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    "Tag der Befreiung"?  3816  4 Kommentare Der 8. Mai 1945 in der deutschen Geschichte - Seite 3

    Ähnlich differenziert äußerte sich Karl Lehmann, der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz. Für ihn sei der 8. Mai zwar ein Tag der Befreiung, aber es sei ungerecht, so der Bischof, wenn nicht der vielen Millionen Vertriebener gedacht würde. "Wenn man darüber spricht, muss man ja noch nicht ein Rechter sein."

    Dagegen wandte sich der Vorsitzende des Zentralrats der Juden, Ignatz Bubis, mit scharfen Worten gegen den Aufruf. Die SPD-Sprecherin Dagmar Wiebusch forderte, dass sich alle Unterstützer des Aufrufs aus demokratischen Parteien nachträglich distanzieren sollten. Der Grünen-Vorstandssprecher Jürgen Trittin warf der Union und der FDP vor, "ihren rechten Rand nicht mehr unter Kontrolle zu haben". Mit dem Aufruf werde der einzigartige Charakter des NS-Regimes verdrängt.

    Die öffentliche Erregung über den Aufruf war groß, wobei die Medien gespalten waren. Eckhard Fuhr verteidigte uns gegen die Kritik in einem Leitartikel der FAZ: "Es hat jetzt also, so will es die moralisierende Klasse in diesem Lande, der 8. Mai als Tag der Befreiung zu gelten. Und wehe dem, der das nicht in der gebotenen Plattheit täglich wiederholt." In einem weiteren Artikel schrieb Fuhr: "Zitelmanns Unterschriftenaktion ist eben nicht nur das Erinnern an Selbstverständlichkeiten, sondern eine kühl berechnete politische Aktion. Die politisch-kulturell vorherrschende Linke sollte in ihrer pawlowschen Berechenbarkeit und Dürftigkeit vorgeführt werden. Das ist zu einem guten Teil gelungen." Auch ein anderer führender Redakteur der FAZ, der für die Innenpolitik Verantwortliche Friedrich Karl Fromme, stellte sich auf unsere Seite.

    Heribert Prantl sah "Relativierer" am Werk
    Dagegen beschimpfte Heribert Prantl in der "Süddeutschen Zeitung" die Unterzeichner der Anzeige als "Relativierer" und "heimlich über die deutsche Niederlage vom 8. Mai 1945 Trauernde". Die "Zeit" nannte den Text "widerlich".

    Der Publizist Ralph Giordano bezeichnete in der taz den Aufruf als Beleg für "das Krebsgeschwür eines demokratiefernen und durch und durch reaktionären Geschichtsrevisionismus auch noch im Deutschland des ausgehenden Jahrhunderts. Die Liste der Unterzeichner deutet auf Metastasen in nachgewachsenen Generationen hin."


    Rainer Zitelmann
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    Dr. Dr. Rainer Zitelmann ist Historiker, Politikwissenschaftler und Soziologe - und zugleich ein erfolgreicher Investor. Er hat zahlreiche Bücher auch zu den Themen Wirtschaft und Finanzen* geschrieben und herausgegeben, viele davon sind in zahlreiche Sprachen übersetzt worden. * Werbelink
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    Seite 3 von 6
    Verfasst von Rainer Zitelmann
    "Tag der Befreiung"? Der 8. Mai 1945 in der deutschen Geschichte - Seite 3 In der DDR wurde der 8. Mai 1945 als "Tag der Befreiung vom Faschismus" gefeiert. Auch im wiedervereinten Deutschland gibt es die Tendenz, die Ambivalenz des 8. Mai auszublenden, die Theodor Heuss so beschrieb: "Im Grunde genommen bleibt dieser 8. Mai 1945 die tragischste und fragwürdigste Paradoxie für jeden von uns. Warum denn? Weil wir erlöst und vernichtet in einem gewesen sind."

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