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    "Beide Backen voll Geld" (aus der Wirtschaftswoche) - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 03.04.00 09:37:12 von
    neuester Beitrag 03.04.00 17:14:02 von
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      schrieb am 03.04.00 09:37:12
      Beitrag Nr. 1 ()
      Beide Backen voll Geld

      Fondsmanager und Analysten nennen exklusiv für die Wirtschaftswoche ihre Favoriten unter den Neulingen am Neuen Markt: Die Informationen sind für Anleger Gold wert.

      Zweimal New York, viermal London, dreimal Paris, dazu mehrmals Zürich, Madrid, Mailand und einmal im Monat Frankfurt: Christian Eigen ist selten in seinem Büro. Elf Präsentationstouren („Roadshows“) durch die westlichen Finanzzentren hat der Vorstand der Medion AG seit dem Börsengang vor 13 Monaten hinter sich. „Als Neuling muss man jede Chance nutzen, die man von den Investoren bekommt“, sagt der ehemalige Banker .

      Die Reisekosten haben sich ausgezahlt: Der Elektronikvermarkter aus dem Ruhrgebiet ist der Sieger im Wirtschaftswoche-Ranking der Börsenneulinge am Neuen Markt. Für die Rangliste befragte die renommierte Stuttgarter Wolff & Häcker Finanzconsulting (whf) exklusiv im Auftrag der Wirtschaftswoche 60 wichtige Broker, Banken sowie Fonds- und Portfoliomanager nach ihren Lieblingen am Neuen Markt.

      Unter den 140 Gesellschaften, die 1999 den Sprung an das Wachstumssegment der Börse wagten, findet Medion bei den Aktienprofis das größte Interesse. Knapp dahinter folgen der Softwareentwickler Broadvision und die Multimediaagentur Pixelpark.

      Drei der Top 20, nämlich Medion, Adva und Steag Hamatech sind auch im Wirtschaftswoche-Portfolio aus Aktien des Neuen Marktes (Heft 43/1999). Seit Oktober haben diese Unternehmen rund 204 Prozent Kursgewinn gebracht – deutlich mehr noch als der Neue-Markt-Index Nemax 50, der rund 140 Prozent kletterte. Die Schlusslichter der Wirtschaftswoche-Befragung wiesen im besten Fall eine unstetige, in der Regel aber eine fallende Tendenz auf – Beweis dafür, wie wichtig eine gute Meinung der Analysten und institutionellen Investoren über eine Aktie auch für den Depoterfolg des Privatanlegers ist.

      Aber nicht nur deshalb ist es für Aktionäre Gold wert wissen, wie gut ihre Papiere bei den Profis ankommen. Fundierte Analysen gibt es nur von sehr großen oder von viel versprechenden Unternehmen. Die Broker setzen nur dann ihre hoch bezahlten Analysten auf eine Aktie an, wenn sie hohe Umsätze mit dem Papier erwarten.

      Wenn viele Analysten und Fondsmanager dagegen an einer Aktie interessiert sind, erfahren auch private Anleger schneller, wenn etwas schief läuft. „Die Gefahr, dass man ein Luftschloss kauft, ist niedriger“, sagt André Köttner, Fondsmanager bei Union Investment in Frankfurt.

      Die Siegeraktien unserer Rangliste werden von mindestens 10 bis 15 Banken und Brokerhäusern akribisch beobachtet. Klassiker des Neuen Marktes wie Mobilcom, EM.TV oder Kinowelt bringen es zwar auf noch mehr Analysten: Die Chance, unter ihnen noch unentdeckte Schätze zu finden, geht aber gegen null.

      Anders ist das bei Börsenneulingen. Wer wie die Spitzenreiter des Wirtschaftswoche-Rankings von Beginn an im Fokus des Anlegerinteresses steht, hat auch langfristig gute Kurschancen – selbst wenn die Aktie gegenüber dem Ausgabekurs schon um einige Hundert Prozent gestiegen ist. „Starkes Interesse der Institutionellen ist ein Indikator für eine einzigartige Story“, sagt whf-Vorstandsmitglied und Untersuchungsleiter Hendrik Wolff.

      Um die Schlusslichter unseres Rankings kümmern sich dagegen im besten Fall noch ein oder zwei Banken aus dem Emissionskonsortium, weil sie sich beim Börsengang dazu verpflichtet haben.

      Das hat traurige Konsequenzen. „Viele Aktien verschwinden schon kurz nach ihrem Börsengang in der Bedeutungslosigkeit“, hat Finanzconsultant Wolff herausgefunden. Die Bankanalysten verlieren das Interesse, für Fondsmanager sind die Papiere schon wegen ihrer geringen Liquidität keine ernsthafte Anlagealternative. Wolff: „Wenn Werte wie Novasoft, Musicmusicmusic oder Haitec so gut wie keine Analysten davon überzeugen können, sie zu beobachten, dann ist das ein niederschmetterndes Urteil.“ Diese Aktien stecken in den Portfolios der Privaten, häufig noch aus der Zuteilung bei der Emission, und fallen langsam, aber stetig. Wenn die Branchen- oder Unternehmensentwicklung nicht wie erwartet läuft, drohen Insiderverkäufe. Anleger laufen Gefahr, erst sehr spät informiert zu werden.

      „Bisher gab es bei vielen Werten quasi automatische Kurssteigerungen“, sagt Berater Wolff, „und damit wenig Druck auf Investoren, die Aktien genau zu analysieren.“ Doch das ändere sich nun.

      Die Zeiten sind härter geworden am Neuen Markt. „Wir sind in einer Phase extremer Unsicherheit“, warnt Christoph Benner, Analyst der Deutschen Bank. „Die Kaufpanik könnte von einer Verkaufspanik abgelöst werden“, schrieben Benner und seine Analystenkollegen Mitte Februar über ihre Neue-Markt-Studie. Seit Mitte März hat der Neue-Markt-Index Nemax All Share 15 Prozent verloren.

      Einer der Gründe: Die vielen Neuemissionen saugen Liquidität aus dem Markt. Viele Anleger zeichnen lieber neue Papiere und hoffen auf schnelle Gewinne, statt ihr Geld in ältere Aktien zu stecken. Zusätzlich belastend: Immer wieder kommen Gerüchte auf, dass bei einigen Titeln die Altaktionäre die immer noch hohen Kursniveaus nutzen wollen, um schnell Kasse zu machen. Wegen dieser Nervosität der Käufer von Technologiewerten lief in der vergangenen Woche der Dax an mehreren Tagen besser als der Neue Markt – ein ungewohntes Bild.

      Einen generellen Favoritenwechsel, weg von der New Economy zurück zu den Werten aus klassischen Branchen, kann Deutschbanker Benner allerdings nicht erkennen: „Klassische Unternehmen stießen in den vergangenen Monaten auf praktisch null Interesse. Die niedrigen Bewertungen waren sicherlich nicht gerechtfertigt. Der Markt korrigiert jetzt die Überhitzung und dreht auf das Normale zurück.“ Auf mittlere Sicht bleibe der Neue Markt, so Benner, aber nach wie vor interessanter.

      Doch vorher wird sich die Konsolidierung bei den Technologiewerten nach Einschätzung der meisten Marktbeobachter noch eine Weile fortsetzen. Kurzfristig sind deshalb auch viele der gut durchleuchteten Qualitätstitel keine Kaufempfehlung mehr . Nur für Anleger mit Geduld bieten sie gute Perspektiven, vor allem nach dem Ende der Korrekturphase.

      Überdurchschnittliche Chancen unter den 1999er Novizen dürften neben Medion noch fünf weitere Werte aus der Spitzengruppe haben:


      Senator Film zählt unter den hoch bewerteten Medienunternehmen am Neuen Markt mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von gut 30 noch zu den günstigsten. Das könnte sich bald ändern. Vorstandschef Hanno Huth baut gerade einen beachtlichen Bestand an eigenen Filmrechten auf.

      Balda dürfte weiter vom Handyboom profitieren. Die Westfalen sind Systempartner aller wichtigen Hersteller und gut 35 Prozent von ihrem Kurs-Top entfernt. Das KGV nähert sich von oben der Rate des Gewinnwachstums, so dass Langfristanleger bald wieder zukaufen sollten.

      Pixelpark ist Marktführer unter den Internetmultimediaagenturen, von denen einige sicher wieder von der Bildfläche verschwinden werden. Vorstandschef Paulus Neef expandiert weiter kräftig in Europa, zuletzt in Schweden. Kein Fonds kommt an dem Wert vorbei.

      Nemetschek ist eines der topgeführten Unternehmen am Neuen Markt. Trotz exzellenter Zahlen und guter Nachrichten leidet der Bausoftwarehersteller unter dem Preisdruck in der Branche. Das seit Jahren profitable Unternehmen hat interessante E-Commerce-Aktivitäten, die es bei einem KGV von 32 fast geschenkt dazu gibt.

      Poet Holdings hat sich auf dem wichtigen US-Markt für Business-to-Business-Software gut positioniert. Das Unternehmen ist stark in der künftig vermutlich dominierenden Internetsprache XML. Fantasie verleiht auch eine Kooperation mit Compaq.

      Langfristig sind auch viele der anderen Spitzenreiter chancenreich. „Das Ende der Fahnenstange ist noch nicht erreicht“, schätzt Benner. Einer der Gründe für die Zuversicht: „Viele institutionelle Anleger stehen vor der Tür des Neuen Marktes.“

      Der Deutschbanker kommt gerade von einer Präsentationstour vor britischen und US-Großanlegern zurück. „Viele waren bisher nicht im Markt und sagen uns, dass sie rein wollen und rein müssen.“ Zu groß ist der Druck, den die immer noch beeindruckenden Kursgewinne am Neuen Markt auf die Geldmanager ausüben. Der Neue Markt ist inzwischen der Handelsplatz Nummer eins für Wachstumswerte in Europa. Daran kommt keiner vorbei.

      Mangels Alternativen werden in den nächsten Monaten die neuen Favoriten zum größten Teil die alten sein. Zusätzlich dürfte es sich lohnen, Werte zu beobachten, die Analysten und Fondsmanager zwar auf ihrer Watchlist haben, bei denen sie aber noch nicht in vollem Umfang eingestiegen sind .

      Denn Aktiengurus und Tippgeber können Kurse zwar kurzzeitig bewegen. Für nachhaltige Kursgewinne sorgen nur Fonds und die Manager großer Portfolios, wenn sie in einen Wert einsteigen. Um rechtzeitig dabei zu sein, müssen Anleger daher wissen, wie Fondsmanager denken und ihre Favoriten finden.

      Die meisten Berufsanleger scheuen das Risiko, die Aktien kleiner und wenig transparenter Unternehmen zu kaufen: Wenn die Außenseiter abstürzen, kommt der Fondsmanager in Erklärungsnotstand. Da die Institutionellen Sicherheit wollen, sind sie bereit, bei den Kursen gut durchleuchteter Papiere Prämien zu zahlen, indem sie auch noch bei einem etwas höheren KGV zugreifen – oder deutlich höhere Verluste akzeptieren.

      Die Mitgliedschaft allein im Nemax 50, der die 50 größten Aktien des Neuen Markts abdeckt, gilt noch nicht als Qualitätsausweis. Rund 90 Prozent der Fondsmanager betreiben Stock-Picking. Anders als bei den oft dem Dax nachgebildeten Fonds der Old Economy spielt der Index am Neuen Markt nur eine untergeordnete Rolle bei der Auswahl.

      Andere Faktoren sind wichtiger. So achten mehr als 85 Prozent der von Wolff & Häcker im Auftrag der Wirtschaftswoche befragten Fondsmanager auf die Leistungsfähigkeit des Vorstands. Personen überzeugen: „Der Manager, mit dem ich rede, muss von seinem Geschäft begeistert sein“, sagt Peter Conzatti, Fondsmanager des UBS Equity Fund New Markets.

      Genauso wichtig: Das Marktsegment muss stark wachsen, und das Unternehmen sollte ein Alleinstellungsmerkmal haben. Drei Viertel der befragten Fondsmanager legen außerdem Wert auf eine hohe Liquidität der Aktie, um schnell und ohne Probleme kaufen und verkaufen zu können. 74,1 Prozent messen der Investor-Relations-Arbeit (IR) hohe oder sehr hohe Bedeutung bei.

      Das haben noch längst nicht alle Unternehmen begriffen. Sie sehen IR noch als einmalige Anstrengung rund um den Börsengang, die danach nur noch mit minimalem Aufwand weitergeführt wird. Viele Unternehmen verdonnern Marketingmitarbeiter ohne Kenntnisse der Finanzmärkte zur Investorenpflege. „Abenteuerliche Dinge“ haben Hendrik Wolff und sein Team bei den Unternehmen erlebt. Teilweise wussten die IR-Verantwortlichen nicht einmal, welcher Analyst oder Fondsmanager sich mit ihren Aktien befasst.

      Berater Wolff: „Es sollte zu denken geben, wenn nahezu alle Analysten und Fondsmanager angeben, die IR-Arbeit nicht wahrzunehmen, oder wenn sie diese durchweg als mittelmäßig oder schlecht beurteilen.“

      Unternehmen, denen es nicht gelingt, einen direkten Draht zu großen Investoren aufzubauen, werden es erst recht schwer haben, wenn erst einmal 500 oder 1000 Aktien am Neuen Markt notiert sind. „Ein einzelner Fondsmanager kann maximal 50 Werte verfolgen“, beschreibt Kötter von Union Investment seine Erfahrung.

      Immer mehr Fondsmanager fordern in jedem Quartal Einzelgespräche mit dem Vorstand und wollen schnelle Informationen. „Es spricht nicht für das Unternehmen, wenn eine E-Mail mit einer Detailfrage zur Bilanz erst nach zwei Wochen beantwortet wird.“ Unternehmen wie Pixelpark, ID-Media oder Medion schaffen das offensichtlich innerhalb eines Tages – sie bekamen die besten Noten für Investor Relations.

      Dass sie da nicht mithalten, scheint viele Konkurrenten nicht zu stören. Sie brauchen offenbar kein weiteres Kapital von ihren Anlegern, hat Merrill-Lynch-Analyst Tubeileh beobachtet: „Die haben noch beide Backen voll Geld vom Börsengang und wissen gar nicht, was sie damit machen sollen.“

      Hochmut kommt vor dem Fall. Auch am Neuen Markt.


      Quelle:
      http://www.wiwo.de/wwheft/2000/14/index.htm
      Avatar
      schrieb am 03.04.00 17:14:02
      Beitrag Nr. 2 ()
      sehr guter Beitrag!

      Phönixx


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