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    Bundesagentur für Arbeit: Letzte große Klitsche der New Economy - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 29.06.04 07:05:30 von
    neuester Beitrag 29.06.04 12:07:38 von
    Beiträge: 4
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      schrieb am 29.06.04 07:05:30
      Beitrag Nr. 1 ()
      Fiktion Arbeitsmarkt

      Es gibt viel zu tun, aber die Arbeit geht aus. Dieser Satz ist nur scheinbar paradox. Denn der moderne Begriff der Arbeit ist nichts anderes als die Abstraktion von jedem konkreten Inhalt der Tätigkeit, ein »gespenstisches« Handeln (Marx) einzig zu dem Zweck der Verwertung von Kapital.

      Es geht um die betriebswirtschaftliche Vernutzung von menschlicher Energie, von »Nerv, Muskel, Hirn« (Marx) und sonst gar nichts. Deshalb bleiben lebenswichtige Tätigkeiten mangels Rentabilität ungetan, während Unsinn oder Zerstörung produziert werden und massenhaft menschliche Energie unfreiwillig brach liegt.

      In der Krise spitzt sich die Absurdität dieses gesellschaftlichen Verhältnisses zu. Viele sind notgedrungen bereit, »alles« zu machen und mit sich machen zu lassen, ganze Landschaften platt zu walzen, notfalls durch Reifen zu springen oder die berühmten Keynesschen Löcher zu graben und wieder zuzuschütten. Aber wenn die rentable Produktion aus ist, ist sie aus. Deshalb verlagert sich der kapitalistische Betrieb darauf, Produktion zu simulieren.
      Das Geldkapital flüchtet in Finanzblasen, die behandelt werden, als wären sie reale Produktion. Und die Arbeitskraft? Sie wird von der leer laufenden Bürokratie zunehmend simulativ verwaltet. Weil die Produktion überall wegbricht, erscheint für Kapital und Arbeit gleichermaßen die Zirkulation, der Markt, als die einzige noch mögliche Sphäre der Betätigung. Zwar gab es schon immer die »Zirkulationsarbeit« in den kommerziellen Sektoren, aber eben als nachgeordnete Sphäre. Zirkulieren kann nur, was vorher produziert worden ist. In der neuen simulativen Krisenökonomie jedoch soll die Zirkulation gewissermaßen die Produktion ersetzen.
      Dieser Illusionismus bestimmt die neue Arbeitsverwaltung ebenso wie den neuen Finanzkapitalismus. Das zeigt sich an den Zwangsprogrammen für Arbeitslose. Vor nicht allzu langer Zeit waren das die berüchtigten Computer-Schulungen, von den Betroffenen oft abfällig »Idiotenkurse« genannt, weil sie zu keiner sinnvollen Qualifikation führten und als Beschäftigungstherapie galten. In gewisser Weise waren natürlich auch das schon Simulationsprogramme. Immerhin wurde dabei aber wenigstens noch die Fiktion aufrechterhalten, dass man auf potenzielle Produktionstätigkeiten inhaltlich vorbereitet wird. Diese Fiktion hat man inzwischen aufgegeben. In den neuen »Idiotenkursen« sollen Arbeitslose heute einzig noch lernen und einüben, wie man sich selbst verkauft, Bewerbungen schreibt, sich inszeniert und sich potenziellen »Arbeitgebern« anpreist wie Sauerbier.
      Die Fiktion hat sich also verlagert und potenziert. Es wird nicht einmal mehr angenommen, dass die Arbeitslosen sich bloß irgendwie inhaltlich qualifizieren müssten, um einen Job zu bekommen.

      Jetzt wird unterstellt, sie hätten sich auf dem Arbeitsmarkt, der Zirkulationssphäre der Ware Arbeitskraft, bloß nicht richtig und nicht intensiv genug angeboten, nicht genug Eigenwerbung als »Unternehmer ihrer Arbeitskraft« betrieben.
      Auch in dieser Hinsicht übernimmt die staatliche Zwangsverwaltung der »Arbeit«, die es immer weniger gibt, die Simulationskonzepte der längst abgesoffenen New Economy.

      Als sich der Börsen-Hype Ende der 90er Jahre seinem Höhepunkt näherte, war es üblich, dass sich Bewerber für Stellen in den Klitschen der damaligen Pseudo-Produktion besonders »originell« präsentieren mussten. So bat etwa eine Werbeagentur um »pfiffige Bewerbungen«, woraufhin einer sein Selbstangebot mit einer Trillerpfeife verschickte. Andere buhlten um Aufmerksamkeit durch Zugabe eines T-Shirts mit dem Aufdruck: »Für einen Job bei Ihnen gebe ich mein letztes Hemd.«
      Derart alberne und würdelose Selbstinszenierungen, die nach dem Muster medialer Aufmerksamkeitswerte konstruiert sind, gehen heute nur noch ins Leere. Das gemeinsame Markenzeichen dieser Bemühungen ist die völlige Inhaltslosigkeit. Während man bei der kapitalistischen Produktion noch vom Inhalt abstrahieren musste, haben wir es hier mit »abstrakter Arbeit« pur zu tun.
      Der Selbstzweck der Kapitalverwertung wird gewissermaßen nachgeäfft durch den Selbstzweck eines Auffallens um jeden Preis. Die smarten Selbstdarsteller der Postmoderne sind bei der ordinären Bettelei angelangt; die einst gefeierte Tugend der flexiblen Anpassungsfähigkeit erweist sich als blanke Selbstverhöhnung.
      Ökonomisch aber ist und bleibt dieser ganze Firlefanz in der Sphäre der Zirkulation angesiedelt. Diese kann jedoch für sich allein keine kapitalistische Reproduktion darstellen. Schafft schon die noch so gut gemeinte Qualifizierung keine reelle Arbeit als »Substanz des Kapitals« (Marx), wenn nicht rentable Produktion im großen Maßstab nachfolgt, so die Kasperei auf den Arbeitsmärkten erst recht nicht. Die Illusion, die hier zu Grunde liegt, ist ganz ähnlich konstruiert wie das Märchen, dass die Ökonomie »zu 90 Prozent Psychologie« sei.
      Während die Leute schlicht kein Geld mehr haben, unterstellen die studierten Ökonomen, dass sie aus Gründen der bloßen Stimmung »Kaufzurückhaltung« üben.

      Genauso unsinnig ist die Vorstellung, dass man die Zirkulationstätigkeiten beliebig ausweiten könnte. Die bürgerliche Volkswirtschaftslehre hat überhaupt keinen Begriff dafür, Produktion und Zirkulation zu unterscheiden; für sie ist Geld zählen hinter dem Bankschalter oder Würstchen verkaufen genauso »Produktion« wie das Herstellen von Autokarosserien.
      Dass hier ein grundsätzlicher logischer Fehler vorliegt, beweist sich praktisch an der besonderen Zirkulationssphäre des Arbeitsmarktes.

      Es hat etwas Schauerliches, wenn sich Millionen von nicht mehr kapitalistisch verwendungsfähigen »Arbeitskräften« gegenseitig unter grotesken Verrenkungen um Jobs anbetteln.
      Die Verkehrung ist offensichtlich: Bewarb man sich früher für einen Job, so muss heute so getan werden, als wäre das Bewerben selber eine Art Job.

      Die »Bundesagentur für Arbeit« ist als »Agentur für Simulation« das einzige Großunternehmen im Geist der unrühmlich verblichenen New Economy, gerade weil sie nichts verkauft als die ökonomische Illusion, dass die Zirkulation zur Produktion ernannt werden könnte. http://www.nd-online.de/artikel.asp?AID=52392&IDC=33&DB=O2P
      Avatar
      schrieb am 29.06.04 09:07:16
      Beitrag Nr. 2 ()
      Die BfA beschäftigt doch zigtausend Aktenträger. Um die Parasiten weiter durchzufüttern, ist Clement und Co. jedes Mittel recht.

      Arbeitsplatzsicherung nach Rot-Grün.
      Avatar
      schrieb am 29.06.04 09:26:51
      Beitrag Nr. 3 ()
      #1 ist der beste Artikel seit langem zum Thema :)
      Avatar
      schrieb am 29.06.04 12:07:38
      Beitrag Nr. 4 ()
      das internetportal, das angeblich 150 mio kosten soll, ist ausserdem der letzte schrott

      ich wollte für einen freund das merkblatt 7b, das von der ba in der zeitung beworben wurde herunterladen.

      anfrage in der suchmaschine: " leider funktioniert diese geschichte noch nicht, unsere techniker arbeiten dran"

      versuch bei google:
      ca 20 private seiten zum runterladen dieses merkblatt.
      umfang des merkblatts 48 seiten, davon 45 seiten beamten-bla bla und ca 3 seiten information

      ausserdem, bei jeder privatfirma würde die programmierung und einrichtung so eines portals maximal 2-3 mio kosten. (incl. sch...-geld)


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