Leidet das deutsche Auto-Imperium unter spätrömischer Dekadenz?
Je schlechter über Diesel geredet wird, desto mehr stinkt er
Diese Hochachtung darf man nicht verspielen. Denn mit Diesel-Abgasskandalen und Innovationsträgheit drohen diese Träume zu platzen. So mancher, der am Fließband für Diesel-Fahrzeuge steht, fragt
sich bereits „Was mache ich hier eigentlich?“
Sicher, die ausländische Auto-Konkurrenz hat keinen Grund, ihre Hände in Unschuld zu waschen. Auch sie hat viel Dreck am Stecken. London, Paris oder Rom gehen auch nicht als Luftkurorte durch.
Jedoch haben in Deutschland Automobile wirtschaftlich und für das germanisch-industrielle Selbstwertgefühl eine viel größere Bedeutung. Und da im internationalen Autoabsatz-Krieg alle Mittel
erlaubt sind, streuen die Rivalen der Autoszene jetzt sackweise Zucker in die Tanks deutscher Dieselautos. Auch die britische Regierung drischt auf
Diesel-Deutschland ein, indem sie ein Dieselauto-Verbot ab 2040 ausspricht. Selbst wenn bis dahin noch viel Zeit vergeht, wird im Kopfkino der Autofahrer deutscher Diesel-Technologie dennoch immer
mehr die Spritzufuhr gekappt. In Trumps Amerika ist man ohnehin für jeden Skandal der deutschen Autoindustrie mit ihrer „bösen“ Exportstärke dankbar. Dann kann man ihr öffentlichkeitswirksam mit
Inquisitions-ähnlichen Schauprozessen das Fell über die Ohren ziehen.
Für die deutsche Wirtschaft steht viel auf dem Spiel. Automobile sind unsere Leitindustrie. Etwa 800.000 Jobs und ein Fünftel unserer Exporte hängen direkt davon ab. Und wenn sich beim Diesel in
puncto Zuverlässigkeit, Qualität und Innovation Schwächen offenbaren, gerät auch die gesamte deutsche Automobilbranche in Sippenhaft, wird angeschwärzt, sozusagen eingerußt.
Rettet den Diesel!
Aufgrund ihres Stellenwerts wurde die deutsche Autoindustrie seit Jahrzehnten von allen Politikern und sogar von den Grünen verwöhnt wie ein Einzelkind. Gerne wurden auch großzügige Geschenke wie
Abwrackprämien verteilt und vielleicht die Diesel-Ampeln an den richtigen Stellen gerne mal auf grün gesetzt. So schwebte die Auto-Industrie über allen Diesel-Dingen, war unangreifbar, too big to
fail.
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Doch angesichts der aktuellen Diesel-Konterrevolution muss die Branche aus ihrer Komfortzone heraus. Um die Diesel-Technologie zu retten, ist zunächst brutalstmögliche Aufklärung der Industrie von
Nöten.