Arbeitszeitgesetz
Ende des Acht-Stunden-Arbeitstags?
Wirtschaftsweisen und FDP fordern Abkehr vom Acht-Stunden-Arbeitstag. Die Digitalisierung erfordere mehr Flexibilität. Deshalb soll es nur noch eine wöchentliche Maximalarbeitszeit geben. Die Forderung ist hoch umstritten.
Die Wirtschaftsweisen und die FDP fordern flexiblere Arbeitszeiten und ein Ende des Acht-Stunden-Tags. Wegen der Digitalisierung sei eine Lockerung deutscher Arbeitszeitgesetze nötig: „Flexiblere Arbeitszeiten sind wichtig für die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen. Firmen, die in unserer neuen digitalisierten Welt bestehen wollen, müssen agil sein und schnell ihre Teams zusammenrufen können. Die Vorstellung, dass man morgens im Büro den Arbeitstag beginnt und mit dem Verlassen der Firma beendet, ist veraltet“, so Christoph Schmidt, Vorsitzender der Wirtschaftsweisen, gegenüber der Welt am Sonntag.
Momentan gilt: „Die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten. Die Arbeitnehmer müssen nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens elf Stunden haben. Die Arbeitszeit darf 48 Stunden wöchentlich nicht überschreiten“. Nur in Ausnahmen darf von dieser Regel abgewichen werden.
Schon seit längerem fordern Arbeitgeber nicht mehr die tägliche, sondern nur noch die Wochenarbeitszeit zu begrenzen. Der Forderung würde bedeuten, dass nur noch eine maximale Wochenarbeitszeit von 48 Stunden gilt. Die Ruhezeiten zwischen zwei Arbeitstagen soll zudem von elf auf neun Stunden verkürzt werden, so die WirtschaftsWoche. Demnach wäre es legal, dass ein Arbeitnehmer drei Tage hintereinander von 8 bis 23 Uhr arbeitet.
Gewerkschaften wehren sich bereits seit Jahren gegen diese Pläne. Bereits 2015 schrieb Verdi zu einer Flexibilisierung der Arbeitszeiten: „Dauerhaft lange Arbeitszeiten können einen Teufelskreis von Ermüdung und Erschöpfung verursachen, der zur Herabsetzung der Erholungsfähigkeit und damit auch zur Minderung der Leistungsfähigkeit führt. Ruhezeiten sind jedoch nicht nur Regenerationszeiten. In ihnen finden alle außerberuflichen, familiären, sozialen, gesellschaftlichen und kulturellen Tätigkeiten statt, die für den sozialen Zusammenhalt, die Entwicklung von Ideen und Kreativität unerlässlich sind.“
Die betriebliche Praxis zeige zudem, dass durch Betriebsvereinbarungen schon heute flexible und faire Arbeitszeitmodelle möglich sind, so der DGB. Eine Abkehr vom Acht-Stunden-Tag sei hierzu nicht nötig. Die Hans-Böckler-Stiftung hat eine spezielle Datenbank zu Betriebsvereinbarungen, in der sich auch eine Vielzahl zum Thema „Flexible Arbeitszeiten“ befinden. Das Arbeitszeit-Thema ist auch Teil der aktuellen Jamaika-Sondierungen. Während FDP und Union sich eine Flexibilisierung der Arbeitszeiten vorstellen können, sind die Grünen „klar gegen eine Aufweichung täglicher Höchstarbeitszeiten und Ruhezeiten“, so der Spiegel.
Eine Abschaffung des Acht-Stunden-Tags birgt noch weitere gesamtgesellschaftliche Gefahren. So orientiert sich die Kindertagesbetreuung von Kitas an dem Acht-Stunden-Arbeitstag. Eine Aufweichung der täglichen Arbeitszeiten könnte zu Problemen in der Kinderbetreuung und folglich zu noch geringeren Geburtenraten führen. Dadurch könnte der bestehende Fachkräftemangel in Zukunft noch weiter verschärft werden.
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Quellen:
WirtschaftsWoche: "Wirtschaftsweise fordern Ende des Acht-Stunden-Tags"
Welt: "Wirtschaftsweise fordern das Ende des Acht-Stunden-Tags"
Spiegel: "Wirtschaftsweiser hält Achtstundentag für "veraltet""
Verdi: "Arbeitszeit-Debatte"
DGB: "Arbeitszeiten: Schon heute flexibel und fair möglich"
gesetze-im-internet.de/arbzg/BJNR117100994.html