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    Wann tritt der Papst zurück? - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 25.12.01 19:12:02 von
    neuester Beitrag 28.12.01 11:22:47 von
    Beiträge: 50
    ID: 526.354
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      schrieb am 25.12.01 19:12:02
      Beitrag Nr. 1 ()
      Der arme Mann sollte doch langsam in den wohlverdienten Ruhestand gehen. Gibt es eigentlich Präzidenzfälle für einen Papstrücktritt?
      Avatar
      schrieb am 25.12.01 19:26:18
      Beitrag Nr. 2 ()
      @ Lancelot,

      schreib ihm doch mal Deine wunderbare Idee. Bestimmt ist er
      froh über eine derart gute Anregung. Wahrscheinlich hat
      sich bisher noch niemals jemand getraut es ihm zu schreiben.
      Also auf, schreib ihm und Dein Name wird unvergessen bleiben.

      Renatus

      PS: Hast Du heute etwas fett gegessen?
      Avatar
      schrieb am 25.12.01 19:30:45
      Beitrag Nr. 3 ()
      @Lancelot

      Möchte nicht wissen wieviele potentielle Nachfolger das selbe denken. :laugh:
      Aber einer von denen wird schon dafür sorgen, dass er das Jahr 2002 nicht überlebt.
      Avatar
      schrieb am 25.12.01 19:33:34
      Beitrag Nr. 4 ()
      @ Renatus

      Wie bist du denn drauf? Etwa so ein ganz Kirchentreuer? Kein Sex vor der Ehe und so?

      Wenn ich deinen Beitrag so lese, frage ich mich, wer hier wohl zu fett gegessen hat... :confused:

      Also wenn ich katholisch (gewesen) wäre, dann wär ich schon längst zurückgetreten... aus der Kirche nämlich... :D
      Avatar
      schrieb am 25.12.01 19:50:00
      Beitrag Nr. 5 ()
      Du hats ja nen geilen Namen:

      "Tasmanischer Tittenteufel"

      ...ich schmeiß mich gleich untern Tannenbaum.....

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      Avatar
      schrieb am 25.12.01 19:55:23
      Beitrag Nr. 6 ()
      Wer hat ihn denn getreten?
      Darf der Papst als Christ überhaupt zurück treten??
      Avatar
      schrieb am 25.12.01 20:56:34
      Beitrag Nr. 7 ()
      Fragt doch kuehe

      ;)
      Avatar
      schrieb am 25.12.01 21:12:40
      Beitrag Nr. 8 ()
      :laugh: :laugh: :laugh: :laugh:
      Avatar
      schrieb am 25.12.01 21:16:16
      Beitrag Nr. 9 ()
      ,) :) :D Kuehe wo ....... du .....
      Avatar
      schrieb am 25.12.01 21:32:50
      Beitrag Nr. 10 ()
      Der Beweis. -- ohne die Kuehe läuft nichts.

      Der Papst braucht nicht zurücktreten, es wir ein neuer gewählt, wenn der alte gestorben ist.
      Alles Klar!!!!
      Avatar
      schrieb am 25.12.01 21:45:51
      Beitrag Nr. 11 ()
      bis jetzt gab es m.e nur einen papst der zurück getreten
      ist...er wurde eremit....
      ein anderer wurde abgesetzt und eingekerkert.....
      der rest gemeuchelt oder halt normales ableben.
      aber es ist an der zeit die worte "habemus papam" erklingen
      zu hören...schon lange!!
      *zitter*
      Avatar
      schrieb am 25.12.01 22:01:13
      Beitrag Nr. 12 ()
      Jau, Kuehe!
      Gut, dass wir ein so helles Köpfchen an Bord haben!
      Avatar
      schrieb am 25.12.01 22:09:49
      Beitrag Nr. 13 ()
      @ZittrigeHand
      Eremit, abgesetzt, eingekerkert, gemeuchelt?
      Reden deswegen so viele von den guten alten Zeiten?
      Avatar
      schrieb am 25.12.01 22:37:15
      Beitrag Nr. 14 ()
      Oder Päpstin Johanna. Sie ist auf einer Prozession gestorben als sie ein Kind gebar! :rolleyes:

      Fuller
      Avatar
      schrieb am 25.12.01 22:58:20
      Beitrag Nr. 15 ()
      Kann Frauen heutzutage ja nicht mehr passieren.
      Papst sei Dank!
      Avatar
      schrieb am 25.12.01 23:13:37
      Beitrag Nr. 16 ()
      Der jetztige Papst als eine von seinen ersten Amtsthandlung, hat beschlossen, alle Kardinalle die 75 Jahre beendet haben gehen zwangsweise ins Ruhestand. Also die dürfen auch nicht den neuen Papst wählen. Warum er die Regelung für sich selbst nicht anwendet bleibt ein Rätsel.
      Avatar
      schrieb am 25.12.01 23:16:49
      Beitrag Nr. 17 ()
      Ist für Frauen aber auch wirklich zu hart:

      "Das Sex-Leben der Päpste

      --------------------------------------------------------------------------------

      Ein britischer Autor schrieb eine Sittengeschichte der Päpste (Nigel Cawthome: "Sex Lives of the Popes". Prion, London; 280 Seiten, 6,99 Pfund). Conclusio: Bis ins vorige Jahrhundert war Keuschheit nicht ihr Ding.

      Mit dem Alter kommt beim Manne oft die Impotenz. So verhielt es sich auch bei Honorius II., dessen Triebleistung bis zum Schwinden seiner Lendenkraft ehrfurchtheischend war - bei Frauen wie bei Knaben, und selbst dem Tierreich versagte sich der Heilige Vater nicht.

      Zwangshalber keusch geworden, dekretierte Honorius, daß fortan alle Diener des Herrn ebenfalls Enthaltsamkeit zu üben hätten. Die näm- lich opferten damals eifrigst am Altar der Liebe - wie etwa der Kardi- nal Crema, den der Pontifex 1126 nach England sandte, um dort den päpstlichen Sex-Bann durchzusetzen.

      Kaum angekommen, eilte er einem Londoner Puff zu, wo man den Kardinal "nudatus usque ad unguem" fand - "nackend bis hin zu den Fingernägeln" auf einem Freudenmädel, das im selben Zustand der Entblößung war.

      Dem daraufhin anhebenden Spottgedröhn der insularen Geistlichkeit, die den Sendboten aus Rom hinterhältig hatte observieren lassen, begegnete der Kardinal mit dem Hinweis: Er habe noch nie seiner Schwester beige- wohnt und somit als keusch zu gelten; zudem sei er ohne seine Kurtisanen angereist - eine zwiefache Askese, die sich andere Kardinäle nie und nimmer auferlegen wurden.

      So anschaulich und mit antiklerikaler Wonne am Detail schildert der britische Autor Nigel Cawthorne, was selbst Kennern des päpstlichen Intimgebarens in dieser Pikanteriefülle bislang nicht bekannt war - wie zum Beispiel die Tatsache, daß


      Papst Innozenz I. (401 bis 417) sich ausnahmslos an präpubeszenten Mädchen vergnügte, während Sixtus III. (432 bis 440) die reifere Nonnenschaft an seiner Manneskraft teilhaben ließ;

      Papst Johannes XII. (955 bis 963) in der Peterskirche ein Bordell betrieb - bis er beim Koitalvollzug vom Ehemann einer seiner vielen Buhlerinnen erstochen wurde;

      Papst Paul II. (1464 bis 1471) sich am Folterschmerz von nackten Männern erregte, bevor er es mit seinen Lustknaben trieb - er schied durch mors in pädicatio, den Tod beim Verkehr zwischen Mann und Mann;

      Papst Gregor XVI- (1831 bis 1846) die Frau seines Barbiers neben seinen Privaträumen einquartierte - ihre sieben Kinder waren die wahrscheinlich letzten von vielen, die ihr irdisches Dasein päpstlichen Keimdrüsen verdankten.
      Was Cawthorne sonst noch so alles aus dem Intimschlick der vatikanischen Vergangenheit hervorgewühlt hat, gibt den Vorurteilen neue Nahrung, die fehlgeleitete Seelen seit jeher gegenüber der katholischen Kirche hegen. Kleriker konservativer Observanz hingegen dürfte bei der Lektüre von Cawthornes kürzlich erschienener Sittengeschichte des Papsttums unhei- liger Zorn überkommen [*].

      Denn das Machwerk behauptet, daß es über anderthalb Jahrtausende hin- weg, vom alten Rom bis in die Zeit nach Napoleon, kaum einen Pontifex gab, der keinen Dreck am Hirtenstab hatte - als habe es nicht auch Päpste wie den braven Coelestin V. (1294) gegeben, der nie ein Weib berührte und zum Zeichen seiner Demut vor Gott auf einem Esel ritt.

      Seinen Kardinälen befahl er, ihre vielen Kebsweiber ins Kloster zu schicken und so keusch zu leben, wie sie es dem Kirchenvolk bei Höllenstrafe vorschrieben. Immerhin 19 Wochen lang ertrugen die Männer mit der Mitra den Tugendbold; dann sperrten sie ihn ins Verlies und ließen ihn dort verhungern.

      Noch ungnädiger verfuhr die Kirchenleitung mit anderen Sitteneiferern, etwa den Wanderpredigern der Katharer. Deren unentwegte Forderung nach sexueller Abstinenz erzürnte Papst Irinozenz III. (1198 bis 1216) derart, daß er eine besonders peinvolle Strafe ersann: Die Psalmodisten der Moral mußten mit dem Hintern so lange auf einem rotglühenden Eisenstab sitzen, bis sie auf ewig verstummten.

      Dabei hielten die Päpste und Kardinäle seit jeher überaus viel von Keuschheit - der der anderen. So erstellte Papst Gregor I. (590 bis 604) einen Strafkatalog für Sünden wider das Fleisch, den seine Nachfolger bis ins Detail systematisierten.

      Danach war etwa eine Pollutio, der unwillkürliche Samenerguß, mit 7 Tagen Fasten zu büßen. Erfolgte der Samenerguß unter manueller Assistenz, stieg das Strafmaß auf 20 Tage. Mindestens 2 Jahre bei Wasser und Brot hatte zu fristen, wer den Coitus interruptus durch- führte. Gar 15 Jahre Total-Diät standen auf das, was das Sünden- register als "seminem in ore" bezeichnete - selbst Jungfrauenschänder kamen mit 3 Fastenjahren billiger weg als die Freunde des Oralverkehrs.

      Einfachen Priestern, die sich eine Konkubine hielten, drohte gar die Kastration; erlaubt war ihnen die Wollust nur, wenn sie dem Papst das "Cullagiumum" zahlten - eine Art Sex-Steuer, mit der sie sich von ihrem Keuschheitsgelübde freikaufen konnten.

      Fast alle Pfarrer griffen zu diesem Zweck in den Klingelbeutel. Denn sie trieben es so wild wie ihre Oberen, kein Gemeindeglied, ob weiblich oder männlich, war vor ihren Uebergriffen sicher. Als sich kaum noch jemand zur Beichte traute, die der Priester bis dahin in einem abgeschiedenen Winkel der Kirche hörte, wurde 1614 der Beichtstuhl eingeführt.

      Wesentlich älter hingegen ist der sogenannte Kotstuhl, der nach unten hin offene Sedes stercoraria. Auf dem Möbel mit dem irreführenden Namen mußten die neugewählten Päpste Platz nehmen und sich dann vom jüngsten Mitglied des Kardinal-Kollegiums unter die Soutane greifen lassen - um sicherzustellen, daß es sich bei dem zukünftigen Pontifex wirklich um einen Mann handelte.

      Fand der Gottesmann, wonach er suchte, sprach er die Worte: "Habet testes" (er hat Hoden). Worauf die Kardinäle antworteten: "Deo gratias" (dem Herrn sei Dank).

      Dabei wäre der skurrile Greiftest - den die katholische Kirche wider besseres Wissen und alle Beweise heute leugnet - bei den meisten Päpsten überflüssig gewesen. Denn fast alle hatten schon vor ihrer Wahl bewiesen, daß sie Testes-Träger waren.

      So hatte Benedikt VIII. (1012 bis 1024), der als erster Papst auf den Sedes mußte, zahlreiche Kinder von vielen Nonnen sowie seinen zwei blutjungen Nichten. In familia blieb auch Innozenz VIII. (1484 bis 1492), der sich an seinen acht Töchtern ebenso verging wie Julius III. (1550 bis 1555) an seinen zwei Söhnen - zum Lohn für ihre sexuellen Fron- dienste weihte er sie 15-jährig zu Kardinälen.

      Zu ihrem Höhepunkt gelangte die papale Pornokratie unter Alexander VI. (1492 bis 1503), der den Heiligen Stuhl endgültig zum Sündenpfuhl mach- te. Er war ein Unverwüstling sondergleichen, der jede Nacht 25 der formschönsten Freudenmädchen Roms zu sich befahl. Daneben verfügte der Papst aus der berüchtigten Familie der Borgias noch über genü- gend Ausdauer, um mit seiner Kindsbraut Giulia, seiner Tochter Lucrezia sowie deren Mutter und Großmutter zu konkubieren.

      Auch viele der nachfolgenden Päpste betrieben, indes sie die Heilige Inquisition großzügig foltern und rösten ließen, fast jede Variante des Sittengreuels. Doch Mitte des letzten Jahrhunderts wurden die Nach- folger Petri dann plötzlich so keusch, wie es ihnen der Kirchenvater Augustinus schon 1400 Jahre zuvor geboten hatte.

      Die jähe Läuterung war freilich nicht einsichtsmotiviert, sondern lediglich die Folge des Machtverlusts der katholischen Kirche: Späte- stens seit 1850 konnte kein Papst mehr so loslegen wie die vatikani- schen Sittenmolche aus früherer Zeit.

      Nach wie vor aber konzentrierte sich das Interesse der Oberhirten auf den Sex - den ihrer Schafe, denen sie in vielen Enzykliken das geistige Rüstzeug für gottgefälliges Intimgebaren zu vermitteln suchten.

      Schamhaargenau bestimmten sie zum Beispiel, was der Christenheit an filmischer Genitaldarstellung zuträglich sei, und erklärten, weshalb die Kirche zur Schwangerschaftsverhütung mit Knaus-Ogino die Mathematik erlaubt, nicht aber die Physik und die Chemie.

      Kondom und Pille lassen auch Johannes Paul Il. keine Ruhe, jenem Papst, der für sein Leben gerne küßt - wenn auch nur den Boden und, wie kürzlich in einer römischen Kirche mal wieder, Knaben voll auf die Nase.

      Quelle: DER SPIEGEL 11/1997 "



      --------------------------------------------------------------------------------
      Avatar
      schrieb am 26.12.01 00:06:09
      Beitrag Nr. 18 ()
      päpstin johanna???
      diese geschichte gehört ins reich der legenden und märchen
      es gab niemals eine päpstin.....
      auch nicht zu verwechseln mit........die auf der pilgerreise
      HEINRICH II gebar.....
      *zitter*
      Avatar
      schrieb am 26.12.01 02:04:40
      Beitrag Nr. 19 ()
      http://www.kirche-leinatal.de/paepstin_ja_nein.htm

      Gab es Päpstin Johanna?
      Anmerkungen von Donna W. Cross, der Verfasserin


      --------------------------------------------------------------------------------
      Päpstin Johanna zählt zu den faszinierendsten und außergewöhnlichsten Gestalten der abendländischen Geschichte - und zu denen, über die am wenigsten bekannt ist. Die meisten Leute haben noch nie von Päpstin Johanna gehört, und diejenigen, denen ihr Name geläufig ist, betrachten ihr Leben als Legende.
      Doch über mehr als achthundert Jahre hinweg - von der Mitte des neunten bis ins siebzehnte Jahrhundert - war Johannas Pontifikat allgemein bekannt und wurde als historische Wahrheit akzeptiert. Im siebzehnten Jahrhundert jedoch unternahmen verschiedene Einrichtungen der katholischen Kirche, die sich wachsenden Angriffen durch den aufstrebenden Protestantismus ausgesetzt sah, einen gemeinschaftlichen Versuch, die peinlichen historischen Unterlagen über Johanna zu vernichten. Hunderte von Büchern und Manuskripten wurden vom Vatikan eingezogen. Wie wirkungsvoll diese Maßnahmen waren, wird schon dadurch ersichtlich, daß Johanna aus dem heutigen Bewußtsein praktisch verschwunden ist.
      Die katholische Kirche führt derzeit zwei grundsätzliche Argumente ins Feld, die angeblich gegen Johannas Papstamt sprechen: zum einen das Fehlen jeglicher Erwähnung Johannas in zeitgenössischen Dokumenten, zum anderen der angebliche Mangel an ausreichendem zeitlichem Spielraum, um Johannas Pontifikat zwischen dem Ende der Amtszeit ihres Vorgängers, Papst Leo IV., und dem Beginn der Amtszeit ihres Nachfolgers, Papst Benedikt III., »unterzubringen«.
      Diese Argumente sind jedoch alles andere als schlüssig. Es kann kaum verwundern, daß Johannas Name in keinen zeitgenössischen Dokumenten erscheint, wenn man bedenkt, wieviel Zeit der Kirche zur Verfügung stand - und wieviel Energie sie darauf verwendet hat -, jeden Hinweis auf Päpstin Johanna zu verwischen. Es kommt hinzu, daß Johanna im neunten Jahrhundert gelebt hat, einem der dunkelsten des frühen »finsteren Mittelalters«; dies hat es der Kirche mit Sicherheit leichter gemacht, alle Spuren zu beseitigen, die Johanna als Päpstin hinterlassen hat. Im neunten Jahrhundert war das Analphabetentum weit verbreitet, was durch die außerordentliche Armut an schriftlichen Quellen unterstrichen wird. Deshalb muß man sich heute bei der wissenschaftlichen Erforschung dieser Epoche zumeist auf bruchstückhafte, unvollständige, verstreute, widersprüchliche und unzuverlässige Dokumente stützen. Es gibt keine Gerichtsakten, keine Unterlagen über Landvermessungen, keine Aufstellungen über Ernteerträge, kaum Tagebücher oder Aufzeichnungen über das tägliche Leben. Von einer höchst umstrittenen Handschrift abgesehen, dem Liber Pontificalis (das von einigen Wissenschaftlern als »propagandistisches Dokument« bezeichnet wurde), gibt es auch keine fortlaufende Liste der Päpste des neunten Jahrhunderts (und nicht nur des neunten) - wer sie waren, wann sie regierten, was sie bewirkt haben. Johannas Nachfolger beispielsweise, Papst Benedikt III., wird praktisch nur im Liber Pontificalis erwähnt - und dabei war er nicht das Ziel eines regelrechten Vernichtungsfeldzuges.
      Doch ein uraltes Exemplar des Liber Pontificalis, in dem auch Johannas Pontifikat verzeichnet ist, existiert noch heute. Der Eintrag über Johanna stammt offensichtlich aus späterer Zeit und wurde unbeholfen in den Hauptteil des Textes eingefügt. Aber dies bedeutet keineswegs, daß der Bericht falsch ist; ein späterer Geschichtsschreiber, der von der Richtigkeit der Aussagen politisch weniger suspekter Chronisten überzeugt gewesen sein mag, fühlte sich möglicherweise moralisch verpflichtet, die »offizielle« Akte zu korrigieren. Der protestantische Historiker Blondel, der den Text im Jahre 1647 untersuchte, gelangte zu dem Schluß, daß die Einfügung über Johanna im 14. Jahrhundert vorgenommen wurde; dabei stützte er seine Meinung jedoch ausschließlich auf die Unterschiede in Stil und Handschrift bestenfalls subjektive Einschätzungen. Was dieses Dokument betrifft, sind also wichtige Fragen offengeblieben. Wann wurde der fragliche Absatz geschrieben? Und von wem? Eine neuerliche Untersuchung dieses Textes unter Zuhilfenahme moderner Datierungsmethoden - ein Versuch, der bislang noch nicht unternommen wurde - könnte interessante neue Erkenntnisse erbringen.
      Daß Johanna in zeitgenössischen kirchlichen Dokumenten nicht erscheint, kann schwerlich verwundern. Die römischen Kleriker der damaligen Zeit hätten vor Entsetzen über die gewaltige Täuschung, der sie zum Opfer gefallen waren, zu allen Mitteln gegriffen, sämtliche schriftlichen Berichte über diese peinliche Episode zu verbergen. Sie hätten es sogar als ihre Pflicht betrachtet. Hinkmar beispielsweise, Erzbischof von Reims und Zeitgenosse Johannas, hat in seinen Briefen und Chroniken häufig Informationen zurückgehalten, die der Kirche Schaden hätten zufügen können. Selbst der große Theologe Alkuin schreckte nicht davor zurück, an der Wahrheit zu drehen; in einem seiner Briefe gesteht er, einen Bericht über die Unkeuschheit und den Ämterkauf durch Papst Leo III. vernichtet zu haben.
      Insofern sind die schriftlichen Hinterlassenschaften von Johannas Zeitgenossen mit Vorsicht zu genießen. Dies gilt insbesondere für die römischen Prälaten, die ein starkes persönliches Interesse daran hatten, die Wahrheit zu unterdrücken. Bei den seltenen Gelegenheiten, da ein Pontifikat für ungültig erklärt wurde - wie es bei Johanna der Fall gewesen wäre, hätte man ihre weibliche Identität entdeckt -, wurden sämtliche bereits getroffenen Anordnungen, Erlasse und Entscheidungen des betreffenden Papstes automatisch null und nichtig. Sämtlichen Kardinälen, Bischöfen, Diakonen und Priestern, die von diesem Papst die Weihe empfangen hatten, wurden ihre Titel und Ämter aberkannt. Insofern kann es nicht verwundern, daß in den Dokumenten und Akten, die von diesen Männern geführt bzw. kopiert wurden, sich nirgends eine Erwähnung Johannas findet.
      Um zu beobachten, auf welche Weise gut aufeinander abgestimmte Organe eines gleichermaßen rücksichtslosen wie effizienten Staatsapparates peinliche Beweise »verschwinden« lassen können, braucht man nur einen Blick auf Beispiele aus der heutigen Zeit zu werfen, etwa auf Nicaragua oder EI Salvador. Erst Jahre später, nachdem die Zeit ein wenig Abstand zu den Vorfällen geschaffen hat, kommt die Wahrheit allmählich ans Licht - eine Wahrheit, die unter anderem von der unauslöschlichen mündlichen Überlieferung sowie späteren Zeitzeugen bewahrt wurde. Und in der Tat gibt es in späteren Jahrhunderten keinen Mangel an Quellenmaterial über Johannas Pontifikat. Der deutsche Historiker Friedrich Spanheim, der eine umfangreiche Studie über dieses Thema verfaßt hat, zitiert nicht weniger als fünfhundert alte Manuskripte, die Berichte über Johannas Amtszeit enthalten; zu den Verfassern zählen so anerkannte Autoren wie Petrarca oder Boccaccio.
      Heute wird Johanna von der katholischen Kirche als »Erfindung« protestantischer Reformer betrachtet, die darauf bedacht gewesen seien, die papistische Korruption zu enthüllen. Doch Johannas Geschichte wurde bereits Jahrhunderte vor Martin Luthers Geburt niedergeschrieben. Außerdem waren die meisten Chronisten Johannas Katholiken, die hohe Ämter in der kirchlichen Hierarchie innehatten. Johannas Geschichte wurde sogar in einigen »offiziellen« Geschichtswerken über die Päpste aufgeführt. In der Kathedrale von Siena stand ihre Statue unbestritten und unangefochten neben denen anderer Päpste - bis zum Jahre 1601, als sie auf Anordnung Papst Clemens VIII. plötzlich in ein Standbild Papst Zacharias` »umgewandelt« wurde.
      Doch im Jahre 1276, nachdem man eine gründliche Durchsuchung der päpstlichen Akten und Urkunden vorgenommen hatte, änderte Papst Johannes XX. seinen Amtsnamen in Johannes XXI. - als offizielle Anerkennung des Pontifikats Johannas als Papst Johannes VIII. Johannas Geschichte wurde in den offiziellen kirchlichen »Reiseführer« für die Stadt Rom aufgenommen, der mehr als drei Jahrhunderte von Pilgern benutzt wurde.
      Ein weiteres stichhaltiges historisches Beweisstück wurde in den Akten des ausführlich dokumentierten Prozesses gefunden, der 1413 wegen Ketzerei gegen Johannes Hus geführt wurde. Hus wurde verurteilt, weil er die häretische Lehre gepredigt hatte, der Papst sei nicht unfehlbar. Zu seiner Verteidigung führte Hus eine Vielzahl von Beispielen an, da Päpste gesündigt oder Verbrechen gegen die Kirche begangen hatten. Jede dieser Klagen wurde von Hus` Richtern - allesamt Kirchenmänner - in allen Einzelheiten beleuchtet, als unrichtig zurückgewiesen und als ketzerisch abgestempelt. Nur eine der Aussagen Hus` wurde akzeptiert: »Päpste sind viele Male der Sünde und dem Irrtum anheimgefallen, so zum Beispiel, als Johanna zum Papst gewählt wurde, obwohl sie eine Frau war.« Kein einziger der 28 Kardinäle, 4 Patriarchen, 30 Metropoliten, 206 Bischöfe und 440 Theologen hat Hus dieser Aussage wegen der Lüge oder Blasphemie beschuldigt.

      Das zweite Hauptargument, das die Kirche gegen Johannas Papstamt anführt, stützt sich darauf, daß zwischen den Pontifikaten der Päpste Leo IV. und Benedikt III. zu wenig Zeit vergangen sei, als daß Johanna das Amt des Papstes hätte innehaben können. Aber dieses Argument ist mehr als fragwürdig. Eine sorgfältige Überprüfung der frühesten päpstlichen Dokumente enthüllt eine vielsagende Auslassung: Zwar wird als Todestag Leos IV. der 17. Juli genannt, aber die Jahresangabe fehlt. Diese Auslassung hätte es späteren Chronisten leicht gemacht, das Todesjahr Leos von 853 in das Jahr 855 zu verlegen - also über jene zwei Jahre hinweg, in denen Johanna ihr Papstamt innehatte -, um auf diese Weise den Eindruck zu erwecken, Papst Benedikt III. sei der unmittelbare Nachfolger Papst Leos IV. gewesen.
      (Bei zwei der wichtigsten materiellen Beweismittel gegen Johannas Pontifikat stützt man sich auf die Annahme, daß Leo IV. im Jahre 855 gestorben ist; bei diesen Beweismitteln handelt es sich um:
      1. Eine Münze, die den Namen Papst Benedikts III. auf der einen Seite und den Kaiser Lothars auf der anderen Seite trägt. Da Lothar am 28. September 855 starb und die Münze den lebenden Lothar Lind den lebenden Benedikt gemeinsam zeigt, kann Benedikt den Papstthron offensichtlich nicht nach 855 bestiegen haben.
      2. Ein Dekret Papst Benedikts, das er laut Datierung auf der Urkunde am 7. Oktober 855 verfaßt hat und in dem er die Privilegien des Klosters Corvey bestätigt - was wiederum bestätigt, daß Benedikt zu diesem Zeitpunkt auf dem Papstthron saß. Aber diese »Beweise« schrumpfen zur Bedeutungslosigkeit, falls Leo IV. tatsächlich im Jahre 853 (oder sogar 854) starb; denn in beiden Fällen wäre Johanna Zeit genug geblieben, das Papstamt anzutreten und auszuüben, bis Benedikt im Jahre 855 ihr Nachfolger wurde.)
      Die Geschichte bietet viele weitere Beispiele einer derartigen vorsätzlichen Aktenfälschung. Die Bourbonisten datierten gar die Regierungszeit Ludwigs XVIII. schlicht und einfach vom Todestag seines Bruders an und »übersprangen« dabei keinen Geringeren als Napoleon Bonaparte, der sich nun wahrhaftig nicht aus sämtlichen historischen Quellen entfernen ließ; dafür gibt es viel zu viele Chroniken, Tagebücher, Briefe und Dokumente anderer Art. Aber legt man dieses beinahe schon wahnwitzige Unterfangen unserem Problem zugrunde, wird dem Leser wohl deutlicher, wie vergleichsweise einfach es gewesen sein dürfte - noch dazu für die mächtige katholische Kirche und über die vielen Jahrhunderte hinweg -, Johanna aus den schriftlichen Quellen des neunten Jahrhunderts »verschwinden« zu lassen.

      Außerdem gibt es indirekte Beweise - bestimmte Gegenstände und Maßnahmen - die nur sehr schwer zu erklären sind, sollte es tatsächlich niemals einen weiblichen Papst gegeben haben. Ein Beispiel ist die sogenannte »Sesselüberprüfung«, die für mehr als sechshundert Jahre ein Bestandteil der mittelalterlichen Papstwahl und -weihe gewesen ist. Nach Johannas Pontifikat - also ab der zweiten Hälfte des neunten Jahrhunderts - mußte jeder neu gewählte Papst auf dem sella stercoraria Platz nehmen (wörtlich übersetzt etwa: »Dung-Sessel«), der in der Mitte eine große Öffnung ähnlich einer Toilette aufwies; auf diesem Stuhl wurden die Genitalien des Erwählten untersucht, um sich davon zu überzeugen, daß es sich tatsächlich um einen Mann handelte. Anschließend verkündete der Untersuchende (für gewöhnlich ein Diakon) den Versammelten: »Mas nobis nominus est« - »unser Erwählter ist ein Mann.« Erst dann wurden dem Papst die Schlüssel zu Sankt Peter ausgehändigt. Diese Zeremonie wurde bis ins sechzehnte Jahrhundert beibehalten. Sogar Alexander Borgia mußte sich dieser peinlichen Untersuchung unterziehen, obwohl seine Frau ihm zum Zeitpunkt der Wahl bereits vier Söhne geboren hatte, die er stolz als seine Kinder anerkannte.
      Die katholische Kirche streitet die Existenz des sella stercoraria auch gar nicht ab; denn diesen Stuhl gibt es noch heute in Rom. Auch wird von kirchlicher Seite nicht bestritten, daß dieser Stuhl über Jahrhunderte hinweg bei der Zeremonie der Papstweihe benutzt wurde. Doch wird vielfach die Behauptung erhoben, daß der Stuhl nur seines »schönen und beeindruckenden Äußeren« wegen verwendet worden sei; daß die Sitzfläche ein Loch aufweist, habe »keine besondere Bedeutung«. Diese Argumentation ist, gelinde gesagt, absurd. Der Stuhl hat einstmals offensichtlich als Toilette gedient, oder vielleicht auch als Entbindungsstuhl. Kann man davon ausgehen, daß ein Gegenstand, der einstmals zu derart ordinären und »weltlichen« Zwecken benutzt wurde, als Papstthron gedient hat, ohne daß es einen guten Grund dafür gegeben hätte? Wohl kaum. Und falls die »Geschlechtsuntersuchung« der Päpste tatsächlich ins Reich der Phantasie gehört - wie erklärt sich dann die Vielzahl der Zoten, Scherze und Lieder, die sich auf diesen Stuhl beziehen und die beim Volk von Rom jahrhundertelang weit verbreitet gewesen sind? Zugegeben, wir reden hier von Zeiten der Unwissenheit und des Aberglaubens, doch das mittelalterliche Rom war eine eng zusammengewachsene, ja, zusammengedrängte Gemeinschaft: Viele Menschen wohnten nur einen Steinwurf weit vom Papstpalast entfernt; viele ihrer Väter, Brüder, Söhne und Vettern waren Prälaten, die bei den Papstweihen dabeigewesen sind und die Wahrheit über den sella stercoraria gekannt haben müssen.
      Es gibt sogar einen Augenzeugenbericht über eine solche »Sesselüberprüfung«: Im Jahre 1404 reiste der Waliser Adam von Usk nach Rom und blieb länger als zwei Jahre in der Stadt; während dieser Zeit führte er sorgfältig Buch über seine Beobachtungen. In seiner ausführlichen Beschreibung der Krönungs- und Weihefeierlichkeiten von Papst Innozenz VII. wird auch die »Sesselüberprüfung« geschildert.
      Einen weiteren wichtigen Beweis liefert die »gemiedene Straße«. Das Patriarchum - der Papstpalast und die Bischofskirche des Papstes in seinem Amt als Bischof von Rom (die heutige San Giovianni in Laterano) - befindet sich auf der gegenüberliegenden Seite des Petersdomes; aus diesem Grunde zogen päpstliche Prozessionen oft zwischen den beiden Kirchen hindurch. Schon ein flüchtiger Blick auf eine Karte des modernen Rom zeigt, daß die Via Sacra (die heutige via San Giovanni) die mit Abstand kürzeste und direkteste Verbindung zwischen diesen beiden Orten ist - und in der Tat wurde sie über Jahrhunderte hinweg von den Päpsten benutzt (daher der Name via Sacra, »heilige Straße«). Die via Sacra ist nun jene Straße, auf der Johanna der Überlieferung nach bei der Frühgeburt starb. Kurze Zeit später mieden päpstliche Prozessionen absichtlich diese Straße, und zwar »aus Abscheu ob dieses Vorfalles«.
      Die katholische Kirche argumentiert, daß der Umweg später lediglich deshalb gemacht wurde, weil die Straße für Prozessionen zu schmal gewesen sei, und dies bis ins sechzehnte Jahrhundert, als sie unter Papst Sixtus V. verbreitert wurde. Aber diese Erklärung ist offensichtlich unwahr. Im Jahre 1486 beschrieb Johannes Burckhardt, Bischof von Horta und päpstlicher Zeremonienmeister unter fünf Päpsten (ein Amt, das ihm intimste Kenntnisse über den päpstlichen Hof verschafft haben dürfte), in seinem Tagebuch, was sich zugetragen hatte, als eine päpstliche Prozession mit der Gewohnheit brach und über die via Sacra zog:

      Auf dem Rückweg kam er (der Papst) am Kolosseum vorbei und (zog) die gerade Straße hinunter, auf der ... Johannes Anglicus ein Kind gebar, was der Grund dafür ist, daß die Päpste ... bei ihren Kavalkaden nie durch diese Straße ziehen; deshalb wurden dein Papst Vorhaltungen gemacht ... vom Erzbischof von Florenz, dem Bischof von Massano und Hugo de Bencii, dem apostolischen Subdiakon ...

      Einhundert Jahre vor der Verbreiterung der Straße ist diese päpstliche Prozession also ohne Schwierigkeiten über die via Sacra gezogen. Außerdem geht aus Burckhardts Bericht eindeutig hervor, daß zu seiner Zeit (im 15. Jahrhundert) selbst hohe Würdenträger im päpstlichen Palast gar keinen Zweifel an Johannas Pontifikat hatten.
      Berücksichtigt man die Wirren der Zeit, den Mangel an Quellen und die Verschleierungsversuche, wird sich wohl nie mehr genau feststellen lassen, was an jenem schicksalhaften Tag im Jahre 855 auf der via Sacra geschehen ist. Deshalb hatte ich beschlossen, einen Roman darüber zu schreiben, und keine historische Abhandlung. Wenngleich ich mich vielfach auf erwiesene geschichtliche Tatsachen stütze, sind die meisten Geschehnisse in Die Päpstin rein fiktiver Natur. Über Johannas Kinder- und Jugendjahre ist so gut wie nichts bekannt; man weiß nur, daß sie aus Ingelheim stammte, einen englischstämmigen Vater hatte und mehrere Jahre als Mönch im Kloster Fulda verbrachte. Also mußte ich notwendigerweise die fehlenden Stücke ergänzen, was diesen persönlichen Hintergrund angeht.
      Doch die bedeutsamsten Ereignisse in Johannas Erwachsenenleben, wie sie in Die Päpstin geschildert werden, entsprechen der tatsächlichen historischen Überlieferung; gleiches gilt für den äußeren geschichtlichen Rahmen: Die Schlacht von Fontenoy fand, wie beschrieben, wirklich am 25. Juni 841 statt; der historisch höchst bedeutsame Vertrag von Verdun wurde tatsächlich geschlossen; die Sarazenen plünderten im Jahre 847 wirklich Sankt Peter; im römischen Borgo brach im Jahre 847 tatsächlich eine Feuersbrunst aus, und 854 verursachte der Tiber in der Tat eine Flutkatastrophe. Die Morde an Theodorus (im Roman Anastasius` Onkel) und Leo im Papstpalast wurden tatsächlich verübt, und auch die Verhandlung des magister milituin Daniel gegen den päpstlichen superista hat wirklich stattgefunden. Ebenso gibt es schriftliche Zeugnisse über Papst Sergius` Völlerei und seine Gichtkrankheit. Anastasius, Arsenius, Gottschalk, Rabanus Maurus, Kaiser Lothar seine Brüder Karl und Ludwig sowie die Päpste Gregor, Sergius und Leo sind allesamt historische Gestalten. Auch was die allgemeinen Lebensumstände, die Ernährungsgewohnheiten, die Kleidung, die medizinischen Behandlungsformen und anderes im neunten Jahrhundert betrifft, habe ich mich eingehend kundig gemacht, so daß meine Schilderungen weitgehend authentisch sein dürften.
      Doch um einen möglichst spannenden Unterhaltungsroman erzählen zu können, habe ich einige historische Fakten so »zurechtgerückt«, daß sie in den Handlungsrahmen passen. Beispielsweise brauchte ich einen Normannenüberfall auf Dorstadt (oder Dorestad) im Jahre 824; tatsächlich stattgefunden hat dieser Raubzug aber erst 842. Ähnliches gilt für »meine« beiden Züge Kaiser Lothars gegen Rom mit dem Ziel, die Stadt und den Papst zu bestrafen. In Wahrheit hat Lothar beim zweiten Mal seinen Sohn Ludwig entsandt, den König von Italien, um diese Aufgabe an seiner Stelle zu erledigen. Der Leichnam des heiligen Marcellinus wurde tatsächlich aus seinem Grab gestohlen; allerdings nicht im Jahre 855, sondern bereits 827. Johannes der Diakon, der Gegenpapst - Sergius` Vorgänger -, wurde nach seiner Absetzung nicht hingerichtet, sondern eingekerkert und anschließend verbannt. Aber diese und andere »dichterische Freiheiten« mögen mir verziehen sein zumal es - glaube ich - Ausnahmen sind; ich habe versucht, den historischen Rahmen des Romans möglichst präzise zu zeichnen.
      Einige Dinge, die ich in Die Päpstin beschrieben habe, mögen aus unserer heutigen Warte schockierend anmuten; für die Menschen der damaligen Zeit waren sie es gewiß nicht. Der Verfall des römischen Kaiserreichs und der sich daraus ergebende Zusammenbruch staatlicher und gesetzlicher Ordnung führten zu einer Epoche, die von einer fast beispiellosen Barbarei und Gewalt gekennzeichnet war. Wie ein zeitgenössischer Chronist sich beklagte, war es ein »Zeitalter des Schwertes, ein Zeitalter des Windes, ein Zeitalter des Wolfes«. Die Bevölkerung Europas wurde durch eine verheerende Reihe aufeinanderfolgender Hungersnöte, Epidemien, Bürgerkriege und »barbarischer« Invasionen fast zur Hälfte vernichtet. Die durchschnittliche Lebenserwartung war sehr niedrig; weniger als ein Viertel der Bevölkerung wurde älter als fünfzig Jahre. Städte im eigentlichen Sinne gab es nicht mehr; die größten Orte hatten nicht mehr als zwei- oder dreitausend Einwohner. Die alten Römerstraßen waren verfallen; die Brücken, von denen ihre Funktionstüchtigkeit als Reise- und Fernhandelswege abhingen, waren verschwunden.
      Die gesellschaftliche und wirtschaftliche Ordnung, die wir heute als Zeitalter der »Feudalherrschaft« bezeichnen, lag noch in weiter zeitlicher Ferne. Ebensowenig konnte von einem europäischen Staatenwesen die Rede sein; im modernen Sinne gab es weder ein Deutschland, noch ein Frankreich, noch ein Spanien oder Italien. Zudem hatten die verschiedenen romanischen Sprachen sich noch nicht aus ihrer Muttersprache, dem Latein, herausgebildet; es gab keine französische oder spanische oder italienische Sprache, nur unterschiedliche Formen eines umgangssprachlichen Latein, das sich immer weiter von seiner klassischen Form entfernte, sowie eine Vielzahl verschiedener regionaler Mundarten.
      Kurz gesagt, war das neunte Jahrhundert eine Epoche einer sich wandelnden Gesellschaft, die von einer seit langer Zeit toten Form der sozialen und wirtschaftlichen Ordnung in eine neue Gestalt der gesellschaftlichen Ordnung hineinwuchs, die noch gar nicht geboren war - mit all den inneren Unruhen und Gärungen, die eine solche Phase des Umbruchs mit sich bringt.
      Das Leben in diesen unruhigen Zeiten war für die Frauen besonders schwer. Es war ein misogynistisches Zeitalter, das unter anderem von den frauenfeindlichen Schmähschriften solcher Kirchenväter wie Sankt Paul oder Tertullian geprägt wurde:

      Und weißt du nicht, daß du die Eva bist? ... Du bist das Tor des Teufels, die Schlange im Baum, die erste Abtrünnige vom göttlichen Gesetz, du bist die, welche jenen verführte, dein der Teufel sich nicht zu nähern wagte ... des Todes wegen, den du verdient hast, mußte selbst der Sohn Gottes sterben.

      Die Menschen glaubten, daß Menstruationsblut den Wein sauer werden ließ, Feldfrüchte verdarb und Stahl stumpf machte, daß es Eisen rosten ließe und Hundebisse mit Gift verseuche, für das es kein Gegenmittel gab. Von wenigen Ausnahmen abgesehen, wurden Frauen als minderes und unterlegenes Geschlecht betrachtet - und entsprechend behandelt -; ein Geschlecht, dem gesetzliche Rechte ebensowenig wie ein Recht auf Eigentum zustanden. Von Rechts wegen durften Männer ihre Frauen schlagen. Vergewaltigungen wurden als eine harmlosere Form des Diebstahls betrachtet. Frauen wurden von einer schulischen Ausbildung ferngehalten; denn eine gelehrte Frau wurde nicht nur als widernatürlich, sondern auch als gefährlich betrachtet.
      Deshalb kann es nicht verwundern, daß Frauen tatsächlich beschlossen haben, sich als Männer auszugeben, um einem solchen Leben zu entrinnen. Außer Johanna gibt es weitere Beispiele von Frauen, die es erfolgreich bewerkstelligt haben, ein Leben als Mann zu führen. Bereits im dritten nachchristlichen Jahrhundert trat Eugenia, die Tochter des Präfekten von Alexandria, als Mann verkleidet in ein Kloster ein und schaffte sogar den Aufstieg bis zum Abt. Ihre wahre Identität blieb unentdeckt, bis sie gezwungen war, ihr Geschlecht preiszugeben, als man ihr vorwarf, ein Mädchen entjungfert zu haben. Im 12. Jahrhundert wurde St. Hildegund unter dem Namen »Bruder Joseph« als Mönch ins Kloster Schonau aufgenommen und lebte bis zu ihrem Tod viele Jahre unentdeckt in der Bruderschaft.
      (Es gibt noch weitere, aktuellere Beispiele von Frauen, die sich erfolgreich als Männer ausgegeben haben; darunter waren: Mary Read, die zu Beginn des 18. Jahrhunderts als Pirat lebte, Hannah Snell, "ein Soldat und Seemann" in der britischen Marine; eine Frau aus dem 19. Jahrhundert, deren wirklicher Name uns unbekannt ist, die aber unter dem Namen "James Berry" bis zum Rang eines Generalinspektors der britischen Krankenhausverwaltung aufstieg; Loreta Janeta Velaquez, die unter dem Namen "Harry Buford" im amerikanischen Bürgerkrieg in der Schlacht am Bull Run für die Südstaatenarrnee kämpfte. Das jüngste Beispiel ist Teresinha Gonnez aus Lissabon, die achtzehn Jahre lang erfolgreich vorgab, ein Mann zu sein, als hochdekorierter Soldat stieg sie in der portugiesischen Armee bis zum Rang eines Generals auf und wurde erst 1994 "enttarnt", als sie aufgrund einer Anklage wegen finanziellen Betruges festgenommen wurde und sich einer Leibesvisitation durch die Polizei unterziehen lassen mußte.)
      Die Flamme der Hoffnung, die von diesen und anderen Frauen entfacht wurde, war nur ein schwaches Flackern auf einem Meer der Dunkelheit; doch gänzlich erloschen ist diese Flamme nie. Für Frauen, die stark genug waren zu träumen, gab es Gelegenheiten. Die Päpstin ist die Geschichte einer Frau, die einen solchen Traum gelebt hat.
      Avatar
      schrieb am 26.12.01 08:52:54
      Beitrag Nr. 20 ()
      rücktritt: GREGOR XII
      absetzung: JOHANNES XXII BENEDIKT XIII

      http://www.joerg-sieger.de/gesch/20_ref.htm
      Avatar
      schrieb am 26.12.01 09:08:30
      Beitrag Nr. 21 ()
      sorry...berichtigung zu 18
      konstanze von sizilien gebar friedrich II
      Avatar
      schrieb am 26.12.01 15:05:28
      Beitrag Nr. 22 ()

      http://dbk.de/presse/pm2000/pm2000011001.html

      Bischof Lehmann hat in keiner Weise Rücktritt des Papstes gefordert
      Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Dr. Karl Lehmann, hat im "Interview der Woche" im Deutschlandfunk (Sendetermin 09.01.2000, 11.05 Uhr) in keiner Weise den Rücktritt des Heiligen Vaters gefordert. Entspre-chende Agenturmel-dungen verfälschen das Interview in nicht zu verantwortender Art und Weise. Sie sind durch den Wortlaut des Interviews nicht gedeckt.

      Der Wortlaut des entsprechenden Interviewteils:

      "DLF: Bischof Lehmann, Heiliges Jahr 2000: Der Papst ist offensichtlich krank. Wäre das runde Datum möglicherweise - wie es auch schon mal angesprochen wurde, wie zu lesen war - ein geeigneter Zeitpunkt für einen Rücktritt?

      Lehmann: Ich habe in den letzten Wochen und Monaten durch die dreiwöchige Euro-pasynode in Rom im Oktober und durch die einwöchigen Besuche, die die deutschen Bi-schöfe alle fünf Jahre machen, doch mehr als sonst die Gelegenheit gehabt, dem Papst immer wieder zu begegnen. Er ist ja mit einer unglaublichen Ausdauer und Geduld und Disziplin bei der Europasynode bei allen öffentlichen Sitzungen da gewesen. Er war vielleicht mal eine Stunde weg, aber sonst war er immer da. Ich selbst - andere können was anderes sagen - habe ihn eigentlich im-mer im Aufnehmen der Dinge von einer er-staunlichen Geistesgegenwart gefunden in den mehreren Gesprächen und in den gemein-samen Erfahrungen. Wie sich die offensichtliche Parkinsonkrankheit auswirkt, im Blick auf die Leitung und die Be-schlüsse usw., wo man ja noch mal über das Verstehen hinaus eine eigene Energie auch dann braucht, da kenne ich mich einfach nicht aus und wage kein Urteil abzu-geben. Im übrigen habe ich den Eindruck über Jahre jetzt eigentlich ge-habt, dass er die ganze Lebenskraft auf dieses Heilige Jahr, auf das Jahr 2000, hingelenkt hat. Und es ist ja auch unglaublich, was er sich jetzt an Terminen und an Auftritten auf-geladen hat. Und ich glaube, einer dieser geheimen Höhepunkte seines ganzen Wirkens in diesem Jahr ist ein Besuch in Jerusalem und in Israel. Da sieht er, glaube ich, doch einen entscheidenden Höhepunkt auch seines ganzen Pontifikates. Ich traue dem Papst persön-lich zu, dass, wenn er des Gefühl hätte, dass er einfach nicht mehr genügend in der Lage ist, verantwortlich die Kirche zu lenken, ich glaube, dann hätte er die Kraft und den Mut zu sagen: ,Ich kann das nicht mehr so erfüllen, wie das nötig ist`. Es ist natürlich nicht einfach, daran zu denken. Niemand ist das gewohnt, dass es so etwas geben würde, wie einen zurücktretenden Papst. Immerhin hatten wir ja mit Celestin V. jemand, der das ge-macht hat. Aber wenn der Papst das wollte, ob denn die Umgebung und alle, die sonst Rat geben, damit einverstanden sind und glauben, dass das besser ist, dass er zurücktritt, da bin ich mir unsicher, wie das ist. Es ist immer für die Kirche eine sehr sensible Zeit, wenn Päpste länger die Kirche geleitet haben und eben sich dann einfach verständlicherweise physische Schwächen zeigen. Es ist für die Kirche und vielleicht auch für die Gesellschaf-ten auch nicht so ganz schlecht, wenn sie sieht, dass es also auch kranke Päpste geben kann. Wir sind ja sonst so, dass wir solche Leute eher wegschließen, und das Normale und das wichtige ist, das Gesunde und das Junge, und alles, was sozusagen funktioniert - und da nun konfrontiert zu sein, dass man auf der einen Seite noch ein gutes Gedächtnis hat für einen strahlenden Mann, der die Medien in der Welt gewonnen hat durch seine Ausstrah-lungskraft - wenn ich an 1978 denke an den An-fang. Und jetzt sieht man eben auch, da geht ein Lebensbogen langsam dann dem Ende entgegen, und trotzdem bleibt der Mann treu. Wenn ich so denke: Ich war doch persönlich auch sehr beeindruckt, mit welcher Treue und mit welcher Pünktlichkeit er alle diese Syn-odensitzungen persönlich verfolgt hat. Das war ein unglaubliches Vorbild, für die Arbeit der Synode. Und insofern muss ich sagen, habe ich gerade durch diese Situation eher wie-der einen größeren Respekt und ein Stück weit neue Anerkennung sozusagen für mich selbst eigentlich gefunden und beurteile das ein bißchen anders, als ich es vielleicht selber gesehen habe.

      DLF: Sollte der mögliche Nachfolger aus einem anderen als aus unserem Kontinent kom-men vielleicht aus Afrika oder Lateinamerika?

      Lehmann: Also ich spreche nicht gerne über einen Nachfolger des Papstes, denn ich habe jetzt einfach Respekt vor dem, der da ist und vor dem der das Amt hat in Rom. Man blickt natür-lich schon sehr stark auch in die Kirche der Dritten Welt. Ich habe immer wieder das Ge-fühl, in Rom geht der Blick auf diesen Riesenkontinent in Lateinamerika, wo so viele Ka-tholiken - fast eine Milliarde, ein ganz großer Teil - eigentlich leben, und wo sich vieles auch entscheiden wird. Aber ich glaube, man hat auch irgendwo auch wieder zugleich schätzen gelernt, was die Kirche in Italien doch für die Weltkirche auch wieder bedeutet. Ein Papst, der vielleicht außereuropäisch wäre, der darf also nicht nur ein leeres Symbol sein. Er muss in seiner Weise eben auch führen; natürlich können das nicht nur die Euro-päer. Aber ein Papst für eine solche Kirche, der schwach wäre, das wäre eine Katestrophe. Und insofern - denke ich - muss man das einfach mal offen lassen. Das Kardinalskolle-gium wird sich dann die Köpfe zerbrechen darüber.

      DLF: Herzlichen Dank.
      Avatar
      schrieb am 26.12.01 16:41:12
      Beitrag Nr. 23 ()
      Wie viele Feinde? bzw. Abtrünnige der Kirche
      sich an diesem Thema in ihrer Unwissenheit
      doch ergötzen können.
      Avatar
      schrieb am 26.12.01 17:07:12
      Beitrag Nr. 24 ()
      Würden Herr Berufsschullehrer die Unwissenden denn gütigst an seinem Wissen teilhaben lassen?
      Avatar
      schrieb am 26.12.01 17:49:36
      Beitrag Nr. 25 ()
      Aus http://www.sungaya.de/schwarz/christen/papst.htm

      Seit dem 1. Vatikanischen Konzil (1870) gilt der Papst als oberster Lehrer der Kirche und für unfehlbar, wenn er ex cathedra (lat. „vom Lehrstuhl Petri aus”) feierliche Lehrsätze des Glaubens und der katholischen Sittenlehre verkündet, die für seine gesamte Kirche als mit fide divina (lat. „mit göttlichen Glauben”) verbindlich sind. Grundlage des Dogmas ist der Glaube, der Papst sei in solchen Fragen inspiriert, d.h. vom Heiligen Geist erfüllt. Vordem nahm man an, diese Inspiration erfülle die Konzilien

      Gewählt wird der Papst von dem Kollegium der Kardinäle, die einen aus ihrer Mitte zum Nachfolger Petri bestimmen. Grundsätzlich ist jeder getaufte männliche Katholik (vir baptizatus), ob Laie oder Priester, wählbar, seit 1389 waren dies aber immer Kardinäle. Gewählt wird auf Lebenszeit und eine Abberufung aus dem Amt kann nur durch Gott selbst erfolgen, nämlich durch den Tod des Amtsinhabers. Auch ein freiwilliger Rücktritt ist möglich.
      Avatar
      schrieb am 26.12.01 19:51:24
      Beitrag Nr. 26 ()
      @ alle:wollt ihr ein neues Schisma????

      @ADHICK:bist du besoffenwie dein Nick????

      Du bist doch Umberto Eco inkognito und sein alter ego Baudolino!!:D

      cu DL....auch papabile
      Avatar
      schrieb am 27.12.01 11:55:47
      Beitrag Nr. 27 ()
      wir brauchen kein neues schisma,sondern eine neue
      kirche
      das schon seit über tausend jahren....
      Avatar
      schrieb am 27.12.01 12:30:12
      Beitrag Nr. 28 ()
      @Dottore
      Alkohol zu sich zu nehmen ist im Christentum eine heilige Handlung (Abendmahl)!
      Bin eben sehr fromm! :D
      Avatar
      schrieb am 27.12.01 12:52:52
      Beitrag Nr. 29 ()
      Adhick,

      danke für Deine Superbeiträge; Du verschönst mir die Mittagspause !
      Avatar
      schrieb am 27.12.01 13:31:16
      Beitrag Nr. 30 ()
      @Sonnii
      Gern geschehen!
      Vielleicht interessiert dich auch dies hier:

      http://www.humanist.de/religion/deschner.html

      Über die Notwendigkeit aus der Kirche auszutreten

      Essay von Karlheinz Deschner

      Warum betrachten wir noch eine Leiche? Den Riesenkadaver eines welthistorischen Untiers? Die Reste eines Monstrums, das ungezählte Menschen (Brüder, Nächste, Ebenbilder Gottes!) verfolgt, zerfetzt und gefressen hat, mit dem besten Gewissen und dem gesündesten Appetit, eineinhalb Jahrtausende lang, wie es ihm vor den Rachen kam, wie es ihm nützlich schien, alles zur höheren Ehre seines Molochs und zur immer größeren Mästung seiner selbst: Väter und Mütter, Kinder und Greise, Kranke und Krüppel, die Armen im Geiste und die Genies, Millionen Heiden, Millionen Juden, Millionen Hexen, Millionen Indianer (wenigstens fünfzehn Millionen ein einer Generation!), Millionen Afrikaner, Millionen Christen, alles verteufelt, getötet und verdaut – bis hin zu jenen siebenhunderttausend serbischen Orthodoxen, die man, noch in unseren Tagen, lebendig begraben, lebendig verbrannt, lebendig gekreuzigt, zu Tode geprügelt, ertränkt, erschossen, erstochen, erdrosselt, erhängt, geköpft, gekehlt hat, denen man die Augen ausgestochen, die Ohren abgeschnitten, die Nasen, und alles nach altem Brauch, mit Hilfe einer hochaktiven, selber schießenden, selber stechenden, selber köpfenden Geistlichkeit – voran die Franziskaner! –, und nicht ohne Segen und Billigung Eugenio Pacelli, Papst Pius` XII., diese stets so seraphisch erscheinenden, so weithin verehrten, fast vergötterten Asketen, derart genügsam sonst, selbstlos, derart lebenslang dem Armutsideal des Evangeliums ergeben, daß er, (ja, ich muß es unaufhörlich wiederholen) auf Erden schließlich nur einen Notgroschen hinterließ, einen Peters- oder sozusagen Eugeniopfennig, einen Pacellipfennig von 80 (achtzig) Millionen DM in Gold und Valuten – alles ganz privat, durch Fleiß und Sparsamkeit, sauer selbst verdient (denn nur eines ist not, nicht wahr), weshalb er nun auch für solch apostolischen Wandel, solch schöne Nachfolge Christi seiner Kanonisation entgegengeht. Ah, welche Satire der Weltliteratur ist besser, so gut, halb so gut nur wie diese Vita des berühmtesten Papstes unserer Zeit!? Und indes Onkel Eugenio, heilig bis in die zarten, schmalen, langen Finger (ach, wie unvergeßlich verstand er doch immer mit ihnen zu segnen!), sich 80 Millionen in den Säckel steckte, stopften seine drei Neffen, alle bestbestallt zugleich beim Heiligen Stuhl und beim Big Business, sich 120 (einhundertwanzig) Millionen in die Taschen – und wie viele Millionen Katholiken sind unterdessen im Elend verkommen, verhungert, verreckt?
      Nun, wird unsere Eingangsfrage nicht schon verständlicher, unsere scheinbar so anachronistische Autopsie: warum stehen wir noch immer bei diesem Scheusal mit den Engelszungen, das doch schon zweihundert Jahre tot ist, einwandfrei erlegt von einigen der besten Köpfe der Welt, im Grunde aber krepiert nur an sich selber: an seinem fürchterlichen Blutdurst (während es die Frohe Botschaft lehrte, die Nächsten- und die Feindesliebe) und an seiner Falschheit ohnegleichen (während es sich als Hort alleinseligmachender Wahrheit pries)? Wir stehen noch bei ihm, weil es mit seinem wunderbaren Magen – dem einzig Wunderbaren an ihm! – noch immer überall herumliegt und öffentlich verwest, gehätschelt und gepäppelt mehr als die heiligen Kühe der Inder (die doch wenigstens lebendig und arglos sind), weil sein Geruch noch immer rings die Luft erfüllt, die Welt, weil er noch immer uns entgegenschlägt aus Kutten und Soutanen, Kathedralen und Kasernen, aus den Parlamenten, den Paragraphen, den Schulbüchern, den Schundblättern, den Sendern, überall noch Mittelalter, überall noch frommes Geplärr, Hallelujagejauchz und Auferstehungsgeschrei, und dann: Helm ab zum Gebet und hinein ins atomare Massengrab – denn selbst Atomkrieg ist nach den Catch-as catch-can-Christen nicht unerlaubt, auch Atombomben, so verkünden sie, können in den Dienst der Nächstenliebe treten, können den Geist des heiligen Franziskus und der Theologie des Kreuzes kolportieren, und sei es bis zum globalen Untergang. „Denn“, so Pater Gundlach S.J., Professor und Rektor der Päpstlichen Universität unter Pius XII., dessen atomare Visionen (après nous le dèluge) er beredt propagierte, „ wir haben erstens sichere Gewißheit, daß die Welt nicht ewig dauert, und zweitens haben wir nicht die Verantwortung für das Ende der Welt,. Wir können dann sagen, daß Gott der Herr.......“ Wirklich, noch nach dem Untergang der Welt? Wem sagen sie es da wohl? Aber egal, bei ihnen ist kein Unsinn unmöglich und kein Verbrechen. Hauptsache: mit Gott dem Herrn. Von Generation zu Generation in seinem Namen gelogen, gefoltert und massakriert, mit seiner Hilfe die Bäche und Flüsse rot gefärbt von Blut und Berge von Leichen aufgetürmt durch die Geschichte, mit Gott gegen die Heiden, mit Gott gegen die Juden, mit Gott gegen die Langobarden, die Sachsen, die Sarazenen, die Ungarn, die Briten, die Polen, mit Gott gegen die Albigenser, mit Gott gegen die Waldenser, mit Gott gegen die Stedinger, die Hussiten, die Geusen, die Hugenotten, die Bauern; mit Gott gegen die Protestanten, mit Gott gegen die Katholiken, mit Gott vor allem auch gegeneinander, mit Gott in den Ersten Weltkrieg, mit Gott in den Zweiten, mit Gott gewiß auch noch in den dritten, ökumenische Schlachtfeste sondergleichen: denn überall noch im ausgehenden 20. Jahrhundert bei einem Maximum an Vernichtungsmitteln ein Minimum an Menschlichkeit, noch an der Schwelle des Atomzeitalters das reinste Kannibalenethos, noch überall – während man schon den Fuß auf den Mond setzt (freilich nur, um von dort aus einmal weiter zu morden) – die mittelalterliche Schindangergesinnung, noch überall der von Weihrauch, Palestrina und Pater-Leppich-Zungen durchsetzte christliche Ludergeruch, noch vierhundert Jahre nach Giordano Bruno, dreihundert Jahre nach Pierre Bayle, zweihundert nach Voltaire, hundert nach Nietsche, fünfzig nach Freud nur so beschämend, so verhängnisvoll wenige, welche endlich eine Kirche verlassen, die ihre Vorfahren, Generation um Generation, nicht nur ständig den Staaten ans Messer geliefert oder gleich selber getötet, sondern die sie auch eineinhalb Jahrtausende lang aufs ungeheuerlichste ausgepowert hat, eine Kirche, die schon Karl Kautsky „die riesenhafteste Ausbeutungsmaschine“ nannte, „ die die Welt gesehen“.
      Nicht ohne Grund haben, ausgerechnet die Päpste, die Stellvertreter Christi, sich derart freilich das größte, das kompromittierendste Armutszeugnis der Weltgeschichte gebend, das Lesen der Bibel in der Volkssprache von Jahrhundert zu Jahrhundert streng verboten, ja bis 1897 abhängig gemacht von der Genehmigung der Römischen Inquisition! Denn all die Massaker, die Genocidkampagnen, die Heidenschlächtereien, Judenprogrome, Ketzerjagden, die Scheiterhaufen, Marterpfähle, Hexentürme, Folterkammern, Kreuzzüge, all die angeblich so gottgefälligen Gemetzel, all die ungezählten kleinen und großen Kriege, an denen die Kirche direkt oder indirekt beteiligt war (und an wie vielen Kriegen in Europa war sie es nicht!) – wie all dies Morden absolut nichts mit dem zu tun hat, der doch den Frieden und die Feindesliebe wollte, so widerspricht auch die seit der Antike unvorstellbares Elend verbreitende klerikale Ausbeutungspolitik kraß jenem Jesus, der in der Bibel in völliger Armut lebt, scharf den „ungerechten Mammon“ und den „Betrug des Reichtums“ geißelt, von seinen Jüngern den Verkauf des ganzen Besitzes fordert und eine Verkündigung des Evangeliums ohne Geld im Gürtel.
      Doch schon im 3. Jahrhundert gestehen sich die Bischöfe das Recht zu, ihren gesamten Bedarf aus der Kirchenkasse zu decken. Im 4. Jahrhundert werden sie Bundesgenossen eines Staates, der seine Untertanen aussaugt bis aufs Blut. Und im 5. Jahrhundert bereits ist der Bischof von Rom der größte Grundbesitzer im Römischen Reich. Längst dämpft man überall das politische Aufbegehren, unterdrückt die christlichen Sozialunruhen in Afrika, Spanien und Gallien und verheißt beredt den Armen das Glück im Jenseits, nicht zuletzt um sie selber im Diesseits desto besser schröpfen zu können.
      Schon im 6. Jahrhundert erhebt man – Anlaß unendlichen Jammers – den dann durch Karl den Sachsenschlächter legalisierten kirchlichen Zehnt und zieht diesen bis ins 19. Jahrhundert ein. Im 8. Jahrhundert ergaunert man sich den Kirchenstaat, läßt ihn durch fränkische und sächsische Herrscher immer wieder bestätigen und vergrößern und kämpft schließlich, selber bis an die Zähne gerüstet, mit eigenem Heer und eigener Marine fort. Man raubt alles was zu rauben ist, Burgen, Schlösser, Städte, ganze Grafschaften und Herzogtümer. Man stiehlt alles, was zu stehlen ist: schon im 4. Jahrhundert das Vermögen der heidnischen Tempel, im 6. Jahrhundert das Vermögen aller Heiden überhaupt, dann den Besitz von Millionen vertriebener oder erschlagener Juden, das Hab und Gut der verheizten Ketzer und Hexen. Und wie man alle Andersdenkenden ausnimmt, so auch die eigenen Gläubigen durch immer neue und höhere Steuern, durch Pacht, Zins, Erpressungen, Ablaß, Wunderschwindel, Reliquienbetrug, wobei das Geld häufig durch Exkommunikation, Interdikt und das Schwert eingetrieben, das italiensiche Volk begreiflicherweise am meisten ausgeplündert und Rom selbst zur aufrührerischten und armseligsten aller abendländischen Städte wird: seine Einwohnerzahl sinkt von zwei Millionen in heidnischer Zeit auf knapp 20 000 im 14. Jahrhundert.
      Im Mittelalter besitzt die Kirche – nicht allein durch Raub und Krieg, gewiß, sondern auch durch die Dotination jener, mit denen sie dabei verbündet war – ein Drittel des gesamten europäischen Bodens und läßt ihn durch hörige Bauern bearbeiten, die ihren Herren oft weniger gelten als das Vieh. Nicht zufällig kostet ein solcher Bauer in der Blütezeit des Christentums nicht einmal halb soviel wie ein Pferd! Nicht zufällig besitzt die Kirche, die schon im 4. Jahrhundert, billiger Arbeitskräfte für ihre immer größer werdenden Güter bedürfend, die Sklaverei verschärft und gefestigt hatte, zuletzt wohl am meisten Sklaven. Nicht zufällig macht sie, was es sonst nirgens gibt, auch deren Freilassung – als „Kirchengut“ – unmöglich, ja sie verhängt von Jahrhundert zu Jahrhundert neue Versklavungen. Nicht zufällig nimmt das „Gottesgeschenk“, wie es Kirchenlehrer Ambrosius, das „Christliche Institut“, wie es nach Thomas von Aquin Aegidius von Rom nennt, im ausgehenden Mittelalter in Südeuropa noch einen Aufschwung. Nicht zufällig hält man unter allen Großstädten Europas das päpstliche Rom am längsten daran fest. Und nicht zufällig wird noch die moderne amerikanische Negersklaverei, eine unmittelbare Fortsetzung der Sklaverei des Mittelalters, mit denselben theologischen Argumenten gestützt: der religiösen Gleichstellung und der Gottgewolltheit: Mit anderen Worten: gehorchte der Sklave früher nur aus Ohnmacht, aus bloßer Furcht, machte ihm die Kirche den Kadavergehorsam zu einer sittlichen Pflicht! (Und wie ihm, so im Grunde allen, allen Soldaten, allen Zivilisten, allen Christen überhaupt.)
      Denn stets stand die Kirche auf seiten der Sklavenhalter, der Ausbeuter, die christliche Kirche jeder Konfession: die katholische, die schon in der Antike durch Augustin das Ideal der „arbeitsreichen Armut“ pries, die Sklaven mit der Gottgewolltheit ihres Loses tröstete, ihren Herren aber den Nutzen vostellte, der ihnen aus solcher Beeinflussung der Sklaven erwächst; die Kirche Luthers, der selber sogleich in der pfäffischen Weise die fürchterlich geschundenen Bauern an die Fürsten verriet, deren Macht dadurch bis ins 20. Jahrhundert stärkend; die Englische Hofkirche, die das entsetzliche Elend der englischen Land- und Fabrikarbeiter – in vielem schlimmer als die antike Sklaverei – noch während des ganzen 19. Jahrhunderts völlig kalt gelassen und die eher noch, wie Marx schreibt, „den Angriff auf 38 von ihren 39 Glaubensartikeln als auf 1/39 ihres Geldeinkommens“ verziehen hat; und die Orthodoxe Kirche Rußlands, die dort ein Drittel allen Bodens sogar bis 1917 besaß und das Volk nicht weniger auspreßte als der Zar, dessen oberster Macht sich unterzuordnen, wie es gleich im ersten Artikel des Russischen Reichskodex hieß, „Gott selbst befiehlt“. Immer, wie gesagt, in Gottes Namen. Die Kriege in Gottes Namen. Und die Armut in Gottes Namen. Und wie gestern, so heute, wo sich die Methoden zwar, wohlgemerkt: zwangsläufig geändert haben, die Ausbeutung aber geblieben ist.
      Denn woher das ungeheure Kapital, das die Kirchen bis heute horten? Allen voran die katholische, die noch immer über den größten Grundbesitz in der christlichen Welt verfügt, deren Aktien- und Kapitalbeteiligungen schon vor einem Jahrzehnt auf etwa 50 Milliarden Mark geschätzt worden ist, der allein in Rom fast ein Dutzend Banken unterstehen, der auch die größte Privatbank der Welt, die Bank of America, mit 51 Prozent faktisch gehört, die hohe Geldreserven in Fort Knox liegen und Kapitalien in allen möglichen Unternehmen investiert hat, in große spanische Firmen, in französische Erdölgesellschaften, argentinische Gas- und Kraftwerke, bolivianische Zinngruben, brasilianische Gummiwerke, in die nordamerikanische Stahlindustrie, die General Motors Corporation, die „Alitalia“, die größte italienische Luftfahrtsgesellschaft, und die Autofirma Fiat, in eine lange Reihe führender italienischer Versicherungs- und Baugesellschaften, in deutsche Lebens- und Sachversicherungen, die Badische Anilin- und Sodafabriken, die Farbenfabriken in Leverkusen, die Deutsche Erdöl Aktiengesellschaft, die Hamburger Elektrizitätswerke, die Essener Steinkohlenbergwerke, die Rheinischen Stahlwerke, die Vereinigten Deutschen Metallwerke, die Süddeutsche Zuckeraktiengesellschaft, die Gesellschaft für Lindes Eismaschinen, in die Siemens & Halske AG, die Mannesmann AG, bei BMW usw., usw., von den kircheneigenen Banken nicht zu reden......
      Kirche, Krieg und Kapital sind von Konstantin bis heute so miteinander verschmolzen, so offenkundig zu einer einzigen Geschichte des Grauens verquickt, daß ihre Verteidiger jetzt freilich selber bekennen, daß an ihnen nicht alles ideal und göttlich sei, daß gerade die irdische Geschichte manchmal recht menschlich, vielleicht allzumenschlich verlaufe. Nun heißt es aber doch den Begriff des Menschlichen und selbst Allzumenschlichen etwas arg strapazieren, wenn man ausgerechnet als dezidierte Religion der Nächsten- und der Feindesliebe nicht einmal, nicht zehnmal, nicht hundertmal, sondern eineinhalb Jahrtausende lang seine Nächsten und Feinde schlimmer abschlachtet und abschlachten läßt als das Vieh; wenn man, direkt und indirekt, mehr Menschen umgebracht hat als jede andere Religion der Welt, ja vermutlich mehr als alle anderen zusammengenommen! Und es heißt doch wohl den Begriff des Menschlichen und selbst Allzumenschlichen etwas arg strapazieren, wenn man ausgerechnet in der Nachfolge dessen, der den schroffen Antikapitalismus der jüdischen Propheten und der in Gütergemeinschaft lebenden Essener aller Rigorosität fortsetzte, der lehrte: „ Sammelt nicht Schätze auf Erden“, „Verkauft euren Besitz und gebt ihn den Armen“, „ Keiner von euch kann mein Jünger sein, der nicht auf alles verzichtet, was er besitzt“ und dergleichen - wenn man ausgerechnet in dieser „Nachfolge“, um es noch einmal mit Kautsky zu sagen, „zur riesenhaftesten Ausbeutungsmaschine der Welt“ wird, ja, wenn man, nach großen Verlusten in aufgeklärten Zeiten, in unserem Jahrhundert im Verein mit Gott und allen Supergangstern des Faschismus – von Mussolini über Hitler bis zu Franco und Pavelic – wieder die kolossalsten Reichtümer erringt, sie durch Bettel, Spenden, Steuern und eine immense Beteiligung an der europäischen- amerikanischen Großindustrie, einschließlich der Kriegsindustrie, fortwährend steigert, steigern muß, wie man gern zugibt, weil – außer der Militärseelsorge und der menschlichen Dummheit – allein noch das Geld der Fels Petri ist, das Fundament, auf dem das Christentum (nicht nur) Roms heute beruht, worauf es verwest, bedeutend nur noch für die Schädel von Primitiven und Profiteuren.
      Man räumt ja ein, daß die Ideale des Evangeliums sehr hochgesteckt sind, daß man Christentum und Kirchen nicht schon deshalb verdammen darf, weil sie diese Ideale nicht ganz, nicht halb oder, wenn Sie wollen, noch weniger realisieren. Aber es faßt, um es zu wiederholen, den Begriff des Menschlichen und Allzumenschlichen doch etwas weit, wenn man von Jahrhundert zu Jahrhundert, von Jahrtausend zu Jahrtausend genau das Gegenteil realisiert, kurz, wenn man durch seine ganze Geschichte als Inbegriff und leibhafte Verkörperung und absoluter Gipfel welthistorischen Verbrechertums ausgewiesen ist! Eines Verbrechertums, neben dem selbst ein hypertropher Bluthund wie Hitler noch fast wie ein Ehrenmann erscheint, weil er doch von Anfang an Gewalt gepredigt und nicht, wie die Kirche, den Frieden!
      Der grelle Kontrast zwischen Ideal und Wirklichkeit zeitigte übrigens bald ein untrügliches Hauptkennzeichen jedweden Kirchenchristentums: den seit der Antike in ihm herrschenden, die Existenz von sechzig christlichen Generationen vergiftenden Faktor fortgesetzter Heuchelei; förderte eine buchstäblich unglaubliche Exegetenkunst im Drehen und Wenden aller ethisch wesentlichen Jesusworte, man log dazu und log hinweg, man log hinein und log heraus, stets wie man es gerade brauchte, weit mehr Zynismus und Charakterschwäche im Kopf als Redlichkeit und Humanität.
      Sind die christlichen Kirchen doch überhaupt nicht nur pazifistisch und sozial gesehen tödlich diskreditiert, sondern auch unter einen dritten, noch zu betrachtenden Aspekt, ich meine unter dem der Wahrheit. Denn es stimmt doch alles schon mit ihren Glaubensfundamenten nicht! Unterstellt deshalb sogar, diese Kirchen könnten sich plötzlich, nach so vielen Jahrhunderten des Raubens und des Mordens, zu ethisch intakten Gemeinschaften regenerieren, ja zum Inbegriff der Menschlichkeit (was faktisch, weil sie vom Blut, das sie den Staaten liefern, leben, ausgeschlossen ist): dann wären sie doch immer noch dogmatisch unglaubwürdig, da sie mit Jesus so gut wie nichts verbindet, dagegen fast alles von ihm trennt – was wir erfreulicherweise weniger von bösen Freigeistern wissen als von ganzen Generationen christlicher Theologen, deren eminente Arbeit und Akribie bei der kritischen Bibelforschung der Laie sich kaum vorstellen kann.
      Wir wissen nicht sicher, ob die Gestalt des Jesus von Nazareth – über die alle außerchristlichen Geschichtsquellen seines Jahrhunderts (trotz der Blinden, die sahen, der Lahmen, die gingen, und der Toten, die wieder auferstanden) schweigen – historisch ist. Doch wir wissen sicher, daß der biblische Jesus – dessen radikalem Ethos, wie unrealisierbar durch die Massen auch immer, höchste Achtung gebührt – sich in seiner felsenfesten Überzeugung vom nahen Weltende und baldigen Kommen des Gerichts getäuscht hat: wie alle anderen apokalyptischen Alarmschläger, die endzeitlichen jüdischen und iranischen Propheten vor ihm und die ganze Urchristenheit noch danach.
      Wir wissen sicher, daß die Evangelien – von führenden Theologen unseres Jahrhunderts als an der Geschichte nicht interessierte, nur mit äußerste Vorsicht zu benutzende Anekdotensammlung charakterisiert – weder von einem Urapostel noch überhaupt von einem Augenzeugen stammen; daß sie erst Jahrzehnte nach Jesu mutmaßlichem Tod aus umlaufenden Erzählungen sowie eigenen Erfindungen der Evangelisten zusammengestellt worden sind und auch der Christenheit bis weit ins 2. Jahrhundert hinein nicht als heilig und inspiriert gegolten haben; daß kein Evangelium, wie überhaupt keine biblische Schrift, im Original, im ursprünglichen Wortlaut vorliegt, sondern nur in Abschriften von Abschriften; daß die Kopisten länger als zwei Jahrhunderte unabsichtliche und absichtliche Änderungen gemacht, Harmonisierungen, Ergänzungen, Verbesserungen, weshalb der originale Bibeltext oft nicht mit Sicherheit oder auch nur Wahrscheinlichkeit festzustellen, dafür aber die Zahl der verschiedenen Lesarten auf schätzungsweise 250 000 gewachsen ist.
      Wir wissen sicher, daß im Christentum, wie in der gesamten Antike, frommer Betrug von Anfang an erlaubt gewesen, daß er gewissermaßen zu den literarischen Gepflogenheiten der Zeit gehörte; weshalb nicht nur Paulus, unter dessen Namen selber einige biblische Briefe ganz, andere zum Teil gefälscht sind, bekennt, es komme nur darauf an, Christus zu verkünden, „mit oder ohne Hintergedanken“, sondern Kirchenlehrer Johannes Chrysostomos, der Patron der Prediger, ganz offen und sogar unter Berufung auf Beispiele des Alten und Neuen Testaments für die Notwendigkeit der Lüge zum Zweck des Seelenheils eintritt; wie selbst Origenes, einer der größten und edelsten Christen, mit aller Entschiedenheit Betrug und Lüge als „Heilmittel“ erlaubt. Nietzsches Definition des Christentums als Kunst heiligen Lügens wird denn auch durch die gesamte protestantische Bibelkritik bestätigt. „Die Fälschungen“, schreibt heute der Theologe Carl Schneider in seiner großen „Geistesgeschichte des antiken Christentums“, „beginnen in neutestamentlicher Zeit und haben nie aufgehört.“
      Wir wissen sicher, daß Jesus vom ältesten Markustext über die jüngeren Evangelien des Matthäus und Lukas bis zum jüngsten Johannesevangelium mehr und mehr vergottet, aber auch noch bis ins 3. Jahrhundert hinein meist nicht mit Gott indentifiziert, sondern diesem deutlich untergeordnet worden ist, was allgemeine Kirchenlehre war! Wir wissen sicher, daß die jüngeren Evangelien die älteren systematisch verbessert, daß sie nicht nur die Gestalt Jesu, sondern auch die seiner Jünger von Mal zu Mal mehr idealisiert und die Wunder fortwährend vermehrt und gesteigert haben.
      Wir wissen sicher, daß auch die Urapostel Jesus nicht für Gott hielten, daß das sogenannte Apostolische Glaubensbekenntnis weder von den Aposteln stammt noch ihre Glaubensüberzeugung wiedergibt, daß es erst im späteren 2. Jahrhundert in Rom entstanden, sein Wortlaut aber noch im 3. Jahrhundert überall in Fluß gewesen und endgültig erst im Mittelalter festgelegt worden ist.
      Wir wissen sicher, daß Paulus, der eigentliche Gründer des Christentums, Jesu Person weitgehend ignoriert und seine Lehre fundamental verändert hat, daß er nicht nur die Askese, die folgenschwere Verachtung der Frau und die Diffamierung der Ehe im Christentum eingeleitet, sondern auch eine Reihe ganz neuer, der jesuanischen Botschaft strikt widersprechender Dogmen aufgestellt, wie die Prädistinationslehre, die Erlösungslehre, die gesamte Christologie; daß es zwischen ihm und den Jerusalemer Aposteln zu lebenslangen theologischen Kämpfen kam, wie es überhaupt im Christentum, selbst in der Urgemeinde, niemals einheitliche Glaubensvorstellungen gegeben, wohl aber im 3. Jahrhundert schon viele Dutzende, im 4. Jahrhundert schon Hunderte rivalisierender „Konfessionen“, unter denen schließlich der Katholizismus siegte, weil er alles, was ihm paßte von den anderen großen „Häresien“ übernahm, dabei aber geschickt gewisse Extreme vermied, weil er am besten organisiert und im Konkurrenzkampf am brutalsten war. Ist doch die ganze Dogmengeschichte eine einzige Kette von Intrigen und Gewaltsamkeiten, von Denunzierungen, Bestechungen, Dokumentenfälschungen, Exkommunikationen, Verbannungen und Mord.
      Bei alldem aber – und auch dies wissen wir sicher, und es ist tragikomisch genug – gibt es im Christentum absolut nichts, was nur den geringsten Anspruch hätte auf geistes- oder religionsgeschichtiche Originalität. Denn von seinen zentralsten Gedanken bis hin zum periphersten Brauch wurde alles von „Heiden“ oder Juden rezipiert: die Predigt vom nahen Reich, die Gotteskindschaft, die Nächsten- und die Feindesliebe, die Messias- Heilandsidee, die Prophezeiungen des Erlösers, seine Herabkunft, sonderbare Geburt durch eine Jungfrau, Anbetung durch die Hirten, seine Verfolgung schon in der Wiege, seine Versuchung durch Satan, seine Lehren, Leiden, Sterben (auch am Kreuz), sein Wiederauferstehen (auch am dritten Tag oder nach drei Tagen, also am vierten Tag, denn selbst dieses Schwanken der Evangelien hat seine Ursache offenbar darin, daß man die Auferstehung des Gottes Osiris am dritten, die des Gottes Attis am vierten Tag nach seinem Tod beging), sein leibhaftiges Erscheinen vor Zeugen, seine Höllen- und Himmelfahrt, die Erbsündenlehre, die Prädistinationslehre, Trinität, Taufe, Beichte, Kommunion, die Siebenzahl der Sakramente, die Zwölfzahl der Apostel, das Apostelamt, das Amt des Bischofs, des Priesters, des Diakons, Sukzessionen, Traditionsketten, Gottesmutter, Madonnenkult, Wallfahrtsorte, Votivtafeln, Reliquienverehrung, Weissagung, Wunder, wie Wandel auf dem Wasser, Sturmbeschwörungen, Speisenvermehrungen, Totenerweckungen – wozu die Aufzählung: nichts ist neu ! Und all dies kehrt im Christentum nicht etwa nur äußerlich wieder, nur als formale Analogie, als bloße Parallelität der Riten, sondern mit denselben Bedeutungsinhalten, es lebt nur unter anderem Namen fort, und oft nicht einmal dies.
      Mit der mißlichen Glaubensgrundlage der Kirche hat sich die gegenwärtig so viel verhandelte Frage nach ihrer Reform eigentlich von selbst erledigt. Denn wollte man wirklich – und dies wäre doch die unerläßliche Bedingung jeder Reform! – auf Jesus zurückgehen, und das heißt heute selbstverständlich auf jenen Jesus, den eine fast zweihundertjährige Evangelienforschung kritischer Theologen aus dem Legendenschutt herausgelöst hat, müßte man doch alles auf- und preisgeben, was man ist, woraus man besteht, Sakramente, Dogmen, Bischöfe und Papst! Jede christliche Reform könnte überhaupt nicht bloß Reform bleiben, sondern müßte zur Revolution werden, zu einem Umsturz aller menschlichen Verhältnisse. Das ergäbe sich – und ganz unabhängig noch von den Resultaten der kritischen Theologie – allein aus dem Gebot der Feindesliebe! Ja, es ergäbe sich bereits aus dem der Nächstenliebe, das einer der lautersten Christen der Antike, Kirchenvater Basilius (der sein ganzes Vermögen und seinen riesigen Besitz, so groß, daß ihn drei Fürsten besteuert hatten, sogleich und restlos den Armen schenkte), mit dem Satz kommentierte: „Wer den Nächsten liebt wie sich selbst, hat nicht mehr als der Nächste.“ (Es ist leider lächerlich, diesen Gedanken auch nur einen Augenblick länger zu verfolgen; und lächerlich, zugegeben, angesichts der Christen- wie Kommunistenheit.)
      Doch um abschließend noch etwas weniger utopische Reformvorstellungen zu streifen: Reformierte man denn nicht seit je? Reformierte nicht schon die zweite Christengeneration gegenüber der ersten, die nachkonstantinische Kirche gegenüber der vorkonstantinischen: Bonifatius reformierte und Hugo von Cluny, man reformierte in Gorze, Brogne, Hiersau, Siegburg, Einsiedeln; reformierte in Konstanz, Basel, in Trient. Man reformierte nicht zuletzt in Rom.
      Innozens III., der nicht nur Hitlers Judenstern vorweg-, nicht nur eine Fülle scharfer antisemitischer Sanktionen ins Kirchenrecht aufnahm und die Christenheit gegen Albigenser und Waldenser hetzte – „... erhebe dich und umgürte dich mit dem Schwert“, die vertraute christliche Sprache, worauf man allein in Bèziers 20 000 Einwohner erschlug und einen zwanzigjährigen (natürlich „heiligen“) Bürgerkrieg begann –, sondern der überhaupt so sehr in kriegerische und finanzielle Geschäfte verstrickt war, daß der Bischof Jakob von Vitry klagte, ein Gespräch über geistliche Dinge sei kaum noch erlaubt gewesen, gilt als einer der größten päpstlichen Reformer. Und Luther reformierte in der allein entscheidenen Sicht bekanntlich noch päpstlicher als der Papst, ließ eher noch mehr Hexen verbrennen, wurde ein noch viel wütender Antisemit (auf den Streicher in Nürnberg sich mit Recht berief!), forderte im Hinblick auf die Juden: „ Daß man ihre Synagogen oder Schulen mit Feuer anstecke.....Daß man auch ihre Häuser desgleichen zerbreche und zerstöre... Daß man ihnen nehme alle ihre Betbüchlein und Talmudisten....Daß man ihnen verbiete, bei uns öffentlich Gott zu loben, zu danken, zu beten, zu lehren, bei Verlust des Leibes und Lebens“, und rief auch den Adel auf, die ausgebeuteten Bauern zu „zu würgen, zu stechen, heimlich und öffentlich, wer da kann, wie man einen tollen Hund totschlagen muß“; ein Reformator so großen Stils, daß er selbst gestand: „Prediger sind die größten Totschläger..... Ich, M. Luther, hab im Aufruhr alle Bauern erschlagen, denn ich hab sie heißen totschlagen; alle ihr Blut ist auf meinem Hals. Aber ich weise es auf unseren Herrn und Gott, der hat mir das zu reden befohlen.“
      Natürlich, wie immer: Mit Gott! Die ärgsten Gangstereien der Geschichte stets in seinem Namen. Und so, mit Gott, erneuerten und vervollkommneten sie weiter, eine unaufhörliche reformatio in capite et membris bis heute: ethisch gesehen ständig größere Massaker – bis zu den als „Kreuzzüge“ gefeierten und mit dem stärksten Beistand der Kirchen (bei gleichzeitigen papalen Friedensappellen!) geführten zwei Weltkriegen. Und dogmatisch immer größere Märchen – bis zur Dogmatisierung der (von Rom selbst jahrhundertelang bestrittenen) leiblichen Himmelfahrt Mariens durch den berüchtigten Pacelli, der freilich, wiewohl sonst Proletariern sehr abgeneigt, zur Gattin des galiläischen Schreinermeisters (wie zu den führenden faschistischen Mordbrennern und zum Großkapital) derart wunderbare Beziehungen hatte, daß sie ihm 1950, im Jahre der Definition des Dogmas, gleich an drei aufeinanderfolgenden Tagen (um 16 Uhr) am Himmel erschien!
      Gott, wirklich, ich muß ihn anrufen, und da kommen immer noch Reformer? Ökumenische Beweger und Begegner? Una-sancta-Sirenen? Die Dialog-mit-der-Welt-Führer? Die das Evangelium-den Atheisten-Bringer? Die Sich-Öffnenden-nach-links-und-rechts? Ja, als was kommen, als was fungieren sie denn? Doch als die Verlängerer des Unglücks, der Helfershelfer der Hierarchie, die gerade ihretwegen – wie noch nach jeder Reform – im Grunde ganz und gar genau so fortexistieren wird: mit der alleinseligmachenden Pfründe und der alleinseligmachenden Macht, mit Militärbischöfen und Feldgeistlichen, mit einem Heer assistierender „Moral“-Theologen und einem, wenn alles fällt, ganz ergreifend „Frieden! Frieden!“ flehenden (und auf den Fahneneid pochenden!) Papst. Reformer? Kadaverkosmetiker bloß. Bestallte Konservierer einer Leiche, die schon riecht und nicht mehr der Reform bedarf, sondern nur noch des Abdeckers.
      Avatar
      schrieb am 27.12.01 13:53:27
      Beitrag Nr. 31 ()
      Macht korrumpiert-

      auch Päpste...



      wenn ich das schon höre:
      von Gottes Gnaden-seine Stimme ist Gesetz


      :laugh:


      Dem Mann würde ich noch nicht mal 100 DM leihen,
      der wird doch vorher für geschäftssfähig erklärt

      und hat gleichzeitig die Macht über Millionen von Menschen

      Jedem sein Glauben-
      nur veraltete, selbstherrliche, zu mächtige Strukturen,
      die nur vorgeben,im Namen des Glaubens zu handeln,
      gehören zerschlagen...


      Ein durchaus Gläubiger
      SBI ;)
      Avatar
      schrieb am 27.12.01 14:14:03
      Beitrag Nr. 32 ()
      Für die, die wie ich einstmals glauben, Luther wäre besser gewesen (sind erschreckenderweise alles Luther-Zitate!!):

      http://www.humanist.de/religion/luther.html

      Ein Interview mit Martin Luther

      oder

      Was Sie schon immer über Martin Luther wissen wollen,
      aber nie Ihren Pfaffen zu fragen wagten






      Die Evangelische Kirche feiert Martin Luther als ihren großen Kirchenstifter. Im ganzen Lande sind Gemeinden nach ihm benannt. Wir wollten wissen: Hat diese starke Persönlichkeit auch in der heutigen Zeit uns etwas zu sagen? Heike Jackler machte sich für Gegen den Strom auf, um mit Martin Luther ein Interview zu führen. Mittlerweile ist das ja via Channeling kein Problem.


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      GdS: Ehrwürdiger Vater Martin Luther, Magister der Freien Künste sowie Doktor der heiligen Theologie und ordentlicher Professor; eine ihrer 95 an die Kirchentür angeschlagenen Thesen lautete: Der Unterschied zwischen Himmel, Fegefeuer und Hölle ist nur gering. Während im Himmel Sicherheit herrscht, ist in der Hölle vollkommene, im Fegefeuer nahe Verzweiflung. Wo befinden Sie sich denn nun?


      Luther: Wahr ist`s, ein frommer Mönch bin ich gewesen, und so streng meine Ordensregeln gehalten. Ist je ein Mensch in den Himmel gekommen durch Möncherei, so wäre ich auch hineingekommen. Wenn ich noch länger Mönch geblieben wäre, hätte ich mich zu Tode gemartert.

      GdS: Sie sind nicht im Himmel?
      Luther: Man muß die Christen ermahnen, ihrem Haupte Christus durch Strafen, Tod und Hölle nachzufolgen.

      GdS: Sie sind freiwillig in der Hölle?
      Luther: Es ist gar nicht einmal ausgemacht, ob wirklich alle Seelen aus dem Fegefeuer herauswollen. Die wahre Reue sucht die Strafe.

      GdS: Die Katholische Kirche machte zu ihrer Zeit ein großes Geschäft mit Reliquien. So besaß Ihr Kurfürst Friedrich der Weise Windelfetzen des Christuskindes, Strohhalme aus der Krippe und gar Tropfen der Muttermilch Marias. Auch der Ablasshandel florierte. So konnte man sich bei Kirchenraub für 9 Dukaten freikaufen. Mord kostete etwas weniger.

      Luther: Es ist gewiss, dass sobald Geld im Kasten erklingt, auch Geldgier und Gewinnsucht vermehrt werden.

      GdS: Kam daher Ihr Wandel vom asketischen Mönch zum gutsituierten Familienvater und ehrbaren Bürger, der von Jahr zu Jahr dicker wurde? Der Kurfürst hat Ihnen später sogar das leerstehende Kloster, ein schlossähnliches Gebäude, geschenkt. Wie haben Sie ihn gegen die Bauern unterstützt?

      Luther: Ich schrieb die Abhandlung: „Teure Vermahnung an alle Christen, sich zu hüten vor Aufruhr und Empörung“.

      GdS: Welche Position haben Sie da eingenommen?

      Luther: Die Fürsten dieser Welt sind Götter, das gemeine Volk ist der Satan.

      GdS: Und wenn das Volk von tyrannischen Herrschern unterdrückt wird? Sie haben mal in jungen Jahren gesagt: „Wenn jemandes Vermögen vertan werden muss, dann ist es das des Fürsten. Denn ein Fürst sein und nicht bis zu einem gewissen Grad auch Räuber sein, ist entweder gar nicht oder kaum möglich.“

      Luther: Es ist besser, wenn Tyrannen hundert Ungerechtigkeiten gegen das Volk verüben, als dass das Volk eine einzige Ungerechtigkeit gegen die Tyrannen verübt.

      GdS: Aber wollte nicht der Gott, an den Sie glauben, den Armen Gerechtigkeit widerfahren lassen?

      Luther: Erst am Jüngsten Tag wird Gott die Sünder strafen und den Gläubigen Gerechtigkeit widerfahren. Im Hier und Jetzt gibt es keine Erlösung. Man muss die Dinge nehmen, wie Gott sie geschaffen hat – einschließlich Fürsten, Kaiser und Päpste. Der einfache Christ hat nicht das Recht, Dinge zu verändern.

      GdS: Aber den Papst wollten Sie doch abschaffen. Darf das Volk da nicht aktiv werden?

      Luther: Deutschland musste vom Papismus befreit werden, aber das war Sache der Fürsten. Für das Volk gilt: „Darum hab acht auf die Obrigkeit .... so halt du stille mit Hand, Mund und Herz.“

      GdS: Die Fürsten konnten mit Ihnen zufrieden sein.

      Luther: Ich schrieb auch noch „Von weltlicher Obrigkeit, wie weit man ihr Gehorsam schuldig sei“.

      GdS: Gehorsam?

      Luther: Gott hat den Menschen sowohl das Reich Gottes unter Christo als auch das Weltreich unter der Obrigkeit verordnet, der Christ muss sich daher dem weltlichen Schwert unterordnen. Die Welt ist wie sie ist, gottgewollt. Den Christen steht nicht zu, sich dagegen aufzulehnen. Im Jenseits wird ihnen Gerechtigkeit widerfahren.

      GdS: Sie riefen in dem Schreiben „Ermahnungen zu Frieden auf die zwölf Artikel der Bauernschaft in Schwaben“ die Aufständischen zur Ruhe auf. Galt dieser Friedensaufruf auch für die Fürsten?

      Luther: Ich bin der Meinung: es ist besser, dass alle Bauern erschlagen werden als die Fürsten und Obrigkeiten und zwar deshalb, weil die Bauern ohne Gewalt von Gott das Schwert nehmen: Deshalb gebührt den Bauern keine Barmherzigkeit, keine Geduld, sondern der Zorn und Unwillen Gottes.

      GdS: Wollten Sie wirklich, dass die Bauern getötet werden?

      Luther: Ich sagte zwar damals, dass die weltliche Obrigkeit ihre Macht und Gewalt nicht ausnutzen, sondern Gnade beweisen soll. Aber ich rief auch den Adel auf, die ausgebeuteten Bauern zu würgen, zu stechen, heimlich und öffentlich, wer da kann, wie man einen tollen Hund totschlagen muß.

      GdS: Fühlen Sie sich am Tod der Bauern und Handwerker schuldig?

      Luther: Prediger sind die größten Totschläger..... Ich, Martin Luther, hab im Aufruhr alle Bauern erschlagen, denn ich hab sie heißen totschlagen; alle ihr Blut ist auf meinem Hals. Aber ich weise es auf unseren Herrn und Gott, der hat mir das zu reden befohlen.


      GdS: Gut, gut. Kommen wir zu einem erfreulichererem Thema, das unsere Leser auch brennend interessiert. Martin Luther und die Frauen. Wie stehen Sie zu dem weiblichen Geschlecht?

      Luther: Die größte Ehre, die das Weib hat, ist allzumal, dass die Männer durch sie geboren werden.

      GdS: Na ja, eine hohe Meinung von den Frauen haben Sie nicht, das ist bekannt. Ich hörte, sie trauten den Frauen durchaus zu, mit einem männlichen, dämonischen Wesen im Schlaf sexuell zu verkehren. Und auch deren Verbrennung als Hexen auf dem Scheiterhaufen befürworteten Sie.

      Luther: Wer mag alle leichtfertigen und abergläubischen Dinge erzählen, welche die Weiber treiben. Es ist ihnen von der Mutter Eva angeboren, dass sie sich äffen und trügen lassen.

      GdS: Trotzdem haben Sie sich entschlossen zu heiraten. Wie haben Sie ihre Auswahl getroffen?

      Luther: Ich heiratete eine entlaufene Nonne, Katharina von Bora. 1525 war das, wir feierten ein rauschendes Fest.

      GdS: Während die Bauern verreckten? - Warum haben Sie, ein ehemaliger Mönch, nun geheiratet?

      Luther: Ich habe den Wunsch meines Vater nach Nachkommen erfüllen wollen.

      GdS: Ah ja. Als gehorsamer Sohn mussten Sie diesem Wunsch natürlich nachkommen. - Ich hörte, es gab da noch einen Grund ...

      Luther: Nun ja, die Ehe ist Heilmittel gegen geschlechtliche Zügellosigkeit und Hurerei.

      GdS: Waren Sie wenigstens verliebt?

      Luther: Ich war nicht verliebt und nicht in Leidenschaft, aber ich liebte meine Frau.

      GdS: Was sagen Sie zu der hohen Scheidungsrate in unserer Zeit?

      Luther: Ein Weib ist bald genommen, aber sie stets lieb haben, das ist schwer.

      GdS: Sie hatten mit ihrer Frau viele Kinder, mindestens 9 sagt man.

      Luther: Frauen werden mit der Mutterschaft zum Werkzeug Gottes.

      GdS: Hatten Sie bei so vielen Geburten nicht Sorge um das Leben ihrer Frau?

      Luther: Der Tod im Kindbett ist nichts weiter als ein Sterben im edlen Werk und Gehorsam Gottes. Ob die Frauen sich aber auch müde und zuletzt tot tragen, das schadet nichts. Lass sie nur tot tragen, sie sind darum da.

      GdS: Was halten Sie allgemein von Sexualität?

      Luther: Darum hat die Maid ihr Punzlein, dass es dem Manne ein Heilmittel bringe.

      GdS: Dann war Sexualität wichtig für Sie. Waren Sie da nicht sehr vom guten Willen ihrer Frau abhängig? Sie waren als vorbildlicher Pfarrer doch sicher ein treuer Ehegatte?

      Luther: Will die Frau nicht, so komm` die Magd!

      GdS: Oh, das hätte ich nicht von Ihnen gedacht!


      Kommen wir zum Thema Kindererziehung: Als vielfacher Vater können Sie unserer Leserschaft sicherlich gute Ratschläge geben. Was war ihr Motto?

      Luther: Bei der Kindererziehung muss der Apfel neben der Rute liegen.

      GdS: Sie halten also körperliche Züchtigung für ein brauchbares Mittel. Auch in der Bibel steht bei den Sprichwörtern: „Erspar dem Knaben die Züchtigung nicht, wenn du ihn schlägst mit dem Stock, wird er nicht sterben. Du schlägst ihn mit dem Stock, bewahrst aber sein Leben vor der Unterwelt.”
      Aber wie weit darf man gehen, wenn das Kind nun absolut nicht gehorchen will?

      Luther: Ein toter Sohn ist besser als ein ungezogener.

      GdS: (Schluck) Äh ...dann gehen Sie sogar weiter als die Bibel!


      Wechseln wir das Thema. Als Deutschland 1530 kurz vor einem Glaubenskrieg stand, blieben Sie kompromisslos. Wollten Sie den Krieg nicht zu verhindern suchen?

      Luther: Unsere Sache ist es nicht, künftige Kriege vorauszusehen, sondern einfältig zu glauben und zu bekennen. Wird ein Krieg draus, so werde er draus, wir haben genug getan.
      In solch einem Krieg ist es christlich, zu würgen, rauben, brennen und alles zu tun, was schädlich ist. Es ist in Wahrheit auch ein Werk der Liebe. Sprich ein Credo und das Vaterunser und zieh dann vom Leder und schlage drein in Gottes Namen.


      GdS: Auch in einer anderen Sache waren sie kompromisslos. Sie haben den Juden zwar zugestanden, nicht am Tod Jesu Schuld zu sein. Aber als die Juden sich nicht zum Christentum bekehren wollten, sondern gar einige versuchten, Sie zum Judentum zu bekehren, wurden Sie zornig. Ich hörte, Sie schrieben ein Buch "Von den Juden und ihren Lügen", ein etwa hundert Seiten umfassendes Werk, in dem Sie beinahe die gesamte Palette an Anschuldigungen gegen die Juden vorbrachten, wie man sie im Mittelalter kannte.

      Luther: Ich hatte mir wohl vorgenommen, nicht mehr, weder von den Juden noch wider die Juden zu schreiben. Aber weil ich erfahren, das die elenden heillosen Leute nicht aufhören auch uns, das ist die Christen an sich zu locken, hab ich das Buch ausgeben lassen. Damit ich unter denen gefunden werden, die solchem giftigen Gebaren der Juden Widerstand geleistet und die Christen gewarnt haben, sich vor den Juden zu hüten. Ich hatte nicht gemeint, dass die Christen sich von den Juden narren lassen, in ihr Elend und Jammer zu treten. Aber der Teufel ist der Welt Gott, und wo Gottes Wort nicht ist, hat er gut machen.

      GdS: Wie wollten Sie denn nun mit dem jüdischen Volk verfahren?

      Luther: Ja, was wollen wir Christen nun tun mit diesem verworfenen, verdammten Volk der Juden? Erstens soll man ihre Synagogen oder Schulen mit Feuer anstecken und, was nicht verbrennen will, mit Erde überhäufen und zuschütten. Zum anderen soll man auch ihre Häuser zerbrechen und zerstören. Zum dritten soll man ihnen alle ihre Gebetbücher nehmen. Zum vierten soll man ihnen verbieten, bei uns öffentlich Gott zu loben, zu danken, zu beten, zu lehren, bei Verlust des Leibes und Lebens. Fünftens soll man den Juden das freie Geleit auf der Straße ganz untersagen. Sechstens soll man ihnen den Wucher verbieten und ihnen alle Barschaft und Kleinodien in Silber und Gold nehmen. Siebtens soll man den jungen, starken Juden und Jüdinnen Flegel, Axt, Spaten, Rocken und Spindel in die Hand geben und sie ihr Brot verdienen lassen im Schweiße des Angesichts ..."

      GdS: Ein Vorläufer des Konzentrationslagers? Haben die Nazis sich mit Recht auf Sie berufen? Auch ein Drittel der evangelischen Pastoren Deutschlands in der Nazi-Zeit ließen sich von der nationalsozialistischen Botschaft überzeugen. In diesem Sinne wurde 1932 auch die Glaubensbewegung Deutscher Christen DC gegründet.

      Luther: Juden sind Kinder des Teufels, die stehlen, morden und ihren Kindern das gleiche beibringen.

      GdS: Sie haben bis zu ihren Lebensende immer wieder die Juden beschimpft.

      Luther: Ich wetterte aber auch gegen Pfaffen, Türken und Sektierer.

      GdS: Sie waren davon überzeugt, dass der Teufel immer mehr Einfluss auf die Erde bekommen werde. Wie schon viele vor ihnen, verkündeten auch Sie den baldigen Weltuntergang. Sie hatten auch ein genaues Datum parat, nämlich Ostern 1545. Wir leben immer noch. Was sagen Sie dazu?

      Luther: $(%"=$%/

      GdS: Ich glaube, die Leitung wird schlechter. Zum Schluß noch ein Frage: Woher nehmen Sie alle Ihre Weisheiten?

      Luther: Die Heilige Schrift ist die einzige Quelle des Glaubens.

      GdS: Vielen Dank für dieses Interview und noch einen angenehmen Aufenthalt. Wo immer Sie sich gerade befinden ...



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      Noch ein Hinweis für Skeptiker, die absolut nicht an Channeling glauben wollen. Das Interview basiert auf Original-Zitaten Luthers [1], die den Historikern (auch den theologischen Historikern) vorliegen. Und immer noch gibt es viele, viele Lutherkirchen... - und das, obwohl Luther meinte: „Man soll sich nicht Lutherisch nennen."

      Zum krönenden Abschluß ein Zitat Albrecht Dürers, als er nach Luthers Entführung zur Wartburg annahm, Luther sei tot: „O Gott, ist Luther tot, wer wird uns hinfort das heilige Evangelium so klar vortragen! Ach Gott, was hätte er uns noch in zehn oder zwanzig Jahren schreiben mögen.“ Er hat geschrieben ...


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      Quelle:

      [1] Fast sämtliche Luther-Zitate sind einem Artikel der PM History 98004 (Schöpfung/Martin Luther) entnommen.


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      Copyright © 1999 - 2000, Der Humanist
      Heike Jackler
      letzte Änderung: 10/00
      Avatar
      schrieb am 27.12.01 14:28:10
      Beitrag Nr. 33 ()
      http://www.humanist.de/religion/antwort.html

      Ein Pfarrer muss sich nicht schämen


      Ende November 1998 schrieb ich, Heike Jackler, einen Brief an die Gemeinde, in der ich konfirmiert wurde, die „Lutherkirchengemeinde“. Ich erwähnte die Zitate Luthers (siehe „Ein Interview mit Luther“) und wollte folgendes wissen:
      Nun meine Fragen:
      1) Stimmen die angegebenen Zitate und weiteren Angaben, die ich erfahren habe?
      2) Wenn es stimmt, wann benennen Sie ihre Kirchengemeinde nicht mehr nach Luther, sondern überlegen sich einen passenderen Namen?

      Ich muss sagen, ich war sehr entsetzt, als diese Dinge über Martin Luther las. So etwas haben wir weder in der Schule noch im Konfirmandenunterricht gelernt. Ich schäme mich in einer „Luther“-Kirche konfirmiert worden zu sein. Über eine Antwort würde mich mich sehr freuen.


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      Nun, die Antwort lies nicht lange auf sich warten: [rote Anmerkungen von mir]

      Sehr geehrte Frau Jackler,

      Ihr Schreiben haben wir erhalten. Sie schreiben an die Gemeinde - das ist eine sehr anonyme Größe. Nach unserem Verständnis gehören zur christlichen Gemeinde alle Getauften. Als Pfarrer der Lutherkirche versuche ich mal eine Antwort auf Ihre vielen Fragen. [Es waren nur 2, aber die hatten`s wohl in sich.]
      1) Sie brauchen sich nicht zu schämen, in der Lutherkirche konfirmiert worden zu sein. Luthers Name ist ein guter Name und er war auch ein bedeutender Mensch. Nur war er nicht sehr pflegeleicht und in seinem Charakter wohl auch sehr schroff - das wissen wir von Zeitzeugen. Durch seine Art war er auch nie bequem, sonst hätten sich nicht „Kaiser und Reich“ und auch „der Papst und die römische Kirche“ mit ihm so ausführlich befassen müssen.
      2) Die Zeit, in der Luther lebte war schwierig und in sich widersprüchlich: [Natürlich, mit der "Zeit" läßt sich alles erklären. Wie die Bibel. Die Zeit ist aber nur so, wie die Menschen sind.] - Das alte Weltbild zerbrach (Die Erde als Scheibe und der Himmel wie eine Glocke darüber = ein in sich geschlossenes System). Die Entdeckung Amerikas durch Kolumbus beschleunigte diesen Vorgang. – „Die Türken vor Wien“ – dieser Schreckensruf beunruhigte in dieser Zeit immer wieder das gesamte christliche Abendland. – Die Entdeckung des Buchdrucks durch Gutenberg machte es erst möglich, daß viele Menschen mit Schriften, Flugblättern, Bildern und Büchern in Berührung kamen. Nachrichten konnten übermittelt und aufbewahrt werden. - Die Menschen am Ausgang des Mittelalters und am Beginn der Neuzeit hatten ein gar wichtiges Thema und eine große Sorge: ihr Seelenheil! Die Erwartung der Endzeit war allgegenwärtig. Eine furchtbare Angst vor Fegefeuer und Hölle bestimmte das Denken. Luther selbst hat immer wieder gefragt: „Wie kriege ich einen gnädigen Gott?“ Die Tatsache, daß er als Dr. der Theologie ein Mönch wird und ins Kloster eintritt, ist nicht eine Masche, sondern hängt mit seiner Gottesfurcht zusammen.
      3) In die Zeit der härtesten Auseinandersetzungen um Luthers Lehre (nach dem Reichstag zu Worms 1520) fällt der Bauernkrieg. Luthers Schrift „Von der Freiheit eines Christenmenschen“, die sich auf reformatorische Grunderkenntnisse bezog, wurde z.T. falsch verstanden: Freiheit wurde als Willkür mißverstanden! So kam es, daß die Bauern mit aller Gewalt gegen die Fürsten aufbegehrten. Das erzeugte wiederum Gewalt mit viel Blutvergießen. Luther stellte sich schließlich auf die Seite der Fürsten, nachdem er anfangs ganz offen mit den Bauern sympathisiert hatte. Er tat das, um der maßlosen Gewalt entgegenzuwirken und um die bis dahin gültige Gesellschaftsordnung einigermaßen zu sichern. [Denn die war ja von Gott gegeben.] In seinen Stellungnahmen ist Luther ganz klar über das Ziel hinaus geschossen. Seine Schrift Wider die räuberischen und mörderischen Rotten der Bauern ist dafür ein Beleg. Wenn Sie ihn zitieren mit den Worten „Prediger sind Totschläger“, dann ist dies ja eine sehr selbstkritische Äußerung, die etwa so zu verstehen ist: `Wenn ich als Prediger andere Menschen anstifte zu bestimmten Handlungen (womöglich unter dem Schein des Rechts), dann bin ich für die Folgen verantwortlich.` Luther hat also um seinen Einfluß gewußt und unter den angedeuteten Mißverständnissen sehr gelitten. [Alles nur Mißverständnisse!] Von daher hat er es auch abgelehnt, seinen Namen zu gebrauchen: „Man soll sich nicht lutherisch nennen!“ [Warum nennt sich dann die Kirche in Ihrer Gemeinde „Lutherkirche“, Herr Pfarrer?]
      4) Luther und die Juden - das ist in der Tat ein unerschöpfliches und zugleich auch sehr kritisches Kapitel. Luther war ja nicht von Anfang an der strahlende Glaubensheld und Begründer der Evangelischen Kirche [gegen die Juden hat er aber nicht am Anfang seiner Karriere, sondern eher im reifen Alter gehetzt] – er war auch und vor allem ein Kind seiner Zeit (vgl. das zu 2 Gesagte). [Und wieder muß die „Zeit“ herhalten. Was anderes fällt nicht ein.] Seine Äußerungen sind für uns sehr extrem [allerdings], jedoch aus seiner Zeit verständlich. [Der Herr Pfarrer hat für alles Verständnis.] Im Mittelalter machte man die Juden verantwortlich für den Tod des Herrn Jesus. Solche Äußerungen finden sich bereits im Neuen Testament. Man glaubte sich also in guter Gesellschaft. Einem Christenmenschen stand es von daher gut an, wenn er mit Juden nichts gemein hatte. So dachten alle und fanden nichts dabei. [Ja, so sind die Christen.] Das hatte Auswirkungen auf die ganze Gesellschaft: Die mittelalterlichen Zünfte z.B. nahmen keine Juden auf. Damit war ihren verwehrt, ein Handwerk auszuüben, sie durften lediglich Handel treiben, auch Handel mit Geld. Die Juden führten ihr eigenes Leben und mußten in Ghettos wohnen. Luther hat diese Praxis sehr unkritisch gesehen. [„unkritisch“ ist gelinde ausgedrückt. Er hat zur Verfolgung und Tötung aufgerufen.]
      5) Sie fragen, ob die Nazis sich mit Recht auf Luther berufen? Ich antworte mit einem glatten `Nein`. [Warum? Sonst müßte er vielleicht doch seine Kirche umbenennen.] Aber weil Luther eine große Autorität war und ist, haben sie gerne auf ihn zurückgegriffen. Dabei haben sie natürlich Äußerungen Luthers angeführt, die wir sehr kritisch betrachten müssen und auch nicht gutheissen können. [Luther hat exakte Anweisungen gegeben, wie mit den Juden zu verfahren sei. Das haben die Nazis in die Tat umgesetzt.] Ähnlich geht es ja auch mit anderen großen Leuten: immer wieder einmal schreiben irgendwelche Schmierfinken [Schmierfinken!!!] über bestimmte Macken im Leben großer Menschen. [Ach, das waren alles nur „Macken“ bei Luther. Na denn war es ja nicht so schlimm.] Und im Leben jedes Menschen findet sich ja bekanntlich manches, das nicht für die Öffentlichkeit bestimmt ist. [Wäre dem Pfarrer wohl lieber gewesen, wenn Luthers Aussagen geheim blieben. Deshalb haben wir im Konfirmandenunterricht auch nichts davon erfahren.] Aber weil solche Sachen ja gelesen werden, werden sie auch gedruckt, werden sie vor allem verkauft. Oft muß man genau hinschauen, um eine seriöse Nachricht von purer Sensationslust noch zu unterscheiden. Da sind dann Heilige gar nicht mehr so heilig [ja, das soll`s geben], Päpste sind moralisch fragwürdig [Hört, hört!], Politiker eo ipso unglaubwürdig, Pfarrer nicht ohne Makel [ja, das kommt vor] und sogar unter Polizisten gibt es Schwarze Schafe usw. usf. ... So geht das bis in unsere Zeit: denken Sie bitte nur an die Kampagne um den amerikanischen Präsidenten! [Wo die Christen allerdings am meisten hetzen.] Wenn alle sich an das Wort Jesu erinnern ließen "Wer unter euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein", dann würden sich manche dieser angeblich so moralischen Zeigefinger gar nicht erst erheben, dann hätten viele Menschen ganz viel mit sich selbst zu tun. [Na, so kann man alles rechtfertigen. Jetzt verstehe ich auch, warum die Evangelen die Beichte nicht brauchen. Jesus hat durch seine Aussage jegliche Schuld relativiert und somit hinfällig gemacht.]
      Sehr geehrte Frau Jackler, lassen Sie sich nicht irritieren und ziehen Sie bitte keine falschen Schlüsse. [Die habe ich schon vorher gezogen, und sie waren sicher nicht falsch.] Luther war kein Heiliger - er war ein Mensch wie wir. [Ich protestiere. Luther ein Mensch wie ich? Ich habe niemals dazu aufgerufen, Juden totzuschlagen, Bauern zu würgen und Hexen zu brennen.] Er hat sich geirrt wie wir, war traurig wie wir, hatte falsche Gedanken, war lieblos und ungerecht alles wie wir. Aber ich bin davon überzeugt, daß Gott ihn gebraucht hat als ein gutes Werkzeug, um sein Evangelium unter den Menschen neu zum Leuchten zu bringen. Deswegen spricht man heute noch von ihm. Und dafür sind wir Gott dankbar für diesen Mann und sein Wirken. [Und alle schlimmen Worte sind vergeben und vergessen!] Schließlich liegt ja Luther mit seiner Einschätzung (die Sie ja auch zitieren) gar nicht so falsch, „daß der Teufel immer mehr Einfluß auf der Erde bekommt“. Wir rechnen heute nicht mehr so direkt mit dem Teufel. Aber wenn wir darunter alle Mächte verstehen, die lebensfeindlich sind, dann müssen wir Luther schon Recht geben. Wenn man sieht, wie es in der Welt drunter und drüber geht, wie die moralischen Werte verkommen, wie das Böse scheinbar immer mehr die Oberhand gewinnt... - man muß Luther zustimmen. [Das war früher natürlich alles viel moralischer. Bei den Päpsten z.B., die so viele moralische Kriege führten und Bordelle unterhielten.] Und was die Politiker nicht sehen (und auch die Theologen nicht) - die Dichter sehen es: Ich glaube, sie sind die Propheten unserer Zeit! Ich hoffe, ich konnte Ihnen einige Dinge beantworten. Der Dichter Conrad Ferdinand Meyer hat von Luther gesagt: „Sein Geist ist zweier Welten Schlachtgebiet. Mich wundert`s nicht, daß er Gespenster sieht.“ Damit ist angedeutet, daß Luther in keine Schablone paßt und daß er mit `normalen` Maßstäben nicht zu messen ist. Seine Gottesfurcht hat ihn zu einem wahrhaft frommem Menschen gemacht. [Nur mit ein paar klitzekleinen „Macken“.] Wir glauben daher, daß unsere Lutherkirche seinen Namen zu Recht trägt und wir uns nicht dafür schämen müssen. Ich danke Ihnen für Ihre Anfrage und grüße Sie freundlich.



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      Soweit die Antwort. Zur Luthers Verhältnis zu den Frauen („Der Tod im Kindbett ist nichts weiter als ein Sterben im edlen Werk und Gehorsam Gottes.“) und seine Ansichten zur Kindererziehung („Ein toter Sohn ist besser als ein ungezogener.“) fiel dem Pfarrer wohl auch nichts ein. Aber auch das ist sicher nur ein Ausdruck der „damaligen Zeit“, womit man natürlich alles rechtfertigen kann, selbst die schlimmsten Greuel.



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      Copyright © 1999, Der Humanist
      Avatar
      schrieb am 27.12.01 15:19:05
      Beitrag Nr. 34 ()
      hm..schöne lange texte....wird eh kaum einer lesen
      Avatar
      schrieb am 27.12.01 16:08:41
      Beitrag Nr. 35 ()
      Ja,ja, ich kenne die PISA-Studie.
      Avatar
      schrieb am 27.12.01 17:11:34
      Beitrag Nr. 36 ()
      Interessant, aber bringt mir keine neuen Erkenntnisse...
      Avatar
      schrieb am 27.12.01 19:23:25
      Beitrag Nr. 37 ()
      @ ADhick: bei uns heist es komun....

      Aber ich nehme dabei immer eine Pulle guten Bordeaux und

      opfere dabei auf dem Altar der Venus oder so....:confused:

      cu DL....bin heute etwas verwirrt
      Avatar
      schrieb am 27.12.01 19:52:08
      Beitrag Nr. 38 ()
      Wohlsein, Herr Doktor!
      Obwohl ich das große Latinum habe, bevorzuge ich die deutsche Sprache.
      Kann ich auch bedenkenlos, habe ja nix zu verbergen! :D

      P.S.
      Wie wärs mit passenden Knabbereien zum Wein?



      "Bei der Hostienbäckerei Kloster Vinnenberg sind Knabbertüten erhältlich. Mit den Bohrresten, die beim Bohren der runden Hostien entstehen können die Erstkommunionkinder erfahren, wie die Hostien schmecken.
      Eine Tüte enthält ca. 400 g Bohrreste und kostet 2,- DM. "
      Avatar
      schrieb am 27.12.01 20:13:05
      Beitrag Nr. 39 ()
      @ AdHick: Hostien werden nicht gebohrt,sie Trottelin.

      Es könnte ja sein dass der "Bohrer" ein bestimmtes Körperteil

      treffen könnte,ist ja ein Leiboder nicht.

      Sie werden aus einer grossen Platte gestanzt,nur feinster Weizendunst

      mit Quellwasser darf verwendet werden.....

      cu DL....mir graut vor ihrer Gedankenwelt
      Avatar
      schrieb am 27.12.01 20:30:38
      Beitrag Nr. 40 ()
      #30 AdHick,das Essay muss Gottes Wille gewesen sein,denn
      seine Wege sind Unergründlich.
      Avatar
      schrieb am 27.12.01 20:36:03
      Beitrag Nr. 41 ()
      AuWeia,sozusagen Kannibalismus beim Kauen.
      Avatar
      schrieb am 27.12.01 21:45:02
      Beitrag Nr. 42 ()
      Werter Dr. Wolf,
      mir wärs eigentlich Wurst, aber Trottelin?
      Und gleich zwei Fehler in einem kurzen Satz!?
      Der Trottel könnte auf sie zurückfallen!

      a) bin ich nicht weiblichen Geschlechtes
      b)werden Hostien offensichtlich auch gebohrt:

      http://www.hostie.de/fuehrung/index.phtml



      "Fünfzig Hostienplatten werden dazu in einem Rahmen aufeinandergestapelt und zusammen ausgebohrt. Die letzte Hostienplatte bricht dabei aus und diese Hostien müssen hinterher, wie auch andere defekte Hostien aussortiert werden. Die ausgebohrten Hostien fallen in einen Korb unterhalb der Bohrmaschine. Die Hostien werden von Hand sortiert und abgepackt."


      Falls die Gucker schwächeln, noch etwas größer:



      "Das Ausbohren der Platten

      Danach werden die Hostien mit einem Edelstahlhohlbohrer aus den Platten gebohrt. Für jeden Durchmesser gibt es einen anderen Bohraufsatz. "

      Zum Nachsatz:
      Ich mache mir wenigstens Gedanken ...
      Avatar
      schrieb am 27.12.01 21:49:17
      Beitrag Nr. 43 ()
      Jetzt will ich aber Kreide hören!
      Avatar
      schrieb am 27.12.01 22:23:29
      Beitrag Nr. 44 ()
      Was zu Auflockern:

      "Ein männlicher Fötus wird nach 40 Tagen, ein weiblicher nach 80 Tagen ein Mensch. Mädchen entstehen durch schadhaften Samen oder feuchte Winde."

      (Der heilige Kirchenlehrer Thomas von Aquin, Doctor Communis)
      Avatar
      schrieb am 27.12.01 22:29:06
      Beitrag Nr. 45 ()
      Hat der Heilige Thomas auch was über Zwitter geschrieben?.
      Avatar
      schrieb am 27.12.01 22:44:56
      Beitrag Nr. 46 ()
      Ist mir leider nicht bekannt.
      Persönliches Interesse? :D
      Avatar
      schrieb am 27.12.01 23:31:53
      Beitrag Nr. 47 ()
      Indiskrete Frage :mad: ca.49 tage glaube ich und Du?.
      Avatar
      schrieb am 28.12.01 02:59:03
      Beitrag Nr. 48 ()
      Thomas v. Aquino

      :laugh:
      Avatar
      schrieb am 28.12.01 08:08:19
      Beitrag Nr. 49 ()
      @AdHick:war zu faul zum verbessern

      Zur Trottelin,dachte sie wären weiblichen Geschlechts.

      Ansonsten würde ich -in weglassen.

      Das war Ironie!!!!!

      Das Bild zeigt nie einen Bohrer,mit Hohlbohrern wird nur Vollmaterial,welches stehenbleibt gebohrt.Der innere Teil ginge zu Bruch.

      Mit dem Körperteil meinte ich ein von vielen Mitgliedern,

      spez.der Führungsebene,bei gewissen Sexualpraktikenbevorzugtes.

      cu DL
      Avatar
      schrieb am 28.12.01 11:22:47
      Beitrag Nr. 50 ()


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