Aktien
Dividenden-Saison durch Corona gefährdet
Das Corona-Virus hat zur allgemeinen Kontaktsperre und zur Absage sämtlicher Präsenzveranstaltungen geführt. Das zweite Quartal ist normalerweise Hochsaison für Aktionärsversammlungen und auch hier drohen zumindest deutliche zeitliche Verschiebungen, mit gravierenden Folgen für Anteilseigner: Sie müssten dann wohl zunächst erst mal auf ihre gewohnte Dividenden-Ausschüttung verzichten.
Zwar gibt es grundsätzlich die Möglichkeit – je nach Größe des Unternehmens – auf eine Telefonkonferenz oder auf Videoübertragung/Streaming auszuweichen, aber auch das will bei Großveranstaltungen wie bei Deutsche Telekom oder Daimler mit immerhin 2.500 bzw. 5.000 Teilnehmern erst einmal organisiert sein.
Muss ein Unternehmen eine Hauptversammlung (HV) wegen Corona absagen, beispielsweise weil es entsprechende Auflagen von den Gesundheitsbehörden gibt, dann können auch wichtige Beschlüsse nicht gefasst werden, etwa zur Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat, aber auch zur Dividende. Eine fehlende Entlastung der Gremien wäre dabei wohl noch kein Drama, weil sie ohnehin keine rechtlich bindenden Folgen hat. Stehen dagegen Wechsel im Vorstand oder Aufsichtsrat an, können Sie notfalls per Gerichtsbeschluss umbesetzt werden.
Problematischer wird es schon beim Dividendenbeschluss. Muss die HV zunächst abgesagt werden, können die Unternehmen die Veranstaltung bis zu acht Monate nach Beginn des neuen Geschäftsjahres verschieben. Deutsche Telekom und Daimler haben bereits eine Verschiebung angekündigt. Selbst eine Überschreitung der acht Monatsfristen gilt als möglich. Ein Beschluss zur Dividende bliebe damit aber aus. Reine Online-Beschlüsse, also ohne Präsenz-Hauptversammlung, sind in Deutschland nicht möglich. Damit unterbliebe auch die Auszahlung der Dividende. Aktionäre würden also erst einmal leer ausgehen.
Es könnte aber noch schlimmer kommen für manchen Aktionär: Einige Unternehmen benötigen gar keinen Dividendenbeschluss mehr, sie haben die Dividende bereits gestrichen – teils aus Vorsichtsgründen, um die Liquidität im Unternehmen zu halten, teils aber auch gezwungenermaßen. Eigentlich bezieht sich die Dividende auf das letzte Geschäftsjahr in 2019, und da haben die meisten Unternehmen noch üppig verdient. Die Politik macht jedoch Druck: Unternehmen, die Staatshilfe beantragen, sollen gefälligst keine Dividende ausschütten. Das betrifft – wenig überraschend - die Lufthansa, aber auch zum Beispiel Adidas und der ein oder andere Automobilhersteller. Nächstes Problem: Wird die Dividende gestrichen, fällt in vielen Unternehmen auch die variable Vergütung für die Arbeitnehmer weg. Die Sache ist wie immer komplizierter als gedacht.
Unser Rat: Durch den Kursverfall am Aktienmarkt ist bei vielen Unternehmen die Dividendenrendite in attraktive Höhen geschossen. Hier lohnt sich jedoch, genau hinzuschauen, ob diese Kennzahl hält, was sie verspricht. Es ist leider zu erwarten, dass in den nächsten Wochen vielfach die Dividenden gekürzt werden oder ganz ausfallen. Am meisten Verlass ist auf Unternehmen, die sich über Jahrzehnte hinweg durch eine berechenbare Ausschüttungspolitik auszeichnen – die sogenannten Dividenden-Aristokraten.
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