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     1995  0 Kommentare WDR meint: „Mao hatte echten Weitblick“ - Seite 3

    Den Politikern und Wirtschaftsleuten, die sahen, wie es beispielsweise den Arbeitern in Japan ging, fiel es wie Schuppen von den Augen und sie merkten, dass sie jahrelang von der kommunistischen Propaganda belogen worden waren, als diese die Errungenschaften des Sozialismus in China mit dem Elend in den kapitalistischen Ländern verglich. In Wahrheit verhielt es sich genau umgekehrt, wie jeder sehen konnte, der diese Länder bereiste. „Je mehr wir von der Außenwelt sehen, desto klarer wird uns, wie rückständig wir sind“, wiederholte Deng immer wieder.

    Doch es wäre falsch zu glauben, man sei nun über Nacht zum Kapitalismus „bekehrt“ gewesen und habe sofort begonnen, in China die Planwirtschaft abzuschaffen und die Marktwirtschaft einzuführen. Man begann langsam, tastend, gab den Staatsbetrieben mehr Eigenständigkeit. Der Übergang von der sozialistischen Staatswirtschaft zur Marktwirtschaft vollzog sich nicht schlagartig, sondern in einem über Jahre und Jahrzehnte andauernden Prozess, der noch lange nicht abgeschlossen ist. Und mindestens ebenso wichtig wie die Initiativen von oben, also von der Partei, waren Bewegungen von unten, so etwa von den Bauern.

    Privateigentum wird wieder eingeführt

    Nach den Erfahrungen mit dem „Großen Sprung nach vorn“ gingen die Bauern in immer mehr Dörfern selbst dazu über, wieder den Privatbesitz an Ackerland einzuführen, was offiziell verboten war. Aber es zeigte sich rasch, dass die Erträge der privaten Landwirtschaft sehr viel höher waren, und die Parteifunktionäre ließen die Menschen gewähren. Zunächst wurde in besonders armen "Bettler-Dörfern" experimentiert - nach dem Motto: Wenn es hier schief geht, ist das nicht so schlimm, denn vom Boden kann man nicht fallen. In einem dieser kleinen Dörfer erlaubte die Parteiführung den Bauern, die besonders ertragsarmen Felder privatwirtschaftlich zu bestellen. Kaum hatte man dies erlaubt, fiel der Ertrag drei Mal so hoch aus, wie bei den kollektiv bewirtschafteten Böden.

    Schon lange bevor das offizielle Verbot von privater Landwirtschaft 1982 aufgehoben wurde, gab es überall in China spontane Initiativen von Bauern, die das private Eigentum entgegen dem sozialistischen Glaubensbekenntnis wieder einführten. Das Ergebnis war sehr positiv: Die Menschen mussten nicht mehr hungern, die landwirtschaftliche Produktion stieg rapide an.

    Aber nicht nur auf dem Land kam es zu Veränderungen. Jenseits der großen staatlichen Unternehmen gab es zahlreiche kommunale Unternehmen, die zwar formal den Städten und Gemeinden gehörten, aber zunehmend wie private Unternehmen gemanagt wurden. Diese Unternehmen erwiesen sich oft den schwerfälligen Staatsunternehmen als überlegen, weil sie nicht den engen Vorgaben einer Planwirtschaft unterlagen.


    Rainer Zitelmann
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    Dr. Dr. Rainer Zitelmann ist Historiker, Politikwissenschaftler und Soziologe - und zugleich ein erfolgreicher Investor. Er hat zahlreiche Bücher auch zu den Themen Wirtschaft und Finanzen* geschrieben und herausgegeben, viele davon sind in zahlreiche Sprachen übersetzt worden. * Werbelink
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    Verfasst von Rainer Zitelmann
    WDR meint: „Mao hatte echten Weitblick“ - Seite 3 Der WDR meint: „Mao hatte echten Weitblick“. Schon in der Mao-Bibel sei „schwarz auf weiß“ festgeschrieben worden, was dann in den kommenden Jahrzehnten passiert sei.