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    Buchkritik  7979  1 Kommentar Julia Friedrichs Neidbuch über die Erben in Deutschland - Seite 2

    Und dann ist da Beate. Auch die ist eine sympathische Erbin. Denn sie hat zwar vor 20 Jahren eine Menge Geld geerbt. Aber: "Sie rührt das Geld nicht an. Stattdessen quält sie sich im Stillen seit zwanzig Jahren damit, ihr Verhältnis zu diesem verdammten Vermögen zu klären…. Auch sie findet, dass das üppige Geschenk ihrer Eltern an sie und ihren Bruder dazu beiträgt, dass das Land ungleicher wird, ungerechter. Da will sie eigentlich nicht mitmachen. Aber das Geld ist da. Es klebt an ihr." (S. 45)

    Beate findet Erben "ungerecht und undemokratisch" (S.49), ganz so wie die Autorin dieses Buches. Sie sagt: "Ich habe ein moralisches Problem mit meinem Erbe... Oft fühle ich mich in solchen Situationen nicht wohl." (S. 55)

    Nun liegt ja der Einwand nahe, sie könne das Geld doch anderen Menschen schenken oder wahlweise an den Staat überweisen. Aber das scheint viel schwieriger zu sein, als man denken sollte, denn "Geld stinkt nicht, es klebt. Beate überlegt seit zwanzig Jahren, ob eine Trennung von dem Erbe nicht für beide Seiten eine kluge Lösung wäre." (S.56) Trotz intensiven Nachdenkens über zwei Jahrzehnte ist sie jedoch zu keinem Ergebnis gekommen. Ihr Freund meint, Beate würde es bessergehen, wenn sie das Geld nicht hätte. Beates Traum wäre eine massive Erhöhung der Erbschafts- und Schenkungssteuern, am besten rückwirkend, so dass der Staat ihr das Geld wieder wegnehmen würde: "Ihr Traum wäre deshalb, dass ihr ein großer Teil des Geldes genommen würde." Am liebsten, so sagt Beate, "würde ich hohe Erbschaftssteuern zahlen." Leider, so bedauert sie, "gibt es diese Möglichkeit ja nicht." (S.59)

    Nachdem die Autorin mit Erben wie Lars und Beate gesprochen hat, liest sie die Geschichten der großen deutschen Unternehmerfamilien. Nach dem Neid kommt nun ein anderes Gefühl in ihr auf, nämlich Wut, Aggressionen: "Lange trieb mich beim Lesen der Texte eine leise, ab er stete Wut: Wie kann es sein, dass in so einem Land wie Deutschland, aufgeklärt seit dem 18. Jahrhundert, dauerhaft demokratisch seit 1949, so wenige Familien über so viel Macht und Kapital verfügen - oft völlig verborgen vor den Augen anderer?, notiere ich." (S. 107)


    Rainer Zitelmann
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    Dr. Dr. Rainer Zitelmann ist Historiker, Politikwissenschaftler und Soziologe - und zugleich ein erfolgreicher Investor. Er hat zahlreiche Bücher auch zu den Themen Wirtschaft und Finanzen* geschrieben und herausgegeben, viele davon sind in zahlreiche Sprachen übersetzt worden. * Werbelink
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    Verfasst von Rainer Zitelmann
    Buchkritik Julia Friedrichs Neidbuch über die Erben in Deutschland - Seite 2 Julia Friedrichs, Wir Erben. Was Geld mit Menschen macht, Berlin Verlag 2015, 317 Seiten.

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