Bärenmarkt-Geflüster: Inflation, Zinsen, Energiepreise – Das kann doch nur schlimm ausgehen, oder? - Seite 2
Klingt bekannt? Ja, klar. Die zentralen Faktoren, die heute unsere volle Aufmerksamkeit erhalten, scheinen gleich gewesen zu sein. Und deshalb steht das Ergebnis ebenso fest. Richtig?
Falsch! Schauen wir uns mal einige der „Fakten“ an und hinterfragen die Headlines nach etwas mehr Substanz.
Zwei Crashs in einem
Es gab keinen "zinsgetriebenen" Bären-Markt von 2000-2003. Es gab eine Zinswende mit Platzen der Dot-Com-Blase im März 2000 samt Absturz, dann gab es eine Erholung. Der S&P 500 verlor deutlich, aber er notierte im Herbst 2001 in etwa auf dem gleichen Niveau wie im Herbst 1999 – „verloren“ war eigentlich nur der starke letzte Anstieg Anfang 2000. Das war durchaus eine heftige Korrektur, vielleicht auch ein Crash, zumindest an der technologielastigen Nasdaq.
Doch dann folgten am 11. September 2001 die Terroranschläge auf das World Trade Center und das Pentagon und diese waren der Auslöser für eine Depression in der US-Wirtschaft und einen zweiten heftigen Kurseinbruch. Das lässt sich im Chart auch deutlich ablesen. Einbruch, Erholung und dann wegen der anhaltenden negativen Folgen für die Wirtschaft ein stärkeres Abbröckeln.
Es gab damals eine weitverbreite Krisenstimmung, auch weil es weitere Terroranschläge gab, in Madrid, in London, Paris. Und weil die große Angst vor der (Über-) Reaktion der USA bestand. Der damalige Präsident George W. Bush sprach schon wenige Stunden nach dem Einschlag der beiden Flugzeuge in die Twin Towers davon, dass die USA auf einem „Kreuzzug“ seien, und da war mir klar, dass sich die Welt verändert hatte. Wie und wie sehr natürlich nicht, aber der ungerechtfertigte Angriffskrieg gegen den Irak war nur der erste Schritt.
Der Crash 2000-2003 bestand also aus "zwei Crashs in einem", ausgelöst durch unterschiedliche Ereignisse. Das zweite, wesentliche Element, fehlt heute. Allein deshalb schließt sich der Vergleich als „Blaupause“ für unsere heutige Lage aus. Aber es gibt noch weitere Unterschiede, und zwar elementare.
Umsatz war der neue Gewinn
In der Dot-Com-Bubble kamen Firmen an die Börse, die noch nicht mal ein Geschäftsmodell hatten, geschweige denn Umsätze generierten. Es wurden bei IPOs hunderte Millionen US-Dollars eingesammelt von Firmen, die eine Idee (!) hatten, was man vielleicht mal irgendwann Revolutionäres machen könnte. Die Welt, in der wir heute leben mit Internet, Smartphones, Onlinehandel- und Banking, Streaming usw. wurde im Jahr 2000 „verkauft“ als etwas, was morgen Realität wäre. Ohne die Billionen an Investitionen, ohne dass die Technik dazu überhaupt schon erfunden worden war.