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    @Der Spiegel: Die Milliarden Falle - Wie Banken die Anleger abzocken - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 22.02.01 21:08:30 von
    neuester Beitrag 14.03.01 00:38:38 von
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      schrieb am 22.02.01 21:08:30
      Beitrag Nr. 1 ()
      Das ist der beste Aufklärungs-Bericht über die Machenschaften der Börse (für die breite Masse), den ich je gelesen habe.


      Spiegel 19.02.2001

      Aufpumpen und abstoßen

      Der Kursrutsch an den Börsen offenbart die Schwächen der deutschen Aktienkultur. Während die Banken Rekordgewinne einfahren, sind Privatanleger gegen Kursmanipulationen und Täuschung kaum geschützt. Der Staat überläßt die Börsenaufsicht weit gehend den Börsianern.

      Börsencrash, Aktiendepression, Kurspanik? Ach was. Wenn die Herren des Geldes in diesen Tagen auf das vergangene Geschäftsjahr zurückblicken, dann geben sie ihre vornehme Zurückhaltung auf und beginnen zu strahlen.

      Wieder einmal habe die Deutsche Bank ihre Ertragskraft als "führendes inter nationales Aktienhaus" unter Beweis gestellt, sagt deren Vorstandssprecher Rolf Breuer, die Zahlen aus dem Handelsgeschäft an der Börse seien einfach "hervorragend".

      "Wir haben noch nie ein Ergebnis gehabt, wie wir es demnächst vorstellen werden", jubelt Martin Kohlhaussen, Vorstandssprecher der Commerzbank: "Die Entwicklung in 2000 war großartig." Inder Tat: Die Geldinstitute haben im vergangenen Jahr mehr Gewinn nach Steuern gemacht als je zuvor. So legte die Deutsche Bank 102 Prozent zu, die Commerzbank verbesserte sich um 37 Prozent. Die HypoVereinsbank, in den letzten Jahren durch verlustreiche Immobilienspekulationen arg gebeutelt, steigerte ihren Gewinn in den ersten neun Monaten 2000 um fabelhafte 498 Prozent.

      Vor allem das Geschäft mit Aktien und anderen Wertpapieren läuft aus Sicht der Finanzhäuser wie geschmiert. Keine andere Sparte spülte in den letzten Jahren so viel Geld in ihre Kassen. Allein durch Provisionen verdiente die Dresdner Bank in den ersten drei Quartalen des vergangenen Jahres 6,4 Milliarden Mark. Den Brokern der Deutschen Bank gelang es, ihr Handelsergebnis im ganzen Jahr auf über 13 Milliarden Mark zu steigern. "Den höchsten Gewinnbeitrag erbrachte wiederum das Aktiengeschäft", hieß es bereits im Herbst anerkennend im Zwischenbericht des Vorstandssprechers. War da nicht noch was?

      Noch nie zuvor in der bundesdeutschen Börsengeschichte haben die Anleger binnen eines Jahres so viel Vermögen verloren, noch nie haben sie sich erst so reich und dann so arm gefühlt.

      Seit März 2000, dem Monat seines Höchststandes, hat der Deutsche Aktien-Index Dax rund 20 Prozent seines Werts eingebüßt. Der Nemax, also das Kursbarometer des gerade bei Kleinanlegern beliebten Neuen Markts, sackte im gleichen Zeitraum gar von 8559 auf 2523 Punkte ab - ein Kurssturz, den kaum ein Depot unbeschadet überstanden hat.

      Von den 169 Firmen, die von den Banken im vergangenen Jahr an die Börse gebracht wurden, notieren mittlerweile 124 unter dem Emissionspreis, also dem Kurs, den die Finanzhäuser den Anlegern bei Erstausgabe der Aktie als fairen Wert empfohlen hatten. Die Zahl der so genannten Wachstumswerte, die über 80 oder sogar 90 Prozent verloren, ist mittlerweile so groß, daß sie unter einen eigenen Gattungsbegriff fallen: "Penny Stocks" heißen solche Kursruinen, die nur noch die ganz verwegenen Zocker anziehen.

      Selbst eine Volksaktie wie die Deutsche Telekom verlor seit ihrem Höchststand, allen Prognosen der Banken zum Trotz, über zwei Drittel ihres Werts. Trotzdem haben die Geldhäuser prächtig verdient, als sie im Juni nochmals über 230 Millionen Telekom Aktien in den Markt drückten. Sie kassierten für dieses Manöver eine Provision von rund 400 Millionen Mark - ungeachtet der Tatsache, daß allein dieses Aktienpaket anschließend etwa 17 Milliarden Mark an Wert verlor. Inzwischen gilt die Telekom als Krisenunternehmen (siehe Seite 110).

      Ohne Zweifel, für die Mehrzahl der Aktionäre war das goldene Bankenjahr ein Desaster. Alles in allem vernichtete der Crash an den deutschen Aktienmärkten, zumindest auf dem Papier, die gigantische Summe von rund 500 Milliarden Mark. Von einem "Annus horribilis" spricht die "Börsenzeitung", einem Schreckensjahr.

      Daß von den Verwerfungen am Aktienmarkt in den Berichten der Banken allenfalls am Rande die Rede ist, daß der Kursschock die Strategen in den Frankfurter Glastürmen seltsam unberührt läßt, während die Kleinanleger fassungslos dem Wertverfall ihrer Depots zusehen, hat einen einfachen Grund: Ganz gleich, in welche Richtung sich Dax und Nemax bewegen - die Banken verdienen immer.

      Treibmittel der Dauer-Hausse waren die knapp 200 Milliarden Mark, die die Finanzinstitute seit 1997 bei den Privatanlegern eingesammelt haben, um sie gegen allfällige Aufschläge in den Wertpapiermarkt zu pumpen. Keine Frage, daß viele Anleger den Versprechungen auf schnellen Reichtum allzu schnell Glauben schenkten, daß die Hoffnung, mal eben ein zweites Jahresgehalt einstreichen zu können, selbst biedere Familienväter alle Vorsicht über Bord werfen ließ. Doch es waren eben auch immer die Banken an ihrer Seite, die der allgemeinen Börseneuphorie allzu gern nachhalfen, getreu dem Motto "Wir machen den Weg frei".

      Der Kursrutsch der vergangenen Monate offenbart schlagartig alle Schwächen der deutschen Börsenkultur. Deutlicher denn je zeigt sich jetzt, daß die deutschen Finanzinstitute nur ungenügend ihrer Aufgabe nachkommen, bei allen Aktiengeschäften stets das "Interesse der Kunden"1 zu wahren, wie es das Wertpapierhandelsgesetz ausdrücklich vorschreibt. Immer klarer wird auch, daß gerade die Kleinaktionäre vor Tricks und Täuschung kaum geschützt sind. Die Liste der Aktiendesaster, bei der die Banken als Konsortialführer Pate standen, ist lang - und sie wird mit jedem Monat länger:

      Beispiel Allgeier. Im Juli brachte das ehrwürdige Bankhaus Merck Finck & Co den Computerzulieferer an die Börse, drei Monate später waren alle Umsatzprognosen, mit denen die Anleger gelockt wurden, überholt. Der Kurs stürzte um 70 Prozent. Verlust für die Aktionäre bis heute: 100 Millionen Mark.

      Beispiel Ad Pepper. Im Herbst bot die HypoVereinsbank die Papiere der Nürnberger Internet-Werbefirma zur Zeichnung an, rund 900000 Aktien gingen an Privatanleger. Die erste Gewinnwarnung erfolgte bereits sieben Wochen nach Börsengang. Verlust für die Aktionäre: 320 Millionen Mark.

      Beispiel Letsbuyit.com. Bei Börsenstart im Sommer hatte das E-Commerce Unternehmen nach Einschätzung der begleitenden Banken einen Wert von rund 600 Millionen Mark. Zum Jahreswechsel war die Firma beinahe zahlungsunfähig. Kein Papier ist im Augenblick am Neuen Markt billiger zu haben.

      Während bei jedem Autokauf detailliert geregelt ist, welche Garantieleistungen und Haftungsansprüche dem Verbraucher zustehen, deren Durchsetzung er notfalls vor Gericht erstreiten kann, ist ausgerechnet der deutsche Kapitalmarkt weit gehend der Selbstkontrolle überlassen. Weder gibt es in Deutschland bislang ein einheitliches Gesetz, das die Rechte und Ansprüche der Anleger eindeutig regelt, noch eine schlagkräftige Börsenaufsicht, die diesen Namen verdient. Tatsächlich dürfen sich allein für die Frankfurter Wertpapierbörse drei Aufsichtsorgane irgendwie zuständig fühlen. Keines verfügt über das ausreichende Personal, keines besitzt klar abgegrenzte Kompetenzen oder Zugriffsrechte, wie sie etwa in den USA seit Jahrzehnten Standard sind. Natürlich sind auch hier zu Lande Kursmanipulation und Irreführung der Aktionäre verboten.

      Auch in Deutschland sind die Banken gehalten, das Aktiengeschäft mit der "erforderlichen Sachkenntnis, Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit" zu betreiben, so steht es jedenfalls in den Gesetzestexten. In der Praxis allerdings erweisen sich die vielen Verordnungen und Vorschriften, mit denen der Gesetzgeber einen geordneten Handel an den Aktienmärkten sicherstellen will, für den Anleger als weit gehend wertlos.

      Was nützt beispielsweise die so genannte Prospekthaftung, die die Banken zu vollständigen und zutreffenden Angaben im Börsenprospekt verpflichtet, wenn Geldhäuser ohne jede rechtliche Folgen Unternehmen an den Markt bringen können, die schon wenige Monate nach Börsengang einen Insolvenzantrag stellen?

      Wie verträgt es sich mit dem gesetzlichen Auftrag der Bank, den Anleger vor dem Kauf von Aktien über sämtliche Risiken aufzuklären, wenn dasselbe Finanzhaus in seinen begleitenden Studien selbst bei fallenden Kursen noch von "überdurchschnittlichen Wachstumschancen" spricht?

      Welchen Wert hat die Verpflichtung der Geldinstitute, sauber zwischen den Interessen der Kunden und denen des eigenen Hauses zu trennen, wenn die großen Fonds oder Händler der Banken auch dazu eingesetzt werden, bestimmte Aktien zwecks "Kurspflege" nach oben zu treiben?

      Wie schlecht es um den Anlegerschutz in Deutschland bestellt ist, zeigt schon die so genannte Risikoaufklärung, die am Beginn des ersten Aktiengeschäfts steht. Seit einigen Jahren muß jede Bank ihren Kunden vor Depoteröffnung ein spezielles Formblatt vorlegen, in dem diese dann anzugeben haben, wie es um ihre Vermögensverhältnisse und Börsenkenntnisse bestellt ist und welche Anlageziele sie verfolgen.

      Doch was die Risikobelehrung im Streitfall wert ist, erleben in diesen Tagen all jene, die bei Aktionärsschützern und Anwälten vergeblich um Beistand nachsuchen. Nach Erfahrung von Juristen genügt die Unterschrift unter das Standardformular nämlich in aller Regel als Nachweis, daß die Bank ihrer Aufklärungspflicht ausreichend nachgekommen ist. Wie gründlich der Kundenbetreuer die Börseneinsteiger beraten hat, spielt dabei meist keine Rolle und auch nicht die Frage, ob der Kunde eigentlich begriffen hat, welche Folgen die Wahl einer der vorgegebenen Risikoklassen haben kann.

      Wohl kaum einem Neuaktionär ist etwa bewußt, daß selbst derjenige, der sich als eher konservativer Anleger einstuft, im Extremfall mit seinen Aktien 70 oder gar 80 Prozent des eingesetzten Kapitals verlieren kann. Und wer seinem Bankberater die Freude gemacht hat, sich Kenntnisse über Optionsscheine oder Futures attestieren zu lassen, geht beinah jedes Haftungsanspruchs verlustig. "Solche Anleger sind praktisch Freiwild", sagt Ulrich Hocker, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz.

      Ebenso fragwürdig wie das Risikoklassensystem sind auch die Regeln, mit denen die Banken für ihre Wertpapierkredite werben, also den Aktienkauf auf Pump. So räumen vor allem Direktbanken gern all jenen, die sich schon ein kleines Depot aufgebaut haben, problemlos ein Darlehen ein, um weitere Papiere zu ordern. Die so genannte Beleihungsgrenze beträgt dabei in der Regel 50 Prozent, das heißt: Wer bereits über ein Depot von 10000 Mark verfügt, bekommt bis zu 5000 Mark Kredit für Zukäufe.

      Das Tückische an dem System: Mit steigenden Kursen steigt auch die Kreditlinie, da der Wert des Aktiendepots als Sicherheit gilt. Ein Depot, das dank günstiger Marktentwicklung plötzlich 30000 Mark wert ist, kann also mit weiteren 10000 Mark beliehen werden. Dramatisch wird es für den Anleger, wenn die Kurse in den Keller rauschen, seine Kreditlinie damit automatisch wieder sinkt und die Bank das Darlehen zurückfordert. Vielen bleibt dann nichts anderes übrig, als ihre Aktien mit Verlust zu verkaufen, um die Bankschuld zu tilgen. "Zwangsexekution" heißt dies im Bankendeutsch.

      Nicht einmal bei offenkundigen Beratungsfehlern können Kunden auf Rechtssicherheit vertrauen. "Die Gesetze sind so vage, daß die Banken fast immer am längeren Hebel sitzen", sagt der Rechtsanwalt Bernd Jochem von der Münchner Kanzlei Rotter. Der Mann weiß, wovon er spricht, schließlich zählt das Anwaltsbüro zu den wenigen Sozietäten in Deutschland, die sich auf Börsenrecht spezialisiert haben.

      Derzeit liegen bei Jochem gleich zwei Dutzend Regressansprüche von Anlegern auf dem Tisch, die dem Rat ihrer Kundenbetreuer folgend Aktien des Software-Unternehmens Baan erwarben. Selbst als die Wirtschaftsblätter bereits ausführlich über Absatzprobleme und mögliche Bilanzmanipulationen berichteten, sei das Papier, so Jochem, den unbedarften Kleinanlegern noch als bombensicheres Investment empfohlen worden. Wenig später stürzte die Baan-Aktie, wie von den Finanzzeitungen erwartet, ab - heute liegt sie bei einem Zwanzigstel ihres ursprünglichen Werts.

      Allzu große Hoffnungen kann Jochem seinen Klienten nicht machen. Bislang sind alle Versuche, vor deutschen Gerichten Schadensersatz einzuklagen, gescheitert. Nun will er es wenigstens mit einer Klage in den Niederlanden versuchen, dem Heimatland von Baan.

      Daß die großen Finanzinstitute bei einer derart komfortablen Rechtslage nur wenig Veranlassung sehen, sich ihrerseits kulant zu zeigen, ist nicht weiter verwunderlich. Selbst Anleger, die ihrer Bank über Jahrzehnte die Treue gehalten haben, dürfen bestenfalls auf ein paar freundliche Worte hoffen. Das liest sich dann so:

      "Ich kann Ihnen versichern, daß wir Anliegen und Beschwerden unserer Kunden stets ernst nehmen", schreibt das Büro von Commerzbank-Chef Kohlhaussen an Kundin Barbara Kloepfer, die gerade einen Teil ihrer Altersvorsorge in Aktien der Immobilenfirma US Realty versenkt hat. Man bitte aber um Verständnis, teilt ihr die Abteilung "Kundenzufriedenheit" ergänzend mit, "daß wir bedauerlicherweise die Ihnen entstandenen Buchverluste nicht ersetzen können".

      Kein Wort darüber, daß der zuständige Mann in der Berliner Commerzbank-Filiale der Frührentnerin ausdrücklich zu den verhängnisvollen Aktienengagement geraten hatte. Kein Wort auch über das Wer beschreiben der Bank, in dem von "attraktiven Perspektiven" die Rede war, und davon, daß die Commerzbank beim Kauf des US-Papiers "von nachhaltig erzielbaren, attraktiven Wertzuwächsen" ausgehe.

      Barbara Kloepfer hat wenigstens noch nette Briefe bekommen. Mit welcher Kaltschnäuzigkeit die Finanzinstitute mitunter auf Beschwerden reagieren, zeigt der Fall von Eckard Koch aus Reinbek. Der Mann hatte brasilianische Schuldverschreibungen gekauft, die zu einem bestimmten Termin vorzeitig gekündigt werden konnten. "Zu pari" wohlgemerkt, also zum Nennwert von 10000 Mark.

      Doch im Kleingedruckten fand sich noch ein anderer Kündigungsmodus, Koch erhielt deswegen nur rund 4300 Mark zurück. Alle Versuche, den Schaden von seinem Geldinstitut ersetzt zu bekommen, liefen ins Leere. Die Emissionsbank der Anleihe, die deutsche Tochter des amerikanischer Geldhauses Morgan Stanley, empfahl dem Mann aus Reinbek in einem Schreiben schließlich, "sich hinsichtlich weiterer Fragen an den Trustee der Schuldverschreibung zu wenden", und gab Koch eine Telefonnummer in London in die Hand. Pech für Koch, daß er kaum Englisch spricht.

      Daß sich im Verhältnis der Bank zu ihren Kunden etwas verschoben hat, das spüren die Verbraucher nur allzu genau. 45 Prozent geben einer aktuellen Forsa-Umfrage zufolge an, daß ihr Vertrauen in die Banken gesunken sei. Nach den Analysten und deren Urteilen befragt, sprechen sogar 60 Prozent von einem Vertrauensverlust.

      Mit dem zunehmenden Wertpapierverkauf über den Bankschalter ist eine Geschäftsbeziehung ins Wanken geraten, auf die gerade die Geldbranche immer stolz war und die sie in ihrer Werbung (,‚Die Bank an Ihrer Seite") gern herausstellt. Nicht von ungefähr sprechen Verbraucherschützer wie der Berliner Finanzexperte Volker Pietsch von einem "Vertrauensvorschuß, den sonst nur Arzte und Apotheker genießen".

      Tatsächlich steht hinter dem gezielten Ausbau des Aktiengeschäfts ein grundlegender Wandel des deutschen Bankensystems. Das "Band der Sympathie" ist ja auch deshalb gerissen, weil sich die großen Finanzdienstleister nicht mehr als bloße Verwalter von Spareinlagen verstehen, als Kreditinstitute eben, die das Geld ihrer Kunden eifrig horten, um es dann unter Abwägung aller Sicherheiten und Risiken weiterzuverleihen.

      Investmentbanking heißt die neue Hoffnungssparte, und so schön glitzernd wie dieser Begriff, so zukunftsträchtig scheint auch das damit verbundene Geschäftsmodell. Anstatt die Unternehmen vorzugsweise selber mit Darlehen zu versorgen, die in der Regel eng begrenzt sind, sammeln die Geldhäuser nun das Kapital an der Börse ein - mit weit reichenden Folgen für den Kunden.

      Denn in dem Maß, in dem die Banken sich zunehmend als Finanzmakler zwischen Unternehmen und Kapitalmarkt betätigen, tritt der Anleger an die Stelle der traditionellen Kreditgeber und übernimmt damit auch deren Risiko. Während bei der klassischen Darlehensvergabe die Bank selbst für Verluste geradestehen mußte, sind es nun die Anteilseigner, die bei schlechtem Geschäftsverlauf oder gar Konkurs ihr Vermögen verlieren. Der Strategiewechsel war für die Banken sehr erfolgreich: Allein in den vergangenen zehn Jahren hat sich die Zahl der Wertpapierdepots, die die deutschen Finanzhäuser im Namen ihrer Kunden verwalten, auf 24‚6 Millionen mehr als verdoppelt. Die Zahl der Orderaufträge hat sich im gleichen Zeitraum vervielfacht, und daß sich dies für die Geldhäuser auch rentiert, dafür sorgt ein tief gestaffeltes System von Gebühren, Aufschlägen und Provisionen.

      Wie einträglich dieses Geschäft ist, zeigt geradezu mustergültig die Fusion des Stuttgarter Daimler-Benz-Konzerns mit dem amerikanischen Autohersteller Chrysler. Bei diesem Firmenzusammenschluß, einem Aktientausch, der nur zu Stande kommen konnte, weil mindestens 90 Prozent der Anleger ihm zustimmten, profitierten die Banken von einem ausgeklügelten Provisionssystem, das der Würzburger Bankenrechtler Ekkehard Wenger schlicht für "sittenwidrig" hält. Deshalb hat er sich vor wenigen Tagen an das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen gewandt.

      Tatsächlich nämlich kassierten die Banken von ihrem Auftraggeber Daimler um so mehr Geld, je eher sie ihre Depotkunden vom Sinn des Deals überzeugt hatten:

      "Konkret wurde eine Provisionsstruktur verabschiedet, die vorsah, bei einem Tausch innerhalb der ersten 20 Tage des Angebots eine Provision von zwei Prozent des Kurswerts zu bezahlen", schrieb der damalige Leiter der Direktion Investor Relations, Ralf Bammer, jüngst in einem Buch mit dem Titel "Praxis der Investor Relations", "nach Ablauf von 20 Tagen reduzierte sich die Provision auf ein Prozent."

      Nach ähnlichem Muster, klagt Wenger, arbeiten auch Drückerkolonnen. Schön für Daimler, daß viele Bankkunden dem Drängen ihrer Bank nachgaben und zügig der Fusion zustimmten. Ärgerlich nur für die Anleger, daß die Daimler-Aktie seither rund ein Viertel ihres Werts verloren hat.

      Das wichtigste Schmiermittel für die große Börsenmaschine liefern die jungen Firmen mit den flotten Namen und den großen Versprechen, diese Entrepreneure aus der Büroetage nebenan, die zwar außer dem festen Willen zum Börsengang und einer schönen Geschäftsidee wenig zu bieten haben, dafür aber das mitbringen, was Börsianer "Phantasie" nennen. Erst sie haben die Anleger in Massen an die Kundenschalter getrieben, erst sie machen aus einem guten Bankgeschäft ein lukratives.

      Kaum etwas illustriert die Erfolgsgeschichte des Investmentbanking anschaulicher als die Zahl des so genannten IPO, des "Initial Public Offering", wie der erste Börsengang unter Kundigen heißt. Waren es bis Mitte der Neunziger pro Jahr lediglich etwa 20 Firmen, die von den Banken an die Börse gebracht wurden, lag die Zahl 1997 deutlich über 30. 1998 konnten die deutschen Börsen bereits 79 Neuzugänge vermelden. Im vorvergangenen Jahr wurde mit 194 Emissionen der bisherige Höchststand erreicht.

      Für die Banken sind die Börsenneulinge auch deshalb so interessant, weil sie ihnen ganz neue Einnahmequellen verschaffen. Auf vier bis sechs Prozent des eingesammelten Kapitals beläuft sich in der Regel die Provision, die das begleitende Emissionshaus bei einem erfolgreichen Börsengang in Rechnung stellen kann. Das heißt: Je höher der Emissionspreis, den die Bank bei den Anlegern durchsetzen kann, desto höher die Prämie.

      Hinzu kommen oft vorbörsliche Beteiligungen, also der Zugriff auf Aktienpakete zu einem Preis, der deutlich unter dem liegt, den später die Anleger zu zahlen haben. Gut bedacht werden muß hierbei nur der Zeitpunkt des Wiederverkaufs, wie das Beispiel Gigabell zeigt.

      So kassierte HSBC Trinkaus & Burkhardt von ihrem Schützling im Vorfeld des IPO 165000 Aktien zum Schnäppchenpreis von einem Euro - und reichte die Papiere noch während der Zeichnungsfrist an die Anleger weiter. Da die Bank den Emissionspreis auf 38 Euro taxiert hatte, brachte ihr dieses kleine Manöver zu der eh üppig bemessenen Provision in Höhe von rund 5 Millionen noch einmal 12 Millionen Mark ein. Zur Erinnerung: Gigabell war eine der ersten Aktien am Neuen Markt, die gleich am ersten Handelstag unter Ausgabekurs fiel. Im Herbst meldete Gigabell die Zahlungsunfähigkeit.

      Die dritte und mit Abstand risikoloseste Möglichkeit, beim Emissionsgeschäft zu verdienen, ist der "Greenshoe", ohne den heute fast kein Börsengang mehr auskommt. Genau besehen, ist der Greenshoe eine Art Aktienoption, bei der die Bank das Recht erhält. bis zu 15 Prozent der Wertpapiere des von ihr betreuten Unternehmens zusätzlich am Markt zu plazieren. Die Alteigentümer verpflichten sich im Gegenzug, diese Aktien rund vier Wochen nach Börsengang aus dem eigenen Bestand herauszureichen - und zwar zum Emissionskurs. Die Bank kann also schon am ersten Handelstag die zusätzlichen Aktien den Depots ihrer Kunden gutschreiben, auch wenn sie die Papiere de facto noch gar nicht besitzt.

      Nun gibt es zwei Möglichkeiten: Fällt der Kurs der Aktie unter den Ausgabepreis, dann verzichten die Banken selbstverständlich auf Ausübung ihrer Kaufoption. Statt dessen erwerben sie die Papiere, die sie an die Anleger gegeben haben, billiger über den Markt zurück. Die Differenz zwischen Ausgabepreis und Rückkaufkurs verbuchen die Banken als Gewinn.

      Schießt der Aktienkurs hingegen nach oben, greifen die Banken auf ihre Option zurück und übernehmen die nun vergleichsweise günstigen Aktien von den Altaktionären der Firma, um sie diesmal auf eigene Rechnung zu verkaufen. Welche Gewinne dabei theoretisch möglich sind, zeigt das Consors-Geschäft: Die Aktie des Direktbrokers zog mit der Erstnotiz von 33 auf 76 Euro an, was den Konsortialbanken dank Greenshoe eine zusätzliche Einnahme von 47,3 Millionen Euro bescherte, sollten sie an diesem Tag die Aktien tatsächlich verkauft haben.

      Kein Wunder, daß um die Börsenkandidaten ein regelrechter Wettkampf entbrannt ist. Die großen Bankhäuser haben mittlerweile ganze Stabsabteilungen im Einsatz, um den Markt nach Unternehmen zu durchforsten, die man als Zukunftswerte verkaufen kann. Und weil die IPO-Fachkräfte gar nicht so schnell nachwachsen konnten, wie sie eingestellt wurden, lieferten sich die Finanzinstitute auch um diejenigen wahre Bietergefechte, die nur so aussahen, als könnten sie "Going Public" fehlerfrei buchstabieren.
      "Personell gesehen, ist die ganze Branche auf dem letzten Riemen gelaufen", sagt Lutz Weiler, Vorstand der Frankfurter IPO Beratung Equinet. "Manche haben in ihrer Not komplette Teams abgeworben, dabei wurde zum Teil mit abenteuerlichen Gehältern gelockt." Weiler weiß, wovon er spricht: Erst vor kurzem hat er sich mit einer Reihe von Kollegen bei der Dresdner Bank abgesetzt, um die eigene Firma zu gründen, und selbst ordentlich im Revier gewildert.

      Welche Folgen diese Konkurrenz um Aufträge und Marktanteile hat, wird spätestens beim so genannten Beauty-Contest deutlich, dem Schönheitswettbewerb, der am Anfang jedes IPO steht und bei dem sich die Banken um das Wohlwollen der Börsenaspiranten bemühen. Über 60 Finanzinstitute rangeln in Deutschland um dieses Geschäft mit den Erstnotierungen. Selbst die Sparkassen und die Ärzte- und Apothekerbank sind mittlerweile im IPO-Geschäft tätig.

      Glaubt man der Schilderung von Experten wie Weiler, dann hält der Beauty Contest, was der Name verspricht: Bis zu acht Bankenteams treten da gegeneinander an. Gut eine Stunde haben die IPO-Jungs Zeit, um die Vorzüge ihres Hauses zu nennen und vielleicht auch einmal die eine oder andere kritische Frage nach dem vorgelegten Business-Plan zu stellen. Am Ende erhält derjenige meist den Zuschlag, der den Unternehmenswert möglichst hoch taxiert - auch dies erklärt die zum Teil horrenden Emissionspreise der vergangenen Monate.

      Gern betonen die Spezialisten in den Emissionsabteilungen, daß ihre erste Werteinschätzung kein verbindliches Angebot sei. Daß man notfalls auch den Börsengang aussetzen könne, wenn eine genauere Prüfung Zweifel am Geschäftserfolg nähre und sich das Unternehmen trotz guten Zuredens, mit dem Preis herunterzugehen, uneinsichtig zeige. Doch bei diesen Nachverhandlungen sind den Banken, wie die Erfahrung lehrt, enge Grenzen gesetzt. Zum einen sind viele Unternehmen dazu übergegangen, das Erstgebot im Vertrag zu fixieren. Zudem
      sind die Banken sehr auf ihren guten Leumund als durchsetzungsfähige Börsenhelfer bedacht. Und nichts schädigt die Reputation schneller als der Ruf, ein kleinlicher Preisdrücker zu sein. Vor allem aber: Jeder abgesagte Börsengang bedeutet den Verzicht auf alle Provisionen.

      "Es wäre Unsinn zu behaupten, daß auf Leuten wie mir keine ökonomische Verantwortung lastet", sagt Friedrich Kühne, einer der Chefs der IPO-Abteilung der Dresdner Bank. "Wenn ich ein Going Public nicht verantworten kann, dann breche ich es ab. Aber wenn ich das öfter hintereinander mache, könnte mich die Bank irgendwann fragen, wie ich eigentlich meine Leute zu bezahlen gedenke."

      Kühne gehört zu den Veteranen der Branche. Seit 18 Jahren ist er schon damit beschäftigt, Börsenkandidaten zu bewerten, und seine eigene Bilanz ist nicht einmal schlecht: Im Branchenvergleich steht die Dresdner Bank derzeit auf einem der ersten Plätze, selbst wenn mittlerweile auch bei ihr über die Hälfte der Neuemissionen unter Ausgabekurs gerutscht sind.

      Sein wichtigstes Handwerkszeug, sagt Kühne, sei sein Gespür für die Qualität des Managements. Doch wie soll der Controller auch anders eine Firma einschätzen, deren Firmengeschichte gerade mal ein halbes Jahr alt ist? Die noch nie Gewinne verbucht hat und deren schöne Umsatzkurven auf Schätzungen beruhen?
      Also behilft er sich mit einer möglichst genauen Marktanalyse, stellt Vergleichsstudien zu den Wettbewerbern an, holt Voraussagen der Forschungsagenturen ein - und hofft, daß die Branche sich so entwickeln wird, wie es die Prognosen verheißen. Allzu viel Zeit bleibt ihm für die Prüfung eh nicht: In drei Monaten müssen alle Formalitäten erledigt sein, das ist die gängige Frist, schließlich drängt jeder Debütant auf schnellen Börsengang.

      Vielleicht hätte man mehr Zutrauen zu den IPO-Spezialisten der Finanzinstitute, in die Unbestechlichkeit ihres Urteils, wenn sie nicht Tür an Tür säßen mit Aktienvertrieb und Marketing und den eigenen Handelsabteilungen. So wie die Ölmultis die gesamte Wertschöpfungskette im Ölgeschäft kontrollieren, von der ersten Probebohrung über die Veredelung in der Raffinerie bis hin zum Verkauf an der Tankstelle, so haben auch die Banken inzwischen alle Stufen des Geschäfts mit der Aktie im Griff. Bei jedem Wertpapier, das an der Börse umläuft, sind sie gleich mehrfach dabei -und eben das ist das Problem.

      Denn die Geldhäuser feilen ja nicht nur mit den Börsenkandidaten an den Geschäftsplänen, bestimmen deren Emissionspreis und sorgen danach mit entsprechenden Analystenstudien für ein "positives Börsenumfeld".

      So brachte die West LB im Oktober 1997 das Medienunternehmen EM.TV an die Börse und hielt ihm seither die Treue. Noch im März vorigen Jahres, als der Kurs von EM.TV bei rund 90 Euro lag, empfahl die Bank den Wert zum Kauf. Damals war die Firma des Unternehmers ähnlich viel wert wie die Lufthansa, heute ist es nicht einmal ein Zehntel.

      Auch der Handel liegt fest in der Hand der Geldhäuser. Zusammen mit den Fondsgesellschaften steuern sie gut ein Viertel des deutschen Aktienkapitals. Sie stellen die Mehrzahl der Broker, die für den Umschlag von Wertpapieren sorgen, und natürlich gehört auch die Börse selbst mehrheitlich den Finanzinstituten. Aufsichtsratschef der Deutsche Börse AG, die den Frankfurter Finanzplatz kontrolliert, ist der Vorstandssprecher des mächtigsten Kreditinstituts der Republik, Deutsche-Bank-Chef Breuer.

      Bei einer solchen Aufgabenfülle bleiben Interessenkonflikte nicht aus. Zwar verweist die Geldindustrie immer wieder auf die Feuerwände, die sie zwischen den einzelnen Finanzabteilungen ihrer Häuser eingezogen habe, auf die "Chinese Walls", die eine unzulässige Einflußnahme beim Aktienhandel angeblich komplett ausschließen. Doch wie löchrig diese Trennwände in Wirklichkeit sind, wissen die Insider nur zu genau. "Selbstverständlich redet Sales mit Research", sagt ein Börsenwächter, der mit Rücksicht auf seine Vorgesetzten lieber ungenannt bleiben möchte. "Chinese Walls? Forget it." Vergiß es.

      Häufig braucht es noch nicht einmal den direkten Kontakt, um den Profit zu mehren. Natürlich kennt jeder Fondsmanager einer Bank die exakten Beteiligungsverhältnisse seines Hauses. Und ebenso gut weiß er, welche Folgen der Kauf oder Verkauf eines größeren Aktienpostens aus seinem Fonds am Markt auslösen kann.

      Natürlich muß man als Analyst kein Genie sein, um zu begreifen, daß die negative Beurteilung einer Neuemission für den Börsenkurs nicht gerade förderlich ist. Und wie verträgt es sich mit der viel beschworenen Unabhängigkeit aller am Aktiengeschäft unmittelbar Beteiligten, wenn ausgerechnet die Überwachung des elektronischen Handels einer Stelle obliegt, deren Mitarbeiter von der Deutsche Börse AG mit eingesetzt und bezahlt werden?

      Möglichkeiten der Manipulation gibt es zuhauf. Und es mangelt auch nicht an Hinweisen, wie diese Möglichkeiten genutzt werden. Das beginnt schon mit den versteckten Gebühren und Beutelschneidereien, die sich die Banken erlauben können, weil der ganze Handelsablauf mit Bedacht so angelegt ist, daß ihn der normale Anleger nicht durchschaut. Tatsächlich fehlt dem deutschen Kapitalmarkt genau das, was für Ökonomen einen funktionierenden Markt ausmacht: Transparenz.

      Kein Instrument ist dabei so wirkungsvoll, Kauf und Verkauf und damit auch den
      Preis eines Wertpapiers zu beeinflussen, wie der Computer des Traders. Mit seiner Hilfe, und großen Fondsvermögen im Rücken, bewahren die Finanzhäuser manche Werte gezielt vor dem Absturz oder treiben, was noch einträglicher ist, die Kurse mit systematischen Aufkäufen nach oben.

      Auch hier bewährt sich, daß allein die Banken über die Zuteilung der Aktien befinden. Wenn bei Börsengängen die Nachfrage das Angebot übersteigt, die Aktie also deutlich überzeichnet ist, müssen sich Großinvestoren öfters verpflichten, zu höheren Kursen nachzukaufen. Nur wer entsprechend ordert, kann sich für eine größere Zuteilung beim Börsengang qualifizieren. "Einer pumpt Sauerstoff hinein, ein anderer wirft Stroh ins Feuer, ein Dritter legt Holzscheite nach", beschreibt ein Investmentbanker das Prinzip.

      So lassen sich Börsenstars produzieren. Die Software-Schmiede Biodata kam zu einem Emissionspreis von 45 Euro an den Markt, der erste Börsenkurs lag bei 240 Euro. Großanleger wie der Fondsmanager Kurt Ochner bestätigen, daß sie bei dem Deal massiv nachgeordert haben. Der Haken dabei: Wenn die Holzscheite abgebrannt sind, bleibt in vielen Fällen nur Asche übrig. Das Nachsehen haben all jene Kleinanleger, die nicht rechtzeitig ausgestiegen sind, weil sie den Kursanstieg fälschlicherweise für einen echten Wertzuwachs hielten.

      Das simpelste und deshalb von Brokern auch besonders häufig gewählte Verfahren, einen hübschen Zusatzgewinn herauszuschlagen, ist das gezielte Streuen von angeblichen Exklusivinformationen, die geeignet sind, den Markt in Schwingungen zu versetzen. Der Händler wartet einfach ab, bis das Gerücht seine Wirkung tut, und verkauft dann schnell wieder die Aktien, mit denen er sich zuvor reichlich eingedeckt hat. "Pumping and dumping" heißt dieses Manöver in der Fachsprache - aufpumpen und abstoßen.

      Etwas anspruchsvoller ist da schon der so genannte Pre-Arranged-Trade, der zuvor ausgemachte Handel. Hierbei beschließen zwei Broker, den Mechanismus der freien Kursbildung am Markt durch eine Geheimabsprache auszuhebeln. Der eine bietet zu einem fest vereinbarten Zeitpunkt einen Schwung Aktien zu einem deutlich überhöhten Preis an, der andere stellt zeitgleich eine entsprechende Kauforder ins Computersystem der Börse und zieht damit das Papier zumindest kurzfristig in die Höhe. Später folgt nach der gleichen Methode dann das "Rückwärtsgeschäft", und der Deal läuft einfach wieder in die andere Richtung.

      Dieses Vorgehen empfiehlt sich für die Banken vor allem immer dann, wenn beispielsweise der Wert eines Fondsanteils festgelegt wird, den Tausende Kunden im Rahmen eines Investmentsparplans regelmäßig zu einem bestimmten Termin, etwa dem Monatsersten, erwerben. Der Kaufpreis dieses Fondsanteils richtet sich nämlich nach dem Kurs der darin enthaltenen Aktien an diesem Tag und wird den Anlegern entsprechend in Rechnung gestellt.

      Solche krummen Geschäfte sind geradezu narrensicher, wenn sich die Trader, wie mittlerweile üblich, mehrerer Zwischenhändler bedienen. Voraussetzung ist allerdings, daß sie bei ihren Absprachen nur private Telefone benutzen und keinesfalls die Apparate in den Handeisräumen, bei denen alle Gespräche routinemäßig mitgeschnitten werden.

      Wie gefährlich es sein kann, diese einfache Vorsichtsmaßnahme zu mißachten, weiß die Börsengemeinde spätestens, seitdem kurz nacheinander gleich drei Banken bei dem Versuch erwischt wurden, die Anleger zu betuppen.

      Schon die Vorgeschichte ist typisch deutsch: So offerierte die Frankfurter Tochter der amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers ihren Kunden 1997 ein Wertpapier, das in den Staaten aus guten Grund verboten ist, und zwar einen Optionsschein mit einem so genannten Knockout-Kicker.

      Dieses Papier stellte neben der üblichen Gewinnchance, die jede Option bietet und sich in diesem Fall auf Bayer-Aktien bezog, eine zusätzliche Prämie in Aussicht. Für den Fall, daß sich der Kurs von Bayer während der Laufzeit der Option konstant über 65 Mark halten würde, versprach Lehman den Käufern des Optionsscheins einen Sonderbonus in Höhe von 10 Mark. Sollte der Kurs hingegen nur ein einziges Mal unter diese Marke fallen, würde der Knockout-Kicker greifen und der Anspruch wäre erloschen.

      Aus einem der erhalten gebliebenen Tonbandprotokolle geht hervor, was geschah, als die Bayer-Aktie sich erstmals der 65-Mark-Grenze zu nähern begann. Ganz ungeniert rief ein Lehman-Händler Bekannte unter den Frankfurter Freimaklern an, um größere Pakete der Bayer-Aktie aus eigenem Bestand abzustoßen. Er wolle Bayer, teilte er offen mit, unbedingt unter 65 Mark sehen. Und tatsächlich: Das Papier notierte an diesem Tag bei 64,95 Mark Kursrutsch genug, um eine Auszahlung aller Born an die Anleger zu vereiteln.

      Nach dem gleichen Prinzip verfuhr auch die Investmentbank Goldman Sachs. Das Finanzinstitut nutzte ebenfalls den Zugang zur Börse, um durch massive Aktienverkäufe bei ihren eigenen Optionsscheinen auf die Preussag-Aktie den Knockout-Kicker in Gang zu setzen.

      Und auch die BHF-Bank trickste: Sie verkaufte Allianz-Aktien, um den Kurs des Versicherungspapiers nach unten zu treiben. Ein einträgliches Manöver, denn dadurch gewannen Verkaufsoptionen für Allianz-Aktien an Wert, die das Geldinstitut auf eigene Rechnung erworben hatte.

      Daß es sich in allen drei Fällen um eindeutige Kursmanipulationen handelt, steht außer Frage. Doch nur Lehman Brothers wurde vom Sanktionsausschuß der Frankfurter Wertpapierbörse ein scharfer Verweis erteilt. Goldman Sachs kam schon mit einer deutlich milderen Abmahnung durch die Geschäftsführung der Börse davon, und der BHF blieb eine Rüge erspart.
      Wo die Selbstkontrolle ganz offenkundig versagt, wären eigentlich die Gerichte oder die staatliche Börsenaufsicht gefordert. Aber auch von dort haben Kursbetrüger wenig zu befürchten. Das Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel erklärt sich bei Kursmanipulationen bislang für nicht zuständig, und die Staatsanwaltschaften lehnen die Eröffnung von solchen Verfahren bislang stets mit Hinweis auf die wenig Erfolg versprechende Gesetzeslage ab.

      In der Tat ist das Delikt Kursbetrug nur sehr vage definiert. So macht sich nach § 88 des Börsengesetzes zwar jeder strafbar, der Kurse durch "unrichtige Angaben" oder "sonstige auf Täuschung berechnete Mittel" zu beeinflussen sucht.

      Doch was genau unter "unrichtigen Angaben" zu verstehen ist, hat der Gesetzgeber ebenso offen gelassen wie die Frage, ab wann man denn von "Täuschung" sprechen kann. Beginnt sie schon mit den gezielten Stützungskäufen, wie Börsenrechtler meinen, die mit der Praxis vertraut sind - oder erst, wenn sich auch verdeckte Absprachen zu Lasten Dritter nachweisen lassen?

      Wie kommod sich die Banken in dieser juristischen Grauzone eingerichtet haben, zeigt schon der schöne Begriff "Kurspflege", mit dem hier zu Lande umschrieben wird, was an Finanzplätzen wie New York oder London schnell die Aufmerksamkeit der Kontrollorgane weckt. Als "Kurspflege" gilt beispielsweise der massive Eingriff der Deutschen Bank zu Gunsten der Fußballaktie Borussia Dortmund. Und natürlich ist es "Kurspflege", wenn die Banken dem Dax-Schwergewicht Telekom kurz nach dem dritten Börsengang mit schätzungsweise 1,5 Milliarden Euro unter die Arme greifen, um dem Unternehmen in dieser kritischen Phase das Wohlwollen der Anleger zu erhalten.

      "Ach ja, die Kontrolle", seufzt Georg Wittich und blickt betrübt auf seine Schuhe. "Bei Kursmanipulation läuft die weit gehend ins Leere." Und natürlich sei es auch wahr, daß die Finanzinstitute eine Reihe von Unternehmen an den Markt gebracht hätten, "die offenbar nicht börsenreif waren". Aber andererseits, sagt Deutschlands oberster Börsenaufseher und strafft sich wieder: "Die Banken haben auch gelernt" Vor sechs Jahren wurde das Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel in Frankfurt gegründet, um über die Einhaltung des Wertpapierhandelsgesetzes zu wachen, exakt 60 Jahre nach der amerikanischen Börsenbehörde SEC. Seit dem ersten Tag ist der ehemalige Referatsleiter aus dem Bundesfinanzministerium, Abteilung Geld und Kredit, nun dort Präsident. Keiner kann so schön wie er über "Integrität" und "Transparenz" des Kapitalmarkts sprechen, über "Sauberkeit" und "Fairness".

      Doch wenn man Wittich fragt, wo er Mißstände sieht und wie er gegebenenfalls Abhilfe schaffen will, gerät er erkennbar ins Stocken. Prüft er beispielsweise, wie seriös die Unternehmen sind, die an den Markt gehen, ob der vorgelegte Prospekt auch den Tatsachen entspricht? Nein, sagt Wittich, dafür sei die Börse zu ständig. Wie steht es um Beratungsfehler der Banken, leistet er den Anlegern Amtshilfe? Da verweist Wittich auf den "zivilrechtlichen Weg". Überwacht er wenigstens das Geschäftsgebaren der mächtigen Aktienfonds? Nein, sagt Wittich, das erledige nun wiederum das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen.

      Anderseits: Auch der Präsident kann Erfolge vorweisen. Stolz rechnet er vor, daß sich die Zahl der Ad-hoc-Mitteilungen, mit denen börsennotierte Firmen wichtige Veränderungen bekannt geben, im Jahr 2000 "fast verdoppelt" habe. Und auch bei der Verfolgung des Insiderhandels sei seine Behörde "ganz gut vorangekommen". Die Zahl der im vergangenen Jahr erfolgreich abgeschlossenen Verfahren? Sieben.

      Die ganze Machtlosigkeit der obersten Kontrollinstitution des Landes offenbart sich zwei Stockwerke tiefer im "Analystenraum", dem Herzstück des Aufsichtsamts. Fünf Mitarbeiter sollen von hier aus den gesamten deutschen Aktienhandel kontrollieren: in Frankfurt ebenso wie in Berlin, München oder Düsseldorf, zwei Millionen Börsentransaktionen täglich, mehrere tausend Firmen aus zwei Dutzend Branchen. "Mit der Analystenabteilung einer Bank", gesteht Referatsleiter Jürgen Oberfrank, "können wir natürlich nicht mithalten." Immerhin: Seit kurzem verfügt die Abteilung jetzt wenigstens über einen Internet-Anschluß.

      Einer, der weiß, was Not tut, und auch die nötigen Ermittlerinstinkte mitbringt, sitzt nur wenige Kilometer weiter, in einem Nebenraum des Neuen Markts gleich neben der Kurstafel. Klaus-Dieter Benner hat als Staatsanwalt für Wirtschaftskriminalität schon zahllose Anlageganoven zur Strecke gebracht. Er hat den European Kings Club auffliegen lassen, den wohl größten Fall von Kapitalbetrug, der jemals vor ein deutsches Gericht kam. Aus seiner Feder stammen die einschlägigen Kommentare im "Handbuch des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts", dem juristischen Standardwerk zu diesem Thema.

      Schade nur, daß Benner in seiner jetzigen Funktion nicht allzu viel zu sagen hat. Formal gesehen obliegt dem Juristen heute die staatliche Aufsicht der Frankfurter Börse und damit die Kontrolle über alle dort eingeschriebenen Händler und Kursmakler. Die direkte Börsenaufsicht ist Ländersache und fällt damit in die Zuständigkeit von Benners Dienstherrn, dem Hessischen Wirtschaftsministerium.

      Doch höheren Orts scheint man den Aufklärungswillen des Ermittlers nicht sonderlich zu schätzen. Erst haben ihm seine Vorgesetzten im Wirtschaftsministerium drei von zehn Mitarbeitern abgezogen, dann wurde ihm die Kompetenz für die elektronischen Handelssysteme Xetra und Eurex genommen. Und selbst die Bezeichnung "Staatskommissariat", die immerhin eine gewisse Autorität signalisiert, hat das Ministerium dem Kontrollreferat mittlerweile aberkannt.

      Fachleute wie Benner können genau sagen, wie der Anlegerschutz wirksam zu verbessern wäre, wie sich die Macht der Banken sinnvoll austarieren ließe. Zunächst braucht es auch in Deutschland eine zentrale Börsenbehörde, wie sie in den USA oder Großbritannien aus gutem Grund schon seit Jahrzehnten existiert, eine Kontrollinstanz, die jeden Börsenprospekt ebenso auf seine Richtigkeit überprüft wie die Zahlen in den Quartals- und Zwischenberichten der Firmen - und die auch genug Leute einsetzen kann. "Es ist wie mit den Falschparkern", sagt Benner: "Wenn man keine Politessen auf die Straße schickt, findet man auch keine."

      Zum Vergleich: Die amerikanische Secunties and Exchange Commission (SEC) verfügt über rund tausend exzellent geschulte Ermittler. Sie kann bei Verdacht Bankbüros durchsuchen, Akten beschlagnahmen, Bußgelder verhangen und selbst Zivilverfahren anstrengen, wenn Börsenregeln verletzt werden. Über 400 waren es allein im vergangenen Jahr (siehe Seite 103).

      Nötig ist, darüber sind sich die Börsenwächter einig, außerdem eine Schwerpunktstaatsanwaltschaft, die sich speziell für die Verfolgung von Börsendelikten verantwortlich fühlt. Bislang winken die Ermittler vor Ort auch deshalb müde ab, wenn eine Akte auf den Tisch kommt, weil ihnen entweder das nötige Fachwissen fehlt oder einfach die Zeit, sich mit der komplizierten Materie zu beschäftigen.

      Vor allem aber: Eindeutige und klare Gesetze müßten her, das gilt für die Prospekthaftung ebenso wie für den Regreß wegen fehlerhafter Beratung oder den Kursbetrug. Natürlich kann man es einer Bank kaum verwehren, Aktien zu kaufen und zu verkaufen - dies ist schließlich das Prinzip der Börse. In jedem Fall aber sollten die Geldhäuser gezwungen werden, die Details über Stützungskäufe umgehend publik zu machen. Ähnlich wie in den USA müßte der Gesetzgeber zudem in einem Kriterienkatalog definieren, welche Eingriffe in den Markt erlaubt sind und welche nicht - was also Kurspflege ist und was verbotene Kursmanipulation.

      Allmählich dämmert auch den Verantwortlichen in Berlin, daß ein unbedarftes "Weiter so" den Finanzplatz und die Aktienkultur in Deutschland nachhaltig beschädigt. Denn was ist eine Börse wert, der die Anleger mißtrauen? Was nützen die schönsten Anlageformen, wenn die Aktionäre, durch Schulden und Verluste verunsichert, ihr Geld lieber wieder in Sparbriefen anlegen?

      "Wir müssen überlegen, was man tun kann, um verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen", sagt Margareta Wolf von den Grünen, die Anfang Januar zur neuen Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium berufen wurde. Sie will nun zumindest für die Arbeit der Analysten neue Regeln durchsetzen, um Interessenkonflikte auszuschließen: So sollen die Aktienspezialisten künftig nur noch die Papiere bewerten dürfen, die weder sie noch ihre Bank besitzen.

      Im Bundesjustizministerium wird derzeit geprüft, wie man Anlegern helfen kann, Schadensersatzansprüche leichter vor Gericht durchzusetzen, etwa durch Sammelklagen, die schlagartig die Position der Kunden verbessern würden. Der Ministeriumssprecher dämpft aber die Erwartungen: "Wir stehen noch ganz am Anfang."

      Die eigentliche Verantwortung für eine Börsenreform liegt freilich bei Bundesfinanzminister Hans Eichel. Vergangenen Monat stellte der immerhin einen Plan zur Neuordnung der Finanzaufsicht vor. Danach sollen die drei Bundesaufsichtsämter für das Kreditwesen, das Versicherungswesen und den Wertpapierhandel zu einer Behörde zusammengefaßt werden.

      Doch an eine deutliche Personalaufstockung bei den Börsenkontrolleuren ist bisher nicht gedacht, auch erweiterte Kompetenzen und Zugriffsrechte stehen nicht zur Debatte. Tatsächlich handelt es sich bei dem Vorhaben zur Gründung einer "Allfinanzaufsicht" eher um eine behördeninterne Umwidmung von Stellen und Referaten. Das eigentliche Problem, die Zersplitterung der Börsenkontrolle in Bundes-, Landes- und Privatzuständigkeit, bleibt unverändert bestehen.

      Kaum viel versprechender sehen derzeit die Vorarbeiten für das im Sommer anstehende "Vierte Finanzmarktförderungsgesetz" aus, das eine Vielzahl bislang bestehender Regelungen ersetzen soll. Nicht nur der Name des Fördergesetzes erscheint verdächtig, von Anlegerschutz jedenfalls ist in dem Titel keine Rede. Auch der Wille, die Kursmanipulationen zu erschweren oder aber die Prospekthaftung zu verbessern, ist bei Eichels Fachbeamten bislang eher unterentwickelt.
      Durchgriffsrechte, wie sie die amerikanische SEC genießt, seien "mit dem deutschen Rechtsstaat nicht vereinbar", heißt es in der zuständigen Abteilung. "Eine Grauzone wird es immer geben."

      Bislang haben sich die Banken noch gegen jeden Versuch, ihre Marktmacht einzuschränken, erfolgreich gewehrt. Wenn die Politik sich in der Vergangenheit daran machte, die veralteten Börsenregeln der sich schnell verändernden Wirklichkeit anzupassen, gab es am Ende häufig nicht mehr, sondern weniger Rechte für die Anleger.

      Bestes Beispiel: Als die Regierung unter Helmut Kohl 1998 das "Dritte Finanzmarktförderungsgesetz" vorlegte, war auf einmal die Frist, innerhalb derer die Geldhäuser für fehlerhafte Börsenprospekte haften, von fünf auf drei Jahre verkürzt. Schließlich, so das Argument der Reformer, müsse die "Attraktivität des Finanzplatzes Deutschland" sichergestellt sein.

      Wer einen Eindruck bekommen will, wie sich die Banken die Zukunft des Wertpapierhandels vorstellen, muß nur einen Blick in die neuesten Werbebroschüren werfen. Neben die Aktie, das Angebot für den eher konservativen Anleger, treten jetzt die "Hochzinsanleihen". Früher, als sie noch nicht als Produkt der Zukunft galten, hießen diese Scheine "Junk Bonds", zu Deutsch: Ramschpapiere.

      Die Hochzinsanleihe ist die nächste konsequente Stufe beim Umbau der Banken zu reinen Dienstleistern. Sie ist der Triumph des lnvestmentbankings über das klassische Kreditgeschäft. Nach wie vor stillen ja vor allem Großunternehmen ihren Kapitalhunger nicht nur über die Ausgabe von Aktien, sondern eben auch über Darlehen. Was liegt da näher, als diese Finanzierungsart ebenfalls nach den Kriterien der Risikominimierung zu organisieren? In Zukunft werden die Banken einen Großteil ihrer Kredite bündeln, mit einem ordentlichen Zins versehen und sie als spekulative Anleihen über ihre Schalter verkaufen.

      Glaubt man den Strategen der Investmenthäuser, sind die Tage des klassischen Kreditgeschäfts gezählt. "Normale Bankkredite werden austrocknen", prophezeite der Brite Mike Weston von der Investmentbank Morgan Stanley bei einer Branchentagung im Londoner Grosvenor House. Die europäischen Kreditinstitute könnten es sich schlicht nicht länger leisten, die margenschwache und risikobehaftete Darlehensvergabe selbst zu betreiben, führte Weston in schöner Offenheit aus: "Der Kapitalmarkt steht bereit, die Unternehmen über Anleihen mit dem erforderlichen Geld zu versorgen."

      Das Geschäftsprinzip hat sich schon bei der Aktie bewährt: hohe Gewinnspannen über Provisionen, Aufschläge und Handelsgebühren; keinerlei Risiko bei Ausfall des Kreditnehmers.
      Das trägt ja jetzt der Anleger.







      N E U E R M A R K T


      "Die Kleinanleger sind nichts als Kanonenfutter"

      Fiduka-Chef Gottfried Heller zum Neuen Markt, zum Stand der Aktienkultur in Deutschland und zur Unvermeidbarkeit weiterer Pleiten an der Börse.

      (© Teuto press)

      Gottfried Heller, langjähriger Weggefährte Andre Kostolanys und gefragter Aktien-Experte

      München/Hamburg - Der anstehende Rauswurf von Gigabell aus dem Neuen Markt und die drohende Auslistung von EM.TV wegen der geplanten Zerschlagung des Medienkonzerns markiert einen neuen Tiefpunkt an der deutschen Börse. Für Gottfried Heller, langjähriger Partner von Andre Kostolany und Chef der Münchner Fiduka Vermögensverwaltung, kam das Desaster am Neuen Markt nicht überraschend. Er hatte bereits am 13. März 2000, exakt zum Rekordhoch des Nemax-50, vor einem Platzen der Blase gewarnt und einen Trendwechsel vorausgesagt. Die Bilanz nach einem Jahr gibt dem Börsen-Experten recht. Der Neue Markt, anfangs noch euphorisch gefeiert, hat sich als gigantische Kapitalvernichtungsmaschine erwiesen, die - einmal in Gang gesetzt - offenbar kaum zu stoppen ist. "Es wurden unglaublich viele Fehler gemacht" Die Ursachen dafür sind nach Ansicht von Gottfried Heller vor allem hausgemacht. Seine Analyse: "Es sind auf institutioneller und behördlicher Seite unglaublich viele Fehler gemacht worden, die nun vor allem von den Kleinanlegern ausgebadet werden." Ein Beispiel: Das Emissionswesen in Deutschland. Hier besteht nach Ansicht Hellers dringender Änderungsbedarf. "Was hier zum Teil abgelaufen ist", so Heller, "hatte zum Teil schon kriminellen Charakter. Es wurden - eigens für den Börsengang - dubiose Firmen gegründet, die dann durch einen Werbe-Overkill promoted wurden. Anschließend verhökerte man einen Teil des Unternehmens an die unbedarften Kleinanleger, und alle haben gut verdient: Die Gründer, die Emissionsbanken, die beteiligten Analysten und sogenannte Börsenjournalisten, die vorab großzügig beteiligt worden waren. Die Kleinanleger waren dabei nichts als Kanonenfutter." "Viele Regeln müssen ganz neu überdacht werden" Eine Änderung der Verhältnisse ist nach Ansicht Hellers nur zu erreichen, wenn grundlegende Dinge neu überdacht werden. Seine Forderung: Emissionen müssen im Vorfeld schärfer geprüft werden, die Lock-up-Frist sollte mindestens zwei Jahre betragen, und Meldepflichten bei Verkäufen und Sanktionen bei Verstössen müssen deutlich härter werden. Dabei hat er auch die Finanzinstitute im Visier. "Ein Unding", so Heller, "dass Banken nicht stärker in die Haftung genommen werden. Sie tragen Mitverantwortung für viele Nemax-Pleiten, weil sie auf eine kritische Prüfung ihrer IPO-Klienten viel zu oft verzichtet haben." "Richter und Staatsanwälte oft überfordert" Dringenden Handlungsbedarf sieht Heller zudem im Justizwesen. Sein Rat: "Der deutsche Gesetzgeber sollte einmal nach Amerika schauen. Dort wird bei Mauscheleien deutlich härter zugelangt. Wenn man diese Maßstäbe im Neuen Markt anlegen würde, sässe ein großer Teil der Jungs längst hinter Gittern." Eine Besserung ist nach Einschätzung Hellers hier nur dann zu erreichen, wenn eine eigene Ausbildung für Staatsanwälte und Richter geschaffen wird. Bisher nämlich, so seine Beobachtung, sind die deutschen Justizbehörden mit der komplizierten Materie meist total überfordert. Ähnliches gilt nach Hellers Meinung für die Börsenaufsicht. Über die kann der Experte sich nur wundern: "Viele Manipulationen am Neuen Markt waren so offensichtlich, dass jeder Laie sie gesehen hätte. Die Mitarbeiter der Handelsüberwachung sollten etwas engagierter sein. Was machen die eigentlich den ganzen Tag?" Das Gespräch führte Redakteur Clemens von Frentz
      Avatar
      schrieb am 22.02.01 21:17:13
      Beitrag Nr. 2 ()
      Diesen Artikel habe ich vor wenigen Tagen schon in einem anderen Thread gesehen, und ich hoffe, er wird noch viele Male gepostet, denn er ist wirklich geeignet, vielen ahnungslosen, gutgläubigen Kleinaktionären ein Licht aufzustecken.

      Gut, daß Du ihn hier hereinstellst!!!!!!!!!!!!

      MvG

      :):):)
      Avatar
      schrieb am 22.02.01 21:32:25
      Beitrag Nr. 3 ()
      Ja! Ich habe Ihn kopiert und mit Word nachbearbeitet. Ist jetzt lesefreundlicher und ohne Rechtschreibfehler.

      Also bestens geeignet, um ihn sich jetzt selbst aus dem Thread zu kopieren und als "Pflichtlektüre" an allen deutschen Schulen einzuführen.

      Auf das es nie wieder so viele Verlierer gibt wie letztes Jahr!

      mfg @snip
      Avatar
      schrieb am 22.02.01 21:40:06
      Beitrag Nr. 4 ()
      In 6 Minuten 300 mal gelesen!!!

      Damit hat er seinen Zweck schon erfüllt.
      Avatar
      schrieb am 22.02.01 21:58:15
      Beitrag Nr. 5 ()
      @snip
      Danke für das hereinstellen

      Super
      mfg

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      Avatar
      schrieb am 22.02.01 22:13:51
      Beitrag Nr. 6 ()
      Läuft bei Euch auch nebenbei n-tv?

      Diesen blöden Spruch von "Josef-Leven" kann ich schon nicht mehr hören.

      "Die Börse ist keine Einbandstraße...Es gehört zur Aktienkultur, daß die Kurse auch mal etwas nach unten gehen."

      Gehört es auch zur Aktienkultur die Neuemissionen überteuert auf den Markt zu bringen und mit Fantastischen - noch nie dagewesenen - Gewinnzielen zu prognostizieren, welche für unsereins überhaupt nicht kontrollierbar sind, da es die meisten Unternehmen vor dem Börsengang noch nicht einmal 1 Jahr existierte, um so die hohen Emissionen zu rechtfertigen???
      Avatar
      schrieb am 22.02.01 22:22:33
      Beitrag Nr. 7 ()
      Netter Artikel!!!

      Schade nur, daß so etwas immer erst hinterher kommt. Warum hat der Spiegel nicht schon vor einem Jahr darüber berichtet?
      Avatar
      schrieb am 22.02.01 22:29:17
      Beitrag Nr. 8 ()
      Vor einem Jahr hätte der @Spiegel warnen können, aber noch nicht berichten. Denn da waren von 169 Emis noch nicht 124 im Minus.
      Avatar
      schrieb am 22.02.01 22:34:15
      Beitrag Nr. 9 ()
      Tom Trader, nun hör mal auf, Warnungen gab es ohne Ende von kompetenten Leuten. Ich zähl mich nicht dazu, obwohl ich mich im April letzten Jahres für warnenden Worte anpöbeln ließ. O.K. Aber keiner wollte es hören, der Traum vom Reichtum hat ja was. Nun schau mal in die Übersicht der Threads da kannst Du wieder was von explodierenden Märkten usw. lesen. Natürlich wird es im Bärenmarkt wieder mal deutlich steigende Kurse geben, dann heißt es wieder alles rein in die Märkte und viele werden folgen. Die Profis machen dann Kasse. Und dann--- wie gehabt.
      J2
      Avatar
      schrieb am 22.02.01 22:40:54
      Beitrag Nr. 10 ()
      guter Artikel
      Avatar
      schrieb am 22.02.01 23:02:43
      Beitrag Nr. 11 ()
      Schwachsinn. Auch Banken und Investmentfonds können ihr Geld nicht stärker mehren, als ein gut informierter
      Anleger. Natürlich ist es schade um die Aktienkultur
      die sich entwickelt hat, aber was solls, ich denke viele
      die Geld verloren werden noch mehr nachpumpen um ihre
      Verluste rauszuholen. Die Gier ist unermeßlich.
      Taktik für heute: Aktien mit viel Cash und Phantasie
      und wenig Schulden.
      Avatar
      schrieb am 22.02.01 23:03:42
      Beitrag Nr. 12 ()
      @alle

      Ich hoffe wir haben wenigstens alle etwas daraus gelernt.

      =>Ich werde mich nicht mehr mit hohen Renditeversprechen hinter dem Ofen
      hervorlocken lassen.
      =>Beratung von der Bank...Nein danke! Da bescheiße ich mich doch lieber selber.

      Wie Henry-Ford schon sagte: "Reich wird man nicht an der Börse...sondern nur
      durch das Geld, daß man nicht ausgibt."


      In dem Text stand teilweise das selbst Rentner abgezockt wurden...
      Ich hoffe wir haben alle soviel begriffen, daß uns dies später nicht mehr passiert.

      Die meißten im Board werden nicht soviel älter sein als ich
      und es ist immer besser die Schmerzhaften Erfahrungen möglichst früh zu machen.


      PS: Für die Aktion mit dem OS-Schein gehört den Lehmann Brothers
      die Erlaubnis OS-Scheine emittieren zu dürfen entzogen!!
      Avatar
      schrieb am 22.02.01 23:20:39
      Beitrag Nr. 13 ()
      ich habe heute den letzten versuch gestartet, mit nemax-papieren zu dealen (traden kann man das nicht nennen, wenn illegale schweinereien verkökert werden) und bis auf eine restposition alles rausgehauen.

      besitze noch 2000 papiere matchnet als souvenir und OS-ähnliches papier auf den nemax, welches nicht so schnell die die kanalisation durch den kellerboden erreicht:laugh:.

      ansonsten nur noch trading-fonds, da gibt´s zwar keine dausend % zu ergaunern, aber dafür auch ein begrenztes rückschlagpotential, wenns wieder mal in die grütze geht...:)

      2-3% minus sind besser zu verkraften, als 30-70%, die man sich mit den betrugs-dokumenten am nemax pro tag mal schnell einhandelt.

      dabei bleibt´s in zukunft, basta...:(

      gruß und danke für den bericht:)

      bf:cool:
      Avatar
      schrieb am 22.02.01 23:36:30
      Beitrag Nr. 14 ()
      Der Spiegel war das erste Blatt, das sich kritisch zu dem geäußert was teilweise an der Börse ablief. Als die Bild Zeitung began ein Musterdepot aufzulegen (ein klarer Hinweis, daß man schnellstens ausstegen sollte) hatte der Spiegel schon einige negative Artikel gebracht.

      Alle Artikel wurden aber gerade hier im Neuen Markt Board verrissen. Dann kam nur sowas wie "linke Socken, keine Ahnung von der Börse, die wollen die Börse abschaffen, verdammte Kommunisten".

      Es gab viele Stimmen die vor der Kursblase gewarnt haben. Das waren Leute mit langer Börsenerfahrung, die zudem unabhängig waren bzw. von ihren ehrlich gemeinten Warnungen kaum Profit versprechen konnten wie z.B. Heller, Kosto, Bernecker oder Hoffmann. Die Anlegergemeinde war aber eher geneigt den aalglatten Analysten zuzuhören oder der Bäckergilde um Förtsch und Frick zu lauschen.

      Wer so blauäugig war den Bankern zu glauben kann ich nur das alte Brecht Zitat entgegenhalten "Das Verbrechen eine Bank auszurauben ist gering im Vergleich dazu eine Bank zu betreiben"

      DGN
      Avatar
      schrieb am 22.02.01 23:47:20
      Beitrag Nr. 15 ()
      Und warum hast Du nicht einfach den anderen Thread, wo der Artikel von dem anderen User schon mal gepostet wurde wieder hochgeholt snip ? Da wurde doch schon diskutiert- wär vielleicht auch nicht schlecht gewesen da weiterzumachen. Nur mal so als Vorschlag....
      Avatar
      schrieb am 22.02.01 23:58:14
      Beitrag Nr. 16 ()
      Danke, werde mir das abspeichern.

      Gruß

      D.T.
      Avatar
      schrieb am 23.02.01 00:38:59
      Beitrag Nr. 17 ()
      @Wirtschaftswunder

      Ich habe weiter oben gesagt, daß ich den Bericht kopiert und im Word überarbeitet (leserfreundlicher und ohne Rechtschreibfehler)habe.

      An alle anderen nochmal: Ich war nicht der erste der den Artikel ins WO-Board gepostet hat.

      Aber ich denke, man kann ihn gar nicht oft genug posten.

      mfg snip
      Avatar
      schrieb am 23.02.01 01:12:04
      Beitrag Nr. 18 ()
      Das ist echt der Hammer, was da drinnen steht. Der Spiegel scheint Kontakt zu einigen Insidern und Aussteigern aufgenommen zu haben, um an diese ganzen Informationen heranzukommen.

      Wenn ich aber im letzten Teil über die zukünftigen Pläne zur Schaffung einer Kontrollinstanz lese, dann frage ich mich wirklich, ob die Politik nicht unmittelbar mit den Banken zusammenarbeitet, da sie ja keinerlei Interesse daran zu haben scheinen, die Kleinanleger besser zu schützen.

      Das beste wird es wirklich sein, sich mit seinem (soweit noch vorhandenem) Vermögen komplett dem amerikaischen Markt zu widmen bzw. sich dort zu engagieren, denn dort kann man wenigstens von einem ausreichenden Anlegerschutz ausgehen.

      Mich wundert aber sehr, daß Ihr alle so ruhig bleibt und diesen Dreckschweinen von Banken wieder einmal kampflos das Feld überlaßt und Eure herben Verluste, die sich bei vielen sicherlich auf wahnsinns Summen angehäuft haben, einfach wieder nur als Lehrgeld verbucht.

      Es muß doch Möglichkeiten geben, mit genügend Geschädigten, die scheiße Banken auf einige Millionen oder Milliarden DM Schadenersatz zu verklagen, so daß sie endlich mal dafür bezahlen, was sie den ganzen Kleinanlegern antun.

      Ich bin jedenfalls absolut der Meinung, daß wir dieses immernoch stattfindende Horror Szenario nicht einfach auf sich beruhen lassen, sondern massiv gegen die Banken vorgehen sollten. Das meine ich absolut ernst und ich denke, daß sich da durchaus etwas realisieren ließe, wenn nur genügend Anleger das Interesse und den Mut hätten, sich an einer riesigen Sammelklage zu beteiligen.
      Leider bin ich nicht sonderlich mit diesen ganzen rechtlichen Gegebenheiten und Situationen vertraut, aber ich glaube, daß sich unter ebenfalls geschädigten Anlegern genügend Kompentenz ansammeln ließe, um wirksam gegen diese Banken vorzugehen.

      Ich möchte nun nochmal darauf aufmerksam machen, daß ich dies absolut ernst meine.

      Das, was in den letzten Monaten geschehen ist, wird in die Geschichte eingehen. Allein die Masse an kriminellen Vorgängen und Transaktionen ist diesemal so groß gewesen, daß es in jedem Fall vernünftiger Analysen und Untersuchungen in den nächsten Monaten bedarf, um wenigstens einen Teil dieser dunklen Machenschaften aufzudecken und die Verantwortlich bloszustellen.
      Avatar
      schrieb am 23.02.01 02:21:56
      Beitrag Nr. 19 ()
      Ok Snip- hab Dich verstanden. Fand es erst nur irgendwie nicht so richtig fair. Da macht sich womöglich einer viel Arbeit mit so einem ellenlangen Artikel, stellt den für alle rein, um zu diskutieren und ein anderer kopiert das Thema unter seiner ID. Klar hast Du recht, man kann auf den Artikel nicht oft genug hinweisen, aber wenn ich weiß, es gibt einen Thread, halt ich es so, daß ich dann da diskutier und den nochmal hochhol.
      Na ja, nichts für ungut, es gibt auch Schlimmeres. Ist mir nur so aufgefallen.
      mfG Wirtschaftswunder
      Avatar
      schrieb am 23.02.01 03:37:50
      Beitrag Nr. 20 ()
      @ Bello55
      Sammelklagen gibt es in D nicht. Und solange es in dieser Zockerhölle keine Vorschriften gibt, gibt es auch keinen rechtlichen Hintergrund für eine Klage. Das war auch vor 1 oder 2 Jahren so, als hier auch so ein Spiegel/Focus-(was weiß ich)-Artikel gepostet wurde. Damals war das Thema die ungerechte Mini-Zuteilung von Emissionen an Kleinanleger. Ich verstehe deinen Unmut schon, nur ist es doch so, daß die Banken in Sachen Emissionen, Optionsscheinen und Fondsanteilen ein Geschäft betreiben. Und wenn die Kunden darauf eingehen, betreiben sie ihr Geschäft sehr gut. Das klingt zynisch, nur interessiert es sie erstmal nicht, ob du ein transparentes und günstiges Angebot bekommst, sondern es zählen die Gebühren und Zwischengewinne. Die schließen noch nicht mal ihre Wachstumsfonds, obwohl sie am besten wissen, daß sie bei dieser Auswahl um 50 % fallen müssen. Es ist ja nicht ihr Geld, der Verdienst liegt im Ausgabeaufschlag. Die Waffe, die du besitzt, ist die Alternative, eben keine Geschäfte mehr mit ihnen zu machen und wenn viele so denken, werden sie sich überlegen, wie sie ihre neuen Angebote vermarkten. Wenn nämlich das Geschäft nicht mehr so läuft wie im letzten Jahr, wird man sich gezwungen sehen, echte Bilanzvorschriften und eine echte Börsenaufsicht und vieles mehr einzuführen. Was gibt es schon schlimmeres für eine Abteilung, die ihre Jahresziele (die auf vergangenen Jahreszahlen basieren) nicht annährernd erreicht... An der Nasdaq ist alles schon sehr viel besser, wenn auch nicht perfekt.

      Grüsse
      Avatar
      schrieb am 23.02.01 07:03:47
      Beitrag Nr. 21 ()
      Was habe ich immer gesagt!

      BANKEN UND ANALSYSTEN sind die größten Verbrecher und die Börsenaufsicht gleich dazu.

      Aber keiner von Euch allen unternimmt etwas!!!!
      Avatar
      schrieb am 23.02.01 10:14:22
      Beitrag Nr. 22 ()
      Ein gutes Beispiel für den Unterschied zwischen NASDAQ und Neuem Markt/Deutsche Börse kann jeder selbst anschauen:

      Während die website
      nasdaq.com
      viele und subtile Informationsmöglichkeiten bietet und man ausgezeichnete Möglichkeiten zu umfassender Information bekommt, findet sich unter der website der Deutschen Börse AG
      http://deutsche-boerse.com/
      eine langsame Website, die weniger Infos bietet als die alte. Ein wunderschönes Beispiel für die (bewußte)Rückständigkeit der Börse in Deutschland. Die deutschen Geldinstitute achten sorgsam darauf, keine Waffengleichheit aufkommen zu lassen zwischen Kleinanleger und dem Profi.

      Gruß

      D.T.
      Avatar
      schrieb am 23.02.01 10:27:26
      Beitrag Nr. 23 ()
      DimStar, ich kann Deine Argumente schon durchaus nachvollziehen. Das es in Deutschland keine Sammelklagen gibt, hatte ich noch garnicht gewußt, aber es gibt doch auch den schönen Auslandsweg, so hätte die Internationalisierungsstrategie der ganzen Banken wenigstens mal etwas gutes.

      Das man Banken mit dem Verweigern der Inanspruchnahme ihrer Leistungen indirekt schädigen kann, mag zwar richtig sein, aber dann haben wir genau das selbe Szenario, daß sich schon seit Jahren in Deutschland abspielt. Wir Endkunden (bezieht sich nicht nur auf die Börse) werden bei diesen beschisssenen Gesetzen immer die Löffel bleiben.

      Wenn es jetzt noch nicht die geeigenten Gesetze in Deutschland gibt, dann sollte man eben endlich dafür sorgen, daß solche erstellt werden.

      Es kann doch nicht sein, daß in diesem Land erst etliche Male die Endverbraucher (in diesem Fall Kleinanleger) um ihr ganzes Hab und Gut beschissen werden müssen, damit von der Politik wenigstens kleinere Gesetzes-Anpassungen vorgenommen werden.

      Das es in Deutschland z.B. keine Sammelklagen gibt, wird doch auch seine Gründe haben, die wahrscheinlich mit der engen Verstrickung von Wirtschaft und Politik zusammenhängen, die man schon fast als Superfreundschaftlich bezeichnen könnte.

      Ich verstehe echt nicht, warum sich niemand durchringt, gegen diese kriminellen Vorgehensweisen etwas zu tun.
      Avatar
      schrieb am 23.02.01 10:34:50
      Beitrag Nr. 24 ()
      Die Möglichkeit einer Sammelklage gibt es vielleicht indirekt... derzeit wird dies ja bei EM-TV gemacht.

      dabei geht es darum, einen Prozeßfinanzierer zu finden, der alle Einzelkläger versorgt... so können die Kläger zwar formal einzeln, deFacto jedoch gemeinsam mit einer cleveren Gruppe guter Anwälte klagen. Durch die vielen Einzelmandate ist der finanzielle Anreiz auch entsprechend groß, daß sich Kleinanleger erstmals Top-Anwaltskanzleien leisten können...

      Dieses Prinzip gab es zumindest im Verwaltungsgerichts-Bereich lange (z.B. bei Studienplatzklagen) .

      Foris hat den Markt erkannt - zumindest im Fall EM-TV.

      Gruß

      D.T.
      Avatar
      schrieb am 23.02.01 11:28:08
      Beitrag Nr. 25 ()
      eine weitere Empfehlung ist das Buch von Frank Partnoy, "F.I.A.S.C.O oder Blut an den weißen Westen der Wallstreet Broker, ein ehemaliger Investmentbanker von Morgan Stanley packt aus. Es werden nicht nur Kleinanleger ausgenommen, sondern Kommunen, Gemeinde, Pensionsfonds,sehr wohlhabene Großanleger, wie ein Krimi, aber tägliche Praxis.

      Erkenntnis: Wenn es schon einen rechtsfreien Raum gibt, dann laßt uns ´ne Bank gründen!!!
      Kapitalismus vom Feinsten!
      N.Y.
      Avatar
      schrieb am 23.02.01 13:14:42
      Beitrag Nr. 26 ()
      Prior zu CE Consumer, die er jetzt heiß empfiehlt:

      >>Die Aktie sei von gewissenlosen Banken in die Höhe gepusht worden.

      Das klingt aus dem Mund des Mobilcom-Pushers wirklich glaubwürdig... *lol*

      :D


      Gruß

      D.T.
      Avatar
      schrieb am 23.02.01 13:56:13
      Beitrag Nr. 27 ()
      Aber strengere Regeln bringen auch nichts!
      Auch an der Nasdaq sind diese Jahr tausende von Existenzen ruiniert worden.
      Mich wundert`s nur daß noch keiner aus dem Fenster gesprungen ist.
      (Wobei man ja nicht weiß ob sich nicht wirklich schon welce aufgehängt haben, da man
      ja heute im Gegensatz zu 1929 von jedem Ort über den Computer traden kann.)

      Es müsste die breite Masse nur mal realisiern, daß der
      Durchschnittsmensch nicht reich wird!!
      Und die Chance ist sehr groß, daß man zum Durchschinitt gehört.
      Das hat an der Börse auch garnichts mit können oder bescheuert sein zu tun.
      Nur fällt es schwer sich mit relativ sicheren Investments und relativ geringen
      Zinsen abzufinden, wenn man den Nachbarn mit dem Porsche vorfahren sieht
      den er sich von seinen EmTV Gewinnen gekauft hat.
      Man wusste ja zu dem Zeitpunkt noch nicht das jetzt der Porsche und das
      Eigenheim des Nachbarns dem Gerichtsvollzieher zum Opfer fallen
      und das wieder wegen EmTV.

      Man könnte quasi sagen: Der Haffa hat`s gegeben der Haffa hats genommen.

      Der jenige der Konsequent nicht auf den Hype aufgesprungen war hatte
      zwar 1,5 Jahe lang Minderwertigkeitskomplexe und nicht das
      Glück einen Sportwagen sein Eigen nennen zu dürfen, nur
      kann er mit seinem Ersparten mit 50 in Rente gehen,
      wärend der Nachbar sobald er sich von seinem Herzanfall erhohlt hat
      erstmal wieder bei Null anfangen darf und seinen konservativen
      Kollegen wohl nie wieder einhohlen wird.

      Aber der Mensch ist gierig und davor können ihn (oder uns) auch keine
      härteren Börsenregeln schützen.

      Um in Bildern zu sprechen:

      Wenn man einen Bergbesteigen will gibt es immer 2 Wege.
      1)Den direkten/Querfeldein. Er ist von der Strecke her Kürzer aber auch schwerer zu kletern. Es gibt Steinschlag
      und Gletscherspalten, überhänge etc..
      Kommt man einmal ins straucheln rollt man den Ganzen Berg bis zum Anfang wieder nach unten.
      Und steht erneut vor der Wahl: Ob man nun wieder den Kurzen(spekulativen
      Daytrading,Neuer Markt-Weg versuchen will oder den 2.Weg:

      2)Der Wanderweg, mäßige Steigung viele Kurven, gut ausgebaute Straße
      der Weg ist ausgeschildert hat aber einen Nachteil!
      Er ist verdammt lang!
      Und man kann die ganze Zeit über die Leute beobachten die den Steilen Hang hochkraxeln und
      einen ob des langsamen Vorankommens belächeln.
      Oft wird man hierdurch zum verlassen des Wanderwegs verführt.
      Und dann darf man ebenfalls wieder von vorne anfangen.

      Dummerweise Schreibt die Prese nur über die, die auf dem Kurzen weg den Gipfel erreicht haben
      und so denkt man daß alle ausser man selber auf die Schnelle reich werden.

      Frage an alle:

      Bei bestimmt 100 Millionen Aktionären die es auf der Welt gibt.

      Wieviele kennt ihr die es geschaft haben reich zu werden und wieviele haben es davon auf dem Kurzen weg geschaft
      und sind auch auf die Dauer reich geworden?

      =>Es werden verdammt wenige sein, und die die es geschaft haben haben es meißt dadurch
      geschaft, daß sie mit dem Geld anderer Leute spekuliert haben
      (Soros hat es auch so gemacht)
      oder Irgend etwas verkauft haben wie: Börsenzeitschriften,
      Börsenbücher, Die Infrastrucktur zum Handeln (z.B. Consors)
      Chart und Analysen etc....
      =>Man sieht also es gewinnen mal wieder nicht die Goldgräber sondern
      diejenigen welche ihnen die Schaufeln usw. liefern.

      Leider werden die meißten immer wieder aufs neue anfangen den Kurzen Weg zu laufen
      Avatar
      schrieb am 23.02.01 15:39:02
      Beitrag Nr. 28 ()
      @ SEK
      schönes posting. ich sehe es eigentlich eher so, daß es weniger davon abhängt, ob man sich spekulativeren invests hingibt oder konservativeren. die börse ist m.E. der am härtesten umkämpfte markt, den es gibt. die gewinner sind dabei die erfahrensten und bestinformiertesten. der durchschnittliche kleinanleger, der sich nicht mehr als 1 h / tag damit befasst hat dabei natürlich etwas schlechtere chancen. zudem neigt er zur langfristanlage und das war in den letzten 2-3 jahren (vielleicht vorrübergehend) die schlechtere strategie.

      @ D.T.
      was Foris dort versucht finde ich klasse.
      Avatar
      schrieb am 23.02.01 20:33:16
      Beitrag Nr. 29 ()
      Anfang des Jahres 2000 hieß es (auch von mir) :

      >>Der Neue Markt wird erwachsen!<<

      Mittlerweile wissen die meisten im Board (auch ich) :

      >>WIR selber sind möglicherweis in puncto Börse etwas erwachsener geworden<<

      Meine (durch harte Verluste im Depot erworbene) Meinung:

      Es wird IMMER wieder börsen-unreife Unternehmen und unseriöse, manchmal sogar mit hoher krimineller Energie ausgestattete Unternehmen/Altaktionäre geben.
      Aber WIR
      1) müssen gegenüber den potentiellen Gegnern ( "Der Aktionär", Emissionsbanken, VC-Gebern, Altaktionären) zukünftig WENIGER naiv sein.

      2) Dürfen uns NIE in eine Aktie verlieben

      3) Dürfen NIE glauben, "exclusive" Infos aus dem Unternehmen an uns könnten nicht auch eine subtilere (?) Form der Marktmanipulation sein.

      4) Sollten so investieren, als würden wir extrem wenig besitzen - wer bei seinem Investment viel Angst um sein Geld hat, der ist einfach kritischer; er verpaßt möglicherweise die eine oder andere Chance - aber er hat später noch die Gelegenheit, die bereits dritte Möglichkeit eines guten Investments zu nutzen - der andere Investor hat zu diesem Zeitpunkt aufgrund seiner Naivität (@ DimStar: schließe mich ausdrücklich diesbezüglich ein) und seinen konsekutiven Verlusten keine Möglichkeit mehr: er ist nicht mehr fähig, zu investieren.

      Mit anderen Worten:

      Ich beginne erst jetzt, Kostolany, Heller und Bernecker ansatzweise zu verstehen....



      Gruß

      vom zunehmend nachdenklichen

      D.T.
      Avatar
      schrieb am 24.02.01 15:04:30
      Beitrag Nr. 30 ()
      Ostsee Zeitung Vermischtes 24.2.2001 0:20

      Aktien nicht im Kurstief verkaufen

      Ausstieg aus Risikofonds langfristig vorbereiten

      Wer beim schubweisen Börsencrash den Ausstieg verpasst hat und vor Bergen „verbrannten“ Geldes sitzt, sollte seine Aktien und Fonds jetzt auf keinen Fall zu Tiefstständen verkaufen.

      München (AP) Verzweifelte Kleinanleger und Börsenneulinge, die erst „kürzlich“ zu Höchstständen einstiegen, warnt Finanzexperte Rainer Zuppe von der Stiftung Warentest dringend vor Panikverkäufen. „Damit wären gleich zwei grobe Fehler begangen: Beim absoluten Hoch rein und im tiefsten Tal raus.“ Allerdings sollten verlustreiche Fonds unbedingt überdacht und bei der nächsten Erholung umgeschichtet werden.

      Das Kurstal aussitzen – zu diesem Tipp neigt auch Stefan Müller, Fondsmanager bei der Gesellschaft „Activtest“ in München. Wer jetzt seinen Aktienfonds kurzerhand auflöse, der schneide sich die Chance ab, die Miesen in der nächsten Aufholphase wieder wett zu machen. Auch wenn der Gesamtmarkt in der nächsten Zeit bei schlechten Nachrichten noch einmal unter Druck kommen könne, sei jetzt doch langsam an bessere Zeiten zu denken, macht der Profi Mut.

      Trotz aller Durchhaltepa-rolen sollte die bittere Börsenregel nicht vergessen werden: Wer 30 Prozent Miese gemacht hat, muss 60 Prozent Gewinn einfahren, um wieder auf seiner Ausgangsbasis zu landen. Um 50 Prozent Verlust aufzuholen, sind dann schon 100 Prozent Profit nötig.

      Mit dem Ratschlag „Augen zu und durch“ kann sich Peter Grieble, Finanzexperte der Verbraucherzentrale Stuttgart, nicht ganz anfreunden. Zwar empfiehlt auch er ratlosen Anlegern, die Ruhe zu bewahren und auf Besserung zu warten. Gleichzeitig sollten Betroffene jedoch hellwach sein, ihre Anlagestrategie neu überdenken und womöglich aus riskanten Investitionen aussteigen.

      Der monatelange Crash im Jahr 2000 ist nach Griebles Auffassung zu einer Art Lehrstück für Aktienbesitzer geworden. Dass konservative Fonds ohne Turboerträge in schlechten Zeiten das bessere Ruhekissen sind, sei die bittere Erkenntnis vieler Börsenneulinge mit völlig überzogenen Gewinnerwartungen.

      Wer etwa in spekulative Internet- oder Neue-Markt-Fonds investiert und derzeit angesichts halbierter Einlagen am Rande des Nervenzusammenbruchs lebt, der muss sich selbst fragen, wie viele Rückschläge er tatsächlich verkraften kann, wie auch Zuppe betont. Viele Sparer müssten sich eingestehen, dass sie ihre Risikobereitschaft massiv überschätzt und deshalb aufs „falsche Pferd“ gesetzt hätten. Rückschläge sind immer drin.

      Wer mit virtuellen Riesenverlusten nicht zurecht kommt und nicht noch einmal ein solches Wagnis eingehen würde, der sollte zunächst einmal abwarten, bis die Kurse wieder anziehen, rät der Finanzexperte weiter und macht Mut: „Zehn bis 20 Prozent können bei den stark schwankenden Neue-Markt-Fonds schnell einmal drin sein“. Dann heißt es jedoch: Raus aus den „heißen Eisen“ und rein in weniger riskante Aktienfonds, auch wenn dabei Geld verloren geht. Fonds, die in weltweite oder europäische Standardwerte investieren, holen die Verluste zwar nur langsam auf. Dafür lassen sie ihren Besitzer besser schlafen.

      Verbraucherschützer und Anlageexperten sind davon überzeugt, dass der derzeitige niedrige Aktienstand auch eine Chance für die noch junge Aktienkultur in Deutschland bietet. Die Gier nach schnellen Gewinnen ist bei vielen verflogen, Ernüchterung hat sich breit gemacht. „Nach dem Jammern könnte das Nachdenken über wirkliche Vorteile, Gefahren und die individuelle Risikobereitschaft einsetzen“, hofft Grieble.

      Wer sich bewusst auf spekulative Aktien und auch Fonds einlässt, der kann im übrigen folgenden Tipp für Hartgesottene beherzigen: Künftig Verluste begrenzen, indem Kapital bei spätestens 20, 26 oder 30 Prozent Kursrutsch herausgeholt und in Sicherheit gebracht wird.

      „Anleger sollten generell nicht mehr als zehn bis elf Prozent Gewinn aus ihren Fonds erwarten. Wird es mehr, kann man sich ja freuen, Rückschlagspotenzial ist aber immer da“, so der Tipp vom Warentest-Experten Zuppe. Und was viele Zocker vergessen: Aktien-Engagement erfordert immer einen langen Atem.
      Avatar
      schrieb am 24.02.01 15:23:14
      Beitrag Nr. 31 ()
      Das ist doch genau wie bei der Telekom.
      Der dämmliche, jammert rum ,Sommer soll zum Teufel
      gehen und all dieses erbärmlichen Kommentare ,Intershop
      alles Gangster, Emtv der böse Haffa.
      Was glaubt Ihr eigentlich wo Ihr seid auf einer Insel oder
      was
      Der ganze Markt hat Korrigiert und das ist ganz normal
      Denn gerade an der Börse wird nix so schnell bestraft
      wie Dummheit denn jetzt gehen die Profis auf
      Shoppingtour und zwar super billig
      Ihr habt doch nix verstanden rein garnix.
      denn die Börse ist für die Amis nix anderes alls
      eine Wette und die geben den Takt an und kein
      anderer.
      Der dämmliche Deutsche der will immer Sicherheiten
      und wenns schiefgeht dann ist der Sommer oder Irgendeinanderer
      schuld, faßt euch eure eigene Nase ihr Looser
      Avatar
      schrieb am 24.02.01 15:27:46
      Beitrag Nr. 32 ()
      Spiegel / Wirtschaft (Datum unbekannt)

      Bilanz am Neuen Markt ist enttäuschend

      Der einst hoch gejubelte Neue Markt weist in diesem Jahr eine enttäuschende Bilanz vor. Die Berliner Tageszeitung "Die Welt" errechnete für ihre Freitagausgabe, dass am deutschen Wachstumssegment inzwischen nur noch 35 Prozent der notierten Aktien oberhalb ihres Ausgabekurses liegen. Damit bescheren 215 der 337 notierten Unternehmen den Aktionären der ersten Stunde auf dem jetzigen Niveau Verluste. Der im März 1997 gestartete Neue Markt bescherte Anlegern zunächst enorm hohe Gewinne, in der zweiten Jahreshälfte waren die Kurse aber rasant eingebrochen.

      Auch im europäischen Vergleich stehen deutsche Unternehmen, die in diesem Jahr erstmals an der Börse notiert wurden, insgesamt schlecht da. Die Kurse der 116 Unternehmen aus Deutschland, die sich bis 4. Dezember neu auf das Börsenparkett wagten, liegen heute im Schnitt um 18 Prozent unter dem Ausgabekurs. Dies errechnete die Wirtschaftsnachrichtenagentur Bloomberg. Die meisten dieser Unternehmen starteten am Neuen Markt in Frankfurt.

      Großbritannien führt

      Die 214 Börsenneulinge aus Großbritannien legten dagegen in diesem Jahr ein sattes Kursplus von durchschnittlich 29 Prozent hin. Damit stehen sie an der Spitze jener Länder in Europa, aus denen sich erstmals mehr als 20 Unternehmen an die Börse wagten. Die große Zahl der Unternehmen und die vielen britischen Fonds haben zu dieser guten Bilanz beigetragen. Schlechter als die deutschen Unternehmen schnitten nur noch die schwedischen ab. Deren Kurs liegt heute fast ein Drittel (29 Prozent) unter dem Ausgabekurs.

      Die neu notierten Unternehmen aus der Schweiz, Italien und Frankreich brachten den Anlegern dagegen bis heute im Schnitt ein zweistelliges Kursplus. Die Bilanz der drei Börsenneulinge aus Luxemburg zog das Neue-Markt-Unternehmen Thiel Logistik AG nach oben, dessen Aktien heute mehr als das Doppelte wert sind als beim Börsenstart im März - eine Ausnahme am Frankfurter Wachstumssegment.

      Es kommen schärfere Börsenregeln

      Am Donnerstag hatte die Deutsche Börse angekündigt, innerhalb eines Monats schärfere Regeln für den Neuen Markt vorzulegen. Details wurden nicht genannnt. Nach Medienberichten plant die Börse unter anderem eine Informationspflicht von Managern, wenn diese Aktien ihrer Gesellschaft verkaufen wollen. Erste Pleiten, eklatante Fehlprognosen vieler Unternehmen und möglicherweise kriminelle Machenschaften hatten den Neuen Markt vor allem in der zweiten Jahreshälfte in Verruf gebracht.
      Avatar
      schrieb am 24.02.01 15:48:42
      Beitrag Nr. 33 ()
      hört doch endlich mit dieser paranoia auf !

      jetzt(?) sind die profis auf shoppingtour ?


      die "profis" gehen seit mitte april 2000 auf shoppingtour und verbrennen sich die finger

      leute, die abschätzen konnten , was hier gelaufen ist, haben entweder sehr viel erfahrung (lange dabei) oder sind extrem lernfähige typen !

      die ersteren sind erst garnicht an den NM gegangen und die zweiten haben garantiert ihr lehrgeld bezahlt !



      profis ?

      es gibt keine profis !

      allenfalls -in analogie zum goldrausch- schaufellieferanten, sprich banken, broker u. emmittenten
      die verdienen am drumherum des hypes

      wenn es profis gäbe, wo sind denn dann die fonds dieser profis, die den hype mitgenommen haben, und auf dem höhepunkt ausgestiegen sind ( charttechniker hätten das schaffen sollen), die fronten gewechselt haben ( short gegangen) und jetzt glänzend dastehen ?


      ich kenne keinen solchen fonds !
      ( aber vielleicht gibt es ja doch einen !)




      die ganzen weltbörsen im rausch und kater eines gigantischen pennystockzocks, so sehe ich das !




      was wir jetzt haben , ist ein reiner zockermarkt, wo allenfalls clevere intradaytrader ihren schnitt machen !
      Avatar
      schrieb am 24.02.01 15:55:05
      Beitrag Nr. 34 ()
      @ germane
      Natürlich haben wir hier alle nichts verstanden, rein gar nichts...dein Posting ist an Dummheit wirklich nicht zu überbieten. Du scheinst nicht verstanden zu haben, was hier in den letzten Monaten abgelaufen ist und worum es in diesem Thread geht. Ich z.B. investiere seit knapp einem Jahr nichts mehr in diesen "Markt". Ich kann damit leben, die Frage ist nur, ob es insgesamt einmal von Vorteil für ein Land oder eine Wirtschaftsumgebung sein wird, wenn es alle tun.
      Avatar
      schrieb am 24.02.01 16:04:46
      Beitrag Nr. 35 ()
      Ob der Index oben oder unten ist ist doch wurscht
      Fakt ist,wenn der Markt 5-6Tage runterknallt dann
      gibt es immer Werte mit denen ein Haufen Moos
      zu machen ist. 1-2 Tage drinbleiben und Tschüss
      5-6 Mal im Jahr das Reicht ,dann brauchste auch
      auch nicht mehr buckeln.
      Selbst die den Markt beobachten und niemals
      auf Analysten und Charttechniker hören
      Immer auf Werte achten die bei jeder noch so
      kleinen Rally ,auch wenn es nur 10-15 punkte
      nach oben geht,sofort anziehen
      Beispiel gestern Mlmn,Protein,Cienna und jede
      Menge andere,da muß man sich mal die Mühe machen
      das zu beobachten.
      Avatar
      schrieb am 24.02.01 16:15:00
      Beitrag Nr. 36 ()
      sag ich doch:

      reine zockerei !


      die zocker brauchen vola,

      die anleger brauchen eine stetige aufwärtsentwicklung


      wer soll das denn durchziehen, was du vorschlägst, germane ?

      bankangestellte, arbeitslose, von beruf sohn, erben mit tagesfreizeit und überlebende des crash´s !


      10 punkte traden, das ist doch wohl nicht dein ernst ?


      zocken ist eine stressige vollzeitbeschäftigung für spielernaturen, aber keine anlageform
      Avatar
      schrieb am 24.02.01 16:48:56
      Beitrag Nr. 37 ()
      Hier noch 2 weitere Berichte zum Thema aus dem Spiegel Nr.8, u.a. nachzulesen unter:
      http://www.spiegel.de/spiegel/inhalt/0,1518,ausg-665,00.html




      "Hinterher sind alle schlauer"

      Leonhard Fischer, 38, im Vorstand der Dresdner Bank für das Investmentbanking zuständig, über die Börsengewinne der Banken und das Geschäft mit den Neuemissionen


      SPIEGEL: Herr Fischer, die Banken haben im vergangenen Jahr prächtig verdient, die Kleinanleger kräftig verloren. Plagt Sie deswegen ein schlechtes Gewissen?
      Fischer: Nein, wir betreiben unser Geschäft nach bestem Wissen und Gewissen. Dass die Märkte bisweilen einbrechen, gefällt uns ebenso wenig wie jedem anderen Anleger auch.

      SPIEGEL: Das stimmt doch so nicht. Die Banken verbuchen Rekordgewinne, sie verdienen ihre Provisionen auch dann, wenn die Kleinanleger in einer Baisse verkaufen.

      Fischer: Auch wir Banken haben lieber einen haussierenden Markt. In einem schwachen Börsenumfeld sinken die Orderaufträge, das Interesse am Markt geht zurück. Im vierten Quartal gab es kaum noch Neuemissionen. Aber an der Börse gibt es neben Phasen übertriebener Kurse eben auch Phasen der Anpassung.

      SPIEGEL: Drei Viertel aller Firmen, die im vergangenen Jahr an die Börse gingen, notieren unter ihrem Emissionspreis. Warum sind denn die Firmen überhaupt so überteuert an den Markt gekommen?

      Fischer: Überteuert ist es an der Börse immer erst hinterher - und zu billig ist es auch erst hinterher. Niemand ist gefeit gegen allgemeine Marktschwächen.

      SPIEGEL: Haben die Banken für Neuemissionen nicht viel zu lange zu hohe Preise verlangt?

      Fischer: Nein. Die Bewertung einer Neuemission orientiert sich am Markt. Hinterher sind alle schlauer. Eine so dramatische Korrektur im Technologiebereich - nach drei, vier Jahren eines zuletzt übertriebenen Booms - hatte niemand erwartet.

      SPIEGEL: Müssen die Banken die Firmen nicht noch viel härter auf ihre Seriosität prüfen?

      Fischer: Wir prüfen äußerst rigide, und wir haben sehr vielen Firmen abgeraten oder sogar Unternehmensemissionen abgelehnt, weil wir nur Firmen an die Börse bringen, von denen wir glauben, dass sie auch börsenfähig sind.

      SPIEGEL: Es gab Fälle von Unternehmen, die sechs Wochen nach dem Börsengang eine Gewinnwarnung herausgeben mussten. Müssten die Banken in so einem Fall nicht haften?

      Fischer: Eigentlich sollte das nicht passieren. Aber wenn ein Unternehmen falsche Auskünfte erteilt, können falsche Ergebnisse entstehen. Sie müssen sehen, dass mit der großen Anzahl der Emissionen natürlich die Gefahr wuchs, dass einzelne Neuemissionen nicht dem Qualitätsanspruch eines Börsengangs gerecht wurden. Aber das müssen Sie trennen von der Entwicklung eines Gesamtmarkts, die dann auch alle anderen Unternehmen in ihrer Bewertung mit nach unten gezogen hat.

      SPIEGEL: In Deutschland hat ein Anleger kaum Möglichkeiten, die Bank oder die Wirtschaftsprüfer zur Verantwortung zu ziehen, wenn so ein Fall eintritt.

      Fischer: Die Prospekthaftung haben wir ja auch in Deutschland. Die Aussagen im Prospekt müssen richtig sein.

      SPIEGEL: Trotzdem klagen die Aktionärsverbände, dass wir in Deutschland in puncto Anlegerschutz noch ein Entwicklungsland sind.

      Fischer: Der Begriff Entwicklungsland wäre sicherlich falsch, denn wir haben eigentlich einen sehr hoch ausgeprägten Anlegerschutz. Dass jeder Schutz und jedes Gesetzeswerk immer auch Lücken aufweisen kann, gibt es in jedem Rechtssystem der Welt. Aber der Aufwand, mit dem in den letzten Jahren die Wertpapiergesetze, die Wertpapieraufsicht, die Börsenzulassungskriterien und der gesamte deutsche Kapitalmarkt reformiert wurde, ist schon einmalig. Sie werden auch in den USA genügend Beispiele finden, wo die Erwartungen und Prognosen von Unternehmen sich nicht erfüllt haben.

      SPIEGEL: Nur haben in Amerika die Anleger deutlich bessere Möglichkeiten, dagegen vorzugehen. Sie können Sammelklagen starten, es gibt eine schlagkräftige Börsenaufsicht, die SEC. In Deutschland haben wir verschiedenste Börsenaufsichtsstellen - und keine besitzt ausreichende Kompetenzen.

      Fischer: Die Wertpapieraufsicht in Deutschland ist sehr aktiv und geht auch allen erkennbaren Regelverstößen nach. Zu einer Aktienkultur gehört aber auch die Erkenntnis, dass eine Investition in junge Unternehmen risikoreich ist. Unsere Aufgabe als Bank ist es, Anleger so zu beraten, dass sie nicht Haus und Hof in ein Risikoinvestment stecken. Sondern dass sie diversifizieren und möglichst auch Fondsprodukte beimischen, die eine Streuung des Risikos bewirken. Es mag aber Regelverstöße gegeben haben, zumindest gibt es einige anhängige Verfahren gegen einzelne Unternehmen. Das ist schlimm genug. Ich gehe aber davon aus, dass unser Rechtssystem völlig ausreicht, um dieses auch zu ahnden.

      INTERVIEW: WOLFGANG REUTER



      "Angeln in einer Tonne"

      Im Heimatland des Kapitalismus sind die Aktionäre weit besser geschützt als in Deutschland, Anlagebetrüger werden hart bestraft, und eine Cyberforce überwacht den Aktienhandel im Internet.


      Verglichen mit den Zuständen in Deutschland sind die USA ein Paradies für Kleinanleger. Nirgendwo wird der Anlegerschutz so streng überwacht wie in der Hochburg des Kapitalismus, nirgendwo steht dem Investor mehr Information zur Verfügung, und in kaum einem Land werden ähnlich hohe Strafen für das Prellen von Anlegern verhängt.
      Die Ursache für diese Fürsorge ist offensichtlich: Die Finanzmärkte sind das Rückgrat der US-Wirtschaft. Und die Hälfte aller Amerikaner hat Teile ihres Vermögens und ihre Altersversorgung in Aktien und Investmentfonds gesteckt. So ist es oberstes Gebot, das Vertrauen der Anleger zu erhalten und den Aktienmarkt, wenn schon nicht berechenbar, so doch wenigstens fair zu gestalten.

      Das war nicht immer so. Im Aktienrausch der zwanziger Jahre waren staatliche Regulierungen nicht sehr populär - bis 1929 die Börse krachte: Der Dow-Jones-Index fiel um rund 85 Prozent, Millionen Anleger verloren Haus und Hof. Als Reaktion darauf wurde 1934 die amerikanische Börsenaufsicht Securities and Exchange Commission (SEC) gegründet, und es wurden Gesetze gegen Insiderhandel geschaffen - die meisten anderen Industrieländer zogen erst Jahrzehnte später mit ähnlichen Gesetzen nach: Großbritannien 1980, die Schweiz 1988, Deutschland gar erst 1994.

      Nach dem Crash Ende der zwanziger Jahre rutschten die USA in eine schwere Depression. Das Vertrauen in die Finanzmärkte war erschüttert. Um es zurückzugewinnen, verabschiedete der Kongress in Washington zwei Gesetze, die bis heute Gültigkeit haben: den Securities Act von 1933 und den Securities Exchange Act von 1934.

      Firmen, die öffentlich Aktien anbieten, sind seither verpflichtet, der Öffentlichkeit die Wahrheit über ihr Geschäft, ihre Aktien und die Risiken beim Kauf derselben mitzuteilen. Wer professionell Aktien und Wertpapiere verkauft, muss Investoren fair behandeln und in deren Interesse handeln.

      Seither wurde dieses simple Konzept durch viele Regeln präzisiert. Alle wichtigen Mitspieler im Wertpapierhandel, wie Börsen, Broker- und Investmenthäuser, Finanzberatungsfirmen, Investmentfonds, werden streng kontrolliert.

      Doch die besten Gesetze taugen nur, wenn sie auch vollzogen werden können. So haben die USA ihre Börsenaufsicht mit der Macht und den notwendigen Ressourcen ausgestattet, die SEC-Regeln sowohl disziplinarisch als auch juristisch durchzusetzen. 400 bis 500 Zivilverfahren strengt die Börsenaufsicht jährlich gegen Einzeltäter und Firmen an, die Börsengesetze verletzt haben. Meistens handelt es sich um Bilanzbetrug, um die Veröffentlichung falscher Informationen oder um Insiderhandel.

      Es sind nicht nur kleine Firmen, die die Macht der SEC fürchten müssen. Auch namhafte Großkonzerne wie AOL wurden wegen fragwürdiger Bilanzierungstechniken zur Rechenschaft gezogen. Vor kurzem brach der Aktienkurs von Lucent um zehn Prozent ein, nachdem bekannt geworden war, dass die SEC die Bilanzen des Unternehmens prüft.

      Arthur Levitt, der kürzlich zurückgetretene oberste Börsenaufseher, kennt die Tricks seiner Kontrahenten nur zu gut, schließlich hatte er selbst 27 Jahre an der Wall Street verbracht, 11 davon als Vorsitzender der American Stock Exchange. "Als Investor dürfen Sie die Deckung nie hängen lassen", warnt er die Anleger. Sein Credo: Nicht an der New-Economy-Hysterie teilnehmen, Analysten und Marktschreiern misstrauen, stattdessen die Firmen auf ihren realen Wert prüfen. Damit den Anlegern solche Prüfungen erleichtert werden, können sie sich im Büro für Investoren-Fortbildung über ihre Rechte informieren und Beschwerden einreichen.

      Insgesamt mehr als 4000 öffentlich gehandelte Firmen mit einem Mindestkapital von zehn Millionen Dollar und mit über 500 Aktionären müssen sich regelmäßig den bohrenden Fragen der SEC stellen und, teilweise vierteljährlich, Geschäftsberichte einreichen. Die werden stichprobenartig auf ihre Richtigkeit überprüft, auf jeden Fall aber wird die Information sofort in die für die Öffentlichkeit zugängliche Datenbank EDGAR (und im Internet) eingespeist. Kostenlos und für jedermann nutzbar, sind diese Berichte eine wertvolle Informationsquelle für Anleger.

      Denn auch die Offenlegungsvorschriften in den USA sind wesentlich umfassender und schärfer als in Deutschland. Während etwa deutsche Manager klammheimlich Teile ihrer Aktien verkaufen dürfen, müssen Manager in den USA jeden Verkauf nach spätestens sechs Wochen veröffentlichen. So können Anleger verfolgen, wie es um das Vertrauen der Manager in die eigene Firma bestellt ist.

      Besonders laut protestierte die Wall Street, als Levitt die "Regulation Fair Disclosure" durchsetzte. Darin machte er mit der herrschenden Praxis Schluss, dass Analysten oder Großinvestoren vor der Öffentlichkeit in intimen Treffen über neueste Firmenentwicklungen wie Gewinnvoraussagen, Fusionen oder die Entwicklung neuer Produkte informiert werden. Der daraus entstehende Handlungsvorsprung benachteilige den Kleinanleger, argumentierte Levitt. Im August vergangenen Jahres wurde die Regel verabschiedet, wonach alle Informationen sofort der Öffentlichkeit bekannt gegeben werden müssen.

      Einen weiteren Aufschrei in der Finanzwelt provozierte die Börsenaufsicht, als sie Wirtschaftsprüfungsfirmen verbieten wollte, bei ihren Kunden gleichzeitig lukrative Beratungsaufträge auszuführen, weil sie um die Unabhängigkeit der Rechnungsprüfung fürchtete. Obwohl die Börsenbehörde später wieder von ihren Maximalforderungen abrückte, verkaufte Ernst & Young sein Beratergeschäft für über 20 Milliarden Mark, und auch Andersen Consulting spaltete sich bald von den Rechnungsprüfern von Arthur Andersen ab.

      Eine gesunde Skepsis hegt Levitt auch gegenüber den Analysten. Viele arbeiten für Investmenthäuser, die ebenjene Firmen an die Börse bringen, die der Analyst bewertet. Die "Chinesische Mauer", die zwischen den Bereichen bestehen soll, scheint zu niedrig zu sein. Schließlich sind die Gehälter mancher Analysten an das Gesamtergebnis ihrer Firma gekoppelt. Und die Investmentbanken machen nun mal viel Geld mit Börsengängen und Aktienvertrieb.

      Schwer vorstellbar, dass ein Analyst ausgerechnet den Hauptkunden seiner eigenen Firma herunterstuft. So ist es kein Wunder, dass nicht einmal ein Prozent aller Empfehlungen in den USA auf "Verkaufen" lautet.

      Eine Regelung konnte die SEC bislang noch nicht durchsetzen. Doch um eine Rufschädigung zu vermeiden, haben sich die New York Stock Exchange (NYSE) und die Betreiber der Hightech-Börse Nasdaq kürzlich verpflichtet, solche Verzahnungen bei öffentlichen Äußerungen ihrer Mitgliederfirmen künftig deutlich kenntlich zu machen.

      Ihren größten Triumph erlebte die SEC im Jahr 1994, nachdem per Zufall ein riesiger Preisbindungsskandal an der Nasdaq aufflog. Zwei cleveren US-Universitätsprofessoren, William Christie und Paul Schultz, war eine Eigentümlichkeit des Nasdaq-Handels aufgefallen, die bis dahin allgemein unbemerkt geblieben war: die Tatsache, dass der Angebotspreis für Aktien sehr häufig einen Viertelabstand hatte (also 21, 21 1/4, 21 1/2 ...), selten aber einen Achtelabstand wie etwa bei der NYSE üblich.

      Sie gingen dem Phänomen nach. Ihre Schlussfolgerung: Die Händler hatten die Viertelung heimlich abgesprochen, um ihren Gewinn, die Differenz von Aktienankaufspreis zu Aktienverkaufspreis ("spread"), möglichst hoch zu halten, nämlich auf 25 Cent pro Aktie.

      Das Justizministerium ermittelte gegen Nasdaq-Händler wegen illegaler Preisabsprachen - sie hatten die Profite auf Kosten der Anleger hoch gehalten. In beschlagnahmten Telefonmitschnitten von Händlergesprächen fanden die Ermittler auch massive Drohungen an Händler, die die Preisbindung durchbrechen wollten.

      Beteiligt waren rund 30 Firmen, darunter so feine amerikanische Broker-Häuser wie Merrill Lynch, Goldman Sachs, Salomon Smith Barney und Paine Webber. Die beteiligten Händler, die jedes Vergehen leugneten, kam die Absprache teuer zu stehen - die Einigung im Jahr 1997 kostete eine Milliarde Dollar.

      Von noch größerer Bedeutung waren jedoch die Auflagen der SEC. Die Börsenaufseher zwangen der Nasdaq ein vollkommen neues elektronisches Handelssystem auf, das die Kosten für den Anleger und die Gewinne für die Händler verringerte, und sie verordneten strengste Kontrollregeln.

      Aufgeschreckt durch diesen Skandal, achten die Aufseher verstärkt auf die Machenschaften der Broker. Die Börsenaufsicht will eine Regelung einführen, nach der Broker das Platzieren der einzelnen Orders transparent machen. Dann wird ganz schnell sichtbar, wie zügig, wie erfolgreich und vor allem wie preisgünstig jeder einzelne Aktienhandel über die Bühne geht.

      Diese Regelung zielt besonders auf den Handel im Internet, der in den letzten Jahren sprunghaft zugenommen hat. Anfang 1998 bestand die Abteilung für Internet-Betrug aus zwei Mitarbeitern, und die meisten US-Börsenaufseher hatten keinen Zugang zum Internet. Levitt mobilisierte den Kongress - und bekam prompt Gelder genehmigt. Die Strafverfolgungsabteilung konnte 100 neue Leute einstellen. Sie ergänzen die Arbeit der anderen 850 SEC-Mitarbeiter.

      Ihr Chef, der 49-jährige Richard Walker, ein ehemaliger Wall-Street-Anwalt, erklärte den Cyber-Piraten den Krieg. "Es ist nicht schwer, die Betrüger zu finden", tönte Walker selbstbewusst. "Die sind ja darauf aus, gefunden zu werden - von potenziellen Opfern. Es ist, als angele man in einer Tonne."

      Gut 250 Fachleute hat die Börsenaufsicht eigens für die Bekämpfung von Internet-Betrug ausbilden lassen. Diese "Cyberforce", wie Walker seine Spezialtruppe nennt, erhält die meisten Anhaltspunkte für betrügerische Machenschaften durch das jedermann zugängliche Online-Beschwerde-Zentrum. Rund 300 Hinweise und Klagen von aufmerksamen Kleinanlegern gehen dort täglich ein.

      Eine weitere Quelle sind die beiden großen US-Börsen selbst. Sie beobachten mit inzwischen ausgefeilten Kontrollsystemen die Aktienbewegungen und informieren die Börsenaufsicht, wenn sich Kurse auffällig verhalten.

      Zur Strafverfolgung arbeiten sie mit dem FBI zusammen. Denn die SEC selbst kann nur Zivilklagen anstrengen.

      "Das ist kein Hindernis", sagt Walker. "Alle sind so scharf darauf, das Internet sauber zu halten. Wir brauchen beim FBI nur anzurufen und Internet zu sagen, dann laufen die schon los."

      MICHAELA SCHIEßL
      Avatar
      schrieb am 24.02.01 17:03:13
      Beitrag Nr. 38 ()
      Diesen Abschnitt mußte ich nochmal extra posten, da aus ihm hervorgeht, daß die Politik (u.a. Herr Eichel) zum handeln aufgefordert wird.

      Im Heimatland des Kapitalismus sind die Aktionäre weit besser geschützt als in Deutschland, Anlagebetrüger werden hart bestraft, und eine Cyberforce überwacht den Aktienhandel im Internet.

      Verglichen mit den Zuständen in Deutschland sind die USA ein Paradies für Kleinanleger. Nirgendwo wird der Anlegerschutz so streng überwacht wie in der Hochburg des Kapitalismus, nirgendwo steht dem Investor mehr Information zur Verfügung, und in kaum einem Land werden ähnlich hohe Strafen für das Prellen von Anlegern verhängt.

      Die Ursache für diese Fürsorge ist offensichtlich: Die Finanzmärkte sind das Rückgrat der US-Wirtschaft. Und die Hälfte aller Amerikaner hat Teile ihres Vermögens und ihre Altersversorgung in Aktien und Investmentfonds gesteckt. So ist es oberstes Gebot, das Vertrauen der Anleger zu erhalten und den Aktienmarkt, wenn schon nicht berechenbar, so doch wenigstens fair zu gestalten.
      Avatar
      schrieb am 27.02.01 12:48:28
      Beitrag Nr. 39 ()
      ...passt ganz gut hier rein.

      Nach den Kursstürzen: Jetzt haben die Juristen das Wort

      Aufstieg und Fall der Heyde-Aktie sind leider kein Einzelfall am Neuen Markt, sondern ein Beleg dafür, dass es mit der Gleichheit der Waffen zwischen institutionellen Großanlegern und Privatanlegern, die ihre Spargroschen am Neuen Markt riskieren, nicht weit her ist.

      Der Fall T-Online: Bei dem Telekom-Unternehmen dürfen erst mal die Analysten der Deutschen Bank Hof halten und fördern Erstaunliches zu Tage: Während sich Chef Thomas Holtrop noch für die neuen Tarife, die ja anscheinend für Aktionäre und Internet-Surfer die Situation verbessern sollen, feiern lässt, errechnen die Analysten einen kommenden Verlust von erschreckenden 500 Mio.DM -noch in diesem Jahr. Eine durch wallstreet:online ans Licht gebrachte Hiobsbotschaft für die ohnehin schon arg gebeutelten T-Online-Aktionäre. Die Aktienhändler der Deutschen Bank dürften davon nichts erfahren, wenn die so genannte Chinese Wall zwischen Analysten und Aktienhändlern wirklich so hoch ist, wie immer wieder behauptet wird.

      „Der Spiegel“ berichtet davon, dass diese „Chinese Wall“ genannte bankinterne Mauer zwischen Analysten und Handel nicht immer hoch genug ist. Ein Bankmanager – nicht von der Deutschen Bank – gibt das gegenüber dem Nachrichtenmagazin offen zu. Und der Deutschen Bank soll hier auch nichts unterstellt werden, worauf interne Überwachungsorgane sicherlich peinlichgenau achten.

      Bei der Software-Firma Heyde wurde der Kurssturz, der die Aktie bis auf den Preis einer 25er Zigarettenschachtel gedrückt hat, schon vorher ausgelöst: Im November wurde der Heyde-Vorstand umgebildet. Der Vorstand verkaufte die Neuordnung als Beginn einer besseren Zukunft. Die Aktie stürzt von 20 auf weniger als 15€. Das Bankhaus M.M.Warburg rät zum Verkauf der Aktien; nach den schlechten Quartalszahlen, so erkannten die Analysten, waren die in Aussicht gestellten Gewinne kaum noch zu erreichen.

      Andere Bankhäuser glaubten weiter der geölten Informationsmaschine der Heyde AG, die selbst dann noch das Gegenteil behauptet, als wallstreet:online vorab meldet, die Zahlen würden so schlecht, wie sie nun tatsächlich ausgefallen sind. Ein Nachrichtendienst scheut sich nicht, die vorsätzlich falsche Information aus dem Hause Heyde weiterzugeben. Sie hat viele Anleger sehr viel Geld gekostet, weil sie auf die Aufrichtigkeit des Heyde-Vorstands vertraut haben. Wie sie sich jetzt schadlos halten können, müssen Juristen befinden.

      Autor: Thomas Siedler, 11:25 27.02.01
      Avatar
      schrieb am 27.02.01 13:08:57
      Beitrag Nr. 40 ()
      Der US-Internet-Spielzeughändler eToys ist bankrott

      LOS ANGELES - eToys ist pleite. Der amerikanische Internet-Spielzeughändler will in fünf bis zehn Tagen Konkurs anmelden. eToys hat Investoren gewarnt, dass ihre Aktien wertlos seien. Bis Anfang April sollen sämtliche Mitarbeiter nach Hause geschickt werden. Die eToys.com-Web-Site soll bereits etwa in gut einer Woche geschlossen werden.
      eToys ist neben Amazon.com einer der wichtigsten amerikanischen Internet-Einzelhändler. eToys hatte es nie geschafft, Gewinne zu machen. Das Weihnachtsgeschäft 2000, das die Rettung bringen sollte, fiel schwach aus. (27. Februar 2001 12:44)


      ...vor 4 Monaten
      eToys schlägt Erwartungen

      eToys, ein Internet-Spielzeugshop, veröffentlichte heute nach Börsenschluß die Quartalszahlen für das vergangene Quartal. Die Erwartungen der Analysten konnten mit einem Verlust von 33 Cents je Aktie um 2 Cents geschlagen werden. Im Vorjahreszeitraum lag der Verlust von bei 27 Cents je Aktie.
      Der Umsatz konnte um 95% auf 26 Mio. Dollar gesteigert werden. Die Marge stieg leicht von 21,9% auf 22,5%.

      Das Management von eToys geht davon aus, das der Verlust im nächsten Quartal zum ersten Mal niedriger sein wird, als in der Vorjahresperiode. Diese Tendenz wird in den nächsten Quartalen anhalten, bis 2002 der Break Even erreicht wird.

      Die Aktie stieg nachbörslich um 3,6% auf 3,9 Dollar.

      30.10.00 22:20
      Avatar
      schrieb am 27.02.01 13:15:41
      Beitrag Nr. 41 ()
      Berliner Kurier Vermischtes 27.2.2001 12:29

      BerlinOnline: Berliner Kurier - Augen auf bei Finanz-Foren

      Aktien-Wahl per Internet
      Augen auf bei Finanz-Foren


      Finanz-Foren im Internet können eine gute Hilfe bei der Aktien-Wahl bieten. Aber auch hier lauern Betrüger. Die Zeitschrift "Geld-Idee" rät daher zur Vorsicht in diesen Foren. Trauen Sie keinesfalls jeder Behauptung, die Sie dort mitbekommen. Kursmanipulierer streuen bewusst positve Meldungen über bestimmte Firmen, um selbst daran zu profitieren. Überprüfen Sie Unternehmens-Nachrichten daher immer bei seriösen Anbietern (z. B. Nachrichtenagentur Reuters) oder auf der Homepage der betreffenden Firma.
      Artikel vom 21. Februar 2001
      Avatar
      schrieb am 27.02.01 13:20:10
      Beitrag Nr. 42 ()
      Süddeutsche Zeitung Wirtschaft 27.2.2001 11:45

      VORSCHAU - Ab März gilt erweitertes Regelwerk am Neuen Markt

      Frankfurt, 27. Feb (Reuters) - Anfang März tritt die Erweiterung des Regelwerks für den Neuen Markt der Frankfurter Börse in Kraft, wonach Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder Käufe und Verkäufe von Aktien des eigenen Unternehmens anzeigen müssen. Spätestens nach drei Tagen müssen Erwerb oder Verkauf von Aktien mitgeteilt werden, wie es in den jüngst von der Börse vorgelegten neuen Regeln heißt. Bei Missachtung dieser Meldepflicht drohen Sanktionen, die von einer Abmahnung bis zum Ausschluss des Unternehmens aus dem Neuen Markt reichen. Mit den neuen Regeln will die Börse nach eigener Darstellung mehr Transparenz am Wachstumssegment schaffen. Aus ähnlichen Motiven fordert die Börse auch ab dem ersten Quartal dieses Jahres, dass die im Deutschen Aktienindex (Dax) und dem Nebenwerte-Index MDax notierten Firmen Quartalsberichte vorlegen.

      Die Erweiterung der Regelung zur Offenlegung von Wertpapiergeschäften (Disclosure of Directors Dealings) rief ein geteiltes Echo am Finanzplatz Frankfurt hervor. Während Analysten die Neuerungen begrüßten, forderte die Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre (SdK) weiter gehende Vorschriften. Nach Ansicht der Aktionärsvertreter sollten Kauf und Verkauf von Aktien durch Vostände und Aufsichtsräte vorher angekündigt und nicht erst hinterher mitgeteilt werden. Zu dem sollten die Großaktionäre in die Meldepflicht mit einbezogen werden. "Es ist ein Schritt in die richtige Richtung, aber es bleiben so viele Lücken, dass dem Anleger noch nicht genügend Sicherheit gegeben wird", kritisierte SdK-Vorstand Markus Straub. "Der Kreis der Betroffenen ist völlig unzureichend." So fielen Großaktionäre, die nicht dem Unternehmen angehörten, nicht unter die Meldepflicht. Zudem forderte Straub, wie in den USA üblich, eine Anmeldung von Anteilskäufen- oder Verkäufen vor der Transaktion.

      Die Deutsche Börse ist nach Worten eines Sprechers mit der Erweiterung des Regelwerks bis an die Grenzen der gesetzlichen Möglichkeiten gegangen. Die Einbeziehung von nicht dem Unternehmen angehörenden Großaktionären in die Meldepflicht sei aufgrund des deutschen Eigentumsrechts nicht zulässig. "Wir haben das schärfste Regelwerk für einen Wachstumsmarkt in ganz Europa", fügte der hinzu. Die Börse verlangt auch von den 100 in Dax und MDax gewichteten Konzernen künftig die Veröffentlichung von Quartalszahlen, wie es zum Beispiel in den USA bereits gang und gäbe ist. Nach Angaben der Börse haben nahezu alle betreffenden Firmen signalisiert, dass sie der neuen Vorschrift Folge leisten werden. Der im MDax notierte Sportwagenhersteller Porsche hatte zunächst Bedenken gegen die neue Vorschrift geäußert, sich dann aber doch kompromissbereit gezeigt.

      mik/pew/ban
      Avatar
      schrieb am 27.02.01 13:21:48
      Beitrag Nr. 43 ()
      Was sagt ihr zu der Masche mit den Dachfonds, wohl die Erfindung zum totalen Abzock. Wie hieß eigentlich der Erfinder mit seiner IOS?
      Schön das Geld umdrehen, Fonds tauschen und Ausgabeaufschläge kassieren und die schieben dann noch massive Liquidität vor sich her.

      Warum macht Kinski keine Bank auf?

      HAHAHA
      Avatar
      schrieb am 28.02.01 15:34:01
      Beitrag Nr. 44 ()
      Schade, daß die guten Threads immer weniger gelesen werden.... aber symptomatisch für das WO-Board
      Hier etwas, was gut in diesen Thraed passt.... :D

      Gruß

      D.T.



      New Economy: Wer war schuld am ganzen Hype?

      Vor einem Jahr füllten sie die Seiten der Fach- und Publikumsblätter und lachten von den Titelseiten der Hochglanzmagazine: Die oft in Rudeln auftretenden Startup-Gründer waren hip und sorgten für Auflage und Anzeigenwachstum. Komplett neue Zeitungsprojekte wie Net-Business frönten dem Zeitgeist und setzten auf den immerwährenden Aufschwung der New Economy. Doch längst ist die Blase geplatzt: Bereits börsennotierte Dot.Coms und E-Commerce-Dienstleister sind auf dem Boden der Realität unsanft gelandet, Startups stürzen ihre Geschäftsmodelle um und entlassen genauso wie die Blätter rund um die New Economy immer mehr Mitarbeiter. Aber auch private Anleger, die sich von der Euphorie hatten anstecken lassen, betrachten entsetzt ihre Depotauszüge und erwägen Klagen gegen die vormaligen "Börsenstars".

      Auf einer Podiumsdiskussion mit Vertretern aus der Wirtschaftspresse, der entzauberten New Economy und Abgesandten von Unternehmensverbänden am gestrigen Dienstag, zu der die Beratungsfirma Heaven 21 eingeladen hatte, wurde nun die Schuldfrage aufgeworfen. Uli Pecher, Chefredakteur der um Leser kämpfenden deutschen Ausgabe von Business 2.0, nahm dabei vor allem die eigene Zunft in die Pflicht. Doch die Diskussionsteilnehmer aus der Börsenpresse wollten sich den Schuh nicht wirklich anziehen und wehrten sich gegen den unterschwellig laut gewordenen Vorwurf der Volksverdummung.

      "Es ist natürlich einfach, den Schwarzen Peter weiterzuschieben und zu sagen: Der Leser will es!", versuchte Max Höfer, Leiter des Berlin-Büros von Capital, Image-Schäden zu begrenzen. Als Anlegermagazin müsse man bei einem mehrjährigen Börsenhype einfach mitspielen, auch wenn es Pflicht der Redakteure sei, auf alternative Investitionsmöglichkeiten hinzuweisen. Wer zwischen 1996 und 2000 an den Wachstumsmärkten investiert habe, habe ja auch viel Geld verdient. Höfer weiter: "Man muss natürlich auch rechtzeitig aussteigen."

      Außerdem gab der Capital-Redakteur zu, dass "wir auch nur bei den Bankanalysten abschreiben". Die Anlegerblätter hätten einfach darauf reagieren müssen, als die führenden Börsenauguren die Werte der Old Economy massiv abwerteten und Papiere aus der New Economy im Gegenzug nach oben stuften. Geschadet hätten sich dabei vor allem die Banker mit ihren "unkritischen Berichten", weniger die sich auf sie stützenden Medien.

      Auch Jürgen Homeyer von Focus Money schimpft auf die Finanzinstitute und ihre Politik: "Die Banken haben suggeriert, dass die jungen Firmen nicht mehr den Gesetzen der Ökonomie unterliegen." Sie seien auch diejenigen gewesen, die mit dieser Masche am besten gefahren seien. "Schaut man sich die Jahresberichte der Banken an, so konnten sie über die letzten Jahre hinweg Gewinnanstiege zwischen 40 und 50 Prozent ausweisen", gibt der Redakteur zu Bedenken. Er selbst habe sich von Anfang an gegen den Begriff der New Economy gewehrt: "Nur der Vertriebsweg ist neu, die Gesetze der Marktwirtschaft müssen höchstens modifiziert werden."

      Die nachträgliche Schadensbegrenzung hört sich angesichts entgegengesetzter Töne vor einem Jahr nicht besonders aufrichtig an. Medienwissenschaftler sind sich einig darüber, dass die schreibende Zunft Trends weniger prägt als vielmehr aufgreift, verstärkt und dabei dem Leser letztlich nichts verkaufen kann, was dieser nicht bereitwillig aufnimmt; doch eine stärkere Berücksichtigung kritischer Gegenstimmen, die es auch während des Startup-Hypes reichlich gegeben hat, hätte nicht schaden können.

      Das gilt generell auch für das den Medien inzwischen leicht fallende Einhauen auf die einst hochgejubelten Helden. "Genauso undifferenziert, wie noch vor ein oder zwei Jahren mit einer grenzenlosen Euphorie die New Economy betrachtet wurde, werden jetzt die Misserfolge verallgemeinert", ärgert sich Marek Wojcicki, Vorstandschef von Heaven 21. Diese Sicht erkläre nichts, da sie auf die Analyse von vornherein verzichte. Dem Konzept des neuen Wirtschaftens und Marketings will Wojcicki nämlich längst noch nicht den Todesstoß versetzen. Seiner Ansicht nach verkennen Medien und Analysten heute, "dass sich die New Economy keineswegs ausschließlich auf die frischen Dot.Coms, sondern auf eine Reihe von neuen Geschäftsmodellen und Geschäftsprozessen bezieht". (Stefan Krempl) / (jk/c`t)
      Avatar
      schrieb am 01.03.01 15:04:02
      Beitrag Nr. 45 ()
      SPIEGEL-Artikel vom 16.10.2000

      Der Guru des Neuen Marktes

      Er ist einer der mächtigsten Fondsmanager des Landes: Kurt Ochner treibt die Kurse seiner Börsenlieblinge in ungeahnte Höhen. Wer in seiner Gunst steht, gilt als gemachter Mann. Die Anleger profitierten von seinen umstrittenen Methoden - bis vor kurzem.

      In seiner Heimat im Odenwald konnte Kurt Ochner, 48, im vergangenen Jahr so viele Äpfel und Birnen wie nie zuvor ernten. Aus 3000 Liter Maische destillierte der Hobby-Schnapsbrenner mehrere hundert Flaschen hochprozentigen Schnaps. "Die Rekordernte ist mein Hedge für schlechte Tage an der Börse", sagt Ochner, der als Fondsmanager der Julius Bär Kapitalanlage in Frankfurt Starstatus genießt. Als Hedge bezeichnen Börsianer eine Art Versicherung gegen fallende Kurse. Schlechte Tage hat die Börse seither viele gesehen. In den vergangenen Wochen platzte eine gigantische Spekulationsblase bei den kleinen Technologiewerten, auf die Ochner gern setzt. Die Kurse vieler Unternehmen am Frankfurter Neuen Markt, der Börse für Wachstumswerte, fielen senkrecht nach unten.

      Auch Ochner, den viele bewundernd "Mr. Neuer Markt" nennen, konnte sich dem Abwärtstrend nicht entziehen. Sein Milliardenfonds, der Julius Bär Special German, sauste mit in den Strudel. Seit den Höchstständen im März ist der Kurs um rund 40 Prozent gesunken. Vielleicht wird Ochner die Schnapsvorräte bald brauchen. Noch verehrt seine Fangemeinde den Fondsmanager als "König der Nebenwerte", noch genießt der "Großmeister des Geldes", so der Berliner "Tagesspiegel", in Fernsehsendungen und Börsenmagazinen den Ruf eines Gurus. Aber wie lange noch? Der ehemalige Fallschirmjäger Ochner verdankt seinen Erfolg auch dem Boom am Neuen Markt. Der Special German Stock Fund legte seit 1996 um mehr als 500 Prozent im Wert zu, weil er frühzeitig auf kleine, weitgehend unbekannte Firmen setzte. Dank des Erfolgs von Ochner stieg das von Julius Bär in Deutschland betreute Fondsvolumen von wenigen hundert Millionen Mark auf bis zu zwölf Milliarden Mark.

      Ochner gilt als einer der mächtigsten Männer am Neuen Markt - und er weiß diese Macht zu nutzen: Ochner kann Kurse in die Höhe treiben oder fallen lassen - je nachdem, ob ihm ein Unternehmen besonders am Herzen liegt oder nicht. Seine Gunst kann mit entscheiden, ob ein Börsengang ein Erfolg wird. "Er tritt wie der Pate des Neuen Marktes auf", sagt ein Investmentbanker, der lieber anonym bleiben will. Kein Wunder, dass die Jungunternehmer, die vom großen Geld am Neuen Markt träumen, zu Ochner in den 32. Stock des Frankfurter "Pollux" pilgern. Wer den Fondsmanager für seine Story einnehmen kann, hat viel gewonnen. "Ich kümmere mich um die Unternehmen, wenn die Banken schon längst wieder abgezogen sind", beschreibt er seinen unkonventionellen Stil.

      Als im vergangenen Herbst der Börsengang der Biotech-Firma Evotec am mangelnden Interesse der Anleger zu scheitern drohte, retteten Fondsmanager unter Führung von Ochner die Emission. "Ochner hat mir versichert, dass er und seine Partner bis zu 50 Prozent der Aktien übernehmen können", erinnert sich Karsten Henco, der Vorstandsvorsitzende der Evotec. Die Banken ließen sich durch die Protektion der Fondsmanager beeindrucken und brachten Evotec an die Börse. Bei der Zuteilung haben Ochner und die anderen Fondsmanager dann im Rahmen der Zuteilungskriterien einen angemessenen Anteil Aktien erhalten. Auch bei den Neue-Markt-Unternehmen Novasoft und NorCom, so Ochner, wurde ein Großteil der Aktien wegen mangelnder Nachfrage aus dem Publikum ausgewählten Großinvestoren zugeteilt. Dann reichen schon kleine Handelsaufträge von Privatanlegern, die bei der Vorabverteilung nicht zum Zuge gekommen sind, um die Kurse nach oben zu treiben.

      Unternehmer, die sich auf Ochner einlassen, müssen allerdings Demut mitbringen. Schon bei der Emission beharrt er oftmals auf einem großen Aktienanteil, da häufig am ersten Handelstag erhebliche Kurssteigerungen locken. Banker, die schon viele Börsenkandidaten betreut haben, berichten von Unternehmern, die Ochner größere Aktienpakete zum Emissionskurs versprochen haben, um seine Gunst zu gewinnen. "Als Gegenleistung für einen günstigen Emissionskurs stellen wir unser Netzwerk zur Verfügung", wirbt Ochner für seinen Service. Er verwaltet nicht nur Milliarden der Julius Bär Kapitalanlage, sondern beeinflusst auch die Investitionsentscheidungen anderer Fondsmanager.

      Ein wichtiger Verbündeter des Fondsmanagers Ochner ist Marian von Korff, der bis Anfang 1999 bei "Focus" die Geldmarktseiten verantwortete. Der Journalist betätigte sich schon während seiner Zeit bei "Focus" als Berater für den VMR Strategie Quadrat Fonds. Er kaufte sich über die Firma Fair Invest in Internet-Unternehmen wie Ricardo und I:Fao ein, die später an den Neuen Markt kamen. Zwischen dem Journalisten und dem Fondsmanager entwickelte sich eine intensive Zusammenarbeit. "Korff hat mich oftmals auf Investitionsideen aus dem Münchner Bereich hingewiesen", lobt ihn Ochner. Er habe sich dafür revanchiert und ihn als Co-Investor bei den Emissionsbanken eingeführt.

      Als Michael Kölmel, der Vorstandsvorsitzende des Medienkonzerns Kinowelt, Ende 1998 einen Investorentermin bei Ochner hatte, staunte er nicht schlecht, dass ihm zusammen mit dem Vorstandsmitglied der deutschen Julius Bär Kapitalanlage auch der Fondsberater und Wirtschaftsredakteur Korff gegenübersaß. Mit von der Partie war auch Kerstan von Schlotheim, ein Fondsmanager der Adig, der heutigen Fondsgesellschaft der Commerzbank. Seit rund einem Jahr ist die Zusammenarbeit zwischen Korff und Ochner offiziell. Ochner berät Korffs VMR Strategie Quadrat. Die Julius Bär Kapitalanlage erhält dafür nach Angaben Ochners ein jährliches Honorar von über 100 000 Mark. "Wenn Korff Beratungsbedarf hat, schickt er seine Depotaufstellung mit der Bitte um Kommentierung", beschreibt Ochner die Zusammenarbeit.

      Die beiden interessieren sich besonders für die kleinen marktengen Werte, bei denen noch nicht so viele Aktien an der Börse umlaufen. Beide verstehen sich als aktive Investoren, die wissen, dass sie mit Käufen und Verkäufen die Kursentwicklung beeinflussen. Da ist es praktisch, wenn wenig Aktien im Umlauf und möglichst viele in festen Händen sind. Bei den kleinen Werten des Neuen Marktes, so Ochner, "reicht eine Order von weniger als einer Million Mark, um den Kurs innerhalb eines Tages um zehn Prozent nach oben oder nach unten zu drücken".

      Schon 1998 favorisierten die beiden Investoren häufig dieselben Unternehmen. Ende 1998 lagen 22,4 Prozent der Gelder des VMR Strategie Quadrat bei einer einzigen Firma, dem Münchner Medienunternehmen EM.TV. Auch privat kaufte Korff Aktien der Filmhändler, bei dem sein Freund Florian Haffa Vorstandsmitglied und ein großer Aktionär ist. Ochner seinerseits besaß 1998 nach eigenen Angaben zeitweise bis zu einem Drittel der umlaufenden Aktien von EM.TV. Auch Schlotheim von der Fondsgesellschaft Adig stieg später bei dem Medienunternehmen ein. Der Free Float, der Anteil der noch im Umlauf befindlichen Aktien, war gering. Schon relativ kleine Kaufaufträge reichten aus, den EM.TV-Kurs nach oben zu treiben.

      So wurde 1998 aus einem sehr kleinen Unternehmen, das in diesem Jahr einen Umsatz von 81 Millionen Mark erzielte, der Börsenstar des Jahres - mit einer Kurssteigerung von 3400 Prozent. Mit dem inflationierten Börsenwert im Rücken gingen die beiden Haffa-Brüder auf Einkaufstour. Ende 1998 beteiligten sie sich mit 50 Prozent für 500 Millionen Mark beim Medientycoon Leo Kirch an dessen gesamter Bibliothek an Kinder- und Jugendfilmen. In dem Joint Venture mit Kirch, das unter Junior-TV firmiert, sind nunmehr 15 000 Sendestunden enthalten.

      Seit Anfang dieses Jahres zeigt der Kirch-Sender Sat.1 wöchentlich zehn Stunden Junior-TV, darunter Uralt-Serien wie "Fred Feuerstein" oder "Schweinchen Dick". Junior-TV kassiert dafür innerhalb von fünf Jahren 201 Millionen Mark, es ist die mit Abstand größte Gewinnquelle von EM.TV. Viele Filme schreibt EM.TV linear innerhalb von 20 Jahren ab. Da der aktuelle Wertverlust auf das eigene Filmlager damit sehr niedrig angesetzt ist, konnten die Filmhändler aus Unterföhring einen höheren Gewinn ausweisen. "Solche Abschreibungsmethoden sind einfach unseriös", sagt Andrea Keidel vom Münchner Medienunternehmen RTV. Im wechselhaften Filmgeschäft ändern sich die Moden zu schnell. RTV schreibt deshalb seine Filme innerhalb von zehn Jahren ab und will den Abschreibungszeitraum 2001 sogar auf fünf Jahre halbieren. Auch Michael Kölmel, Chef des ebenfalls am Neuen Markt notierten Medienunternehmens Kinowelt, plädiert für vorsichtigere Bilanzierungsmethoden, auch wenn manche Großinvestoren das anders sehen. Er weigerte sich, seine konservativen Abschreibungsregeln für neue Filme zu ändern und damit mehr Gewinn auszuweisen. Als Kölmel zudem öffentlich auf die niedrigen Abschreibungen von EM.TV hinwies, reagierte Ochner empfindlich. Er habe ihn mehrfach erfolglos darauf hingewiesen, solche geschäftsschädigenden Äußerungen zu unterlassen, sagt Ochner. Wenn er sich weiter über die Wettbewerber äußere, müsse er mit ernsten Konsequenzen für seinen Börsenkurs rechnen.

      Es ist ein faustischer Pakt, auf den sich Unternehmen einlassen, wenn sie von Ochners Kapital abhängig werden. Der Fondsmanager kann Kurse beeinflussen, aber seine Gunst genauso schnell auch wieder entziehen. Ein typischer Ochner-Wert ist der Chipbroker CE Consumer, der mit Halbleitern für die Computer- und Mobilfunkindustrie handelt. Dessen Vorstandsvorsitzender Erich Lejeune, der vordem vor allem durch seine zahl- und wortreichen Talkshow-Auftritte aufgefallen war, hat dem Duo Ochner/Korff viel zu verdanken: Seine Firma CE Consumer entwickelte sich nicht zuletzt durch große Investitionen der beiden Fondsmanager zum Börsenrenner. Die Erfolgsgeschichte nahm ihren Lauf. Der Fonds VMR Strategie Quadrat, den Korff berät, investierte gut zehn Prozent seiner Mittel in Lejeunes Unternehmen. Dem Aufstieg der CE-Consumer-Aktien dürfte es auch nicht geschadet haben, dass "Focus" auf seinen damals von Korff betreuten Geldseiten mehrfach positiv über das Unternehmen berichtete.

      Auch Ochner investierte in großem Stil in das Chip-Unternehmen, das den Bundesligaclub Spielvereinigung Unterhaching sponsert. Der Unternehmer und Buchautor Lejeune ("So verkaufen Sie sich reich") revanchierte sich, indem er einen großen Teil seines Erlöses aus demBeteiligungsverkauf von Ende 1998 in den Julius Bär Special Fonds steckte. Das hatte Methode: Auch der Popunternehmer Jack White und die E-Commerce-Unternehmer von Buecher.de legten - wie viele andere Börsengänger - einen Teil des Emissionserlöses in Form von Wertpapierspezialfonds bei der Julius Bär Kapitalanlage an, die auch in festverzinsliche Wertpapiere investiert.

      Es ist ein wechselseitiges Geben und Nehmen. In einer Werbekampagne zum Börsengang legte sich Ochner in großformatigen Anzeigen für den Internet-Buchhändler Buecher.de ins Zeug. Eine solche Interessenverquickung zwischen Unternehmen und Fondsmanagement gilt in der Finanzbranche allerdings als äußerst unfein. "Mir wäre gekündigt worden, wenn ich das getan hätte", sagt Karl Fickel, bis vor kurzem Fondsmanager von Invesco. Auch bei der Augusta Technologie AG, die in rund ein Dutzend kleinerer Hightech-Unternehmen investiert, funktioniert das Zusammenspiel zwischen Ochner und seinen Alliierten - Ex-"Focus"-Mann Korff wies sich auf einer Internet-Seite seiner FI-Firmengruppe sogar als Miteigentümer bei der Augusta aus. Inzwischen wird das Unternehmen nur noch als Partnerunternehmen geführt. Die Augusta kauft kleine mittelständische Betriebe beispielsweise in der Software-Industrie oder der Sensorik auf und will diese irgendwann gewinnbringend an die Börse bringen. Bevor die Beteiligungsgesellschaft 1998 an die Börse ging, stand in "Focus" (18/1998) auf der Geldmarktseite, für die Korff damals zuständig war, unter der Überschrift "Sechs auf einen Streich" im Duktus einer Werbebotschaft: "Bei einem Emissionskurs von 65 Mark wäre das ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von 14. Anleger, die bei der Emission nicht zum Zug kommen, sollten bei Kursen um 150 Mark noch zugreifen."

      Fondsmanager Ochner musste sich nicht so weit hinten anstellen wie die Kleinaktionäre. "Ich war seit der Börseneinführung von Anfang an dabei", sagt er. In seinem Julius Bär Special lagen am 31. Dezember 1999 laut Geschäftsbericht 399 378 Augusta-Aktien, sein Creativ Fonds war im Mai mit 44 559 Aktien dabei. Bei Korff, dessen Fonds mittlerweile viele 100 Millionen Mark eingesammelt hat, war die Augusta Ende 1999 sogar die wichtigste Aktie im Depot. Wie gut die Zusammenarbeit zwischen den beiden Partnern läuft, zeigte sich auf den Hauptversammlungen der Augusta. Am 9. Juni 1999 vertrat Reinhard Bellet, einer der Geschäftsführer aus Korffs FI-Gruppe, die Interessen der Fondsanleger von Julius Bär gleich mit. Ochner hatte die Stimmrechte, die er als Großinvestor besitzt, einfach an den Kollegen abgetreten.

      Lange Zeit funktionierte das System Ochner nahezu perfekt. EM.TV avancierte mit einer Börsenkapitalisierung von in der Spitze 14 Milliarden Euro zum internationalen Shootingstar. Selbst Lejeune, dessen Frau als Finanzvorstand schon mal Cash Flow, eine Gewinngröße, und Free Float, die nicht in festem Besitz befindlichen Aktien, verwechselte, brachte es bezogen auf den Emissionspreis auf ein Plus von gut 700 Prozent. Doch seit die Börse ihren Höhenflug abrupt beendete, entweicht hörbar Luft aus den Werten, die Ochner einst groß gemacht hat. EM.TV verlor seit den Höchstständen im Frühjahr 64 Prozent, CE Consumer 71 Prozent, Augusta 43 Prozent.

      Selbst ein Fernsehauftritt Ochners bewirkte nur noch ein kurzfristiges Strohfeuer. Als Ochner Ende Juni in der N-tv- "Telebörse" für EM.TV trommelte, stieg der Kurs um 8,1 Prozent, um danach wieder abzusacken. Auch eine zeitweise Aufnahme von EM.TV, CE Consumer, Augusta und anderen Korff-/Ochner-Werten in das Musterdepot von "Focus Money" bewegte die Kurse nur kurz. "Ich bin überzeugt, dass sich der Kurs bald wieder verdoppelt", prophezeite der damalige EM.TV-Finanzvorstand Florian Haffa im Juni dieses Jahres in einem Interview mit "Focus Money". Solche Behauptungen halten manche Aktienhändler "für ein Verbrechen an den Anlegern". Das Wachstum werde bei EM.TV nur noch mit teuren Unternehmenskäufen vorangetrieben.

      Am vergangenen Montag stürzte die Aktie der Filmhändler um knapp 30 Prozent nach unten. An einem einzigen Börsentag verlor das Unternehmen über vier Milliarden Mark an Wert, weil viele Großanleger den Bilanzkapricen des Medienkonzerns nicht mehr länger zuschauen wollten. "Da ist ein kompletter Vertrauensverlust", sagt Annelie Hoppe, Finanzanalystin von WestLB Panmure (siehe Kasten Seite 132). Selbst Ochner setzt auf neue Favoriten. Beim Julius Bär Special hat er während der ersten sechs Monate die Positionen bei EM.TV und CE Consumer deutlich abgebaut. In seinem neuen Fonds, dem im Dezember aufgelegten Creativ Fonds, war er im Mai weder bei EM.TV noch bei CE Consumer investiert. Stattdessen versucht er mit marktengen Werten wie Biodata, MWG Biotech oder TV Loonland einen Neuanfang nach bewährtem Muster.

      Biodata, das keine Biotechnik, sondern Sicherheitssoftware für Computer herstellt, ging im Februar an den Neuen Markt. Ochner wurde beim Börsengang großzügig bedient und kaufte ordentlich nach. Der Börsenkurs verfünffachte sich gegenüber dem Emissionskurs innerhalb eines Tages, "eine märchenhafte Börsenbewertung", urteilte die "Wirtschaftswoche" über das Unternehmen, das 1999 auf 16,1 Millionen Mark Umsatz kam. Seit es am Neuen Markt nicht mehr so gut läuft, ist der Fondsmanager im Dauereinsatz, um Biodata und die anderen Unternehmen zu schützen, in die er investiert hat. Der "Frankfurter Allgemeinen" vertraute er am 28. März an, dass Biodata, MIS, das Internet-Portal Web.de und das Medienunternehmen TV Loonland zu seinen Lieblingstiteln gehören. Die "Welt" meldete am 19. April, Ochner präferiere zurzeit CyBio oder MWG Biotech. An allen genannten Unternehmen war Ochners Creativ Fonds stark beteiligt.

      Doch die Kurspflege über die Medien wirkte, wenn überhaupt, nur kurzfristig - das Umfeld war zu schlecht: Es kam am Neuen Markt zu einem regelrechten Ausverkauf. Ochner setzte nach eigenen Angaben Ende Juli insgesamt 40 Millionen Mark zufließende Mittel in Unternehmen wie MWG, Biodata, CyBio und Buecher.de ein. Als im Juli einer von Ochners Lieblingen, MWG Biotech, auf einer der so genannten "Todeslisten" mit potenziellen Pleitekandidaten erschien, griff der Fondsmanager persönlich ein. "Ich signalisiere den schwachen Händen im Markt, dass sie ihre Papiere bei mir abliefern können", schildert Ochner seine Intervention. Tatsächlich stieg der Kurs von MWG Biotech kurzfristig. "Ochner kontrollierte zeitweise knapp ein Drittel der am Markt befindlichen Aktien", erklärt der Aktienhändler einer Frankfurter Großbank das Phänomen.

      Doch mittlerweile nützen auch Ochners Interventionen nicht mehr viel. Der Kurs von MWG Biotech sackte inzwischen unter seinen Kurs von Ende Juli. Die Aktie des Internet-Buchhändlers Buecher.de, für dessen Börsengang Ochner geworben hatte, gab es am vergangenen Freitag für rund sechs Euro. Beim Börsengang im Herbst 1999 hatte das Unternehmen noch mehr als das Dreifache gekostet. Ochners System funktioniert in guten Börsenzeiten. Sobald er in Zeiten der Krise einen Teil seiner Anlagen liquidieren muss, rächt sich seine Investitionspolitik, massiv in marktenge Werte zu investieren. Aktienpakete von Unternehmen wie Buecher.de oder Biodata, von denen an normalen Tagen nur wenige tausend Aktien gehandelt werden, sind nahezu unverkäuflich. Sobald Ochner verkaufen muss, droht ein Kurssturz.

      Es wäre nicht das erste Mal, dass Ochners System implodiert: Schon einmal musste er erleben, dass er die Aktien, die er eingesammelt hatte, nicht mehr rechtzeitig loswurde. Als Fondsmanager bei der mittlerweile aufgekauften Hamburger Privatbank SMH hatte sich Ochner schon Ende der achtziger Jahre als Experte für deutsche Nebenwerte ausgewiesen. Zwar investierte er auch in Großunternehmen wie BASF oder Deutsche Bank und frühzeitig bei SAP. Nicht unbeachtliche Kursgewinne aber brachten kleine Unternehmen wie die Leonischen Drahtwerke (heute Leoni) und die Maschinenfabrik Müller-Weingarten, von denen am Tag oft nur wenige Aktien gehandelt wurden. Auch hier stiegen die Kurse wie von selbst, wenn der Meister der Nebenwerte mit seinem Fonds einstieg. Sein SMH-Special gehörte Ende der achtziger Jahre zu den erfolgreichsten Fonds. Bei der Leoni, die seit dem Jahr 1700 existiert und so handfeste Dinge wie Kupferdrähte und Kabelsätze herstellt, verdoppelte sich zwischen dem 30. September 1988 und dem 30. September 1990 beinah der Aktienkurs. Ochner kaufte ausweislich des Geschäftsberichts in dieser Zeit rund 16 000 Aktien auf.

      Bei dem Pressenhersteller Müller-Weingarten verdreifachte sich der Aktienkurs sogar im gleichen Zeitraum. Ochner besaß ausweislich der Vermögensaufstellung seines Fonds am 30. September 1991 über 13 000 Aktien. Das war ein gut Teil der frei verfügbaren Aktien auf dem Markt. Denn 80 Prozent des Herstellers von hydraulischen und mechanischen Pressen befanden sich damals in den Händen der Esslinger Fritz Müller GmbH. Bei weiteren, damals wie heute weitgehend unbekannten Unternehmen wie dem Progress-Werk Oberkirch oder der Oelmühle Hamburg hielt Ochner relativ große Positionen und konnte mit seinen Kauf- oder Verkaufsaufträgen maßgeblich den Aktienkurs beeinflussen. Das ging so lange gut, wie Ochner nicht gezwungen war, diese Positionen zu liquidieren. Doch 1992 brach der Markt ein, die kleinen Werte erholten sich lange nicht mehr. "Ochners Fonds sah bald aus wie ein verhungerter Luftballon", erinnert sich ein Banker. Während am 30. September 1991 noch 582 Millionen Mark im Fonds investiert waren, waren es zwei Jahre später nur noch 372 Millionen Mark.

      Anleger brachten ihr Geld in Sicherheit, gleichzeitig sank die Wertentwicklung des Fonds. Im Geschäftsjahr 1991/92 gab es ein Minus von 13,4 Prozent. Kleinlaut heißt es im Rechenschaftsbericht: "Die bereits in der ersten Hälfte des Geschäftsjahres 1991/92 eingeschlagene Strategie, den Fonds stärker auf marktbreitere Aktien umzuschichten, wurde fortgesetzt. So wurden weitere 8 Positionen aufgelöst und Bestände an Mannheimer Versicherung, Progress-Werk Oberkirch, Revell und Deutsche Verkehrs Bank deutlich reduziert."

      Schließlich zog die Geschäftsführung von SMH die Konsequenzen. "Der Fonds war vor die Wand gefahren", sagt Hans-Jürgen Segbers, der an Stelle von Ochner Anfang 1993 den Fonds übernahm. Er habe neun Monate gebraucht, um Ochners teilweise abenteuerliche Positionen zu bereinigen, sagt Segbers. Bei Aktien wie der Oelmühle Hamburg war dies besonders schwer, es gab auch bei Discountpreisen kaum jemand, der die Aktie haben wollte.

      Ochner sieht die damaligen Vorgänge bei SMH deutlich anders. Die Fondsgesellschaft habe den SMH-Special in einen Fonds für marktbreite Werte umwandeln wollen. Ihm sei dafür ein Nebenwertefonds anvertraut worden. Dieser SMH Small Cap Fonds sei 1994 der beste deutsche Publikumsfonds geworden. Die Neuausrichtung des Fonds hatte jedenfalls ihren Preis. Der Aktienkurs der Leonischen Drahtwerke halbierte sich. Beim Glasfabrikanten Oberland Glas, wo Ochner im September 1992 44 000 Aktien hielt, sank der Aktienkurs von Ende 1991 bis Ende 1992 von 364 auf 160 Mark.

      Statt eines Plus von 30,6 Prozent, den der Deutsche Aktienindex erzielte, brachte es der SMH-Special während des Geschäftsjahrs 1992/93 nur auf ein Plus von 8,3 Prozent. "Die geringe Wertentwicklung ist im Wesentlichen in der - nunmehr abgeschlossenen - Umstrukturierung hin zu eher marktbreiten Aktien begründet", hieß es diesmal im Rechenschaftsbericht.
      "Wer kontrolliert Ochner heute?", fragt sein Nachfolger Segbers, der jetzt bei der Dresdner-Bank-Tochter DIT arbeitet. Denn bei der Schweizer Bank Julius Bär ist Ochner nicht nur wie bei SMH Fondsmanager, sondern auch der für die Kapitalanlagen verantwortliche Vorstand der deutschen Fondstochter. In der Regel muss er nur seinem Schweizer Aufsichtsrat berichten.

      Bei Ochners jetzigem Hauptfonds, dem Julius Bär Special, könnte es zu einer ähnlichen Entwicklung kommen wie vor sieben Jahren beim SMH-Special. Das vermuten zumindest seine Kritiker. Dann wären wieder die Kleinanleger, die spät eingestiegen sind und nicht den rechtzeitigen Absprung schaffen, die Opfer. Seit dem Frühjahr schrumpften die Anlagen von dreieinhalb Milliarden auf zweieinhalb Milliarden Mark zusammen. Der Julius Bär Special musste einen Kursverlust von rund 40 Prozent hinnehmen.

      Besser lief Ochners Creativ Fonds, der seit seiner Auflage im Dezember ein Plus von rund 100 Prozent machte. Allerdings profitierten davon nur wenige: Wer von Anfang an dabei sein wollte, musste eine Mindestanlage von einer Million Euro mitbringen. Ganz anders dagegen sieht die Rechnung für die Kleinanleger aus. Sie durften erst im Frühjahr in den Creativ Fonds investieren. Seither ging dessen Kurs um rund 15 Prozent zurück. CHRISTOPH PAULY
      Avatar
      schrieb am 11.03.01 17:37:45
      Beitrag Nr. 46 ()
      "Die Kleinanleger sind nichts als Kanonenfutter"


      Fiduka-Chef Gottfried Heller zum Neuen Markt, zum Stand der Aktienkultur in Deutschland und zur Unvermeidbarkeit weiterer Pleiten an der Börse.
      Der Rauswurf von Gigabell aus dem Neuen Markt und die drohende Auslistung von EM.TV wegen der geplanten Zerschlagung des Medienkonzerns markiert einen neuen Tiefpunkt an der deutschen Börse. Für Gottfried Heller, langjähriger Partner von Andre Kostolany und Chef der Münchner Fiduka Vermögensverwaltung, kam das Desaster nicht überraschend. Er hatte bereits am 13. März 2000, exakt zum Rekordhoch des Nemax-50, vor einem Platzen der Blase gewarnt und einen Trendwechsel vorausgesagt.
      Die Bilanz nach einem Jahr gibt dem Börsen-Experten recht. Der Neue Markt, anfangs noch euphorisch gefeiert, hat sich als gigantische Kapitalvernichtungsmaschine erwiesen, die - einmal in Gang gesetzt - offenbar kaum zu stoppen ist.

      "Es wurden unglaublich viele Fehler gemacht"

      Die Ursachen dafür sind nach Ansicht Gottfried Hellers vor allem hausgemacht. Seine Analyse: "Es sind auf institutioneller und behördlicher Seite unglaublich viele Fehler gemacht worden, die nun vor allem von den Kleinanlegern ausgebadet werden."

      Ein Beispiel: Das Emissionswesen in Deutschland. Hier besteht nach Ansicht Hellers dringender Änderungsbedarf. "Was hier zum Teil abgelaufen ist", so Heller, "hatte zum Teil schon kriminellen Charakter. Es wurden - eigens für den Börsengang - dubiose Firmen gegründet, die dann durch einen Werbe-Overkill promoted wurden. Anschließend verhökerte man einen Teil des Unternehmens an die unbedarften Kleinanleger, und alle haben gut verdient: Die Gründer, die Emissionsbanken, die beteiligten Analysten und sogenannte Börsenjournalisten, die vorab großzügig beteiligt worden waren. Die Kleinanleger waren dabei nichts als Kanonenfutter."

      "Viele Regeln müssen ganz neu überdacht werden"

      Eine Änderung der Verhältnisse ist nach Ansicht Hellers nur zu erreichen, wenn grundlegende Dinge neu überdacht werden. Seine Forderung: Emissionen müssen im Vorfeld schärfer geprüft werden, die Lock-up-Frist sollte mindestens zwei Jahre betragen, und Meldepflichten bei Verkäufen und Sanktionen bei Verstössen müssen deutlich härter werden.

      Dabei hat er auch die Finanzinstitute im Visier. "Ein Unding", so Heller, "dass Banken nicht stärker in die Haftung genommen werden. Sie tragen Mitverantwortung für viele Nemax-Pleiten, weil sie auf eine kritische Prüfung ihrer IPO-Klienten viel zu oft verzichtet haben."

      "Richter und Staatsanwälte oft überfordert"

      Dringenden Handlungsbedarf sieht Heller zudem im Justizwesen. Sein Rat: "Der deutsche Gesetzgeber sollte einmal nach Amerika schauen. Dort wird bei Mauscheleien deutlich härter zugelangt. Wenn man diese Maßstäbe im Neuen Markt anlegen würde, säße ein großer Teil der Jungs längst hinter Gittern." Eine Besserung ist nach Einschätzung Hellers hier nur dann zu erreichen, wenn eine eigene Ausbildung für Staatsanwälte und Richter geschaffen wird. Bisher nämlich, so seine Beobachtung, sind die deutschen Justizbehörden mit der komplizierten Materie meist total überfordert.

      Ähnliches gilt nach Hellers Meinung für die Börsenaufsicht. Über die kann der Experte sich nur wundern: "Viele Manipulationen am Neuen Markt waren so offensichtlich, dass jeder Laie sie gesehen hätte. Die Mitarbeiter der Handelsüberwachung sollten etwas engagierter sein. Was machen die eigentlich den ganzen Tag?"

      Das Gespräch führte Redakteur Clemens von Frentz
      Avatar
      schrieb am 14.03.01 00:38:38
      Beitrag Nr. 47 ()
      Die"IPO-Zitrone" 1999
      Erstmals "Auszeichnungen" für die fragwürdigsten Emissionen des Jahres


      Die Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre hat zusammen mit dem Going Public-Magazin für 1999 zum ersten Mal die IPO-Zitrone des Jahres vergeben. Mit dieser Negativ-Auszeichnung werden diejenigen Emissionshäuser bedacht, die im abgelaufenen Jahr durch besonders fragwürdige Börseneinführungen aufgefallen sind. Dabei ist natürlich zu erwähnen, daß die hier dargestellten drei Fälle nicht die einzigen zu hinterfragenden Emissionen des Jahres 1999 waren, wohl aber die gravierendsten. Sicherlich muß man auch anfügen, daß insbesondere bei großen Häusern bei der Vielzahl der Neuemissionen auch einmal Fehler passieren können. Allerdings hilft dieses Argument den geschädigten Investoren, die sich ja zum Großteil auf die Recherchen dieser Emissionshäuser verlassen, auch nicht weiter.

      In diesem Jahr geht der Preis an drei Emissionshäuser:


      Das Bankhaus Robert Fleming für die artnet.com-Emission, die Anlegern bis zu 80 % Verlust beschert hat.

      HSBC Trinkaus & Burkhardt für das überzogene Pricing bei der Gigabell-Einführung.

      Die DG Bank erhält den Preis für das Zudrücken beider Augen beim GoingPublic der Netlife AG.

      Die Begründung

      Robert Fleming _ artnet.com

      Einen Verlust von teilweise über 80 % mußten Anleger hinnehmen, die beim Bankhaus Robert Fleming Aktien des Internetdienstleisters artnet.com AG zeichneten. Die Gesellschaft versuchte _ unter anderem Firmennamen _ schon seit mehreren Jahren erfolglos, ein profitables Geschäft aufzubauen. Vor dem Börsengang war artnet.com mehrmals dem Konkurs nahe. Zum IPO wurde versucht, artnet.com gänzlich als Internet-Gesellschaft auszurichten. Schon im ersten Halbjahr wurden jedoch die beim Börsengang angepeilten Zahlen komplett verfehlt. Dramatisch wachsen derzeit lediglich die Verluste. Die zahlreichen ausstehenden Optionen des Vorstands und der Altaktionäre, die teilweise noch nicht einmal durch genehmigtes Kapital gedeckt sind, werden die geringe Substanz der Firma weiter verwässern. Die Analyse des Emissionsprospektes und der Bilanzzahlen zeigt, daß das Unternehmen alles andere als börsenreif war. Offentsichtlich hat man es beim Konsortialführer Fleming auch versäumt, den Börsenneuling auf die Etikette einer börsennotierten Gesellschaft hinzuweisen. Dann wären Aktionären wohl Mitteilungen mit lächerlichem Inhalt erspart geblieben: Die Versteigerung eines Bildes für 18 000 US-$ war der Gesellschaft ebenso eine Ad hoc-Mitteilung wert wie die Ankündigung im Oktober, daß für den nächsten März eine Analysten-Präsentation geplant ist. Im Gegensatz zu den jetzt geschädigten Anlegern haben die Emissionsbanken, zu denen auch das Maklerhaus Kling, Jelko, Dr. Dehmel gehört, durch diese Börseneinführung glänzend verdient. Aus Bankbeständen wurden 118 564 Aktien zu

      46 E an die Zeichner abgegeben. Damit wurde ein Erlös von über 10 Mio. DM eingestrichen. Zum 30. 12. 1999 notierte die Aktie gerade noch bei 8,75 E.

      HSBC Trinkaus & Burkhardt _ Gigabell

      Auf Kosten der Kleinanleger hat auch HSBC Trinkaus & Burkhardt beim Börsengang des Internet-Dienstleisters Gigabell AG kräftig abkassiert. Trotz einer angeblich dreifachen Überzeichnung wurden die Aktien am unteren Ende der Preisspanne zu 38 E abgegeben. Sie eröffneten am 11. August mit einem dicken Minus bei 33 E, drittelten sich daraufhin und sahen 1999 an keinem einzigen Börsentag den Ausgabepreis wieder. Offensichtlich wurden die Aktien viel zu teuer an den Mann gebracht. Interesse an einem zu hohen Emissionspreis hatte vor allem HSBC Trinkaus. Denn 165 055 Aktien wurden beim Going Public aus dem Bestand der Bank abgegeben. Wenige Wochen vorher zahlte HSBC Trinkaus für diese Aktien gerade einmal einen Euro und strich somit einen Gewinn von fast 12 Mio. DM ein. Trotz dieses Schnäppchens sind zusätzlich noch über 6 Mio. DM Emissionsaufwendungen angefallen, die jetzt die Gigabell-Bücher belasten. Zudem flossen 30 Mio. DM des Zeichnungserlöses nicht ins Unternehmen, sondern in die Taschen der Altaktionäre. Kein Wunder, daß man bei derartigen Verdienstmöglichkeiten die IPO-Stimmung nicht mit schlechten Nachrichten vermiesen wollte. Das war wohl ein Grund dafür, die schon vor dem Börsengang deutlich rückläufige Tendenz der Kundenzahlen nicht in den Risikohinweisen des Verkaufsprospekts zu erwähnen. Die kalte Dusche für die Anleger folgte schnell. Am 22. September gab Gigabell zu, daß man bei ,näherer Untersuchung" des aktuellen Geschäfts festgestellt habe, daß die zum Börsengang gemachten Prognosen nicht haltbar seien. Sechs Wochen nach dem IPO lautet die neue Planung: 30 % weniger Umsatz und dafür einen von 1,8 auf 18 Mio. DM gigantisch gestiegenen Verlust für 1999.

      DG Bank _ Netlife

      Auf die leichte Schulter nahm die DG Bank die Prüfung Ihres Börsensprößlings Netlife AG und ließ zudem einen obskuren Umplazierungscoup der Firmenbesitzer zu. Beim IPO im Juni wurden über 2 Mio. Aktien der Softwarefirma zu 25,5 E an den Mann gebracht. Den Aktionären wurde ein 99er Verlust von rund 6 Mio. DM bei 26 Mio. DM Umsatz in Aussicht gestellt. In der IPO-Studie rechneten die DG Bank-Analysten das Unternehmen schön und hielten Kurse von bis zu 28 E für ,fair". Im September mußte das Unternehmen zugeben, daß man sich getäuscht hatte: Die Umsatzprognose wurde von 26 auf 16 Mio. DM gesenkt, und ein katastrophaler Anstieg des Verlustes auf 23 Mio. DM wurde angekündigt. Besonders hinters Licht geführt fühlten sich die Netlife-Aktionäre, da vorbörslich die im Besitz der Altaktionäre befindliche Netlife GmbH für rund 100 Mio. DM an die neue AG verkauft wurde. Dies wurde den meisten erst nach dem Börsengang bekannt. Die Netlife-Gründer waren dadurch zu Gläubigern der AG geworden, die ihnen selbst gehörte. Mit der Schuldenrückführung und Aktienverkäufen hätte man doppelt abkassieren können. Zwar haben die Altaktionäre, als die Kritik über dieses Vorgehen in der Öffentlichkeit zu groß wurde, auf Forderungen von über 65 Mio. DM verzichtet. Zweifeln kann man jedoch daran, ob dies aus Edelmut geschah. Denn es ist äußerst fraglich, ob die labile Gesellschaft überhaupt jemals die Zinslast und Rückzahlung des Darlehens gestemmt hätte. Die Aktie fiel zwischenzeitlich auf unter acht E und bescherte Anlegern bis zu 70 % Verlust.

      Nachzutragen ist, daß sich _ auch angesichts des allgemeinen Aufschwungs am Neuen Markt _ die Kurse dieser drei Werte seit Jahresbeginn positiv entwikkelt haben. Das allerdings ist kein Trost für die mit Verlust ausgestiegenen Erstzeichner.

      Markus Straub



      DIE IPO-NORM
      Ein "Gütesiegel" für Neuemissionen


      Mit dem Ziel, für mehr Transparenz bei der wachsenden Zahl der Neuemissionen zu sorgen, hat die Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre (SdK) einen Katalog von Mindestanforderungen entwickelt, die Unternehmen bei ihrem Gang an die Börse einhalten sollten. Diese Anforderungen sind in der von der SdK geschaffenen "IPO-Norm" enthalten und umfassen vier Kriterien:


      1. Rechtzeitige Veröffentlichung des Verkaufsprospekts
      Nachdem in der Vergangenheit die Emissionsprospekte häufig viel zu spät zur Verfügung gestellt wurden, fordert die SdK in der "IPO-Norm", daß der Prospekt zwei Wochen vor Beginn der Zeichnungsfrist den Anlegern zugänglich und spätestens eine Woche vorher im Internet publiziert sein muß. Die zentrale Bedeutung einer rechtzeitigen Veröffentlichung des Emissionsprospektes ergibt sich aus der Tatsache, daß er nicht nur ausführliche Informationen über die Gesellschaft enthält, sondern nur in ihm über Risiken der Emission berichtet werden muß. Zudem haften Emittent und Konsortialbanken für die Richtigkeit aller Angaben darin.


      2. Offenlegung der pflichtgemäßen sowie der freiwilligen Haltefristen der Altaktionäre
      Das Regelwerk des Neuen Marktes sieht ein sechsmonatiges Veräußerungsverbot für Aktien aus dem Besitz der Altaktionäre nach dem Börsengang vor. Insbesondere bei Börsenneulingen, deren Geschäftserfolg sich erst in späteren Jahren erweisen muß, sollte sie länger sein. Durch eine freiwillige längere Haltefrist und deren Veröffentlichung können die Altaktionäre ihr eigenes Vertrauen in den Unternehmenserfolg dokumentieren und damit das Vertrauen der Anleger stärken. Auch bei Börsenneulingen in anderen Segmenten kann die Publizierung von Haltefristen die Anlageentscheidung erleichtern.


      3. Offenlegung der vorbörslichen Beteiligung der Emissionshäuser
      Bei einer vorbörslichen Beteiligung von Emissionshäusern an Börsenkandidaten, die oft zu besonders günstigen Konditionen erfolgt ist, kann für die Institute bei der Emission ein Interessenkonflikt zwischen der Festlegung eines möglichst hohen Emissionspreises bzw. einer -preisspanne und dem fairen Preis für die Anleger entstehen. Nur durch die Offenlegung des Beteiligungsverhältnisses kann der Anleger dies in seine Entscheidung einbeziehen.


      4. Bekanntgabe der Zuteilungsquoten nach dem Börsengang
      Wer die IPO-Norm erfüllen will, muß sich darüber hinaus verpflichten, nach dem Börsengang die Zuteilungsquoten für Privatanleger, "Family- & Friends" sowie institutionelle Investoren zu veröffentlichen - wie etwa bei der "gläsernen Emission" der DG-Bank. Auch diese Information ist für den Anleger relevant, da er dadurch Einblick in die Zusammensetzung des Aktionärskreises gewinnt. Künftige Zuteilungschancen bei den verschiedenen Emissionshäusern vermag er auf diese Weise besser abzuschätzen.

      Die Einhaltung aller vier Kriterien gewährleistet, daß potentielle Anleger die für eine Zeichnung wesentlichen Informationen erhalten. Unternehmen, die die IPO-Normen erfüllen, erhalten das Gütesiegel "IPO-Norm". Damit wird jedoch keine Anlage- oder Zeichnungsempfehlung ausgesprochen, sondern nur das Vorliegen bestimmter Mindestanforderungen angezeigt. Die Initiative "IPO-Norm" wird vom Deutschen Aktieninstitut DAI und von der Zeitschrift Börse Online unterstützt.


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