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    Buchkritik  7979  1 Kommentar Julia Friedrichs Neidbuch über die Erben in Deutschland - Seite 3

    Die Autorin findet jedoch Trost in der Diagnose, dass das Geld diesen Menschen nicht guttue. Es sei eine "Fessel, die junge Menschen an ihre Familie bindet" (S. 107). Solange sie das Gefühl hatte, die Erben seien glücklich, spürte sie nur Neid, wie sie auf Seite 125 freimütig einräumt. "Aber da hatte ich noch nicht in die Abgründe geblickt, die aufreißen, sobald Menschen um Geld kämpfen." (S. 125)

    Vielleicht, so spekuliert sie, würden viel mehr reiche Menschen von ihren späteren Erben ermordet, als es die offizielle Statistik zeige. Denn: "859.582 Menschen starben im Jahr 2012 in Deutschland. 520 wurden ermordet. 1.449 vorsätzlich getötet. Wie viele Eltern unter ihnen waren, die starben, weil die Nachkommen auf das Vermögen schielten, wie viele Ehemänner, deren Ehefrauen auf das Geld aus waren, wie viele Tanten, deren Neffen sich nicht gedulden mochten, erfasst keine Statistik." (S. 165) Man könne dem nur auf die Spur kommen, wenn man "zum Beispiel jede tote Oma, die angeblich nach langer Krankheit im Kreis der Familie eingeschlafen ist, entkleiden und untersuchen würde", oder wenn man "jeden an vermeintlicher Herzschwäche dahingeschiedenen Opa obduzieren würde". Dann, so die Autorin, "hätte man am Ende wohl ein ganz anderes Bild" (S.167).

    Trost findet die Autorin auch in dem Gedanken, dass das Erbe die Erben selbst nicht glücklich mache. Vor allem ist das eine gute Rechtfertigung für eine Erbschaftssteuer, die den Familien beim Tod der Eltern fast den gesamten Besitz nimmt. "Wäre es vielleicht auch im Sinne der Erben, wenn ihnen alles genommen würde? Kann der Reichtum der Eltern eine Last sein, die man kaum erträgt?" (S. 199)

    Gut kommt in dem Buch daher ein Unternehmer weg, der sich entschieden hat, dass seine Kinder nichts bekommen sollen. Der Unternehmer sagt: "Ich diene meinen Kindern, indem ich sie von dem Erbe befreie. Ich nütze ihnen, indem ich ihnen die Firma nehme. Sie leiden nicht unter dieser Entscheidung, sie profitieren davon." (S. 239)

    Wer nicht so denkt, wird in dem Buch lächerlich gemacht und vorgeführt. So wie etwa der Unternehmer Wolfgang Grupp (S. 93 ff.) oder wie der Firmenerbe Roger Klüh (S. 203 ff.). Die Autorin beklagt immer wieder, dass kaum einer der Erben bereit gewesen sei, mit ihr zu sprechen (außer natürlich denen mit dem schlechten Gewissen). Das ist kein Wunder. Jeder, der ihr ein Interview verweigerte, wird sich darin bestätigt fühlen, wenn er liest, wie diejenigen, die es - vielleicht aus Naivität - doch taten, lächerlich gemacht werden.

    Das Buch ist sehr gut geschrieben. Ein gut geschriebenes Buch, das an niedere Instinkte der Menschen appelliert, vor allem an den Neid, findet seine Leser. Ich selbst habe übrigens nichts geerbt und werde auch nichts erben. Ich habe mir mein gesamtes Vermögen selbst erarbeitet. Aber ich freue mich für jeden, der sich eine schönere Wohnung kaufen kann, weil seine Eltern ihm etwas hinterlassen haben. Ich feiere lieber mit ihm die Einweihungsfeier als ein Buch zu schreiben, in dem ich mich über Erben ereifere. R.Z.

    Ein besseres Buch zum Thema "Erben" und zugleich eine Kritik an dem Buch von Friedrichs hat Gerd Maas geschrieben: Warum Erben gerecht ist – gute Argumente gegen die Erbneider


    23 Besprechungen, Interviews und Artikel zu Rainer Zitelmanns aktuellem Buch "Reich werden und bleiben": http://www.reichwerdenundbleiben.net/

    Lesen Sie auch Rainer Zitelmanns Buch "Setze dir größere Ziele!", das in 7 Sprachen übersetzt wurde.


    Rainer Zitelmann
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    Dr. Dr. Rainer Zitelmann ist Historiker, Politikwissenschaftler und Soziologe - und zugleich ein erfolgreicher Investor. Er hat zahlreiche Bücher auch zu den Themen Wirtschaft und Finanzen* geschrieben und herausgegeben, viele davon sind in zahlreiche Sprachen übersetzt worden. * Werbelink
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    Verfasst von Rainer Zitelmann
    Buchkritik Julia Friedrichs Neidbuch über die Erben in Deutschland - Seite 3 Julia Friedrichs, Wir Erben. Was Geld mit Menschen macht, Berlin Verlag 2015, 317 Seiten.

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