    Grafik 6: Goldbestände der Notenbanken

    Längerfristige Gold-Anleger können darauf vertrauen, dass Gold seinen unanfechtbaren Glanz behalten wird. Zwischenzeitliche Eintrübungen sind auszuhalten.
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    Daniel Saurenz
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    Der ehemalige FTD-Redakteur und Börse Online-Urgestein Daniel Saurenz hat zusammen mit Benjamin Feingold das Investmentportal „Feingold Research“ gegründet. Dort präsentieren die beiden Börsianer und Journalisten ihre Markteinschätzungen, Perspektiven und Strategien samt Produktempfehlungen. Im strategischen Musterdepot werden die eigenen Ideen mit cleveren und meist etwas „anderen“ Produkten umgesetzt und für alle Leser und aktiven Anleger verständlich erläutert. Weitere Informationen: Feingold Research.
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    Verfasst von Daniel Saurenz
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