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    Der Preis der Lüge-oder Die Schatten der Geschichte - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 03.10.01 16:13:45 von
    neuester Beitrag 03.10.01 22:10:42 von
    Beiträge: 7
    ID: 482.202
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      schrieb am 03.10.01 16:13:45
      Beitrag Nr. 1 ()
      http://www.diewahrheits.page.cx/

      Der Preis der Lüge-oder Die Schatten der Geschichte

      Die ersten Tage nach dem Terroranschlag auf das World Trade Center und das Pentagon waren keine Sternstunde des kritisch hinterfragenden Journalismus.

      Doch es gab Ausnahmen. Eine herausragende Ausnahme ist ein Essay von Gabriele Gillen, der Beitrag wurde vom öffentlich-rechtlichen WDR 5 am 14. September um 10.40 Uhr ausgestrahlt.

      Beginnen wir mit einem einfachen Gedanken: Ein Verbrechen gegen ein menschliches Wesen steht einem anderen Verbrechen gegen ein
      menschliches Wesen in nichts nach. Ein Mensch ist so viel wert wie ein
      anderer. Denn: "Alle Menschen sind gleich geschaffen", so steht es auch in
      der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung von 1776 und die Vereinten
      Nationen beginnen ihre "Allgemeine Erklärung der Menschenrechte", die nun
      schon älter als 50 Jahre ist, mit der feierlichen Formulierung von der
      "Anerkennung der allen Mitgliedern der menschlichen Familie
      innewohnenden Würde und ihrer gleichen und unveräußerlichen Rechte" -
      eine Anerkennung, die die Grundlage von Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden
      bilde.

      Schauen wir uns um auf der Welt:

      Nein, die Menschen sind nicht gleich. Gleich geboren, aber nicht gleich
      ernährt; gleichermaßen würdig, aber nicht gleichermaßen beschützt;
      gleichberechtigt, aber nicht gleich behandelt ... Wer hungert, wird eben nicht
      satt. Wer zwischen Folterkellern lebt, lebt in der täglichen Angst um seine
      Haut. Wer verfolgt wird, kann sich kein Wohnzimmer einrichten. Wer keine
      Macht hat, ist ohnmächtig. Und wer sich verachtet fühlt, lernt den Hass.

      Alle Menschen sind gleich. Aber erleben wir ein Massaker an Afrikanern oder
      Arabern als die gleiche Katastrophe wie ein Massaker an Europäern oder
      US-Amerikanern? Ist es nicht so, dass wir dort in Afrika oder im Nahen Osten
      den rohen Umgang miteinander beinah für normal halten? Doch würden wir
      es verstehen, wenn ein Afrikaner oder ein Palästinenser ein Blutbad in
      Europa oder in den USA schlicht für das selbstverständliche Produkt einer
      Zivilisation hielte, die Auschwitz oder Hiroshima hervorgebracht hat? Der
      Umfang und die Heftigkeit der Anschläge gegen die USA mögen
      überraschend gewesen sein, doch überrascht es auch, dass die USA in
      diesen Zeiten das Opfer von gewalttätigen Attacken wird? Muss es uns
      wundern, dass in den durch Kriege und Armut und Umweltzerstörung
      verwüsteten Teilen der Erde nach einfachen Lösungen gerufen wird, nach
      Rache? Wollen wir nicht begreifen, dass der Terror nicht nur eine bösartige,
      sondern auch eine verzweifelte Antwort auf die Aufteilung der Welt in Arm und
      Reich, in Sklaven und Herrscher ist?

      Alle Menschen sind gleich. Doch die Geschichte der Eroberung Amerikas ist
      bis heute eine lange blutige Geschichte über die Missachtung von
      Menschenrechten und den Missbrauch von Macht: Die Ausrottung der
      Indianer, die Unterdrückung der Schwarzen, Hiroshima und Vietnam, Chile
      und der Nahe Osten, die Verweigerung von Schuldenerlassen oder
      Umweltauflagen. Überall auf der Welt leben Menschen in einer Situation der
      permanenten Demütigung und des ökonomischen Desasters. Und überall
      mischen die USA mit - selbstlegitimiert durch die vermeintliche Verteidigung
      der Freiheit, aber in Wahrheit immer auf der Seite des Geldes und besessen
      von der Durchsetzung des eigenen Werte- und Wirtschaftssystems. Die
      Verbrechen der Macht stehen in nichts den Verbrechen der Ohnmacht nach.

      Worum weinen wir in diesen Tagen? Für wen oder was legen wir
      Gedenkminuten ein, feiern wir Trauergottesdienste, sagen wir Gartenpartys,
      Sportveranstaltungen und Haushaltsdebatten ab? Warum unterbrechen wir
      Wahlkämpfe und warum legen wir gedämpfte Musik auf die Plattenteller der
      Rundfunkanstalten? Trauern wir tatsächlich um die Toten in den USA? Doch
      wann haben wir je in dieser Form auf die Bombardierungen von kurdischen
      Dörfern, auf das Massensterben im hungernden Afrika, auf die Erschießung
      von palästinensischen Kindern reagiert? Auf das Massaker auf dem Platz
      des Himmlischen Friedens, auf das Gemetzel der Taliban in Afghanistan, auf
      die durch Selbstmordattentäter zerfetzten Menschen in Jerusalem? Oder auf
      den Völkermord in Ruanda 1994, bei dem eine Million Frauen, Männer und
      Kinder ermordet wurden. Die gerade jetzt so viel beschworene
      Menschenverachtung erleben wir schließlich Tag für Tag. Was erschüttert uns
      also so in diesen Tagen? Die Ahnung, dass die Spirale aus Gewalt und
      Gegengewalt immer seltener vor den Türen der "Ersten Welt" halt machen
      wird? Das plötzliche Wissen um die Zerbrechlichkeit unserer mit Beton und
      Konsum und Seifenopern von Elend und realer Verzweiflung abgeschirmten
      Welt? Oder erschüttert uns vielleicht auch die Erkenntnis, dass unsere
      sogenannte Zivilisation auf einer Lüge aufgebaut ist; dass wir unsere Hände
      nicht länger in Unschuld waschen können; dass das World Trade Center und
      das Pentagon nicht nur für Tausende von unschuldigen Opfern, sondern auch
      für Tausende von Tätern stehen, die Kriege inszenieren, Waffen verkaufen
      und Hungersnöte in Kauf nehmen, wenn es den Börsenkursen dient? Die
      terroristischen Anschläge in den USA - ein Menetekel, eine Unheil kündende
      Prophezeiung? Doch wem oder was sagt die mit Flammen und
      Rauchzeichen in den Himmel geschriebene Geisterschrift dieses Mal ihren
      Untergang voraus? Der letzten Großmacht USA oder der zügellosen Gewalt
      des Geldes? Was können wir erkennen im globalen Nebel zu Beginn des
      dritten Jahrtausends?

      Trotz der pausenlosen Wiederholung dieser Floskel in den vergangenen
      Tagen - es stimmt nicht, dass sich die Welt durch den Zusammenbruch des
      World Trade Centers verändert hat. Verändert hat sich die Silhouette von
      New York. Ansonsten ist die Welt die gleiche geblieben. Überall Probleme,
      für die niemand eine Lösung hat oder auch nur zu haben vorgibt. Die selben
      Kriege, der selbe Hunger, die selbe Hoffnungslosigkeit... Die dramatischen
      Anschläge in den USA verändern nichts, sie zeigen nur, dass immer
      aufsgefeiltere Waffensysteme im Besitz der NATO oder anderer Staaten
      immer ausgefeiltere Terroraktionen bedingen. Die Kriegserklärung gegen
      die USA hat eine Vorgeschichte. Denn Terroraktionen dieser Art entstehen
      auf einem politischen, sozialen und ideologischen Nährboden, in einem
      Klima aus Hass und Intoleranz und Rassismus. Wenn Bundeskanzler
      Schröder nun von einer "Kriegserklärung an die gesamte zivilisierte Welt"
      spricht, schreibt er die Spaltung der Welt schon wieder fort. Wer nicht zu uns
      gehört, ist also unzivilisiert. Nein, die Welt hat sich nicht verändert. Sie ist
      leider genau so wie zuvor. Meistens jedoch sterben die Menschen stiller und
      nicht so spektakulär.

      Ich stehe, trotz aller Beschwörungen der Anständigen, nicht auf der Seite von
      Amerika und ich empfinde die grausamen Terroranschläge auch nicht als
      einen Anschlag auf mein moralisches Wertesystem. Ich halte die USA nicht
      für eine Demokratie und ihre Regierung nicht für eine Hüterin der
      Menschenrechte, nicht für moralisch legitimiert, moralische Urteile zu fällen.

      Aber ich trauere um die Toten in New York und Washington so wie um die
      zivilen Opfer im Kosovo-Krieg oder die verbrannten Flüchtlinge in deutschen
      Asylbewerberheimen... Wenn wir aber in Deutschland die Musterschüler im
      symbolischen Trauern mimen wollen, dann bin ich dafür, alle
      Sportveranstaltungen und Oktoberfeste und Messe-Galas abzusagen bis zu
      jenem Tag, an dem es Gerechtigkeit gibt auf der Welt. Und bis zur Einlösung
      der UNO-Erklärung zu den Menschenrechten plädiere ich auch für die
      dauerhafte Unterbrechung von inhaltsleeren Wahlkämpfen und für tägliche
      Gedenkminuten.

      Ohne Gerechtigkeit keine Sicherheit. Nicht noch mehr Waffen, nicht noch
      mehr Sicherheits-Kontrollen, nicht noch mehr Mauern gegen die Armut und
      das Fremde machen die Welt und unser Leben sicherer, sondern sozialer
      und ökonomischer Ausgleich, der entschiedene und demokratische Kampf
      gegen die Verwüstungen des Kapitals, Toleranz und Kultur... Auch wir hier in
      den Medien sind gefordert. Wir müssen die Täter und die Zusammenhänge
      beim Namen nennen: Wer profitiert von Massenentlassungen oder
      Hungersnöten, wer verweigert des Profites wegen welche Medikamente für
      Afrika, wer hat die Albaner in Mazedonien eigentlich bewaffnet - und wer die
      Gefolgsleute des Terroristen Bin Laden? Waren das nicht die Deutschen und
      die USA? Wir müssen uns der Propaganda und der freiwilligen
      Gedankengleichschaltung entziehen. Und schon jetzt unsere Stimmen gegen
      einen drohenden Krieg erheben. Und dagegen, dass die USA gemeinsam
      mit ihren Verbündeten hinter der Pose der Betroffenheit und auf der Suche
      nach Schuldigen gegen jeden vorgehen, der berechtigt gegen die politische
      Dominanz der USA kämpft.

      Wie könnten wir besser der vielen Toten gedenken, der zahllosen Opfer von
      sinnloser Gewalt und gezieltem Terror, als mit dem gemeinsamen Bemühen
      darum, dass sich die Welt tatsächlich ändert?!
      Avatar
      schrieb am 03.10.01 16:52:21
      Beitrag Nr. 2 ()
      Sehr gut von Frau Gillen geschrieben.
      Stimme voll zu.
      Avatar
      schrieb am 03.10.01 17:00:34
      Beitrag Nr. 3 ()
      zustimmung!
      Avatar
      schrieb am 03.10.01 19:16:48
      Beitrag Nr. 4 ()
      Aber die Propagandamaschine läuft und läuft,
      leider !


      H.
      Avatar
      schrieb am 03.10.01 20:18:36
      Beitrag Nr. 5 ()
      Respekt !

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      Avatar
      schrieb am 03.10.01 21:00:07
      Beitrag Nr. 6 ()
      Die öffentlich-rechtlichen Sender gewähren vielen Feinden der westlichen Zivilisation Unterschlupf, so auch Frau Gillen. Dort trauern diese um das Ende der 68er Illusionen und beschränken sich darauf, amerikafeindliche Propaganda zu verbreiten.
      In deren Koordinatensystem ist wirtschaftlicher Rationalismus "zerstörerischer Kapitalismus", als ob die (halb-)planwirtschaftlichen Systeme des Ostblocks, Chinas, Indiens oder Afrikas Öko-Oasen (gewesen) wären.
      Sie jammern über Rassismus und Intoleranz, als ob diese nicht in der Dritten Welt längst vor Ankunft der europäischen Zivilisation vorhanden gewesen wären und als ob diese nicht von den Menschen in der Dritten Welt selbst überwunden werden müssten.
      Sie reiten auf der seit langem abgeschafften Sklaverei in den USA herum, anstatt die immer noch existierende Sklaverei in Mauretanien und anderen nordafrikanischen Staaten anzuprangern.
      Sie denken, der Wohlstand der westlichen Welt sei auf dem Elend der Dritten Welt aufgebaut, als ob es dort nicht Ursachen für die Unterentwicklung gäbe wie Ausbeutung der Bevölkerung durch die lokalen Eliten, die zudem an Demokratisierung nicht interessiert sind, Kapitalflucht aufgrund unsicherer wirtschaftlicher, monetärer und rechtlicher Bedingungen, Mangel an Bildung, ethnische und religiöse Bürgerkriege, Korruption, mangelnder Unternehmergeist usw. Sobald der Westen diese Bedingungen zu ändern versucht, wird dies als "Imperialismus" und "ungerechtfertigte Einmischung" diffamiert, zuallererst von Leuten wie Frau Gillen.
      Hauptsache, frau kann sich "kritisch" geben.
      Avatar
      schrieb am 03.10.01 22:10:42
      Beitrag Nr. 7 ()
      @gholzbauer,
      ..Sobald der Westen diese Bedingungen zu ändern versucht..

      Das Problem besteht eben darin, dass Du nicht verstehst, dass der Westen diese Bedingungen erzeugt.


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