Italien – Heute schicksalshaft für Europa wie früher das Römische Reich? - Seite 3
Die EZB könnte das Abschreibungs- bzw. Eigenkapitalproblem italienischer Banken aber auch über die Hintertür lösen. Sie könnte einen umfangreichen Aufkauf von Not leidenden italienischen
Unternehmens- und Bankanleihen praktizieren. Auch die Verbriefung von uneinbringlichen Bankkrediten mit anschließender Veräußerung an die Notenbank ist eine mögliche Rettungsvariante. Ein
unberechenbarer Dominoeffekt auf andere europäische Banken, die mit italienischen geschäftlich verbunden sind – d.h. ein europäischer Lehman-Effekt – muss unbedingt verhindert werden. Dazu ist
jedes auch instabile Mittel recht.
Marktlage und Anlegerstimmung – Weltkonjunkturelle Vision ohne geldpolitische Ernüchterung
Kommt es beim italienischen Referendum zu einem „Nein“-Votum und einem Rücktritt Renzis, wird sich die EZB nicht nur der direkten Bankenrettung annehmen, sondern auch indirekt „Wahlwerbung“ pro Eurozone betreiben. Zinsgünstige Finanzierungen von staatlichen italienischen Konjunktur- und Sozialprogrammen sollen die Wähler wieder von Europa überzeugen. Damit soll insbesondere auch einem Ausstrahlen der italienischen Krise auf Deutschland, die Niederlande und Frankreich vorgebeugt werden, wo 2017 ebenfalls gewählt wird. Eine noch großzügigere Staatsschuldenaufnahme von Italien, aber auch Frankreich und anderen prekären Euro-Ländern ist abzusehen. Die geldpolitische Rettung geht in die nächste Runde. Stabilität wird neu definiert: Es geht um die Stabilität der Eurozone, nicht mehr um Finanzstabilität. Für eine Zinswende in Europa spricht insofern nichts.
Diesem politischen Unsicherheitsfaktor für die Aktienmärkte steht immerhin ein wachsender weltkonjunktureller Optimismus gegenüber. Vor dem Hintergrund der von den Trumponomics ausgehenden Wachstumsphantasien hat die OECD ihre Prognosen für die US-Konjunktur und über ein insofern gestärktes Importwachstum auch für die Weltwirtschaft für 2017 und 2018 angehoben: USA 2,3 nach 1,9 bzw. 3,0 nach 2,2 Prozent; Welt: 3,3 nach 3,2 bzw. 3,6 nach 3,3.
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Diese Einschätzung bestätigt auch der Aufwärtstrend des ISM Index für das Verarbeitende Gewerbe. Mit der dritten Verbesserung in Folge auf 53,2 nach zuvor 51,9 lässt die US-Industrie ihre
Schwächephase allmählich hinter sich. Der steigende Konjunkturoptimismus schlägt sich bereits in einer fortgesetzten Stabilisierung des US-Aktienmarkts nieder.
Neben einem politischen, entwickeln sich die USA damit auch zu einem wirtschaftlich sicheren Hafen. Tatsächlich schwenken die Gewinne von US-Aktien nach
knapp zwei Jahren wieder auf Wachstumskurs ein. Im Gegensatz dazu setzt sich die Gewinnschrumpfung in der Eurozone und Deutschland – wenn auch mit verminderter Tendenz – fort. Eine weitere
Outperformance von US-Aktien ist zu erwarten.