Helmut Schmidt: Stolz und Bescheidenheit - 500 Beiträge pro Seite
eröffnet am 05.07.07 08:12:26 von
neuester Beitrag 09.07.07 18:55:44 von
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Ein klasse Realpolitiker! Ich habe ihn immer gemocht!
dickdiver
http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,492375,00.h…
Stolz und Bescheidenheit
Von Reinhard Mohr
Die ARD sendet heute Abend ein außergewöhnliches Feature über den Alt-Kanzler Helmut Schmidt. Sandra Maischberger porträtiert darin einen elder statesman, der aus einer anderen Epoche zu stammen scheint - samt Reihenhaus, Kellerbar und eigener Meinung.
Es ist die Saison der alten Männer. Ob Günter Grass oder Martin Walser, ob Dieter Hildebrandt, Richard von Weizsäcker, Heiner Geißler oder Peter Scholl-Latour - sie alle stehen in diesen Tagen wieder im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. Dabei scheint es fast egal, ob es um eine vermeintliche Mitgliedschaft in der NSDAP, ein neues Buch oder eine polemische Wortmeldung geht. Die Achtzigjährigen sind präsent wie nie - mitten im voll globalisierten Jugendwahn. Und ganz gleich, ob man sich freut oder ärgert - man hört ihnen zu und reagiert auf sie.
Maischberger-Dokumentation "Helmut Schmidt außer Dienst": "Es wird ein schlimmes Jahrhundert werden"
Das kann nur einen Grund haben: Es wird sonst, politisch wie intellektuell, nicht allzu viel geboten in Zeiten, da der SPD-Vorsitzende und mögliche Kanzlerkandidat Kurt Beck heißt, der auf seiner jüngsten Afrikareise Weisheiten wie diese verbreitete: "Meine Mutter hat immer gesagt: Die Treppe wird von oben gekehrt."
Wenn das kein Tipp zur Entwicklungshilfe ist.
Helmut Schmidt sagt da lieber etwas anderes: "Es wird ein schlimmes Jahrhundert werden." Er meint das 21., und er meint es ernst. Heute Abend, gleich nach den "Tagesthemen" um 22.45 Uhr, widmet das Erste dem inzwischen 88-Jährigen volle 90 Minuten für ein außergewöhnliches Porträt des Alt-Kanzlers und "Zeit"-Herausgebers. Titel: "Helmut Schmidt außer Dienst". So soll auch sein neues Buch heißen, das 2008 herauskommt.
Über vier Jahre lang haben Sandra Maischberger und Jan Kerhart Helmut Schmidt auf seinen Reisen nach Amerika und China begleitet, Gespräche mit alten Weggefährten wie Henry Kissinger beobachtet und zugleich immer wieder recht intime Momente festgehalten, bei denen sonst meist abgeblendet wird.
Doch auch zu Hause in Hamburg-Langenhorn, am Brahmsee und im brandenburgischen Kloster Chorin haben die Autoren Loki und Helmut Schmidt getroffen. Die meisten Begegnungen stammen aus den Jahren 2003 und 2004, die letzten Szenen aus dem Sommer 2006.
Dies ist nicht Sandra Maischbergers erster Film über Helmut Schmidt, aber wohl ihr bester. Er versucht erst gar nicht, die Lebensstationen brav chronologisch abzuhandeln, Verdienste zu würdigen und die berüchtigten "Zeitzeugen" zu befragen, auch wenn immer wieder biographische Sequenzen mit alten Aufnahmen eingeblendet werden.
Konkurrenzlos nüchtern
In dieser erstaunlich leicht und gleichwohl dicht komponierten Dokumentation geht es vielmehr um eine subtile, von Krankheiten und anderen Imponderabilien immer wieder unterbrochene Annäherung an eine Person, die tatsächlich aus einem anderen Jahrhundert zu kommen scheint. So gegenwärtig und präzise, ja, brillant der Nachfolger Willy Brandts im Kanzleramt sich trotz Gehhilfe und Schwerhörigkeit immer noch präsentiert, so scheint er doch einer anderen Epoche zu entstammen. Nicht nur sein Englisch, etwa während einer Rede vor dem Harvard Club in New York, ist dramatisch besser als das Deutsch aller versammelten Generalsekretäre der Bundestagsparteien. Auch der immerwährende Versuch, Zusammenhänge zu begreifen und beim Namen zu nennen, hat etwas Erfrischendes, selten Gewordenes, Außerordentliches.
Schmidt hat das schon immer gemacht, aber jetzt erst fällt es richtig auf, denn es gibt praktisch keine Konkurrenz mehr auf dem Gebiet einer nüchternen, klaren und dennoch rhetorisch funkelnden Weltbetrachtung - in der politischen Klasse schon gar nicht.
Mag sein, dass dies auch zum Privileg der elder statesmen gehört, die keine Rücksicht mehr nehmen müssen auf Wiederwahl, Parteiposten und die nächste Forsa-Umfrage. Andererseits schließt dies auch grandiose Irrtümer, blühenden Unsinn und steile Fehlprognosen nicht aus. Aber das Bewegendste an diesem Feature, das eben keine "Home-Story" ist, bleibt die biographisch beglaubigte Melancholie der Vernunft, deren historische Siege immer wieder vom irdischen Gang der Dinge bedroht sind, im Großen wie im Kleinen, in der Weltpolitik wie im Privaten.
"War ich ein Optimist?", fragt Helmut Schmidt sich und seine Frau Loki? "Nein. War ich ein Pessimist? Nein." Dann hilft Loki weiter: "Realisten" seien sie beide schon immer gewesen, von Anfang an. Hoffnungsvolle Skeptiker. Wahrscheinlich waren sie es schon 1929, als sie in dieselbe Schulklasse gingen, 1935 erste zarte Küsse tauschten, sich ein paar Jahre später am Berliner U-Bahnhof Nollendorfplatz verlobten und dennoch nicht ahnen konnten, dass sie ein Paar fürs Leben werden würden. "Ganz erstaunlich" sei das, sagt Schmidt nach sechzig Ehejahren in gebotener Zurückhaltung. "Soll erstmal einer nachmachen."
"Das muss man hinnehmen"
Ansonsten aber bleibt es dabei: "Emotionen sind sowieso nie meine starke Seite gewesen." Zweimal geweint habe er wohl im ganzen Leben. Das eine Mal muss im Frühjahr 1945 gewesen sein, als er, Soldat an der Ostfront, Loki glücklich wieder traf.
"Betroffenheit", die Leitkultur der Linken aus den achtziger Jahren, war ihm jedenfalls immer suspekt gewesen. Er hielt es lieber mit Kant und Mark Aurel, dem deutschen Philosophen der Aufklärung und dem römischen Philosophen der Abklärung. Vernunft und Gelassenheit sind Schmidts Leitwährungen bis heute, und auf diesem eher trocken-rationalen Hintergrund wirken einige Filmmomente durchaus melodramatisch, tränendrüsenwirksam. So, als er dem alten Freund Henry Kissinger beim Abschied - womöglich zum letzten Mal - hinterher schaut und dann mit dem Stock wieder ins Hamburger Reihenhaus humpelt, so, wenn er kurz über die fünf Fehlgeburten seiner Frau und den sehr frühen Tod des einzigen Sohnes kurz vor Kriegsende spricht, um zu resümieren: "Das muss man hinnehmen."
Hinnehmen musste er auch, dass er von den Linken in- und außerhalb der SPD gern als bloßer "Macher" abgestempelt wurde, als theorieloser Pragmatiker, der es mit der normativen Kraft des Faktischen hält, kurz: als "Büttel" des kapitalistischen Systems.
Zugegeben und Pardon: Auch mir schien Helmut Schmidts geschäftsmäßige Kälte damals, in den späten siebziger Jahren, geradezu eine Bestätigung dieses Zerrbilds zu sein. Heute bin ich um jeden froh in diesem Lande, der noch klar denken und sprechen kann und es mit Argumenten versucht statt mit ideologischen Ressentiments und kruden Verschwörungstheorien.
Rauchen bis die Feuerwehr kommt
So war Helmut Schmidt auch nie Pazifist im klassischen Sinne, obwohl er in den fünfziger Jahren gegen Wiederbewaffnung und Atomrüstung demonstriert hat. Später initiierte er die Nato-Nachrüstung gegen die sowjetischen SS-20-Raketen, und heute kritisiert er all "jene Leute", vor allem Bush und Co., "die über Krieg und Frieden entscheiden und gar keine Ahnung haben, was Krieg ist".
Seine Lebensweise hat Helmut Schmidt auch nach dem vierten Herzschrittmacher nicht geändert, und so ist er wahrscheinlich der einzige Deutsche, der in einem amerikanischen Restaurant raucht. Jedenfalls so lange, bis die Feuerwehr anrückt.
Respekt ist ihm sowieso wichtiger als Liebe, und die Zuneigung mancher Fans bei öffentlichen Auftritten, die Autogramme und wer weiß was noch haben wollen, nachgerade "lästig". Kardinal Ratzinger, unterdessen Papst geworden, hält er für "rechthaberisch" und moraltheologisch völlig unbefugt, über Liebesbeziehungen, Kinderkriegen und Verhütung zu urteilen, weil er von diesen Dingen ja gar keine Ahnung habe.
Im Grunde ist Helmut Schmidt der letzte Bundesbürger im wiedervereinten Deutschland - mit Reihenhaus, Kellerbar und eigener Meinung.
Ob er Stolz auf seine eigentümlich protestantische Bescheidenheit hege, fragt Sandra Maischberger.
"So ist es richtig gesagt", antwortet Helmut Schmidt.
dickdiver
http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,492375,00.h…
Stolz und Bescheidenheit
Von Reinhard Mohr
Die ARD sendet heute Abend ein außergewöhnliches Feature über den Alt-Kanzler Helmut Schmidt. Sandra Maischberger porträtiert darin einen elder statesman, der aus einer anderen Epoche zu stammen scheint - samt Reihenhaus, Kellerbar und eigener Meinung.
Es ist die Saison der alten Männer. Ob Günter Grass oder Martin Walser, ob Dieter Hildebrandt, Richard von Weizsäcker, Heiner Geißler oder Peter Scholl-Latour - sie alle stehen in diesen Tagen wieder im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. Dabei scheint es fast egal, ob es um eine vermeintliche Mitgliedschaft in der NSDAP, ein neues Buch oder eine polemische Wortmeldung geht. Die Achtzigjährigen sind präsent wie nie - mitten im voll globalisierten Jugendwahn. Und ganz gleich, ob man sich freut oder ärgert - man hört ihnen zu und reagiert auf sie.
Maischberger-Dokumentation "Helmut Schmidt außer Dienst": "Es wird ein schlimmes Jahrhundert werden"
Das kann nur einen Grund haben: Es wird sonst, politisch wie intellektuell, nicht allzu viel geboten in Zeiten, da der SPD-Vorsitzende und mögliche Kanzlerkandidat Kurt Beck heißt, der auf seiner jüngsten Afrikareise Weisheiten wie diese verbreitete: "Meine Mutter hat immer gesagt: Die Treppe wird von oben gekehrt."
Wenn das kein Tipp zur Entwicklungshilfe ist.
Helmut Schmidt sagt da lieber etwas anderes: "Es wird ein schlimmes Jahrhundert werden." Er meint das 21., und er meint es ernst. Heute Abend, gleich nach den "Tagesthemen" um 22.45 Uhr, widmet das Erste dem inzwischen 88-Jährigen volle 90 Minuten für ein außergewöhnliches Porträt des Alt-Kanzlers und "Zeit"-Herausgebers. Titel: "Helmut Schmidt außer Dienst". So soll auch sein neues Buch heißen, das 2008 herauskommt.
Über vier Jahre lang haben Sandra Maischberger und Jan Kerhart Helmut Schmidt auf seinen Reisen nach Amerika und China begleitet, Gespräche mit alten Weggefährten wie Henry Kissinger beobachtet und zugleich immer wieder recht intime Momente festgehalten, bei denen sonst meist abgeblendet wird.
Doch auch zu Hause in Hamburg-Langenhorn, am Brahmsee und im brandenburgischen Kloster Chorin haben die Autoren Loki und Helmut Schmidt getroffen. Die meisten Begegnungen stammen aus den Jahren 2003 und 2004, die letzten Szenen aus dem Sommer 2006.
Dies ist nicht Sandra Maischbergers erster Film über Helmut Schmidt, aber wohl ihr bester. Er versucht erst gar nicht, die Lebensstationen brav chronologisch abzuhandeln, Verdienste zu würdigen und die berüchtigten "Zeitzeugen" zu befragen, auch wenn immer wieder biographische Sequenzen mit alten Aufnahmen eingeblendet werden.
Konkurrenzlos nüchtern
In dieser erstaunlich leicht und gleichwohl dicht komponierten Dokumentation geht es vielmehr um eine subtile, von Krankheiten und anderen Imponderabilien immer wieder unterbrochene Annäherung an eine Person, die tatsächlich aus einem anderen Jahrhundert zu kommen scheint. So gegenwärtig und präzise, ja, brillant der Nachfolger Willy Brandts im Kanzleramt sich trotz Gehhilfe und Schwerhörigkeit immer noch präsentiert, so scheint er doch einer anderen Epoche zu entstammen. Nicht nur sein Englisch, etwa während einer Rede vor dem Harvard Club in New York, ist dramatisch besser als das Deutsch aller versammelten Generalsekretäre der Bundestagsparteien. Auch der immerwährende Versuch, Zusammenhänge zu begreifen und beim Namen zu nennen, hat etwas Erfrischendes, selten Gewordenes, Außerordentliches.
Schmidt hat das schon immer gemacht, aber jetzt erst fällt es richtig auf, denn es gibt praktisch keine Konkurrenz mehr auf dem Gebiet einer nüchternen, klaren und dennoch rhetorisch funkelnden Weltbetrachtung - in der politischen Klasse schon gar nicht.
Mag sein, dass dies auch zum Privileg der elder statesmen gehört, die keine Rücksicht mehr nehmen müssen auf Wiederwahl, Parteiposten und die nächste Forsa-Umfrage. Andererseits schließt dies auch grandiose Irrtümer, blühenden Unsinn und steile Fehlprognosen nicht aus. Aber das Bewegendste an diesem Feature, das eben keine "Home-Story" ist, bleibt die biographisch beglaubigte Melancholie der Vernunft, deren historische Siege immer wieder vom irdischen Gang der Dinge bedroht sind, im Großen wie im Kleinen, in der Weltpolitik wie im Privaten.
"War ich ein Optimist?", fragt Helmut Schmidt sich und seine Frau Loki? "Nein. War ich ein Pessimist? Nein." Dann hilft Loki weiter: "Realisten" seien sie beide schon immer gewesen, von Anfang an. Hoffnungsvolle Skeptiker. Wahrscheinlich waren sie es schon 1929, als sie in dieselbe Schulklasse gingen, 1935 erste zarte Küsse tauschten, sich ein paar Jahre später am Berliner U-Bahnhof Nollendorfplatz verlobten und dennoch nicht ahnen konnten, dass sie ein Paar fürs Leben werden würden. "Ganz erstaunlich" sei das, sagt Schmidt nach sechzig Ehejahren in gebotener Zurückhaltung. "Soll erstmal einer nachmachen."
"Das muss man hinnehmen"
Ansonsten aber bleibt es dabei: "Emotionen sind sowieso nie meine starke Seite gewesen." Zweimal geweint habe er wohl im ganzen Leben. Das eine Mal muss im Frühjahr 1945 gewesen sein, als er, Soldat an der Ostfront, Loki glücklich wieder traf.
"Betroffenheit", die Leitkultur der Linken aus den achtziger Jahren, war ihm jedenfalls immer suspekt gewesen. Er hielt es lieber mit Kant und Mark Aurel, dem deutschen Philosophen der Aufklärung und dem römischen Philosophen der Abklärung. Vernunft und Gelassenheit sind Schmidts Leitwährungen bis heute, und auf diesem eher trocken-rationalen Hintergrund wirken einige Filmmomente durchaus melodramatisch, tränendrüsenwirksam. So, als er dem alten Freund Henry Kissinger beim Abschied - womöglich zum letzten Mal - hinterher schaut und dann mit dem Stock wieder ins Hamburger Reihenhaus humpelt, so, wenn er kurz über die fünf Fehlgeburten seiner Frau und den sehr frühen Tod des einzigen Sohnes kurz vor Kriegsende spricht, um zu resümieren: "Das muss man hinnehmen."
Hinnehmen musste er auch, dass er von den Linken in- und außerhalb der SPD gern als bloßer "Macher" abgestempelt wurde, als theorieloser Pragmatiker, der es mit der normativen Kraft des Faktischen hält, kurz: als "Büttel" des kapitalistischen Systems.
Zugegeben und Pardon: Auch mir schien Helmut Schmidts geschäftsmäßige Kälte damals, in den späten siebziger Jahren, geradezu eine Bestätigung dieses Zerrbilds zu sein. Heute bin ich um jeden froh in diesem Lande, der noch klar denken und sprechen kann und es mit Argumenten versucht statt mit ideologischen Ressentiments und kruden Verschwörungstheorien.
Rauchen bis die Feuerwehr kommt
So war Helmut Schmidt auch nie Pazifist im klassischen Sinne, obwohl er in den fünfziger Jahren gegen Wiederbewaffnung und Atomrüstung demonstriert hat. Später initiierte er die Nato-Nachrüstung gegen die sowjetischen SS-20-Raketen, und heute kritisiert er all "jene Leute", vor allem Bush und Co., "die über Krieg und Frieden entscheiden und gar keine Ahnung haben, was Krieg ist".
Seine Lebensweise hat Helmut Schmidt auch nach dem vierten Herzschrittmacher nicht geändert, und so ist er wahrscheinlich der einzige Deutsche, der in einem amerikanischen Restaurant raucht. Jedenfalls so lange, bis die Feuerwehr anrückt.
Respekt ist ihm sowieso wichtiger als Liebe, und die Zuneigung mancher Fans bei öffentlichen Auftritten, die Autogramme und wer weiß was noch haben wollen, nachgerade "lästig". Kardinal Ratzinger, unterdessen Papst geworden, hält er für "rechthaberisch" und moraltheologisch völlig unbefugt, über Liebesbeziehungen, Kinderkriegen und Verhütung zu urteilen, weil er von diesen Dingen ja gar keine Ahnung habe.
Im Grunde ist Helmut Schmidt der letzte Bundesbürger im wiedervereinten Deutschland - mit Reihenhaus, Kellerbar und eigener Meinung.
Ob er Stolz auf seine eigentümlich protestantische Bescheidenheit hege, fragt Sandra Maischberger.
"So ist es richtig gesagt", antwortet Helmut Schmidt.
Wäre er 30 Jahre jünger,hätten wir einen Kanzler mit 80% Zustimmung.
das lief aber schon gestern abend ..
Antwort auf Beitrag Nr.: 30.498.586 von VanGillen am 05.07.07 08:16:16Wunschträume mit der 80% Zustimmung,
die deutsche Realität hieß damals Helmut Kohl und heute Angela Merkel.
Darüberhinaus ist und war der H. Schmidt auch nur ein Gefolgsmann der USA(Nato Doppelbeschluss), hat die Zeichen seiner Zeit verkannt und der SPD die erste Spaltung eingefahren, schon vergessen?
Gruß Kirschkern
die deutsche Realität hieß damals Helmut Kohl und heute Angela Merkel.
Darüberhinaus ist und war der H. Schmidt auch nur ein Gefolgsmann der USA(Nato Doppelbeschluss), hat die Zeichen seiner Zeit verkannt und der SPD die erste Spaltung eingefahren, schon vergessen?
Gruß Kirschkern
Ein Politiker seines Formats fehlt uns heute. Für mich immer noch unglaublich, daß dieser Mann von einer Nullnummer abgelöst wurde. Allerdings ist auch er an der eigenen Partei gescheitert, ähnlich wie Schröder Jahre später. Ein Mensch, der versucht hat, das als richtig Erkannte entsprechend umzusetzen, auch gegen Widerstände der eigenen Gefolgsleute.
Klar ist Schmid ein ganz Grosser und zu seinen Zeiten konnte man die SPD noch anstandslos wählen ...
... aber ihr dürft hier folgendes nicht verwechseln:
Ein Elder Statesman, ausserhalb jeder Verantwortung, redet sich immer leichter, vor allem die Wahrheit und sammelt immer leichter Sympathiepunkte, als ein Kanzler(In), der/die sich in den Wirren der Tagespolitik auseinandersetzen und mit aktuellen Problemen rumschlagen muss.
Dennoch: leider habe ich dieses Protrait gestern verpasst, ich war einfach wirlklich zu müde. Hoffentlich wird es bald wiederholt ... dank PHOENIX/3SAT und ARTE stehen die Chancen dafür ja wohl nicht schlecht!
... aber ihr dürft hier folgendes nicht verwechseln:
Ein Elder Statesman, ausserhalb jeder Verantwortung, redet sich immer leichter, vor allem die Wahrheit und sammelt immer leichter Sympathiepunkte, als ein Kanzler(In), der/die sich in den Wirren der Tagespolitik auseinandersetzen und mit aktuellen Problemen rumschlagen muss.
Dennoch: leider habe ich dieses Protrait gestern verpasst, ich war einfach wirlklich zu müde. Hoffentlich wird es bald wiederholt ... dank PHOENIX/3SAT und ARTE stehen die Chancen dafür ja wohl nicht schlecht!
Antwort auf Beitrag Nr.: 30.498.787 von Kirschkern1 am 05.07.07 08:42:06Du hättest lieber Honecker an dessen Stelle gesehen !
Antwort auf Beitrag Nr.: 30.498.787 von Kirschkern1 am 05.07.07 08:42:06kirschkern,
helmut schmidt war der einzige realpolitiker der je an der spitze der spd stand und diese für die mehrheit wählbar machte.
das haben die funktionäre der spd schnell erkannt und ihn abgeschossen.
helmut schmidt war der einzige realpolitiker der je an der spitze der spd stand und diese für die mehrheit wählbar machte.
das haben die funktionäre der spd schnell erkannt und ihn abgeschossen.
Helmut Schmidt
War das nicht der Kanzler, der in der Wehrmacht als Oberleutnant gedient hat ???
War das nicht der Kanzler, der in der Wehrmacht als Oberleutnant gedient hat ???
Antwort auf Beitrag Nr.: 30.499.356 von jaujazu am 05.07.07 09:26:55Und nun? Was bezweckst du mit dieser Frage?
#10
Ich wundere mich nur, dass hier immer wieder mit 2erlei Maß gemessen wird.
Stell dir mal vor Schmidt wär in der CDU gewesen, was hätten die Gutmenschen ihn zerissen.
Ich wundere mich nur, dass hier immer wieder mit 2erlei Maß gemessen wird.
Stell dir mal vor Schmidt wär in der CDU gewesen, was hätten die Gutmenschen ihn zerissen.
Antwort auf Beitrag Nr.: 30.499.696 von jaujazu am 05.07.07 09:47:06Zählst du dich zu den Kleingeistern, die so etwas machen?
Antwort auf Beitrag Nr.: 30.498.890 von technostud am 05.07.07 08:53:10@ techno: Wie fast immer ein dickes *unterschreib* von mir.
Gruß
dick
Gruß
dick
Man kann auch seriös Geld verdienen, Helmut Schmidt zeigt wie´s geht. Die heutigen Politiker dürften aber den A....zu weit unten haben. So kommen sie aus der behüteten Beamtenecke und gieren auf Beratertätigkeiten, überbezahlte Gutachten oder sogar auf Aufsichtsratsposten oder gleich nach Ausscheiden bei getaner Lobbyarbeit auf Vorstandsposten in den AG`s.
Schöne neue Welt! Natürlich rechtlich unanfechtbar.
Schöne neue Welt! Natürlich rechtlich unanfechtbar.
#dickdiver Neee........
Habe ja nichts gegen Schmidt ... wollte nur darauf hinweisen, wenn die nächste Welle gegen Merkel kommt ...
Habe ja nichts gegen Schmidt ... wollte nur darauf hinweisen, wenn die nächste Welle gegen Merkel kommt ...
Das zweite Mal hat er geweint, als die Meldung kam, dass alle Geiseln in Mogadischu lebend befreit werden konnten, nachdem er den Zugriff durch die GSG 9 befohlen hat.
Dem Burschen muss es wirklich grauen, wenn er das aktuelle Politikervolk übers Parkett stolpern sieht
Dem Burschen muss es wirklich grauen, wenn er das aktuelle Politikervolk übers Parkett stolpern sieht
#1
Von dem sollten sich die heutigen SPDler mal eine Scheibe abschneiden.
Von dem sollten sich die heutigen SPDler mal eine Scheibe abschneiden.
Antwort auf Beitrag Nr.: 30.499.356 von jaujazu am 05.07.07 09:26:55Du hattest schon mal bessere Sprüche drauf.Es hätte womöglich nicht viel gefehlt und Helmut Schmidt nebst dessen Vater wäre es selbst an den Kragen gegangen.
Wieviele Ex-Nazis machten wohl in den C-Parteien nach dem Krieg Karriere?
Wohlgemerkt,Helmut Schmidt war kein Nazi.
Überhaupt ist es mir ein Rätsel,wie man permanent eine Partei hochjubeln kann.Bist du der Connor Mcloud der CDU?
Wieviele Ex-Nazis machten wohl in den C-Parteien nach dem Krieg Karriere?
Wohlgemerkt,Helmut Schmidt war kein Nazi.
Überhaupt ist es mir ein Rätsel,wie man permanent eine Partei hochjubeln kann.Bist du der Connor Mcloud der CDU?
Antwort auf Beitrag Nr.: 30.508.267 von Eddy_Merckx am 05.07.07 17:37:03Bist du der Connor Mcloud der CDU?
Wäre passend, Eddy!
Wäre passend, Eddy!
Schade, dass ich das gestern verpasst habe.
Helmut Schmidt habe ich sehr geschätzt. Und dass Helmut Schmidt nur ein Gefolgsmann der USA war, halte ich wirklich für ein Gerücht. Er hat doch damals Jimmy Carter "richtig in den Arsch getreten".
Helmut Schmidt habe ich sehr geschätzt. Und dass Helmut Schmidt nur ein Gefolgsmann der USA war, halte ich wirklich für ein Gerücht. Er hat doch damals Jimmy Carter "richtig in den Arsch getreten".
...ich frage mich, warum so eine top sendung erst so spät gezeigt wird, sollte mal tagsüber laufen anstelle der üblichen verdummungssendungen.
Antwort auf Beitrag Nr.: 30.499.356 von jaujazu am 05.07.07 09:26:55Schmidt war halt Patriot.
Antwort auf Beitrag Nr.: 30.522.206 von AlfredHerrhausen am 06.07.07 14:47:29Er war der einzige rote Politiker, den ich gewählt habe. Allerdings mochten seine Partei ihn nicht so recht. Vielleicht zu intelligent ? Sowas mag die SPD nicht!
Antwort auf Beitrag Nr.: 30.527.489 von Brama am 06.07.07 20:03:04Stimmt, Schmidt hat schon immer mehr CDU Politik gemacht als SPD Politik.
Antwort auf Beitrag Nr.: 30.527.489 von Brama am 06.07.07 20:03:04Stimmt, für die CDU war er zu intelligent. Deshalb ist er dort nicht eingetreten.
Helmut Schmidt war ein guter Kanzler. M.E. hat er nur einen gravierenden Fehler gemacht, er war in der falschen Partei.
wilbi
wilbi
Antwort auf Beitrag Nr.: 30.528.774 von Wilbi am 06.07.07 21:35:36Das haben viele CDU-Mitglieder- und Wähler damals auch bedauernd gesagt. Den hätten sie gern "bei sich" gehabt.
Einen Mann wie Schmidt hat die CDU nie in ihren Reihen gehabt.
Antwort auf Beitrag Nr.: 30.530.518 von ConnorMcLoud am 06.07.07 23:36:13Uns so einen Mann machen die Blödmänner von der SPD kaputt.
wilbi
wilbi
Krieg, Frieden und das Stiefkind namens Freiheit
]http://www.n24.de/politik/article.php?articleId=131986][b hat mich mal wieder zum Nachdenken gebracht:
Altbundeskanzler Helmut Schmidt hat Vorwürfe gegen die Generation, die heute regiert, erhoben: Sie würde “allzu leichtfertig in anderen Ländern mit militärischen Mitteln” eingreifen. Leute, die nicht wie er den Krieg erlebt hätten, “wohl aber selbst Krieg führen oder provozieren, wissen nicht, was sie Furchtbares anrichteten.
Wahrscheinlich sollte ich in Ehrfurcht erstarren, habe ich es doch mit einem verdienten Bundeskanzler, einem Zeitzeugen des Zweiten Weltkrieges und allgemein einem Menschen, der mir Jahrzehnte Lebenserfahrung voraus hat, zu tun. Solch ein Verhalten entspricht jedoch nicht meinem Naturell und trotz der genannten Einwände nehme ich mir das Recht Schmidts Aussagen als halbgar zu bezeichnen. Halbgar sind sie, weil sie den Krieg verdammen, aber außer Acht lassen, daß die Abwesenheit eines zwischenstaatlichen bewaffneten Konflikts nicht automatisch Frieden bedeuten würde. Ich meine mich zu erinnern, daß es in Afghanistan eine Nordallianz gab, die ganz ohne George W. Bush oder Tony Blairs angeblichen Ölhunger gekämpft hat gegen die Taliban.
Neben der Ignoranz gegenüber innerstaatlichen Auseinandersetzungen überhöhen Pazifisten im Allgemeinen und Schmidt in diesem Fall den negativen Frieden, die Abwesenheit von Freiheit und die Anwesenheit von Rechtlosigkeit und Unterdrückung. Stabilität hat scheinbar die höchste Priorität in diesem Weltbild und ob diese Stabilität auf Terror und Unterdrückung fußt, ist gänzlich irrelevant. Wann lassen die Stabilitätsjunkies und Freiheitsverächter endlich ihre Masken fallen und sagen, daß Tito ein Segen für Jugoslawien und Putin in Tschetschenien gegebenenfalls noch ein bisschen zaghaft war. Immerhin wäre Russland ja fast instabil geworden an dem Zipfel da unten im Süden. Es gab wohl keinen Tschetschenienkrieg, es gab nur innenpolitische Bemühungen, die Stabilität zu wahren. Ich bin im Übrigen kein Gegner des Tschetschenienkrieges des Bestrebens die russländische Einheit aufrecht zu erhalten, weil ich denke, daß ein wahabitischer Gottesstaat und ein Terroristennest das Letzte ist, was wir in der Region gebrauchen können, womit ich aber sehr wohl ein Problem habe, ist die Art und Weise, wie der Krieg die Stabilisierungsbemühungen (Saddam hat schließlich nach Lesart der Gutmenschen auch keinen Krieg gegen die Kurden geführt) durchgeführt wurden. Aber ich denke, wer zu Saddam schweigt, sollte zu Putin erst recht die Fresse halten.)
Schmidt irrt gewaltig, wenn er behauptet, daß die “Kriegstreiber” von heute nicht wüßten wie furchtbar Krieg ist, er irrt ebenso, wenn er sagt, man würde von diesem Mittel leichtfertig Gebrauch machen. Einfach macht man es sich, wenn man Krieg als Mittel ausschließt! Wenn man der humanitären Intervention jegliche Rechtfertigung per se abspricht, dann macht man es sich leicht! Wenn man denkt, daß Menschen in Diktaturen kein Recht auf Freiheit hätten, und das ist meine logische Ableitung seiner Aussagen, dann streift man die Verantwortung ab und ist doch durch Unterlassung mittelbar schuldig. Nur läßt sich diese Schuld nicht so schön messen und es gibt auch kein Interesse daran, denn wo keine Verantwortlichkeit ist, kann nach wahlweise gutmenschlicher oder auch nationalistisch-protektionistischer Logik keine Schuld sein.
Ich Kriegstreiber weiß sehr wohl was Krieg bedeutet, zugegebenermaßen nur aus Büchern und aus dem Fernsehen, aber ohne bei einem Krieg dabei gewesen zu sein, rangiert er bei den schrecklichsten Dingen, die ich mir vorstellen kann, am oberen Ende der Skala. Ein Leben in dem ich tagtäglich fürchten muß, daß eine Rakete in mein Haus fliegt oder ich auf der Straße in einen Schußwechsel gerate, macht mir ohne Frage Angst! Ich bin sehr wohl in der Lage soviel Empathie zu entwickeln, daß ich ich erfassen kann, daß niemand Krieg möchte. Jedoch bin ich auch in der Lage Mitgefühl zu entwickeln mit Menschen, die jederzeit Angst haben müssen, daß der Geheimdienst vor der Tür steht und sie in ein Foltergefängnis mitnimmt, entweder weil sie die Unverschämtheit besitzen oppositionell, im Zweifel sogar freiheitlich, zu denken, die auf eine Abschußliste geraten, weil ihre Nase irgendwem nicht passt oder die einfach zur falschen Zeit am falschen Ort sind.
Ich kann mich in Frauen hereinversetzen, die Angst haben müssen, daß man ihnen den Finger abschneidet, weil sie Nagellack tragen, die nicht ohne Begleitung das Haus verlassen dürfen, ansonsten jederzeit durch spontane Vergewaltigung bedroht sind und denen jeder Zugang zu Bildung und jedes Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit genommen wird.
Ein weiterer relevanter Unterschied ist, daß die Kriege, die Schmidt meint, zur Beendigung ebenjener vorher beschriebenen Zustände dienen und einen positiven Frieden zum Ziel haben, während die unangenehmen Vorkriegszustände selbst einzig und allein ihrer eigenen Perpetuierung zu Nutze sind. Manchmal hat man halt nur die Wahl zwischen dem Ende mit Schrecken und dem Schrecken ohne Ende.
Zurück zu Schmidt, dem Zeitzeugen des Zweiten Weltkrieges, den ich gerne fragen würde, ob er verdrängt hat, daß er auch Zeitzeuge des Naziregimes war. War der Krieg wirklich das einzige Problem zu der Zeit? Wie so oft bleibe ich mit der Frage zurück, ob das einzig problematische an Hitlers Politik die expansorische Dimension seiner Ideologie war. Hätte er nur die deutschen Juden und Zigeuner vergast, nur die deutschen Dissidenten erschossen, nur die deutschen Behinderten sterilisiert und für medizinische Experimente mißbraucht, wäre er dann heute nur ein Diktator unter vielen? Unter diesem Gesichtspunkt müßte ich Hitler ja fast dankbar sein, daß er den Krieg begonnen hat, denn so hatten Länder wie Großbritannien und später Amerika einen völkerrechtlich stichhaltigen Grund uns zu befreien. Ohne Agression nach außen sind Menschen in einem Land nach völkerrechtlich-gutmenschlicher Logik Verwaltungsmasse ihrer jeweiligen Herrscher, die unabhängig davon wie sie an die Macht gekommen sind, alles mit ihrem Volk machen dürfen, ist ja schließlich ihrs und sie sind ja souverän. Man darf zwar bemitleiden, wenn man die Zeit erübrigen kann, aber Hand anlegen darf man keinesfalls, denn das wirkt arrogant und woher will man den wissen, daß Freiheit und Demokratie wirklich besser sind als totalitäre Ideologie und Diktatur.
Quelle
]http://www.n24.de/politik/article.php?articleId=131986][b hat mich mal wieder zum Nachdenken gebracht:
Altbundeskanzler Helmut Schmidt hat Vorwürfe gegen die Generation, die heute regiert, erhoben: Sie würde “allzu leichtfertig in anderen Ländern mit militärischen Mitteln” eingreifen. Leute, die nicht wie er den Krieg erlebt hätten, “wohl aber selbst Krieg führen oder provozieren, wissen nicht, was sie Furchtbares anrichteten.
Wahrscheinlich sollte ich in Ehrfurcht erstarren, habe ich es doch mit einem verdienten Bundeskanzler, einem Zeitzeugen des Zweiten Weltkrieges und allgemein einem Menschen, der mir Jahrzehnte Lebenserfahrung voraus hat, zu tun. Solch ein Verhalten entspricht jedoch nicht meinem Naturell und trotz der genannten Einwände nehme ich mir das Recht Schmidts Aussagen als halbgar zu bezeichnen. Halbgar sind sie, weil sie den Krieg verdammen, aber außer Acht lassen, daß die Abwesenheit eines zwischenstaatlichen bewaffneten Konflikts nicht automatisch Frieden bedeuten würde. Ich meine mich zu erinnern, daß es in Afghanistan eine Nordallianz gab, die ganz ohne George W. Bush oder Tony Blairs angeblichen Ölhunger gekämpft hat gegen die Taliban.
Neben der Ignoranz gegenüber innerstaatlichen Auseinandersetzungen überhöhen Pazifisten im Allgemeinen und Schmidt in diesem Fall den negativen Frieden, die Abwesenheit von Freiheit und die Anwesenheit von Rechtlosigkeit und Unterdrückung. Stabilität hat scheinbar die höchste Priorität in diesem Weltbild und ob diese Stabilität auf Terror und Unterdrückung fußt, ist gänzlich irrelevant. Wann lassen die Stabilitätsjunkies und Freiheitsverächter endlich ihre Masken fallen und sagen, daß Tito ein Segen für Jugoslawien und Putin in Tschetschenien gegebenenfalls noch ein bisschen zaghaft war. Immerhin wäre Russland ja fast instabil geworden an dem Zipfel da unten im Süden. Es gab wohl keinen Tschetschenienkrieg, es gab nur innenpolitische Bemühungen, die Stabilität zu wahren. Ich bin im Übrigen kein Gegner des Tschetschenienkrieges des Bestrebens die russländische Einheit aufrecht zu erhalten, weil ich denke, daß ein wahabitischer Gottesstaat und ein Terroristennest das Letzte ist, was wir in der Region gebrauchen können, womit ich aber sehr wohl ein Problem habe, ist die Art und Weise, wie der Krieg die Stabilisierungsbemühungen (Saddam hat schließlich nach Lesart der Gutmenschen auch keinen Krieg gegen die Kurden geführt) durchgeführt wurden. Aber ich denke, wer zu Saddam schweigt, sollte zu Putin erst recht die Fresse halten.)
Schmidt irrt gewaltig, wenn er behauptet, daß die “Kriegstreiber” von heute nicht wüßten wie furchtbar Krieg ist, er irrt ebenso, wenn er sagt, man würde von diesem Mittel leichtfertig Gebrauch machen. Einfach macht man es sich, wenn man Krieg als Mittel ausschließt! Wenn man der humanitären Intervention jegliche Rechtfertigung per se abspricht, dann macht man es sich leicht! Wenn man denkt, daß Menschen in Diktaturen kein Recht auf Freiheit hätten, und das ist meine logische Ableitung seiner Aussagen, dann streift man die Verantwortung ab und ist doch durch Unterlassung mittelbar schuldig. Nur läßt sich diese Schuld nicht so schön messen und es gibt auch kein Interesse daran, denn wo keine Verantwortlichkeit ist, kann nach wahlweise gutmenschlicher oder auch nationalistisch-protektionistischer Logik keine Schuld sein.
Ich Kriegstreiber weiß sehr wohl was Krieg bedeutet, zugegebenermaßen nur aus Büchern und aus dem Fernsehen, aber ohne bei einem Krieg dabei gewesen zu sein, rangiert er bei den schrecklichsten Dingen, die ich mir vorstellen kann, am oberen Ende der Skala. Ein Leben in dem ich tagtäglich fürchten muß, daß eine Rakete in mein Haus fliegt oder ich auf der Straße in einen Schußwechsel gerate, macht mir ohne Frage Angst! Ich bin sehr wohl in der Lage soviel Empathie zu entwickeln, daß ich ich erfassen kann, daß niemand Krieg möchte. Jedoch bin ich auch in der Lage Mitgefühl zu entwickeln mit Menschen, die jederzeit Angst haben müssen, daß der Geheimdienst vor der Tür steht und sie in ein Foltergefängnis mitnimmt, entweder weil sie die Unverschämtheit besitzen oppositionell, im Zweifel sogar freiheitlich, zu denken, die auf eine Abschußliste geraten, weil ihre Nase irgendwem nicht passt oder die einfach zur falschen Zeit am falschen Ort sind.
Ich kann mich in Frauen hereinversetzen, die Angst haben müssen, daß man ihnen den Finger abschneidet, weil sie Nagellack tragen, die nicht ohne Begleitung das Haus verlassen dürfen, ansonsten jederzeit durch spontane Vergewaltigung bedroht sind und denen jeder Zugang zu Bildung und jedes Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit genommen wird.
Ein weiterer relevanter Unterschied ist, daß die Kriege, die Schmidt meint, zur Beendigung ebenjener vorher beschriebenen Zustände dienen und einen positiven Frieden zum Ziel haben, während die unangenehmen Vorkriegszustände selbst einzig und allein ihrer eigenen Perpetuierung zu Nutze sind. Manchmal hat man halt nur die Wahl zwischen dem Ende mit Schrecken und dem Schrecken ohne Ende.
Zurück zu Schmidt, dem Zeitzeugen des Zweiten Weltkrieges, den ich gerne fragen würde, ob er verdrängt hat, daß er auch Zeitzeuge des Naziregimes war. War der Krieg wirklich das einzige Problem zu der Zeit? Wie so oft bleibe ich mit der Frage zurück, ob das einzig problematische an Hitlers Politik die expansorische Dimension seiner Ideologie war. Hätte er nur die deutschen Juden und Zigeuner vergast, nur die deutschen Dissidenten erschossen, nur die deutschen Behinderten sterilisiert und für medizinische Experimente mißbraucht, wäre er dann heute nur ein Diktator unter vielen? Unter diesem Gesichtspunkt müßte ich Hitler ja fast dankbar sein, daß er den Krieg begonnen hat, denn so hatten Länder wie Großbritannien und später Amerika einen völkerrechtlich stichhaltigen Grund uns zu befreien. Ohne Agression nach außen sind Menschen in einem Land nach völkerrechtlich-gutmenschlicher Logik Verwaltungsmasse ihrer jeweiligen Herrscher, die unabhängig davon wie sie an die Macht gekommen sind, alles mit ihrem Volk machen dürfen, ist ja schließlich ihrs und sie sind ja souverän. Man darf zwar bemitleiden, wenn man die Zeit erübrigen kann, aber Hand anlegen darf man keinesfalls, denn das wirkt arrogant und woher will man den wissen, daß Freiheit und Demokratie wirklich besser sind als totalitäre Ideologie und Diktatur.
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Antwort auf Beitrag Nr.: 30.530.518 von ConnorMcLoud am 06.07.07 23:36:13Stimmt, dafür hatten sie die viel besseren Männer wie Konrad Adenauer, Ludwig Erhard, Richard von Weizsäcker, Roman Herzog und Helmut Kohl in ihren Reihen.
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