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    Gedanken Rudolf Augsteins zu den USA und ihrer Politik.... bedenkenswert.... - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 04.03.02 10:15:32 von
    neuester Beitrag 20.02.04 18:02:38 von
    Beiträge: 912
    ID: 559.955
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      schrieb am 04.03.02 10:15:32
      Beitrag Nr. 1 ()
      Nachdem mein World-Trade-Center-Thread nicht nur von jemandem mit Wonne zerstört wurde, sondern auch noch von WO zensiert wurde, habe ich ihn beendet.

      Ich möchte hier einen nachdenklichen und intelligenten Kommentar von Rudolf Augstein ins Board stellen und damit mehr Menschen zugänglich machen.

      Klarstellung:

      rainer6767 und xylophon wird hiermit ausdrücklich darum gebeten, NICHT hier zu posten.
      Und ich möchte auch hier KEINE weitere Diskussion über meinen WTC-Thread.


      Ansonsten ist jeder herzlich eingeladen, im Rahmen üblicher Umgangsformen auch gegensätzliche Meinungen zu vertreten, solange hier nicht mit dumpfen Unterstellungen und missionarischem Fanatismus , sondern tolerant mit ARGUMENTEN gearbeitet wird.

      Danke.

      Gtruß

      D.T.


      und hier jetzt der Augstein-Kommentar:


      25. Februar 2002




      RUDOLF AUGSTEIN

      Freunde ja, Gefolgsleute nein


      US-Präsident George W. Bush beharrt auf seinem etwas verrückten Konzept, den Irak, Iran und Nordkorea in einen Topf zu werfen. Er sieht hier eine "Achse des Bösen".
      Frankreichs Finanzminister Laurent Fabius meint, dass die USA vor allem etwas nicht verstünden: Zur Zukunftssicherung sei eine Erhöhung der Entwicklungshilfe unabdingbar. Er habe manchmal "das Gefühl, sie glaubten, dass die Länder arm sind, weil sie das so wollen". Spaniens Regierungschef und derzeitiger EU-Ratspräsident José María Aznar: "Ein historischer Augenblick, da Europäer und Nordamerikaner ihr Bündnis neu abstimmen müssen."

      Dies sehen die US-Amerikaner nicht, eher im Gegenteil. Außenminister Colin Powell hätte wohl zurücktreten müssen, wenn er nicht umgefallen wäre. Hatte er noch kürzlich - und er war der ranghöchste Militär im Golfkrieg 1991 - einen Angriff gegen den Irak für untauglich gehalten, so wirft er jetzt den Europäern vor, sie sollten nicht die USA kritisieren, sondern das diktatorische Regime in Bagdad.

      Vor Tisch sah er noch klar, dass die Anti-Terror-Kette reißen könne, wenn der Irak ohne Billigung der Europäer angegriffen werde. Heute sagt er, man könne auch ohne Rücksicht auf die Europäer handeln. Die Briten halten sich nicht für Europäer und sind den Amerikanern für deren Hilfe im Falkland-Krieg dankbar. Weder die USA noch Europa können mit ihnen rechnen.

      Die "Achse des Bösen" sei "nicht unbedingt ein Ausdruck, den die Europäer gebrauchen würden", so der EU-Beauftragte für Außen- und Sicherheitspolitik Javier Solana, aber man solle sich nicht bei der Wortwahl aufhalten.

      Doch, gerade bei dieser Wortwahl sollten wir uns aufhalten. Das Böse in der Politik ist eigentlich ein unhantierbarer Begriff geworden.

      Aus der späten Antike ging durch den Religionsstifter Mani der Manichäismus hervor. Er setzt voraus, dass Licht und Finsternis, Gut und Böse, Geist und Materie unversöhnlich gegeneinander stehen. Es sind nun aber die US-Amerikaner, die ohne glaubhafte Feindbilder nicht leben können, noch von Indianerzeiten her.

      Vor Wochen erklärte George W. Bush, der entschlossen scheint, in Bagdad eine neue Regierung einzusetzen, die Schaffung eines Palästinenserstaates für so gut wie beschlossen. Proteste aus Jerusalem. Bush huft zurück.

      Einen Kulturkampf, von dem schon so lange die Rede ist, würde wohl auch er gerne vermeiden. Dann darf man aber nicht Iran an die Seite des Saddam Hussein zwingen. Jim Hoagland von der "Washington Post" hat begriffen, dass Bush längere Kriege plant. Von dem Präsidenten sei erwartet worden, kritisiert Hoagland, dass er den Wandel der Welt begleite, und nicht versuche, per Befehl die Welt zu verändern.

      Ginge es nur um sachliche Meinungsverschiedenheiten, so wäre alles halb so wild. Man könnte sie bereinigen oder einen Kompromiss ansteuern. Aber die politische Klasse in den USA, und nicht nur sie, hält Amerika für etwas Besonderes, für "Gottes eigenes Land". Der Satz dazu heißt: "Ich bin ein Amerikaner, und ich bin verdammt stolz darauf."

      Es ist die amerikanische Mentalität, die wir wohl bis zum Ende der Menschheit nicht ändern können. So ist es dem Rechtssystem der Vereinigten Staaten schlecht bekommen, dass ein nennenswerter Feind nirgends zu sehen ist. Wer hätte vor zehn Jahren gedacht, dass die USA im Stande wären, Kämpfer im afghanischen Bürgerkrieg über See zu verschleppen und zu entrechten?

      Sie vegetieren in einem rechtsfreien Raum, da man ihnen jede Appellation vor einem ordentlichen Gericht in den USA verweigern will. Zwar betont Washington immer wieder, Amerika befinde sich im Krieg, aber das Recht aller Kriegsgefangenen wird diesen bislang doch nur verdächtigten Leuten verweigert.


      Auch die deutsche Außenpolitik, wenn auch spät, ist zur Besinnung gekommen. Das amerikafreundlichste Mitglied der Bundesregierung, der Außenminister Joschka Fischer, hält Washington einen "verkürzten militärischen Sicherheitsbegriff" vor, will sagen, für Hochrüstung und Entwicklungshilfe gleichzeitig ist kein Geld da. Die Solidarität wird nun doch eingeschränkt. "Bündnispartner", so unser Joschka, "sind nicht Satelliten."
      Avatar
      schrieb am 04.03.02 10:45:24
      Beitrag Nr. 2 ()
      :D
      Avatar
      schrieb am 04.03.02 11:15:39
      Beitrag Nr. 3 ()
      @rainer: Nun hast du es endlich geschafft, nun bist du im WO-Himmel angekommen. :D
      Avatar
      schrieb am 04.03.02 15:00:48
      Beitrag Nr. 4 ()
      Amerika befinde sich im Krieg, aber das Recht aller Kriegsgefangenen wird diesen bislang doch nur verdächtigten Leuten verweigert

      Diese Ansicht unterstellt implizit, dass es ihnen als Kriegsgefangene `besser` gehen würde. Wäre es tatsächlich so?

      Wieso sollen diese Leute nur `verdächtig` sein? Sind sie nun mit der Hacke oder mit der Waffe in der Hand gefasst worden?

      Da bei weitem nicht alle gefassten Kämpfer nach Kuba gebracht wurden, muss es doch Auswahlkriterien gegeben haben. Augstein kann dies nicht entgangen sein. Wieso verliert er darüber kein Wort?

      Um keine falschen Hoffnungen aufkommen zu lassen: Ich bin auch dafür, Gefangene (jeglicher Couleur) anständig zu behandeln, aber solch wohlfeiles Geschwätz saturierter Wohlstandsbürger, denen kein nennenswertes Lebensrisiko mehr droht, deucht mich von ähnlicher Relevanz zu sein wie die Beschreibung der Farbe durch den Blinden.
      Avatar
      schrieb am 04.03.02 15:16:33
      Beitrag Nr. 5 ()
      @Brokateur

      Sind sie nun mit der Hacke oder mit der Waffe in der Hand gefasst worden?

      Sowohl mit einer Hacke, als auch mit einer Schusswaffe (meinst Du wohl) kann man sich gegen Invasoren verteidigen.

      In Rechtsstaaten ist es übrigens der Ankläger, der dem Verdächtigen seine Schuld nachweisen muss, nicht umgekehrt der Angeklagte seine Unschuld (Stichwort: Unschuldsvermutung).

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      schrieb am 04.03.02 16:43:41
      Beitrag Nr. 6 ()
      Was in Guantanamo stattfindet, ist eine Vermischung von
      vielen verschiedenen Dingen und Tatbeständen ( ? ) in einer wirren Soße, die man als ohne Rechtsinstanz bestrafenwürdig ansieht - so etwas gibt´s eigentlicvh nur in totalitären Staaten, insofern eifern die USA diejenigen, die Sie bekämpfen wollen, ziemlich nach.

      Was wird nicht alles durcheinandergeworfen:

      Die unzweifelhaften Täter sind - das dürften nicht einmal die USA bestreiten- eindeutig tot.

      Angeblich waren es Angehörige der Al Quaida (= höchstwahrscheinlich für das Attentat auf WTC am 11.9. verantwortlich).

      DAmit dürfte man den Gefangenen Al Quaida-gefangenen lediglich die Mitgliedschaft in einer terror-Organisation vorwerfen können, es sei denn, man könnte ihnen konkret eine andere Tat oder die Beteiligung an der Vorbereitung oder die Anstiftung NACHWEISEN.

      Die Taliban hingegen sind unzweifelhaft aus einer von den USA im Übrigen massiv unterstützten BEFREIUNGSBEWEGUNG (das darf man gottseidank immer noch so nennen, weil es gegen die UDSSR ging, wenn es damals in einem identischen Krieg gegen die USA gegangen wäre, wären es natürlich auch damals schon "Terroristen" gewesen :D ) hervorgegangen und haben das LAnd zunächst mit deren Unterstützung regiert und das ohne demokratisches MAndat (also in etwa so wie in dem weiterhin unterstützten SAudi Arabien oder Kuweit) .

      Dabei haben sie brutale glaubensbedingte Regeln aufgestellt (so etwa wie in SAudi Arabien und anderen arabischen, von den USA unterstützten Ländern, aber auch Ländern in anderen teilen der welt) nur NOCH viel brutaler und menschenverachtender.

      Krieg gegen Afghanistan gab es - wir erinnern uns noch schwach :D - eigentlich nur deswegen, weil die Taliban Osama Bin LAden nicht ausliefern wollte, der als Gast in ihrem LAnd galt.

      Übrigens weigern sich die USA auch heute noch, eigene LAndesangehörige an andere Länder auszuliefern.

      Zur Auslieferung kommt es nach Präsentation von Beweisen.
      Ob die ZWEIFELSFREI damals vorlagen, ist unklar.

      DAraufhin haben die USA - einmalig in der Geschichte - ein LAnd bombardiert und mit Krieg überzogen, um entgegen dem erklärten Willen der damaligen (unmenschlichen, aber das ist ein ANDERER Zusammenhang) Herrscher (=TAliban) des Verdächtigten habhaft zu werden.

      Zur Rechtfertigung wurden die früheren Verbündeten (=Taliban) rasch vom ehemaligen Status der Befreiungskrieger in den der Terroristen versetzt, die Menschenrechtsverletzungen (völlig unzweifelhaft zum Himmel schreiend, aber zuvor , bis zum 10.9. geduldeten ! ) als Vorwand benutzt, um "Frieden" u.a. in Form von Hunderttausenden weiterer Minen zu bringen.

      Nun befinden sich also in Guantanamo Menschen, deren einzige sicher bewiesene Tat (es geht hier um rechtsstaatliches denken! ) darin bestand, ihr LAnd bzw. ihre MAcht dort gegen die USA zu verteidigen.

      Bis zum Beweis der Terroraktion jedes Einzelnen ist nach geltendem recht in zivilisierten Staaten von der Unschzuld auszugehen.

      Diese Menschen dort -mögen sie auch tatsächlich Schlächter sein - steht nun mal ein rechtsstaatliches Verfahren zu.

      Ich möchte daran erinnern, daß die USA angeblich genau zur Errichtung eines Rechtsstaates dort weiter bombardieren und Krieg führen.

      Die Behandlung der gefangenen ist nicht nur absolut unrechtmäßig, es ist darüber hinaus eindeutig FOLTER, das heißt, daß Menschenrechte "im Namen der Menschenrechte " mit Füßen getreten werden... ziemlich absurd...

      Und solange wir nicht im Dschungel sind, gelten bei uns Recht und Gesetz.

      Und mit einer unsauberen vermischung der o.a. Begrifflichkeiten nur zu politischen Zwecken ist niemand gedient.

      Die Täter des 11.9.2001 sind genauso wie ihre bedauernswerten Opfer TOT.

      Und genau das wird inzwischen gerne vergessen, in einem politisch brisanten Gemisch aus rachegefühlen, Selbstjustiz und unzivilisiertem Verhalten seitens der USA, aber auch vielen meinungsmachern und Entscheidungsträgern.

      Die nächste Stufe ist noch härter:

      Im derzeit mit Hochdruck vorbereiteten Krieg gegen den Irak
      wird nicht einmal ein Attentat als Begründung herhalten können, es wird mit einer Bedrohung argumentiert, die jedoch gleichzeitig ausgerechnet für das schlimmste Opfer des Irak, den Iran behauptet wird.
      Der Iran hat sich 10 JAhre gegen den Angriffskrieg des Irak mit Millionen von Toten zur Wehr gesetzt.
      Und wer hatte den Irak damals unterstützt?

      Die USA !

      DAs, was viele, nicht alle "Bösewichte" gemeinsam haben, ist erstaunlicherweise die zwischenzeitliche Unterstützung der USA bei ihren Menschenrechtsverletzungen.

      So ist - das ist eigentlich das Widersinnigste in der Politik der USA - ein Staat, der zuvor zu recht als "Schurkenstaat" galt, nämlich Pakistan, auf wundersame Weise keiner mehr.

      Klar, weil die Menschenrechte zwar weiterhin mit Füßen getreten werden, aber derzeit im Interesse der USA ...

      Ich finde, es gibt kein klareres Beispiel für die Absurde und beliebige Politik der USA.

      Bis jetzt hat der Krieg in Afghanistan viele Hunderttausende an zivilen Opfern gefordert und allmählich bekommen selbst unsere begriffsstutzigen Politiker allmählich eine böse Ahnung, wie sehr die Nahöstliche region keineswegs stabilisiert, sondern konsequent DESTABILISIERT wird.

      Kein Mensch weiß, wie es in Afghanistan weitergehen wird - man hat nur ehrgeizige Pläne von zweifelhaftem Realismus, die derzeit jedoch nicht umgesetzt sind, das dauert 10-20 JAhre.

      Aber die uSA haben nicht einmal das Bombardement in Afghanistan beendet, da beginnen sie bereits den nächsten Krieg.

      Es wird in ferner Zukunft Tage geben,da werden sich manche wünschen, es hätte nie eine unumschränkte MAcht wie die der USA derzeit in einem regelrechten Vakuum gegeben, das befürchte ich sehr stark....
      Avatar
      schrieb am 04.03.02 16:55:15
      Beitrag Nr. 7 ()
      :yawn:
      Avatar
      schrieb am 04.03.02 17:01:53
      Beitrag Nr. 8 ()
      Hier ein klassisches Beispiel für völlige Eskalation und Destabilisierung im NAhen Osten.

      Hier wird übrigens unter den Augen der USA ein autonomes Gebiet entgegen Völkerrecht besetzt und sogar unter den Augen der USA ein demokratisch gewählter ( ! ) Präsident unter Hausarrest gesetzt, sein gesamte Infrastruktur zerstört und schließlich sogar seine "Absetzung" betrieben (ich dachte immer nur, das würden in demokratien die Wähler des betreffenden LAndes machen...

      Übrigens wird Arafats Demokratie jetzt zum besseren "Verständnis" sogar als "Regime" bezeichnet...
      verlogener geht´s nimmer....



      Minister wollen Arafats Regime ein Ende bereiten

      Innerhalb von 24 Stunden fielen in Israel und den Autonomiegebieten 21 Israelis palästinensischen Terrorakten zum Opfer. Bei Vergeltungsschlägen kamen mindestens drei Palästinenser ums Leben. Israelische Minister fordern jetzt drastische Maßnahmen.


      Jerusalem - Der Minister ohne Geschäftsbereich Dani Naveh sagte, die Regierung Ariel Scharon müsse "Arafats Regime ein Ende bereiten".
      Am Sonntag starb in einem Krankenhaus von Jerusalem ein Israeli, der am Vorabend bei einem palästinensischen Selbstmordanschlag im Zentrum Jerusalems schwerverletzt worden war. Damit erhöhte sich die Zahl der israelischen Opfer des Attentats auf zehn.

      Neun Israelis, darunter offenbar mehrere Soldaten, wurden knapp zwölf Stunden später getötet, als vermutlich drei palästinensische Extremisten einen israelischen Stützpunkt an einer Straßensperre bei der jüdischen Siedlung Ofra nahe Ramallah beschossen. Im Gaza-Streifen starb ein Israeli bei einem Bombenanschlag, und bei Bethlehem wurde ein israelischer Polizist erschossen aufgefunden.

      Zu dem Anschlag vom Sonntag bekannten sich die "al-Aksa-Märtyrer-Brigaden", der bewaffnete Arm der Fatah-Bewegung von Palästinenserpräsident Jassir Arafat. Ein israelisches F-16 Kampfflugzeug beschoss am Morgen ein Haus in der Stadt El-Bireh mit Raketen. Später wurde das Gebäude von einem israelischen Panzer beschossen und zerstört. Dabei kam ein Palästinenser ums Leben. Beim Beschuss eines palästinensischen Vorpostens nahe der Stadt Salfit im Westjordanland wurde ein palästinensischer Polizist von einer israelischen Panzergranate tödlich getroffen. Außerdem erlag ein am Donnerstag verletzter Palästinenser aus dem Flüchtlingslager Balata seinen Verletzungen.
      Avatar
      schrieb am 04.03.02 20:35:46
      Beitrag Nr. 9 ()
      A M E R I K A


      Die Achse der Betonköpfe

      Amerika ist sich selbst genug. Es sucht sich seine Verbündeten nach Bedarf. Europa muss sich über seine eigenen Interessen klarwerden

      Von Theo Sommer
      Eine abweichende Meinung ist keine Revolution, hat der amerikanische Präsident Bush jüngst den Chinesen ins Stammbuch geschrieben. Als Europäer wird man dem nur zustimmen können. Nicht allerdings, ohne im Blick auf die transatlantische Gemeinschaft hinzuzufügen: Eine von Amerikas herrschender Staatsphilosophie abweichende europäische Meinung ist weder Rebellion noch Bündnisverrat, noch, wie sich Le Monde ausdrückte, "lèse-hyperpuissance": Supermachtbeleidigung.
      Überhaupt: Antiamerikanismus? Papperlapapp! Er war immer nur eine Randerscheinung. Schon Tocqueville hat vor 160 Jahren vermerkt, dass die Amerikaner es auf den Tod nicht leiden können, wenn Ausländer sie kritisieren. An ihrer "hochgebauten Stadt", dem neuen Jerusalem, lassen sie ungern herumkritteln. Wer anders aber sollte den Mund aufmachen, wenn nicht Amerikas Freunde? Dahinter verbirgt sich ebenso wenig Antiamerikanismus, wie hinter den amerikanischen Mäkeleien Antieuropäismus steckt.

      Nach den Anschlägen des 11. September war überall in Europa das Bekenntnis zu hören: "Wir sind alle Amerikaner." Den Bekundungen "uneingeschränkter Souveränität" fügte man zwar einen Vorbehalt hinzu: Abenteuer waren nicht inbegriffen. Die Verbündeten bauten auf die Besonnenheit und Umsicht des amerikanischen Präsidenten. Sie unterstellten ihm eine abrupte innere Kehrtwende: vom ausgeprägtem Unilateralismus seiner ersten acht Amtsmonate zum überzeugten Multilateralismus eines neuen Koalitionszeitalters. Keine Alleingänge mehr. Den Vereinten Nationen nicht länger die kalte Schulter zeigen. Andere internationale Organisationen ernst nehmen. Völkerrechtliche Verträge nicht wegen angeblicher Belanglosigkeit aufkündigen. Vertrauensvoll mit Verbündeten und Partnern zusammenarbeiten.

      Mit Bibel und Revolver

      Die Europäer haben sich getäuscht. George W. Bush ist nicht vom Saulus zum Paulus geworden. Der Afghanistan-Feldzug gedieh rasch zum Triumph des einseitigen Auftrumpfens. Das Kriegsziel im Kampf gegen den Terrorismus wurde ständig erweitert: erst Ergreifung Osama bin Ladens und Zerschlagung seiner Al-Qaida; dann Sturz des Taliban-Regimes und all jener, die Terroristen Unterschlupf gewähren; Ausräuchern der Nester im Jemen, in Somalia, in den Philippinen; schließlich Sieg über die "Achse des Bösen", eine widersinnig zusammengewürfelte Gruppe von Staaten. Irak, Iran, Nordkorea - jeder Einzelne von ihnen bietet Anlass zu Wachsamkeit, aber bilden sie alles andere als eine "Achse".

      Doch nicht nur die Definition der Kriegsziele, auch die Kriegsführung lag ausschließlich in der Hand der Amerikaner. Wohl hatte die Nato zum ersten Mal in 52 Jahren den Bündnisfall ausgerufen, aber danach wurde sie völlig aus dem Spiel gedrängt. Selbst wenn die Europäer mit größeren militärischen Fähigkeiten hätten aufwarten können - das Pentagon wollte sie gar nicht dabeihaben. Von Anfang an wurden sie nur lückenhaft und unregelmäßig konsultiert. Die Amerikaner mochten sich nicht wieder - wie vor drei Jahren im Kosovo-Krieg - dauernd hineinreden lassen. Die Supermacht pochte auf ihre Handlungsfreiheit. Doch wozu ist ein Bündnis nütze, wenn es im Bündnisfall einfach beiseite geschoben wird?

      Bush kehrt den Texaner raus

      Handlungsfreiheit ist der Schlüsselbegriff im weltpolitischen und geopolitischen Denken des US-Präsidenten. Darin verbinden sich verschiedene amerikanische Traditions- und Argumentationsstränge.

      An erster Stelle steht jener Endzeitgedanke, den William Pfaff so beschreibt: "Wir stehen dem absoluten Bösen gegenüber; wenn wir hier (in Vietnam, in Nicaragua et cetera) nicht obsiegen, werden unsere Schutzmauern gegen die Unordnung und das Böse überall einstürzen." Eisenhowers "Dominotheorie" aus dem Jahre 1954 liefert dafür ein treffendes Beispiel: "Wenn Sie eine Reihe Dominosteine aufstellen und dann den ersten umstoßen, dann kippt schnell auch der letzte um!" Besser ein für alle Mal aufräumen, die Welt sicher machen für die Demokratie (Wilson), das Reich des Bösen niederzwingen (Reagan), den Terrorismus mit Stumpf und Stiel ausrotten (Rumsfeld).

      Hinzu kommt der amerikanische Missionsdrang. "The cause of America is the cause of all mankind." Also fällt Präsident McKinley auf die Knie und folgt der Weisung Gottes, die Philippinen zu annektieren, zu erziehen und zu christianisieren. Also werden Kriege, die den realpolitischen Notwendigkeiten des nationalen Interesses entspringen, zu "Kreuzzügen" überhöht - gegen den Kaiser, gegen Hitler, gegen bin Laden. Also sucht Amerika die Welt nach seinem Ebenbilde umzuformen, "die Bibel in einer Hand, den Revolver in der anderen", wie Jacques Delors einmal bissig anmerkte. Das Kreuzzugdenken steht quer zu jeglichem Kompromiss. Es erlaubt keine Nuancierung, keine Differenzierung. Wer nicht für uns ist, ist gegen uns, sagte der Kalte Krieger John Foster Dulles. Nicht anders sagt es heute Bush junior.

      Schließlich ist dem amerikanischen Denken immer ein Schuss Isolationismus beigemengt. Isolationismus hieß ja nie Abkehr von der Welt. Wa-shington und Jefferson, die ihr junges Land vor "entangling alliances" warnten, vor verstrickenden Bündnissen zumal mit Europa, kam es in erster Linie darauf an, Festlegungen oder Verpflichtungen zu vermeiden und sich die eigene Handlungsfreiheit zu bewahren. Darum ging es auch 1951, als der Historiker Arthur Schlesinger und der Journalist Richard Rovere vor den hochfliegenden Plänen des bald danach von Präsident Truman abgesetzten Generals MacArthur warnten und dabei den Begriff "Unilateralismus" prägten: "Unilateralismus ist der neue Isolationismus. Mach`s im Alleingang; setze gegen Stärke maximale Gegenstärke; es gibt keinen Ersatz für den Sieg; zerbrich dir nicht den Kopf wegen der Folgen - dies sind die Credos des neuen Glaubens. Es schafft Männern mit einer Weltvision oder mit messianischen Neigungen Auslauf." - "We do it all by our little selves", war Ronald Reagans schlichte Übersetzung des Begriffs Unilateralismus.

      Bei George W. Bush kommt ein Weiteres hinzu. Zwei Seelen streiten, ach, in seiner Brust: die des Yale-Absolventen und die des Texaners. Der Yale-Mann sagte im Wahlkampf 2000: "Wenn wir eine arrogante Nation sind, wird man uns so sehen, wenn wir aber eine demütige Nation sind, wird man uns respektieren." Seit dem 11. September jedoch kehrt der Präsident den Texaner heraus.

      Bushs Popularitätskurve ist in stratosphärische Höhen gestiegen; sie erreicht fortwährend zwischen 80 und 90 Prozent. Damit hat er freie Hand. Und es ist wieder Wahljahr: Im November geht es um ein Drittel des Senats und das ganze Abgeordnetenhaus. Auf keinen Fall will Bush den Fehler seines Vaters im Jahre 1992 wiederholen und die Gefolgschaft der Rechten, der Christian majority, der neuen Kalten Krieger verlieren, die im Terrorismus den Angstgegner sehen, ohne den Amerika offenbar nicht auskommt. Deshalb appelliert Bush an jene "reizbare Vaterlandsliebe", von der schon Tocqueville schrieb, es gebe im American Way of Life nichts Lästigeres als sie. Deswegen ergibt er sich einem Aufrüstungswahn, der in keinerlei Verhältnis zu der tatsächlichen Herausforderung des Terrorismus steht: Um 48 Milliarden Dollar wird der US-Verteidigungshaushalt in diesem Jahr aufgestockt (Scharpings ganzer Wehretat ist nicht einmal halb so groß). Von 2003 an wird Amerika täglich eine Milliarde Dollar für sein Militär ausgeben. Aus demselben Grunde lässt er die Nato-Verbündeten links liegen und beschimpft die europäische Elite als "knieweich". Die Washington Post zitiert den Präsidenten so: "Irgendwann könnten wir allein dastehen. Mir ist`s recht. Wir sind Amerika."

      Die Achse der Betonköpfe in Washington denkt genauso: Vizepräsident Cheney in seinem Versteck, Donald Rumsfeld und Paul Wolfowitz und Richard Perle im Pentagon. Sogar Colin Powell, der abwägende Außenminister, ist auf den harten Kurs eingeschwenkt. Vor dem Weltwirtschaftsforum in New York erklärte er unumwunden, Amerika werde die Verbündeten weiterhin konsultieren und koordinieren, aber auf eigene Faust handeln, "wenn die multilaterale Gemeinschaft nicht mit uns übereinstimmt". Powells Planungschef Richard Haass formulierte die Botschaft noch krasser: "Wenn es keinen Konsens mit der Nato gibt, dann zimmert sich Washington eben ,Koalitionen der Willigen`; kommen auch sie nicht zustande, entscheidet und handelt Washington allein." Haass nennt dies "Multilateralismus à la carte". Es ist das genaue Gegenteil dessen, was Bundeskanzler Schröder, Javier Solana und der französische Außenminister vor dem Forum vertraten: kollektives Handeln auf der Grundlage kollektiver Entscheidungen; Einbindung der Vereinten Nationen; keine ausschließliche Fixierung auf das militärische Instrument.

      Wie soll Europa auf dieses Wiederaufleben einer Einstellung reagieren, die der verstorbene Senator William Fulbright vor 30 Jahren als "Arroganz der Macht" anprangerte?

      Die Antwort muss lauten: mit Selbstbewusstsein, Gelassenheit und Festigkeit. Mit dem aus Erfahrung geschöpften Vertrauen auch, dass die Zyklen der amerikanischen Politik wechseln. Bis dahin mag es freilich dauern. Für die Zwischenzeit sollten sich die Europäer an einige wenige, klare Prinzipien halten.

      Erstens: Schmollen ist so wenig eine Politik wie Kuschen. Die EU darf sich vieles zugute halten. Ihre Erweiterung nach Osten ist ein außerordentliches Stück gemeinsamer Außenpolitik. In ihrer Rolle als Stabilisator des Balkans ist sie unersetzlich. Ihre fortschreitende Integration auf allen Gebieten, auch wenn sie oft nur mit Hängen und Würgen vorankommt, sucht ihresgleichen. Die Brüsseler Union hat gravierende militärische Defizite, die ausgeglichen werden müssen, wenn sie angesichts der neuen Bedrohungen nicht ganz auf Amerika angewiesen bleiben will. Indessen muss sie der amerikanischen Zumutung widerstehen, Weltpolitik auf den militärischen Aspekt zurückzuschrumpfen. Militärische Macht ist wichtig, doch sie bedeutet nicht alles. Die amerikanische Hochrüstung ist kein Vorbild für uns. Wir müssen nicht unbedingt vier Kriege gleichzeitig führen können.

      Zweitens: Ihrem innersten Wesen nach muss die Europäische Union auf geduldige Diplomatie setzen, auf multilaterale Lösungen, auf Stärkung der Vereinten Nationen, auf mühsame Friedensarbeit. "Jaw-jaw, not war-war" - an dieses alte Churchill-Wort hat der britische EU-Außenkommissar Patten die Amerikaner jüngst zu Recht erinnert. Es mag der Tag kommen, an dem sich Europa wehren muss, möglicherweise sogar präventiv, aber dann müssen härtere Beweise her als die rhetorische Kunstfigur der "Achse des Bösen". Der erweiterte Sicherheitsbegriff, der seit dem 11. September im Schwange ist, berechtigt die Europäer auch dazu, immer wieder darauf hinzuweisen, dass sie, wo 40 Prozent aller Militärausgaben in der Welt auf Amerikas Konto gehen, immerhin 55 Prozent der gesamten internationalen Entwicklungshilfe aus ihren Kassen bezahlen. Das ist ein enorm wichtiger Beitrag zur Armutsbekämpfung und damit zur Austrockung des Sumpfes, in dem der Terrorismus gedeiht.

      Drittens: Die alte Nato ist tot. Die Zwecke und Strukturen des Bündnisses müssen neu bestimmt werden. Das Pentagon strebt eine grundlegende Reform des westlichen Sicherheitsbündnisses an: Es soll sich hinfort auf weltweite Einsätze einrichten - Einsätze auch ohne UN-Mandat. Senator Lugar will den Kampf gegen den Terrorismus zur Hauptaufgabe der Allianz erheben, sonst werde sie "irrelevant". Im Weißen Haus und im State Department spielt man eher mit der Idee, dass Amerika die Kriege führt und Europa hinterher die Aufräum- und Aufbauarbeit macht - und beides finanziert. Dies wäre die falsche Arbeitsteilung. Europa wird definieren müssen, wie weit seine regionalen Interessen reichen. Wo endet der "euro-atlantische Raum"? Zum weltweiten Hilfssheriff der Amerikaner dürfen sich die Europäer auf keinen Fall machen lassen. Und wenn Washington klagt, dass Europas Rüstung und seine Aufklärungsmittel dem Stand der Technik hinterherhinkten - warum sträubt es sich dann so heftig gegen die - bezahlte! - Weitergabe der eigenen Technik an die Verbündeten?

      Wer allein geht, strauchelt schnell

      Vor allem, weil auch in den Vereinigten Staaten die Stimmen der Mahner keineswegs verstummt sind. So hat zum Beispiel Joseph Nye - zeitweise Diplomat, Geheimdienstkontrolleur, stellvertretender Verteidigungsminister, heute Dekan der Kennedy School of Government an der Harvard-Universität - soeben ein Buch veröffentlicht: The Paradox of American Power. Untertitel: Warum die einzige Supermacht der Welt es nicht im Alleingang schafft. Die Schrift ist ein kraftvolles Plädoyer für Rücksichtnahme auf die Freunde und Verbündeten - für jenen "decent respect for the opinions of mankind", den einst schon die amerikanische Unabhängigkeitserklärung forderte. Zugleich ist das Buch eine deutliche Absage an alle, die Amerikas Hegemonie in den Himmel heben. Nye hatte vor zwölf Jahren ein Buch geschrieben, Bound to Lead, in dem er die Führungsrolle der Vereinigten Staaten untersuchte und bejahte. Jetzt schreibt er: "Amerika muss führen, aber es muss zugleich kooperieren". Es sollte seine Politik nicht "übermilitarisieren". Es müsse sich vor Hybris hüten. Die Kosten des Multilateralismus würden vielfach aufgewogen durch die Vorteile. Der amerikanischen Macht seien Grenzen gezogen. "Unser Wunsch, alles im Alleingang zu machen, wird uns am Ende schwächen."

      Joe Nye ist ein alter Freund. Ich stimme voll mit ihm überein. Bin ich deswegen etwa ein Antiamerikaner?

      DIE ZEIT 10/2002
      Avatar
      schrieb am 04.03.02 21:53:22
      Beitrag Nr. 10 ()
      Liest sich wie ein Zusammenfassung meiner Position.... :D
      Avatar
      schrieb am 05.03.02 03:29:35
      Beitrag Nr. 11 ()
      www.medienanalyse-international.de/finger.html

      lesen,filtern,nachdenken,nachlesen,nachprüfen,nachdenken...
      eine sache ist heute definitiv bekannt:die offizielle version entspricht nicht der wahrheit,ist schlichtweg lüge.

      open your mind
      Avatar
      schrieb am 05.03.02 03:30:50
      Beitrag Nr. 12 ()
      http//www.medienanalyse-international.de/finger.html
      Avatar
      schrieb am 05.03.02 03:32:24
      Beitrag Nr. 13 ()
      sorry,das mit dem verlinken klappt irgendwie nicht
      Avatar
      schrieb am 05.03.02 09:39:09
      Beitrag Nr. 14 ()
      Auch an dieser traurigen Meldung ist deutlich zu sehen, daß einzig von extremer DESTABILISIERUNG des nahen ostens die rede sein kann.

      Bemerkenswert, daß die WELTÖFFENTLICHKEIT weitgehend unkommentiert läßt, daß der regierungssitz eines demokratisch gewählten Präsidenten von einem anderen LAnd inzwischen sogar mit Raketen beschossen wird...



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      Kommt der totale Krieg gegen die Palästinenser?
      Israelischer Minister will "hemmungslos zuschlagen"


      Ein bislang als gemäßigt geltender israelischer Minister hat sich dafür ausgesprochen, die Palästinenser für ihren Widerstand gegen Israel so heftig zu bestrafen, "dass sie nach einem Waffenstillstand schreien werden". Justizminister Meir Schitrit von der Likud-Partei von Ministerpräsident Ariel Scharon sagte in der Tageszeitung "Haaretz", man müsse den Palästinensern den "Krieg erklären".
      "Sie verstehen keine andere Sprache"
      "Ich unterstütze jeden Schritt, der die Lage der Palästinenser verschlechtert", sagte Schitrit nach der Entscheidung des israelischen Sicherheitskabinetts, die militärischen Aktionen gegen die Palästinenser auszuweiten. "Zu meinem Bedauern verstehen sie offenbar keine andere Sprache. (...) Wir müssen sie bestrafen, und zwar hart bestrafen. Ich bin dafür, dass die Armee gegen jede Person zuschlägt, die mit dem Terror zu tun hat - und das ohne Hemmungen."

      22 Israelis sterben bei Anschlägen
      Bei vier palästinensischen Anschlägen waren am Wochenende 21 Israelis getötet worden. Ein weiteres Opfer des Selbstmordanschlags vom Samstagabend in Jerusalem erlag am Montag seinen schweren Verletzungen. Bei israelischen Vergeltungsaktionen starben am Sonntag sechs Palästinenser.
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      Nach dem Selbstmordattentat in Tel Aviv
      Bombenanschlag auf Linienbus in Nordisrael


      Wenige Stunden nach dem tödlichen Anschlag auf ein Restaurant in Tel Aviv hat ein mutmaßlicher palästinensischer Extremist am Morgen einen Bombeanschlag auf einen Linienbus in der nordisraelischen Stadt Afula verübt. Dabei gab es nach Angaben des israelischen Rundfunks Tote und Verletzte. Weitere Einzelheiten waren zunächst nicht bekannt.
      Selbstmordattentat in der Nacht
      In der Nacht hatte ein Mann in einem Restaurant in Tel Aviv drei Menschen erschossen und 26 Personen verletzt. Die israelische Polizei tötete den Angreifer. Nach Angaben der Polizei versuchte der Schütze zudem, eine Granate auf die Restaurantbesucher zu werfen. Der Sprengsatz sei aber nicht explodiert. Erst am Wochenende waren bei mehreren palästinensischen Anschlägen 22 Israelis getötet worden.

      Al Aksa-Märtyrerbrigaden bekennen sich
      Nach Angaben des arabischen Fernsehsenders El Dschasira bekannten sich die "Al Aksa-Märtyrerbrigaden" zu dem Anschlag. Die Al Aksa-Brigaden, die der militärische Arm der Fatah-Bewegung von Palästinenserpräsident Jassir Arafat sind, hatten sich auch zu den Anschlägen mit mehr als 20 toten Israelis am vergangenen Wochenende bekannt.

      Zahlreiche Palästinenser sterben
      Zuvor waren im Zuge israelischer Militäraktionen nach palästinensischen Angaben mindestens 19 Palästinenser ums Leben gekommen, darunter fünf Kinder und Jugendliche. Panzer rückten erneut in zwei Flüchtlingslager im Westjordanland und im Gazastreifen ein. Am Abend beschossen israelische Marineboote den Hauptsitz von Palästinenserpräsident Jassir Arafat in Gaza mit Maschinengewehren. Arafat blieb unverletzt.

      Nur Sachschaden an Arafats Hauptquartier
      Nach Angaben aus palästinensischen Sicherheitskreisen entstand beim Beschuss von Arafats Hauptquartier in Gaza schwerer Sachschaden, es sei aber niemand verletzt worden. Ein Sprecher der palästinensischen Elitetruppe "Force 17" sagte, eine Rakete sei neben dem Arafat-Sitz eingeschlagen. Er bestätigte zudem Angriffe der israelischen Luftwaffe im Westjordanland.

      Ägypten - Schlägt Nahost-Gipfel vor

      Israelis erhöhen Druck auf Palästinenserführung
      Die neuen Militärschläge gegen Arafat und dessen Sicherheitsapparat folgten einer Entscheidung des israelischen Sicherheitskabinetts vom Sonntagabend, wonach ein andauernder militärischer Druck auf die Palästinenserführung ausgeübt werden soll.
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      Quelle: T-online.de
      Avatar
      schrieb am 05.03.02 10:22:52
      Beitrag Nr. 15 ()
      Selbst wenn man alle diese Fakten ausser Acht läßt,muß man leider Feststellen das seit die Herren Schamir und Bush an der Macht sind,die Welt Anfängt an allen Ecken zu Brennen.

      Auch hier gilt
      ""Wer schweigt ist zumindest nicht Unschuldig""

      Also Europa steh auf und beende das Morden auf dieser Welt.
      Avatar
      schrieb am 06.03.02 08:30:31
      Beitrag Nr. 16 ()
      Hier - passend zu den stark zunehmenden nachdenklich-besorgten Kommentaren die wörtliche Wiedergabe eines offiziellen Berichts für die Bundesregierung über das Abhörsystem Echelon, welches erschreckende Perspektiven der US-Politik und des Verhaltens der USA gegenüber den Verbündeten bietet.

      Hier der weiterführende Link zur der Spiegel-Site, der ich dieses Zitat entnommen habe und die weitere recherchen und Hinweise enthält:

      http://www.spiegel.de/netzwelt/politik/0,1518,155819,00.html


      Und hier der wörtlich zitierte Bericht:



      DOKUMENTATION

      Der offizielle ECHELON-Bericht von Gerhard Schmid an das EU-Parlament


      Am 5. September 2001 stellte Gerhard Schmid, Berichterstatter des nicht ständigen EU-Untersuchungsausschusses zu Echelon, seinen Bericht im EU-Parlament zur Abstimmung. Seiner Rede, die wir hier ungekürzt wiedergeben, folgte die Abstimmung: Das Parlament segnete den Bericht mit einer satten Zwei-Drittel-Mehrheit ab. Mit dieser Rede wurde die Existenz von Echelon "amtlich".

      Gerhard Schmid: "Wer bewacht die Wächter?"


      "Herr Präsident, meine Damen und Herren! Vor gut einem Jahr hat das Europäische Parlament einen Sonderausschuss eingesetzt, der aufklären sollte, ob es ein federführend vom amerikanischen Geheimdienst betriebenes System zum Abhören von Kommunikation gibt, das die folgenden Eigenschaften aufweist: Es arbeitet global, mit ihm kann jedes Telefongespräch, jedes Telefax, jede E-Mail in Europa abgehört werden. Es wird von einer Staatengruppe betrieben, zu der auch das Vereinigte Königreich, also ein Mitgliedstaat der EU gehört, und es dient am Ende des Kalten Krieges vor allem der Wirtschaftsspionage. Dieses System, so wurde behauptet, trägt den Code-Namen Echelon.
      Dies, Herr Präsident, war ein schwieriger Aufklärungsauftrag, weil das Europäische Parlament weder - und zwar unter keinerlei Umständen - Zugang zu Akten von Geheimdiensten der EU-Mitgliedstaaten und schon gar keinen Zugang zu Detailinformationen über die Tätigkeit von amerikanischen Diensten hat. Trotzdem können wir nach einem Jahr sorgfältiger Aufklärungsarbeit dem Plenum ohne jeden Restzweifel folgendes mitteilen:

      Erstens: Es gibt kein von Geheimdiensten gleich welchen Staates betriebenes Abwehrsystem, mit dem jedwede Kommunikation in Europa abgehört werden kann. Diese Behauptung muss in das Reich des kreativen Journalismus verwiesen werden! Die Behauptung wird auch nicht dadurch realitätsnäher, dass sie sich leider Gottes in einer Studie wiederfindet, die das Europäische Parlament in Auftrag gegeben hat und der damit eine Art Qualitätssiegel verliehen wurde.

      Es geht an der Stelle nicht darum, was man glaubt. Die Telekommunikation gehorcht den Gesetzen der Physik, und wo es keinen Zugang zu Trägern der Kommunikation gibt, kann man auch nicht abhören, und es gibt keine magische Sonderphysik für Geheimdienste!
      Zweitens gibt es aber sehr wohl ein Abhörsystem, das folgende Eigenschaften hat: Es arbeitet global und wird mit einem Abhörverbund der sogenannten UK-USA-Staaten - das sind Amerika, das Vereinigte Königreich, Kanada, Australien und Neuseeland - realisiert. Dies ist keine zufällige Mixtur, dieser Abwehrverbund hat seine historischen Wurzeln im Zweiten Weltkrieg. Es hat im Wesentlichen nur Zugriff auf interkontinentale Kommunikation, die entweder über Kommunikationssatelliten vermittelt wird oder über Unterwasserkabel läuft, die in den obengenannten Ländern anlanden.

      Die Kommunikation innerhalb Europas ist deshalb kaum davon betroffen, die Kommunikation zum Beispiel in die afrikanischen Staaten, in arabische Staaten und nach Lateinamerika sehr wohl. Was Botschaften an Funkverkehr in ihrem Nahbereich abhören können, wissen wir nicht, aber es ist klar, dass es dabei nicht um den Hauptanteil des Abwehrgeschäfts geht. Im Unterschied zur Abhöroperation der Polizei, die sich immer auf eine Person oder eine klar definierte Gruppe von Personen richtet, arbeitet das Abhörsystem, mit dem wir es zu tun haben, anders. Es fängt jede Kommunikation, zu der es Zugriff hat, ab und führt sie einer Computersuchmaschine zu. Diese filtert entsprechend einem Suchwortkatalog die Kommunikation aus, die für Nachrichtendienste interessant ist. Das System arbeitet also wie ein Staubsauger, und die Nachrichtendienste stellen den Filter ein. Technisch nennt man das strategische Fernmeldekontrolle.

      Die Suchmaschine kann Telefonnummern, Stimmen von Topzielen, den Inhalt von E-Mails und von Maschinenschrifttelefaxen erfassen. Handschriftfaxe oder gesprochene Nachrichten können beim Stand der Technik in absehbarer Zeit nicht mit dieser Suchmaschine erfasst werden und sind damit einer geheimdienstlichen Auswertung auch nicht zugänglich. Ansonsten haben wir Hinweise, das das System den Code-Namen Echelon trägt. Es ist aber egal, wie es heißt. Es kann auch Rumpelstilzchen heißen, für uns ist wichtig, was es macht!


      Das sind die Befunde, und ich füge hinzu, wir behaupten das nicht einfach. Wir können es beweisen mit einer Indizienkette, die so stark ist, dass sie vor einem Schwurgericht standhalten könnte. Wer Genaueres wissen will, kommt nicht darum herum, den Bericht zu lesen. Hier soll nur ein Hinweis genügen: Wenn wir etwas Falsches aufgeschrieben hätten, dann können Sie davon ausgehen, dass uns die Nachrichtendienste der angesprochenen Staaten öffentlich mit Genuss zerlegt hätten! Sie haben das aber nicht getan, und das spricht für sich.


      Das ist der alleinige Maßstab, aber es ist auch einer, wenn man ehrlich debattieren will. Die meisten Nachrichtendienste der Mehrheit der EU-Staaten bedienen sich der strategischen Fernmeldekontrolle. Nur Belgien, Griechenland, Irland, Österreich, Portugal und Luxemburg verwenden diese Technik nicht.



      Zweitens: Der Zweck, zu dem das verwendet wird, spielt bei der Bewertung natürlich auch eine Rolle. Wenn es um den Kampf gegen die internationale organisierte Kriminalität, Drogenhandel, Menschenhandel, Waffenhandel, Terrorismus, Proliferation, um das Einhalten von Embargos oder Fragen der nationalen Sicherheit geht, ist gegen den Zweck als solche nichts zu sagen. Wenn damit Unternehmen ausspioniert werden, um damit der eigenen Wirtschaft Vorteile zu verschaffen, dann muss das anders bewertet werden.

      Drittens: Der Zweck heiligt aber nicht die Mittel. Es geht also nicht allein um den Zweck, denn jedes Abhören, jeder Einzelfall verletzt die Privatsphäre. Dabei geht es nicht um ein Mengenproblem. Menschenrechte sind Individualrechte, keine Frage der Statistik. Zulässig ist eine solche Verletzung der Privatsphäre nur unter bestimmten Voraussetzungen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ist in seiner Rechtsprechung glasklar, was das betrifft. Diese Voraussetzungen lauten kurzgefasst so: Ein Eingriff muss eine gesetzliche Grundlage haben, er darf nicht willkürlich sein. Es muss also eine Güterabwägung zwischen Verletzung der Privatsphäre und dem Zweck, um den es geht, stattfinden. Er muss vorhersehbar, d.h. die Bürgerinnen und Bürger müssen wissen, dass es so ein System gibt. Und das Abhören darf nur dann eingesetzt werden, wenn es keine andere Möglichkeit gibt. Es ist also eine ultima ratio.

      Es gibt hier im Haus Kollegen, die sagen, wenn es um Strafverfolgung geht, wenn die Polizei dies auf Anordnung eines Richters tut, dann ist das in Ordnung. Bei Geheimdiensten sagen sie, das ist eine Verletzung von Menschenrechten. Ich habe großes Verständnis dafür, wenn jemand sagt, ich will es politisch nicht, dass Dienste dies tun. Das kann ich nachvollziehen. Das ist nicht meine Position, aber das kann ich nachvollziehen. Aber wenn jemand sagt, dies sei illegal, dann trägt er der Rechtsprechung des Gerichtshofes für Menschenrechte hier bei uns nicht Rechnung.

      Wirtschaftsspionage ist sicher kein erlaubter Zweck. Nun befassen sich alle Nachrichtendienste auch mit wirtschaftlichen Sachverhalten, zum Beispiel mit Entwicklungen auf Finanz- oder auf Rohstoffmärkten. In diesem Sinne betreiben die meisten Dienste Wirtschaftsspionage. Das ist auch nicht der Punkt, der kritisiert wird. Das Problem entsteht dann, wenn nicht allgemeine Sachverhalte aufgeklärt werden, sondern wenn Details der Industrie des eigenen Landes zugespielt werden, damit sie einen Wettbewerbsvorteil bekommt.

      Zwischen EU-Staaten wäre ein solches Verhalten im übrigen nicht vereinbar mit dem EU-Recht, weil es eine Art verbotener Staatsbeihilfe ist. Im internationalen Bereich ist es mehr als ein unfreundlicher Akt, und zwischen Verbündeten ist es ein Skandal!
      Im Übrigen, Abhören ist bei Wirtschaftsspionage nicht die Methode der Wahl, das macht man in der Regel mit den klassischen Mitteln. Aber es gibt Einzelfälle, in denen dieses Instrument mit Erfolg eingesetzt werden kann.

      Nun waren vor allem die Vereinigten Staaten im Kreuzfeuer der Kritik. Die USA haben immer zurückgewiesen, dass sie nachrichtendienstliche Erkenntnisse direkt an US-Firmen weitergeben. Sie haben aber zugegeben, dass sie im Detail abhören, wenn es um international ausgeschriebene Großaufträge geht. Das Argument und die Rechtfertigung dabei ist, die europäischen Firmen würden ja bestechen und man müsste sich dagegen wehren.

      Dieses Verhalten muss - ich sage das jetzt sehr höflich und vorsichtig - hinterfragt werden. Erstens wissen wir, dass amerikanische Firmen auch bestechen. Bei der Korruptionsanalyse, die weltweit vorliegt, liegen sie im Mittelfeld der Bestechungsaktivitäten.


      Zweitens: Inzwischen ist so etwas innerhalb der OECD durch Konvention verboten, und die Mitgliedstaaten der Europäischen Union haben dies in innerstaatliches Recht umgesetzt. Wenn die Vereinigten Staaten von Amerika trotzdem mit Cowboymentalität auf einem Faustrecht bestehen, dann ist das mit der Idee, dass solche Dinge durch internationale Rechtsvereinbarungen geregelt werden, nicht vereinbar.

      (Beifall)

      Viertens: Wenn es so ist, dass die amerikanischen Dienste keine Wirtschaftsspionage im Detail betreiben, warum gibt es dann kein Gesetz in den Vereinigten Staaten von Amerika, das es den Diensten verbietet? Warum nicht?

      Das eigentliche politische Problem ist im Grunde, dass in der öffentlichen Debatte in Europa die Menschen den Vereinigten Staaten von Amerika so etwas zutrauen. Das politische Problem ist ein abgrundtiefes Misstrauen, das da offenkundig wird. Das muss aus der Welt!

      Wir haben eine Menge von Vorschlägen entwickelt, auch was die Kontrolle der Dienste bei uns betrifft, auch was einen Kodex zwischen den EU-Staaten betrifft und ähnliches. Letztlich landen wir aber bei einem einfachen Hauptproblem. Der Schutz der Privatsphäre wird durch die Rechtsordnungen von Nationalstaaten gewährleistet. Die Kommunikation wird aber zunehmend international. Es gibt keinen Weltstaat, der sie schützt. Wir müssen internationale Rechtsvereinbarungen finden, damit wir - das ist eines der vielen Probleme der Globalisierung - auch da Schutz der Privatsphäre bekommen.

      Ansonsten bleibt ein zweites Problem, das ich an den Anfang dieses Berichts gestellt habe. Das ist ein lateinischer Satz, der sagt: Sed quis custodiet ipsos custodes, d.h. wer bewacht denn die Wächter? Das bleibt das Dauerproblem!"
      Avatar
      schrieb am 06.03.02 09:18:19
      Beitrag Nr. 17 ()
      Ihr habt Napalm auf Vietnam noch gar nicht erwähnt. Lasst Ihr etwa nach in Eurem Hass?
      Avatar
      schrieb am 06.03.02 09:33:31
      Beitrag Nr. 18 ()
      @ rainer6767

      Ich bitte Dich nochmals, hier nicht als Zerstörer aufzutreten.
      Wenn ich die Bitte ausspreche, daß Du in diesem Thread NICHT postest, so solltest Du Dich bei anderen, die noch Ansätze von Umgangsformen haben, erkundigen, was das in diesem konkreten FAll für Dich in diesem Thraed bedeutet.

      Deine Postings sind in diesem Thread unerwünscht. :mad:

      Nimm das bitte endlich zur Kenntnis.

      deine Unterstellungs-Nummer, mit der Du in meinem WTC-Thread andere massiv in sinnvollen Gesprächen gestört hast, zieht bei mir nicht und ist völlig am Thema vorbei.

      Hier soll auf einer ebene intellektueller Austausch stattfinden, die für Dich nicht möglich ist.
      Quod erat demonstrandum:

      deine postings
      #2
      #7
      #17

      Bitte diskutiere mit jedem, der es will... aber nicht dort, wo es definitiv unerwünscht und sichtbar auf Lust am Stören und Stänkern reduziert ist.

      Es ist aber interessant, wie Du von der Rolle des "Opfers" jetzt wieder in die Rolle des Täters schlüpfst...
      neues Spiel, neues Glück, oder wie? :eek:

      Deine durchsichtige TAktik ahnt jeder mit Grips:

      wenn man die Beweise (wie in diesem Thraed schon wieder gezeigt) für Deine menschliche Unfähigkeit zusammenfasst und damit endlich deiner zerstörungskraft Abwehr entgegensetzt, dann wirst Du als harter Angreifer windelweich und jammerst was von Opfer... einfach erbärmlich, weil lediglich auf reflexe anderer mit kurzem gedächtnis bauend.

      D.T.
      Avatar
      schrieb am 06.03.02 10:00:38
      Beitrag Nr. 19 ()
      Lächerlich. Wen es interessiert, der kann ja mal den recht langen WTC-Thread lesen. Da sieht man sehr deutlich, wie auf abweichende Meinungen (Befürwortung des Afghanistan-Krieges) reagiert wurde. "Kriegsgeil" etc. ist noch das harmloseste.
      Dass nun gerade Deep Thougt sich als Verfechter einer hohen Diskussionskultur darstellen möchte, ist schon bezeichnend. Einmal gefasste Feindbilder werden auf keinen Fall wieder aufgegeben, stimmt`s?
      Ob es sich dabei um ein schon irrsinnig verzerrtes Bild der USA handelt ("an jeder Straßenecke wird man überfallen" ) oder um die Einschätzung von Diskussionspartnern (z.B. die Bezeichnung meiner Person als "Salon-Neonazi" ).

      Wenn Du die Äußerung abweichender Meinungen als Zerstörung einer Diskussion betrachtest, dann solltest Du Diskussionen jeglicher Art völlig unterlassen.
      Mir allerdings vorzuwerfen, dass ich mich, durchaus in auch emotionaler Art, gegen Vorwürfe der zitierten Art verteidigt habe, ist schon schäbig, oder?

      Im Übrigen definierst nicht Du, wo ich mich äußere.
      Avatar
      schrieb am 06.03.02 13:31:22
      Beitrag Nr. 20 ()
      Protest und Empörung über US-Stahlzölle
      EU kündigt Klage bei der WTO an


      Im Streit mit den USA um hohe Einfuhrzölle auf Stahl hat die EU-Kommission eine Klage vor der Welthandelsorganisation (WTO) in Genf angekündigt. Die Union werde alles Nötige unternehmen, um den heimischen Markt zu sichern, teilte die Kommission in Brüssel mit.
      1,6 Millionen Tonnen Stahl aus Deutschland
      Auch die deutsche Stahlindustrie hat die Entscheidung der US-Regierung, auf bestimmte Stahlprodukte einzuführen, massiv kritisiert. Nach Angaben des Branchenverbandes Wirtschaftsvereinigung Stahl könnten die Maßnahmen zu schweren Verwerfungen im Weltstahlhandel führen. Die deutschen Stahlkocher lieferten im vergangenen Jahr rund 1,6 Millionen Tonnen Stahl in die USA.

      Belastung für Handelsbeziehungen
      Bundeswirtschaftsminister Müller äußerte sich ebenfalls besorgt: "Die Bundesregierung und die deutsche Stahlindustrie haben wenig Verständnis dafür, dass jetzt interne Probleme der US-Stahlindustrie zu Lasten der deutschen Wirtschaft gelöst werden sollen." Zudem sprach Müller von einer "erheblichen Belastung" für die Handelsbeziehungen zwischen EU und den USA.

      Zölle in Höhe von bis zu 30 Prozent
      Am Vorabend hatte US-Präsident George W. Bush hohe Einfuhrzölle auf Stahl angekündigt, um die alternde US-Stahlindustrie vorrübergehend vor billigeren Importen zu schützen. Nach der Verordnung sollen die Zölle zwischen acht und 30 Prozent auf verschiedene Stahlprodukte für drei Jahre in Kraft bleiben. Ausgenommen sind nach Informationen von US-Beamten Stahlimporte aus Mexiko und Kanada, weil beide Länder Mitglieder der Nordamerikanischen Freihandelszone (NAFTA) sind, sowie Importe aus ärmeren Ländern, die nicht mehr als drei Prozent der Gesamtmenge ausmachen. Die Stahlbranche hatte sogar Zölle bis zu 40 Prozent verlangt, zeigte sich jedoch sehr zufrieden mit dem Regierungsvorschlag.

      Bush wirft Gegnern Subventionen vor
      Bush begründete den Schritt mit dem Vorwurf an die ausländischen Regierungen, ihrerseits jahrzehntelang die heimische Stahlindustrie subventioniert zu haben. Die Zölle gäben der Industrie und den Arbeitern in den USA die Chance, sich auf die hohen Stahlimporte einzustellen. Der US-Präsident forderte die Industrie gleichzeitig auf, die Zeit zur Restrukturierung zu nutzen. Rund 30 US-Stahlfirmen sind in den vergangenen fünf Jahren Bankrott gegangen
      Avatar
      schrieb am 07.03.02 13:23:24
      Beitrag Nr. 21 ()
      STAHLHANDELSKRIEG

      EU wirft Bush Wildwest-Methoden vor

      In der Ablehnung der geplanten US-Strafzölle auf Stahlimporte sind sich die Europäer einig wie in kaum einer anderen Frage zuvor. Sie könnten einen weltweiten Handelskrieg auslösen.

      Washington/Berlin - Die EU kündigte am Mittwoch eine Beschwerde bei der Welthandelsorganisation (WTO) gegen das Vorgehen der USA an. Ein Veto der WTO zu den US-Importrestriktionen würde Europa seinerseits Handelssanktionen gegen die USA ermöglichen. Japan, Südkorea und Brasilien kündigten an, die EU bei ihrer Beschwerde unterstützen zu wollen.
      US-Präsident George W. Bush hatte am Dienstagabend angekündigt, die USA werde zum Schutz der angeschlagenen einheimischen Stahlindustrie Einfuhrzölle von bis zu 30 Prozent für ausländische Stahlprodukte verhängen. Er löste damit weltweit eine Woge der Kritik aus.

      Bundeskanzler Gerhard Schröder bezeichnete Importbeschränkungen im Stahlbereich in einem Brief an Bush als falsches Signal für eine weitere erfolgreiche Liberalisierung des Welthandels. Bundeswirtschaftsminister Werner Müller sagte, die US-Entscheidung sei "eine erhebliche Belastung für die Handelsbeziehungen zwischen USA und Europa". Der Sprecher von Premierminister Tony Blair bedauerte am Mittwoch die Entscheidung der US-Regierung. "Wir sind der Meinung, dass die USA die Regeln gebrochen haben." Die britische Handelsministerin Patricia Hewitt zeigte sich bitter enttäuscht.


      Im gleichen Sinne äußerte sich auch EU-Kommissar Pascal Lamy. "Der weltweite Stahlmarkt ist nicht der Wilde Westen, wo jeder tut, was er will", sagte er am Mittwoch in Brüssel. Die Strafzölle bedeuteten einen schweren Rückschlag für das Welthandelssystem. Auch EU-Kommissionspräsident Romano Prodi protestierte gegen die Entscheidung der USA.

      Am Mittwochmorgen waren die zuständigen EU-Kommissare zu einer Sondersitzung zusammen gekommen, um das weitere Vorgehen zu beraten. Lamy betonte: "Wir werden alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, um unsere Märkte zu beschützen." Die US-Entscheidung könnte nach Einschätzungen aus Brüssel dazu führen, dass die EU bis zu vier Millionen Tonnen Stahl weniger in die USA exportieren kann als bisher. Überdies könnte die Blockade des US-Marktes dazu führen, dass rund 16 Millionen Tonnen Stahl aus Drittländern zu Billigpreisen auf den europäischen Markt gedrückt würden.

      Wirtschaftsminister Werner Müller (parteilos) warf den USA vor, die Probleme ihrer Stahlindustrie seien nicht durch Importe verursacht, sondern auf eine in Jahrzehnten versäumte Strukturanpassung und dadurch unzureichende internationale Wettbewerbsfähigkeit zurückzuführen. Die Bundesregierung werde sich in der EU für eine Überprüfung der Maßnahmen in der WTO mit allen sich daraus ergebenden Konsequenzen einsetzen.


      Müller betonte: "Die deutsche Stahlindustrie hat vor einigen Jahren den notwendigen Strukturwandel mit schmerzhaftem Abbau von Arbeitsplätzen ohne außenwirtschaftliche Schutzmaßnahmen vollzogen. Die Bundesregierung und die deutsche Stahlindustrie haben wenig Verständnis dafür, dass jetzt interne Probleme der US-Stahlindustrie zu Lasten der deutschen Wirtschaft gelöst werden sollen."

      Der Bundesverband der Deutschen Industrie warnte angesichts des Konflikts vor einer drohenden Welle des Protektionismus. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag sprach von US-Willkür. Der Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl, Dieter Ameling, forderte die EU auf, den europäischen Stahlmarkt nun so schnell wie möglich vor Drittlandseinfuhren zu schützen.

      Auch Vertreter der Stahlindustrie äußerten sich besorgt über die angekündigten Strafzölle. ThyssenKrupp, Europas zweitgrößter Stahlproduzent, warnte vor Verwerfungen im Weltstahlhandel. Es sei abzusehen, dass es verstärkt zu einer Umlenkung der Lieferströme in andere Regionen, besonders in den liberalen EU-Raum, kommen werde, sagte Ulrich Middelmann, Vorstandsvorsitzender der ThyssenKrupp Steel, am Mittwoch in Düsseldorf. Diese zusätzlichen Mengen könnten die gerade eintretende Stabilisierung der Konjunktur und der Stahlmärkte gefährden.


      Bei ThyssenKrupp seien jährlich rund 350.000 Tonnen Qualitätsflachstahl mit einem Umsatzvolumen von rund 200 Millionen Euro von einem 30-prozentigen Schutzzoll betroffen. Der Anteil am Gesamtjahresumsatz von 12,6 Milliarden Euro betrage etwa ein bis zwei Prozent. ThyssenKrupp liefert hauptsächlich feuerverzinktes Feinblech für die Automobilindustrie. Middelmann kündigte an, dass ThyssenKrupp mit den Kunden nun Gespräche über eine Aufteilung der zusätzlichen Kosten aufnehmen werde. "Gemessen am Umsatzvolumen sind wir kaum betroffen, doch der indirekte Effekt durch die Umlenkung der Lieferungen tangiert uns sehr wohl", betonte der Stahl-Chef.
      Avatar
      schrieb am 07.03.02 15:08:30
      Beitrag Nr. 22 ()
      Das ist das neue Weltordnungssystem a la Bush, wird ihm ziemlich scheißegal sein wer sich da beschwert.
      Avatar
      schrieb am 08.03.02 09:06:23
      Beitrag Nr. 23 ()
      MILITÄRSCHULE FORT BENNING

      Terrortraining im Auftrag der US-Regierung

      Von Christoph Schult

      Für die einen sind es Terroristen, für die anderen Freiheitskämpfer. Die USA haben über Jahrzehnte Offiziere und Guerilleros aus Lateinamerika in Folter und Erpressung geschult. Die Militärschule in Fort Benning im Bundesstaat Georgia existiert noch heute - ein Beispiel für die Widersprüchlichkeit US-amerikanischer Außenpolitik.




      Einsatztraining in Fort Benning


      Berlin - Es war der erste Tag der Luftangriffe auf Afghanistan, und George Bush zeigte Entschlossenheit. "Wenn irgendeine Regierung die Gesetzlosen und die Mörder von Unschuldigen sponsert, ist sie selbst gesetzlos und zum Mörder geworden. Und sie wird diesen einsamen Weg auf eigene Gefahr nehmen", drohte der US-Präsident am Tag der ersten Luftangriffe auf Afghanistan.
      Ein Ausbildungscamp für Terroristen liegt freilich auch vor Bushs eigener Haustür, im US-Bundesstaat Georgia.

      "Western Hemisphere Institut for Security Cooperation" heißt die Militärschule im Fort Benning. Nach Mitteilung auf der schuleigenen Homepage wurde sie im Januar 2001 gegründet. Tatsächlich aber existiert die Militärakademie bereits seit 1946 und hieß vor der Umbenennung "School of the Americas" (SOA).




      Zuchtanstalt für Staatsfeinde: Die "School of the Americas"


      In Lateinamerika ist sie besser bekannt unter dem Spitznamen "Schule der Diktatoren". Fast 60.000 Soldaten und Offiziere aus Mittel- und Südamerika kamen über Jahrzehnte in den Genuss des Unterrichts bis 1984 in Panama, danach in Fort Benning, Georgia.

      Die Liste der Absolventen liest sich wie das "Who`s who" der lateinamerikanischen Diktatorengeschichte: Leopoldo Galtieri, Anfang der Achtziger Chef der argentinischen Militärjunta, die über 30.000 Menschen ermorden oder "verschwinden" ließ. Oder Roberto D`Aubuisson, Anführer von El Salvadors Todesschwadronen. Ein anderer Ex-Schüler wurde erst im Juni dieses Jahres in Guatemala verurteilt: Colonel Byron Lima Estrada ermordete 1998 den Bischof Juan Gerardi. In Chile befehligten Ex-SOA-Schüler die Geheimpolizei von Augusto Pinochet, und auch Panamas General Manuel Noriega rekrutierte fleißig aus der Eliteschule.




      Rekrutierte von der Militärakademie seine Schergen: Panamas Diktator General Manuel Noriega


      "Zu ihren Absolventen zählen die meisten der schlimmsten Folterknechte in Lateinamerika", sagte der ehemalige CIA-Agent Philip Agee im Jahr 1999. "Schule der Mörder" nennt sie Pater Roy Bourgeois, Vietnam-Veteran und Gründer der Menschenrechtsbewegung "SOA Watch". Die Schule habe "einige der brutalsten Mörder, einige der grausamsten Diktatoren und einige der schlimmsten Verletzer von Menschenrechten" hervorgebracht, die die westliche Hemisphäre je gesehen habe, so der demokratische Kongressabgeordnete Joe Moakley aus Massachusetts.

      Nach offiziellen Angaben sollten die Soldaten und Offiziere den Umgang mit amerikanischen Waffen und Respekt für amerikanische Werte erlernen, zum Beispiel die Achtung der Menschenrechte. Doch sieben Lehrbücher, die das Pentagon 1996 auf öffentlichen Druck veröffentlichen musste, sprechen eine andere Sprache. Sie empfahlen unter anderem Erpressung, Folter, Hinrichtungen und die Verhaftung von Verwandten von Zeugen. Mindestens zwei Dutzend Textpassagen monierte eine interne Kommission des US-Verteidigungsministeriums.


      Präsent, aber nicht transparent: Die Internetseite des "Western Hemisphere Institute"


      Dieses "Problem", sagte damals ein Pentagon-Sprecher, sei "1992 entdeckt, ordnungsgemäß gemeldet und gelöst" worden. Daraufhin sei der Stundenplan um ein "Pflichttraining zu Menschenrechten" erweitert worden. Die Methoden seien "Folge eines bürokratischen Versehens" gewesen, so das US-Verteidigungsministerium. Die Lehrbücher seien vernichtet worden, teilten die Militärs mit. Für die US-Regierung war damit dieses dunkle Kapitel ihrer Geschichte abgeschlossen.

      Aber noch immer sind SOA-Absolventen mit US-Unterstützung in schmutzige Kriege verwickelt. Noch vergangenes Jahr ermittelte die Organisation "Human Rights Watch", dass sieben ehemalige SOA-Studenten in Kolumbien paramilitärische Gruppen im so genannten Krieg gegen die Drogen leiten und dabei Entführungen und gezielte Morde begingen. Im Februar dieses Jahres wurde einer von ihnen wegen Beteiligung an der Folterung und Tötung von 30 Bauern verurteilt.

      Doch als Kongressabgeordnete im vergangenen Jahr versuchten, die Terroristenschule schließen zu lassen, unterlagen sie knapp mit zehn Stimmen. Das Repräsentantenhaus beschloss stattdessen, die Schule unter anderem Namen zu führen. Seit Januar 2001 also heißt sie "Western Hemisphere Institut for Security Cooperation" (WHISC).

      "Der Ruf der School of the Americas ist so schlecht, selbst wenn sie diese Änderungen umsetzen, bin ich nicht sicher, dass sie weit genug gehen", sagte Demokrat Moakley. "Das ist, als sprühe man Parfum auf eine Müllkippe."


      Selbst ein Verteidiger der Militärakademie wie Senator Paul Coverdell aus Georgia gab später zu, dass die Neugründung nichts anderes ist als die Fortsetzung der alten Tradition unter neuem Namen: Die Änderungen seien "grundsätzlich kosmetisch", so der Senator.






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      Avatar
      schrieb am 08.03.02 11:00:24
      Beitrag Nr. 24 ()
      Das politische Amerika lebt weiter in ständigem Alarmzustand

      Wer Bush kritisiert, muss Abbitte leisten
      Von Uwe Schmitt

      Washington - Die Verluste der "Operation Anaconda" waren noch irreale Planspiele des Pentagon, der Krieg ohne Bilder in Afghanistan schien lässig gewonnen, als Tom Daschle seinen Mut zusammennahm und eine Frage stellte. Das heißt: Er kündigte an, künftig mehr Fragen nach den Kriegszielen und den Zeitplänen der Regierung stellen zu wollen. Zur Einstimmung fragte der Mehrheitsführer der Demokraten im Senat seinen Präsidenten, wie die Nation denn Sieg und Niederlage im "war on terrorism" ermessen solle, wenn Osama Bin Laden nie gestellt würde, tot oder lebendig? Statt einer Antwort warf sich der Republikaner Trent Lott, den Daschle von der Spitze verdrängt hatte, zwischen George W. Bush und Daschles Dolch. Wie Daschle es wagen könne, den Präsidenten mitten im Krieg zu kritisieren, verlangte Lott zu wissen.

      Die Abstrafung Tom Daschles auch durch rangniedere Republikaner ist zum täglichen Ritual geworden. Der demokratische Politiker politisiere, werfen ihm seine politischen Gegner vor. Im Krieg grenze das an Landesverrat. Und immer wieder, zuletzt nach den Verlusten der "Operation Anaconda", sieht sich Daschle zu hastigen Treueschwüren gedrängt, die demütigend wirken.

      Bisher hat das böse Spiel nur matte Proteste in liberalen Blättern hervorgerufen, als Bush dem verdutzten Kongress eröffnete, dass er seit dem 11. September das Überleben des politischen Gebildes USA durch eine "Schattenregierung" in entlegenen Bunkern garantiere. Bis zu 100 Beamte rotierten in zwei atombombensichere Unterkünfte an der Ostküste und wieder hinaus, um die Handlungsfähigkeit der Exekutive nach einem terroristischen Atomschlag gegen Washington zu proben.

      Dies sei ein "sehr ernstes Geschäft", meinte Bush . Das fand Tom Daschle auch. So ernst, dass er öffentlich zu fragen wagte, warum weder er noch sonst irgendjemand im Senat von der Aktivierung einer Ersatzregierung wisse. Und - nicht weniger spannend: Wie es angehe, dass weder Legislative noch Judikative in Bushs Rettungsplänen eine Rolle spielten? Waren Kongress und Oberstes Bundesgericht in Bushs postnuklearem Szenario entbehrlich?

      Diesmal schien es, als ginge die Geheimniskrämerei der Bush -Regierung selbst manchen Parteifreunden zu weit. Trent Lott und der republikanische Sprecher des Repräsentantenhauses, Dennis Hastert, (der Thronfolger, falls der Vizepräsident Dick Cheney ausfiele) konnten sich nicht erinnern, ob sie von dem Doppelspiel der Exekutive informiert worden waren. Der Unterschied zu Daschles Demokraten: Sie verzichteten auf Antworten, noch bevor sie fragten.

      Cheney, so viel war gewiss und längst Gegenstand von Witzen und Cartoons, hatte seit dem 11. September mehr Tage und Wochen in sicheren Verstecken zugebracht als John F. Kennedys Vize Lyndon B. Johnson während der Kubakrise. Die Alarmpläne aus Eisenhowers Zeiten, vom Pentagon routinemäßig im Frieden mit dem Rotieren ranghöchster Militärs vorgeführt, sind in Kraft.

      Auch der Kongress - wie bewiesen am 11. September, als das Gerücht von einem bevorstehenden Anschlag das Kapitol eher chaotisch als geregelt leerte - hat seine Notfallpläne, die das gesamte Parlament aus der Hauptstadt retten sollen. Es kennt sie nur keiner. Und irgendwie ist das ein sympathischer Zug in einem Remember-Pearl-Harbor-Klima, das man visionär nennen kann oder paranoid.

      Die aus Staatsräson wie Kalkül - im November sind Kongress-Zwischenwahlen - unterdrückten Fragen Tom Daschles müssten für die Nation so interessant sein wie die, die man ihm übel nahm. Kann Amerika in einem permanenten Alarmzustand leben, ohne zu erlahmen oder seine grundrechtliche Basis aufzuweichen? Wie können die USA einen globalen Feldzug gegen Terroristen führen (statt gegen eine global vernetzte Gruppe namens Al Qaida), ohne ihre Kräfte zu überdehnen?

      US-Truppen und militärische Berater sind jenseits von Afghanistan in Kolumbien und den Philippinen aktiv, dem Jemen und Georgien versprochen und dem Irak angedroht. Im Pentagon regt sich Widerstand der Logistiker gegen die Ideologen: Wie soll die Überwachung durch Satelliten und Awacs-Jets gewährleistet werden? Wie sollen Tankflugzeuge, ohne die es keine ständige Luftüberlegenheit gibt, über jedem Anti-Terror-Theater kreisen?

      Und dann bleibt noch Bewaffnung und Munition: "Jeder Truppenführer will die besten und neuesten Waffen einsetzten", erklärte ein General im Ruhestand das Problem von Angebot und Nachfrage in multiplen Kriegen. Um Geduld bittet Präsident Bush ein ums andere Mal, und er erwartet fraglose Gefolgschaft. Es scheint bisweilen, als genösse er den Krieg.

      faz.net 07.03.02
      Avatar
      schrieb am 08.03.02 12:15:01
      Beitrag Nr. 25 ()
      der letztte zitierte Artikel hatte versehentlich eine falsche Quellenangabe.

      Hier die richtige:

      http://www.welt.de/daten/2002/03/08/0308au318912.htx?search=…
      Avatar
      schrieb am 09.03.02 08:57:36
      Beitrag Nr. 26 ()
      Habe mir überlegt, o ich das Folgende hier reinsetze...

      es ist zwar bissig-ironisch, aber leider auf Tatsachen basierend... es wirft ein Licht auf den Menschen, der im Moment - leider im Alleingang - die Geschicke (oder besser: UNgeschicke)der Welt bestimmt.. also, erscheint es hier...




      GEORGE W. BUSH

      Die zehn gefährlichsten Gegner des US-Präsidenten


      Von Steffen Heinzelmann

      Viel Feind, viel Ehr: Ob im Wahlkampf oder im Weißen Haus - Amerikas Staatsoberhaupt George W. Bush muss sich mit Furcht erregenden Gegnern herumschlagen: Terroristen, Sündern, Brezeln - und der eigenen Muttersprache.

      1. Bush versus amerikanische Sprache

      "Bushism"-Buch: Der Präsident fühlt sich "missunterschätzt"


      Hauptgegner Bushs noch vor den "Schurkenstaaten" und dem Terror-Teufel ist die eigene Landessprache. Vor allem deren Grammatik: "Selten wird die Frage gestellt: Lernt unsere Kinder?", fragte Bush junior im Januar 2000. Offenbar nicht genug, wie die Pisa-Studie auch über die amerikanischen Schüler verriet. Aber bei diesem Vorbild? Der Präsident missbraucht die Wörter so unfreiwillig komisch, dass sich ganze Bücher mit den nach ihm benannten "Bushisms" beschäftigen und manche Mediziner eine Sprachstörung vermuten.

      Vielleicht kreiert aber Bush einfach eine neue Weltsprache, fast im Sinne Esperantos: eine Sprache, die überall nicht verstanden wird. Oder alles ist wirklich nur ein "Missunterschätznis", und die Spötter täuschen sich in dem amerikanischen Präsidenten: "They misunderestimated me", stellte Bush schon im Jahr 2000 klar.

      2. Bush versus Taliban-Terror

      Die Taliban seien eine Popgruppe, kokettierte George W. Bush noch als Präsidentschaftskandidat und bewies so zumindest Volksnähe. Doch im "Krieg gegen den Terrorismus" ist kein Platz für Späße. Die "Koranschüler" haben von den Russen die Rolle als weltgrößte Bösewichter übernommen. Jetzt müssen sie dafür bezahlen: Unbelehrbare Moslemextremisten sammelt die US-Army in Asien ein und fliegt sie in die karibische Besserungsanstalt nach Guantánamo Bay auf Kuba.

      3. Bush versus "Achse des Bösen"


      Kriegsherr Bush: Viel Feind, viel Ehr`, Gefangene auf die Insel


      Ohne Umschweife erklärte Bush den Irak (mit Familienfeind Saddam Hussein), Iran und Nordkorea zur "Achse des Bösen". Dass er mit seinen Drohungen auch Reformern in Iran in den Rücken fiel, war ihm entweder nicht bewusst oder egal. Dabei hatte der US-Präsident nur die Kriegsrethorik der vergangenen Jahrzente ein wenig aktualisiert: Geschickt verband er Winston Churchills "Achsenmächte" aus dem Zweiten Weltkrieg mit Ronald Reagans Begriff vom "Reich des Bösen", der damaligen UdSSR.

      4. Bush versus Geographie

      In einem Land, dessen größter Nachrichtensender CNN auf Landkarten Polen mit der Schweiz verwechselt, ist es nicht so einfach den globalen Überblick zu behalten. "Das Einzige, was ich über die Slowakei weiß, ist, was ich aus erster Hand von Ihrem Außenminister erfahren habe, der nach Texas kam", sagte Bush noch als Gouverneur zu einem Journalisten aus der Slowakei. Den begeisterte das weniger, denn Bush hatte kurz zuvor den slowenischen Premierminister Janek Drnovsek getroffen. Dass Bush die kleine Slowakei mit dem noch kleineren Slowenien verwechselte - so what?

      5. Bush versus Brezeln



      Ein ganz anderer Gegner löste die "Brezel-Affäre" aus. "Sooo groß", erklärte First Lady Laura Bush in einer amerikanischen Talkshow, sei die Brezel gewesen und zeigte als Beweis eine in die Kamera. Ohnmächtig gekaut hatte sich Bush, als er ein Footballspiel im Fernsehen gesehen hatte, angeblich war er dann vom Sofa geplumpst und hatte sich den Kopf gestoßen. Die Gerüchteküche um den Mann mit der roten Wange brodelte, Vermutung reichten von Stresssyndrom bis hinterhältigem Anschlag. Das Weiße Haus entschied, Bush lieber für ungeschickt als krank zu erklären: Beim Schlucken sei der Vagusnerv gereizt und so der Herzschlag verlangsamt worden.

      6. Bush versus Arbeit

      Im Weißen Haus wird häufig früh das Licht ausgeknipst. "Die wichtigste Aufgabe ist nicht, Gouverneur zu sein oder First Lady in meinem Fall", verriet Bush schon 2000 seine Berufsauffassung - und seine versteckte Feminität. Wie gut, dass es Football, die Ranch und Brezeln gibt.

      Angeblich geht "Dubya" regelmäßig schon um 22 Uhr schlafen. Obendrein hält er tagsüber gerne ein Mittagsschläfchen. Der US-Schriftsteller Philip Roth antwortete dem SPIEGEL auf eine Frage nach Bush: "Es ist jetzt 12 Uhr mittags. Wahrscheinlich schläft er noch. Nach dem Workout legt er sich gern ein wenig hin." Auch auf seiner Ranch in Crawford entspannt sich Bush gerne: Mehr als vier Wochen Urlaub gönnte er sich im vergangenen Sommer. Und das in einem arbeitswütigen Land, in dem der normale Angestellte durchschnittlich Anspruch auf 13 Tage Urlaub hat.

      7. Bush versus Diplomatie


      Bush bei Dinner: Slowakei oder Slowenien - so what?


      Dabei will Bush eigentlich nur Frieden, wie er im vergangenen Sommerurlaub verriet: "Meine Regierung hat alle Führer im - im Mittleren Osten aufgerufen, alles zu tun, was sie tun können, um die Gewalt zu stoppen, um den verschiedenen beteiligten Parteien zu sagen, dass es niemals Frieden geben wird." Deshalb hatte er gleich nach der Amtseinführung das Raketenprogramm (NMD) vorangetrieben und so Ronald Reagans "Star Wars"-Phantasien weitergesponnen. "Die ganze Welt ist unser Schlachtfeld", sagte Bush im Herbst und hob den Haushalt für das Pentagon kräftig auf die Rekordhöhe von 439 Milliarden Euro an.

      Und Bush findet in der Rolle einer Friedenstaube sogar Freunde: Parlamentsabgeordnete der rechtsgerichteten norwegischen Fortschrittspartei schlugen Bush zusammen mit dem britischen Premierminister Tony Blair für den Friedensnobelpreis vor - als Lohn für ihren gemeinsamen Einsatz gegen den Terrorismus.

      8. Bush versus Glaubwürdigkeit

      Vertrauen ist gut, genaues Zuhören ist bei dem Präsidenten besser und lustiger: "Nun, ich denke, wenn Sie sagen, dass Sie etwas tun werden, und es dann nicht tun, das ist Vertrauenswürdigkeit", erklärte er. Noch Fragen?

      9. Bush versus Sünde

      Der Kampf gegen die Sünde scheint eine der Hauptaufgaben des amerikanischen Staatsoberhaupts zu sein. Vor dem Einzug in den neuen Amtssitz versprach Bush gottesfürchtig, das Weiße Haus von den "Beschmutzungen" Clintons zu reinigen.

      Cowboy George W. Bush: Lange Erholung auf der Ranch


      Jetzt will er mit einer 135 Millionen Dollar teuren Kampagne amerikanische Jugendliche vom frühen Sex abhalten. "Nein", soll Amerikas Nachwuchs sagen, denn Geschlechtsverkehr vor der Ehe ist angeblich gesundheitsschädlich, besonders im betrunkenem Zustand. Dazu passt, dass auch die blanke Brust der Justitia-Statue im amerikanischen Justizministerium züchtig verhüllt werden musste. Und die Meinung des Präsidenten zur Abtreibung: "Ich würde Ja zur Abtreibung sagen, wenn sie nur richtig wäre. Ich meine, ja, das ist richtig. Nun, nein, sie ist nicht richtig, deshalb sage ich dazu Nein."

      Außerdem in Bushs Sündenregister: Drogen. Diese Verteufelung sollte er aber vorsichtig aussprechen: Seine Nichte Noelle wollte sich mit einem gefälschten Rezept ein verschreibungspflichtiges Medikament besorgen, die Bush-Töchter Jenna und Barbara wurden schon jung bei Besäufnissen erwischt. Woher das wohl kommen mag? Bush hatte bereits vor langer Zeit offenbart, dass er in jüngeren Jahren zum Teil exzessiv Alkohol getrunken habe. Seit seinem 40. Geburtstag sei er aber völlig "trocken".

      10. Bush versus Umwelt

      Umweltpolitik? Welche Umweltpolitik? Bush lehnte das Klimaabkommen von Kyoto einfach ab und hat es im März 2001 aufgekündigt. Aber es wurde ja auch von seinem Vorgänger Clinton unterschrieben.


      (Quelle: Spiegel.de)
      Avatar
      schrieb am 09.03.02 09:08:14
      Beitrag Nr. 27 ()
      Und hier Bush´s 11. Gegner: seine eigenen Wahlversprechen und sein Protektionismus

      Ausgepeitscht mit dem Rostgürtel

      Von Carsten Matthäus

      Mit den Zöllen auf Stahlimporte hat Bush alles falsch gemacht. Die Welt ist empört, die eigene Industrie leidet, und der Präsident hat jede Glaubwürdigkeit verloren.

      Diese Woche hat George Bush seine Hemmungen endgültig verloren und die geliebten Stahlarbeiter unter Artenschutz gestellt. Die Wähler im amerikanischen "Rostgürtel" von West Virginia bis Ohio haben ihm schließlich die Wahl zum Präsidenten gerettet. Immer wieder gerne badet er in der Menge der harten Burschen und spart nicht mit markigen Worten: "Stahl ist eine Frage der nationalen Sicherheit", sagte er beispielsweise im August vor eine jubelnden Menge von Kumpels.
      Mit den Zöllen von 8 bis 30 Prozent auf ausländisches Stahl hat er nun sein absurdes Wahlversprechen eingelöst und allen Freihändler mitten ins Gesicht geschlagen.

      Aber noch nicht einmal das Ziel, den Amerikanern etwas Gutes zu tun hat der Cowboy im Amt des Präsidenten erreicht. "Der Anstieg der Stahlimporte ist eine erheblicher Schaden für unsere heimische Industrie", beschied er lapidar in seiner Pressemitteilung. Das ist gleich zweimal falsch: Erstens sinken die amerikanischen Stahlimporte seit 1998, und zweitens sind Stahlimporte für die US-Wirtschaft nicht schädlich. Amerika ist nämlich vor allem ein großer Stahlverbraucher und damit auf günstige Stahllieferungen angewiesen.

      Bushs undurchdachter Peitschenhieb nutzt wenigen und schadet vielen. Nur rund 200.000 Arbeiter arbeiten in den maroden Stahlfirmen des "Rostgürtels", rund zwölf Millionen sind dagegen in den Industrien beschäftigt, die Stahl verarbeiten. John Jensen, Chef eines Interessenverbandes der amerikanischen Stahlabnehmer, warnte vor dem Verlust von rund 74.500 Arbeitsplätzen. Die Schutzzölle würden dagegen nur etwa 10.000 Stahlarbeitern den Job retten. Und sogar die teuer Geretteten selbst werden unter den Folgen der Zölle leiden, da sie als Verbraucher mehr für die Produkte zahlen müssen, in denen ihr überteuerter Stahl verarbeitet wird.

      Wie andere Wirtschaftszweige unter den Importbeschränkungen leiden, hat Gary La Grange, Chef des Hafens von New Orleans, ausgerechnet. Demnach bringen die Stahlimporte rund 38.800 Hafenarbeiter in Lohn und Brot. Pro tausend Tonnen weniger würden rund tausend Jobs verloren gehen. Nicht minder verheerend wirken sich höhere Stahlpreise auf die Zulieferer der Autoindustrie aus, wo jetzt schon buchstäblich jede Schraube umgedreht wird. "Diese Leute töten, um bei einem Auto noch einen Dollar zu sparen, und das wird die Kosten weit mehr als einen Dollar erhöhen", sagte Robert Crandall, Experte der unabhängigen Brookings Institution.

      Cowboy Bush ist es offenbar ziemlich egal, dass er mit den Stahlzöllen der eigenen Industrie ins Knie schießt. Und es stört ihn wohl auch nicht, dass er damit jede Glaubwürdigkeit verloren hat.

      "Freier Welthandel ist nicht nur eine wirtschaftliche, sondern auch eine moralische Pflicht", tönte Bush noch bei seinem Amtsantritt. Die Moral hatten aber vor allem andere Länder aufzubringen. Dem chinesischen Ministerpräsidenten Jiang Zemin bedeutete er beispielsweise, dass China nur ja keine Handelsbarriere für genmanipuliertes Soja aufbauen dürfte. Sein Finanzminister Paul O`Neill maßregelte vor aller Öffentlichkeit seinen japanischen Amtskollegen Masajuro Shiokawa für dessen Wechselkurspolitik mit den Worten "Protektionistische Politik funktioniert nie". Und der Handelsbeauftragte der amerikanischen Regierung, Robert Zoellick, dozierte noch vor ein paar Wochen: "Zölle sind nicht anderes als Steuern, die Leuten mit kleinen und mittleren Einkommen schaden."

      So,als wollten die drei nun den Wettlauf um den Gipfel der Unglaubwürdigkeit gewinnen, drehen sie den Stahlkumpels zuliebe alle Aussagen ins Gegenteil. Die Stahlarbeiter sollen durch die Zölle ein "faires Wettbewerbsumfeld bekommen", lässt der Präsident in seiner Pressemeldung mitteilen. Wahrscheinlich ähnlich fair wie die europäischen Bauern, deren Kühe man für all die Subventionsmilliarden genauso gut einmal um die Erde fliegen könnte.

      Die Aktion des Präsidenten sei "eine Hilfe für die Stahlarbeiter und ihre Familien", sagt sein Handelsvertreter Zoellick dann auf einer Pressekonferenz. Wahrscheinlich genauso hilfreich wie die deutschen Kohlesubventionen, wegen derer sich immer noch junge Deutsche für den ach so zukunftsträchtigen Bergmanns-Beruf entscheiden.

      Finanzminister O`Neill hofft neuerdings, dass die Stahlzölle "keine weiteren Effekte für diejenigen haben, die nicht im Stahlsektor arbeiten". Die drastische Verteuerung von Rohstoffen hat ja auch noch nie einen Effekt für irgendwen gehabt, natürlich nicht. (...) Merke, O`Neill: Für dumme Handelspolitik gibt es immer eine Quittung.

      Man kann nur hoffen, dass Bush sein Rostgürtel-Peitschenhieb gehörig um die Ohren fliegt. Genug Anzeichen dafür gibt es: Die EU hat schon vor der Welthandelsorganisation geklagt, China, Japan und mehrere asiatische Länder wollen sich anschließen. Stahlexporteur Russland wird sein Importverbot für amerikanisches Hühnerfleisch nun wohl nicht mehr so schnell lockern. Die russische Zeitung "Istwestja" spricht schon von einem "Handelskrieg um Hühner und Stahl". Auch im Anti-Terror-Krieg dürfte es Bush in Zukunft weit schwerer haben. Wichtige Verbündete wie Moldawien und Mazedonien hängen von Stahlexporten ab und werden durch Bushs Zölle an den Rand des Ruins gedrängt. Vielleicht zeigt die weltweite Empörung sogar dem amerikanischen Präsidenten, dass Globalisierung vor allem eines verlangt: den Ausgleich von Interessen, bedächtig und nicht mit der Peitsche.
      Avatar
      schrieb am 09.03.02 12:04:37
      Beitrag Nr. 28 ()
      Blairs Kabinett droht angeblich mit Rebellion

      LONDON / NEW YORK, 8. März (dpa/ap). Sollten die USA Irak mit britischer Unterstützung angreifen, droht Premierminister Tony Blair nach Medienberichten von Freitag eine "Kabinettsrebellion". Mehrere Minister sollen bei einer Sitzung am Donnerstag vor Militäraktionen gewarnt haben, bevor nicht "alle diplomatischen Mittel" erschöpft seien. Zu den größten Kritikern des britischen Regierungschefs sollen Ex-Außenminister Robin Cook sowie Entwicklungshilfeministerin Clare Short gehören. Mehr als 60 Labour-Abgeordnete unterzeichneten außerdem einen Appell an Blair, entsprechende Angriffspläne des US-Präsidenten George W. Bush nicht zu unterstützen.

      Unterdessen traf sich UN-Generalsekretär Kofi Annan in New York mit dem irakischen Außenminister Nadschi Sabri zu einem Meinungsaustausch. Im Mittelpunkt des Gesprächs stand die Frage, unter welchen Bedingungen Irak UN-Waffenkontrolleure wieder ins Land lassen würde. Annan wertete das Treffen als "positiv und konstruktiv", konkrete Fortschritte in der Sache habe man aber noch nicht erzielt. Nach Angaben eines UN-Sprechers stimmte Annan einem Folgetreffen Mitte April unter der Bedingung zu, dass beide Seiten zuvor eine Tagesordnung vereinbarten und sich auf Kernfragen wie die Rückkehr der UN-Kontrolleure und die Sanktionen gegen Irak konzentrierten.

      Quelle: ;)
      Copyright © Frankfurter Rundschau 2002
      Erscheinungsdatum 09.03.2002
      Avatar
      schrieb am 09.03.02 12:09:54
      Beitrag Nr. 29 ()
      Ein amerikanischer Geheim-Report belegt: Die Bush-Regierung erarbeitet Pläne zum Einsatz von Atomwaffen in einem Nahost-Krieg oder bei einem Angriff Chinas auf Taiwan. Erstmals nennt die Regierung mögliche Angriffsziele: China, Russland, Irak, Iran, Libyen, Syrien und Nordkorea.

      Washington/ Los Angeles - Der Report trägt die Unterschrift von Verteidigungsminister Donald Rumsfeld, sein Inhalt ist explosiv: Er fordert die US-Militärs auf, einen nuklearen Verteidigungsplan zu entwickeln. Wichtigste Bestandteile: Die Entwicklung kleinerer Nuklearwaffen, die auch in begrenzten Konflikten einzusetzen wären sowie eine Liste mit sieben Staaten, die im Kriegsfall mit Atomangriffen rechnen müssten.
      Der Bericht wurde dem Kongress bereits am 8. Januar zugeleitet, war aber bisher geheim geblieben. Nun hat die Los Angeles Times eine Kopie des Papiers erhalten. Brisant wird der Report nicht nur durch die Nennung konkreter Angriffsziele, die schwere diplomatische Verwerfungen nach sich ziehen könnte. Er offenbart dazu, dass die US-Militärs wie seit Jahrzehnten nicht mehr den Einsatz von Nuklearwaffen auch in begrenzten Kriegen erwägen.

      "Dieses Papier ist Dynamit" zitiert die Los Angeles Times den Atomwaffen-Experten Joseph Cirincione von der Carnegie Endowment for International Peace, einem Think-Tank in Washington: "Ich kann mir schon vorstellen, was die genannten Staaten bei der UN sagen werden.".

      Immer wieder haben amerikanische Militärexperten in den vergangenen Jahren den Einsatz von Nuklearwaffen zur Zerstörung der unterirdischen Höhlensysteme in Afghanistan und im Irak erwogen. Die gewaltige Vernichtungskraft würde dafür sorgen, dass die Verstecke weitaus schneller - und billiger - zu vernichten wären als mit konventionellen Waffen.

      Der Report zeigt, dass sich die Amerikaner für den Einsatz von Nuklearwaffen in mehreren Regionen vorbereiten. So müsse sich das Pentagon darauf einrichten, Atomwaffen im Nahost-Konflikt, in einem Krieg zwischen China und Taiwan sowie bei einem Angriff des Iraks auf Israel einzusetzen.

      Besonderes Gewicht legen die Pentagon-Strategen auf die Entwicklung kleinerer Nuklearwaffen. Hintergrund ist die Besorgnis, dass sich die Abschreckungskraft großer Atombomben langsam abschwächt. Viele potentielle Aggressoren, so argumentieren konservative Militär-Analysten, glauben wegen der weltweiten Ächtung schlicht nicht an den Einsatz von Atomwaffen mit gigantischer Zerstörungskraft. Kleinere Atomwaffen, die nur begrenzte Gebiete nuklear verseuchen würden, könnten dagegen eher zum Einsatz kommen.

      Das Pentagon hat zuletzt in den siebziger Jahren Pläne zum Einsatz taktischer Nuklearwaffen erarbeitet. Seitdem war die US-Regierung zunehmend davon abgerückt. Präsident Bush nimmt nun offenbar die alten Pläne wieder auf.

      http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,186359,00.html
      Avatar
      schrieb am 10.03.02 11:12:16
      Beitrag Nr. 30 ()
      Veröffentlichung von Pentagon-Liste
      Ärger über amerikanische Atomwaffenziele


      Für einigen Ärger hat die Veröffentlichung von amerikanischen Atomwaffenzielen gesorgt. Denn auf der geheimen Liste des Pentagons, auf die sich die "Los Angeles Times" berufen hatte, stehen nicht nur die üblichen Verdächtigen wie Irak, Iran und Nordkorea, sondern auch Ziele in Russland und China.

      Für "überraschende Entwicklungen"
      Angeblich hatte US-Präsident George W. Bush das Verteidigungsministerium angewiesen, die Notfallpläne für den Einsatz von Atomwaffen gegen mehrere Staaten zu erstellen. Auf der Liste, deren Existenz Regierungskreise bestätigt haben, stehen mindestens sieben Staaten: neben den genannten auch Syrien und Libyen. Die Notfallpläne würden unter anderem für "überraschende militärische Entwicklungen" erarbeitet.

      Washington: keine geänderte Politik
      In Regierungskreisen wurde jedoch betont, bei dem Pentagon-Bericht handele es sich lediglich um strategische Überlegungen. Er zeige auf, "dass es Bedrohungen gibt". Er reflektiere jedoch keinesfalls eine geänderte Politik oder mache den Einsatz von Atomwaffen wahrscheinlicher.

      Russischer Abgeordneter: "Müssen Schlüsse ziehen"
      Der Vorsitzende des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten im russischen Parlament, Dmitri Rogosin, erklärte, Moskau müsse sich darüber im Klaren sein, dass ein bedeutender Teil der US-Kernwaffen auf russische Ziele gerichtet sei: "Wir müssen unsere eigenen strategischen Schlüsse daraus ziehen."


      AP
      Avatar
      schrieb am 10.03.02 23:18:04
      Beitrag Nr. 31 ()
      Bush-Krieger planen das Undenkbare

      Von Mathias Müller von Blumencron

      Mit einem dramatischen Schwenk in der Atomwaffen-Politik bereitet die US-Regierung den Einsatz von Nuklearwaffen vor. Neuartige Mini-Atombomben sollen Höhlenverstecke zerstören, sieben Länder müssen im Kriegsfall mit verheerenden Atomangriffen rechnen. Schon in den nächsten Monaten sollen Tests beginnen.

      Washington/ Los Angeles - Selten hatte ein Papier soviel Brisanz, wie der am Samstag von der Los Angeles Times beschriebene Geheimreport des Pentagon. Darin vollzieht die US-Regierung einen fundamentalen Schwenk, die Abkehr von der Abschreckungsdoktrin des Kalten Krieges: Atomwaffen sollen nicht mehr nur als strategisches Abschreckungspotential wirken, sondern in Zukunft gezielt in regionalen Konflikten zum Einsatz kommen.
      Sieben Staaten müssen sich auf das Schlimmste gefasst machen. Sie werden in dem Bericht als Gegner Amerikas ausdrücklich benannt und sollen im Kriegsfall mit Atomwaffen beschossen werden. Darunter ist die "Achse des Bösen", der Irak, Iran und Nordkorea, aber auch Libyen, Syrien und die Großmächte Russland und China.

      Atombomben auf bin Laden

      Doch damit nicht genug: Die US-Militärs sollen Mini-Atombomben entwickeln, mit denen die Amerikaner dann Höhlensysteme zertrümmern wollen, in denen sich der Terroristenführer Osama bin Laden versteckt halten könnte oder der irakische Diktator Saddam Hussein. Es wurmt die Generäle, dass sie trotz modernster Waffen und eines milliardenteuren Feldzuges noch immer nicht die Köpfe ihrer Gegner in den Händen halten. Immer wieder haben amerikanische Militärexperten den Einsatz von Nuklearwaffen zur Zerstörung der unterirdischen Anlagen in Afghanistan und im Irak diskutiert. Die gewaltige Vernichtungskraft würde dafür sorgen, dass die Verstecke weitaus schneller - und billiger - zu zerstören wären als mit konventionellen Waffen.

      Das Papier mit dem nüchternen Titel "Nuclear Posture Review" wurde bereits am 8. Januar dem Kongress zugeleitet, war aber bisher geheim geblieben. Unterschrieben von dem US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld leitet es in kaltblütiger Militär-Sprache eine äußerst gefährliche Entwicklung ein: Sie macht Atomwaffen zum Bestandteil des Anti-Terror-Arsenals, wie etwa die Super-Bombe "Daisy Cutter", die größte konventionelle Bombe der Welt. Atomraketen, Atomgranaten und lasergesteuerte Nuklear-Mini-Bomben gehören plötzlich zum taktischen Schreckenskabinett der Militärs.

      Rasch sollen die US-Militärs in den nächsten Monaten die neuen Waffen entwickeln. Das Pentagon-Papier fordert die Entwicklung von Atomsprengsätzen, die weniger "Kollateralschäden" anrichten als herkömmliche Nuklearwaffen. Konventionelle Cruise Missiles sollen umgebaut werden, so dass sie auch kleinere Atomsprengköpfe tragen können. Dass die wendigen Flugraketen in der Vergangenheit immer mal wieder vom Kurs abkamen und fernab des Ziels aufschlugen, scheint die Militärs nicht zu stören.

      Test schon im nächsten Monat

      Schon im nächsten Monat sollten Versuche beginnen, so empfehlen die Autoren, bei denen Nuklearköpfe auf konventionelle Bomben montiert werden sollten. F-35 Kampfflugzeuge sollen so umgerüstet werden, dass sie die neuen Atomwaffen tragen können. Amerikanische Geheimdienstler und Militärs sollen geschult werden, damit sie die neuen Waffen vom feindlichen Boden aus genauso dirigieren können, wie die Bomben während des Afghanistan-Krieges.


      Die neue Strategie ist die Konsequenz aus der Tatsache, dass nicht mehr eine Supermacht der größte Feind der Vereinigten Staaten ist, sondern eine Terrororganisation aus einem der ärmsten Länder der Erde. In der schrägen Logik der Bush-Krieger führt dies offenbar dazu, dass Atomwaffen nun auch gegen den neuen Feind eingesetzt werden sollten. Sie sind damit nicht mehr die letzten Waffen in einem fürchterlichen Konflikt der Großmächte, deren verheerende Wirkung einen solchen Krieg gerade verhindern sollte.

      Ein Atomkrieg, so schreiben die Pentagon-Autoren, soll an drei Bedingungen geknüpft sein: Angriffziele können mit herkömmlichen Waffen nicht bekämpft werden, die USA wurden mit atomaren, biologischen oder chemischen Waffen angegriffen oder es entwickelt sich "eine überraschende militärische Lage". Das Papier spricht von einer neuen Triade, bestehend aus offensiver Schlagkraft (nukleare und konventionelle Angriffswaffen), Verteidigungsarsenal (etwa die Raketenabwehr) und einer flexiblen Rüstungs-Infrastruktur, die den raschen Bau und die Tests von Mini-Nuklearwaffen möglich machen soll.

      Das Zeitalter der Nuklearkriege

      Der Report offenbart nicht nur das Denken eiskalter Nuklearstrategen, sondern auch die Sichtweise einer Administration, der offenbar die Folgen ihres Handelns außerhalb der amerikanischen Grenzen völlig gleichgültig sind. Denn nicht nur Amerikaner werden diese Waffen kommandieren. Auch junge Nuklearmächte wie Pakistan und Indien werden sich mit entsprechender Technik ausrüsten - und sie zum Einsatz bringen. Der Pentagon Report nennt ausdrücklich regionale Konflikte wie den Nahost-Krieg, einen Angriff Nordkoreas auf den Süden der Halbinsel oder einen Übergriff Chinas auf Taiwan als Auslöser für Atomschläge. Was wird Pakistan und Indien davon abhalten können, ebenfalls Mini-Atombomben im Kaschmir-Konflikt einzusetzen?

      So könnte, sollte Bush nicht gestoppt werden, der kalte Krieg nach kurzer Friedensphase in ein Zeitalter der Nuklearkriege münden. Despoten werden sich mit den Mini-Bomben bewaffnen, selbst Terroristen könnten sie weitaus rascher in die Hände bekommen als die gewaltigen Nuklearwaffen der ersten Generation.

      Als "Dynamit" bezeichnet denn auch laut Los Angeles Times der Atomwaffen-Experten Joseph Cirincione von der Carnegie Endowment for International Peace, einem Think-Tank in Washington, das Papier. Sollten die mörderischen Waffen wirklich zum Einsatz kommen, wären Krisengebiete wie Afghanistan bald von Strahlung verseucht und damit unbewohnbar. Flüchtlingsströme ungeahnten Ausmaßes würden sich in Bewegung setzen. Die Dritte Welt würde nicht nur soziale Wüste bleiben, sondern in weiten Teilen in eine Nuklearwüste verwandelt.


      Konservative Verteidigungsexperten halten dem entgegen, die USA müssten sich auf alle möglichen Angriffe vorbereiten. Wer die USA angreife, müsse mit dem Schlimmsten rechnen, ob es sich dabei nun um eine Großmacht oder eine Terrororganisation handele. Jack Spencer, ein Experte für Verteidigungspolitik an der Heritage-Stiftung in Washington, sagte der Los Angeles Times, der Inhalt des Berichtes überrasche ihn nicht. Dargestellt werde lediglich "die richtige Art und Weise, eine Nuklearpolitik für die Welt nach dem kalten Krieg zu entwickeln".
      Avatar
      schrieb am 10.03.02 23:25:17
      Beitrag Nr. 32 ()
      @ DT

      "Geheimpapier" ist gut... :laugh:

      Ein "Geheimpapier" mit dem brisantem Inhalt flutscht aber
      nicht zufällig einem Journalisten der LAtimes in die Hände.

      Für eine offizielle Verlautbarung des Pentagon ist das thema
      nicht geeignet; deshlab wählt man den Weg der indirekten Veröffentlichung.
      Mich würde jetzt interessieren was auf den diplomatischen
      Kanälen zwischen Moskau, Peking und Washington ausgetauscht
      wird......;

      Ganz offensichtlich wird händeringend um Feinde geworben.
      Das ist ein Tanz auf dem Drahtseil was die Bush-Administration da hinlegt. ;);)
      Avatar
      schrieb am 11.03.02 10:08:28
      Beitrag Nr. 33 ()
      Bei dem absurden KAmpf gegen Menschen, die Wahlweise und je nach Belieben mal als

      "Terroristen" ( ???? ) :confused:
      "TAliban"
      "Al Quaida"

      bezeichnet werden.. wie gesagt, es handelt sich jedes mal um die GLEICHEN, eingeschlossenen Kämpfer....

      werden deutsche nicht nur DEUTSCHE SOLDATEN AN VORDERSTER FRONT eingesetzt, sondern diese unterstehen nicht einmal mehr deutschem Oberkommando...

      Will unsere Regierung nicht gleich alle Geschäftstätigkeit in US-Hände geben? Wäre doch nur ehrlich...

      aus Spiegel.de:

      ( ... ) Den Informationen nach kämpfen die deutschen Soldaten des Kommandos Spezialkräfte (KSK) zusammen mit US-Truppen in Afghanistan "an vorderster Front" bei der Jagd nach Taliban- und El Kaida-Kämpfern. Nach bisherigen Angaben des Verteidigungsministeriums sind rund 100 KSK-Soldaten im Einsatz, dessen Einzelheiten bisher geheim gehalten wurden.

      Unter Berufung auf den Einsatzbefehl berichtete die "Süddeutsche Zeitung", Aufgabe der KSK-Truppe sei "Spezialaufklärung und Zugriff auf Taliban- und El Kaida-Kämpfer, deren Infrastruktur sowie Versorgungs- und Fluchtwege". In dem Gespräch mit den Obleuten des Verteidigungs- und Auswärtigen Ausschusses habe Scharping ferner bestätigt, dass die deutschen Soldaten in Ostafghanistan unter amerikanischem Oberbefehl stehen.
      ( ... )



      .
      Avatar
      schrieb am 11.03.02 17:04:49
      Beitrag Nr. 34 ()
      HUMANITÄRE BEDENKEN

      Französische Soldaten lehnten offenbar Einsätze in Afghanistan ab]



      Paris - Französische Piloten, die an der jüngsten Offensive der US-Streitkräfte im Osten Afghanistans beteiligt sind, haben aus humanitären Bedenken mehrere Einsätze verweigert. Das berichtet die französische Zeitung "Le Monde". Es habe zwischen den US-Soldaten und den französischen Piloten unterschiedliche Ansichten über die Auswirkungen der Bombardements gegeben, zitierte die Zeitung am Wochenende nicht namentlich genannte Vertreter der Streitkräfte. Die Franzosen hätten das Risiko für die Bevölkerung als zu hoch eingeschätzt.
      Die französischen Kampfflugzeuge vom Typ Mirage 2000 und Super-Etendard flogen "Le Monde" zufolge in der ersten Woche der Offensive gegen mutmaßliche al-Qaida- und Taliban-Kämpfer rund 20 Einsätze auf etwa zwölf Ziele um die Stadt Gardes. Frankreich hat 22 Kampfflugzeuge in Afghanistan zur Verfügung gestellt. Bislang beschränkte sich die Rolle der französischen Streitkräfte weitgehend auf humanitäre Unterstützung, Aufklärungsarbeit und Hilfe bei der Logistik.


      © SPIEGEL ONLINE 2002
      Avatar
      schrieb am 11.03.02 17:09:39
      Beitrag Nr. 35 ()
      ATOMWAFFEN

      US-Planspiele lösen weltweite Schockwelle aus


      Geheimpläne über einen möglichen Atomwaffeneinsatz der USA haben auf der ganzen Welt für Besorgnis gesorgt. Washington selbst versuchte, das Papier herunterzuspielen.

      Peking - China reagierte "tief geschockt" auf die Berichte, es gehöre zu den sieben Zielländern für einen möglichen Atomwaffeneinsatz der USA. Der Sprecher des Außenministeriums, Sun Yuxi, forderte eine Erklärung der USA. China stelle keine Gefahr für irgendein Land dar. Der Sprecher erinnerte die USA auch an die Vereinbarung zwischen beiden Ländern, ihre Atomwaffen nicht aufeinander zu richten.
      China befürworte ohnehin ein vollständiges Verbot und die Beseitigung von Nuklearwaffen. Atommächte sollten sich bedingungslos verpflichten, nukleare Waffen nicht als erste oder gegenüber Ländern einzusetzen, die selbst keine Atomwaffen besitzen. Entsprechend sollten solche Länder auch nicht mit ihrem Einsatz drohen. Frieden und Kooperation seien der Trend der Zeit, in den keinerlei "Kalter-Krieg-Denken" passe, sagte der Sprecher.

      Die "Los Angeles Times" hatte unter Berufung auf einen Bericht des Verteidigungsministeriums an den Kongress berichtet, US-Präsident George W. Bush habe das Verteidigungsministerium angewiesen, Pläne für den Einsatz von Atomwaffen gegen mindestens sieben Länder zu erarbeiten. Bush wolle zudem Mini-Atomwaffen für bestimmte Gefechtslagen entwickeln lassen. Die potenziellen Ziele seien die Volksrepublik China, Russland, Irak, Nordkorea, Iran, Libyen und Syrien.

      Unverständnis in Moskau

      Auch Russland reagierte besorgt. "Die US-Führung muss die Weltgemeinschaft überzeugen, dass die USA keine derartigen Pläne schmieden", sagte der russische Außenminister Igor Iwanow. Moskau ist angeblich ein mögliches Ziel eines Atomwaffeneinsatzes. "Wenn das stimmt, erzeugt dies nur Bedauern und Besorgnis", sagte Iwanow nach Angaben der Agentur Interfax. Iwanows Sprecher Alexander Jakowenko forderte die US-Führung auf, möglichst bald vor dem Besuch von US-Präsident George W. Bush bei Wladimir Putin im Mai in Moskau für Klarheit zu sorgen. Der angebliche Geheimbericht des Pentagon sorge auf russischer Seite für "Unverständnis", sagte Jakowenko, da Washington zuletzt die Mithilfe Russlands im Kampf gegen den weltweiten Terrorismus gelobt habe.

      Besorgt reagierten auch Frankreich und Südkorea: Das französische Verteidigungsministerium machte klar, dass es Atomwaffen unverändert als Mittel der Abschreckung ansieht und ihren Einsatz im Zuge einer militärischen Strategie ablehnt. Frankreich bleibe dem Konzept treu, Atomwaffen nicht anzuwenden, seine atomare Schlagkraft aber zu erhalten. Der südkoreanische Vize-Außenminister äußerte die Befürchtung, dass Nordkorea künftig jeden Dialog mit den USA ablehnen könnte. Aus Nordkorea lag zunächst keine Reaktion vor.

      Irans ehemaliger Präsident Ali Akbar Haschemi Rafsandschani warf den USA vor, sie versuchten, andere Länder einzuschüchtern und so zu Gehorsam zu zwingen. Das syrische Außenministerium kündigte eine Beschwerde im Uno-Sicherheitsrat an, sollten sich die Nennung Syriens als potenzielles Zielland als richtig herausstellen.

      Zurückhaltung in Berlin

      Die Bundesregierung reagierte zurückhaltend. Sie sei entschieden dafür, die nuklearen Potenziale zurückzuführen, sagte Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye. Eine Außenamtssprecherin wies darauf hin, dass zwischen den USA und Russland Verhandlungen über eine weitere Reduzierung von Atomwaffen laufen. Die Bundesregierung hoffe, dass sie zum Erfolg führten.

      Die PDS-Vorsitzende Gabi Zimmer hatte die Bundesregierung zuvor aufgefordert, zu den Atomwaffenplänen der USA Stellung zu beziehen und den Begriff der uneingeschränkten Solidarität zu überdenken.

      Cheney: "Etwas übertrieben"

      Die Amerikaner versuchten, die Pläne zu verteidigen. Die USA haben nach Aussage von Vizepräsident Dick Cheney ihre Atomwaffen nicht auf andere Länder gerichtet. "Die Vorstellung, dass wir einen atomaren Erstschlag gegen sieben Länder vorbereiten, würde ich als etwas übertrieben bezeichnen", sagte Cheney. Der Report des US-Verteidigungsministeriums sei ein Routinebericht an den Kongress.

      Das Papier sei lediglich Ausdruck "vernünftiger konzeptueller militärischer Planung", sagte Außenminister Colin Powell. Die USA wollten in keinem Szenario der nahen Zukunft Atomwaffen einsetzen, sagte er dem Fernsehsender CBS. Auch Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice sagte, es gebe keine konkreten Planungen für einen derartigen Einsatz. "Wir alle wollen die Wahrscheinlichkeit eines Einsatzes von Massenvernichtungswaffen verringern", sagte sie. Deshalb würden die USA signalisieren, dass ein Angriff mit Massenvernichtungswaffen eine vernichtende Antwort nach sich ziehe.
      Avatar
      schrieb am 11.03.02 17:59:01
      Beitrag Nr. 36 ()
      "Wir sind Stolz darauf was wir alles ins Ausland exportieren!" ;)
      Avatar
      schrieb am 11.03.02 20:51:08
      Beitrag Nr. 37 ()
      Jetzt hat Deutschland auch noch die Absolute Marktführerschaft in Sachen u-Boote an die USA abgegeben...

      HDW wurde heute an die amerikanische Bank One verkauft... aber Holzmann retten und Kohle subventionieren.

      Jetzt bedient sich der arme Irre im weissen HAus auch noch dieser High-Tech-Firma , um die Welt noch mehr in Angst und Schrecken zu setzen... Vorher: starke Export-Restriktionen nach der US-Übernahme: wir kaufen teuer unsere U-Boote und haben keinerlei Rüstungskontrolle mehr!

      Danke Herr Schröder!

      DAS wäre in Frankreich NIE passiert!


      Ich kann garnicht sovielessen, wie ich kotzen könnte!

      D.T.
      Avatar
      schrieb am 11.03.02 20:57:29
      Beitrag Nr. 38 ()
      In Frankreich nicht ???
      Die Amis wussten schon immer das die Franzosen kommunisten sind !!!!! ;)

      Wenigstens haben wir noch die absolute Marktführerschaft was Nobelkameras anbelangt ! ;)
      Avatar
      schrieb am 11.03.02 21:15:16
      Beitrag Nr. 39 ()
      Wieso haben die franzoesischen Piloten den Angriff abgelehnt ? Vielleicht teilen sie nicht den amerikanischen Militaersport unschuldige Zivilisten zu pulverisieren ?

      http://www.wsws.org/de/1999/jun1999/span-j30.shtml
      Avatar
      schrieb am 12.03.02 03:20:43
      Beitrag Nr. 40 ()
      D.T. "Ich kann garnicht soviel lessen" wie ich mich ekeln könnte vor soviel Widerwärtigkeit.
      Hier für Dich etwas Galgenhumor von "Alfred" Polgar: "Ich glaube an das Gute im Menschen, rate aber, sich auf das Schlechte in ihm zu verlassen"
      Sorry,
      die mal wieder sehr betrübte principessa.

      (trotz der spiegel.de-Lastigkeit sah ich gestern auch Spiegel TV)
      Sollte das ganze "fiese Spiel" ein Wettlauf sein, zu beweisen, wer der mieseste Terrorist ist ?

      Früher hieß es doch mal: stell Dir vor es ist Krieg und keiner geht hin. ... ...
      Avatar
      schrieb am 12.03.02 09:54:50
      Beitrag Nr. 41 ()
      Stahlzölle
      USA provozieren Handelskrieg

      US-Präsident George W. Bush hat entschieden, marode US-Stahlkonzerne durch Importzölle zwischen 8 und 30 Prozent vor ausländischen Konkurrenten zu schützen. Die EU-Kommission hat bereits reagiert.
      Zölle ab 20. März
      Der US-Handelsbeauftragte Robert Zoellick hatte am Dienstag in Washington die Entscheidung für Zölle mitgeteilt. "Diese Hilfe wird Stahlarbeitern, von der Stahlindustrie abhängigen Gemeinden und der Stahlindustrie bei der Restrukturierung helfen, ohne unsere Wirtschaft zu schädigen", heißt es in einer Erklärung von Bush. Die Zölle sollen ab dem 20. März für drei Jahre gelten. Washington provoziert damit einen weltweiten Handelskrieg und belastet die Beziehungen zu wichtigen internationalen Partnern - auch im Kampf gegen den internationalen Terror.

      EU reagiert
      EU-Kommissionspräsident Romano Prodi erklärte, die Europäische Union habe "keine andere Wahl, als zu reagieren". Wie aus Kommissionskreisen verlautete, will Brüssel sofort bei der Welthandelsorganisation (WTO) klagen. Dem werden sich wohl andere Exporteure anschließen. "Es wird eine Sammelklage aller betroffenen Länder geben", sagte ein Anwalt, der asiatische Exporteure in diesem Fall vertritt.

      Protest - Weltweite Reaktionen

      Schröder besorgt
      Bundeskanzler Gerhard Schröder hatte noch vor der Entscheidung in einem Brief an Bush von seiner "großen Besorgnis" geschrieben. Schröder habe erwähnt, dass ein harter Kurs der USA im Stahldisput den Erfolg der Anti-Terror-Koalition nicht erleichtern werde, sagten Diplomaten. "Er lässt den Hinweis auf die sicherheitspolitische Zusammenarbeit durchklingen", verlautete aus Berliner Regierungskreisen. Das Kanzleramt bestätigte, dass der Brief abgeschickt wurde.

      Russland äußert Unmut
      Russland, zentraler Partner in Washingtons Anti-Terror-Koalition, bestellte den US-Botschafter ein, um dem Unmut über Washingtons Kurs zu übermitteln. Russland ist das Land mit den größten Stahlexporten der Welt.

      Deutsche Industrie mit am stärksten betroffen
      Mit am stärksten betroffen ist die deutsche Stahlindustrie. Aus Deutschland beziehen die USA nach Kanada, Japan, Südkorea und Mexiko die meisten Stahlimporte - 2000 waren das Einfuhren im Wert von insgesamt 1,2 Mrd. $.

      Entscheidung höher als erwartet
      Washingtons Entscheidung fällt noch härter aus als erwartet. Zuletzt war damit gerechnet worden, dass Bush weit hinter den von der Industrie geforderten 40-prozentigen Zöllen zurückbleiben und zwischen 20 und 25 Prozent verhängen werde. Nun beschloss er für Flachwalzstahl, die größte Importkategorie, 30 Prozent. Auch andere Walzstähle und Bleche werden mit 30 Prozent belegt. Geschont bleiben Importe aus Kanada und Mexiko sowie einigen Entwicklungsländern. Andere große Exporteure wie Japan, Südkorea, China und Russland werden leiden und neue Märkte suchen - zum Beispiel die EU. Dagegen will sich Brüssel seinerseits mit Zöllen und Quoten schützen.

      Quelle: Financial Times Deutschland




      Ich sage jetzt bereits voraus, daß es in 20 Jahren einen brutalen, festgefahrenen Wirtschaftskrieg zwischen einer selbstbewußten EU zzgl. assoziierter NAtionen (z.B. Südamerika, Japan ) auf der einen Seite und den USA auf der anderen Seite gibt und das in eine militärische Bedrohung durch die USA führen wird.

      D.T.
      Avatar
      schrieb am 12.03.02 10:01:30
      Beitrag Nr. 42 ()
      US-VERHÖRMETHODEN

      Foltern beim Freund?


      In den USA ist Folter verboten, auch auf der Jagd nach Terroristen. Der amerikanische Geheimdienst CIA soll Zeitungsberichten zufolge deshalb Verdächtige in befreundete Länder verschleppen, in denen bei Verhören weniger zimperlich vorgegangen wird.

      Washington - Dutzende Gefangene soll die CIA seit den Anschlägen auf New York und Washington in Länder wie Ägypten und Jordanien geflogen haben, berichtet die "Washington Post". In diesen Ländern verfüge die CIA über gute Kontakte, und bei Verhören würden auch Druckmittel wie Folter und die Bedrohung von Familienmitgliedern eingesetzt, schreibt die Tageszeitung, die sich auf westliche Diplomaten und Geheimdienstmitarbeiter beruft.
      So sei im Januar ein pakistanischer Verdächtiger in Indonesien festgenommen worden - nach Angabe von indonesischen Regierungsbeamten auf Drängen der CIA. Dann sei er ohne Gerichtsverfahren nach Ägypten ausgeflogen und dort von US-Agenten verhört worden sein, heißt es in dem Bericht.


      "Seit dem 11. September hat es ständig solche Bewegungen gegeben", soll ein US-Diplomat der Zeitung über die Verlegungen von Gefangenen gesagt haben. Die Ermittler könnten im Ausland bei Verhören eine Taktik anwenden, die in den USA nicht erlaubt sei.

      Mit dem Bericht scheint sich zu bestätigen, worüber in den USA schon im vergangenen Herbst gerätselt und debattiert wurde: Beteiligen sich vielleicht auch amerikanische Fahnder an brutalen Verhören? Und rechtfertigen Ereignisse wie die Anschläge vom 11. September solche Einsätze?

      Folterdebatte als "Versuchsballon" des FBI?

      Für Tom Malinowski von der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch sind solche Überlegungen eine "Elitendebatte": "Sie wälzen die typische Ethikfrage aus dem College: Wenn jemand eine Atombombe mit Zeitzünder in Manhattan versteckt und schweigt, sollte man ihn foltern dürfen?", sagte Malinowski Ende Oktober der "Washington Post".

      Die Zeitung zitierte in demselben Artikel einen "hohen FBI-Beamten", der von den "frustrierenden" Verhören von vier Hauptverdächtigen der Terrorattacke berichtete. Man sei an dem Punkt, sagte der Beamte, an dem man vielleicht zu Foltermethoden greifen müsse, um die Verdächtigen zum Reden zu bringen. Für Curt Goering, stellvertretender Direktor von Amnesty International USA, könnte dieses anonyme Zitat ein "Versuchballon" des FBI gewesen sein, um die Reaktionen der Öffentlichkeit auf den Foltervorschlag zu testen.

      Vorwürfe, dass sich die CIA an handfesten Verhörmethoden und Verschleppungen beteilige, hat bereits gegeben. 1998 wurden in Albanien fünf Mitglieder des ägyptischen Dschihad auf offener Straße ergriffen und mit von der CIA gecharterten Maschinen nach Kairo geflogen wurden, wie die Verdächtigen ihren Anwälten sagten. Nach der Verschleppung seien sie von ägyptischen Geheimdienstbeamten gefoltert worden, berichteten die Männer vor ihren späteren Hinrichtungen.


      Das "Wall Street Journal" zitierte damals einen hohen Regierungsbeamten mit der Einschätzung, die Aktion sei eine der erfolgreichsten in der Geschichte des Geheimdienstes. Die CIA bestritt dagegen offiziell eine Beteiligung an der Auslieferung und dem Wissen von den Folterungen.
      Avatar
      schrieb am 12.03.02 10:07:12
      Beitrag Nr. 43 ()
      Weitere Schutzzölle angedroht

      USA wollen Japan und EU zu mehr Wachstum zwingen

      Amerika sieht seine Landwirtschafts- und High-Tech-Industrie von der lahmenden Wirtschaft der EU und Japan gebremst und droht mit weiteren Zöllen. (Anmerkung vom mir: Der Begriff Schutzzoll bekommt jetzt eine völlig neue Bedeutung, denn die USA sind ja das Importland mit wohl nicht wettbewerbsfähgen eigenen Produkten / Preisen.)

      Der Streit um die Stahlzölle, die die US-Regierung kürzlich verhängt hatte, weitet sich aus: Nach einem Bericht der Financial Times erwägen die USA weitere Importbeschränkungen. So habe der Staatssekretär des US-Handelsministeriums Grant Aldonas der EU und Japan angedroht, auch in anderen Bereichen regulierend einzugreifen, wenn sie ihre Wirtschaft nicht wieder ankurbeln würden. Demnach seien auch Schutzzölle auf Produkte der Landwirtschaft und der Halbleiter-Industrie denkbar, sagte Aldonas der FT.

      Die lahmende Wirtschaft Japans und der EU behindere - zusätzlich zum starken Dollar - die Erholung der amerikanischen Landwirtschaft und der High-Tech-Industrie. :laugh:

      Außenhandelspräsident wirft USA Selbstherrlichkeit vor

      Der Präsident des Bundesverbandes des Deutschen Groß- und Außenhandels (BGA)Anton Börner reagierte ungehalten auf die Forderungen Aldonas und warf den USA Selbstherrlichkeit vor: „Bislang war ich immer der Meinung, das sei ein Geplänkel, aber inzwischen scheint sich herauszukristallisieren, dass Präsident George Bush aus innenpolitischen Gründen hier den Bogen überspannt“. Statt offiziell Sanktionen zu verhängen, habe sich die US-Regierung bewusst über die Welthandelsorganisation (WTO) hinweg gesetzt und selbstherrlich Importzölle verhängt.

      Man müsse aufpassen, dass nicht Schäden für den gesamten freien Welthandel entstehen, sagte der BGA-Präsident. „Das Schlimmste, was uns geschehen könnte, wäre nun, dass die EU mit gleicher Münze zurückzahlen würde“, warnte er. Klar sei aber auch, dass man sich ein solches Verhalten nicht gefallen lassen dürfe.

      Konfrontation oder Deeskalation?

      Die EU hatte hatte auf die US-Importzölle zunächst mit der Forderung reagiert, im Gegenzug Schutzzölle für den Europäischen Markt zu verhängen. Dietrich Ameling, Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl, wies darauf hin, dass schnelle Reaktionen an den EU-Grenzen erforderlich seien. Ansonsten würden Nicht-EU-Länder ihre Exporte aus den USA möglicherweise in die EU umleiten.

      EU-Kommissionspräseident Romani Prodi sprach sich unterdessen für ein Ende des Stahlstreits aus. Die beteiligten Länder sollten darauf achten, dass ihre Beziehung zueinander unter dem Streit nicht leiden würde. Die Europäische Stahlindustrie müsse sich Gehör in den USA verschaffen

      quelle: Süddeutsche Zeitung
      Avatar
      schrieb am 13.03.02 09:00:31
      Beitrag Nr. 44 ()
      Tagesschau, 13.3.1982

      Originalton:

      "In Washington scheiterte der Versuch der USA, Kuba und Nicaragua Unterstützung der Rebellen in El SAlvador ..." (ja, so hieß das damals, man sprach auch gelegentlich von Befreiuungsbewegungen anstatt von Terroristen ) " ... nachzuweisen.
      Ein in Washington von der US-Regierung und der CIA präsentierter Zeuge widerrief vor der versammelten Presse sein Geständnis, nach dem er in Kuba zum Guerrillero ausgebildet und nach El SAlvador eingeschleust worden sei. Er gab vor der internationalen Presse zu Protokoll, er sei in Salvador so lange schwer mißhandelt und massiv gefoltert worden, bis er aus Todesangst das Geständnis unterschrieb. Er sei weder zum Guerrilero ausgebildet noch von Kuba oder Nicaragua beeinflusst worden.

      In El SAlvador wurden allein in diesem Monat von rechtsgerichteten Todesschwadronen 1.200 Menschen umgebracht."


      Soweit der Originalton der damaligen Tagesschau.
      Wir lernen: Die USA, die damals in ihren Folterschulen wie der erwähnten "School of American" die Schlächter, Putschisten und Diktatoren Südamerikas ausbildete und im Schlachten von Menschen tatkräftig durch die CIA unterstützte, versuchte, u.a. das demokratische und vom Somoza-regime befreite Nicaragua in den Schmutz zu ziehen und ihm genau DAS zu unterstellen, was sie im großen Stil selber seit JAhrzehnten machten.
      Damals durften die Rundfunkanstalten so etwas noch berichten.
      Heute ist das alles obsolet, weil alle Befreiuungsbewegungen dank Tschetschenien, Palästina und Afghanistan nur noch als "Terroristen" bezeichnet werden.

      Orwell´s "Informationsministerium" läßt grüßen.

      D.T.
      Avatar
      schrieb am 18.03.02 06:03:42
      Beitrag Nr. 45 ()
      Willy Brandt 1982 zum konflikt um die Stationierung der russischen SS-20_Raketen und die US-Politik:

      "Wir sind ein absolut zuverlässiger und verläßlicher Bündnispartner - aber wir sind nicht gefügig! "

      Das kann man sich heute nicht mehr aus dem Mund einen Kanzlers bzw. eines K-Kandidaten vorstellen......
      Avatar
      schrieb am 18.03.02 06:26:29
      Beitrag Nr. 46 ()
      TERROR-ALLIANZ BRÖCKELT

      Britische Militärs lehnen Irak-Angriff ab


      Die USA haben große Mühe, die Reihen für den Kampf gegen den Irak zu schließen. Jetzt haben offenbar auch führende britische Militärs Premierminister Tony Blair vor einer übereilten Beteiligung an einem möglichen Militärschlag gewarnt.


      Zahl der Kritiker gegen die uneingeschränkte Solidarität mit den USA wächst

      Hamburg/London - Es bestehe die Gefahr, dass die britischen Streitkräfte "gefährliche Verpflichtungen im Irak ohne absehbares Ende" eingingen, zitierte die Sonntagszeitung "Observer" Kreise des Militärs. Außerdem sei es wahrscheinlich, dass arabische Länder sich gegen Angriffe des Westens auf den Irak stellen dürften. Hinzu komme, dass kein Nachfolger für Iraks Präsident Saddam Hussein in Sicht sein, heißt es in dem Bericht weiter.
      Einem Bericht des "Sunday Telegraph" zufolge hat Innenminister David Blunkett Bedenken gegen eine Beteiligung Großbritanniens an einem Angriff auf den Irak. Er wies Blair auf die Möglichkeit innenpolitischer Unruhen hin. In der regierenden Labour-Partei hatte es in den vergangenen Tagen wiederholt kritische Stimmen gegen einen Angriff auf den Irak gegeben.

      Blair war vor kurzem mit US-Vizepräsident Dick Cheney zusammengekommen, der sich derzeit auf einer Rundreise um Unterstützung einen möglichen Militärschlag gegen den Irak bemüht. Beide Politiker hatten dabei Saddam aufgefordert, Waffeninspektoren der UNO wieder ins Land zu lassen. Der Irak stellt nach britischer Ansicht eine Gefahr für die Sicherheit in der Welt dar. Einen Angriff auf das Land hat die britische Regierung jedoch ausgeschlossen, solange nicht eindeutige Beweise vorliegen, die einen solchen Angriff erforderlich machten.

      Trotzdem hält der Direktor des Orient-Instituts in Hamburg, Professor Udo Steinbach, einen Angriff der USA auf den Irak für beschlossene Sache. Steinbach sagte der "Bild am Sonntag": "Ein Militärschlag der Amerikaner ist nur noch eine Frage der Zeit. Ich rechne mit einem Angriff im Mai."

      Steinbach geht von einem weitaus härteren Kampf als im Krieg gegen den Terror in Afghanistan aus: "Die irakische Armee wird länger durchhalten, als die Strategen in Washington sich das vorstellen. Die Zahl der Opfer wird auf beiden Seiten sehr hoch sein." Die Folgen eines Krieges gegen den Irak hält der Orient-Experte für verheerend. Steinbach: "Die Anti-Terror-Allianz wird mit Sicherheit zerfallen. Dann wird es um die Amerikaner sehr einsam werden."

      Arabische Länder könnten sich auf Seiten der Palästinenser gegen Israel engagieren. "Ein Krieg gegen den Irak hätte unvorhersehbare Konsequenzen im Nahost-Konflikt», sagte der Wissenschaftler.
      Avatar
      schrieb am 18.03.02 06:32:58
      Beitrag Nr. 47 ()
      US-RAKETENABWEHR

      Sechs Schuss, vier Treffer

      Die US-Regierung lässt sich von internationaler Kritik nicht beirren. Sie testet weiter ihr umstrittenes Raketenabwehrsystem und meldet einen weiteren Erfolg.

      Washington - Der sechste Test des Abwehrsystems in der Nacht zum Samstag sei ein Erfolg gewesen, meldete das US-Verteidigungsministerium. Eine Abfangrakete traf nach Angaben einer Sprecherin des Pentagons wie vorgesehen über dem Pazifik einen Übungssprengkopf. Die Rakete wurde von der Meck-Insel in der Nähe des Äquators abgefeuert, der Übungssprengkopf vom rund 7.700 Kilometer entfernten Luftwaffenstützpunkt Vandenberg in Kalifornien.
      Auf seinem Weg setzte der Sprengkopf drei Ballone frei um zu prüfen, ob die Abfangrakete davon in die Irre geleitet würde. Die Rakete spürte den Sprengkopf jedoch planmäßig auf und zerstörte ihn, so die Mitteilung des US-Verteidigungsministeriums. Es war der bisher umfassendste Versuch eines landgestützten Abwehrsystems. Zwei der sechs bisherigen Tests waren fehlgeschlagen.

      US-Präsident George W. Bush hatte unmittelbar nach seinem Amtsantritt vor gut einem Jahr die Pläne zur Errichtung eines landesweiten Raketenabwehrsystems vorangetrieben. Die USA wollen sich damit nach Bushs Angaben gegen Angriffe von Staaten wie Nordkorea, Iran und Irak schützen, die sie als unberechenbar einschätzen. China, Russland und weitere Staaten lehnen die US-Pläne ab. Sie weisen darauf hin, dass die US-Pläne zu einem neuen Rüstungswettlauf führen könnten.

      Kritiker lehnen die Tests des Raketenabwehrsystems als zu teuer und unrealistisch ab. Nach Schätzungen des US-Kongresses würde die Entwicklung eines land- oder seegestützten Systems zur Abwehr feindlicher Raketen bis zum Jahr 2015 zwischen 23 Milliarden und 64 Milliarden kosten.

      US-Außenminister Colin Powell erklärte zeitgleich, dass die USA keine Atomwaffen gegen Staaten einsetzen werden, die selbst nicht über solche Waffen verfügen. Ein erste Erklärung dieser Art hatte US-Regierung unter Jimmy Carter 1978 abgegeben, Präsident Bill Clinton hatte sie 1995 bestätigt.

      In den vergangenen Tagen sorgten Passagen eines geheimen Pentagon-Berichts für Unruhe, wonach vom Verteidigungsministerium derzeit ein Szenario für den Gebrauch von Atomwaffen gegen eine Reihe von Staaten erarbeitet wird. In dem Bericht wurden Russland, China, Nordkorea, Iran, Irak, Syrien und Libyen als mögliche Ziele genannt.

      Powell erklärte darüber hinaus, dass keine Atomraketen auf Ziele in Russland oder einem anderen Staat gerichtet seien. Während des Kalten Krieges hätten dagegen bis zu 13.000 der 28.000 atomaren Langstreckenraketen der USA auf die Sowjetunion oder deren Verbündete gezielt, zum Teil sogar auf bestimmte Straßen. Zugleich stellte Powell allerdings klar, dass eine Rakete sehr schnell auf ein neues Ziel umgesteuert werden könne.

      (Quelle: Spiegel-online)
      Avatar
      schrieb am 18.03.02 06:59:44
      Beitrag Nr. 48 ()
      P O L I T I K

      Absage an „militärische Abenteuer“



      Gerhard Schröder hat erstmals eindeutig klargestellt, dass Deutschland sich an einem US-Militärschlag gegen Irak ohne UN-Mandat nicht beteiligen wird. Die Bundesregierung bestätigte am Freitag, dass sich der Kanzler bei einem Treffen mit Intellektuellen in Berlin so geäußert habe. Die stellvertretende Regierungssprecherin Charima Reinhardt verwies darauf, dass Schröder wiederholt öffentlich erklärt habe, dass sich die Bundeswehr nicht an militärischen „Abenteuern“ beteiligen werde.

      Ein weiteres Engagement im Kampf gegen den Terrorismus könne nur unter dem Schutz der Vereinten Nationen erfolgen. Diese Haltung sei innerhalb der Bundesregierung abgesprochen. Sie gehe davon aus, dass dies auch mit den EU-Partnern der Fall sei.

      Nach Angaben der Regierung liegen aber weiterhin keine Hinweise dafür vor, dass die USA einen solchen Angriff gegen das Regime von Saddam Hussein konkret planen. Dies habe US-Präsident George W. Bush dem Kanzler bei seinem zurückliegenden Besuch in Washington versichert.

      Schröder war am Mittwochabend im Kanzleramt mit Schriftstellern wie Günter Grass und Peter Rühmkorf sowie Wissenschaftlern wie Jens Reich und Oskar Negt zusammengekommen, um mit ihnen über die Folgen des 11. September zu diskutieren. Dabei kam auch zur Sprache, wie sich Berlin bei einem Präventivschlag der USA gegen den Irak verhalten solle.

      Nach einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ stellte Schröder dabei klar: „Greifen die USA auf eigene Faust an, wird sich Deutschland nicht beteiligen. Jedes weitere militärische Engagement der Bundesrepublik wird nur unter dem Schutz eines UN-Mandats erfolgen“, wurden die Äußerungen des Kanzlers aus dem Gespräch von der Zeitung wiedergegeben.

      Im Kriegsfall sollten laut Schröder aber die in Kuwait stationierten deutschen Fuchs-Spürpanzer in der Region bleiben, um bei einem Angriff mit ABC-Waffen vor Ort Hilfe zu leisten. Die Panzer abzuziehen, habe unabsehbare Folgen für das deutsch-amerikanische Verhältnis, hieß es unter Berufung auf den Kanzler.

      Laut dem Zeitungsbericht äußerte sich der Kanzler auch enttäuscht über die mangelnde Abstimmung mit den europäischen Verbündeten. Die gemeinsame Außenpolitik Europas sei in einem „jämmerlichen Zustand“. Die Hoffnung, mit dem britischen Premier Tony Blair und Frankreichs Ministerpräsident Lionel Jospin eine Reaktion gegenüber Washington abzustimmen, habe er fürs erste aufgegeben. Blair wisse sich mit der öffentlichen Meinung seines Landes einig, dass für Großbritannien die Solidarität mit Washington wichtiger sei als ein europäischer Schulterschluss. Und in Frankreich verhindere der Kampf um die Präsidentschaft jede langfristige Perspektive, wurde der Kanzler von der Zeitung weiter zitiert.

      15.03.02, 18:20 Uhr



      Mein Kommentar dazu:

      Schröder in der Irak_FAlle!
      Die USA haben ihn bereits in Kuweit festgenagelt; desweiteren hat er indirekt die USA aufgeordert, sich auf ähnlich abenteuerliche Weise wie im Krieg gegen den Irak ein UNO-MAndat zu erpressen, um dann die NATO an ihre Seite zu pressen.

      Am Besten der dämliche Hinweis, auch vor laufenden Kameras ja vor 2 Tagen erfolgt, es "gebe keinen einzigen Hinweis auf einen geplanten Angriff der USA auf den Irak"

      Für wie blöd muss ein solcher Bundeskanzler die Bürger unseres Landes bereits halten, wenn er meint, mit diesem Schwachsinn könne er sich um eine Stellungnahme herumreden? :mad:

      Bereits vor Wochen haben offizielle britische Stellen öffentlich verlauten lassen, es sei nur noch "eine Frage der zeit" bis zum Angriff auf den Irak...

      Eine Witzfigur ohne jede weitsicht an der Spitze unserer Nation. :mad:
      Avatar
      schrieb am 18.03.02 07:06:40
      Beitrag Nr. 49 ()
      und zuletzt:

      Wenn der teil der Meldung stimmen sollte, daß sich Schröder mit Intellektuellen getroffen habe, dann....

      können keine regierungsmitglieder dabei gewesen sein... und .... :confused:

      Wie ist der Mann da hingekommen....... :eek:
      Avatar
      schrieb am 19.03.02 01:42:39
      Beitrag Nr. 50 ()
      War echt sweet: "Schröder mit Intellektuellen" Ich hörte es auch mit einer gewissen Überraschung ! Die Frage ist, was und wer ist für ihn intellektuell ? Namen wurden doch keine genannt, oder ?
      Kürzlich von dem "Scheibenwischer" Dieter H., und nicht von mir, : Schroeder würde meilenweit gehen für eine Aura. ...
      Sorry für diesen Witz zur Nacht, ich kann auch versnobt sein, ;-) !!

      Ciao an D.T. und die Leser.
      Avatar
      schrieb am 19.03.02 01:58:43
      Beitrag Nr. 51 ()
      Neues von der KriegsKoalition:

      Joschka Fischer wird zum Demagogen


      Grüne mit Gewalt für den Frieden
      Parteitag beschließt nach 22 Jahren mit großer Mehrheit neues Grundsatzprogramm. Erstmals lehnen die Grünen den Einsatz von Gewalt als letztes Mittel der Politik nicht mehr ab. Die PDS positioniert sich bei ihrem Parteitag als Antikriegspartei

      BERLIN taz Die Grünen haben eine historische Wende in ihrer Außen- und Sicherheitspolitik beschlossen. Der grüne Parteitag in Berlin nahm gestern mit großer Mehrheit das neue Grundsatzprogramm an. Darin lehnen die Grünen 22 Jahre nach ihrer Gründung erstmals Gewalt als letztes Mittel der Politik nicht mehr völlig ab. Im Kontrast dazu betonte die PDS auf ihrem Parteitag in Rostock ihre Rolle als entschiedene Antikriegspartei.

      Bei den Grünen sorgte gestern vor allem eine Debatte über das Verhältnis zu den USA für Aufregung. Gegen den Willen des Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl, Joschka Fischer, schien eine Mehrheit der Delegierten zunächst einem Antrag zuzustimmen, mit dem indirekt ein Abzug der US-Truppen aus Europa gefordert wurde. Fischer warnte eindringlich vor den "isolationistischen Konsequenzen". Auf Vorschlag von Umweltminister Jürgen Trittin wurde der Antrag schließlich entschärft. Ein "weiterer Abbau der militärischen Potenziale" müsse Ziel der Grünen bleiben, heißt es nun.

      In ihrem neuen Programm verlangen die Grünen außerdem eine Zweidrittelmehrheit des Bundestags für Auslandseinsätze der Bundeswehr. Bisher reicht im Parlament die einfache Mehrheit. Ins neue Grundsatzprogramm aufgenommen wurde auch das Ziel, die Wehrpflicht abzuschaffen. Die alte grüne Forderung nach Abschaffung der Nato wurde dagegen endgültig zu den Akten gelegt.

      Fischer begründete das außen- und sicherheitspolitische Umdenken seine Partei unter anderem mit den Terrorattacken gegen die USA vom 11. September. "Es ist nicht Joschka Fischer, der euch das zumutet. Die Realität mutet euch etwas zu." Weil die meisten Delegierten dieser Einschätzung folgten, stünde einer weiteren Regierungsbeteiligung der Grünen nichts mehr im Wege - außer einer Wahlniederlage im September. ( ... )


      ---------------------------------------------------

      Fischer wird zum Demagogen:

      Fischer warnte eindringlich vor den "isolationistischen Konsequenzen".


      Hirnloses und willenloses Mitmachen bei einer staatlichen RAcheaktion wird als Zwang unabwendbares Schicksal dargestellt.
      "Wer nicht mitmacht, ist gegen uns" , sagte Bush... jetzt sagt es sogar Fischer!
      Angst vor Isolation im politischen Umfeld als Grund für Mitmachen im Krieg ... sowas haben WIR und Fischer noch vor 20 Jahren unseren Eltern vorgeworfen.... er macht es ihnen nach.

      WEITERER Trick:

      "Es ist nicht Joschka Fischer, der euch das zumutet. Die Realität mutet euch etwas zu." sagte Joschka Fischer
      Als wenn der Terroranschlag am 11.9. einen Krieg in einem anderen Land (und höchstwahrscheinlich weiteren Ländern ) zwangläufig wäre wie ein Naturgesetz.

      Der Bundeswehreinsatz wurde nicht von Gott oder dem Schicksal, auch nicht von den Terroristen befohlen, es war gefügiger Gehorsam einer ehemals Kriegskritischen Koalition, die sich demonstrativ von Zweifeln an der Bündnistreue rein waschen wollte.

      Es WAR Joschka Fischer, der Grüne Abgeordnete von Rezzo Schlauch unter massiven Druck setzen ließ und sie ihres Gewissens beraubte - im "Dienste" der Parteiräson und klaren Widerspruch zum §38 des bundestagsgesetzes, der ausdrücklich jedem Abgeordneten freie Gewissensentscheidung zusichert und "von jeder Weisung frei " stellt...

      Es WAR Joschka Fischer, der als Redebeitrag in einer historischen Debatte anstatt einer Stellungnahme zum Krieg eine innenpolitische Bilanz der Regierung zog.

      Ich habe mich nie zuvor für unsere Regierung so geschämt.


      Unsere Kinder werden uns in 10 Jahren fragen, wie wir so etwas einmal unsere Stimme geben konnten, wenn sie auf Phönix einmal die wirklich historischen Debatten der 70er und 80er Jahre und dieses intellektuelle und moralische Jammertal von Effekthaschenden Taktierern aus den späten 90ern und den ersten Jahren des neuen Jahrtausends sehen, die bereits vor langer seit die Kontrolle über die ehemaligen Ziele verloren haben....

      Gruß

      D.T.
      Avatar
      schrieb am 19.03.02 02:04:03
      Beitrag Nr. 52 ()
      @ principessa

      Gruß zurück ;)

      D.T.
      Avatar
      schrieb am 19.03.02 10:02:15
      Beitrag Nr. 53 ()
      und hier eine Meldung, die unser Bundesdepp im KAnzleramt vermutlich weiterhin zum Anlaß nimmt, davon zu sprechen, daß es

      "Keine Hinweise auf einen geplanten Krieg in Afghanistan gibt"


      Schröder hält uns halt alle für unterbelichtet.... :mad:




      AFGHANISTAN

      Der Krieg ist laut Bush noch lange nicht vorbei

      Die "Operation Anaconda" ist abgeschlossen, der Krieg in Afghanistan nach den Worten von US-Präsident Bush noch lange nicht. Er kündigte weitere erbarmungslose Kämpfe gegen die Taliban- und al-Qaida-Kämpfer an. Gleichzeitig verfiel er erneut in Drohgebärden gegenüber dem Irak.


      Bushs Brandrede in Missouri


      Washington - "Ich gehe davon aus, dass wir noch viel mehr in Afghanistan kämpfen müssen", erklärte George W. Bush am Montag bei einem Besuch im US-Bundesstaat Missouri. Über die Taliban- und al-Qaida-Kämpfer sagte er: "Das sind Killer. Sie hassen Amerika. Sie sind erbarmungslos." Die USA würden jedoch noch erbarmungsloser sein. :eek:
      Zuvor hatten die USA eigenen Angaben zufolge ihren bislang größten, 17 Tage dauernden Militäreinsatz "Operation Anaconda" im Osten Afghanistans erfolgreich beendet. US-General Tommy Franks, der die US-Truppen in Afghanistan befehligt, erklärte, es sei damit zu rechnen, dass künftige Operationen gegen Kämpfer von Taliban und al-Qaida dasselbe Ausmaß hätten wie der auslaufende Einsatz in der Gebirgsregion Schah-i-Kot. In London teilte das britische Verteidigungsministerium mit, dass auf Anforderung der USA 1700 Soldaten zusätzlich nach Afghanistan verlegt würden.

      Wo steckt das KSK?

      Nach dem Ende der "Operation Anaconda" ist noch nicht bekannt, wo die deutschen Elitesoldaten des "Kommandos Spezialkräfte" im Kampf gegen den internationalen Terrorismus als nächstes eingesetzt werden.

      Die Blair-Regierung schickt Verstärkung: Britische Soldaten in Kabul


      Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums bekräftigte in Berlin, dass zum Schutz der Soldaten und Operationen über Art, Ort und Umfang nichts gesagt werde. Die deutschen Elitesoldaten waren an der US-Offensive gegen Kämpfer der Taliban und al-Qaida beteiligt. Bekannt wurde dies zuerst durch eine Mitteilung von Seiten der USA. Das Ministerium in Berlin hätte sich nach eigenen Worten mehr Zurückhaltung gewünscht.

      Die Achse des Bösen

      Bush bekräftigte während seiner Rede in Missouri seine Warnung an den Irak. Er schätze den Rat, den die USA von arabischen Staaten bekommen hätten. Aber er werde es nicht zulassen, dass der irakische Staatschef Saddam Hussein andere Länder mit Massenvernichtungswaffen erpresse.

      Vizepräsident Dick Cheney hatte bei seiner Nahostreise immer wieder den Ratschlag bekommen, die USA sollten sich statt auf den Irak besser auf die Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts konzentrieren. Bush erklärte dazu, die USA würden weiter mit ihren Alliierten beraten, bevor eine Entscheidung falle. Er betonte aber:

      "Wir werde es nicht zulassen, dass einer der gefährlichsten Führer der Welt die gefährlichsten Waffen der Welt besitzt und die USA sowie ihre Freude und Alliierten erpresst."

      [aha..... die USA arbeiten an einer neuen Legende: jetzt will Sadam Hussein angeblich bereits die ganze Welt erpressen... :eek: da ist ja jeder JAmes-Bond-Film realitätsnäher... in der Medizin nennt man das, was die Aaamis zeigen Denkschwäche und Verfolgungswahn..]

      "Was ich über die Achse des Bösen gesagt habe, meine ich", sagte Bush und fügte hinzu: "Klarer kann ich mich nicht ausdrücken." Bush hatte neben Iran und Nordkorea den Irak als Teil einer "Achse des Bösen" bezeichnet und dies damit begründet, dass Bagdad Terroristen Zuflucht biete und versuche, Massenvernichtungswaffen zu erlangen.

      Quelle: Focus.de
      Avatar
      schrieb am 21.03.02 09:34:39
      Beitrag Nr. 54 ()
      Hier der original-Mitschnitt eines Schiff-Fahrts-Funkverkehrs vor der Kanadischen Küste.

      Für die Manöver in der internationalen Schiffahrt gibt es eindeutige Regeln.

      Hier wird ein US-Flugzeugträger gebeten, ein Standard-Ausweichmanöver zu vollziehen, um eine Kollision zu vermeiden.

      Dieser Funkverkehr ist m.E. ein geradezu klassisch-typisches Beispiel für die US-amerikanische Einstellung/Politik Dritten gegenüber.


      -----------------------------------------------------------
      This is the transcript of the ACTUAL radio conversation of a US naval ship with Canadian authorities off the coast of Newfoundland.

      Canadians: Please divert your course 15 degrees South to avoid a collision.
      Americans: Recommend you divert your course 15 degrees North to avoid a collision.
      Canadians: Negative. You will have to divert your course 15 degrees to the South to avoid a collision.
      Americans: This is the Captain of a US Navy ship. I say again, divert YOUR course.
      Canadians: No. I say again, you divert YOUR course.
      Americans: THIS IS THE AIRCRAFT CARRIER USS LINCOLN, THE SECOND LARGEST SHIP IN THE UNITED STATES` ATLANTIC FLEET. WE ARE ACCOMPANIED BY THREE DESTROYERS, THREE CRUISERS AND NUMEROUS SUPPORT VESSELS. I DEMAND THAT YOU CHANGE YOUR COURSE 15 DEGREES NORTH, I SAY AGAIN, THAT`S ONE FIVE DEGREES NORTH, OR COUNTER-MEASURES WILL BE UNDERTAKEN TO ENSURE THE SAFETY OF THIS SHIP
      Canadians: This is the lighthouse. Your call.

      --------------------------------------------------------

      Irgendwie fast amüsant, die Arroganz, wenn man nur dieses Beispiel sieht.

      Das Problem ist, daß diese Grundeinstellung einfach in allen Bereichen existiert und anderen (menschen, Nationen, Völkern, UNO) ganz konkret massiv schadet.

      Z.B. die Verweigerung der UNO-Mitgliedsbeiträge, weil die Beschlüsse der UNO politisch nicht genehm sind.

      Die USA sind das moderne Troja.

      Gruß

      D.T.
      Avatar
      schrieb am 22.03.02 11:01:09
      Beitrag Nr. 55 ()
      Mal etwas amüsantes:


      Russland schlägt zurück - mit Hähnchenkeulen

      Von Matthias Streitz

      Das haben die Amerikaner sich nicht träumen lassen: Russland verhängt ein Embargo gegen US-Geflügel - und George Bush ist machtlos, während Moskau ihm Lektionen in Sachen Kapitalismus, Hygiene und Humor erteilt.

      Bush-Beine als Restposten: Hendl gibt`s bald nur noch aus Dnjeprpetrowsk, nicht mehr aus Little Rock


      Moskau/Washington - Es war am 11. März, an einem Montag, als US-Außenminister Colin Powell in drängender Angelegenheit seinen russischen Amtspartner Igor Iwanow ans Telefon holte. In Afghanistan klang gerade die letzte Sturmoffensive gegen Kämpfer der al-Qaida aus, im Nahen Osten jettete Bush-Vize Dick Cheney umher und mühte sich, Gefährten für eine Attacke auf Saddam zu finden. Die beiden Top-Diplomaten stritten derweil über Hähnchenbeine, Salmonellen und Hygieneparagraphen.
      Bis Anfang März gab es amerikanische Hühnchen überall in Moskau oder Nowgorod, nun sind sie bis auf Reste weg, und der bekennende Geflügelfan George W. Bush ist schuld daran. Fast fühlt man sich im Russen-Reich an triste sozialistische Tage erinnert. Seit dem 10. März kommt offiziell keine Hühnerbrust aus Arkansas mehr nach Sibirien, keine keine Gans aus Mississippi an den Ural. Am 10. März nämlich hat der Kreml einen totalen Einfuhrstopp für US-Geflügel ausgerufen.

      Läppisch-lächerlich klingt das, nach Großmachtgehabe verklungener Jahrzehnten. Doch immerhin geht es um eine dreiviertel Milliarde Dollar für die Amerikaner, Hunderttausende Arbeitsplätze für die Russen - und wichtige Stimmen aus den Südstaaten, die Bush die Wiederwahl sichern könnten. Während US-Geflügelfarmer im Internet wieder einmal wider das Reich des Bösen wettern, freuen sich die Freihandels-Anhänger: Das geschieht den US-Protektionisten recht.


      Denn die Russen revanchieren sich formvollendet. Anfang März hat der US-Präsident, schon ein Auge auf dem nächsten Wahlkampf, ausländische Stahlimporte in die USA durch Zölle verteuert. Mit verblüffender Gleichzeitigkeit begann die russische Polit-Kaste da laut über Qualitätsmängel amerikanischen Geflügels zu sinnieren, über Salmonellen-Befall, Antibiotika und allerlei Chemie im Import-Fleisch. Der russische Vizepremier gerierte sich gar als Streiter für mehr Qualität: "Russland ist nicht der Abfalleimer der Welt für mangelhafte Lebensmittel", tönte er. Dass es um Rache für die Strafzölle geht, nicht wirklich um Bazillen, ist dabei jedem klar. Eine besonders pikante Rache übrigens insofern, als amerikanische Hähnchenkeulen im russischen Volksmund "Bush-Beine" heißen.

      Der Handelskonflikt erzählt allerlei über amerikanisches Selbstverständnis. Das gebratene Hühnchen taugte schon immer als Herold des US-Nahrungsimperialismus, ob nun als Chicken McNugget, als Kentucky Fried Chicken oder in der scheinbar naturbelassenen Form. Der Biss in die mit Heinz-Sauce getränkte Hähnchenkeule ist ein geheiligter Moment der US-Esskultur, und der Truthahn war stets der wahre Nationalvogel, vergesst den Adler. Kein Wunder also, dass die Amerikaner es den Russen übel nehmen, wie da der guten Ruf ihres Federviehs in den Dreck gezogen wird. "In Amerika gibt es eine Menge Menschen, die Huhn essen, und die scheinen mir nicht krank zu sein", giftet der US-Handelsbeauftragte Robert Zoellick gen Moskau.

      Der Konflikt erzählt noch mehr über den Zustand russisch-amerikanischer Wirtschaftsbeziehungen. Die russische Politik hat bewiesen, dass sie ganz kleinkariert das Juristen-Abc buchstabieren kann, mit dem die Wichtigkeiten des globalen Kapitalismus versteckt und geregelt werden. Nicht mehr um Chruschtschow-Doktrinen drehen sich die Gespräche mit den Amerikanern, sondern um eine neue "Nahrungssicherheits-Doktrin". Geradezu nassforsch sind die Forderungen, die da aus Moskau kommen: Delegationen von russischen Experten wollen durchs US-Imperium reisen und Geflügelfabriken inspizieren - ganz so, wie Uno-Kontrolleure durch den Irak fahren und nach Waffen fahnden.


      Fast klingt bei den Russen eine hämische Freude durch, wenn sie dem übermächtigen Partner Bedingungen diktieren. Während die zwölfköpfige, hochrangige Hühnchenstreit-Verhandlungskommission der Amerikaner Eile anmahnt, geben sich die Bedrängten gelassen: Die Amerikaner hätten doch erst letzte Woche ein 800-seitiges Erklärdokument eingereicht, das müsse erst mal übersetzt werden.

      George Bush hat mit seinen Strafzöllen eine elementare Regel missachtet: Zum Handel gehören immer zwei, mit Allmachtsansprüchen gewinnt man wenig. Wenn die Russen blockieren, verliert auch Bush.


      Nach dem Kalten Krieg mag Amerika davon geträumt haben, die unterdrückten Massen Osteuropas mit High-Tech-Produkten zu beglücken. Tatsächlich läuft das große Geschäft weiter mit Low-Tech aus der Landwirtschaft: Jeden fünften Export-Dollar, den die Amerikaner in Russland einnahmen, verdienten sie mit dem Verkauf von Hühnchen und Gänsen. Fast jedes zweite amerikanische Ausfuhr-Hühnchen verzehrt ein Russe, in 38 US-Bundesstaaten wird das Geflügel gepäppelt. Schon zeigt ein US-Magazin ein gigantisches Hendl auf dem Rasen vor dem Oval Office - und rechnet vor, dass Bush in "Hühnchen-Staaten" mehr Wählerstimmen verlieren kann als er in Stahl-Staaten gewinnt.

      Der Streit birgt noch eine Überraschung: Während im Hafen von Petersburg zeitweise Tonnen- und Containerweise Hühnchenkeulen lagerten, probt die Zweite Welt bei der Lebensmittelhygiene den Aufstand gegen die Erste. Der Einwand "Euer Huhn ist nicht hygienisch!" ist hergesucht, glaubwürdig bleibt er gleichwohl. Russische Veterinäre zücken ihre Reagenzgläser, finden in immer neuen Keulen-Lieferungen hohe Salmonellen-Dosen und nutzen damit Ängste über industrielle Tier-Produktion, die es im Westen genauso gibt.

      Wenn die Russen über Antibiotika im Fleisch klagen, über Konservierungsmittel, lange Lagerzeiten und unerträgliche Zustände in der Massenhaltung, klatschen verunsicherte Konsumenten auch westlich von Petersburg Beifall. Und schon vor den Russen haben Kirgisien, die Ukraine und Moldawien - angeblich aus Hygienegründen - den Import von US-Geflügel gestoppt. Kirgisien!

      Bei aller Schadenfreude über die Blamage des obersten amerikanischen Stahlkochers: Im Handels-Hickhack kommt auch die russische Seite auf den zweiten Blick mies weg. Hier ist ein Land, das anderthalb Jahrzehnte nach Beginn der Perestroika nicht gelernt hat, Grundbedürfnisse seiner Bevölkerung zu stillen. 70 Prozent des Geflügels, das die Russen letztes Jahr kauften, wurde in Amerika großgezogen. Und hier ist ein Land, das ganz wie zu Zeiten des Sozialismus Autarkie-Politik auf Kosten der Bevölkerung treibt. Schon hoffen Fabrikanten und Politiker unverblümt vor TV-Kameras, dass die heimischen Hühnchenfarmer dank des Hendl-Embargos endlich flügge werden - in vielleicht eineinhalb Jahren. Der normale Russe muss derweil oft 30 bis 50 Prozent mehr Rubel fürs Huhn zahlen als vorher, wenn er überhaupt welches bekommt. Guten Appetit.


      .
      Avatar
      schrieb am 29.03.02 13:35:43
      Beitrag Nr. 56 ()
      Interview mit Nahost-Experten Dietmar Herz:


      "Dieser Krieg ist nicht gewinnbar"

      Täglich neue Schreckensnachrichten aus dem Nahen Osten. Ein Ende der Gewaltspirale ist nicht in Sicht. Der Erfurter Nahost-Experte Dietmar Herz kann kaum Fortschritte erkennen. Im T-Online Interview gibt der Politikwissenschaftler dem Prinzip "Land gegen Frieden" keine Chancen. Israel benötige eine Sicherheitsgarantie, die Palästinenser mehr Wohlstand. Militärisch, so Herz, sei der Konflikt nicht lösbar. Die Nahost-Politik der Bush-Administration bezeichnet er als "katastrophal".
      T-Online: Geben sie den jüngsten Bemühungen des US-Vermittlers Anthony Zinni eine Chance?

      Dietmar Herz: Nein, ich gebe den Versuchen keine Chancen, wenn damit eine Befriedung des Konflikts erreicht werden soll. Im besten Fall kann eine Entspannung erreicht werden, so dass wir vielleicht einen Zustand wie vor zwei, drei Monaten haben.

      T-Online: Also kein wirklicher Fortschritt?

      Dietmar Herz: Nein, kein wirklicher Fortschritt. Ein wirklicher Fortschritt würde auf beiden Seiten die Bereitschaft voraussetzen, sich von dieser militärischen Logik zu verabschieden, in der beide Konfliktparteien verhaftet sind. Und das ist nicht abzusehen.

      T-Online: Der UN-Sicherheitsrat hat jüngst den Palästinenser-Staat indirekt anerkannt. Hat das Auswirkungen auf den Nahost-Konflikt?

      Dietmar Herz: Nein, dass Palästina sich zu einem Staat entwickeln sollte, ist ja auch die Politik der Vereinigten Staaten. Insofern hat der UN-Sicherheitsrat nur erstmals offiziell dokumentiert, was eigentlich alle Konfliktparteien einschließlich Israel weitgehend akzeptiert haben: dass es einen palästinensischen Staat geben wird.

      T-Online: Glauben Sie, dass Israel mit seinem Sicherheitsbedürfnis jemals einen unabhängigen palästinensischen Staat anerkennen wird? Welche Voraussetzungen müssen dafür gegeben sein?

      Dietmar Herz: Es gibt eine Reihe von Voraussetzungen. Die bisherigen Friedensverhandlungen sind immer unter dem Prinzip "Land gegen Frieden" geführt worden. Auch der jetzige Vorschlag von Kronprinz Abdullah aus Saudi-Arabien geht in die Richtung. Das ist ein falscher Ansatz. Der Ansatz müsste sein, dass auf israelischer Seite Sicherheit erreicht wird und auf palästinensischer Seite eine Art von Prosperität oder Wohlstand. Israel müsste eine Sicherheitsgarantie bekommen, die dann die Palästinenser in ihrem eigenen Land durchsetzen müssten. Das ist ein sehr langwieriger Prozess.

      T-Online: Gerade die Palästinenser sind wirtschaftlich extrem von Israel abhängig. Man müsste ihnen Wohlstand zukommen lassen; auf der anderen Seite ist das israelische Sicherheitsbedürfnis so hoch, dass man sogar daran denkt, eine Mauer um Israel hochzuziehen.

      Dietmar Herz: Diese Idee mit der Mauer oder der Trennung ist nicht realistisch. Das wird sich nicht durchführen lassen. Dazu sind beide Seiten viel zu sehr miteinander verwoben: durch die Siedlungen, durch das israelische Straßensystem, durch die vielen Palästinenser, die in Israel arbeiten, durch die Palästinenser mit israelischem Pass. Das ist viel zu sehr verwoben, als dass man es künstlich trennen könnte. Ich glaube nicht, dass es ein ernst zu nehmender Vorschlag ist.

      T-Online: Nun gerät ja Israels Ministerpräsident Ariel Scharon auch innenpolitisch immer mehr unter Druck. Sollte er angesichts der gegenwärtigen Lage nicht besser aufgeben und den Weg für einen Nachfolger freimachen?

      Dietmar Herz: Das wäre sehr schlecht momentan, denn Scharon ist von zwei Seiten unter politischem Druck. Einmal von Netanjahu. Dieser vertritt momentan eine sehr viel radikalere Meinung. Er hat gefordert, die ganzen Autonomiegebiete wieder zu besetzen, setzt also auf eine rein militärische Lösung. Eine ganze Reihe von rechtsgerichteten und religiösen Parteien unterstützt dies.

      T-Online: Wenn man Scharons Vergangenheit betrachtet, vor allem seine Rolle während des Libanonfeldzuges, muss man doch bezweifeln, ob dieser Mann wirklich einen Ausgleich will?

      Dietmar Herz: Ich glaube, er hat eingesehen, dass es eine Form von Ausgleich geben muss. Der Krieg ist militärisch für Israel nicht gewinnbar. Es müssten Palästinenser im großem Maß deportiert werden. Internierungslager müssten errichtet werden. Es müsste eine große Zahl von Menschen getötet werden. Das wird Israel nicht machen. Auf der anderen Seite ist auch das palästinensische Kalkül, Israel durch militärische Schläge zum Rückzug zu zwingen, unrealistisch. Hier stoßen die beiden gleichen militärischen Denkweisen aufeinander.

      T-Online: Scharons Pendant Arafat scheint auch nicht Herr der Lage zu sein. Welche Voraussetzungen müssen vorhanden sein, um die Extremisten in seinem Lager ruhig zu stellen?
      Dietmar Herz: Das ist sehr schwierig. Arafat hat das auch nie ernsthaft betrieben. Er hat immer eine gewisses Niveau von Gewalt billigend in Kauf genommen, weil er glaubte, so auf Israel einen zusätzlichen Druck ausüben zu können. Die Entwicklung ist ihm mittlerweile entglitten. Einmal durch die Frustration der Palästinenser, die gemerkt haben, dass durch den Oslo-Prozess ihr Leben nicht einfacher, die wirtschaftliche Lage sogar schlechter wurde. Die Flüchtlingslager wurden nicht aufgelöst. Israel ist zu wesentlichen Zugeständnissen nicht bereit. Das hat zu einer Radikalisierung geführt, der Arafat nicht entgegen getreten ist. Zusätzlich muss er jetzt, um glaubwürdig zu bleiben, gegenüber seinen eigenen politischen Verbündeten hart sein. Aber das kann er wiederum nicht lange durchhalten - aufgrund der internationalen Situation. Kurzum: Er ist in einer sehr schwachen Position.

      T-Online: Müssen wir mit einer gefährlichen Eskalation der Gewalt im Nahen Osten rechnen? Immerhin verfügt Israel ja über Atomwaffen.

      Dietmar Herz: Atomwaffen können in diesem Konflikt nicht eingesetzt werden. Die Gewalt wird weiter eskalieren, aber sie wird auf den israelisch-palästinensischen Raum beschränkt sein. Es wird weiterhin Attentate geben, bis die Palästinenser sehen, dass Israel nicht mit militärischer Gewalt zum Rückzug gezwungen werden kann. Auf der anderen Seite wird Israel immer wieder versuchen, die Gewalt wieder ein Stück zu eskalieren, um eine abschreckende Wirkung zu erzielen.

      T-Online: Die USA haben sich seit Präsident Bushs Amtsantritt immer mehr aus dem Nahost-Konflikt zurückgezogen. War dies ein Fehler?

      Dietmar Herz: Ja, das war ein großer Fehler. Die Politik der Clinton-Administration hat sehr viel dazu beigetragen, Lösungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Man hat zwar immer gesagt, Clinton habe letztlich nichts erreicht. Aber stellen Sie sich vor, was passiert wäre, wenn Clinton nicht acht Jahre lang aktiv gewesen wäre. Bush wollte in diese Sache nicht verwickelt werden. Er hatte dem Nahen Osten bis zum 11. September keine hohe Priorität gegeben, und er sieht den Konflikt jetzt auch eher instrumentell: Eine Lösung des Konflikts ist wichtig für die USA, um Handlungsspielraum im ganzen Mittleren und Nahen Osten zu bekommen. Bush räumt dem Konflikt nicht ein solches Gewicht ein, wie es Clinton getan hat. Die US-amerikanische Politik war seit der Amtsübernahme von Bush eigentlich katastrophal.

      T-Online: Trauen sie den Europäern im Nahost-Konflikt eine gewichtigere Rolle zu?

      Dietmar Herz: Nein, die Europäer werden - vielleicht mit der Ausnahme von Joschka Fischer - nicht ausreichend geschätzt. Die Israelis fürchten, dass die Europäische Union pro-palästinensisch ist. Für einzelne europäische Staaten gilt dies ja auch, beispielsweise für Frankreich, das traditionell eher eine pro-palästinensische Haltung einnimmt. Die Palästinenser wollen daher ein verstärktes europäisches Engagement. Die Israelis lassen das nicht zu. Hinzu kommt, dass die Europäer nicht mit einheitlicher Stimme sprechen können, außer in sehr allgemeinen Verlautbarungen. Und letztlich fehlen ihnen auch die militärischen Möglichkeiten der USA. Die USA bleiben der Hauptpartner in diesem Friedensprozess, für beide Seiten.

      T-Online: Die Gewalt der palästinensischen Extremisten kann man auf zweierlei Weise interpretieren. Die Israelis nehmen ihn als blutigen Terror wahr, die Palästinenser als legitimen Widerstandsakt gegen eine Besatzungsarmee. Was meinen Sie?

      Dietmar Herz: Selbstmordanschläge, die sich gegen Zivilisten richten, können in keiner Weise als legitim bezeichnet werden. Man könnte allenfalls versuchen zu erklären, warum junge Menschen bereit sind, sich in die Luft sprengen. Aber als legitime Form der Kriegsführung kann das nicht akzeptiert werden.
      Avatar
      schrieb am 29.03.02 19:27:44
      Beitrag Nr. 57 ()
      Israelische Armee in Arafats Hauptquartier

      Mit einer Großoffensive hat Israel am Freitag auf die drei jüngsten verheerenden Palästinenser-Anschläge mit insgesamt 28 Opfern und über 100 Verletzten geantwortet. Truppen rückten mit Panzern in die Autonomiestadt Ramallah ein und besetzten zum ersten Mal seit Beginn der Intifada vor 18 Monaten den Amtssitz von Palästinenserpräsident Jassir Arafat, der in einem Bunker Zuflucht suchte.
      Scharon erklärt Arafat zum "Feind Israels"
      Der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon erklärte Arafat offiziell zum "Feind Israels". Die Bekämpfung des Terrors werde künftig die israelische Armee selbst in die Hand nehmen. Die Armee rief zur Teilmobilisierung von bis zu 20.000 Reservisten auf. Bei einem neuen Selbstmordanschlag vor einem Supermarkt in West-Jerusalem kamen am Nachmittag mindestens zwei Menschen ums Leben.


      Scharfe Töne der israelischen Regierung
      Mit der Offensive nur wenige Stunden nach dem Araber-Gipfel in Beirut reagierte Israel vor allem auf den Anschlag vom Mittwochabend in der Küstenstadt Netanja, bei dem bis Freitag außer dem Attentäter 22 Menschen ums Leben kamen. Nach einer achtstündigen Nachtsitzung des Kabinetts sagten Scharon und Verteidigungsminister Benjamin Ben- Elieser, Arafat solle "völlig isoliert" werden, weil er sich weigere, den Terrorismus zu bekämpfen. Scharon machte deutlich, dass die Armee-Offensive zeitlich "unbegrenzt" und "umfassend" sei. Ben- Elieser warnte, dass die Armee bei ihrem Kampf "keine geographischen oder andere Grenzen" anerkenne. Allerdings plane man nicht, Arafat persönlich zu verletzen oder gar zu töten.

      Erbitterter Häuserkampf
      Israelische Panzer richteten nach palästinensischen Angaben schwere Zerstörungen an Arafats Amtssitz in Ramallah an. Der arabische Fernsehsender El Dschasira berichtete, es werde "von Zimmer zu Zimmer" gekämpft. Ein Armeesprecher bestätigte, dass es zu heftigen Schusswechseln gekommen sei. Bodentruppen hätten sieben Gebäude innerhalb des Komplexes besetzt, der Arafats Amtssitz bildet. Fünf Palästinenser und ein israelischer Offizier wurden getötet, mindestens 40 Palästinenser nach Krankenhaus-Angaben verwundet. Die Armee verhängte eine Ausgangssperre über die Stadt. Palästinensische Heckenschützen feuerten immer wieder von Dächern auf Panzer. Der palästinensische Rundfunk musste seine Sendungen einstellen.

      Beschwichtigungsversuche Arafats fruchteten nicht
      Arafat hatte noch am Donnerstagabend versucht, die Armee-Offensive durch Ausrufung einer einseitigen Waffenruhe zu verhindern. Die Regierung in Jerusalem wies dies jedoch als "zu wenig und zu spät" zurück. In der Nacht zu Freitag nahm Arafat telefonisch Kontakt zu europäischen und arabischen Regierungen auf. Er forderte sie auf, "schnell zu handeln, weil (die Ereignisse) sonst den ganzen Nahen Osten wie ein Erdbeben erschüttern" würden. In einem Live-Interview mit El Dschasira sagte der 72-Jährige, er sei bereit, "als Märtyrer zu sterben".

      Gewaltspirale dreht sich immer weiter
      Donnerstagabend hatte ein Palästinenser in der jüdischen Siedlung Elon Moreh vier Israelis erschossen. Am Freitagmorgen erstach ein Palästinenser bei Nezarim im Gazastreifen zwei Israelis. Am Nachmittag sprengte sich vor einem West-Jerusalemer Einkaufszentrum eine 16-jährige Palästinenserin in die Luft und tötete mindestens einen Wachmann, während 28 Passanten zum Teil lebensgefährlich verletzt wurden. Zu diesem Anschlag bekannten sich die Al Aksa- Märtyrerbrigaden der Fatah-Bewegung.

      Fischer verurteilt Terrorakte
      Der ehemalige palästinensische Chefunterhändler Sajeb Erekat bat am Nachmittag bei einem Treffen mit US-Vermittler Anthony Zinni in Jericho um eine Intervention bei der israelischen Regierung. Zinni habe sich bereit erklärt, "alles zu tun, um die Lage abzukühlen". Bundesaußenminister Joschka Fischer sagte, mit Gewalt werde der Konflikt nicht zu lösen sein. Die Bundesregierung "verurteilt die barbarischen Terrorakte auf das Schärfste".

      Internationale Kritik am Vorgehen Israels
      Ein Sprecher von US-Präsident George Bush teilte mit, die USA prüften "angemessene Antworten". Frankreich forderte Israel auf, bei seinem Vorgehen in Ramallah auf die Sicherheit und körperliche Unversehrtheit Arafats zu achten. Spanien verlangte namens der EU den Abzug der israelischen Truppen aus Arafats Amtssitz. Der ägyptische Außenminister Ahmed Maher nannte die israelische Offensive "eine Botschaft von Krieg und Aggression an die Adresse der Araber".

      Arabische Liga fordert Israel zum Rückzug auf
      Die Arabische Liga hatte in Beirut die saudische Friedensinitiative angenommen, worin Israel nach einem vollständigen Rückzug aus den 1967 besetzten Gebieten und einer befriedigenden Lösung der Flüchtlingsfrage eine völlige Normalisierung der Beziehungen zugesichert wird.
      Avatar
      schrieb am 30.03.02 14:58:18
      Beitrag Nr. 58 ()
      Ein weiteres Besispiel für die zweierlei Maß, mit denen die US-Regierung die Welt misst:

      ------------------------------------------------------

      Kein Strom, kein Telefon, kein Essen


      Der Amtssitz unter Beschuss

      Israelische Soldaten haben Jassir Arafat 24 Stunden nach dem Sturm auf seinen Amtssitz in Ramallah vollständig von der Außenwelt isoliert. Nach übereinstimmenden palästinensischen Berichten vom Samstag funktioniert inzwischen auch das Mobil-Telefon des Palästinenserführers nicht mehr, mit dem er am Freitag noch Kontakt zu ausländischen Regierungen und Medien aufnehmen konnte. Arafat habe in den beiden Büroräumen, die die israelische Armee bisher nicht besetzt habe, auch keinerlei Lebensmittel.

      Die Armee hatte nach dem Sturm des Hauptquartiers Strom, Wasser und normale Telefonverbindungen zu dem PLO-Chef gekappt.

      Der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon hatte am Freitagmorgen zugesagt, dass er Arafat nicht angreifen werde. Nach wie vor befinden sich nach palästinensischen Angaben verletzte Palästinenser auf dem Gelände des Hauptquartiers. Sie könnten jedoch nicht geborgen werden, weil die Armee Krankenwagen den Zugang verwehre.

      Im Zentrum Ramallahs ergaben sich am Morgen etwa 25 Palästinenser, darunter mehrere Polizisten, die zuvor stundenlang von israelischen Soldaten in einem großen Gebäude belagert worden waren.

      Auch in andere Städten des Westjordanlands rückten israelische Soldaten ein: Panzer fuhren durch Bethlehem und Beit Dschallah.

      Sicherheitsrats-Resolution verabschiedet

      Der Weltsicherheitsrat forderte Israel unterdessen zum sofortigen Rückzug aus Ramallah sowie allen anderen besetzten palästinensischen Autonomiestädten auf. Eine entsprechende Resolution wurde am Samstagmorgen (Ortszeit) mit Zustimmung der USA angenommen, die noch am Freitag eine solche Aufforderung durch den Rat blockiert hatten.

      Syrien blieb der Abstimmung aus Protest dagegen fern, dass ein von arabischen Staaten eingebrachter Resolutionstext erheblich abgeschwächt worden war. Sie hatten vom Sicherheitsrat verlangt, Israel den Rückzug offiziell zu befehlen, was die UN dann mit Sanktionen oder gar militärischen Maßnahmen hätten erzwingen können.


      Der in stundenlangen Verhandlungen während der Nacht ausgehandelte Kompromiss-Text wurde dann von 14 der insgesamt 15 Ratsmitglieder angenommen, während der syrische Platz leer blieb. In der Resolution werden zugleich Israel und die Palästinenser zur sofortigen Einstellung jeglicher Gewalt, einschließlich aller terroristischen Akte, aufgefordert.


      30.03.02, 14:11 Uhr
      Avatar
      schrieb am 02.04.02 21:14:43
      Beitrag Nr. 59 ()
      Anti-Terror-Wacht an der Küchengardine

      In den USA entsteht ein umfassendes nichtpolizeiliches Beobachtungs- und Tippgebersystem von Freizeitsheriffs


      Von Dietmar Ostermann (Washington)

      Neulich hatte Kristie Lane ihren ersten Fall. Keine große Sache, nun ja, aber immerhin: Das konspirative Treffen von vier Männern im nahen Lynnbrook Park konnte dank präziser Hinweise aufmerksamer Anwohner wie Kristie Lane von der Polizei aufgelöst werden, noch bevor etwas Schlimmes passiert ist. Das verdächtige Quartett hatte sich mit schlanken Papiertüten im Schatten der knorrigen Bäume versammelt. Die Öffnungen der Tüten wanderten immer mal wieder zum Mund. Der Lynnbrook Park aber ist zum Ausführen von Hunden und Kindern da, nicht für heimliche Saufgelage.

      "So fängt es an", sagt Kristie Lane in ihrer blitzblanken Küche, schenkt Kaffee nach und lächelt geheimnisvoll, ohne die Mundwinkel zu heben. Gemeint sind die verdächtigen Gestalten. So also fängt es an, im Stadtpark bei einem Bier, "und am Ende knackt dir jemand die Verandatür auf". Da freilich wären die Trunkenbolde bei der energischen Hausfrau und Mutter einer neunjährigen Tochter an der kolossal falschen Adresse. Denn Kristie Lane hat nicht nur ein doppeltes Schloss vor allen Türen. Sie ist seit vier Monaten auch "Block-Captain" der neuen "Neighbourhood Watch"-Gruppe in ihrem Kiez in Bethesda, einem schicken Vorort von Washington, in dem jeder sofort auffällt, der nicht hierher gehört. Wer aber fremd ist und sich verdächtig verhält, wird von Kristie und ihrem Trupp umgehend gemeldet. Lieber einmal zu viel als zu wenig

      So ein Kiez-Aufpasser ist gewissermaßen der Hilfssheriff jener Art von Nachbarschaftspolizei, die besorgte Bürger in den USA vor dreißig Jahren zum Schutz von Haus und Hof und Kind und Kegel in zahlreichen Städten gegründet haben. Heute halten laut einer Statistik der Nationalen Sheriffs Assoziation nicht weniger als 30 Millionen US-Bürger in 7500 Gemeinden am Gartenzaun Wacht, fahren Streife durchs Revier oder observieren als einfache Beobachter (Block-Watcher) den Hauseingang von gegenüber.

      "Seien Sie ein guter Nachbar", rät das Handbuch der Hobbypolizei, "behalten Sie das Haus Ihres Nachbarn im Auge und bitten Sie ihn, das Gleiche für Sie zu tun." An der Popularität von "Neighbourhood Watch" haben seit Jahren rückläufige Kriminalitätsraten nichts geändert. Das Programm bietet all jenen, die schon immer mal Sheriff sein wollten, die fast perfekte Gelegenheit. "Tragen Sie keine Waffen, wenn Sie patrouillieren", mahnt das Handbuch, "das ist nicht der Grund, weshalb Sie auf Streife sind."

      Das Rückgrat der Bewegung aber bilden seit jeher besorgte Hausfrauen wie Kristie Lane und ruhelose Ex-Polizisten wie Bruce Miller. Der arbeitet tagsüber am "Institut zur Verhinderung von Verbrechen in den Kommunen", das vor den Toren von Baltimore über einschlägige Überwachungstechniken informiert. Nach Dienstschluss ist Miller dann Aufpasser in seiner Straße. "In Gemeinden, in denen unsere Gruppen aktiv sind, geht die Kriminalität um bis zu 75 Prozent zurück", berichtet der Profi, "das Programm ist ein absoluter Erfolg."

      Derlei Bilanzen müssen auch die Regierung beeindruckt haben. Denn als das Weiße Haus jetzt an der Heimatfront nach weiteren Verbündeten im allumfassenden Kampf gegen den Terrorismus suchte, fiel der Blick auch auf die Selbsthilfegruppen. Immer wieder hatten die Menschen nach dem 11. September gefragt, auf welche Weise sie sich beim Anti-Terror-Kampf persönlich engagieren könnten. Eine Welle argwöhnischer Einsatzbereitschaft wogte durchs Land, die sich nicht zuletzt in hunderttausenden Anrufen beim Notruf 911 manifestierte. Mal kam jemandem die Sporttasche seines Kollegen verdächtig vor, mal hatte einer in der Wartehalle auf dem Flughafen eine arabische Zeitung entdeckt. Mit "Neighbourhood Watch" schien ein idealer Weg gefunden, derlei Wachsamkeit zu kanalisieren: "Schließen Sie sich zum Schutz Ihres Viertels mit Ihren Nachbarn zusammen", rief Justizminister John Ashcroft die Bevölkerung zur Anti-Terror-Wacht an der Küchengardine auf.

      Geht es nach Ashcroft, dann sollen die ehrenamtlichen Wachmänner und -frauen künftig nicht nur nach Einbrechern und Stadtstreichern, sondern auch nach "Zeichen potenzieller terroristischer Aktivitäten" Ausschau halten. Fast zwei Millionen Dollar will die Regierung dafür im Rahmen des Programms "Vereint für ein stärkeres Amerika" zur Verfügung stellen. Innerhalb von zwei Jahren, so das ehrgeizige Ziel, soll sich die Beteiligung an der um eine "Terrorismus-Komponente" ergänzten "Neighbourhood Watch"-Bewegung verdoppeln.

      Rein mathematisch käme das dem Ausbau der USA zum mutmaßlich führenden Freizeitpolizeistaat der Welt gleich. Denn würde das Mobilisierungsziel tatsächlich erreicht (und stimmt die vorliegende Statistik, was allerdings selbst ein Mann wie Bruce Miller bezweifelt), dann kämen in den Vereinigten Staaten bald nur noch vier potenziell zu Beobachtende auf einen Beobachter. Jeder hätte gewissermaßen jeden im Auge, mit möglichen Folgen, vor denen das Handbuch schon heute warnt: "Fahren Sie auf Streife nicht mit ausgeschaltetem Licht durch Ihre Nachbarschaft. Dies kann einen falschen Alarm bei der Polizei auslösen."

      Wenn es um Informationen aus der Bevölkerung geht, denkt man in Washingtons Justizministerium freilich längst über den etablierten Hilfspolizei-Trupp hinaus. Auch in den USA nahezu unbeachtet wurde im Januar ein Pilotprojekt angekündigt, dessen kurze Beschreibung auf der Webseite des Weißen Hauses zumindest ansatzweise an Spitzel-Systeme erinnert, wie man sie aus der früheren DDR kennt.

      So sollen von August an in einer Probephase zunächst in zehn US-Städten gezielt Briefträger, Mitarbeiter städtischer Versorgungsunternehmen, Fernfahrer, Schiffskapitäne und Zugschaffner als freiwillige Informanten angeworben werden. Zugleich will die Regierung unter Federführung des Justizministeriums mit sechs Millionen Dollar ein "nationales Berichtssystem" etablieren, das so genannte "Terrorismus-Informations- und -Vorbeugungssystem", kurz TIPS.

      Dorthin sollen zunächst bis zu einer Million, später dann "Millionen" dieser Tippgeber über eine gebührenfreie Telefonnummer alle "verdächtigen Aktivitäten" melden. Anmeldeformulare können bereits online ausgefüllt werden. Wer mitmacht, erhält einen Aufkleber mit der TIPS-Telefonnummer, damit er sie jederzeit zur Hand hat.

      Ausgewählt wurden die angesprochenen Berufsgruppen, weil sie nach Einschätzung der Regierung in ihren alltäglichen Verrichtungen "gut positioniert sind, ungewöhnliche Ereignisse zu bemerken". In der Tat: Als Briefträger oder Mitarbeiter der Stadtwerke etwa hätten die Informanten unverdächtig Zugang, wo Polizei und FBI für gewöhnlich einen Durchsuchungsbefehl brauchen in den Wohnungen der Bürger.

      Was alles als "verdächtig" gilt und berichtet werden soll, darüber, so eine Sprecherin des Justizministeriums, werde man die "Volunteers" zu gegebener Zeit genauer instruieren. Gegenwärtig würden die Einzelheiten noch ausgearbeitet. Immerhin, ein Beispiel hat sie parat: "Wenn ein Elektriker in ein Haus geht und etwas Außergewöhnliches sieht, etwa, dass jemand eine Bombe baut, oder er stellt fest, dass Leute spätnachts kommen und gehen, dann würde er das berichten."

      Was aber geschieht mit den bei TIPS gesammelten Informationen? Auch darüber will oder kann das Ministerium bislang nur vage Auskunft geben. Gedacht sei an ein ähnliches System wie beim Notruf 911, erklärt die Sprecherin: "Die Idee ist, eine Art Call Center einzurichten, das verdächtige Informationen über etwaige terroristische Aktivitäten so schnell wie möglich an die zuständigen Stellen weiterleitet. Die werden dann entscheiden, ob und wie wir reagieren." Und wenn ein Postbote mitteilt, Familie X habe im Wohnzimmer ein Osama-bin-Laden-Poster an der Wand? Werden solche Berichte, die schwerlich eine sofortige Verhaftung rechtfertigen, dann gesammelt und in Personenakten gespeichert? Die Sprecherin mag das ebenso wenig ausschließen, wie sie jetzt noch mit Namen zitiert werden will.

      Für Rachel King von der renommierten Bürgerrechtsgruppe American Civil Liberties Union sind das bedenkliche Tendenzen. Die Regierung habe im Zuge der verschärften Anti-Terror-Gesetze ohnehin bereits die Überwachungsmöglichkeiten regulärer Behörden wie der Bundespolizei FBI drastisch ausgebaut. Kirchen und politische Organisationen etwa dürften neuerdings wieder bespitzelt werden.

      Ein informelles Informanten-Netz, so Rachel King, könne nun "Missbrauchsmöglichkeiten potenzieren". Denn zum einen seien Berichte von solchen Quellen chronisch unzuverlässig: "Vielleicht ist jemand auf seinen Nachbarn sauer, vielleicht will er von sich ablenken, vielleicht ist er geisteskrank. Es gibt viele Gründe, warum Leute andere anschwärzen." Zum anderen könne die Regierung schnell in eine rechtliche Grauzone geraten: "Wenn sie einen Informanten einer bestimmten Person zuordnen und beauftragen, diese Person gezielt zu beobachten, wäre das illegal."

      Auch Kristie Lane findet die Idee wenig amüsant, dass künftig vielleicht nicht nur sie die Fernmeldetechniker vor ihrem Haus im Auge behält, sondern die sich umgekehrt womöglich auch in ihrer Wohnung näher umsehen. "Was hier in meiner Küche stattfindet", sagt sie, "geht nun wirklich niemanden etwas an."


      Copyright © Frankfurter Rundschau 2002




      Kein Kommentar meinerseits. Ich will eine Sperrung vermeiden!
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      schrieb am 03.04.02 01:21:59
      Beitrag Nr. 60 ()
      Bei Orwell waren es noch Denunzianten-Briefkästen....

      Aber 1984 ist ja auch schon 1948 geschrieben worden....

      Orwell muss ein genial weitsichtiger Mensch gewesen sein....

      NAja, die USA haben sich ja die meisten brisanten Stasi-Unterlagen heimins US-Reich geholt und jede Menge Ostblock-Spionage-Sezialisten angeworben.... die brauchen nicht von der Stasi zu lernen, sie haben bereits viele seit 10 JAhren dort drüben...

      Meine Bitte:

      Liebe Amis: Holt sie doch alle gleich auf einmal rüber nach Nordamerika.... mir wäre dann hier wohler... :D
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      schrieb am 23.04.02 10:13:59
      Beitrag Nr. 61 ()
      Big Brother Award für den US-Justizminister

      "Und die diesjährigen Gewinner sind ..." Nein, nicht Halle Barry oder Denzel Washington. Es sind US-Justizminister John Ashcroft in der Kategorie "Bester Indizierer von Nachrichten und Web-Seiten" und Oracle-Chef Larry Ellison in der Kategorie "Bedeutendster Unternehmensschnüffler des Jahres".
      ( ... ) Schließlich wurden im Cathedral Hill Hotel nicht die heißbegehrten Oscars, sondern Auszeichnungen für die unverschämtesten Angriffe auf den Datenschutz in den USA im Jahre 2001 verliehen, die so genannten Big Brother Awards.

      Auf der zwölften Conference on Computers, Freedom and Privacy in San Fransisco bekam Datenbank-Milliardär Larry Ellison vor allem deshalb sein Fett weg, weil er sich um die Implementierung einer zentralen Regierungsdatenbank auf Oracle-Basis bemüht hatte, mit der die Erfassung personenbezogener Daten sämtlicher US-Amerikaner ermöglicht werden könnte. Der Titel "Schlimmster Regierungsangestellter" ("Worst Government Official") wurde Ashcroft angetragen, weil er hauptverantwortlich für den massiven Zuwachs von Lauschangriffen in den USA sein soll. Zudem soll er veranlasst haben, dass nach dem 11. September mehr als 1.200 Menschen in den Vereinigten Staaten ohne richterliche Anweisung inhaftiert wurden.

      "Geehrt" wurde auch in den Kategorien "Das abstoßendste Projekt" ("Most Appalling Project"), "Lebenslange Bedrohung" ("Lifetime Menace") oder das "Schnüffelndste Unternehmen" ("Most Invasive Company"). Alle Preisträger erhalten -- in der Regel gegen ihren Willen -- eine Skulptur mit einem goldenen Stiefel, der einen menschlichen Schädel niederdrückt.

      Den Big Brother Award hat der Brite Simon Davis aus der Taufe gehoben. Der Gründer der Londoner Datenschutz-Organisation Privacy International griff Warnungen George Orwells auf, der in seinem Roman "1984" die Gefahr einer totalitären Überwachung beschreibt. Die Preise gehen an Organisationen, Politiker und Privatpersonen, die den zweifelhaften Ruhm erworben haben, massiv in die Privatsphäre der Bürger einzugreifen. Seit 1999 werden die jährlichen "Ehrungen" außer in den USA auch in zahlreichen europäischen Ländern vorgenommen; seit dem Milleniumswechsel gibt es einen deutschen Ableger der Big Brother Awards. Sieger in der Kategorie "Politik" wurde im Oktober 2001 übrigens Otto Schily mit seinem "Otto-Katalog" an Überwachungsmaßnahmen. (pmz/c`t)
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      schrieb am 13.05.02 10:44:08
      Beitrag Nr. 62 ()
      US-BIOWAFFEN

      Bakterien gegen Panzer

      Jan van Aken, Biologe und Biowaffenexperte vom Hamburger "Sunshine Project", über US-Pläne zur Entwicklung offensiver Biowaffen.


      SPIEGEL: Ihre Organisation hat Zugang zu zwei Dokumenten bekommen, die angeblich erstmals beweisen, dass die USA offensive Biowaffen entwickeln wollen. Was sind das für Dokumente?
      Van Aken: Es handelt sich um zwei Forschungsanträge von Militärlabors, die - unter anderem auch gentechnisch veränderte - Mikroorganismen in Biowaffen verwandeln wollen. Diese Mikroben sollen - teilweise mit Hilfe von selbst produzierten Biokatalysatoren - Materialien wie Asphalt, Zement, Farbe und Öl zerstören können und damit folglich die Rollfelder, Gebäude, Panzer und Flugzeuge des Gegners. Sie stellen also eindeutig offensive Biowaffen dar, die nach dem US-Biowaffenkontrollgesetz eigentlich verboten sind.

      SPIEGEL: Aber meist sind es doch gerade die USA, die andere Länder wegen der angeblichen Entwicklung offensiver Biowaffen brandmarken ...

      Van Aken: ... und trotzdem planen sie, selbst welche zu entwickeln. Wirklich überrascht hat mich daran eigentlich nur die Dreistigkeit, mit der die Anträge formuliert sind. Da heißt es: "Die Anwendbarkeit dieser Technik kennt keine Grenzen. Biokatalysatoren können gezielt entwickelt werden, um jedes beliebige Material zu zerstören. Alle Waffengattungen hätten Interesse hieran." Bisher habe ich nur Dokumente gesehen, in denen mit allen Mitteln versucht wird, den offensiven Charakter der Forschung zu vertuschen. Immerhin kann die Entwicklung offensiver Biowaffen in den USA mit lebenslanger Haft bestraft werden.

      SPIEGEL: Warum wurden die Anträge dann trotzdem eingereicht?

      Van Aken: Vielleicht kennen die Militärs ja ihre eigene Gesetzgebung nicht. Sollten die Anträge tatsächlich befürwortet werden - darüber hat das Pentagon zu entscheiden -, könnte sofort dagegen geklagt werden.

      SPIEGEL: Welche Gefahren drohen, sollten solche Mikroorganismen tatsächlich entwickelt und im Krieg eingesetzt werden?

      Van Aken: Gentechnisch veränderte Organismen im großen Stil in die freie Wildbahn auszusetzen kann völlig unberechenbare Folgen haben.
      Avatar
      schrieb am 13.05.02 12:34:27
      Beitrag Nr. 63 ()
      DT,

      die Brisanz, die in der Entwicklung offensiver Biowaffen steckt, scheint leicht übersehen zu werden.

      Nicht umsonst ist die Entwicklung aber strikt verboten, selbst in den USA.

      Man stelle sich einen Mikroorganismus vor, der sich von Eisen ernährt. Das gibt es sogar in freier Wildbahn, nur arbeitet dieses Bakterium nicht sehr effizient und überlebt auch nur unter speziellen Bedingungen.

      Gentechnisch ließe sich aber die Fähigkeit, Eisen zu zersetzen, vielleicht 1000-fach verstärken. Außerdem würde man sich ein Bakterium suchen, das unter normalen Umweltbedingungen überlebt.

      Im Krisenfall würde das Bakterium dann ins Feindesland geschossen werden. Dort könnte es sich dann lustig vermehren, und würde die Panzer buchstäblich aufessen. Eisen würde zu Rost reduziert und einfach zerfallen.

      So weit so gut. Das Problem: wie kann man so ein Bakterium wieder stoppen? Einmal ausgesetzt und gut gefüttert wird es sich explosionsartig vermehren. Und bestimmt nicht an Landesgrenzen haltmachen. Man stelle sich ein Szenarion vor, in dem sich so ein Bakterium weltweit verbreitet, und alle Gegenstände aus Eisen zersetzen würde...

      Das gleiche funktioniert natürlich auch mit Öl oder Kunststoffen.

      Insofern verständlich, daß niemand die Entwicklung eines solchen Bakteriums will. Es würde uns direkt zurück in die Steinzeit befördern.

      Insofern völlig unverständlich, daß dumme Militärs darüber nachdenken. Sind eben dumme Militärs, die nur bis zur nächsten Leiche denken können.

      Absolut unverständlich, daß das alles unter den Teppich gekehrt wird, und das Thema nach Erscheinen einer kurzen Pressenotiz wieder in der Versenkung verschwinden wird.

      Unter dem Deckmantel "Kampf gegen den Terror" ist anscheinend jede Schweinerei möglich. Endlich können die ganzen uniformierten Psychopaten und Sadisten mal so richtig die Sau raus lassen.
      Avatar
      schrieb am 15.05.02 18:26:45
      Beitrag Nr. 64 ()
      Bush in der Schuldenfalle

      Von Carsten Volkery, New York

      In Washington findet derzeit ein unterhaltsames Spektakel statt: Der Bush-Regierung droht die Zahlungsunfähigkeit, und die Demokraten im Kongress schauen eiskalt zu. Der Präsident soll seine Wahlkampfversprechen essen - genau wie einst sein Vater.

      National Debt Clock: Neustart?


      New York - Auf der Sixth Avenue in New York, nicht weit vom Times Square, hängt über einem "Dunkin` Donuts" eine grüne Tafel. Das ist die "National Debt Clock". Bis vor knapp zwei Jahren hat sie Passanten die sekündlich wachsenden Schulden der US-Regierung ins Bewusstsein gehämmert. Zu "Bestzeiten" lief die Uhr so schnell, dass man die Tausender gar nicht erkennen konnte. Einmal, Mitte der Neunziger, ist sogar der Computer abgestürzt.
      Im September 2000, beim Stand von 5677 Milliarden Dollar, wurde das digitale Zählwerk angehalten, weil es zuletzt rückwärts gelaufen war: Die Clinton-Regierung hatte begonnen, die Schulden abzuzahlen. "Damit war der Erziehungsfaktor weg", begründete Uhr-Sponsor Douglas Durst damals die Entscheidung. Sein Vater, der inzwischen verstorbene Immobilienzar Seymour Durst, hatte die Uhr elf Jahre zuvor aufgehängt - als warnenden Zeigefinger für seine Landsleute.

      Jetzt ist die Zeit gekommen, das Zählwerk auf dem verwitterten Schild wieder anzuwerfen - denn eine Neuverschuldung ist unvermeidlich. Eine ungünstige Mischung aus Steuersenkungen, Rezession und militärischer Aufrüstung hat die amerikanische Regierung an den Rand des Bankrotts gebracht: Spätestens am Donnerstag wird die Gesamtverschuldung der öffentlichen Hand die gesetzliche Obergrenze von 5950 Milliarden Dollar überschreiten, schrieb Finanzminister Paul O`Neill am Dienstag in einem offenen Brief an den Kongress.

      Damit wäre Washington zahlungsunfähig - ein Schicksal, dass bisher nur Staaten wie Mexiko und Argentinien ereilt hat. Wie konnte das passieren? Insbesondere, nachdem es Anfang 2001 noch so aussah, als könne das Land seine Schulden in wenigen Jahren begleichen.

      Die Ursachen sind zum Teil hausgemacht: Auf Grund der Rezession und Bushs Steuersenkungen sind die Steuereinnahmen weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben, auf der anderen Seite haben Konjunkturspritzen und zusätzliche Sicherheits- und Militärausgaben das Budget in ungeahnte Höhen getrieben. "Wir geben aus, als gäbe es kein Morgen", klagte unlängst der republikanische Senator George Voinovich. Der Regierung fehle es an jeglicher steuerpolitischen Verantwortung.

      Noch hat das Finanzministerium ein paar Tricks parat, um die Zahlungsunfähigkeit einige Wochen hinauszuzögern. Am Mittwoch, so ließ O`Neill den Kongress wissen, werde er sich an zwei Rentenkassen für Regierungsangestellte vergreifen. Statt weiterhin einzuzahlen, werde die Regierung die rund 44 Milliarden Dollar für ihren Schuldendienst verwenden.

      Peinlich genug, doch spätestens am 28. Juni helfen auch keine Tricks mehr: Dann werden 67 Milliarden Dollar Zinsen für Staatsanleihen fällig. Die kann der Finanzminister nicht zahlen, ohne neue Schulden aufzunehmen. In dem Brief drängte er darum den Kongress noch einmal, "so bald wie möglich" dem Antrag von Präsident Bush stattzugeben und die Schulden-Obergrenze um 750 Milliarden Dollar anzuheben.

      Nun fordert O`Neill das schon seit Monaten, und der Kongress hat es bisher genüsslich ignoriert. Das Motiv: schlicht Böswilligkeit. "Die Demokraten wollen den Präsidenten blamieren", sagt David Jones, Volkswirt bei Morgan Stanley.

      Zwar sind die Demokraten im Repräsentantenhaus in der Minderheit, aber wenn sie alle mit "Nein" stimmten, stünden die Republikaner als alleinige Schuldenbefürworter da. Das ist für viele konservative Abgeordnete, die sich normalerweise als Hüter der Staatsfinanzen aufspielen, undenkbar.

      Die Demokraten planen, die Neuverschuldung zum Wahlkampfthema bei den anstehenden Kongresswahlen zu machen. Die Wahlkampfzentrale unter Leitung von Clinton-Freund Terry McAuliffe verschickt bereits Videos an die lokalen Parteibosse: Sie zeigen Bush, wie er im Präsidentschaftswahlkampf verspricht, im Rekordtempo die Staatsschulden abzubauen.

      Nun wird er sie stattdessen im Rekordtempo anhäufen. In seinen ersten zwei Jahren wird Bush mehr Geld verpulvern (im wahrsten Sinne des Wortes) als Clinton in seinen ersten vier Jahren. Die Situation erinnert an George Bush Senior: Der hatte 1988 im Wahlkampf versprochen ("Read my lips"), dass es unter ihm keine Steuererhöhungen geben werde. Dann hat er die Steuern doch erhöht - ein Grund, warum er 1992 Bill Clinton unterlag.

      Trotz des politischen Showdowns beziffern Beobachter die Chancen, dass die US-Regierung tatsächlich bankrott geht, gleich null. "Es ist absolut unmöglich", sagt Jones. Seine Prognose: Die Demokraten werden den Präsidenten noch einige Wochen zappeln lassen, um das Thema in der Öffentlichkeit zu halten. Dann werden sie sich noch vor dem Stichtag Ende Juni einigen.

      Es werde mit Sicherheit einen Kompromiss geben, bestätigt Richard Kogan vom Center for Budget and Policy Priorities, einem liberalen "Think Tank" in Washington. Die Entscheidung werde wahrscheinlich im Senat fallen. "Senatoren sehen sich eher als Staatsmänner", so Kogan. Ihre Zustimmung würden sich die Demokraten mit zusätzlichen Ausgaben für ihre Lieblingsprogramme bezahlen lassen.

      Statt einer direkten Abstimmung über die Obergrenze der Verschuldung werde Bushs Antrag wahrscheinlich in irgendeinem Budget-Paket versteckt, sagt Kogan. Darüber könnte dann nach dem Senat auch das Repräsentantenhaus abstimmen, ohne dass einzelne Republikaner ihr Gesicht verlören.

      Bis auf gelegentliche Berichte oder Leitartikel in Zeitungen ist der drohende Bankrott in der Öffentlichkeit kein großes Thema. Noch gilt die Maxime: In der Not ist alles erlaubt. So ist es nicht weiter verwunderlich, dass sich weder Regierung noch Kongress in Zurückhaltung üben. Bush weigert sich weiterhin, seine auf zehn Jahre verteilte 1,35-Billionen-Dollar-Steuersenkung zurückzunehmen. Und der Haushaltsausschuss des Senats hat Bushs letzten Antrag für zusätzliche Sicherheitsausgaben in Höhe von 27 Milliarden Dollar nicht nur bewilligt - sondern noch zwei Milliarden obendrauf gelegt.

      Höchste Zeit also, dass Douglas Durst sein Versprechen wahrmacht und die "National Debt Clock" wieder einschaltet. Als sie angehalten wurde, hatte er vorausschauend gesagt: "Wir werden sie bereithalten, für den Fall, dass die Lage sich ändert - was sicherlich passieren wird. Die Politiker werden tun, was sie immer getan haben, und mehr ausgeben, als wir uns leisten können."
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      schrieb am 17.05.02 11:47:24
      Beitrag Nr. 65 ()
      Mehrheit der Deutschen hält Bush für unfähig

      Wenige Tage vor dem Berlin-Besuch von George W. Bush sehen die Deutschen den US-Präsidenten mehrheitlich äußerst kritisch. Bei einer SPIEGEL-Umfrage hielt die Hälfte der Befragten den Präsidenten für unfähig oder sogar gefährlich.

      Bush: Die Deutschen lieben ihn nicht unbedingt


      Hamburg - Gute Noten bekommt Bush lediglich von 19 Prozent der Bundesbürger. Die Deutschen beurteilen Bush deutlich schlechter als die Bürger in den anderen großen EU-Staaten. Der SPIEGEL hatte über 3000 Personen in Deutschland, Frank- reich, Großbritannien, Spanien und Italien befragen lassen. Die meisten Anhänger in Europa hat der US-Präsident in Italien: Immerhin 46 Prozent sehen in dem amerikanischen Präsidenten einen fähigen, starken Politiker. Beim engsten Verbündeten der USA, in Großbritannien, liegt dieser Wert immerhin noch bei 38 Prozent.

      48 Prozent der Briten beurteilen Bush aber negativ, was vor allem an den Frauen liegt: In keinem anderen Land stößt der Texaner auf so viel Ablehnung wie bei der weiblichen Bevölkerung des Königreichs: 54 Prozent der Britinnen halten nichts von ihm.

      Die Anschläge vom 11. September und der von den USA angeführte Krieg gegen den Terror hat die Haltung der Deutschen gegenüber den USA nicht entscheidend verändert. 41 Prozent der Befragten geben an, ihre Meinung deswegen nicht geändert zu haben. Lediglich neun Prozent fühlen sich jetzt den USA stärker verbunden, 15 Prozent sind eher auf Distanz gegangen. Ähnlich sehen die Zahlen in Spanien aus. Den Gegenpol bildet erneut Italien: Dort empfinden 43 Prozent der Menschen nun eine größere Nähe zu den Vereinigten Staaten. Auch in Großbritannien geben viele (40 Prozent) an, sich den USA jetzt stärker verbunden zu fühlen, 22 Prozent bekunden größere Distanz.

      In einer weiteren Umfrage in Deutschland hat der SPIEGEL die veränderte Einschätzung des deutsch-amerikanischen Verhältnisses während des letzten Jahrzehnts untersucht. Im Vergleich zu 1993 sehen die Deutschen jetzt eine stärker dominierende Rolle der USA. 73 Prozent gegenüber früher 53 Prozent der Befragten meinen nun, die Bundesrepublik sei den Vereinigten Staaten untergeordnet.

      Kritik an der Großmacht, die sich zu sehr in die Angelegenheiten anderer Länder einmische, üben nun 76 Prozent (1993: 68 Prozent). Dabei sind CDU/CSU-Sympathisanten mit 76 Prozent kritischer als SPD-Anhänger (74 Prozent) und Grünen- Sympathisanten (69 Prozent).





      Quelle: Spiegel.de
      Avatar
      schrieb am 17.05.02 12:17:54
      Beitrag Nr. 66 ()
      BUSH-BESUCH

      Alarmstufe W. in Berlin


      Von Matthias Gebauer

      Je näher der Bush-Besuch in Berlin rückt, desto nervöser werden die Sicherheitsbehörden. Doch es ist nicht so sehr die Sicherheit des Präsidenten, die den Polizisten Sorge bereitet. Sie fürchten vielmehr bürgerkriegsähnliche Zustände wie in Genua oder Seattle. Denn immer mehr Gruppen rufen zu Protesten auf.

      Wenn George W. Bush nach Berlin kommt, herrscht Sicherheitsstufe eins


      Berlin - Wenn George W. Bush in der kommenden Woche Berlin besucht, könnte er den Eindruck gewinnen, die ganze Stadt sei im Urlaub. Zwar will der Präsident entgegen den Wünschen der Berliner Sicherheitskräfte mit einem großen aus Amerika eingeflogenen Autocorso von Termin zu Termin fahren, doch Menschen wird er dabei kaum sehen. Die Polizei wird das große Viereck zwischen den Besuchspunkten von Bush (das Hotel Adlon, wo er nächtigt; dem Reichstag, wo er am 23. Mai eine Rede hält; dem Schloss Bellevue und dem Bundeskanzleramt) schlicht komplett abriegeln. "Da kommt in den Tagen niemand rein", erklärt der Einsatzleiter der Polizei, Gernot Piestert.
      Allein knapp 600 US-Beamte sind im Einsatz, die den engeren Bereich um Bush absichern. Am Montag kam aus den USA bereits das erste große Kontingent von amerikanischen Sicherheitsoffizieren in die Stadt. Jetzt checken Secrete-Service-Teams noch mal alle Stationen, die Bush besucht. Das Hotel Adlon wird während des Präsidentenbesuchs zum Hochsicherheitstrakt, die Gebäude um das Hotel zur Geisterstadt. Scharfschützen auf den Dächern werden jeden Winkel beobachten. Ebenso penibel wird der Flughafen Tegel bewacht, auf dessen militärischem Teil Bush am Mittwoch mit der Air Force One aufsetzen soll. Zu der Zeit und beim Abflug ist der gesamte Flugraum über Berlin gesperrt, nur die beiden F-16-Jäger, welche die Air Force One bis kurz vor der Landung eskortieren, dürfen noch fliegen.




      Der meistgehasste Mann der Welt

      Mit einem riesigen Aufwand wird für die Unversehrtheit des mächtigsten Manns der Erde gesorgt. Doch es ist gar nicht so sehr die Sorge um die Sicherheit des Präsidenten selbst, die den Polizeiführern Kopfzerbrechen bereitet. "Wir haben schon viele Staatsbesuch hinter uns, doch Bush ist in dieser Weltlage eine ganz neue Qualität", beschreibt einer der Einsatzplaner. Trotzdem wurde für Bush die höchste Sicherheitsstufe 1 intern mit einem Pluszeichen versehen.

      Der Grund für die Sorge: "Den meistgehasste Mann der Welt", wie es ein Beamter des Staatsschutzes ausdrückt, wird ein bisher kaum einzuschätzendes Protestpotential mobilisieren, das weit über die Grenzen der Hauptstadt hinaus von dem Gast Notiz genommen hat. "Dabei kann es zu Ausschreitungen wie in Genua kommen", fürchtet der Landesschutzpolizeidirektor Piestert. Eins sei aber sicher: "Egal, was die Demonstranten anstellen und wie schwer sie uns angreifen, sie werden den Präsidenten nicht zu Gesicht bekommen."


      Innensenator Ehrhart Körting will beim Bush-Besuch keinerlei Gewalt dulden


      An den Grenzen der Sperrzone seien Zusammenstöße von Bush-Gegnern und der Polizei zu erwarten, schätzt der 1.-Mai-erfahrene Polizeiführer. Im Beamtendeutsch einer internen Lageeinschätzung zum Bush-Besuch schreibt die Behörde von einem "unfriedlichen und gewalttätigen Verlauf" der Proteste verschiedenster Gruppen vor und beim Bush-Besuch, den die Staatsschützer des Landeskriminalamts (LKA) erwarten. Deshalb sollen insgesamt 10.000 Polizeibeamte an den beiden Tagen auf den Beinen sein, davon kommt rund die Hälfte aus dem restlichen Bundesgebiet. Selbst für die Demo-erprobte Hauptstadt ein neuer Rekord, der nach Schätzungen der Gewerkschaft der Polizei (GdP) rund drei Millionen Euro kosten wird. Zum Vergleich: Beim Besuch des Bush-Vorgängers Clinton waren "nur" 2500 Beamte im Einsatz.

      Zwei Millionen Euro für die Sicherheit des Präsidenten

      Das riesige Polizeiaufgebot soll Straßenschlachten wie in Genua oder Seattle verhindern, wo sich Globalisierungskritiker mit der Polizei bekämpft hatten und ganze Stadtteile verwüsteten. Einen ersten Vorgeschmack bekamen Pessimisten bereits am traditionell gewalttätigen 1. Mai in Berlin, als in Kreuzberg Autos brannten und Steinewerfer mit der Polizei Katz und Maus spielten.

      Je näher der Besuch rückt, umso deutlicher werden auch die Worte der Politiker über den Einsatz. Innensenator Ehrhart Körting (SPD) keine Toleranz gegenüber Gewalttätern zeigen. Absolute Sicherheit werde während des Bush-Besuchs Vorrang haben. Kritiker fordern schon jetzt, dass die Politik ein hartes Durchgreifen der Polizei sichern muss. "Mit einer Deeskalationsschiene wie am 1. Mai werden wir ein blaues Wunder erleben", warnte Eberhardt Schönberg von der Polizeigewerkschaft GdP.



      Dass die Gruppierungen, die in Berlin demonstrieren wollen, zur Gewalt bereit sind, scheint sicher. Allein die martialische Sprache der an den Universitäten ausliegenden oder im Internet verbreiteten Aufrufe lässt an Deutlichkeit nichts vermissen. "Die Aufrufe deuten darauf hin, dass mit gewalttätigen Aktionen innerhalb und außerhalb der Demonstrationen zu rechnen ist", warnte die Chefin des Berliner Verfassungsschutzes, Claudia Schmid. Trotzdem weiß die Polizei, dass die Gruppe der wirklichen Krawallmacher zahlenmäßig begrenzt ist. Deshalb will die Polizei schon in den kommenden Tagen die Kontrollen an Bahnhöfen und Autobahnen verstärken. Hinweise, dass viele Demonstranten aus dem Ausland nach Berlin kommen wollen, liegen bisher nicht vor.

      Um neun ins Bett?

      Der Präsident wird von all dem nichts mitbekommen. Genau wie beim Besuchs des iranischen Staatschefs oder des chinesischen Präsidenten Jiang Zemin vor wenigen Wochen werden die Kritiker weit entfernt vom Ort des Geschehens protestieren. Eine letzte Sorge der Polizei ist jedoch die Sprunghaftigkeit der US-Präsidenten, die sie noch von Bill Clintons Besuch im Jahr 2000 kennen.

      Clinton hatte plötzlich und unerwartet vorgeschlagen, er wolle mit Gerhardt Schröder ins Berliner Szene-Lokal "Gugelhof" am Kollwitz-Platz im Prenzlauer Berg gehen. Davor graut es dem Einsatzleiter schon heute. "Bei Clinton war das ja eine Jubelfeier mit Autogrammjägern, bei Bush wären die Gegner schnell und zahlreich vor Ort", fürchtet Piestert. Während die Fans bei Clinton brav vor dem Lokal warteten, bis ihnen der Präsident zuwinkte, könnten bei Bush schnell Steine fliegen. Bisher aber hoffen die Beamten, dass die Berichte in der Zeitung über Bush stimmen. "Angeblich geht er ja immer um neun ins Bett, das wäre uns ganz recht."





      Quelle: Spiegel.de
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      schrieb am 17.05.02 12:23:24
      Beitrag Nr. 67 ()
      Amerikas Handelspolitik im Kreuzfeuer der Kritik

      Klagen über neuen Protektionismus auf OECD-Ministertagung / Auch Japan wehrt sich gegen Stahlzölle



      gb./fib. PARIS/TOKIO, 16. Mai. Die Kritik an der amerikanischen Handelspolitik reißt nicht ab. Die diesjährige Ministertagung der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) war von heftigen Auseinandersetzungen darüber geprägt. "Schwarze Wolken ziehen am Horizont auf und bedrohen den Freihandel", sagte der Generaldirektor der Welthandelsorganisation (WTO), Mike Moore, in Paris. Zu den Belastungen für den freien Welthandel zählte Moore neben der Konjunkturschwäche die wachsende Neigung einzelner Länder zu einer protektionistischen Politik.

      Auf die Schutzmaßnahmen der Vereinigten Staaten für ihre Stahlindustrie und ihre Landwirtschaft angesprochen, sagte Moore: "Es fällt vielen Regierungen schwer, für eine Liberalisierung des Handels einzutreten, wenn zugleich andere Länder ihre Märkte abschotten." Der belgische Premierminister Guy Verhofstadt hatte zuvor die Vereinigten Staaten heftig kritisiert und deren Maßnahmen als nicht vereinbar mit dem Geist der in Doha getroffenen Vereinbarungen der Welthandelsorganisation bezeichnet. "Der Protektionismus eines Landes zieht Handelsbeschränkungen anderer Länder nach sich und gefährdet damit den wirtschaftlichen Aufschwung und Arbeitsplätze", betonte Verhofstadt, der das Treffen von Regierungsvertretern der 30 OECD-Mitgliedsländer leitete.

      Die amerikanische Delegation wies die Kritik zurück. Regierungsberater Glenn Hubbard versicherte, der Freihandel bilde nach dem Kampf gegen den Terrorismus die wichtigste Priorität Washingtons. :laugh: Die Hilfsmaßnahmen für die Landwirtschaft und die Stahlindustrie seien kein Rückfall in den Protektionismus. :laugh: Gleichzeitig warnten die Amerikaner die EU, sich als Hüter des Freihandels aufzuspielen. :laugh: Die Europäer subventionierten ihre eigene Landwirtschaft und zeigten damit ihre eigene protektionistische Gesinnung, hieß es.

      Auch Japan will sich nun gegen die amerikanischen Schutzzölle auf Stahleinfuhren wehren, nachdem am Donnerstag ein Gespräch zwischen dem Handelsminister Takeo Hiranuma und dem amerikanischen Handelsbeauftragen Robert Zoellick erfolglos abgebrochen wurde. An diesem Freitag wird die japanische Regierung der WTO voraussichtlich mitteilen, daß sie binnen eines Monats gegen die Stahlzölle vorgehen will.

      Japan hatte von den Vereinigten Staaten wiederholt Entschädigungen für die im März verhängten Zölle verlangt. Die amerikanische Regierung lehnte dies nun offenbar ab. Das setzt die fünf großen Stahlerzeuger Japans weiter unter Druck. Sie haben im vergangenen Geschäftsjahr zusammen einen Verlust von fast 250 Milliarden Yen (2,1 Milliarden Euro) verbucht. Grund dafür war der internationale Verfall der Preise für Stahlerzeugnisse. Die Kosten der amerikanischen Zollpolitik für die japanische Stahlbranche belaufen sich auf bis zu 660 Millionen Dollar. Japan liefert derzeit 2,2 Millionen Tonnen Stahl in die Vereinigten Staaten. Zwei Drittel davon sind von den amerikanischen Schutzzöllen betroffen.

      Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17.05.2002, Nr. 113 / Seite 13
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      schrieb am 18.05.02 12:05:13
      Beitrag Nr. 68 ()
      Grüne Ohrfeige für Mr. President

      Fraktionsmitglieder der Bundestags-Grünen haben vor dem Besuch George W. Bushs in Berlin einen offenen Brief an den US-Präsidenten geschrieben. Darin lassen sie kein gutes Haar an der Politik der Amerikaner.


      Berlin - In dem Schreiben an Bush greifen die Unterzeichner die Missachtung von Menschenrechten im Anti-Terror-Feldzug der Amerikaner an, den Rückzug der USA aus der vertraglich gestützten Rüstungskontrolle, den Ausstieg aus dem Klimaprotokoll von Kyoto und aus dem Projekt eines Internationalen Gerichtshofes sowie die Irakpolitik der USA.
      Der Brief ist von fast einem Drittel der Fraktionsmitglieder der Grünen im Bundestag, nämlich von 15 Abgeordneten, unterschrieben. Zu den Autoren des Briefes zählen die Vizepräsidentin des Bundestags, Antje Vollmer, die Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses, Christa Nickels, und Innenexperte Cem Özdemir. Er wurde von den Parlamentariern am Freitag Vertretern der US-Botschaft in Berlin übergeben. Die Fraktionsvorsitzenden Kerstin Müller und Rezzo Schlauch haben das Schreiben nicht unterzeichnet.

      In dem Brief der 15 Grünen heißt es, es erfülle sie mit Sorge, "dass im Kampf gegen den Terrorismus Menschenrechte nicht immer geachtet und internationale Konventionen nicht durchgängig angewandt werden.


      Beispielsweise sei der Status der gefangen genommenen mutmaßlichen Terroristen und Talibankämpfer, die sich unter anderem auf dem Militärstützpunkt Guantanamo auf Kuba aufhalten, noch immer nicht geklärt. Bereits am Donnerstag hatte der Parteivorstand der Grünen eine ähnlich lautende Erklärung veröffentlicht.

      "Bush wird aufbauende Rede halten"

      Dass Bush auf die Kritik der Grünen eingehen wird, gilt als unwahrscheinlich. Nach Angaben von US-Botschafter Dan Coats will Bush in seiner Rede vor dem Bundestag am kommenden Donnerstag neben den deutsch-amerikanischen Beziehungen auf die Zukunft der Europäischen Union und der Nato eingehen, insbesondere auf die Zusammenarbeit mit Russland und auf den gemeinsamen Kampf gegen den Terror.

      Nach Ansicht von US-Gesundheitsminister Tommy Thompson wird sein Präsident vor dem Parlament "sehr positive, aufbauende Rede über die Bedeutung von Bündnissen und Partnerschaften" halten. Dabei werde er die Notwendigkeit eines weltweiten Kampfes gegen den Terror herausstellen und den deutschen Sicherheitsbehörden für ihre Arbeit danken.

      Krawalle befürchtet


      Die deutschen Sicherheitsbehörden werden auch während der Stunden des Bush-Besuchs verstärkt im Einsatz sein. 10.000 Beamte der Polizei sollen die Sicherheit des Staatsbesuchs garantieren. Zu einer Großdemonstration am Dienstag in Berlin werden mehrere zehntausend Teilnehmer - Globalisierungsgegner und Friedensaktivisten - erwartet.

      Die Bundesregierung hat im Vorfeld des Bush-Besuchs zum Gewaltverzicht bei den bevorstehenden Protesten aufgerufen. Befürchtungen, es werde zu Krawallen kommen, seien bisher nur Spekulation, sagte Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye am Freitag in Berlin.

      Bayerns Innenminister Günther Beckstein übte scharfe Kritik an der PDS-Fraktion, die zur Teilnahme an der Großdemonstration aufgerufen hat. Die PDS unterstütze Proteste, "obwohl linke Gewalttäter im Internet massive Störungen des Präsidentenbesuchs und Ausschreitungen gegen amerikanische Unternehmen ankündigen", erklärte der CSU-Politiker. "Wenn es zu den von den Chaoten angekündigten Gewalttaten kommen sollte, trägt die PDS dafür Mitverantwortung."
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      schrieb am 19.05.02 21:32:55
      Beitrag Nr. 69 ()
      Prinzip Hoffnung oder doch mehr?

      Ende des Burgfriedens
      Bush wird wieder attackiert


      Von Stefan Kornelius (SZ)

      Es war nur eine Frage der Zeit: Seit Wochen schon suchte die Opposition in den USA nach einer Schwachstelle, die das sonst so geschlossen agierende Bush-Team bieten könnte. Als der Pressesprecher des Präsidenten in dieser Woche den scheinbar harmlosen Satz über Al-Qaida-Warnungen vor dem 11. September hingeworfen hatte, da war im Kapitol kein Halten mehr. Senatoren und Abgeordnete und selbst republikanische Parteigänger sahen den innenpolitischen Burgfrieden beendet, der seit den Terror-Anschlägen für das Land galt.

      Der Mehrheitsführer im Senat, der Demokrat Tom Daschle, äußerte sich „tief besorgt“ und fragte vornehm, warum es acht Monate gedauert habe, „ehe wir die Informationen erhalten haben“. Daschles Kollege im Südflügel des Kapitols, der Führer der Demokraten im Repräsentantenhaus Richard Gephardt, wurde direkter: „Wir müssen jetzt wohl herausfinden, was der Präsident, was das Weiße Haus wusste über die Dinge vor dem 11. September, wann sie etwas wussten und – besonders wichtig – was sie unternommen haben.“

      Umfassende Untersuchung

      Gephardts Satz ließen die Strategen im Weißen Haus zusammenzucken. Der Chef der Minderheitsfraktion hatte indirekt einen umfassenden Untersuchungsauftrag formuliert, der die politische Szene in Washington auf Monate beschäftigen dürfte und die Regierungszentrale in einen gefährlichen Strudel ziehen könnte. Eine Flut von Memoranden und Weisungen aus dem unübersichtlichen Behördenapparat von CIA, FBI und den Ministerien ist zu erwarten. Eine vom Senat und dem Repräsentantenhaus bestückte gemeinsame Kommission sollte nach bisheriger Planung lediglich die Arbeit der Sicherheitsbehörden untersuchen. Jetzt wird die Nachforschung wohl ausgedehnt. Kein Zufall auch der Zeitpunkt: Anfang November werden das Repräsentantenhaus und ein Drittel des Senats gewählt – in beiden Kammern ist über die Mehrheit noch lange nicht entschieden.

      Für die Demokraten hätte sich die Gelegenheit keinen Moment später bieten dürfen. Seit Wochen bereits werden in den Bürofluchten der Senatoren und Abgeordneten Strategien entworfen, wie die Popularität Bushs gebrochen und dessen Strahlwirkung auf die republikanischen Kandidaten getrübt werden könnte. Die Demokraten sahen sich dabei einem schier unlösbaren Problem gegenüber: Der Terror-Angriff hat eine patriotische Welle im Land ausgelöst, die es als Vaterlandsverrat erscheinen ließ, wenn der Präsident und seine Politik kritisiert wurden.

      Vor dem 11.September galt die Pflicht zur Zurückhaltung vor allem für die Außenpolitik, besonders wenn amerikanische Soldaten im Einsatz waren. Der Anschlag aber verwischte die Grenzen zwischen Innen- und Außenpolitik, das Land sah sich im Krieg, und jede Kritik an der Politik des Präsidenten wurde als staatsfeindlich gebrandmarkt. Dieses Tabu ist nun gebrochen, auch wenn Vizepräsident Dick Cheney düster warnt, die Kritik sei „völlig unverantwortlich und in Zeiten des Krieges der politischen Führer des Landes total unwürdig“. Sein Appell verhallte. Die Medien, auch sie nach dem 11. September von einer patriotischen Welle überschwemmt, haben die Fährte aufgenommen und ihre alte Beißlust wiederentdeckt.
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      schrieb am 22.05.02 10:46:44
      Beitrag Nr. 70 ()
      Uff


      Mit der Heimat im Herzen

      Der US-Präsident richtet sich bei seiner Außenpolitik immer mehr nach den Wählern in Amerika


      Von Wolfgang Koydl(SZ)

      Der Skandal wegen der Terrorwarnungen vor dem 11.September an das Weiße Haus war kaum losgebrochen, da waren die Instinkte des US-Präsidenten schon hellwach. „Einen Hauch von Parteipolitik“ witterte George Bush angesichts der Kritik, die seitens der Demokraten auf ihn einprasselte. Auf sein Urteil kann man sich verlassen. Denn von Parteipolitik versteht der 43. Präsident der Vereinigten Staaten mehr als mancher seiner Vorgänger. Er praktiziert sie schließlich jeden Tag.

      Der Mann, der nun zu seinem dritten Europa-Besuch binnen eines guten Jahres aufbricht, mag den imperialen Mantel eines globalen Herrschers tragen. Doch Bush ist immer in erster Linie Innenpolitiker und Wahlkämpfer geblieben. Wenn er und seine Strategen den Globus betrachten, dann haben sie auch noch eine andere Landkarte vor Augen: Sie zeigt Wahlbezirke und Bundesstaaten, die für Kongress- und Präsidentschaftswahlen ausschlaggebend sind. Ob Kuba oder Stahltarif, ob Naher Osten oder Venezuela – bei ihren außenpolitischen Entscheidungen schielt diese Regierung mehr als andere vor ihr auf innenpolitische Auswirkungen.

      Karte im Kopf

      „Man bekommt mehr und mehr das Gefühl, dass in Washington einzig die Landkarte der Präsidentschaftswahlen von 2004 zählt, so wie sie Rove im Kopf hat“, schrieb die Washington Post. Das Blatt spielte an auf Karl Rove, den wohl engsten persönlichen Berater des Präsidenten. George Bush kennt ihn seit drei Jahrzehnten, und Roves Rat verdankt er sowohl die Wahl zum Gouverneur von Texas als auch die zum Präsidenten der USA. Rove gilt auch beim politischen Gegner als hervorragender Polit-Stratege. Vor allem aber teilt er das alles überragende Ziel seines Chefs: die Wiederwahl für eine zweite Amtszeit im Weißen Haus in zwei Jahren sicherzustellen.

      Für Aufsehen sorgte dieser Tage ein Bericht der New York Times, aus dem hervorging, dass der außenpolitische Laie Rove den Präsidenten auch in weltpolitischen Fragen berät. Der Zeitung zufolge geht der Einfluss des unscheinbaren Mannes mit der randlosen Brille so weit, dass sich Außenminister Colin Powell die Frage eines Freundes gefallen lassen musste, wer eigentlich für die Außenpolitik verantwortlich sei – er oder Rove.

      So soll es Rove gewesen sein, der Bush zu einer pro-israelischen Haltung riet – aus Rücksicht auf die jüdischen und christlich-evangelikalen Wähler. Er soll eine Einstellung der Militärmanöver in Puerto Rico empfohlen haben – aus Rücksicht auf die hispanischen Wähler. Und er soll den Ausschlag für die protektionistischen Stahlzölle gegeben haben – aus Rücksicht auf die Wähler in Stahlstaaten wie Pennsylvania oder Ohio. EU-Diplomaten wissen bereits, wer ihr Gegner ist: „Wir müssen so zurückschlagen, dass Mister Rove aufmerksam wird“, zitierte die Times einen EU-Vertreter.

      Rove fällt es freilich nicht schwer, Bush im innen- und wahlpolitischen Sinne zu beeinflussen. Denn der Präsident der ersten echten Weltmacht der Geschichte hält sich an das erprobte Motto: All politics are local. Zu deutsch: Wahlen werden in Michigan gewonnen und nicht in Moskau, und in Ohio leben mehr US-Wähler als in Berlin, Germany. Amerika kommt an erster Stelle – und auch noch an zweiter und an dritter. „Er geht schon um halb zehn ins Bett und morgens sieht er sich nur innenpolitische Nachrichten an“, berichtete fassungslos der saudische Kronprinz Abdullah, der Privatgast von Bush auf dessen Ranch in Texas gewesen war. Er habe dem US-Präsidenten erst stundenlang die einfachsten Dinge über den Nahen Osten erklären müssen, seufzten königliche Hoheit im Interview mit einer arabischen Zeitung.

      Bush wird sich daran nicht stören, genauso wenig wie er auf die Ratschläge hören wird, die Ex-Präsident Jimmy Carter aus Kuba mitgebracht hat. Obwohl inzwischen auch Republikaner eine Lockerung der Sanktionen gegen die Karibik-Insel verlangen, kündigte Bush eine Verschärfung der Maßnahmen an. Wirtschaftlich und außenpolitisch ergibt das keinen Sinn, wohl aber wahltaktisch: In Florida will Georges Bruder Jeb Bush abermals zum Gouverneur gewählt werden, und dafür braucht er die Stimmen der Exil-Kubaner.

      Wo so viel der Innenpolitik untergeordnet ist, war absehbar, dass auch der Krieg gegen den Terror zum Stimmenfang missbraucht würde. Ganz offen empfahl Berater Rove die Taktik schon im Januar. Den Worten folgten Taten: Die Republikaner verhökern jetzt Fotos ihres Heldenpräsidenten; der Erlös fließt in die Wahlkampfkasse. Wenn nun ihrerseits die Demokraten Terror-Pannen der Regierung parteipolitisch ausnutzen, bekämpfen sie Bush nur mit seinen eigenen Waffen.


      :laugh: In unmittelbarer Nähe des Adlon wurde in einer Tiefgarage ein Brezelkäfer entdeckt. Ein Kammerjäger wurde daraufhin bestellt. :laugh:
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      schrieb am 22.05.02 14:13:22
      Beitrag Nr. 71 ()
      Grüne nennen Bush einen Fundamentalisten

      Vor der Ankunft von George W. Bush in Berlin haben Koalitionspolitiker den US-Präsidenten heftig kritisiert. SPD-Fraktionschef Peter Struck warnte Bush vor einem Krieg gegen den Irak.



      George W. Bush: Fundamentalist?


      Berlin - Er werde Bush nach dessen Rede im Bundestag am Donnerstag direkt auf das Thema Irak ansprechen und sei sicher, dass der Bundeskanzler und der Außenminister dasselbe täten, sagte Struck. Er wandte sich gegen US-Pläne für einen Militärschlag gegen den Irak. "Solange nicht klar ist, dass (der irakische Präsident) Saddam zu denjenigen gehört, die al-Qaida-Terroristen beherbergen, gibt es keinen Grund, gegen den Irak vorzugehen", sagte er. Es wäre völlig falsch, wenn Bush nachholen wollte, was sein Vater, der frühere US-Präsident George Bush, seiner Meinung nach vielleicht versäumt habe.

      "Die amerikanische Regierung muss kritisiert werden, dort wo man sie wirklich kritisieren kann", sagte Struck. Dazu gehörten zum Beispiel die Klimaschutzpolitik und die Absage der US-Regierung an die Einrichtung eines Internationalen Strafgerichtshofs. Ein US-Präsident müsse damit rechnen, dass ihn die Bundesregierung oder das Parlament auf diese Fragen anspreche.

      Die stellvertretende Bundestagspräsidentin Antje Vollmer (Grüne) warf Bush wachsenden "Fundamentalismus" im Kampf gegen den internationalen Terrorismus vor. Die US-Regierung setze nicht darauf, mit dem Prinzip Rechtsstaatlichkeit weltweit Stabilität zu verbreiten, sondern auf ein "fast missionarisches Programm gegen das Böse an sich", sagte sie dem Magazin "Stern": "Ein Programm, dessen einzige legitime Interpreten dann auch noch die USA sind". Deutsche und Amerikaner seien zwar weiterhin Freunde, aber im Moment nähmen die Spannungen eher zu, manchmal auch Gefühle von Fremdheit. Eine Dämonisierung der USA sei allerdings falsch. "Amerika ist nicht nur George W. Bush", sagte Vollmer.


      Quelle: spiegel.de
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      schrieb am 22.05.02 15:45:38
      Beitrag Nr. 72 ()
      Irak, Klimaschutz, Stahl: Bushs
      Reise von Streitthemen belastet

      Liste der Konfliktpunkte zwischen USA und Europa

      Eine Reihe von Konfliktthemen belastet die einwöchige Europareise von US-Präsident George W. Bush. Dem Schulterschluss nach den Terroranschlägen in 11. September folgte in den vergangenen Monaten eine neue Serie von Verstimmungen zwischen Amerikanern und Europäern. Zu den heikelsten Themen gehören der Irak und die US-Handelspolitik. Im Folgenden ein Überblick über die Streitfragen:




      Irak
      Die EU sind besorgt wegen einer möglichen US-Militäraktion gegen den irakischen Machthaber Saddam Hussein. Zwar haben die USA in den vergangenen Wochen wiederholt versichert, dass keine Entscheidung über eine solche Aktion gefallen sei. Sie warteten die Bemühungen der Uno um neue Waffeninspektionen ab. Der Sturz Saddam Husseins bleibt jedoch das offizielle Ziel der USA.


      Die Europäer befürchten, dass eine Militäraktion gegen Irak den gesamten Nahen und Mittleren Osten destabilisieren könnte. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) erteilte bereits vor einigen Wochen einem militärischen Alleingang der USA gegen Irak eine Absage. Deutschland werde eine solche Ausweitung des Anti-Terror-Kampfs nur unterstützen, wenn sie durch ein UN-Mandat gedeckt sei.

      Nahost
      Das in den vergangenen Wochen verstärkte Engagement der USA zur Beilegung des Konflikts zwischen Israelis und Palästinensern wird in Europa zwar begrüßt. Auch koordinieren die USA und EU zusammen mit Russland und der Uno ihre Vermittlungsbemühungen im so genannten Nahost-Quartett. Für offene Fragen sorgt jedoch die von den USA vorgeschlagene und den Europäern lebhaft begrüßte Nahost-Konferenz. Washington spielte später die Bedeutung der Konferenz herunter, Ort und Zeit wurden bislang nicht festgelegt.


      Für erhebliche Irritationen sorgten zuletzt auch wütende Kommentare konservativer Kolumnisten in der US-Presse: Darin wurde die kritische Haltung der Europäer zum Kurs des israelischen Regierungschefs Ariel Scharon angeprangert und teilweise sogar mit antisemitischen Strömungen in Verbindung gebracht.

      Klimaschutz
      Seit der Absage Bushs an das Kyoto-Protokoll klaffen bei diesem Thema tiefe Gräben zwischen den USA und den Europäern. Auch die im Februar vom US-Präsidenten verkündeten Pläne zum Klimaschutz haben den Dissens nicht lindern können. Bush will die Höhe der in den Vereinigten Staaten erlaubten Treibhausgas-Emissionen an das Bruttoinlandsprodukt knüpfen. Damit könnten diese Emissionen bei einem Wirtschaftswachstum aber in absoluten Zahlen sogar weiter steigen.

      Erst vor wenigen Tagen bekräftigte die US-Regierung, dass sie sich zumindest innerhalb der nächsten zehn Jahre keinem internationalen Abkommen zum Klimaschutz anschließen wolle.

      Handel
      Trotz der zahlreichen Bekenntnisse Bushs zum Freihandel haben mehrere protektionistische Maßnahmen der USA in jüngster Zeit den Zorn der Europäer erregt. Bush hatte im März Schuttzölle von bis zu 30 Prozent auf Stahlimporte eingeführt. Ferner beschloss der Kongress in Washington kürzlich eine deutliche Erhöhung der Subventionen für die US-Landwirtschaft. Die EU bereitet derzeit Gegenmaßnahmen im Stahl-Streit vor - ein Handelskrieg droht.

      t-online.de
      Avatar
      schrieb am 23.05.02 16:57:18
      Beitrag Nr. 73 ()
      Wenigstens einer, der noch so etwas wie Rückgrat hat.....
      obwohl er bei seiner kritischen Rede die US-Weigerung, das B- und C- WAffen Kontrollabkommen zu ratifizieren, leider nicht erwähnte...



      Thierse liest Bush die Leviten

      Ungewöhnlich direkt redete Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) dem US-Präsidenten vor dessen Bundestagsrede ins Gewissen. Thierse kritisierte egoistische Politik zu Lasten anderer Länder und warb für Umweltengagement und um eine Koalition gegen die Armut.


      Berlin - Hier Auszüge aus der Rede Thierses: "Sie, Herr Präsident, haben stets betont, dass aus dem Horror des 11. September die Chance zum gemeinsamen Handeln der Völkergemeinschaft erwachsen kann... In der globalisierten Welt betreffen immer weniger Probleme nur einzelne Staaten, noch weniger können sie von ihnen allein gelöst werden. Die Folgen weltweiter wirtschaftlicher Verflechtungen, die Auswirkungen sozialer Not in den armen Ländern der Welt, die Folgen verantwortungslosen Umgangs mit den natürlichen Lebensgrundlagen erfahren wir früher oder später alle. Die Verfolgung einseitiger Interessen erweist sich immer mehr als kurzsichtig. Immer stärker ist gemeinschaftliches Denken und Handeln gefordert. Wir wollen niemandem unsere Überzeugungen aufzwingen, aber wir können mit friedenssichernden Maßnahmen Hilfe zur Selbsthilfe leisten.
      Wir brauchen Koalitionen gegen die Armut auf unserem Globus. Wir brauchen koordiniertes Handeln gegen die fortschreitende Gefährdung unserer Biosphäre. Wir wünschen uns sehr, Herr Präsident, dass wir gemeinsam den durch das Kyoto-Protokoll gewiesenen Weg weitergehen können! Wir benötigen dringend gemeinsame Maßnahmen gegen eine entfesselte Ökonomie, die sich der Globalisierung zur Vermeidung ihrer sozialen Verpflichtungen bedient. Und keine Koalition ist dringlicher als die für den Frieden in der Welt.
      Ich werte es als ausgesprochen hoffnungsfrohes Zeichen, dass Sie jüngst angekündigt haben, gemeinsam mit Russland in den kommenden zehn Jahren zwei Drittel der Atomsprengköpfe abzurüsten.

      Doppelte Verantwortung für Israel und Palästina

      Gerade im Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern kann nur gemeinsames internationales Handeln neue Wege zum Ende von Gewalt und Gegengewalt, zu Sicherheit und Frieden eröffnen. Die für den Sommer angekündigte Nahost-Konferenz, die auf einer gemeinsamen Initiative der Vereinten Nationen, der USA und Russland sowie der Europäischen Union beruht, ist ein gutes und hoffnungsvolles Signal. Wir Deutschen werden diese Friedensinitiative nachdrücklich unterstützen, weil wir vor dem Hintergrund unserer Geschichte eine besondere, eine doppelte Verantwortung tragen: für Israel und für die Palästinenser.

      Verehrter Herr Präsident, Sie haben immer wieder betont, dass Amerikas Ziele über die Bekämpfung des Terrors hinausgehen. Ihr Ziel ist ebenso eine bessere Welt, in der die unveräußerlichen Menschenrechte für alle Menschen in allen Kulturen durchgesetzt werden sollen. Das ist ein hohes, jedoch kein unerreichbares Ziel. Zugleich ist es eine Herausforderung, die wir nur in enger Zusammenarbeit, durch den Ausbau und die Stärkung internationaler Organisationen bestehen können.

      "Charta der Pflichten der Staaten"

      Herr Präsident, vor gut einer Woche ist die Konferenz der Parlamentspräsidenten der Staaten des Europarates zu Ende gegangen. Die dort versammelten Sprecher der Parlamente aus über 40 Staaten haben auf meinen Vorschlag hin einmütig den Prinzipien einer "Charta der Pflichten der Staaten" zugestimmt. Sie enthält auch den Appell, "die Internationalen Übereinkommen zum Schutze der Menschenrechte möglichst ohne Vorbehalt zu ratifizieren und dem Statut des Internationalen Strafgerichtshofs beizutreten". Wir Europäer würden es sehr begrüßen, wenn wir auch bei der Weiterentwicklung der Institutionen des internationalen Rechts künftig mit unseren amerikanischen Freunden an einem Strang ziehen könnten!"
      Avatar
      schrieb am 23.05.02 17:53:25
      Beitrag Nr. 74 ()
      Das hätte ich dem Thierse gar nicht zugetraut...
      Avatar
      schrieb am 23.05.02 19:28:24
      Beitrag Nr. 75 ()
      Nachfolgendes gehört eigentlich zwischen #69 und #70 gestrickt. Oder ist es nur ein Produkt meiner Phantasie?


      Immer neue Terror-Warnungen verunsichern die Amerikaner
      Viele wissen nicht, was sie von den offiziellen Kassandra-Rufen halten sollen / Experte: "Mithilfe der Bevölkerung wichtig"


      Von Dietmar Ostermann (Washington)

      Eigentlich wollte Clara Pitts am Wochenende zu ihren Eltern nach New York fahren. In den USA steht das "Memorial Day Weekend" an, an dem traditionell Millionen US-Bürger in Kurzurlaub starten. Jetzt überlegt Clara Pitts, ob sie nicht besser zu Hause bleibt: "Alle reden von neuen Anschlägen. Jeden Tag warnen sie vor etwas anderem. Was soll man davon halten?"

      Die Frage stellen sich auch Pitts Kolleginnen. Sie alle arbeiten im exklusiven Modezentrum Pentagon City, in unmittelbarer Nähe des US-Verteidigungsministeriums. Das Pentagon war am 11. September auch ein Ziel der Terroristen.

      Nachdem die US-Regierung vorige Woche noch dafür kritisiert worden war, die Bevölkerung vor dem 11. September über Warnungen der Geheimdienste nicht informiert zu haben, überschlagen sich die Offiziellen nun mit Kassandra-Rufen. Am Sonntag erklärte Vizepräsident Dick Cheney, neue Anschläge seien nur eine Frage der Zeit. Am Montag warnte FBI-Chef Robert Mueller, Selbstmordattentate wie in Israel seien in den USA "unvermeidlich", am Dienstag ergänzte Verteidigungsminister Donald Rumsfeld, dasselbe gelte für Terror mit Massenvernichtungswaffen.

      Alarmiert wurde die Bevölkerung überdies durch Mitteilungen, wonach aus Terroristenkreisen wie zuletzt vor dem 11. September verstärkt "Geräusche" zu hören seien, die auf neue Anschlagsvorbereitungen hinweisen könnten. In New York wurden nach einer FBI-Warnung die Sicherheitsvorkehrungen an Brücken und Sehenswürdigkeit verstärkt. Im Senat erklärte der Chef des Geheimdienstausschusses, Bob Graham, rund zwei Dutzend "Extremisten" seien seit Ende April nach Geheimdienst-Erkenntnissen ins Land gelangt und dann untergetaucht.

      Clara Pitts und ihre Kolleginnen können sich keinen Reim auf die Alarmrufe machen. "Entweder es geht wirklich etwas vor, oder die Regierung will beim nächsten Mal nur sagen können, wir haben ja gewarnt", sagt Pitts. Ihre Kollegin wundert sich, dass trotz all der Warnungen die vom Amt für Heimatverteidigung im März eingeführte Farbskala unverändert Stufe Gelb zeigt. Eingeführt worden war die Skala, um Bevölkerung und lokale Behörden über die Terrorgefahr zu informieren. Gelb ist die dritte von fünf Stufen; orange wäre eine erhöhte Terrorgefahr, rot akut. "Wie können sie sagen, Selbstmordattentate seien unvermeidlich, und dann weiter gelb melden?"

      Nach Ansicht des renommierten Terrorismusexperten Bruce Hoffman beruhen die Irritationen auf einem Missverständnis. "In der Öffentlichkeit werden keine Unterschiede gemacht zwischen Warnungen, Analysen und Hypothesen", erklärt Hoffman. "Was die Regierung sagt, nämlich, dass Terroristen uns mit all diesen Mitteln angreifen wollen, und dass es dagegen keinen 100prozentigen Schutz geben kann, überrascht niemanden, der sich mit Sicherheitsfragen befasst." Schon 1997 hätten palästinensische und libanesische Extremisten Selbstmordattentate gegen die New Yorker U-Bahn geplant. 1994 hätten weiße Rassisten versucht, sich in einem Hotel in Seattle in die Luft zu sprengen. Hoffman glaubt, dass es für Selbstmordattentate auch in den USA genug Freiwillige gibt. Solche Kommandos müssten nicht unbedingt Al Qaeda oder anderen Terrorgruppen angehören, sondern könnten autonom handeln. Daher sei es richtig, die Wachsamkeit der Bevölkerung zu fördern. "Schon Warnungen allein können Attentäter abschrecken", glaubt Hoffman. Den Menschen solle damit keine Angst gemacht werden, vielmehr sei ihre Mithilfe wichtig.


      Aus "Das Volk braucht Brot und Spiele² wird:
      Big Mac, Big Show, Big Shit
      Avatar
      schrieb am 24.05.02 10:09:29
      Beitrag Nr. 76 ()
      Hier ein superguter Kommentar aus der heutigen der FAZ zur angeblich "historischen Rede".

      Zuvor möchte ich aber noch sagen, daß sich in Deutschland eine weitere Verschärfung in die falsche Richtung abzeichnet:

      Inzwischen strebt man, argwöhnisch die Annäherung von USA und Rußland aus der Europäischen Position betrachtend, eine noch raschere Aufrüstung an, um ein besserer "Verhandlungspartner" zu sein...

      DAs ist gleich doppelt falsch:
      Erstens wollen die USA über die Ausnutzung dieses unangebrachten Minderwertigkeitskomplexes genau das: deutsche Kriegsbeteiligung um jeden Preis (finanziell und politisch), um bei den Großen" dabei zu sein.

      und zweitens wird das Geld anstatt in Entwicklungshilfe und damit in die Prävention des Terrorismus und die bessere gewährleistung von mehr Gerechtigkeit und Menschewürde auf dieser Welt gesteckt.

      DAmit machen wir dann den gleichen Fehler wie die USA:

      Drohen statt helfen.

      Bush hat stolz erklärt, die USA würden inden nächsten JAhren "bis zu 5 Mrd. Dollar" PRO JAHR an Entwicklungshilfe zahlen....

      Angesichts allein einer AUFSTOCKUNG des Militärhaushaltes des Jahres 2002 von rund 500 Mrd. Dollar um weitere 43 Mrd. Dollar zeigt das, welche gewaltige Schieflage und MENSCHENVERACHTUNG in diesen Brosamen an die Armen dieser WELT dokumentiert ist

      Die UNO-Beiträge der USA sind m.W. nach immer noch nicht vollständig bezahlt - man hatte die Zahlung lediglich nach dem 11.9.2001 publikumswirksam angekündigt.

      An dem Unilateralismus der USA hat sich nichts geändert:

      VOR seier Abreise nach Deutschland sprach Bush vor der US-Presse davon er "habe einige wichtige NAchrichten für die Deutschen" ...

      Damit hat er sprachlich den Unilateralismus bekräftigt.

      Er hat nämlich erst garnicht von bilateralen Gesprächen oder Konsultationen gesprochen - und die Deutschen Spitzenpolitiker sind ihm auf den Leim gegangen.

      ------------------------------------

      Wer spricht historisch?

      Eine Rede historisch zu nennen, will sagen: Achtung, da wurde etwas Neues mitgeteilt. Das ist insofern eine eigentümliche Wendung, als das Historische ja gerade nicht das Neue, sondern das Alte ist. Aufgelöst wird diese Irritation erst, wenn man "historisch" hier als Kürzel für "Ihr werdet euch daran erinnern" versteht. An etwas erinnern kann man sich aber nur, wenn es bereits geschehen ist. Eine Rede historisch zu nennen, bevor sie noch gehalten wurde, läuft darum auf eine neuerliche Irritation hinaus. Sprachliche Gedankenlosigkeit glaubt so zu loben, wovon sie tatsächlich sagt: Man kann die Rede im vorhinein vergessen. Die als historisch angekündigte Rede ist, mit anderen Worten, obzwar noch gar nicht vorgetragen, schon überholt, ist eine, die nur dem Anschein nach aus der Gegenwart kommt, tatsächlich aber aus der Vergangenheit. Die Rede von George W. Bush vor dem Deutschen Bundestag ist auf diese Weise als historische Rede angekündigt worden. Damit eilte ihr der Verdacht voraus, sie werde, wie alle Grundsatzreden - so eine weitere Bezeichnung -, bereits Bekanntes nur noch einmal sagen. Das müßte nicht als Einwand gegen sie gemeint gewesen sein: Daß die Grundsätze bereits bekannt sind, macht sie zu solchen, und es sollte im Gegenteil Mißtrauen erregen, wer neue Grundsätze ankündigen will. Bush ließ solches Mißtrauen nicht aufkommen. Und doch waren auch seine alten Grundsätze, noch bevor er sie den Abgeordneten des deutschen Volkes mitteilte, bereits überholt. Überholt von Wolfgang Thierse. Der hatte dem amerikanischen Präsidenten einen kleinen Vortrag über Erwartungen gehalten, die sich an Bushs Rede und die künftige Weltinnenpolitik richten: keine Verfolgung einseitiger Interessen, niemandem seine Überzeugungen aufzuzwingen, eine Koalition gegen die Armut zu bilden, den Kampf gegen die Zerstörung der Biosphäre aufzunehmen und sogar "Maßnahmen gegen eine entfesselte Ökonomie" zu ergreifen. Den Bush auf der Überholspur entgegenkommenden Erwartungen wich dieser nicht aus; er fuhr durch sie hindurch, betonte den Freihandel, der sich - das Präsidentenauge zwinkerte fast - auch auf Biotechnologie erstrecke, sagte zur Biosphäre gar nichts und sprach ansonsten über die Nato, über Sicherheit und über Feinde. Man hätte sich auch schlecht vorstellen können, daß Bush auf Thierse antworten würde. Schließlich war seine die historische Rede und Thierses nur die historische Vorrede. An welche man sich erinnern wird, hängt vom Ausgang der ganz verschiedenen Konflikte ab, an die beide gedacht haben.

      kau

      Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24.05.2002, Nr. 118 / Seite 43
      Avatar
      schrieb am 24.05.02 10:53:07
      Beitrag Nr. 77 ()
      Bush bei Kuba hartnäckig


      Der US-Präsident kann den jüngsten Vorschlägen seines Amtsvorgängers Jimmy Carter überhaupt nichts abgewinnen. George W. Bush wies Carters Forderung nach Aufhebung des Kuba-Embargos zurück, wie am Montag in Washington vor einer Rede Bushs zum kubanischen Unabhängigkeitstag verlautete. Stattdessen wolle Bush der Regierung des sozialistischen Karibikstaates detaillierte Bedingungen stellen.

      Nur wenn sich Kuba zu politischen und wirtschaftlichen Reformen entschließe, sollten die vor mehr als 40 Jahren verhängten Wirtschaftssanktionen aufgehoben werden, hieß es.

      Ex-Präsident Carter hatte sich in der vergangenen Woche bei einem Besuch in Havanna für ein Ende des Wirtschaftsembargos ausgesprochen. Es sei an der Zeit, dass der seit 42 Jahren andauernde „zerstörerische Zustand der Kriegführung“ zwischen den USA und Kuba überwunden werde, sagte er.

      20.05.02, 10:37 Uhr focus.de
      Avatar
      schrieb am 24.05.02 16:42:15
      Beitrag Nr. 78 ()
      Noch ein superguter Kommentar.

      Für diese Rede hätte er nicht nach Berlin zu kommen brauchen

      Wenn eine Rede schon im Vorfeld als historisch bedeutungsvoll bezeichnet wird, dann hinterlässt diese hohe Messlatte selbst nach eindrucksvollen Ansprachen oft ein Gefühl der Enttäuschung. Aber der Auftritt von US-Präsident George Bush im Bundestag hätte auch erheblich geringeren Ansprüchen nicht genügen können. Im Ton ungemein verbindlich, in der Sache aber ganz unverbindlich gegenüber allen europäischen Wünschen an die USA - und darüber hinaus für kritische Einwände unzugänglich: Für diese Rede hätte Bush nicht nach Berlin zu kommen brauchen. Was er gestern zu sagen hatte, hat er in Washington schon oft genug gesagt.

      Um für gute Stimmung zu sorgen, warf der US-Präsident immerhin ein paar Zuckerstückchen ins Publikum. Er sprach von der neuen Partnerschaft zwischen Russland und der westlichen Welt, kündigte größere Hilfen für politisch genehme Entwicklungsländer an und lobte in artigen Worten die europäischen Verbündeten, Deutschland ganz besonders. Außerdem sollen alle Freunde durchaus konsultiert werden, wenn die USA neue Militäroperationen planen. Damit war die Zuckertüte dann allerdings auch schon leer.

      Bush ließ keinen Zweifel daran, dass die USA sich von den Verbündeten an nichts hindern lassen werden und auch zu militärischen Alleingängen bereit sind. Die neue Rolle der Nato sieht er im Kampf gegen den Terror. Dafür müsse das Militärbündnis neue Fähigkeiten entwickeln. Die freie Welt werde erpressbar, sagte der US-Präsident, wenn sie die Bedrohung durch Massenvernichtungswaffen in den Händen jener ignoriere, die sich als "Achse des Bösen" bezeichnen ließen. Er nannte den Irak zwar nicht beim Namen. Aber wer - wie Bundeskanzler Gerhard Schröder - jetzt noch immer meint, man solle nicht über die Möglichkeit eines US-Angriffs auf dieses Land spekulieren, der hat dem Gast aus Washington nicht zugehört. Oder wollte ihm nicht zuhören.

      Was unter freundschaftlicher Offenheit verstanden werden kann, hat übrigens gestern Bundestagspräsident Wolfgang Thierse gezeigt. Er sparte kritische Fragen nicht aus, als er George Bush im Parlament begrüßte. Vom notwendigen Schutz der Biosphäre, von der Bedeutung des Internationalen Strafgerichtshofes und vom Wunsch nach gemeinsamen Maßnahmen gegen eine entfesselte Ökonomie sprach der SPD-Politiker. Und dann wagte er sogar den Hinweis, dass keine Koalition dringlicher sei als die für den Frieden auf der Welt. Bis vor wenigen Monaten wäre ein solcher Satz eine Plattitüde gewesen. Inzwischen zeugt es von Mut, wenn ein Spitzenpolitiker der rot-grünen Koalition ihn ausspricht.

      Beim US-Präsidenten dürfte Thierse damit auf taube Ohren gestoßen sein. Der verglich die Terroranschläge vom 11. September gestern ein weiteres Mal mit dem japanischen Angriff auf Pearl Harbor im Zweiten Weltkrieg. Historisch hinkt dieser Vergleich nicht nur - er lahmt. Aber er wirft ein Schlaglicht auf den vielleicht entscheidenden Unterschied zwischen den USA und Europa: Die Vereinigten Staaten befinden sich der eigenen Wahrnehmung zufolge im Krieg. Die meisten europäischen Verbündeten hoffen, Krieg verhindern zu können. Zu einem besseren wechselseitigen Verständnis scheint der Besuch von George Bush in Berlin nicht beigetragen zu haben. Nicht einmal dazu.

      taz Nr. 6756
      Avatar
      schrieb am 25.05.02 14:54:03
      Beitrag Nr. 79 ()
      "Unverbindlich und schwammig"



      Während Regierungsparteien und Opposition in Deutschland den Bush-Besuch in Berlin unisono bejubeln, fällt das Echo im europäischen Ausland eher negativ aus.
      In der Berliner Rede des US-Präsidenten „fehlte ein echtes Verständnis für die europäischen Sorgen um den zerbrechlichen Zustand des transatlantischen Verhältnisses“, meinte etwa die Londoner „Financial Times“ am Freitag. „In Europa hält das Misstrauen darüber an, dass Bush letzten Endes seinen eigenen Weg gehen wird, was immer die Verbündeten auch sagen.“

      Der „Züricher Tages-Anzeiger“ unkte: „Bis auf wenige Passagen über das Verhältnis zu Russland blieb Bush ohne Überzeugungskraft, unverbindlich und schwammig.“ Der Wiener „Standard“ stieß ins gleiche Horn: „Was der US-Präsident über gemeinsame Werte und die Verteidigung der Zivilisation gegen den Terrorismus sagte, brachte weder inhaltlich noch in den Formulierungen Neues.“

      Ganz anders als die ausländische Presse beurteilt die deutsche Politik den Besuch in Berlin: Der Aufenthalt in Deutschland sei „außerordentlich erfolgreich“ gewesen, sagte Regierungssprecher Bela Anda. Es sei die enge Verbundenheit sowohl zwischen den Regierungen als auch zwischen Deutschen und Amerikanern unter Beweis gestellt worden.

      Vertreter von CDU/CSU und FDP äußerten sich ähnlich.

      24.05.02, 14:37 Uhr focus.de
      Avatar
      schrieb am 27.05.02 10:37:06
      Beitrag Nr. 80 ()
      US-ÜBERNAHME

      Angst um deutsche U-Boot-Technologie

      Alarm im Kartellamt: Das Know-how zum Bau eines deutschen U-Bootes könnte in die Hände eines US-Rüstungskonzerns geraten. Die Amerikaner haben angeblich eine klammheimliche Übernahme eingefädelt - und damit auch Rudolf Scharping ausgetrickst.


      Prestigeobjekt für Patrioten: Die U31 zeigt, dass nicht-nukleare U-Boote technologisch führend sein können


      Kiel - Sein Name ist U31, und das klingt nach irgendeinem x-beliebigen Unterseeboot. Rüstungsexperten aber halten das U31, das bei der HDW-Werft in Kiel gebaut wird, für das derzeit beste, nicht-atomare U-Boot der Welt: Kein anderes verfügt über einen vergleichbaren Brennstoffzellenantrieb. Seinetwegen ist es für Feinde fast unmöglich, U31 unter Wasser zu orten, wenn es sich nähert.
      Bis zum März war die U31-Technologie in deutschen Händen, dann entschieden sich die bisherigen Mehrheitseigner zum Verkauf der HDW an den US-Finanzinvestor One Equity Partners (OEP). Ein Verkauf, den die Kartellbehörde der EU am Freitag, den 31. Mai, durchwinken sollte. Bisher sah es so aus, als würde sie dies tun - nun aber sind beim Bundeskartellamt und in Brüssel ernste Zweifel daran aufgetaucht, wer eigentlich hinter One Equity steckt.

      Verkappte Übernahme durch den Riesen?

      Der Verdacht: One Equity ist aufs Engste mit dem Rüstungskonzern General Dynamics verflochten, dem auch schon Interesse an der Ausschlachtung von Patenten des deutschen Panzers Leopard II unterstellt wird. Wieder einmal geht die Angst um, deutsche Rüstungstechnologie könnte an die Amerikaner ausverkauft werden.



      Die EU jedenfalls will sich den Fall offenbar noch einmal genauer ansehen: Nach Informationen des "Handelsblattes" wird sie den HDW-Verkauf anders als geplant frühestens in vier Monaten absegnen. Zuvor sollen die Vorwürfe geprüft aus einem Warnschreiben geprüft werden, das laut Bericht das Bundeskartellamt abgeschickt hat. One Equity, so dieses Dokument, werde von der Bank One dominiert, an der wiederum die Henry Crown Investmentgesellschaft beteiligt sei. Die aber hält auch elf Prozent an General Dynamics. Hinzu kommen personelle Verflechtungen: Der Finanzmagnat James Crown, ein Vertreter der Investmentgesellschaft, gehört zur Führung sowohl von Bank One als auch General Dynamics. Ist der scheinbar lupenreine Finanzinvestor also doch keiner? Crown jedenfalls bestreitet, in operative Details der HDW-Übernahme einbezogen gewesen zu sein.

      ThyssenKrupp ging leer aus

      Am Fall HDW sind mehrere Aspekte brisant. Zum einen haben Babcock Borsig und die Preussag, die den 75-Prozent-Anteil an HDW weiterverkauft haben, mit dem deutschen ThyssenKrupp-Konzern gar nicht mehr verhandelt. Er hatte nach der amerikanischen Offerte ein vergleichbares Angebot vorgelegt. Von Babcock hieß es, das Angebot hätte keine Vorteile gebracht und den Kauf nur verzögert.

      Und dann könnte wieder einmal der Bundesverteidigungsminister in die Schusslinie geraten: Er hatte öffentlich für die Vertrauenswürdigkeit von One Equity gebürgt und versichert, ein Abfluss deutsche Technologie sei nicht zu befürchten. Dabei warnt der Minister selbst jüngst in Brüssel gewarnt, um die Fairness der Amerikaner sei es beim Technologietransfer in der Rüstungsindustrie schlecht bestellt.
      Avatar
      schrieb am 27.05.02 11:40:45
      Beitrag Nr. 81 ()
      Um zukünftige U-Bootfahrer wird sich auch schon gekümmert.

      Mit dem Joystick die Freiheit verteidigen
      US-Armee verschenkt Gewalt-Software an Jugendliche, um sie auch im richtigen Leben für das Waffenhandwerk zu begeistern


      Von Dietmar Ostermann (Washington)

      Während in Deutschland nach dem Schulmassaker von Erfurt elektronische Killerspiele in der Kritik sind, verschenkt die US-Army demnächst im Internet Gewalt-Software an Jugendliche. Der Grund: Das Angebot soll Rekruten anlocken.

      Der Feind ist nur schemenhaft zu erkennen und heißt Opfor, gegnerische Truppe. Die eigenen Jungs schleichen in Tarnanzügen mit Maschinenpistolen um Häuserecken, stürmen Gebäude und gegnerische Stellungen oder erkunden auf Spezialeinsätzen bergiges Terrain: Wer in Afghanistan bei der "Operation dauerhafte Freiheit" nicht dabei war, kann schon bald daheim am Computer die "Freiheit verteidigen". So jedenfalls lautet der Codename jener virtuellen Gefechte, welche Joystick-Krieger künftig beim "offiziellen Spiel der US-Army" am PC ausschießen können.

      Ab August will die Armee gebührenfrei den weltweit wohl ersten amtlichen Ego-Shooter verschicken. Freunde virtueller Kriegführung können sich das Computerspiel "America`s Army" dann kostenlos im Internet bestellen oder in den Rekrutierungsbüros abholen. Einzige Bedingung: Interessenten müssen zwischen 13 und 34 Jahre alt sein. Das ist die Zielgruppe, für die das "innovative, realistische Computerspiel" von Simulations-Fachleuten des Pentagon mit Hilfe ziviler Programmierer auf der Grundlage etablierter Vorbilder entwickelt wurde. Denn wer gern am Computer Soldat spielt, glauben die Militärs, der könnte sich ja vielleicht auch im richtigen Leben fürs Waffenhandwerk begeistern.

      Zwar haben die US-Streitkräfte nach dem 11. September derzeit keine Nachwuchssorgen. Als das Projekt aber vor zwei Jahren in Auftrag gegeben wurde, konnte vor allem das Heer nur mit aufwendigen Werbekampagnen sein Sollziel von jährlich etwa 80 000 neuen Soldaten erfüllen. So entstand die Idee, die bestens vorgebildeten PC-Krieger zu mobilisieren: Man wolle die "Männer und Frauen dort erreichen, wo sie heute sind, nämlich im Internet und den Videospielräumen", erläuterte General Michael Rochelle, Chef des Rekrutierungskommandos der Armee in Fort Knox, das Anliegen von "America`s Army" der Zeitung Los Angeles Times.

      Rund fünf Millionen Dollar hat sich die Armee das Ballerspiel kosten lassen. Erstmals wurde "America`s Army" auf der Computerspiele-Messe E3 in Los Angeles mit schwerem Gerät präsentiert: Leibhaftige Fallschirmjäger der 101. Luftlandedivision seilten sich in voller Kampfmontur und mit geschwärzten Gesichtern vom Dach der Messehalle. Ähnlich realistisch soll es auf den Bildschirmen zugehen: "Kein anderes Armeespiel ist so real", verspricht die Armee. Die Entwickler seien eigens mit Blackhawk-Hubschraubern sowie Panzern herumgefahren, hätten sich an Fallschirmen aus Flugzeugen fallen lassen und Rückstoß, Zielgenauigkeit und Projektilgeschwindigkeit zwölf verschiedener Waffen in die Software integriert.

      Spieler können eine virtuelle Grundausbildung absolvieren, eine Karriere als Ranger, Scharfschütze oder Fallschirmjäger einschlagen und zum elektronischen First Sergeant aufsteigen. Im Action-Teil geht es zu wie in jedem Ego-Shooter: Es kommt darauf an, mit dem eigenen Team den Gegner abzuknallen, bevor der den Finger am Abzug hat. Ungezügelter Gewalt, versichert die US-Armee, solle mit dem vom Entertainment Software Board für Teenager freigegebenen Spiel natürlich kein Vorschub geleistet werden. Wer etwa die eigenen Cyber-Kameraden erschießt, landet im Computerknast. Ob das Anliegen immer verstanden wird, ist fraglich. Auf ihrer Webseite hat die US-Armee ein paar begeisterte Zuschriften veröffentlicht. "Yea!!!! Let`s go kill people", lautet eine.
      Avatar
      schrieb am 01.06.02 10:20:52
      Beitrag Nr. 82 ()
      Amerikas Eigennutz
      Unkorrekt


      Von Sophie Mühlmann

      Vor knapp acht Monaten haben die Vereinigten Staaten dem Terrorismus den Krieg erklärt. Aus allen vier Himmelsrichtungen strömten die Verbündeten zusammen und zogen mit in den Krieg gegen den gemeinsamen Feind. Doch was hat der Kampf bisher bewirkt?

      In Afghanistan sind Chaos und Anarchie nicht ausgemerzt, sondern allenfalls aus dem Blickfeld gekehrt worden. In Kabul mühen sich ein greiser König und ein diplomatisch versierter Präsident, das Etappenziel zu erreichen, während um sie herum Kriegsherren und Kriegsgewinnler ihre Claims abstecken. Auch die schlagkräftige Anti-Terror-Allianz konnte nicht verhindern, dass vor der großen Eröffnungssitzung der Loja Dschirga, dem ersten Schritt in Richtung Demokratie, ein Abgeordneter nach dem anderen ermordet wurde. Friedlicher Neubeginn in Afghanistan, eines der Kriegsziele, ist und bleibt eine Utopie.

      Der globale Terrorismus ist ein heimtückischer Feind: Wie einer Hydra wachsen ihm immer wieder neue Köpfe nach, wo man sie gerade abgehackt glaubte. Das Kriegsziel Nummer eins, die Ergreifung Osama Bin Ladens, wurde nicht erreicht, ist gar inzwischen vollkommen in den Hintergrund gerückt. Dennoch verkünden die Amerikaner in regelmäßigen Abständen Erfolgsmeldungen. Nie war es der endgültige Sieg, als der er in den Medien präsentiert wurde. Doch die Außenwirkung zählt. Sie beruhigt die erhitzten Gemüter, die nach Vergeltung schreien. Und sie ermöglicht die Hinwendung zu neuen Zielen und neuen Feinden, wie dem Irak.

      Nebenher aber haben die USA durchaus eigennützigen Ziele erreicht: Zum Dank für ihren Einsatz dürfen US-Firmen nun eine Trans-Afghanische Öl-Pipeline wieder beleben. Die USA haben den Fuß fest in der zentralasiatischen Tür und damit den Finger auf den dortigen Öl- und Gasvorkommen. Und, was noch vor Jahresfrist undenkbar schien: Washington und Moskau sind plötzlich gute Freunde.

      Keine zwanzig Jahre mehr, und die Ölvorräte in den Hauptförderländern des Mittleren Ostens sind erschöpft. Spätestens dann wird der Zugriff auf die Bodenschätze Zentralasiens von unschätzbarem Wert für Washington. Schuld und Sühne sind längst keine Erklärungen mehr für den Feldzug der USA. Ganz offen geht es inzwischen um die großangelegte Neuordnung der weltweiten Ausbeutungsszenarien für Rohstoffe.

      Innerhalb eines halben Jahres haben sich die USA als unanfechtbare operative und militärischen Hegemonialmacht etabliert. Absolute Hegemonien tun aber selbst unter Freunden nicht immer gut. Die neue Allianz zwischen Russland und den USA lässt andere regionale Großmächte wie China im Regen stehen - und ein Reich der Mitte, das sich ausgebootet oder missachtet fühlt, ist ein großes Risiko.

      Deutschland und Europa haben sich von Anfang an als globale Vermittler angeboten. Eine tragende Rolle wurde ihnen indes von den USA bisher nicht zugedacht. Vielleicht sollte sich Europa nun so um China bemühen, wie Amerika dies mit Russland tut. Nicht, damit zwei neue Blöcke in der Welt entstehen, sondern damit die friedlichen Interessen gewahrt bleiben und Ängste vor einer Übermacht ausgeglichen werden können.


      Heute 13Uhr15: N-TV Nachschlag :D:D:D
      Avatar
      schrieb am 07.06.02 20:28:08
      Beitrag Nr. 83 ()
      Immer wenn US-Boys Dienst hatten, kamen Waffen

      Geheimdienstexperte berichtet über Verstöße der USA gegen das Jugoslawien-Embargo


      Von Klaus Bachmann (Den Haag)

      Waffenlieferungen nach Bosnien und Kroatien waren Mitte der 90er Jahre trotz des UN-Waffenembargos gang und gäbe - dank heimlicher Unterstützung durch die USA. Das geht aus einer Studie des niederländischen Geheimdienstexperten Cees Wiebes hervor.

      In der Nacht des 4. Dezember 1994 explodierte auf dem Flughafen von Zagreb der persönliche Helikopter des bosnischen Präsidenten Alija Izetbegovic. Die Detonation war wesentlich heftiger, als man das von einem einfachen Helikopter erwarten konnte und blieb auch Beobachtern nicht verborgen. Die kroatischen Behörden verbreiteten später, ein Tankwagen sei in die Luft geflogen. In Wirklichkeit war der Hubschrauber mit Waffen und Munition voll gestopft gewesen, die die bosnische Regierung aus Iran via Kroatien an Izetbegovics Kämpfer geliefert hatte, die sich in den Enklaven Ostbosniens und um Sarajevo gegen die besser ausgerüsteten bosnischen Serben verteidigten. Die Lieferung war ein klarer Verstoß gegen das UN-Waffenembargo, das seit September 1991 für Jugoslawien galt. Doch die Waffenhändler konnten auf die stillschweigende Zustimmung der US-Regierung zählen, die einerseits Aufhebung des Embargos befürwortete, es andererseits aber nicht offen brechen wollte, um Konflikte mit ihren europäischen Bundesgenossen zu vermeiden, die das Gros der in Bosnien stationierten Blauhelme stellten.

      Aus Furcht vor undichten Stellen verhinderte damals Clintons Sicherheitsberater Anthony Lake sogar geheime Lieferungen der CIA an Bosnien. Stattdessen betrieb die Clinton-Administration an der CIA und dem State Department vorbei eine Politik der "freundlichen Tolerierung" regelmäßiger Waffenlieferungen Irans an Bosnien. Dabei behielt das Transitland Kroatien einen Teil der Lieferung als "Gebühr" ein, das Verfahren wurde deshalb auch als "kroatische Pipeline" bezeichnet. Die CIA schätzt, dass zwischen 1994 und 1996 insgesamt 14 000 Tonnen Kriegsmaterial über diese "kroatische Pipeline" nach Kroatien und Bosnien flossen. Sie versiegte erst 1996, als die USA selbst Bodentruppen in Bosnien stationierten.

      Nachgezeichnet hat dies der niederländische Geheimdienstexperte Cees Wiebes bei seiner umfangreichen Untersuchung über die Bosnien-Politik der niederländischen Regierungen und den Fall Srebrenicas. Seine Studie ist Teil einer fast 7000 Seiten starken Dokumentation des Niederländischen Instituts für Kriegsdokumentation, deren Veröffentlichung im April den Rücktritt der gesamten niederländischen Regierung nach sich zog. Wiebes hatte nicht nur Zugang zu Geheimdienstdokumenten und unveröffentlichtem Archivmaterial, sondern interviewte auch viele Zeitzeugen aus dem Geheimdienstbereich.

      Seinen Quellen zufolge ersetzten die USA 1996 die "kroatische Pipeline" aus Iran durch Waffenlieferungen aus der Türkei, die mit Hilfe von geheimen Nachtflügen ins ostbosnische Tuzla transportiert wurden. Sie fanden nur statt, wenn die Awacs-Aufklärungsflugzeuge der Nato, die in der Umgebung aktiv waren, ausschließlich mit US-Mannschaften besetzt waren. US-Diplomaten hätten sogar Journalisten eingeschüchtert und Reporte gefälscht, um die "Türkei-Connection" vor der Öffentlichkeit geheimzuhalten.

      Copyright © Frankfurter Rundschau 2002
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      schrieb am 08.06.02 12:13:26
      Beitrag Nr. 84 ()
      AUFRUHR IN HARVARD

      Todesdrohungen wegen Dschihad-Rede

      Eigentlich wollte Harvard-Absolvent Zayed Yasin, 22, auf die gemeinsamen Werte der islamischen und der westlichen Welt aufmerksam machen. Doch seine Rede mündete fast in einem nationalen Skandal, weil er bereits im Titel das Wort "Dschihad" verwendete.


      Zayed Yasin: "Einer von euch - und einer von denen"


      Der 22-jährige Zayed Yasin, der an der US-Elitehochschule Harvard auch Präsident der Islamischen Gesellschaft war, bekam als einer von drei Studenten die ehrenvollen Aufgabe, eine Rede zum Semesterbeginn und zur Zeugnisvergabe zu halten. Doch als im Vorfeld der Titel seiner Rede "Über Treue und Staatsbürgerschaft: Mein amerikanischer Dschihad" durchsickerte, hagelte es sofort Proteste.
      Kommilitonen setzten eine Petition in Gang, die Yasins Rede verhindern sollte. 600 unterschrieben. Viele Zeitungen rissen sich um die Story. Kurz nach Bekanntwerden seines Vorhabens wurde Yasin als Sympathisant der Terroristen vom 11. September gebrandmarkt und bekam per E-Mail sogar eine Todesdrohung.

      Der Harvard-Präsident stärkte Yasin den Rücken

      Obwohl sich sogar Harvard-Präsident Lawrence Summer demonstrativ hinter Yasin stellte, änderte der praktizierende Muslim den Titel, indem er den zweiten Teil einfach wegließ. Summers hatte betont, dass Offenheit anderen gegenüber gerade an einer Universität unverzichtbar sei.

      Der Skandal war aber vor allem einer, weil sich alle aufregten, aber kaum jemand den Inhalt der Rede kannte. Der Vortrag unter strengen Sicherheitsvorkehrungen trug schlagartig zur Entspannung bei und veranlasste viele Zuhörer sogar zu Standing Ovations.

      Yasin begann mit den Worten "Ich bin einer von euch. Aber ich bin auch einer von denen" und nahm damit Bezug auf sein Leben als Muslim und Amerikaner nach dem 11. September. Das Wort "Dschihad" sei ein häufig falsch gebrauchter und missinterpretierter Begriff, sagte Yasin. Für ihn bedeute Dschihad "Anstrengung, das Richtige und das Gerechte zu tun". Muslime und Nicht-Muslime, die den Begriff missbrauchten, seien zu verurteilen, ergänzte Yasin.

      Heiliger Krieg für islamische Gebiete

      Ursprünglich bedeutet Dschihad "sich auf dem Wege Gottes anstrengen". Ein Aspekt ist die Verteidigung, der Kampf gegen Unterdrückung und Ungerechtigkeit. Islamische Fundamentalisten nutzten diese Interpretationsrichtung und erweiterten den Begriff auf den Kampf für die Verteidigung und Erweiterung islamisch dominierter Gebiete.


      1975 gründete sich mit dem Palästinensischen Islamischen Dschihad eine der gefährlichsten Terrororganisationen im Nahen Osten. "Dschihad" wird von muslimischen Fundamentalisten auch im Sinne von "Heiliger Krieg" - Kampf gegen alles Nicht-Islamische - gebraucht, die damit auch Selbstmord-Attentate rechtfertigen.

      Yasin hingegen, flankiert von zwei Polizisten, forderte seine Kommilitonen auf, eine "gerechtere, friedlichere globale Gesellschaft zu formen". Nach der Rede, die allen Vorab-Kritiken den Boden entzog, erntete Yasin viel Zuspruch - Erholung nach dem Sturm der Entrüstung, der ihm vorher entgegengeschlagen war.

      Quelle: Spiegel.de



      Tja.... soviel zu der Toleranz und Aufgeschlossenheit der zukünftigen US-Elite.....


      .
      Avatar
      schrieb am 08.06.02 14:38:28
      Beitrag Nr. 85 ()
      Die Angst des Agenten vor dem Computer

      Ob eine neue bürokratische Ebene Informationspannen verhindert, ist nicht gewiß
      / Von Katja Gelinsky


      WASHINGTON, 7. Juni. Vor kurzem noch war die FBI-Mitarbeiterin Coleen Rowley aus Minneapolis nur ein winziges Rädchen im komplizierten Uhrwerk der amerikanischen Bundespolizei; eine von Zehntausenden von FBI-Agenten, die "im Feld" gegen das Verbrechen und zugleich mit der Bürokratie ihrer Behörde zu kämpfen haben, ohne daß die Öffentlichkeit davon besonders Notiz nimmt. In dieser Woche jedoch richtete ganz Washington seine Aufmerksamkeit auf die unscheinbare FBI-Mitarbeiterin, die seit 21 Jahren Dienst beim "Federal Bureau of Investigation" tut. Der Justizausschuß des Kongresses, der parallel zu den Geheimdienstausschüssen im Parlament zu ergründen versucht, warum die amerikanischen Sicherheitsbehörden die Terroranschläge nicht verhindern konnten, wollte von Frau Rowley hören, was beim FBI falsch gelaufen sei.

      In einem Brief an FBI-Direktor Mueller hatte die FBI-Mitarbeiterin sich im Mai bitter darüber beschwert, daß die Zentrale in Washington den Ermittlern in Minneapolis nicht erlaubt hatte, in den Wochen vor den Terroranschlägen den Computer von Zacarias Moussaoui zu untersuchen. Moussaoui ist der bislang einzige Angeklagte wegen der Terroranschläge. Er wird verdächtigt, ursprünglich als zwanzigster Flugzeugentführer eingeplant gewesen zu sein. Moussaoui war wegen seines ungewöhnlichen Verhaltens in einer Flugschule aufgefallen. In der Washingtoner FBI-Zentrale hatte man jedoch keinen Anlaß zum Einschreiten gesehen. Erst nachdem das World Trade Center in Schutt und Asche lag, wurde Moussaouis Computer untersucht. Darauf waren Informationen über den Aufbau der Cockpits großer Passagierflugzeuge, und die Telefonnummer eines Hamburger Wohnungsgenossen von Mohammed Atta, dem mutmaßlichen Anführer der Attentäter, gespeichert waren. Nicht nur Frau Rowley hält es deshalb für möglich, daß es bei größerer Wachsamkeit hätte gelingen können, einigen Beteiligten an den Terroranschlägen rechtzeitig auf die Spur zu kommen. Auch in der FBI-Zentrale gibt es solche Stimmen. Direktor Mueller berichtete dem Kongreß, es gebe die Auffassung, daß der Antrag aus Minneapolis gegen Moussaoui weiter geprüft worden wäre, wenn die damit befaßten Stellen nur von den Warnungen eines FBI-Ermittlers in Arizona gewußt hätten, dem das Flugtraining mehrerer arabischer Männer verdächtig erschienen war.

      Frau Rowley beklagte in der Anhörung vor dem Justizausschuß Unzulänglichkeiten beim FBI, die seit langem bekannt sind, die aber seit den Terroranschlägen in neuem Licht erscheinen: Daß Ermittlungen angesichts von Hierarchie und Bürokratie in einen ermüdenden Papierkrieg mündeten; daß die Computertechnik völlig veraltet sei, nicht zuletzt weil sich Mitarbeiter scheuten, Computer zu benutzen; daß Vorgesetzte Furcht vor der Verantwortung hätten und lieber jedes Risiko vermieden; und daß es für die Mitarbeiter vor Ort wenig Anreize gebe, die zahlreichen Hürden zu überwinden, die die Verbrechensbekämpfung erschwerten. Obwohl schnelles Handeln gefragt sei, würden sieben bis neun Ebenen prüfen, ob die Ermittler vor Ort richtig agierten. Das sei "lächerlich".

      Präsident Bush versuchte in seiner Fernsehansprache, der Frustration der FBI-Ermittler mit einem direkten Appell an die Mitarbeiter von FBI, CIA und anderen Sicherheitsbehörden entgegenzuwirken. Er forderte die "Arbeiter an der Frontlinie" auf, jedes verdächtige Verhalten "sofort zu melden". Von den Vorgesetzten erwarte er, daß sie die Berichte ihrer Untergebenen mit "dem Ernst behandelten, den sie verdienten", fügte der Präsident mahnend hinzu. Informationen müßten "in vollem Umfang ausgetauscht werden".

      An Informationsaustausch haperte es jedoch nicht nur innerhalb des FBI, sondern vor allem auch zwischen FBI und CIA. Der Gesetzgeber hat Polizei und Geheimdiensten seit dem 11. September weite Wege zur Zusammenarbeit eröffnet. Damit ist sind die Schwierigkeiten freilich nicht beseitigt, denn vielfach wollen CIA und FBI dem jeweils anderen gar nicht mitteilen, was sie wissen. Daß das Verhältnis nicht gerade freundschaftlich ist, davon zeugten zuletzt die über die Presse lancierten "Enthüllungen" über das Fehlverhalten der jeweils anderen Behörde bei früheren Ermittlungen gegen zwei der mutmaßlichen Flugzeugentführer.

      Damit sich die Fehler der Vergangenheit nicht wiederholen, will Bush in seinem geplanten Ministerium für innere Sicherheit auch eine Abteilung zur "Analyse von Informationen" einrichten. Sie soll Erkenntnisse von CIA, FBI und anderen Sicherheitsbehörden sammeln, auswerten und die politische Führung mit Gefahranalysen versorgen. Ob freilich die Schaffung einer weiteren bürokratischen Ebene garantiert, daß die amerikanische Regierung künftig besser über terroristische Gefahren im Bilde ist, darüber bestehen Zweifel. Denn das neue Ministerium ist darauf angewiesen, daß ihm die Geheimdienste und Sicherheitsbehörden die Mosaiksteinchen für das Gesamtbild über die terroristische Bedrohung liefern. Mit dem Zentrum für Terrorabwehr, welches 1986 bei der CIA eingerichtet wurde, gibt es bereits eine Stelle, die Berichte von CIA und FBI überprüfen soll. Die nun zutage tretenden Versäumnisse sind dem Fachleuten für Terrorabwehr aber offenbar verborgen geblieben.

      Frankfurter Allgemeine Zeitung, 08.06.2002, Nr. 130 / Seite 2
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      schrieb am 10.06.02 11:04:27
      Beitrag Nr. 86 ()
      Schild statt Schwert
      SPD-Politiker Egon Bahr fordert Europa auf, sich von der Weltmacht USA zu emanzipieren
      von BERND PICKERT

      Die nächsten 50 Jahre werden eine von den USA dominierte Epoche werden - und niemand wird die USA daran hindern können zu tun, was sie für richtig halten. Kaum eine US-Regierung dürfte UN-Mehrheitsentscheidungen gegen sich akzeptieren - eine "Politik der freien Hand" durch die einzig verbliebene Macht, die sich der Verrechtlichung internationaler Beziehungen immer mehr entziehe, sei das wahrscheinlichste. Das ist die düstere Prognose, die der ehemalige Architekt der SPD-Entspannungspolitik, Egon Bahr, bei der taz-kongress-Veranstaltung zum Thema "Die neue Weltunsicherheitsordnung" abgab. Der 80-Jährige faszinierte die über 200 ZuhörerInnen durch seine Analyse der Weltpolitik. Ganz der um Verhandlungslösungen bemühte Pragmatiker, als der er zu seiner aktiven Zeit Geschichte gemacht hat, vertiefte er im Zwiegespräch mit taz-Autorin Bettina Gaus und auf die Fragen des Publikums hin seine Thesen.

      Mit einem bereits im Sommer vergangenen Jahres, also weit vor dem 11. September, aufgelegten gigantischen Aufrüstungsprogramm haben die USA ihre Fähigkeit ausgebaut, überall auf der Welt Krieg führen zu können. Zu diesem Programm gehören die so genannten "Mini-Nukes", also kleine Atomwaffen für den Einsatz gegen unterirdische Ziele, genauso wie die Nationale Raketenabwehr (NMD). Letztere birgt für Bahr die Gefahr einer Spaltung Europas - während Großbritannien, Italien und die Türkei vermutlich dem Programm zustimmen, dürfte Frankreich es ablehnen. "Was macht dann Deutschland?", fragte Bahr, ohne eine Antwort parat zu haben. Er selbst plädiert für Ablehnung. Er jammere nicht über die Stärke der USA, sagte Bahr, sondern über die Schwäche Europas. Es gebe eben bislang keine gemeinsame europäische Politik für den Nahen Osten, für Zentralasien, für Afrika, für den arabischen Raum. Die europäische Einigung sei aber die Voraussetzung dafür, dass Europa einen eigenen außenpolitischen Weg gehen könne, der nicht wie die USA auf militärische Stärke setzt, sondern auf Verhandlungslösungen und diplomatische Effizienz. Es sei Europas Aufgabe, dem Recht des Stärkeren die Stärke des Rechts entgegenzusetzen - und Europa verfüge über eine Menge Erfahrungen damit, dass Gewaltverzichtsabkommen und Entspannungspolitik funktionieren könne. Europa müsse sich insofern von den USA emanzipieren und seinen eigenen Weg gehen. Die Streitkräfte Europas sollten nicht versuchen, ihrerseits Offensivfähigkeiten zu entwickeln: "Sie müssen das Schild Europas sein, aber nicht das Schwert Amerikas", sagte Bahr.

      Die rot-grüne Bundesregierung habe aus der Erfahrung des Kosovokrieges gelernt. Damals sei sie nach einer Reihe von Fehleinschätzungen, auch der USA, in einen klar völkerrechtswidrigen Luftkrieg ohne UN-Mandat hineingezogen worden - und erst mit dem 5-Punkte-Plan, der die Beendigung des Krieges ermöglicht habe, habe sie selbst die Offensive ergreifen können. Die Erfahrung für die Spielräume deutscher Außenpolitik in Europa sei gewesen, dass man eine gewisse vetoähnliche Macht habe - beispielsweise was den Einsatz von Bodentruppen in Kosovo anging -, dass Deutschland aktive Politik aber nur mit den europäischen Partnern gemeinsam machen könne.

      Bahr kann sich nicht vorstellen, dass Deutschland sich an einer Militäraktion gegen den Irak beteiligt, wenn diese nicht durch ein UN-Mandat gedeckt ist - das aber dürfte gegen China und Russland nicht zu haben sein. Auf die Frage, ob nicht, wenn Rot-Grün die Wahlen verliere und es dann eine Opposition gäbe, eine Kriegsbeteiligung sogar schwerer durchzusetzen sei als derzeit, erklärte Bahr, jede CDU-geführte Regierung würde sich an den US-Militäraktionen vermutlich mit Verve beteiligen, und die Opposition wäre fundamental und folgenlos dagegen.

      Dass Egon Bahr also trotz vielerlei Kritik eine insgesamt hoffnungsvolle Bilanz der rot-grünen Außenpolitik zog, konnte nicht wirklich verwundern. Wie er es aber tat, beeindruckte. Und nur um eine einzige Frage drückte sich Bahr herum - jemand aus dem Publikum hatte wissen wollen, wie er es mit Schröders Erklärung der "uneingeschränkten Solidarität" mit den USA halte. Dazu schwieg der erfahrene Diplomat.

      taz Nr. 6770 vom 10.6.2002, Seite 6, 140 Zeilen (TAZ-Bericht), BERND PICKERT
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      schrieb am 10.06.02 11:07:15
      Beitrag Nr. 87 ()
      "Langfristig instabil"

      Die Globalisierungskritikerinnen Susan George und Nicola Bullard sehen das Weltwirtschaftssystem in der Defensive und räumen mit dessen Mythen auf

      "Bei ihrer Gründung vor 57 Jahren galten Internationaler Währungsfonds und Weltbank als extrem progressive Institutionen. Heute sind sie nicht nur nutzlos, sondern geradezu schädlich." - Für Susan George, Vizepräsidentin von Attac France und langjährige Vordenkerin der globalisierungskritischen Bewegung, bleibt dennoch die Hoffnung auf Reformen hin zu einer gerechteren Welt: "Die Welt ist schließlich von Menschen gemacht und kann sich ändern", so George am Samstag bei der Abschlussveranstaltung des taz-kongresses on tour.

      Zwar habe die Bewegung derzeit vor allem mit rechten Populisten zu kämpfen, die die Verlierer der Globalisierung mit einfachen Lösungen auf ihre Seite zu bringen trachten. Doch sei auch das kapitalistische System in sich erschüttert: "Jeden Tag gibt es eine neue Krise auf den internationalen Finanz- und Warenmärkten", dazu komme eine Krise der Demokratien, die sich an immer geringeren Wahlbeteiligungen und politischem Desinteresse festmachen lasse, sagte George. Vor allem die steigende Arbeitslosigkeit bei gleichzeitig abnehmenden sozialen Leistungen schaffe hier ein explosives Klima. "Wer aus diesem System herausfällt, destabilisiert es", so George. Die kritische Masse hält sie weltweit spätestens im Jahr 2020 für erreicht.

      Einer radikalen Systemveränderung stimmte auch Nicola Bullard vom Think-Tank "Focus on the Global South" in Bankok zu. Allerdings, so Bullard, seien die Ausgangsbedingungen weltweit extrem verschieden: "Wir können in Südostasien schließlich nicht wie in Europa über die Bewahrung des Wohlfahrtsstaates diskutieren. Es hat dort nie so etwas gegeben." Vor einer Reform der supranationalen Institutionen müsse außerdem zunächst auf nationaler oder regionaler Ebene für die Schaffung demokratischer sozialer und politischer Strukturen gesorgt werden: "Denn wer soll denn sonst die Interessen dieser Länder vertreten", fragte Bullard. Dieser Prozess sei aber umso schwieriger, weil internationale Institutionen wie Weltbank und Währungsfonds den Aufbau solcher Strukturen unterminierten.

      Dabei geht es gerade im Süden um viel Grundlegenderes: "Unser Problem ist nicht die Privatisierung des Rentensystems, wir reden über Nahrung, Arbeit, Überleben", so Bullard. Das, was in den USA und Europa als angebliche "De-Regulierung" der Weltwirtschaft wahrgenommen werde, sei in Wahrheit eher eine "Re-Regulierung", die vor allem den Wirtschaftseliten nütze.

      Dabei sei es auch ein Mythos, dass sich die in den Industrieländern des Nordens wegfallenden Arbeitsplätze als cheap labour auf der Südhalbkugel wiederfänden: "Vielmehr verschwinden diese Arbeitsplätze ganz, und die Menschen sind bereit, für immer weniger und weniger zu arbeiten, um überhaupt leben zu können." Bildung und Schulwesen spielen hierbei eine entscheidende Rolle, doch investiert wird nur im oberen Bereich: "Grund- und Sekundarschulen sind nicht die profitabelsten Zweige auf dem Bildungssektor", so Susan George.

      Auch für sie hat die Schaffung von politischer Kompetenz in den betroffenen Ländern Priorität: "Die Welthandelsorganisation funktioniert wie ein Multiplex-Kino. Ständig laufen dort Dutzende von wichtigen Verhandlungen gleichzeitig. Kleine Länder haben oft gar nicht das entsprechende Personal, um überall präsent zu sein. Man muss also schon wissen, in welchen Film man will und wo er läuft - es ist unmöglich, alle zu sehen." STEFFEN GRIMBERG

      taz Nr. 6770 vom 10.6.2002, Seite 6, 116 Zeilen (TAZ-Bericht), STEFFEN GRIMBERG
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      schrieb am 10.06.02 20:56:18
      Beitrag Nr. 88 ()
      Ja, das ist schon eine feine Zeitung.

      Lernt den schönen Krieg!
      Kriegsspielernaturen, aufgepasst! Das Quartettspiel "Al-Qatäter" zeigt euch, wie es geht, und kommt ohne Schwarzen Peter aus


      Ja, denkt denn keiner an die Kinder? Wie, so fragten sich besorgte Eltern und Psychologen nach Demelftenseptember, sollen die kleinen Racker die schrecklichen Bilder von kollabierenden Riesentürmen wegstecken? Wie sollen sie mit der sich häufenden Tatsache zerplatzender Palästinenser "umgehen"? Wie sollen sie lernen, nicht über die immer kürzer werdenden Beine und die immer länger werdende Nase von Rudolf "Pinocchio" Scharping zu lachen? Etwa durch einen kindgerechten, spielerischen Umgang mit den Geschehnissen? Genau.

      Nicht von Pädagogen, sondern von der Stuttgarter Künstlergruppe "schön n krieg" kommt ein leicht verständliches und verblüffend schön gestaltetes Lehrmittel, das Traumata überwinden und das Böse dieser Welt bezwingen hilft: "Al-Qatäter, das erste Spiel zum ersten Krieg des 21. Jahrhunderts", heißt es und kommt nicht als Brett-, Liebes- oder Computerspiel daher, sondern in schulhoftauglicher Quartettform. Kennt jeder, kann jeder: Ferrari GTO sticht Golf GTI, und dann kräftig Karten sammeln.

      Ziel von "Al-Qatäter" aber ist es, Quartette mit Titeln wie "Moderne Waffensysteme" (Milzbrand-Postwurfsendung, fliegender Teppich), "Weltweite Terrornetzwerke" (Asta der TU Hamburg-Harburg, Internationaler Währungsfonds IWF) oder "Schurken und Staaten" (Dritte Welt, Ex-BDI-Präsident Hans-Olaf Henkel) zu sammeln.

      Ganz nebenbei können sich die neugierigen Spieler jenes Weltbild aneignen, das sich im gerechten Kampf für das Gute als unabdinglich erwiesen hat. Ohne Argumente gegen die Dritte Welt kommt man da schnell mal in die Bredouille: "Rohstoffe horten, Amüsiermädchen beschneiden und dann Schulden haben - klar, dass den USA der Kragen platzt." Klar, dass "Al-Qatäter" schon in die Planspiele des Pentagons einbezogen wurde. Beziehungsweise dringend einbezogen werden sollte.

      Darüber hinaus gibts Wissenswertes über nahöstliche Knallerbsen, das man in keiner Schule lernt: "Der autonom operierende Selbstmordattentäter gilt in Palästina als die Autobombe des ganz kleinen Mannes." Israels Premier Ariel Scharon dagegen firmiert unter "Gerechte Krieger" und wird ebenfalls treffend charakterisiert: "Der Hardliner mit den trendy Tränensäcken ist kein Freund langer Verhandlungen." Als gerechte Krieger lernen die Nachwuchskriegsspieler aber auch Joseph Fischer (Niemand kann sich besser in die Gedanken der Al-Qaida-Strategen versetzen als der wendige Exterrorist.) oder Georg W. Bush (Neben Klonschaf Dolly ist George W. Bush das bislang folgenschwerste Resultat der Genforschung.) zielsicher kennen und schätzen. Unter "Künftige Angriffsziele" wird die Klagemauer durchaus differenziert betrachtet: "Wegen ihrer multireligiösen Bauweise kommt die Klagemauer nur für Präzisionsattentäter in Frage." Und der Schwachpunkt Brandenburger Tor (da die strengen Sicherheitsvorkehrungen am 09.11. 1989 aufgehoben wurden) wird mit chirurgischer Präzision freigelegt. Das nötigt Achtung ab.

      Unterschieden werden die einzelnen Karten nach "größter messbarer Ausdehnung", "Reichweite", "Dienstgipfelhöhe", "Volkswirtschaftlicher Gesamtschaden" und "PS (Politische Stabilität)". Hier aber haperts. Euro und Otto Schily sind beides "künftige Angriffsziele". Doch die "Dienstgipfelhöhe" des Euro ist mit "Dollarkurs" angegeben, Schilys Dienstgipfelhöhe mit "Stammtisch". Wer sticht nun wen? Und der Schwarze Peter fehlt auch. Beziehungsweise wird er nur durch "Blitzschlumpf" Rudolf Scharping ersetzt. So überzeugend das Konzept auch sein mag - spielbar ist dieses Quartett nicht. Seit dem 11. September aber ist für solche geschmäcklerischen Mäkeleien kein Platz. ARNO FRANK/
      MICHAEL RUDOLF

      taz Nr. 6768
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      schrieb am 12.06.02 12:21:25
      Beitrag Nr. 89 ()
      ...eine feine Zeitung!

      GEHEIMDIENSTE UND DIE BEKÄMPFUNG DES TERRORISMUS

      Das Ohr an der Welt

      DIE US-amerikanischen Nachrichtendienste waren nicht in der Lage, die Angriffspläne der Flugzeugentführer vom 11. September aufzudecken und ihre Aktionen zu stoppen. Auch das weltweite Abhörsystem Echelon der National Security Agency (NSA) hat nichts genützt. Gleichwohl haben die Geheimdienste nicht versagt, denn sie sollen in erster Linie nicht gegen drohende Gefahren wie terroristische Anschläge schützen, ihr Auftrag besteht vielmehr darin, den USA weltweit den Zugang zu allen nur denkbaren Informationen zu ermöglichen und auf diese Weise die militärischen, wirtschaftlichen und politischen Interessen der USA immer stärker durchzusetzen.


      Von NICKY HAGER *

      * Autor von "Secret Power, New Zealands Role in the International Spy Network", Nelson, Neuseeland (Craig Potton Publishing) 1996.

      Die Gründungskonferenz der Vereinten Nationen im April 1945 war für die Entstehung einer neuen Weltordnung nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs ein entscheidender Moment. Im Opernhaus von San Francisco kamen Delegierte aus über fünfzig Ländern zusammen, um ihren Glauben an die grundlegenden Menschenrechte zu bekräftigen und sich zu geloben, künftige Geschlechter vor der Geißel des Krieges zu bewahren. Und sie beschworen, als Fundament der Vereinten Nationen, die Gleichberechtigung "aller Nationen, ob groß oder klein [. . .], die als gute Nachbarn in Frieden miteinander leben" sollen.

      Mit dieser Konferenz begann jedoch zugleich eine neue Ära der Spionage. US-Präsident Roosevelt hatte sich, in einer scheinbar großzügigen Geste, nachdrücklich als Gastgeber der Konferenz angeboten. Seine Gastfreundschaft war jedoch nicht ohne Hintergedanken: Die US-Amerikaner wollten, dass ihre Geheimdienstleute die Delegierten der anderen Länder - der großen wie der kleinen - überwachen konnten, wenn sie sich telefonisch mit ihren Hauptstädten über ihre Verhandlungspositionen verständigten. Die verschlüsselten Telegramme der einzelnen Delegationen wurden von den US-amerikanischen Telegrafenfirmen an die Geheimdienste weitergereicht und den Dechiffrierungsspezialisten der US Army übergeben, die rund um die Uhr an den Texten arbeiteten. Die entschlüsselten Telegramme halfen der US-Delegation, ihre Ziele in den Kontroversen über die künftige Ausgestaltung der neuen internationalen Organisation durchzusetzen. In den Augen der beteiligten Geheimdienstler war die Operation ein Riesenerfolg.

      Die US-Delegation machte sich auch dafür stark, die UN-Zentrale auf US-amerikanischem Boden zu etablieren - ebenfalls mit der geheimen Absicht, ihren Lausch- und Codeknacker-Teams die Arbeit zu erleichtern. Diese Spezialisten der elektronischen Spionage wurden bald in der National Security Agency (NSA) zusammengefasst. Heute ist die NSA die größte nachrichtendienstliche Agentur der Welt und überwacht die elektronische Kommunikation praktisch aller Länder dieser Erde.

      Üblicherweise stellen wir uns geheimdienstlichen Aktivitäten als ein Duell zwischen den Spionen der Supermächte vor, das mehr oder weniger gefährliche und absurde Formen annimmt, sich aber gegenüber den anderen Problemen und politischen Konflikten der Welt verselbstständigt hat. Dabei dienten in den letzten fünfzig Jahren die umfangreichen geheimdienstlichen Kapazitäten, die im Kampf gegen die faschistischen Achsenmächte und später gegen die Sowjetunion aufgebaut wurden, auch dem Zweck, die weltpolitische Führungsposition der USA abzusichern. Dieses heimliche Ziel der US-Außenpolitik dokumentiert das unlängst erschienene Buch "Body of Secrets" des US-Journalisten James Bamford, der schon 1982 den ersten Bericht über Funktion und Arbeit des NSA verfasst hat.(1)

      Bamford enthüllt, dass die NSA über einen Jahresetat von über 7 Milliarden Dollar verfügt, wozu noch weitere Milliarden für die Abhörsatelliten kommen. Die Behörde hat über 60 000 Angestellte, das sind mehr Mitarbeiter als CIA und FBI zusammengenommen. Sie liegt etwas von Washington entfernt und bildet so etwas wie eine eigene kleine Stadt, bestehend aus fünfzig mit Hightech voll gestopften Gebäuden, die, von Sicherheitszäunen umgeben, von bewaffneten Wachposten beschützt werden.

      Seit die weltweiten Geschäftsbeziehungen mehr und mehr über elektronische Kommunikationssysteme laufen, ist das Abhören all solcher Kommunikationswege zur wichtigsten Form der internationalen Spionage geworden. Die Aufgabe der Fernmelde- und elektronischen Aufklärung der NSA wird auch signals intelligence, abgekürzt SigInt, genannt - im Gegensatz zu HumInt, also der Aufklärung durch den Einsatz von Menschen. Unterstützt wird die SigInt der NSA durch die vier ihr eng verbundenen Agenturen in Großbritannien, Kanada, Australien und Neuseeland. Zusammen bilden sie die so genannte Ukusa-Allianz.

      Die Überwachungssysteme der NSA sind zwar ein höchst raffiniertes und mächtiges Instrument, und doch ist ihre Leistungsfähigkeit begrenzt, wie die schockierte Welt am 11. September entdecken musste (siehe Kasten). So wie ein Hightech-Raketenabwehrsystem als Abwehr gegen ein ziviles Flugzeug nichts vermocht hätte, so können auch Hightech-Überwachungssysteme nur wenig gegen die unaufwendigen Kommunikationswege einer gut organisierten terroristischen Zelle ausrichten.

      Die US-amerikanische signals intelligence diente überwiegend nicht der Verteidigung der USA gegen eine Bedrohung von außen. Weit öfter sollte sie gezielt Informationen beschaffen, die als Unterstützung der kriegerischen Handlungen von Nutzen sein konnten, und zur Durchsetzung außenpolitischer Ziele die "grundlegenden Rechte" anderer Nationen unterminieren. Wie NSA-Direktor William Studeman in einem Memorandum an seine Mitarbeiter im April 1992 resümierte, gelten die "militärische Aufklärung" und der "weltweite Zugang zu elektronischer Kommunikation als die beiden Standbeine, auf denen die NSA stehen muss".

      Eines der Themen, die nach 1945 in der erfolgreich belauschten New Yorker UN-Zentrale beraten wurden, war die Teilung Palästinas. Das Ergebnis war ein Konflikt, der die Region seitdem zu einem der explosivsten Krisenherde und zu einem Zentrum politischer Gewalt gemacht hat. Beim Teilungsbeschluss vom Mai 1945 übten die USA auf einige Länder massiven Druck aus: Insbesondere die drei kleinen Länder Liberia, Haiti und die Philippinen wurden kurz vor der Abstimmung gedrängt, doch noch für die Teilung zu stimmen. Der damalige US-Verteidigungsminister James Forrestal schrieb in seinem Tagebuch, die angewandten Methoden, "andere Länder unter Druck zu setzen", seien "fast schon skandalös".

      Der Kalte Krieg diente als Deckmantel für viele geheimdienstliche Operationen gegen Länder und Gruppen, die sich gegen die US-Regierung stellten. Zu Beginn der Sechzigerjahre richteten sich solche Operationen vor allem gegen Kuba. Nachdem im April 1961 die von Exilkubanern unternommene und von den USA unterstützte Invasion in der Schweinebucht gescheitert war, ersann der Vereinigte Generalstab in Washington einen Plan, der im Rückblick merkwürdig aktuell anmutet. Wie Bamford enthüllt, setzte diese Geheimstrategie auf eine "Terrorkampagne gegen US-Bürger", die man Kuba in die Schuhe schieben wollte, um damit eine umfassende Invasion auf der Insel zu rechtfertigen. In einem geheimen Planungspapier hieß es dazu: "Die Listen der Todesopfer in den US-Zeitungen würden eine hilfreiche Welle nationaler Empörung auslösen." Der Plan mit dem Codenamen "Operation Northwood" sah u. a. Flugzeugentführungen und Bombenattentate auf Miami und Washington vor. Die entsprechenden Dokumente enthielten auch die Forderung, "die kubanische Regierung vor den Augen der internationalen Öffentlichkeit so darzustellen, dass diese [. . .] als alarmierende und unkalkulierbare Bedrohung für den Frieden der westlichen Hemisphäre erscheint"(2). Die Kennedy-Regierung lehnte die "Operation Northwood" ab, doch zwei Jahre später führte ein ähnlicher - vermutlich inszenierter - "Zwischenfall" im Golf von Tonking zum Einsatz von US-Truppen im Vietnamkrieg. Die US-Regierung begann damals mit Unterstützung britischer, australischer und neuseeländischer Geheimdienstleute ihre gigantische Geheimdienstoperation in Vietnam, um unter anderem die Angriffsziele für die täglichen B-52-Bomber-Einsätze zu ermitteln.

      Die Geschichte der NSA macht deutlich, dass die US-Regierungen gegenüber dem Terrorismus eine flexible Haltung einnehmen, je nachdem von wem die Gewalt ausgeht. Ein aufschlussreiches Beispiel dafür ist die Reaktion auf den israelischen Angriff gegen das NSA-Spionageschiff Liberty während des Sechstagekriegs. Am 8. Juni 1967 attackierten die Israelis, nachdem sie die vor der israelischen Küste patrouillierende Liberty sechs Stunden lang observiert hatten, das US-Schiff mit Flugzeugen und Torpedobooten, bis es praktisch zerstört und die meisten NSA-Mitarbeiter auf dem Schiff entweder tot (34 Mann) oder verwundet waren (171 Mann). Auch die Rettungsboote wurden, sobald sie zu Wasser gelassen waren, beschossen und versenkt. Die Israelis haben den Angriff später als Versehen deklariert. Obwohl die NSA das Gegenteil beweisen konnte, hat die US-Regierung die israelische Erklärung akzeptiert und den Vorfall nicht näher untersucht.

      Bamford weist in seinem Buch überzeugend nach, dass die israelischen Militärs seinerzeit genau wussten, was sie taten. Seine Schlussfolgerung lautet, sie hätten damit verhindern wollen, dass die Amerikaner sich Beweismaterial für ein Kriegsverbrechen verschaffen, das sich nur zwanzig Kilometer von dem US-Spionageschiff entfernt ereignete. Denn israelische Soldaten waren damals in der ägyptischen Stadt al-Arish gerade dabei, Hunderte von Zivilisten und Kriegsgefangene zu erschießen. Das Pentagon verhängte eine totale Nachrichtensperre über den Angriff. Den Überlebenden der Schiffsbesatzung wurden Gefängnisstrafen für den Fall angedroht, dass sie über den Vorfall sprechen sollten. Präsident Johnson soll damals gesagt haben, die Versenkung des Schiffes sei ihm egal, er werde "seine Verbündeten nicht in Verlegenheit bringen"(3).

      In Neuseeland schwand die öffentliche Unterstützung für die US-Außenpolitik - wie in anderen Ländern auch - mit dem Vietnamkrieg. Dazu kam die ungute Rolle, die die USA damals in der Region spielten, wobei die öffentliche Meinung ausgesprochen negativ auf die Unterstützung Washingtons für die Regime von Suharto und Marcos in Indonesien und den Philippinen sowie auf die heimliche Unterstützung der indonesischen Invasion in Osttimor reagierte. Die Bevölkerung eines "kleinen Landes" wie Neuseeland stieß sich besonders am Einsatz militärischer Mittel - und daran, dass die Amerikaner zweierlei Maß anlegten, wenn es um die Achtung der Rechte anderer Länder ging. Aber während sich die öffentliche Meinung eine unabhängigere Außenpolitik wünschte, standen die neuseeländischen Geheimdienste dem US-System weiterhin als Außenposten zu Diensten. Obwohl etwa die meisten Neuseeländer für die Unabhängigkeit von Osttimor waren, unterstützten die neuseeländischen Dienste ihre australischen Kollegen bei der Überwachung der timoresischen Bevölkerung. So gaben sie etwa ihre nachrichtendienstlichen Erkenntnisse an die Regierungen in Washington und London weiter, obwohl diese damals mit den indonesischen Geheimdiensten zusammenarbeiteten.

      Hier tritt die Ungleichheit innerhalb der geheimdienstlichen Allianz der USA deutlich zutage. Die Mitarbeiter des neuseeländischen Geheimdienstes liefern den Amerikanern alles, was diese verlangen, hüten sich aber davor, energisch auf irgendwelchen Gegenleistungen zu beharren. Sie glauben auch, dass das von ihnen praktizierte Aushorchen von Freunden, Nachbarn und Handelspartnern ein geringer Preis für das Privileg sei, dass sie eine besondere Beziehung zum mächtigsten Land der Welt unterhalten dürfen. Mit Sicherheit wird diese Sicht der Dinge auch von den britischen und den anderen Mitgliedern der Geheimdienst-Allianz geteilt.(4)

      Im Zuge meiner Recherchen über das weltweite Überwachungssystem Echelon(5) konnte ich Gespräche mit einigen Mitarbeitern des neuseeländischen Geheimdienstes führen, die mit den wöchentlich tausenden von Geheimdienstberichten der NSA befasst sind. Ihre Überwachungsziele spiegeln die Prioritäten und Interessen der US-Regierung wider. So spuckten ihre Teleprinter beispielsweise in den Achtzigerjahren endlose Ausdrucke von in Afghanistan aufgefangenen Telefongesprächen aus, die gesammelt wurden, um den "Freiheitskämpfern" zu helfen, die damals gegen die Russen kämpften - unter ihnen war auch Ussama Bin Laden.

      Andere neuseeländische Geheimdienstler sammelten auf Anfrage der NSA nachrichtendienstliches Material über den pazifischen Raum. Dabei hatten sie es keineswegs auf Terroristen abgesehen, sondern auf Informationen über politische, ökonomische und militärische Vorgänge in der Region. Angepeilt werden im Rahmen solcher Operationen die Büros von Regierungschefs, Ministern, Ministerien, der Polizei, des Militärs, von Oppositionspolitikern und Nichtregierungsorganisationen, und zwar umfassend und kontinuierlich in allen Ländern. Alle regionalen Organisationen und Handelskonferenzen werden ebenso abgehört wie die in der Region tätigen Unterorganisationen der UNO.

      Dabei sind die geheimdienstlichen Erkenntnisse über den südlichen Pazifik auf den ersten Blick häufig völlig unerheblich. Aber das komplette Insiderwissen über die Pläne, Probleme und Verhandlungspositionen anderer Länder kann im Zweifelsfall einen ganz konkreten Vorteil bedeuten. Einer der Geheimdienstanalytiker erzählte mir zum Beispiel voller Empörung die Geschichte von der Überwachung des (pazifischen) Inselstaats Kiribati. Dieses winzige Land, dessen wichtigste natürliche Ressource seine Fischbestände sind, steht wirtschaftlich auf wackligen Beinen. Nachdem US-amerikanische Thunfischtrawler jahrelang in ihren Gewässern gewildert hatten, fand die Regierung von Kiribati ein russisches Fischereiunternehmen, das bereit war, für die Fangrechte zu bezahlen. Obwohl der Kalte Krieg damals schon in Tauwetter übergegangen war, löste dies in den Spionageorganisationen die antikommunistischen Alarmglocken aus. Die neuseeländischen Geheimdienstler hörten alle Ferngespräche von und nach Kiribati ab und lieferten ihre Tonbänder den USA ab. Diese benutzten die Informationen, um das angestrebte Fischereiabkommen zu torpedieren, was am Ende auch glückte - eine weltpolitische Marginalie, die für den Kleinstaat jedoch eine Katastrophe war.

      Die Nachfolger der Geheimdienstler, die 1945 die Konferenz von San Francisco belauscht haben, sind nach wie vor damit beschäftigt, Einfluss auf das Weltgeschehen zu nehmen. Ihre neuseeländischen Kollegen berichten, wie die US-Delegation während der Gatt-Verhandlungen in den 1980er- und 1990er-Jahren, als sich die Vertreter der USA und der europäischen Länder in den Haaren lagen, von der NSA mit einem stetigen Strom erlauschter Informationen versorgt wurde. Bamford beschreibt, wie 1995 ein Abhörteam der NSA nach Genf geflogen wurde, um während der japanisch-amerikanischen Verhandlungen über die Zölle für Autoimporte die japanischen Vertreter und die Manager von Toyota und Nissan zu belauschen. Und die kanadische Exgeheimdienstlerin Jane Shorten hat aufgedeckt, wie die mexikanische Handelsdelegation während der Verhandlungen über das Nafta-Abkommen von 1992 überwacht wurde.

      Solche Spionagemethoden, wie sie vor 56 Jahren in San Francisco erstmals eingesetzt wurden, hätten auch dazu dienen können, die Hoffnungen der UN-Gründer auf eine neue Ära der Menschenrechte und des humanitären Völkerrechts zu realisieren. Eher das Gegenteil ist eingetreten. Wie die militärischen, so stabilisieren auch die geheimdienstlichen Operationen eine Weltordnung, die weit davon entfernt ist, die 1945 verkündeten Ziele umzusetzen: gleiche Rechte für alle Länder - ob große oder kleine - zu gewährleisten und die Welt vor Kriegen zu bewahren.

      dt. Niels Kadritzke

      Fußnoten:
      (1) James Bamford, "Body of Secrets, Anatomy of the ultra-secret National Security Agency from the Cold War through the dawn of a new century", New York (Doubleday) 2001. Sein älteres Buch hieß "The Puzzle Palace: A Report on Americas Most Secret Agency", Boston (Houghton Mifflin) 1982.
      (2) Bamford, a. a. O., S. 82-87.
      (3) Bamford, a. a. O., S. 226.
      (4) Siehe dazu den vom Europäischen Parlament Ende Mai 2001 angenommenen Bericht von Gerhard Schmid, www.europarl.eu.int
      (5) Siehe Philippe Rivière, "Le système Echelon", Manière de voir Nr. 46, Juli-August 1999.


      Le Monde diplomatique Nr. 6602 vom 16.11.2001, 407 Zeilen, NICKY HAGER
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      schrieb am 12.06.02 12:32:08
      Beitrag Nr. 90 ()
      Lieber nehmen als geben

      Informationspolitik von CIA und FBI


      Von Annette Ramelsberger (SZ)

      Der Mann, den die Amerikaner jetzt als Al-Qaida-Kämpfer vorführen, der die USA mit einer schmutzigen Bombe verseuchen wollte, ist den internationalen Geheimdiensten seit längerer Zeit bekannt. Informationen über ihn zirkulierten unter den befreundeten Diensten in USA, Europa und auch in Deutschland. Doch dass die Amerikaner den Mann bereits vor vier Wochen festgenommen haben, das wusste in Deutschland niemand – obwohl ständig beteuert wird, wie gut die Sicherheitsbehörden quer über den Atlantik zusammenarbeiten.

      Trotz der Bemühungen um einen reibungslosen Informationsaustausch im Kampf gegen den Terror gilt immer noch eine Einbahn-Regelung: Die Amerikaner fragen alles ab, geben aber nur wenig zurück. „Wir wissen nicht, was die an Informationen haben“, sagt ein hoher Geheimdienstmann. „Und die wissen vielleicht nicht, was wir an Informationen brauchen.“ Mancher Geheimdienstler hält den erstaunlichen Fahndungserfolg der Amerikaner im eigenen Land ohnehin für „sehr merkwürdig“. Er komme gerade in einem Moment, in dem den US-Diensten schlechte Zusammenarbeit und einschneidende Fehler vorgeworfen würden. Klar ist den europäischen Diensten, dass die Amerikaner gerade beim Einsatz gegen al-Qaida in Afghanistan das Heft in der Hand behalten wollen – deshalb geizen sie mit Informationen an die Verbündeten.

      Ein einziger Hinweis

      So sind die deutschen Geheimdienste bei der Einschätzung von Warnungen aus den USA oft unsicher und geraten dabei in den Verdacht, die eigene Bevölkerung über das Ausmaß der Gefahr zu täuschen. Der Vizepräsident des Bundesverfassungsschutzes, Klaus-Dieter Fritsche, musste auf einer Tagung der Politischen Akademie in Tutzing am Wochenende die Frage beantworten, ob die deutschen Behörden die Bürger für dumm verkaufen wollten, weil kaum Warnungen kämen. „Ich kann mich zur Informationspolitik der USA nur schwer äußern“, wand Fritsche sich und fügte hinzu: „Sie werden schon konkrete Quellen haben.“

      Offenbar erfahren die Deutschen aber nichts von diesen konkreten Quellen. „Die Amerikaner richten nicht wöchentlich ein Informationsboard ein, wo sie uns eins zu eins ihre Informationen geben“, sagte Fritsche in seltener Klarheit. „Das FBI fragt Konkretes ab und gibt uns Allgemeines“, sagt auch Manfred Murck, der Vize des Hamburger Verfassungsschutzes. Den Hamburgern hatten die Amerikaner nach den Anschlägen vom 11. September vorgeworfen, die Terrorzelle um den Flugzeugentführer Mohammed Atta in der Marienstraße 54 nicht erkannt zu haben.

      Das Bundeskriminalamt (BKA) erklärt wie die Monate davor, die Gefährdungslage in Deutschland sei abstrakt hoch, es gebe keine konkreten Hinweise auf Anschläge. „Wir halten nichts davon, die Bevölkerung mit Horrormeldungen zu überschütten, die so vage sind, dass sie alles oder nichts bedeuten können“, sagt BKA-Mann Gerhard Schlemmer. Die Amerikaner dagegen gäben alle Hinweise an die Öffentlichkeit, und seien sie noch so schwammig. Sie nähmen dafür alle Konsequenzen in Kauf: Brücken würden gesperrt und Straßen abgeriegelt. Das deutsche BKA ist bisher mit einem einzigen Hinweis an die Öffentlichkeit gegangen. Anfang Mai gab es den Verdacht, Islamisten wollten in Europa Passagierschiffe entführen. „An der Glaubwürdigkeit dieser Information“ hätten die Dienste „erhebliche Zweifel“, hieß es gleich dazu. Alarm gab es keinen.
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      schrieb am 12.06.02 22:29:52
      Beitrag Nr. 91 ()
      US-Armee unter Verdacht

      In Afghanistan soll es Massenerschießungen von gefangenen Taliban gegeben haben. Das behauptet ein bisher unveröffentlichter Dokumentarfilm. Auch US-Soldaten sollen beteiligt gewesen sein


      BERLIN taz Der irische Dokumentarfilmer Jamie Doran behauptet, im November vorigen Jahres habe es in der Nähe der nordafghanischen Stadt Masar-iScharif ein Massaker an mehreren tausend gefangenen Taliban-Kämpfern gegeben. An den Massenerschießungen sollen auch Soldaten der US-amerikanischen Armee beteiligt gewesen sein. In Dorans Dokumentarfilm "Massacre at Mazar", der gestern in Berlin von der PDS-Bundestagsfraktion vor Journalisten gezeigt wurde, behaupten mehrere Augenzeugen, dass ein solches Massaker stattgefunden habe. Der Dokumentarfilmer verfügt nach eigenen Angaben über die Namen der Augenzeugen, die bereit seien, vor einem internationalen Gericht auszusagen.

      Andrew McEntee, ein namhafter britischer Völkerrechtsanwalt, der zusammen mit Doran bei der Präsentation des Films in Berlin anwesend war, hat das gesamte Bildmaterial gesehen und alle Zeugenaussagen gelesen. "Dem Anschein nach handelt es sich hier um Beweise für Kriegsverbrechen", so McEntee. "Solche Verbrechen verstoßen nicht nur gegen internationales, sondern auch gegen amerikanisches Recht." Der Anwalt, der Filmemacher sowie die PDS-Bundestagsfraktion fordern eine Untersuchung des Massakers durch eine internationale Kommission.

      Die Massenerschießungen sollen sich im November vorigen Jahres ereignet haben. Die Truppen der afghanischen Nordallianz haben damals nach dem Fall der Stadt Kundus mehrere tausend Taliban-Kämpfer gefangen genommen. Die meisten von ihnen wurden in dem Fort Kalai Dschangi festgehalten, bevor sie in großen Containern ins Gefängnis nach Scheberghan gefahren wurden. Von den insgesamt 8.000 Gefangenen, so der Vorwurf in dem Film, seien auf dem Transport "mehr als 3.000 verschwunden".

      In dem Film berichtet ein afghanischer Anti-Taliban-Kämpfer, dass er von seinem Kommandeur aufgefordert worden sei, während des Transports Löcher in die Container zu schießen, damit die Gefangenen Luft zum Atmen hätten. "In jedem Container wurden 150 bis 160 Gefangene getötet", so der Kämpfer. Nach der Ankunft im Gefängnis in Scheberghan seien die Toten auf Befehl amerikanischer Soldaten in der Wüste bei Dascht-i Leili verscharrt worden. In dem Film sind keine Bilder von dem Massaker zu sehen. Aufnahmen aus der Wüste zeigen menschliche Überreste, die im aufgehäuften Sand liegen. Zu sehen sind Knochen und zerrissene Kleider.

      Die Aussagen über die Massenerschießungen werden in dem Film von drei weiteren afghanischen Kämpfern unterstützt: von einem Kommandeur sowie von zwei Männern, die gezwungen worden sein sollen, die Container mit den Gefangenen zu fahren. Obwohl die Kämpfer, die die Taliban erschossen haben sollen, unter afghanischem Kommando gestanden hätten, so ein Augenzeuge in dem Film, hätten amerikanische Kommandeure alles unter ihrer Kontrolle gehabt. Andere Zeugen berichten, dass Amerikaner an Folterungen von Taliban beteiligt gewesen seien. JENS KÖNIG

      taz Nr. 6773 vom 13.6.2002


      US-Armee unter Verdacht. Nur ein toter Indianer ist ein guter Indianer.
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      schrieb am 13.06.02 11:45:05
      Beitrag Nr. 92 ()
      Die müde Jagd des FBI auf den "Anthrax-Man"

      Von Carsten Volkery, New York

      Seit einem halben Jahr gilt Fort Detrick als der wahrscheinlichste Herkunftsort des Milzbranderregers, der die USA im Herbst in Schrecken versetzte. Doch erst jetzt müssen sich Mitarbeiter einem Lügendetektortest unterziehen. Die schleppende Fahndung führt zu Spekulationen, dass das FBI den Täter gar nicht finden will.

      New York - Bereits im vergangenen November, einen Monat nach dem ersten Milzbrand-Todesfall, stellte das FBI ein Täterprofil des Absenders der vier Anthraxbriefe vor: Gesucht werde ein amerikanischer Mikrobiologe, der Zugang zu einem der wenigen Biowaffenlabore in den USA habe.



      Seit dieser ersten Diagnose hat sich bemerkenswert wenig getan. Auch nach acht Monaten Fahndung und 5000 Verhören hat die mächtige Bundespolizei offenbar den Kreis der Verdächtigen nicht weiter eingrenzen können. FBI-Direktor Robert Mueller erklärte vergangenen Monat in einer Anhörung vor dem Senat, weiterhin keine heiße Spur zu haben.

      Im Februar sandte die Behörde einen Hilferuf an die 30.000 Mitglieder der American Society of Microbiologists. Darin hieß es: "Es ist sehr wahrscheinlich, dass einer oder mehrere von Ihnen dieses Individuum kennen."

      Doch erreicht wurde damit nur, dass auf der Jahresversammlung der amerikanischen Mikrobiologen vor drei Wochen eine Stimmung wie bei Agatha Christie herrschte. Die zehntausend anwesenden Wissenschaftler beäugten sich laut "USA Today" skeptisch, mit der FBI-Warnung im Hinterkopf: Der fünffache Mörder ist unter Ihnen.

      Dabei gibt es längst sehr viel konkretere Hinweise. Bereits im Dezember hatte die "Washington Post" berichtet, dass das Anthrax-Puder in den Briefen wahrscheinlich aus dem US Army Medical Research Institute of Infectious Diseases (USAMRIID) in Fort Detrick stammte. Die 60 Kilometer außerhalb von Washington liegende Einrichtung ist das wichtigste Biowaffenlabor des Landes.

      Eine genetische Analyse des Puders aus den Briefen hat diese Vermutung inzwischen bestätigt. Der Erreger stimme im Wesentlichen mit dem Ames-Stamm überein, der vom USAMRIID verwendet wird, berichteten die Forscher am 10. Mai im Wissenschaftsmagazin "Science".

      Der Ames-Stamm des Anthrax-Bakteriums wurde zuerst 1981 in einer toten texanischen Kuh entdeckt. Dieser Stamm wird seither in Fort Detrick gezüchtet - offiziell, um Impfstoffe zu entwickeln. Fort Detrick hat Proben an etwa 20 weitere Labore, darunter auch britische und kanadische, verschickt. Doch die Mehrheit davon arbeitet mit "nassem Anthrax". Nur vier Labore haben laut der Mikrobiologin Barbara Rosenberg die Fähigkeit, das tödliche, hoch konzentrierte Anthraxpuder herzustellen. Alle vier sind in den USA.

      Dazu kommt: Zumindest die Forscher von Fort Detrick hatten nicht nur das entsprechende Know-how, sondern wohl auch die Gelegenheit, die Bakterien aus dem Labor zu schmuggeln. Ehemalige Mitarbeiter haben in den Medien von laxen Sicherheitsvorkehrungen berichtet.

      Das grenzt den Kreis der möglichen Täter auf wenige hundert, manche sagen, dutzend Personen ein. "Die Arbeit an offensiven Biowaffen ist in diesem Land seit Jahrzehnten verboten, daher kennen sich nur wenige amerikanische Forscher damit aus", schreibt die "New York Times".

      Doch das FBI hat sich dieser überschaubaren Gruppe nur zögerlich genähert. Erst im März forderte es die Personalunterlagen der Labor-Mitarbeiter an :eek: , nachdem das "Wall Street Journal" auf die Schlamperei hingewiesen hatte. Und erst in diesen Tagen müssen sich rund 200 Mitarbeiter von zwei Labors einem Lügendetektortest unterziehen. Die Tests werden im USAMRIID und im Dugway Proving Ground in Utah, 130 Kilometer entfernt von Salt Lake City, durchgeführt.

      Angesichts der schleppenden Fahndung werden einige Beobachter unruhig. Am vergangenen Freitag reichte die konservative Organisation Judicial Watch Klage gegen das FBI, die Post, das Gesundheitsministerium und das Zentrum für Krankheitskontrolle (CDC) ein. Eine Klage gegen das Weiße Haus werde vorbereitet, sagte Sprecher Brian Doherty.

      Unter Berufung auf den "Freedom of Information Act" fordert Judicial Watch alle Akten und Gesprächsmitschnitte, die in den zuständigen Behörden über Anthrax geführt wurden.
      Die Organisation vertritt laut Doherty "Hunderte von Mitarbeitern" des Postamts Brentwood in Washington, von wo die an die Senatoren Patrick Leahy und Tom Daschle adressierten Briefe weitergeleitet worden waren.

      "Wir wollen wissen, was das Weiße Haus wusste", sagt Doherty. Warum haben die Mitarbeiter des Weißen Hauses bereits am 11. September, Wochen vor dem ersten Anthrax-Brief, das Antibiotikum Cipro bekommen? Doherty ist überzeugt, dass die Akteneinsicht Vorwissen zutage fördert. "Wir haben schon oft Überraschungen erlebt". Doch die Behörden könnten sich einmal mehr auf die nationale Sicherheit berufen und die Herausgabe verweigern.

      Barbara Rosenberg, Präsidentin der Federation of American Scientists (FAS), geht noch weiter. Die Mikrobiologin, die an der State University of New York in Purchase arbeitet, hatte bereits im Februar eine mehrseitige Analyse der Anthrax-Situation auf ihrer Website veröffentlicht. Sie kommt zu dem Schluss, dass der Täter ein Veteran des Biowaffen-Programms der USA sei und spekuliert, dass das FBI befangen sei. Der Täter sei "überzeugt, dass er ungeschoren davonkommt. Weiß er etwas, was ihn für das FBI unberührbar macht?"

      In einem BBC-Interview im März legte sie noch einen drauf und spekulierte, es habe sich um ein fehlgeschlagenes CIA-Experiment "Anthrax in der Post" gehandelt. CIA und FBI wiesen ihre Vorwürfe entschieden zurück.

      Das Schneckentempo der Fahndung ist verdächtig, es könnte jedoch auch schlicht in der Unfähigkeit des FBI begründet sein - was seit den peinlichen Enthüllungen über die vermeintliche Superbehörde nicht von der Hand zu weisen ist.

      Auch die Existenz geheimer Biowaffenprogramme ist nicht auszuschließen. Das würde die Fahndung erschweren, schließlich wären dies zusätzliche Quellen und Verdächtige. Zwar sind offensive Biowaffen wie Anthrax seit der Nixon-Ära in den USA verboten. Doch die Bush-Regierung hatte sich vergangenen Juli geweigert, die internationale Biowaffenkonvention zu unterzeichnen - um keine Inspektoren ins Land lassen zu müssen, wie Experten glauben.

      Im vergangenen September enthüllte die "New York Times" drei geheime Biowaffen-Projekte. "Ich kannte nur eins von den dreien", sagte Elisa Harris gegenüber dem Online-Magazin "Salon". Harris war unter Bill Clinton Direktorin für Nichtverbreitungsfragen im Nationalen Sicherheitsrat. Harris will auch nicht gewusst haben, dass die Armee seit Beginn der neunziger Jahre waffenfähiges Anthrax produziert.


      Um den Täter zu finden, hofft das FBI auf die weitere genetische Analyse des gefundenen Puders. Die Forscher sind zuversichtlich, dass sie durch Vergleich der DNA einige Labore ausschließen können. Doch selbst wenn das Labor bestimmt ist, bleibt immer noch die Frage, wer das Zeug herausgeschmuggelt hat.


      Quelle: spiegel.de
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      schrieb am 14.06.02 09:26:55
      Beitrag Nr. 93 ()
      Schlagzeilen:

      Europäische Linke klagt Untersuchung von angeblichem US-Massaker ein
      Die angebliche Beteiligung von US-Soldaten an Massakern an gefangenen Taliban-Kämpfern in Afghanistan beschäftigt nun auch das Europaparlament

      Fischer wendet sich wegen Massaker-Vorwurf an USA



      Die Niederlande im Fadenkreuz
      US-Kongress billigt Invasion


      Von Dietmar Ostermann (Washington) und Klaus Bachmann (Brüssel)

      Wenn der Internationale Strafgerichtshof (ICC) im niederländischen Den Haag am 1. Juli seine Arbeit aufnimmt, dann befinden sich die Richter buchstäblich im Fadenkreuz der USA. So jedenfalls haben es in Washington beide Häuser des Kongresses beschlossen. Sie wollen den US-Präsident ermächtigen, "alle nötigen und angemessenen Mittel" einzusetzen, um US-Bürger aus den Fängen des UN-Gerichtshofs zu befreien. Mancher Niederländer befürchtet bereits eine Invasion des US-Militärs.

      Die beiden Gesetzesvorhaben, die zurzeit gerade im Vermittlungsausschuss des Kongresses liegen, könnten tatsächlich dazu führen, dass George W. Bush das Militär in Richtung Niederlande in Marsch setzen könnte, falls ein US-Bürger wegen Verletzungen der Menschenrechte, Kriegsverbrechen oder Völkermord vor dem Internationalen Strafgerichtshof angeklagt würde. Staaten, die mit dem ICC kooperieren, droht außerdem der Entzug von Militär- und Finanzhilfen - eine großzügige Ausnahme gilt lediglich für Nato-Mitglieder. US-Soldaten sollen sich künftig nur noch an UN-Friedensmissionen beteiligen dürfen, wenn ihnen Immunität vor dem ICC zugebilligt wird.

      Die Annahme der Gesetzentwürfe gilt als Sieg der erzkonservativen Republikaner Tom DeLay und Jesse Helms. Ihre Kollegen schwächten allerdings deren ursprüngliche Absicht leicht ab, den verhassten ICC mit buchstäblich allen Mitteln zu bekämpfen. So erhält der US-Präsident das Recht, die meisten Vorgaben des Gesetzes außer Kraft zu setzen, falls dies die "nationalen Interessen" geböten. Zudem dürfen die Vereinigten Staaten weiterhin internationale Bemühungen unterstützen, Leute wie Saddam Hussein, Slobodan Milosevic, Osama bin Laden und andere Ausländer, denen Völkermord oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorgeworfen werden, zur Rechenschaft zu ziehen.

      Auf breite Ablehnung stößt bei US-Bürgern aber, dass der Internationale Strafgerichtshof seine Zuständigkeit auch für jene Staaten beansprucht, die dem Abkommen zur Schaffung des ICC nicht beigetreten sind. Die Bush-Regierung hatte im Mai die Unterschrift unter den Vertrag zurückgezogen - angeblich, um US-Militärangehörige vor politisch motivierten Anklagen zu schützen. Derzeit bemüht sich die Administration, in bilateralen Verhandlungen mit einzelnen Staaten eine mögliche Auslieferung von US-Bürgern an den ICC auszuschließen.

      Die umstrittene Entscheidung der US-Parlamentarier sorgt unterdessen in den Niederlanden für große Aufregung. Das Parlament in Den Haag widmete dem Fall eine Aktuelle Stunde, Medien und Politiker ereiferten sich über eine möglicherweise bevorstehende Invasion von US-Truppen. Die Botschaft der Vereinigten Staaten sah sich gar gezwungen, eine Erklärung von George W. Bush zu veröffentlichen: Darin heißt es, der US-Präsident könne sich eine "militärische Aktion" gegen die Niederlande nicht vorstellen.

      Im Parlament von Den Haag betonte Außenminister Jozias van Aarsen derweil, nichts in dem Gesetzentwurf des Washingtoner Kongresses weise darauf hin, "dass wir gut daran täten, Sandsäcke vor unsere Türen zu legen", wie sein Pressesprecher hernach witzelte. Auch unter außenpolitischen Fachleuten gilt es als eher unwahrscheinlich, dass demnächst "amerikanische Kriegsschiffe in Scheveningen liegen", wie ein Abgeordneter im Parlament noch befürchtet hatte. Auch mit einer Invasion wie seinerzeit auf der Karibikinsel Grenada sei aus verschiedenen Gründen erstmal nicht zu rechnen.

      Schließlich schalte sich der Internationale Gerichtshof erst ein, wenn ein Verdächtiger nicht im eigenen Staat oder andernorts für seine Taten verklagt wird. Gegen eine Invasion von US-Truppen spricht auch das UN-Status und das Völkerrecht, denn obwohl der ICC als Institution exterritorial ist, würden die US-Soldaten bei ihrem Eindringen selbstverständlich die Souveränität der Niederlanden verletzten.

      Copyright © Frankfurter Rundschau 2002
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      schrieb am 14.06.02 12:07:21
      Beitrag Nr. 94 ()
      Amerika schirmt sich ab

      Der ABM-Vertrag ist begraben – die USA bauen eine Weltraum-Abwehr


      Die Bautrupps des amerikanischen U.S. Army Corps of Engineers müssen gleichsam Spaten bei Fuß gestanden haben in den letzten Wochen und Monaten, zitternd vor Ungeduld, wann es denn endlich losgehen könne mit der Arbeit. Sie hätten sich keine Sorgen zu machen brauchen: Keine Stunde später als rechtlich möglich beginnen die USA mit der Konstruktion eines Raketenschutzschildes in Alaska. An diesem Freitag erlischt – nach sechsmonatiger Kündigungsfrist – der ABM-Vertrag, an diesem Freitag fängt die neue Ära der Raketenabwehr an. Auf dem Militärstützpunkt Fort Greely, unweit von Fairbanks, werden die ersten Silos ausgeschachtet. Sie sollen Abfanggeschosse beherbergen, mit denen feindliche Raketen vernichtet werden können, die sich im Anflug auf die USA befinden.

      Im Januar hatte Präsident George Bush den vor 30 Jahren zwischen den Vereinigten Staaten und der Sowjetunion geschlossenen ABM-Vertrag fristgerecht gekündigt. Er hatte ihn als überflüssiges Relikt aus den Jahren des Kalten Krieges bezeichnet, das nicht mehr in die neue Zeit passe, in der sich Terroristen oder so genannte Schurkenstaaten Zugang zu Massenvernichtungswaffen und zu Raketentechnologie verschaffen und die USA bedrohen könnten. Vor allem aber hinderte der ABM-Vertrag an der Errichtung eines Schutzschildes im Weltraum.

      Russland und sein Präsident Wladimir Putin hatten sich nur kurz geziert, bevor sie sich dieser Sichtweise anschlossen – zur großen Überraschung der Westeuropäer. Die waren zunächst entsetzt über die Pläne, die nach ihrer Überzeugung riskant waren. Die Aufkündigung eines Vertrages, der ein Kernstück der internationalen Rüstungskontrolle war, konnte nach ihrer Meinung nur eine Folge haben: ein neues Wettrüsten. Heute redet davon niemand mehr, am wenigsten die Europäer, die sich den Anschein geben, als ob es nie Meinungsverschiedenheiten mit Amerika gegeben hätte. Sie hoffen nun vielmehr darauf, selbst unter einen

      erweiterten amerikanischen Schirm schlüpfen zu können.

      Wenn weiter alles nach Plan geht, werden die amerikanischen Streitkräfte schon im kommenden Monat einen ersten Test mit einem hochmodernen, auf einem Schiff montierten Aegis-Radar starten; ein Test, der nach den Bestimmungen des ABM-Vertrages verboten gewesen wäre. Noch in diesem Sommer sollen in Fort Greely insgesamt fünf Silos für Abfangraketen komplett mit Elektronik und Kommunikationsanlagen fertiggestellt werden. Nach den Plänen des Pentagon soll die Anlage bereits im Sommer 2004 für Notfälle verteidigungsbereit sein. Zeitlich fiele dies mitten in den nächsten Präsidentschaftswahlkampf, ein Umstand, der George Busch wohl nicht unwillkommen wäre.

      In der amerikanischen Bevölkerung wird das Rüstungsprojekt grundsätzlich begrüßt – trotz der hohen Kosten. Die Regierung glaubt, dass die Raketenabwehr in den kommenden vier Jahren 30 Milliarden Dollar verschlingen wird; die Etatbehörde des Kongresses veranschlagt die Kosten sogar auf 64 Milliarden Dollar bis zum Jahr 2015. Gemessen an Amerikas aufgeblähtem Verteidigungshaushalt verblassen diese Kosten jedoch. Zudem sieht die Regierung Bush in dem Projekt noch etwas anderes: ein gewaltiges staatliches Konjunkturprogramm, mit dem Arbeitsplätze geschaffen werden.

      Wolfgang Koydl (SZ)



      ...und nun live aus unserem Spionage-Satelliten

      Bilder geheimer Militäroperationen von USA und Nato sind seit Monaten frei zugänglich


      Von Peter Nonnenmacher (London)

      Seit mehr als einem halben Jahr werden Bilder geheimer Militäroperationen der USA und der Nato dem interessierten Publikum von einem kommerziellen Satellitensender frei Haus geliefert. Das Pentagon staunt: Auch bespitzelte Terroristen und Waffenschmuggler können sich per Internet ein Bild von den Maßnahmen der Gegenseite machen und deren Aktionen überall in der Welt live mitverfolgen.

      Die Enthüllung der Londoner Tageszeitung Guardian und des britischen Fernsehsenders BBC hat die US-Administration in einige Verlegenheit gebracht. Zwar beharrt man in Washington und Brüssel darauf, dass die betreffenden Aufnahmen amerikanischer Spionage-Flugzeuge über dem Balkan "nicht klassifiziert" und "für potenzielle Feinde von keinerlei Wert" seien. Zugleich haben Pentagon-Sprecher aber deutlich gemacht, dass es "Pläne" gebe, diese Daten künftig zu verschlüsseln. "Seit dem 11. September haben wir begriffen, wie wichtig diese Art von Information sein kann."

      Aufgedeckt wurde die elektronische Sicherheits-Lücke durch den britischen Ingenieur John Locker, der in seiner Freizeit exotische Satelliten-Programme verfolgt, und der selbst "reichlich verwundert" war, als er im November vorigen Jahres plötzlich Live-Aufnahmen aus Aufklärungs-Flugzeugen der US-Armee und Marine sowie der in Florida angesiedelten privaten Militärfirma "AirScan Incorporation" auf seinem Bildschirm entdeckte. "Ich hatte keine Geheimkanäle angezapft", sagte Locker der BBC. "Die Bilder waren frei erhältlich und konnten von jedermann empfangen werden."

      Was die Bilder zeigten, waren Aufnahmen von US- und Nato-Überwachungsaktionen auf dem Balkan, von Frieden sichernden Maßnahmen, von Operationen gegen Schmuggler, Waffenhändler und Terroristen. Auch zur Beobachtung mutmaßlicher Waffenlager und zur Bespitzelung von Orten und Personen werden die Spionage-Flüge eingesetzt. Die Aufnahmen liefen über den kommerziellen Kommunikations-Satelliten Telstar 11, der im All über Brasilien stationiert ist und wurden unverschlüsselt weiter gegeben.

      Tatsächlich sei man leichter an diese Bilder gekommen, als man "an neue Videofilme oder an die samstäglichen Sportereignisse" komme, meint Locker. Am Anfang habe er geglaubt, die Amerikaner hätten versehentlich über den falschen Satelliten gesendet. Als ihm klar geworden sei, dass dies nicht der Fall war, habe er Nato und US-Behörden alarmiert, doch monatelang sei ihm versichert worden, dass man sich "der Lage bewusst" sei, dass aber kein Grund zur Beunruhigung bestehe, weil alle nötigen Sicherheitsmaßnahmen ergriffen worden seien.

      Der Guardian beschrieb derweil am Donnerstag Nato-Beamte als "baff erstaunt" über die Enthüllungen. Ein ungenannter US-Geheimdienstbeamter sagte der Zeitung, offenbar würden hier wichtige Informationen "potenziell direkt unseren Feinden zugespielt". Die Beobachteten erhielten so die Chance, "selbst zu sehen, wonach wir Ausschau halten und, wichtiger noch, was unserer Beobachtung entgangen ist". Betrachter der Bilder erführen jedenfalls, "wo sich unsere Streitkräfte befinden und was sie machen - was unsere Jungs zweifellos in Gefahr bringt".


      Irgendwie keimt in mir die Hoffnung, Amerika könnte sich selbst entsorgen. :D
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      schrieb am 14.06.02 14:42:12
      Beitrag Nr. 95 ()
      aus Spiegel Online von heute
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      AMNESTY-CHEFIN IRENE KHAN

      "Bush ermuntert die Unterdrücker"


      Irene Khan, 45, steht seit August vergangenen Jahres als erste Frau an der Spitze von Amnesty International. Die Juristin aus Bangladesh kritisiert im Interview mit SPIEGEL ONLINE, dass sogar etablierte Demokratien im Kampf gegen den Terrorismus Hatz auf Minderheiten betreiben.

      SPIEGEL ONLINE: Frau Khan, im gerade erschienenen Jahresbericht von Amnesty International wird der 11. September als Rückschlag im Kampf für die Menschenrechte beschrieben. Warum?
      Khan: Zum einen war der Angriff auf die USA in sich selbst eine schwerwiegende Verletzung der Menschenrechte. Zum anderen hatte er eine Neuauflage der alten Debatte Menschenrechte versus Sicherheit zur Folge, die schon in den siebziger Jahren am Beispiel der autoritären Regimes in Lateinamerika geführt wurde. Schließlich wurden etliche Gesetze verabschiedet, die im Namen der Sicherheit Menschenrechte verletzen.

      SPIEGEL ONLINE: Das ist aber nichts neues.

      Khan: Neu ist aber, dass dies auch in etablierten Demokratien wie in den USA, Großbritannien und in Europa so läuft. Erschreckend war es auch, wie schnell viele Regierungen auf diesen - ursprünglich amerikanischen - Zug aufsprangen.

      SPIEGEL ONLINE: Eine ersnthafte Debatte darüber findet kaum statt.

      Khan: Ja, weil die neuen Anti-Terror-Gesetze innerhalb weniger Wochen durchgepeitscht wurden. Das öffentliche Interesse schon deshalb nicht so groß, weil von diesen Gesetzen und Maßnahmen zunächst nur Minderheiten und Ausländer betroffen sind. In den USA und Großbritannien können ja lediglich Ausländer ohne Beweise unbegrenzt eingesperrt werden. Auch in Deutschland konzentrierte sich die zweifelhafte Rasterfahndung auf Araber.

      SPIEGEL ONLINE: Erfüllen die Medien ihre Aufgabe als Kontrollinstanz der Politik?

      Khan: Nicht unbedingt. Die Journalisten haben sich zum Beispiel bei der Berichterstattung über den Krieg in Afghanistan wesentlich mehr für die militärische Entwicklung interessiert als dafür, wie durch Militäraktionen die Menschenrechte der afghanischen Zivilisten verletzt wurden. Deren Leiden haben die Journalisten weitgehend ignoriert.

      SPIEGEL ONLINE: Also steht Amnesty mit der Kritik an der Einschränkung von Menschenrechten im Rahmen des Krieges gegen den Terrorismus ziemlich einsam da.

      Khan: Wir können nur auf die Menschenrechtsbewegung, die kritisches Bewusstsein zu schaffen versucht, zählen. Auf Politiker und etablierte Parteien können wir uns ebensowenig verlassen wie auf die meisten Journalisten. Aber Amnesty hat immerhin mehr als eine Million Mitglieder weltweit, davon rund 250.000 in den USA. Dort haben wir zusammen mit Bürgerrechtsorganisation Kampagnen gegen Bushs Variante des Anti-Terrorismus gestartet.

      SPIEGEL ONLINE: George W. Bush scheint das noch nicht sonderlich zu beeindrucken. Er sprach gerade von einem "titanischen Krieg gegen den Terrorismus".

      Khan: Bush und seine Regierung haben eindeutig den härtesten Kurs eingeschlagen, zum Beispiel wenn jetzt dem US-Bürger, der angeblich eine schmutzige Atombombe bauen wollte, sogar jene fudamentalen Rechte verweigert werden, die selbst dem Massenmörder Timothy Veigh zugestanden wurden.

      SPIEGEL ONLINE: Wie wirkt sich Bushs Kurs international aus?

      Khan: Mit seiner populistischen Rhetorik ermuntert er die Regierungen in Russland, China oder Ägypten, Zimbabwe und andere mehr, mit dem Slogan "Krieg gegen den Terrorismus" politischen Dissens zu unterdrücken. In China, das hat Amnesty im Detail untersucht, lässt sich ganz klar seit dem 11. September eine verstärkte Repression gegen Muslime feststellen.


      SPIEGEL ONLINE: Liberalen Bürgerrechtlern im Westen fällt es schwer, sich für Menschenrechte radikaler Muslime einzusetzen, die ihrerseits diese Menschenrechte ablehnen und verletzen.

      Khan: Es ist in der Tat ein Test für unseren Einsatz für die Menschenrechte, aber Amnesty hat bespielsweise immer die Todesstrafe auch für solche Menschen abgelehnt, die andere getötet haben. Der Wert der Menschenrechte liegt doch gerade in ihrer Universalität, darin dass sie für alle gelten. Wir leben in einer sehr fragmentierten Welt, Menschen haben sehr unterschiedliche Werte. Da können die Menschenrechte ein entscheidendes Bindeglied sein.

      SPIEGEL ONLINE: Mal abgesehen von den Reaktionen auf den 11. September, hat sich die Achtung der Menschenrechte seit dem Ende des Kalten Krieges verbessert ?

      Khan: Das Bild ist widersprüchlich, aber es gibt etliche sehr ermutigende Entwicklungen. Nehmen wir zum Beispiel die Gründung des Internationalen Gerichtshofs für Verbrechen gegen die Menschlichkeit; oder den Prozess gegen Milosevic; die Ermittlungen gegen Pinochet oder gar gegen Kissinger. 104 Staaten haben mittlerweile die Todesstrafe abgeschafft oder führen sie nicht mehr aus.

      SPIEGEL ONLINE: Das sind zweifellos Erfolge, doch die USA boykottieren den Internationalen Gerichtshof und exekutieren weiter.

      Khan: Ich hoffe, dass wenn sich die Hysterie in den USA legt, auch dort immer mehr Leute verstehen, dass ein Staat die Menschenrechte ebenso schützen muss wie seine Bürger. Das ist kein Widerspruch, ganz im Gegenteil. Ohne Menschenrechte gibt es keine Sicherheit.

      SPIEGEL ONLINE: Das sehen viele Politiker anders.

      Khan: Für Politiker ist es erst mal immer leichter und verlockender, Bürgerrechte zu verletzen, als sie zu schützen. Terrorismus allerdings lässt sich nicht mit reiner Repression ausrotten. Es bedarf politischer Lösungen, welche die Wahrung der Menschenrechte mit einschließen. Die britische Regierung hat in den siebziger Jahren versucht, durch massenhafte Internierungen in Nordirland Ruhe zu schaffen. Aber dies hat nicht nur zur Verhaftung vieler Unschuldiger geführt, sondern den Konflikt noch mehr angeheizt.


      SPIEGEL ONLINE: Glauben Sie, dass die von Ihnen kritisierten Anti-Terrorismus-Gesetze überdacht und revidiert werden?

      Khan: Ich setze darauf, dass die Vernunft sich auf längere Sicht durchsetzt und bin diesbezüglich optimistisch - sonst könnte ich meinen Job bei Amnesty ohnehin gleich aufgeben.
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      schrieb am 15.06.02 01:11:33
      Beitrag Nr. 96 ()
      14.06.2002 Rainer Rupp

      »Die tatsächliche Gefahr war minimal«

      US-Administration rudert in Bedrohungslegende vom »schmutzigen Bomber« offenbar zurück

      Am Mittwoch gab es einen höchst ungewöhnlichen Vorgang in Washington. Das Weiße Haus ließ an die Presse durchsickern, daß US-Präsident George Bush seinen Justizminister John Ashcroft wegen der unnötigen Beunruhigung der Bevölkerung durch seine übertriebene Darstellung der Bedrohung mit einer »schmutzigen Atombombe« gerügt habe. Ashcroft hatte auf dramatische Weise verkündet, daß angeblich ein Anschlag mit diesen Waffen von dem amerikanischen Staatsbürger Jose Padilla, alais Abdullah al Muhajir, geplant gewesen war. Nun mußte das Weiße Haus jedoch eingestehen, daß »die tatsächliche Gefahr minimal« gewesen sei.

      Ohnehin hatte im Rest der Welt niemand der Bush-Regierung diese bizarre Story abkaufen wollte. Londoner Tageszeitungen berichteten z.B. von der »großen Skepsis« der mit den USA befreundeten Nachrichtendienste. Britische Quellen wiesen darauf hin, daß es trotz umfangreicher Nachforschungen keinerlei Hinweise dafür gibt, daß der vom FBI festgenommene angebliche Bomber in irgendeiner Weise Zugang zu radioaktivem Material gehabt hätte. Es habe auch keinen Angriffsplan mit Orts- und Zeitangaben oder sonstige Hinweise dafür gegeben, daß Muhajir überhaupt einen Anschlag geplant habe, meinte z. B. der Londoner Independent unter Berufung auf britische und europäische Geheimdienste.


      Offensichtlich muß der jetzt gerügte Justizminister Ashcroft für die Bush-Regierung als Sündenbock herhalten. Dabei waren auch seine anderen Kabinettskollegen schnell bei der Hand, die Meldung für ihre politischen Zwecke zu instrumentalisieren: »Um uns herum wachsen immer größere Bedrohungen, und Tatenlosigkeit bringt die Gefahren nur noch näher«, hatte z.B. Bushs Stellvertreter Dick Cheney noch am Dienstag erklärt.

      Aber auch in den Vereinigten Staaten ist inzwischen die Skepsis nicht länger zu unterdrücken. Kommentatoren wundern sich, warum die Nachricht letzten Montag der Öffentlichkeit auf solch dramatische Weise präsentiert worden war, obwohl wochenlange Verhöre Padillas und umfassende Nachforschungen seit dessen Verhaftung am 8. Mai keinerlei Beweise erbracht hatten. Der demokratische Mehrheitsführer im Senat, Tom Daschle, fragte sich denn auch vor der Presse, ob diese Aktion wohl nur den Zweck gehabt habe, die Öffentlichkeit von der derzeit gegen CIA, FBI und die Regierung gerichteten Kritik wegen der vielen angeblichen verschlafenen Warnungen und Pannen im Vorfeld des 11. Septembers abzulenken.

      Dabei fällt auch auf, daß der Fall Padilla von der Bush-Regierung sofort benutzt wurde, um mit neuem Druck die im Kongreß deutlich gewordenen Kritik am neuen »Ministerium für Heimatschutz« aus der Welt zu räumen. Die Verängstigung der amerikanischen Bevölkerung hat es ohne Zweifel der Bush-Regierung leichter gemacht, die Polizeistaat-ähnlichen Befugnisse des von Bush aus der Taufe gehobenen neuen Ministeriums durchzusetzen.
      Avatar
      schrieb am 15.06.02 12:38:07
      Beitrag Nr. 97 ()
      aus der Jungen Welt 15.06.2002

      Eine imperiale Demokratie

      Es gibt keinen einzigen Diktator in dieser Welt, der sich nicht der Unterstützung der USA erfreut hätte

      »Somoza mag vielleicht ein Hurensohn sein, aber er ist unser Hurensohn!«

      (Der frühere US-Präsident Franklin D. Roosevelt über den nikaraguanischen Diktator Anastasio Somoza)



      Es kommt einem fast surreal vor, wenn George W. Bush seine Stichworte »Demokratie« und »Freiheit« in die Welt hinauskräht und das sozialistische Kuba durch ein System ersetzen will, »in dem jede Wählerstimme zählt«. Es gibt eine Gegend, die noch neunzig Meilen näher liegt als Kuba und in der die gepriesene »Freiheit« der bedeutungsvollen Teilnahme an einer »Demokratie, in der jede Wählerstimme zählt« reine Illusion ist. Diese Gegend nennen wir Florida. In diesem Bundesstaat tief im Süden der USA wurde die »Demokratie« am Wahltag erstickt, als dort unter Einsatz von bewaffneten Staatspolizisten, einer absichtlich fehlerhaften Computerwählerliste und Wahlbeamten, die die Registrierung der Wähler behinderten, afroamerikanische, haitianische und liberale jüdische Wählerinnen und Wähler unterdrückt, sie von den Wahlurnen verscheucht und ihre Stimmen ungültig gemacht, sie also an der Ausübung ihres »freien« Wahlrechts gehindert wurden.

      Im Lichte des Verhaltens, das Gouverneur Jeb Bush zeigte, der außerordentlich weit ging, um sicherzustellen, daß die Stimmen des Bundesstaates seinem großen Bruder George zufielen, gibt es ausreichende Gründe zu glauben, daß dies ein gestohlener Wahlsieg war. Der gegenwärtig führende Kopf des US-Imperiums konnte seine Position nur einnehmen, weil dem ungeschriebenen Gesetz der Erbfolge dieser Dynastie gefolgt wurde und nicht etwa aufgrund eines Systems, »in dem jede Wählerstimme zählt«. Ebensowenig hat sich die Bush-Administration (oder jede andere US-Regierung, die einem in den Sinn kommt) je auch nur für fünf Cent um die »Demokratie« geschert, egal ob im eigenen Land oder sonstwo auf der Welt.

      Man schaue sich nur einige der prominenten »Alliierten« in dem von den USA erklärten »Krieg gegen den Terrorismus« an: Saudi-Arabien, Kuwait, Pakistan, Jordanien - ist auch nur eine Demokratie unter ihnen? Steht zu erwarten, daß Präsident Bush von einem dieser Regime »freie und offene Wahlen«, »Freiheit für die politischen Gefangenen« oder die Schaffung eines Systems fordert, »in dem jede Wählerstimme zählt«?

      Ich glaube nicht.

      Denn diese Nationen, die von Prinzen und Militärs regiert werden, sorgen dafür, daß Öl in die Vorratstanks der USA fließt, und wo immer es um die Wahl zwischen Menschenrechten und Ölinteressen geht, obsiegt stets das Öl.

      Jeder ernsthafte Student der US-amerikanischen Geschichte wird erkennen, daß Roosevelts Bemerkung über Nikaraguas Diktator Somoza von jedem anderen Präsidenten der USA - auch dem amtierenden - hätte stammen können. Es gibt keinen einzigen brutalen Diktator in dieser Welt, der sich nicht der Unterstützung der USA erfreut hätte, denn sie alle dienten den US-Interessen, indem sie nationaldemokratische Bewegungen unterdrückten und den Kotau vor dem US-amerikanischen Big Business machten: Kubas Batista, Chiles Pinochet, Perus Fujimori (und sein in den USA trainierter Folter- und Geheimdienstchef Vladimiros Montesinos, der gleichzeitig auch noch einer der Drogenbarone war), Zaires Mobutu, der Schah von Persien, Indonesiens Suharto, Marcos von den Philippinen, Trujillo von der Dominikanischen Republik, Pretorias Botha - die Liste könnte unendlich fortgesetzt werden. Sie alle waren einst »unsere Hurensöhne«.

      »Freiheit«, »Demokratie«, »freie und offene Wahlen« sind nichts als Worte, ohne Bedeutung für ein Imperium, das auf Bomben, Kugeln und CIA-Terrorismus errichtet wurde. Dies ist nichts als eine imperiale Demokratie.



      .
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      schrieb am 17.06.02 12:47:11
      Beitrag Nr. 98 ()
      Jagd auf U 31

      Auf trickreiche Weise hat der Schiffbau-Konzern HDW den Eigentümer gewechselt. Das Verteidigungsministerium ist alarmiert: Steckt hinter dem Deal die US-Rüstungsindustrie, die sich das Know-how des deutschen U-Boot-Bauers sichern will?


      Allenfalls durch seine Größe fiel er auf. Klaus Lederer misst knapp zwei Meter. Ansonsten aber musste man den studierten Maschinenbauer, der nach Stationen beim Fraunhofer Institut und diversen Firmen seit 1997 Chef des Mischkonzerns Babcock Borsig ist, nicht unbedingt kennen.

      Veränderung der Eigentümerverhältnisse


      Doch plötzlich ist Lederer ein Name, der für Aufruhr sorgt, in der deutschen Industrie und noch mehr in der Politik und bei den Militärs. Der amtierende Kanzler ist besorgt, sein Herausforderer Edmund Stoiber ebenfalls, und das Berliner Verteidigungsministerium ist in Alarmbereitschaft.

      Sie alle fürchten, Lederer könnte die bisherige Babcock-Tochter HDW an einen amerikanischen Rüstungskonzern verkaufen. Ausgerechnet HDW, "ein Filetstück deutscher wehrtechnischer Kompetenz mit weltweiter Reputation und Führungsrolle insbesondere im U-Boot-Bau", wie das Verteidigungsministerium in einem Vermerk vom 3. Juni feststellt. Darin bewertet die Parlamentarische Staatssekretärin Brigitte Schulte den Deal "aus rüstungswirtschaftlicher Sicht ... als bedenklich".

      Walter Stützle, Staatssekretär im Ministerium sieht bereits "die Gefahr, dass die wehrtechnische Basis in Europa verloren geht". Denn auch Siemens will sich aus dem Rüstungsgeschäft teilweise zurückziehen und seinen Anteil am Panzerbauer Krauss-Maffai Wegmann verkaufen. Interessent soll ebenfalls ein US-Konzern sein.

      Die drohenden Folgen sind klar: Europäische Militärs wären gezwungen, bei US-Konzernen einzukaufen und deren Preise zu zahlen. Deutsche Politiker hätten kaum noch Einfluss darauf, wohin jene Rüstungsgüter, die in Deutschland entwickelt und produziert werden, später exportiert werden. Schlimmer noch: Bei einer einseitigen Abhängigkeit von Rüstungslieferungen aus den USA wäre, wie Mitglieder des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags fürchten, eine unabhängige europäische Außenpolitik nur schwer möglich.

      HDW spielt dafür eine zentrale Rolle, weil das Unternehmen mit seinen 3200 Mitarbeitern in der Rüstungsindustrie eine Position besetzt, die sonst kaum noch ein europäischer Konzern erreicht: Es ist mit seinen von Brennstoffzellen angetriebenen U-Booten weltweit technologisch führend.

      Das neue U 31 kann drei- bis viermal länger tauchen als andere U-Boote, bewegt sich unter Wasser fast lautlos und ist für einen Gegner schwer zu orten. Entsprechend groß ist das Interesse.
      Griechenland, Portugal, Malaysia, Thailand, Ägypten und die Arabischen Emirate würden es gern kaufen. Auch Taiwan ist an U-Booten aus Deutschland interessiert. Die Bundesregierung hat einen Export nach Taiwan bislang stets abgelehnt.


      US-Präsident George Bush dagegen versprach Taiwan die Lieferung konventioneller U-Boote, obwohl die führenden Marinewerften der USA seit Jahrzehnten nur atomar getriebene U-Boote produzieren. Da liegt der Verdacht nahe, die USA könnten Taiwan nach einem Einstieg bei HDW mit U-Booten aus Deutschland beliefern.

      Der Mann, der für all den Wirbel verantwortlich ist, hat seine Pläne für die Zukunft von HDW in den vergangenen Monaten so oft geändert, dass die jetzt aufgeschreckten Politiker lange nicht merkten, welche Gefahr droht. Das Tarnen, Tricksen und Täuschen scheint zu den besonderen Stärken des Babcock-Chefs Lederer zu gehören. Allenfalls noch überboten von seiner Fähigkeit, stets bestens für die eigene Zukunft vorzusorgen.

      Die bewies Lederer bereits, als er von ITT zu Babcock wechselte. Der Oberhausener Konzern mit seinen vielen Beteiligungen war ein Sanierungsfall. Lederer war sich offenbar nicht sicher, dass er ihn retten kann. Vom Aufsichtsratsvorsitzenden Friedel Neuber ließ er sich deshalb eine hübsche Garantie geben. Wenn Babcock Konkurs geht und alle 27 000 Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz verlieren, sollte zumindest einer nicht darben - der Mann an der Spitze. Die WestLB versprach Lederer, ihm seinen Fünf-Jahres-Vertrag auf jeden Fall auszubezahlen.

      Unbegründet war die Angst vor der Pleite nicht. Denn obwohl Lederer in den folgenden Jahren Top-Manager reihenweise auswechselte und Beteiligungen hin und her schob, fuhr Babcock, wie ein Aufsichtsrat sagt, "immer am Rande des drohenden Konkurses entlang". Über Wasser gehalten wurde der Konzern vor allem durch seine Beteiligung an HDW.

      Die Werft erhält von ihren Kunden hohe Anzahlungen für bestellte Boote - Geld, das Lederer bei seiner maroden Babcock gut gebrauchen konnte. Im Lauf der Zeit ließ er insgesamt rund eine halbe Milliarde Euro von HDW in die Babcock-Kassen überweisen. Als der HDW-Vorstand sich weigerte, weitere Gelder zur Verfügung zu stellen, ließ Lederer den HDW-Chef feuern und übernahm selbst, neben seinem Job an der Babcock-Spitze, den Posten des HDW-Vorsitzenden.

      Fortan lief der Geldtransfer ohne störende Nebengeräusche. Doch so richtig glücklich war Lederer nicht. Denn Babcock hielt zwar knapp die Mehrheit an der lukrativen Werft, aber 50 Prozent der Anteile minus eine Aktie lagen noch bei der Preussag und der Bayern Finanz. Lederer wollte diese Anteile ebenfalls übernehmen und versprach noch am 31. Januar dieses Jahres, bei der Vorlage der Bilanz, dies habe "Vorrang" im laufenden Geschäftsjahr.

      Tatsächlich aber hatte Babcock überhaupt nicht das Geld für diesen Deal. Geplante Verkäufe anderer Unternehmensteile waren gescheitert. Gerade mal zwei Wochen nach seinem Versprechen, die Mehrheit bei HDW zu übernehmen, erkundigte sich Lederer im Kanzleramt, ob die Bundesregierung Einwände gegen einen Verkauf der Werft an einen amerikanischen Finanzinvestor habe, die One Equity Partners (OEP).

      Gerhard Schröder war verärgert. Der Kanzler rief ThyssenKrupp-Chef Ekkehard Schulz an und erkundigte sich, ob dessen Konzern nicht HDW erwerben wolle. Der Kanzler sähe am liebsten einen deutschen Werftenverbund, an dem Thyssen Nordseewerften, Blohm + Voss und HDW beteiligt sind. Schulz war interessiert und legte Lederer ein Angebot für HDW vor.

      Doch der Babcock-Chef blieb bei seinem geplanten Verkauf an OEP. Die Investoren hätten einen höheren Preis geboten als ThyssenKrupp, war die Erklärung. Schnell kam der Verdacht auf, dass OEP nur im Auftrag eines US-Rüstungskonzerns gekauft habe und die HDW-Anteile schnell weiterreichen werde. So ist OEP eine Tochter der Bank One. An der ist die US-Investmentgesellschaft Henry Crown & Co beteiligt, die wiederum auch Anteile am Rüstungskonzern General Dynamics hält.

      Mit einer Reihe von Vertragsdetails versuchte Lederer, die Vorbehalte auszuräumen. So verpflichtete sich OEP, die Anteile zwei Jahre zu halten. Zudem soll die Investmentgesellschaft von ihren HDW-Aktien jeweils 15 Prozent an ThyssenKrupp und an Ferrostaal abgeben, die im Schiffbau bereits mit HDW eng zusammenarbeiten. Die beiden deutschen Firmen haben anschließend noch ein Vorkaufsrecht, wenn OEP seine anderen Anteile verkaufen wollte. "Gegen den Willen deutscher Interessen", versprach Lederer, könne HDW "bis zum Jahr 2012 nicht an Interessenten außerhalb Deutschlands verkauft werden".

      Mit diesen Argumenten gelang es dem Babcock-Boss, die Politiker zunächst einmal zu beruhigen. Verteidigungsminister Rudolf Scharping sah keine Gefahr mehr, dass deutsches Know-how in die USA abwandert. :laugh: :mad: Bei dem Einstieg der US-Investmentgesellschaft, so Scharping, seien "alle Verträge wasserdicht".

      Vor allem für Lederer persönlich war dies der Fall. Denn auch für ihn hatte die Entscheidung zu Gunsten des Kaufinteressenten OEP, dessen Chef Richard Cashin er seit mehr als zehn Jahren von gemeinsamen Geschäften gut kennt, einen kleinen Vorteil: OEP bestand darauf, dass Lederer auch nach der Übernahme Boss bei HDW bleibt. Hätte ThyssenKrupp die Mehrheit übernommen, wäre wohl ein anderer an die Spitze von HDW gerückt.

      Doch kaum schienen alle befriedet, sorgte vergangene Woche der Vermerk des Verteidigungsministeriums "zum beabsichtigten Verkauf der Howaldtswerke-Deutsche Werft AG (HDW) an den US-Investor One Equity Partners (OEP)" für neuen Wirbel. Darin warnt Scharpings Staatssekretärin Schulte nicht nur vor der Gefahr eines "einseitigen Technologietransfers in die USA". Sie beschreibt auch die künftige Eigentümerstruktur bei HDW - mit einem brisanten Detail. Danach soll neben OEP (50 Prozent), ThyssenKrupp (15) und Ferrostaal (15) auch die US-Rüstungsfirma Northrop Grumman mit 20 Prozent an der HDW-Holding beteiligt sein.

      Babcock-Chef Lederer hatte noch vor kurzem beteuert, man spreche mit dem amerikanischen Rüstungskonzern Northrop Grumman nur über eine Zusammenarbeit und nicht über einen Verkauf von Anteilen. Jetzt bestätigt Babcock-Sprecher Hans-Joachim Wieckmann, es könne sein, dass die in dem Papier des Verteidigungsministeriums genannten Beteiligungsverhältnisse bei HDW "die Endstruktur" wiedergeben.

      Noch besitzt Babcock selbst 25 Prozent plus ein Aktie an HDW. Diesen Anteil wollen die Oberhausener offenbar an Northrop Grumman verkaufen. Nach Ansicht von Branchenkennern wäre damit die endgültige Übernahme von HDW durch die US-Konkurrenz de facto besiegelt. Das Vorkaufsrecht der noch an HDW beteiligten deutschen Firmen ThyssenKrupp und Ferrostaal kann dies kaum verhindern. Denn beide Firmen können und wollen den Preis für die Übernahme weiterer Aktien kaum aufbringen. Northrop Grumman ist kaum noch zu stoppen.

      HDW könnte der Einstieg der Amerikaner zunächst eine Reihe zusätzlicher Geschäfte ermöglichen. Bislang ist HDW der US-Markt weitgehend verschlossen, weil in den USA bei Rüstungsgütern ein strenges "Buy American" gilt. Künftig aber könnte das Kieler Unternehmen beispielsweise Aufträge der US-Küstenwache für ihre Korvette erhalten, ein komplett aus Kunststoff gebautes Schiff, das weder mit Radar noch mit Infrarot zu orten sein soll.

      Gegen solche Exportgeschäfte hätte auch die Bundesregierung kaum etwas einzuwenden. Der große Konflikt droht, wenn die USA bei HDW U-Boote für Taiwan ordern.

      Die Bundesregierung kann einen solchen Export zwar verbieten und sich mit einer so genannten Endverbleibsklausel garantieren lassen, dass die in die USA gelieferten Boote nicht nach Taiwan weiterverkauft werden. Doch der Kanzler stünde dann unter doppeltem Druck: Nicht nur die um ihre Arbeitsplätze besorgten deutschen Werftarbeiter würden sich für die Ausfuhrgenehmigung stark machen, sondern auch der US-Präsident. Zudem sind Rüstungskonzerne recht einfallsreich, wenn es darum geht, Exportbeschränkungen zu umgehen. Der neue HDW-Eigentümer könnte sich die U-Boote in die USA liefern lassen, dort auf eigenen Werften mit Teilen komplettieren und dann erst nach Taiwan weiterverkaufen.

      Babcock-Chef Lederer, der letztlich Auslöser der drohenden internationalen Verwicklungen ist, kann das alles erst mal recht gelassen beobachten. Ihm ist ein in der deutschen Industrie seltenes Kunststück gelungen, wie am vergangenen Freitag auf der Aufsichtsratssitzung des Konzerns deutlich wurde. Babcock steht nach fünf Jahren unter der Führung Lederers schlechter da als zu dessen Amtsantritt. Er selbst aber hat eine blendende Zukunft vor sich.

      Die Verschuldung von Babcock ist mehr als doppelt so hoch wie bei Lederers Amtsantritt. Wenn eine Bankenrunde, die am 18. Juni zusammentrifft, nicht bereit ist, zusätzliches Geld einzuschießen, droht dem Unternehmen die Pleite.

      Dabei hatte Lederer den Aufsichtsrat offenbar noch mit Zahlentricksereien zu beruhigen versucht. Seinen Kontrolleuren hatte er vor der Sitzung gemeldet, dass das am 30. September endende Geschäftsjahr voraussichtlich mit einem Verlust von 400 Millionen Euro abgeschlossen wird. Die Unternehmensberater von Roland Berger, die das Konzept für die Weiterführung von Babcock prüfen sollten, kamen zu einem anderen Ergebnis: Der Verlust werde um 100 Millionen Euro höher liegen. "Vielleicht sind Lederers Zahlentricks noch legal", empört sich ein Aufsichtsrat, "eine Schweinerei aber sind sie dennoch."

      Babcock-Sprecher Wieckmann sagt: "Einen solchen Vorwurf hat es in der Aufsichtsratssitzung nicht gegeben." Lederer selbst nimmt dazu keine Stellung.

      Den Manager mit der robusten Statur müssen die Vorgänge bei Babcock auch kaum noch tangieren. Den Chefposten bei dem Krisenkonzern gab er am Freitag ab. Fortan ist er nur noch Boss bei einem Unternehmen mit Zukunft, bei HDW.

      Dafür muss Lederer noch nicht einmal umziehen. HDW wird künftig von einer Holding geführt. Die hat ihren Sitz nicht in Kiel oder einem anderen Werftenstandort, sondern in Düsseldorf. Dort, wo Lederer wohnt.

      DIETMAR HAWRANEK (spiegel.de)
      Avatar
      schrieb am 19.06.02 23:02:41
      Beitrag Nr. 99 ()
      US-Militär bekommt schlechte Noten für Internet-Sicherheit

      Vom US-Militär betriebene Websites enthalten zahlreiche sicherheitsrelevante Informationen, die von Terroristen für Anschläge ausgenutzt werden könnten. Das geht aus einem Untersuchungsbericht des Generalinspekteurs hervor, den die Federation of American Scientists (FAS) auf ihrer Website veröffentlicht hat. Demnach ließen sich aus frei zugänglichen Websites Namen und Adressen von Armee-Angehörigen ebenso ablesen wie Einsatzpläne oder Dokumente, die eigentlich nur für den Dienstgebrauch bestimmt waren.

      Der US-Geheimdienst NSA -- unter anderem verantwortlich für das weltweite Überwachungssystem Echelon -- hat unterdessen eine Werbeagentur angeheuert, die das mangelhafte Sicherheitsbewusstsein der US-Militärgehörigen aufbessern soll. Nach einem Bericht der Baltimore Sun ließ die NSA für rund 100.000 US-Dollar eine Serie von Anzeigen entwerfen, die in Zeitungen und Zeitschriften wie der Army Times veröffentlicht werden. Die Werbekampagne soll der ursprünglich recht medienscheuen Institution, die in letzter Zeit vorsichtig an einem besseren Image arbeitet, zu unerwartet großer Aufmerksamkeit verholfen haben. Laut Baltimore Sun häufen sich bei der Werbeagentur Anfragen, ob die Anzeigenmotive, die im Stil von Propaganda-Postern des zweiten Weltkrieges gehalten sein sollen, auch als Plakate verkauft würden. (wst/c`t)

      http://www.heise.de/newsticker/data/wst-19.06.02-004/
      Avatar
      schrieb am 19.06.02 23:38:36
      Beitrag Nr. 100 ()
      Die Emirate fürchten nicht Bagdad, sondern Washington

      Eine Interessengemeinschaft, aber keine Freundschaft mit Amerika
      / Von Rainer Hermann


      ABU DHABI, im Juni. Die Golfstaaten haben ihre harte Linie, die sie in den neunziger Jahren gegen das Regime in Bagdad verfolgt hatten, erheblich aufgeweicht. Humanitäre Überlegungen haben die Oberhand über die Furcht vor der Gefahr gewonnen, die unverändert von Saddam Hussein ausgeht. Die meisten Menschen und Regierungen am Golf wollen nicht länger einsehen, daß die irakische Bevölkerung auch elf Jahre nach dem Ende des zweiten Golfkriegs noch zu leiden hat und das Land an Euphrat und Tigris nun abermals der Gefahr eines amerikanischen Angriffs ausgesetzt ist.

      Auf Unverständnis und Ablehnung stößt die amerikanische Irak-Politik besonders in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Damit ist der Irak neben dem eskalierenden Nahost-Konflikt die zweite Ursache für die Zunahme der Spannungen zwischen der Föderation am Golf und Washington. Die Regierung Bush habe für die Zeit nach Saddam Hussein keine Politik entwickelt, kritisiert der Politologe Jamal al Suwaidi, der gerade von einer Reise aus den Vereinigten Staaten zurückgekehrt ist. Und Ibrahim al Abed, die rechte Hand des Informationsministers, sieht keinen Grund, der einen Angriff auf den Irak rechtfertigen könne. Die Sanktionen hätten das irakische Regime nur gestärkt und das Leiden des irakischen Volkes vergrößert, sagt er. "Um diese menschliche Tragödie sorgen wir uns." Wer die politische und militärische Basis des Iraks zerstören wolle und keine Alternative biete, der frage nur nach Chaos, warnt Suwaidi, der als Direktor das "Zentrum für Strategische Studien und Forschung" in Abu Dhabi leitet. Im Irak würde die Teilung des Landes entlang ethnischer und religiöser Linien zu einem Bürgerkrieg führen, sagt er. Die Vereinigten Arabischen Emirate, die sich vor einem Übergreifen regionaler Konflikte auf ihr Territorium fürchteten, plädierten daher für eine diplomatische Lösung der Irak-Frage und die Rückkehr der Abrüstungsinspekteure.

      Nach seiner Rückkehr aus Washington hat Suwaidi, dessen Zentrum für das Verteidigungsministerium Analysen erstellt, indessen keinen Zweifel mehr, daß die Vereinigen Staaten es "ernst" meinten mit dem Irak. Fragezeichen setzt er jedoch hinter die Hoffnung der Regierung Bush, daß eine Bombardierung des Iraks einen Aufstand der Republikanischen Garde gegen Saddam Hussein verursachen würde. Denn zu stark seien die Interessen dieser Eliteeinheit mit denen des Regimes verknüpft.

      In Abu Dhabi und Dubai, den beiden wichtigsten Städten der Föderation, sprechen nicht wenige offen die Furcht aus, daß der Irak auf einen Angriff der Vereinigten Staaten mit einem atomaren Angriff auf Israel antworten könne. Mutmaßlich verfüge Bagdad über 200 bis 600 Kilogramm spaltbares Atommaterial, die es auf dem Schwarzmarkt erworben habe, schätzen Fachleute. Für Atomwaffentests sind Sprengköpfe mit jeweils 200 Kilogramm erforderlich. Bagdad benötige jetzt Zeit, um Probleme mit Trägerraketen und Zündern zu lösen, bevor es in eine Serienproduktion von Sprengköpfen eintreten könne.

      Peter Hünseler, ein deutscher Forscher am Zentrum für Strategische Studien in Abu Dhabi, ist überzeugt, daß Präsident Bush bei einem Marsch auf Bagdad mehr neue Probleme schaffe als alte löse. Bei allen Regierungen der Golfregion stellt er zudem eine Neigung fest, die Amerikaner bei ihrem Einmarsch in den Irak, den sie nicht gewinnen könnten, ins Leere laufen zu lassen. Erst nach dieser Lektion würde Washington eine Basis für eine neue Zusammenarbeit anbieten, lautet die Hoffnung am Golf. Ohnehin rechnet kaum einer in den Vereinigten Arabischen Emiraten damit, daß Präsident Bush wiedergewählt wird. "Wir müssen ihn jetzt einfach aussitzen", sagt ein Gesprächspartner.

      Zu tief sitzt in der arabischen Welt der Stachel, daß sie nach dem 11. September in ihrer Machtlosigkeit vorgeführt worden ist und keinen Einfluß auf die Politik in ihrer eigenen Region nehmen kann. In den Ländern selbst wächst der innenpolitische Druck auf die Regierungen, den Forderungen Washingtons nicht nachzugeben.
      Daneben spielen Länder wie Jordanien und Syrien in der Nahost-Politik kaum mehr eine Rolle. Bei den zwei verbleibenden wichtigen Ländern, Ägypten und Saudi-Arabien, hat eine Verschiebung des politischen Gewichts vom Nil an den Golf eingesetzt.

      Ägypten, das traditionelle Zentrum der arabischen Welt, leidet darunter, daß es trotz seiner diplomatischen Beziehungen zu Israel den Kurs der Regierung Scharon nicht ändern und Washington nicht zu einer anderen Gangart im Nahost-Konflikt bewegen kann. Ohne von solchen Fesseln gefangen zu sein, haben die Golfstaaten diplomatische Initiativen lanciert. Ihre neue Führungsrolle unterstreichen sie, indem sie in Washington für ihre Lobbyarbeit ein Institut aufbauen, wie es Israel bereits betreibt. Vor allem aber verfolgt der saudische Kronprinz Abdullah seit 1998 eine eigene Außenpolitik und Ölpreispolitik, in der er eine größere Unabhängigkeit gegenüber Washington durchsetzt. Sein Friedensplan für Palästina gilt in der arabischen Welt als die einzige realistische Initiative, um den Nahost-Konflikt beizulegen. Die kühle Aufnahme in Washington hat viele Araber vor den Kopf gestoßen.

      Die Vereinigten Staaten können andererseits bei ihrer strategischen Planung auf die Golfstaaten nicht verzichten. Washington benötigt sie für die Energieversorgung und die Bekämpfung des Terrorismus. In den Golfstaaten könne wiederum niemand ein Interesse daran haben, daß sich die amerikanischen Soldaten zurückzögen, insistiert Suwaidi. "Dann hätten lediglich Saddam und Iran freie Hand." Für Suwaidi ist es auch erwiesen, daß nicht Europas interkultureller Dialog mit dem iranischen Präsidenten Chatami die Islamische Republik gemäßigt habe, sondern allein die Anwesenheit der amerikanischen Fünften Flotte in Bahrein.

      Dennoch wünscht sich Suwaidi ein stärkeres Engagement Europas im Nahen Osten. Europa solle lieber eine politische Verantwortung übernehmen, anstatt immer nur den Scherbenhaufen zusammenzukehren, den die amerikanische Politik anrichte. Nur die Europäer könnten den Amerikanern erklären, wie die Welt funktioniere und daß Terrorismus nicht allein mit militärischen Mitteln gelöst werden könne, sagt Suwaidi. Auffallend ist, daß in jüngster Zeit die Presse der Golfstaaten viel über Meinungsverschiedenheiten zwischen den Amerikanern und den Europäern berichtet.

      In allen Staaten des Golfkooperationsrats hat das Pentagon Soldaten stationiert oder zumindest einen Zugang zu Basen, außer in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Auch gehen Rüstungsaufträge der Emirate nicht an die Vereinigten Staaten, sondern nach Frankreich, teilweise auch an die ehemalige Schutzmacht Großbritannien. Umstritten ist, ob sich in den Vereinigten Arabischen Emiraten amerikanische Militärberater aufhalten und ob amerikanische Marineschiffe gelegentlich den Hafen Jebel Ali im Emirat Dubai anlaufen. Hünseler erklärt die fehlende sichtbare amerikanische Militärpräsenz in den Vereinigten Arabischen Emiraten damit, daß die Föderation sich außenpolitisch keine Feinde schaffen wolle. Das schließe die Einrichtung von Basen aber aus.

      Er hält die Vereinigten Arabischen Emirate für das Land auf der Arabischen Halbinsel, das für Washington grundsätzlich das schwierigste sei. Denn Scheich Zayed, der Präsident der Föderation, verstehe die Amerikaner nicht. Solange er lebe, werde es in dem Land keine amerikanischen Basen geben, sagt der deutsche Sicherheitsfachmann voraus. Zum anderen seien die Vereinigten Arabischen Emirate mit ihren traditionellen Werten, die sie nicht aufgeben wollten, keine Freunde des Westens; dem seien sie lediglich über eine Interessengemeinschaft verbunden. So garantiert der Westen die Sicherheit der arabischen Golfstaaten. Darüber hinaus brauchen diese den Westen, um dort ihr Erdöl zu vermarkten und ihre Öleinnahmen anzulegen.

      Das Gefühl der äußeren Bedrohung nimmt auch ab, weil sich die Vereinigten Arabischen Emirate und Iran näherkommen. Ein weiteres Indiz dafür ist die Einladung von Scheich Zayed an den iranischen Präsidenten Chatami. Von beiden sind keine Zugeständnisse in der Frage der drei Inseln Abu Mussa sowie der Großen und der Kleinen Tunb zu erwarten, die Iran seit 1971 besetzt hält. Eine langfristige Lösung deutet sich jedoch an. Denn für die Nachfolger von Scheich Zayed werden die Inseln nicht mehr die gleiche Herzensangelegenheit sein wie für den "Vater" der 1971 gegründeten Föderation, und das Emirat Dubai will seine Handelsbeziehungen zu Iran ohnehin nicht mit der Frage um die drei Inseln belasten. Auch soll Teheran bereit sein, die beiden Tunbs zurückzugeben, nicht aber Abu Mussa.

      Die Vereinigten Staaten haben Iran zwar weitgehend eingekreist. Dennoch würde Teheran seine Nachbarn nicht länger alleine durch deren Beziehung zu Washington bewerten, heißt es in Abu Dhabi. Iran wolle jetzt vielmehr seine Beziehungen zu den Golfstaaten normalisieren. Nicht mehr vor dem übermächtigen Nachbarn Iran fürchten sich die Vereinigten Arabischen Emirate. Größer ist die Angst, daß ein Konflikt zwischen Washington und Teheran über die biologischen und chemischen Massenvernichtungswaffen Irans sowie das iranische Atomwaffenprogramm eskalieren könnte und der Golf dann der Schauplatz der Konfrontation wäre.

      Frankfurter Allgemeine Zeitung, 20.06.2002, Nr. 140 / Seite 3
      Avatar
      schrieb am 19.06.02 23:40:08
      Beitrag Nr. 101 ()
      Drohung

      K.F. Amerika lehnt den Internationalen Strafgerichtshof ab - weil man die eigene Souveränität nicht einer "fremden" Rechtsordnung unterstellen will; weil der politische Mißbrauch dieses neuen Völkerrechtsinstruments nicht ausgeschlosssen ist; weil Amerika Weltmacht ist. Die Regierung Bush hat sich keine neuen Freunde gemacht, als sie die Unterschrift unter dem Statut zurückzog und damit abermals ihre weltpolitische Singularität demonstrierte. In Washington sieht man die Sache notabene anders, nämlich so, daß amerikanische Soldaten internationaler Strafverfolgung ausgesetzt wären und nichtamerikanische Richter über amerikanische Militärinterventionen zu Gericht sitzen könnten. Kein Wunder also, wenn Bush nun vom Sicherheitsrat verlangt, UN-Friedenstruppen Immunität zu gewähren, wenn er künftig noch auf amerikanische Beteiligung Wert lege. Zwar haben Regierung und Kongreß sich in letzter Zeit nicht gerade darum gerissen, Truppen unter UN-Befehl nach Afrika oder sonstwohin zu entsenden. Aber wie die Balkan-Kriege gezeigt haben, wird immer dann nach amerikanischer Beteiligung laut gerufen, wenn das Risiko hoch oder unkalkulierbar ist. Mit anderen Worten: Der neue Vorstoß ist eine Drohung, die vor allem die Europäer in eine ungemütliche Lage bringt.

      Frankfurter Allgemeine Zeitung, 20.06.2002, Nr. 140 / Seite 12
      Avatar
      schrieb am 20.06.02 12:31:41
      Beitrag Nr. 102 ()
      In dieser Sache bleib ich hartnäckig!

      Augenzeugen beschuldigen US-Armee eines Kriegsverbrechens
      Von Sebastian Matthes, Hamburg

      In einer Fernsehdokumentation haben Augenzeugen eines Massakers in Afghanistan schwere Anschuldigungen gegen das Verhalten amerikanischer Soldaten erhoben. Menschenrechtsorganisationen fordern eine unabhängige Untersuchung.

      In der Dokumentation des Iren Jamie Doran kommen sechs Augenzeugen zu Wort, die US-Soldaten beschuldigen, bei Massakern an Taliban-Kämpfern in Afghanistan anwesend gewesen zu sein. Nach dem Fall der afghanischen Stadt Kundus im November vergangenen Jahres seien mehrere tausend Taliban festgenommen und von Kämpfern der Nordallianz in engen Metallcontainern abtransportiert worden. Ihr Ziel: Die Wüste Dasht-I-Leili. Später sei von Nordallianz-Kämpfern immer wieder mit Maschinengewehren in die Container gefeuert worden, berichten die Augenzeugen. Schockierende Bilder von durchlöcherten Containern stützen die Aussagen eines LKW-Fahrers.

      Diejenigen Gefangenen, die nicht von den Kugeln der Nordallianz getroffen wurden oder nicht auf der Fahrt erstickten, wurden anschließend in der Wüste hingerichtet. Später seien Bulldozer gekommen, um die Leichen zu verscharren. Den sechs Augenzeugen zufolge seien dabei amerikanische Soldaten aus Spezialeinheiten anwesend gewesen. Einer behauptet sogar, ein amerikanischer Soldat habe den Befehl gegeben, die Gefangenen in die Wüste zu bringen.

      Glaubwürdige Dokumentation
      Der ARD-Korrespondent Armin Stauth, der sich zu dem Zeitpunkt des Massakers selbst in Msair-i-Sharif aufgehalten hat, hält die Dokumentation des Iren Jamie Doran, der sieben Jahre bei BBC gearbeitet hat, grundsätzlich für glaubwürdig. "Ich denke es handelt sich hier um einen Anfangsverdacht, der tatsächlich, so wie das Ärzte für Menschenrechte auch sagen, genug Grund ist, um eine internationale und unabhängige Untersuchung zu fordern", sagt Stauth.

      Das Pentagon hat diese Beschuldigungen amerikanischer Soldaten dementiert. Eigenen Angaben zufolge wurde eine interne Untersuchung des Vorgangs in Form einer Befragung von Soldaten angeordnet. Dabei habe sich herausgestellt, dass amerikanische Soldaten von dem Massaker nichts mitbekommen hätten.

      © 2002 Financial Times Deutschland


      Maßlose Weltmacht
      Am Beispiel des deutschen Staatsbürgers unter Terror-Verdacht in syrischer Haft zeigt sich: Die USA haben im Kampf gegen Al Qaeda jedes Maß verloren - und sie sind dabei, diese Maßlosigkeit zu globalisieren

      Von Ursula Rüßmann

      Deutlicher konnte kaum noch werden, dass die USA im Kampf gegen Al Qaeda das zerstören, was sie zu schützen vorgeben: Freiheit, Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit. Da sitzt ein deutscher Staatsbürger syrischer Herkunft unter Terror-Verdacht in syrischer Haft und wird dort offenbar auch von US-Ermittlern vernommen - die deutschen Behörden aber werden entgegen internationalem Recht nicht informiert. Da verzichtet Washington zunächst auf die Auslieferung eines mutmaßlichen Al-Qaeda-Mannes durch Marokko, weil er dort effizienter "verhört" werden dürfe. Dass damit Folter gemeint ist, muss wohl als sicher gelten.

      Die Weltmacht USA hat im Kampf gegen Al Qaeda jedes Maß verloren - und sie ist dabei, diese Maßlosigkeit zu globalisieren. Da wird der Internationale Strafgerichtshof torpediert; da mausert sich die De-facto-Diktatur Syrien mit ihren Folterknästen zum Zweck-Bündnispartner Washingtons gegen Al Qaeda; da sind mutmaßliche Taliban - wohl auch solche, die von deutschen KSK-Elitesoldaten übergeben wurden - völkerrechtswidrig auf Guantánamo interniert. Für die "zivilisierte Welt" steht damit Grundlegendes auf dem Spiel, auf das sie bisher stolz sein konnte: das Recht auf einen fairen Prozess, das Verbot von Folter, die Ächtung von Staatswillkür. Vertan ist wohl die Chance, dieses alles glaubwürdig auch von Staaten wie Iran, Irak und Nordkorea zu verlangen.



      !!!GROSSALARM IN WASHINGTON
      Vermeintlicher Cessna-Angriff, Weißes Haus evakuiert!!!


      Jeder neue Terror-Alarm der US-Geheimdienste unterstützt die Bemühungen der Regierung Bush um eine Militärstrategie, die Präventivschläge beinhaltet - auch, wenn es Fehlalarme sind
      Von Karl Grobe

      Verzieht sich der Rauch, bevor die Bombe explodiert ist? Eine akute Gefahr, dass in einer Großstadt der USA eine "schmutzige Bombe" hochgehen werde, hat offenbar nicht bestanden. Die theoretische Möglichkeit besteht weiter, wie sie schon vor dem 11. September bestanden hat. Sie bezieht sich auf alle denkbaren Varianten von terroristischen Verbrechen - und auf solche, die gemeinhin in der Rubrik "Undenkbares" stehen. So viel zur Theorie.

      Die Indizien, die nach der Gefangennahme des US-Bürgers Abdullah al-Mujahir (vor seiner Konversion: José Padilla) bekannt geworden sind, bleiben undeutlicher als das, was die Geheimdienste der USA vor dem Verbrechen vom 11. September sicher wussten. Mujahir hat "in Verbindung gestanden", hat "Kontakte unterhalten", sich "beim Feind ausbilden" lassen und war "an der Planung künftiger Terrorangriffe beteiligt" - so hat es Justizminister John Ashcroft formuliert und sich dabei des Jargons bedient, der von geheimen Diensten benutzt wird, um auf Netzwerke hinzuweisen, ob sie real bestehen oder nicht. Es mag alles seine Richtigkeit haben. Handfest ist nichts; FBI-Chef Robert Mueller vermag nur erste Planungsstufen eines möglichen Anschlags mit einer schmutzigen Bombe zu erkennen.

      Seit die Dienste unter Kritik geraten sind, weil sie vor dem 11. September nicht gewarnt haben (oder Warnungen missachtet wurden), schlagen sie lauter und heftiger Alarm. Der Alarm nutzt sich ab, muss deshalb immer lauter vorgebracht werden - und schließlich wird der Eindruck, die Gefahr wachse mit der Lautstärke der Warnungen, für eine Widerspiegelung der Wirklichkeit gehalten.

      Das ist bedenklich. Erstens: Gab es zu oft Fehlalarm, wirkt auch eine ernsthafte Warnung nicht mehr. Zweitens: Die politische Führung kann, der Stimmung folgend, Realitäten fehlbewerten. Im vorliegenden Fall war das wahrscheinlich nicht so; Präsident George W. Bush hätte sich sonst das Argument nicht entgehen lassen, für seine verschärfte Erstschlagsdoktrin zu werben. Aber nicht er, sondern der Justizminister erwähnte Mujahirs angebliches Terror-Vorhaben zuerst, und zwar nicht in den USA, sondern in Moskau; nicht auf frischer Tat, sondern einen Monat nach der Gefangennahme. Der Verdächtigte war da schon nicht mehr Untersuchungshäftling, sondern eine Art Kriegsgefangener des eigenen Staates mit eingeschränktem Rechtsschutz.

      Das deutet auf eine wachsende Verunsicherung hin, ebenso wie die Nachricht über den marokkanischen Fahndungserfolg. Das hier angezeigte Delikt liegt Monate zurück. In ruhigen Zeiten hätte es wenig Aufmerksamkeit erregt. Nun aber unterstützt jede derartige Nachricht die Bemühungen der Regierung Bush um eine neue, Präventivschläge enthaltende Militärstrategie. Der Gedanke, zuzuschlagen gegen Gefahren, bevor sie auftauchen, ist noch ein Gedanke und nicht viel mehr. Er birgt jedoch die Gefahr, dass irgendwann der Verdacht ausreicht, einen vermeintlichen Gegner mit Krieg zu überziehen, weil ihm alles zuzutrauen sei. Er enthält die Abdankung der Politik. Terroristen schreckt er nicht ab.


      Die Natur bringt für dieses Land schon sehr viel Verständnis auf.
      Avatar
      schrieb am 20.06.02 13:37:15
      Beitrag Nr. 103 ()
      Eigentlich ziemlich entlarvend:

      "Amerika lehnt den Internationalen Strafgerichtshof ab - weil man die eigene Souveränität nicht einer "fremden" Rechtsordnung unterstellen will"


      Völkerrecht wie es am internationalen Gerichtshof gesprochen wird, gehört zu einer "fremden Rechtsordnung" .... das ist ein weiterer Offenbarungseid der US-Politik.


      DAs, was da geschieht ist nicht nur eine Maßlosigkeit, für die es keien Berechtigung gibt, es ist auch - viel gefährlicher - die endgültige Kriegserklärung an Gerechtigkeit, Humanität und eine ausgleichende Politik, wie sie z.B. von Deutschland seit JAhrzehnten erfolgreich durchgeführt wurde.

      Nun können sich alle Diktatoren dieser Welt auf die USA als "leuchtendes Beispiel" für die ungenierte Verweigerung von Grundrechten, Menschlichkeit und Menschenwürde zitieren.

      Weshalb sollte jetzt Milosevic den int. Gerichtshof anerkennen?

      Weshalb sollte Israel eine UNO-Kommisssion ins besetzte LAnd lassen?

      Weshalb sollte Sadam Hussein UN-Kontrollkommissionen ins LAnd lassen, wenn die USA das ablehnen?


      Bush hat begonnen, die Welt langfristig ins Chaos zu stürzen.... allgemein in der Völkergemeinschaft anerkannte Werte sind mit gemäß diser verheerenden Politik sofortiger Wirkung nicht mehr Geschäfts-Grundlage des Miteinanders der Völker dieser Erde.

      ES wird Zeit, daß man den US-Plotikern klar und deutlich sagt, was ihr HAndeln ist:

      Größenwahn und Fundamentalismus, ja Rassismus pur.

      Das ist Apartheid auf globalem Niveau.



      .
      Avatar
      schrieb am 20.06.02 17:28:41
      Beitrag Nr. 104 ()
      aus Spiegel online von heute
      ----------------------------------
      US-VORSCHLAG

      Weltgericht ja, aber nur für andere

      Die Vereinigten Staaten haben im Weltsicherheitsrat einen eigenwilligen Resolutionsentwurf eingereicht. Danach unterstützen sie die Schaffung eines Internationalen Strafgerichtshof - aber nur, wenn Amerikaner davor Immunität haben. Ihre Forderung unterstrichen die USA mit einer Drohung an die Uno.


      New York - Indirekt drohten die USA mit einem Rückzug aus Friedensmissionen der Vereinten Nationen, sollten sich die Uno ihrem Wunsch entgegenstellen. Der stellvertretende US-Botschafter Richard Williamson erklärte am Mittwoch in New York, Washington werde US-Bürger während Uno-Friedensmissionen nicht dem Zugriff des Strafgerichtshofs aussetzen.
      An dieser Haltung werde sich nichts ändern. "Die Quintessenz ist, dass die Vereinigten Staaten US-Bürger keiner Gefahr aussetzen werden." Der Schutz vor Festnahme und Verfolgung durch das Gericht soll sich nach dem Willen der USA auf alle Teilnehmer - auch Nicht-Amerikaner - an Missionen erstrecken, die vom Uno-Sicherheitsrat gebilligt wurden. Dies würde auch für die Teilnahme an Einsätzen wie in Bosnien und im Kosovo oder die Schutztruppe in Afghanistan gelten.

      Der Sicherheitsrat reagierte zurückhaltend auf den Vorstoß der USA. Der norwegische Uno-Botschafter Ole Peter Kolby erklärte, der Rat werde sich bemühen, auf die US-Bedenken einzugehen. "Ich weiß aber nicht, ob das möglich ist", fügte er hinzu. Der kolumbianische Botschafter Alfonso Valdivieso sagte, der Antrag der USA untergrabe den Geist und die Formulierungen des Vertrags zur Schaffung des Gerichtshofs. Der Direktor des Programms für Internationale Justiz der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch, Richard Dicker, erklärte, die USA versuchten nun, durch die Hintertür zu bekommen, was sie bei den Verhandlungen über die Schaffung des Gerichtshofs nicht erreicht hätten: eine Ausnahme für US-Bürger. `"Diese Art von Immunität widerspricht dem einfachsten Rechtsprinzip, nämlich dass das Gesetz für jedermann gleichermaßen gilt."

      Der 1998 in Rom ausgehandelte Vertrag wurde inzwischen von genügend Uno-Mitgliedsländern ratifiziert, um am 1. Juli in Kraft zu treten. Der frühere US-Präsident Bill Clinton hatte sich seinerzeit der Idee eines Internationalen Strafgerichts für Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeschlossen. Das entsprechende Abkommen wurde während seiner Regierungszeit aber nicht mehr dem Senat zur Billigung vorgelegt.


      Clintons Nachfolger George W. Bush hatte sich von Anfang an gegen das neue Rechtsgebilde ausgesprochen. Die USA haben stets befürchtet, amerikanische Soldaten könnten dort aus politischen Motiven heraus willkürlich angeklagt werden. Die Befürworter des Strafgerichtshofs weisen jedoch darauf hin, dass der Vertrag dem Gericht nur dann die Rechtsprechung über Bürger eines anderen Staates einräumt, wenn dieser sich weigert, einem Verdacht nachzugehen.


      .
      Avatar
      schrieb am 20.06.02 17:32:52
      Beitrag Nr. 105 ()
      Wenn charlie Chaplin noch leben würde, wäre jetzt

      "Der große Dikatator II " in Arbeit...


      Es ginge dabei dieses Mal nicht um Deutschland......

      wichtiges Requisit wären:

      ein ungenutztes, verkümmertes Gehirn
      eine nur scheinbar harmlose Brezel
      Ein UNO-Gebäude in Miniaturformat in des Dikators Kloschüssel



      :D
      Avatar
      schrieb am 20.06.02 17:35:51
      Beitrag Nr. 106 ()
      Jaaaa...so kennen wir sie,diese bigotte bande!

      Aber sie sind leider nicht mehr aufzuhalten....daß ding

      ist gegessen.

      Sie stehen an der spitze und werden sich weder vertreiben

      lassen noch sich unter irgendetwas,was ihrer meinung nach

      den US-interessen widerspricht,- beugen.
      Avatar
      schrieb am 20.06.02 17:38:00
      Beitrag Nr. 107 ()
      DEEP.....:laugh:....kreeeeiiiisch......hahahahaha..gut

      gesagt....!!!

      :)
      Avatar
      schrieb am 20.06.02 17:43:17
      Beitrag Nr. 108 ()
      Ääähh..fällt mir gerade zu unseren US-boys ein....

      DER MOLOCH

      Eine kritische geschichte der USA

      von Karlheinz Deschner

      Heyne Verlag

      DAS öffnet die augen über unsere "freunde"

      Shit !
      Avatar
      schrieb am 20.06.02 17:46:21
      Beitrag Nr. 109 ()
      Bereits während des 2.weltkrieges haben sich die US-Amerikaner als Rassisten gezeigt und unschuldige US-Bürger japanischer Herkunft zwangsweise in LAgern biszum Ende des 2. Weltkrieges interniert.
      Die japanische Abstammung war im "Bollwerk der Demokratie" völlig ausreichend, um Bürgerrechte ausser Kraft zu setzen...

      DAs ist nur eine Neuauflage mit deutlich brutaleren Methoden:



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      US-TERRORFAHNDUNG

      Angriff auf die Bürgerrechte

      Von Steven Geyer, Washington

      Greift die Bush-Regierung bei der Terroristen-Fahndung zu Polizeistaats- oder gar Foltermethoden? Menschenrechtler sehen die CIA-Befragungen im Ausland skeptisch, und zu Hause wächst Kritik an der Einschränkung verfassungsmäßiger Rechte. Aktivisten rufen bereits eine neue Bürgerrechts-Bewegung aus.


      Washington - Zuerst klang es, als habe die US-Geheimdienstmaschine eine Katastrophe verhindert. Dann schien es wenigstens noch eine spannende Detektivstory aus der Welt der Spione zu sein. Mittlerweile hat der vermeintliche CIA-Coup das Zeug zum Skandal, der auf die Regierung Bush zurückfällt: Die vor zehn Tagen erfolgte Festnahme des mutmaßlichen al-Qaida-Terroristen Jose Padilla, der angeblich einen Bombenanschlag mit radioaktivem Material auf Washington plante, wirft erstmals auch in Amerikas politischer Öffentlichkeit die Frage auf, ob die US-Behörden beim Bush-Krieg gegen den Terror grundlegende Menschenrechte missachten und so die Werte verwerfen, für sie doch eintreten sollen.
      Anwälte, Bürgerrechtsgruppen und sogar einige Senatoren melden zunehmend Bedenken am "Herumtrampeln auf den Grundrechten" an, wie es Anwältin Nancy Chang vom "Zentrum für Verfassungsrechte" in New York nennt.

      Dass die Debatte sich ausgerechnet an Jose Padilla entzündet, ist kein Zufall. Padilla, der sich seit seiner Konvertierung zum Islam Abdullah al-Mujahir nennt, ist US-Staatsbürger. Damit steht ihm laut US-Verfassung nicht nur ein "rechtmäßiges Gerichtsverfahren" und ein Anwalt zu, sondern auch ein "schneller und öffentlicher Prozess". Das alles will die Bush-Regierung aber umgehen. Sie steckte den Anfang Mai Festgenommenen in ein Militärgefängnis im Bundesstaat South Carolina und stufte ihn als "feindlichen Kämpfer" ein.

      Keine Grundrechte für "feindliche Kämpfer"

      Was das heißt, sprach das Justizministerium am Mittwoch in einer Mitteilung bei einem Revisionsverfahren des inhaftierten Taliban Yaser Esam Hamdi so deutlich aus wie nie zuvor: "Enemy combatants" haben für unbegrenzte Zeit kein Recht auf einen Anwalt oder ein Verfahren, und kein amerikanisches Gericht kann diese militärische Klassifizierung aufheben.

      Mutmaßlicher Al-Qaida-Terrorist Padilla: Als "feindlicher Kämpfer" ohne Rechte


      Der deutlich formulierte Brief, unterzeichnet von General Paul D. Clement, besiegelt das Schicksal Hamdis, laut "Washington Post" ein 21-jähriger Amerikaner, der bei den Taliban in Afghanistan festgenommen, zunächst in der kubanischen Guatanamo Bay interniert und nun nach Norfolk geschafft wurde. Hamdis Anwalt hatte - wie auch die Anwältin Padillas - bei einem Bundesrichter Beschwerde eingelegt, dass sein Klient einen Rechtsbeistand benötige. Der Richter stimmte zu und wurde nun vom Justizministerium barsch belehrt, es gebe "in den Gesetzen und unter den Umständen des Krieges für feindliche Kämpfer kein Recht, ihren Anwalt zu treffen, um über ihre Haftbedingungen zu sprechen". Die Mitteilung bezog sich auf einen Spruch des US-Verfassungsgerichtes von 1950.

      Jose Padilla hat nun voraussichtlich das gleiche Urteil zu erwarten. Damit wird er "von einem schwarzen Loch aufgesaugt", schrieb Kommentator Bob Herbert in der "New York Times", "in dem er keine Rechte mehr hat. Das ist eine neue und gefährliche Gegend, die außerhalb der Öffentlichkeit liegt und, bisher, auch jenseits der Verfassung." Wenn sie unkontrolliert bleibe, könne diese "Missachtung des Gesetzes eine größere Bedrohung für die amerikanische Lebensart darstellen als al-Qaida". Die "Washington Post" vom heutigen Donnerstag zitiert Juristen mit dem Hinweis, die Argumentation des Justizministers erinnere an Gesetze, mit denen während des Zweiten Weltkrieges tausende Amerikaner asiatischer Herkunft als angebliche Sicherheitsbedrohungen interniert wurden.


      Genau daran musste auch Politikstudentin Lubada Abdallah in letzter Zeit oft denken. Abdallah ist aktiv in der "Muslimischen Studentenvereinigung der USA und Kanadas" und wurde deshalb von ihren Freundinnen gewarnt: Es habe viele grundlose Verhaftungen von arabischen Studenten gegeben - eben wie damals bei den asiatischen Amerikanern.

      "Aber ich habe auch an all die Klassen gedacht, in denen wir die Verfassung und die Freiheitsrechte studiert haben", erzählt Abdallah, "und deshalb gesagt: Nein, das kann in den USA heutzutage nicht mehr passieren." Am 20. März wurde sie eines Anderen belehrt: Das FBI durchsuchte ihr Büro und die Wohnungen muslimischer Freunde. "Ich war erschüttert", sagt sie. "So, wie ich schon am 11. September erschüttert war."

      Masseninternierung von Männern aus arabischen Staaten

      Abdallahs Organisation ist nur eine von Dutzenden, die unter dem Dach der "International ANSWER"-Koalition zum Protest gegen die Einschränkung der Bürgerrechte durch die Bush-Regierung trommelt. Muslimische und christliche Gruppen, Schwarzen- und Immigranten-Aktivisten, Pazifisten, Schüler und Arabervereinigungen wollen am 29. Juni zu Tausenden vor der FBI-Zentrale in Washington gegen die Aushöhlung der Grundrechte demonstrieren. "Das ganze erinnert mich an die Sechziger, als das FBI gezielt gegen die schwarze Bürgerrechtsbewegung vorging und Leute wegen ihrer Hautfarbe schikaniert hat", sagt Mahdi Bray, Vorsitzender der Freedom Foundation. "Dagegen müssen wir uns wehren - mit einer neuen Bürgerbewegung!"

      Der Grund für die Wut: Seit dem 11. September erleben arabisch-stämmige und muslimische Amerikaner nicht nur verstärkten Rassismus und Schikane, sondern auch die Willkür der Behörden. Je nach Quelle waren oder sind noch immer zwischen 1100 und 2000 Verdächtige im Zusammenhang mit den September-Anschlägen in Haft, fast ausschließlich Männer, die in Staaten mit überwiegend muslimischer Bevölkerung geboren wurden.


      "Hunderte Menschen sind im Gefängnis", sagt Hussein Ibish, Sprecher des Arabisch-Amerikanischen Anti-Diskriminierungs-Komitees (ADC). "Wegen kleinster Unregelmäßigkeiten, oft Probleme mit der Aufenthaltsgenehmigung, werden arabische Amerikaner wochenlang festgehalten. Keiner weiß genau, wo, warum und wie viele es exakt sind."

      John Ashcroft, Generalbundesanwalt und Justizminister, hat jedoch gar kein Problem mit dem Image des Großen Inquisitors: "Die Leute müssen sich entscheiden, ob sie uns helfen wollen, terroristische Anschläge zu verhindern, oder ob sie still bleiben wollen im Angesicht des Bösen."

      [Anmerkung: Klassisches Zeichen von Größenwahn]

      Ashcrofts "idiotische Annahme"

      FBI und Justizministerium nutzen bei ihren umstrittenen Aktionen vor allem zwei Regelungen: Zum einen das nach dem 11. September hastig durch den Kongress geschobene "Patriotengesetz" (Patriot Act), das es den Behörden erlaubt, Ausländer sechs Monate länger als die üblichen 90 Tage festzuhalten, wenn ihre Freilassung "die nationale Sicherheit der USA oder einer Gemeinde oder einer einzelnen Person gefährden würde". Zum anderen wird der Status des "materiellen Zeugen" großzügiger interpretiert, der es erlaubt, Menschen festzuhalten, die "für ein kriminelles Vorhaben wichtige Informationen haben".

      Nun plant Ashcroft sogar, eine Art Araber-Kartei einzurichten - alle Männer aus dem Mittleren Osten sollen bei der Einreise Foto und Fingerabdrücke hinterlassen und jeden Umzug oder Reise zentral melden. "Dieser Plan geht von der idiotischen Annahme aus, dass Gefahr nur von einer bestimmten Gruppe Menschen ausgeht", kritisiert ADC-Sprecher Ibish. "Dabei gab und gibt es immer wieder Anschläge von weißen amerikanischen Extremisten."


      FBI-Hauptquartier in Washington: "Erst verhaften, dann ermitteln"


      Nach und nach gelangen nun zahlreiche Fälle an die Öffentlichkeit, die zeigen, wie wahllos das FBI die muslimischen Gemeinden durchfischt. So wurden am 12. September die beiden Inder Mohammed Azmath und Syed Gul Mohammed Shah während einer Zugfahrt verhaftet, weil sie 5600 Dollar Bargeld bei sich trugen, Kartonschneider wie die Flugzeug-Entführer und Haarfärbemittel. Auch waren sie am Vortag vom Flughafen Newark, Bundesstaat New Jersey, abgeflogen - wie die Entführer des Pennsylvania-Fliegers. Laut Polizeibericht waren beide "extrem nervös".

      Neun Monaten später musste das FBI einräumen, dass die beiden Inder völlig unschuldig eingesperrt wurden: Sie hatten gerade ihren Job verloren, an einem Zeitungsstand auf dem Bahnhof von Newark, wo sie die Kartonmesser täglich benutzten. Das Geld hatten sie dabei, um in Texas einen Obststand zu eröffnen, das Haarfärbemittel sollte die grauen Schläfen abdecken.


      Etliche andere Beispiele sind weniger abwegig, enthalten aber immer drei Elemente: Arabisches Aussehen, lange Untersuchungshaft, bis heute keine Straftat nachgewiesen. "Es wurden im Grunde zuerst die Leute verhaftet und dann ermittelt", kritisierte David Cole, Professor für Verfassungsrecht an der Georgetown Universität in Washington.

      Acht Monate Haft ohne Anwalt und Richter

      Wenn tatsächlich Verstrickungen in extremistische Gruppen vorliegen, kennen die Ermittler offenbar gar keine Skrupel mehr.


      So wurde in der vergangenen Woche bekannt, dass der ehemalige Taxifahrer Nabil Almarabh aus Boston volle acht Monate in einem New Yorker Gefängnis unter verschärften Haftbedingungen festgehalten wurde - ohne mit einem Anwalt sprechen zu dürfen, ohne einem Richter vorgestellt zu werden. "Eindeutig verfassungswidrig", urteilt ADC-Sprecher Ibish, "egal, was er getan hat und egal, ob er Bürger ist oder nicht - er hätte spätestens nach 48 Stunden einen Anwalt bekommen müssen und einem Richter vorgeführt werden müssen."

      Der 35-jährige, in Kuweit geborene Syrer wurde laut "Washington Post" sieben Tage nach den Anschlägen vom 11. September wegen mutmaßlicher Verbindungen zu al-Qaida festgenommen, bis heute gibt es aber nicht einmal eine Anklage. "Wenn man lesen würde, das so was einem US-Bürger in China oder Kuba passieren würde", beklagt Anwalt Mark Kriger, der Almarabh einmal getroffen hat, ihn aber nicht vertreten darf, "würde das State Department durchdrehen."

      Folter von Gefangenen im Ausland?

      Darüber hinaus hegen Menschenrechtsgruppen aber noch einen weiteren schweren Verdacht: Die US-Geheimdienste, so mutmaßte Amnesty International, würden bei der Terrorfahndung im Ausland sogar Foltermethoden einsetzen oder zumindest tolerieren. In Ägypten, Syrien, Marokko und Pakistan wenden Polizei und Militär nach Erkenntnissen von Amnesty die Folter an, und in all diesen Ländern sitzen mutmaßliche al-Qaida-Mitglieder ein, die nach Berichten amerikanischer Zeitungen umfangreiche Aussagen machten und so in den vergangenen Wochen zahlreiche Fahndungserfolge ermöglichten.



      Osama Bin Ladens früherer Personalchef Abu Zubaydah zum Beispiel, der in Pakistan angeschossen, dann von US-Agenten festgenommen und "an einen sichereren Ort" gebracht wurde, ist so erstaunlich gesprächsbereit, dass das Weiße Haus immer wieder betonen muss, die Ermittler würden ganz gewiss nicht foltern. Man könne auch nicht alle Tipps Zubaydahs ernst nehmen, andere würden erst nach Gegenprüfung Sinn ergeben. Der Hinweis auf den "schmutzigen Bomber" Padilla kamen etwa von ihm.

      Auch der Deutsch-Syrer Mohammed Haydar Zammar wird derzeit in Syrien von US-Beamten verhört, wodurch sich nach Angaben der "Washington Post" auch gleich das amerikanisch-syrische Verhältnis besserte - trotz syrischer Hilfe für die Hisbollah, die Hamas und anderer militante anti-israelischen Gruppen. "Die Syrer waren sehr hilfreich", sagt ein Sprecher des US-Außenministeriums vieldeutig.

      Achtzig Prozent der Amerikaner für begrenzte Freiheiten

      In der breiten amerikanischen Bevölkerung sorgt das Thema derweil kaum für Sorgen: Eine Umfrage des Nachrichtensenders "Fox News" von Anfang Juni ergab, das 64 Prozent der Befragten für den Kampf gegen den Terror eigene Freiheiten aufgeben würden. In einer Umfrage der Zeitung "USA Today" gaben sogar 80 Prozent der Befragten an, sie würden Freiheitsbeschränkungen zustimmen, um dadurch mehr Sicherheit zu gewinnen.

      So mag der Ausnahmezustand unter Aussetzung Grundrechte zwar noch nicht offiziell ausgerufen sein, für Amerikas Bürger ist er längst Alltag.
      Avatar
      schrieb am 20.06.02 17:52:54
      Beitrag Nr. 110 ()
      Tja,...."demokratie",at its best.....

      :laugh:
      Avatar
      schrieb am 20.06.02 18:23:47
      Beitrag Nr. 111 ()
      Nicht so laut. Ich sehe uns hier schon hinter Gittern! :D

      Obwohl, spionieren und kapieren sind noch immer zwei Paar Stiefel. :laugh:
      Avatar
      schrieb am 20.06.02 21:03:22
      Beitrag Nr. 112 ()
      :laugh:
      dann kann uns von Seiten der USAa nicht viel passieren.... :laugh:
      Avatar
      schrieb am 21.06.02 07:20:29
      Beitrag Nr. 113 ()
      d.t.,

      man kann den usa ja vieles vorwerfen, aber RASSISMUS definitiv NICHT!
      Avatar
      schrieb am 21.06.02 10:18:02
      Beitrag Nr. 114 ()
      @ ospower

      Aha..... wofür musste denn MArtin Luther King noch in den 60ern auf die Straße gehen?

      WArum hing noch in den 60ern in vielen Teilen der USA noch teilweise ein Schild "Whites only" ?
      Avatar
      schrieb am 21.06.02 10:19:52
      Beitrag Nr. 115 ()
      Deep Thought, ich habe in den neunzigern zeitweise in den USA gelebt, und Rassismus habe ich dort keinen gesehen. Und ich habe darauf geachtet.
      Avatar
      schrieb am 21.06.02 10:23:05
      Beitrag Nr. 116 ()
      d.t.,

      hast du oben von den umtrieben de kukluxclan und deren sympathisanten in den sechzigern geredet, oder von der politik der derzeitigen us-regierung??
      Avatar
      schrieb am 21.06.02 10:24:47
      Beitrag Nr. 117 ()
      NEUE US-SICHERHEITSDOKTRIN

      Bush flirtet mit dem Nuklearfeuer


      Von Severin Weiland

      Mit Hochdruck arbeitet der Nationale Sicherheitsrat der USA an einer neuen Sicherheitsdoktrin. Sollte Präsident George W. Bush sie umsetzen, könnten amerikanische Truppen künftig mit konventionellen und nuklearen Waffen auch präventiv gegen Terrorstaaten vorgehen.

      US-Präsident Bush: US-Militärs müssen in kürzester Zeit in jede dunkle Ecke der Welt


      Berlin - Als George Bush im Mai vor dem Bundestag in Berlin sprach, hatte er für die Abgeordneten aus Deutschland eine eher verschwommene Botschaft parat. Wenn die Welt die "neue totalitäre Bedrohung" ignoriere, "fordern wir zu einer Art Erpressung auf und bringen Millionen von Bürgern in ernsthafte Gefahr".
      Was der US-Präsident im Reichstag damals noch nebulös umschrieb, nimmt in diesen Wochen konkrete Formen an: Die USA sind dabei, ihre auf dem Kalten Krieg aufbauende Sicherheitsdoktrin einschneidend zu verändern. Nicht mehr die gegenseitige Abschreckung mit konventionellen und nuklearen Waffen steht im Mittelpunkt. Die beiden Stichworte der neuen Strategie, die derzeit vom Nationalen Sicherheitsrat erarbeitet und dem Präsidenten voraussichtlich im August vorgelegt wird, lauten: "Pre-emptive Action" und "Defensiv Intervention".

      US-Truppen könnten demnach sowohl mit konventionellen als auch nuklearen Mitteln präventiv gegen Staaten vorgehen, die aus Sicht Washingtons eine Bedrohung durch atomare, biologische oder chemische Waffen darstellen. Direkte Interventionen bis hin zu einzelnen Kommandoaktionen und zivilen Druckmitteln sollen zu einer Strategie gebündelt werden. Es gehe um ein "breites Konzept", betont die Sicherheitsberaterin des Präsidenten, Condoleezza Rice.

      Umrisse seiner neuen Doktrin hatte Bush auf einer Veranstaltung der Militärakademie in West Point Anfang Juni preisgegeben. "Unsere Sicherheit verlangt eine Transformation des Militärs, welches Sie führen werden - einer Streitmacht, die bereit sein muss, in kürzester Zeit in jeder dunklen Ecke der Welt zum Einsatz zu kommen." Notfalls, so Bush weiter, müsse das Militär bereit sein, "für unsere Freiheit und die Verteidigung unseres Lebens präventive Aktionen durchzuführen".

      Der Irak als erstes Opfer der Bush-Doktrin?

      Bushs Ankündigung überrascht nicht. Die Rolle des US-Militärs wird - nicht erst seit dem 11. September - seit geraumer Zeit überdacht. Nur das Tempo, mit dem an die Neuformulierung der Doktrin gegangen wird, hat sich seit den Terrorangriffen gegen die USA beschleunigt. Seit Monaten spekulieren Analysten und Medien in den USA in aller Offenheit über einen Militärschlag gegen den Irak. In immer neuen Varianten wird dabei von der Bush-Regierung die Rechtfertigung für einen Angriff in die Öffentlichkeit gestreut: Diktator Saddam Hussein, den Bushs Vater 1990 während des Golfkrieges aus Angst vor einem Zerbrechen der arabischen Alliierten schonte, sei eine der Hauptgefahrenquellen für die Welt.

      In öffentlichen und privaten Reden formulierte Bush in den letzten Monaten seine neue Sicherheitsdoktrin: Die USA wüssten zwar nicht mit letzter Sicherheit, ob Saddam Hussein bereits über biologische und atomare Waffen verfüge. Die Vorsicht gebiete es aber, so zu tun, als hätte er sie bereits.

      Erstschlagsideen bereits in den sechziger Jahren

      Es gebe Zeiten, ergänzte jüngst Sicherheitsberaterin Rice Bushs Gedankengänge, da könne man nicht einfach darauf warten, "angegriffen zu werden, sondern müsse selbst zuschlagen". Auch wenn Rice offiziell erklärt, es gebe keine konkreten Länder, auf die sich die neue Doktrin beziehe - Kommentatoren in den USA sprechen offen aus, dass der erste Adressat der Bush-Doktrin der Irak sein wird.

      Überlegungen, mit einem Ersteinsatz einer möglichen Gefahr zuvorzukommen, sind in der US-Geschichte keineswegs neu. Vor 40 Jahren, während der Kuba-Krise, drängten US-Militärs den damaligen Präsidenten John F. Kennedy, die im Aufbau befindlichen atomaren Raketenbasen der Sowjets auf Kuba zu bombardieren. Kennedy widerstand den Forderungen seiner Militärs - und entschied sich stattdessen, über Kuba eine Blockade zu verhängen. Sein Gegenspieler im Kreml, Nikita Chruschtschow, gab in dem Nervenkrieg nach - die sowjetischen Schiffe mit den Raketen drehten ab, ein atomares Inferno war verhindert worden.

      Pearl Harbour als Trauma

      Die Idee, Staaten durch einen Präventivschlag unter Druck zu setzen, geisterte auch unter Kennedys Nachfolger Lyndon B. Johnson durch die Korridore des Weißen Hauses. Der Mann aus Texas erwog, China anzugreifen, um so Mao Tse-tung an der Entwicklung atomarer Waffen zu hindern. Die Pläne wurden fallengelassen.

      Tief sitzt bis heute in den Vereinigten Staaten das Trauma von 1941, als japanische Kampfflugzeuge am 7. Dezember einen Großteil der amerikanischen Pazifikflotte außer Gefecht setzten. Der 11. September 2001 hat diese Urangst wieder aufkommen lassen: Kaum eine Fernsehsendung in den USA, die neben den einstürzenden Türmen von New York nicht auch die Bilder der brennenden US-Schiffe im Hafen von Pearl Harbour zeigte.

      Künftig auch als Erstschlagswaffe im Einsatz?


      Die Angriffe vom 11. September gegen New York und Washington haben die Überarbeitung der US-Militärdoktrin nicht erst ausgelöst - sie haben sie nur beschleunigt. Dreimal in der Woche trifft sich Bush mit seinen engsten Sicherheitsberatern - wiederholt sei dabei über die Ausarbeitung einer präventiven Strategie debattiert worden, schrieb kürzlich die "New York Times".

      Im Januar hatte Bush in seiner "State of Union"-Rede einen Hinweis gegeben, als er den Iran, Nordkorea und den Irak als "Achse des Bösen" bezeichnete. Die USA würden es nicht zulassen, von diesen Ländern mit Massenvernichtungswaffen bedroht zu werden. Im März zitierte dann die "Los Angeles Times" aus einem 56-seitigen Geheimpapier des Pentagon, das den Einsatz von so genannten Mini-Nuklearbomben vorsah. Zwar dementierte US-Außenminister Colin Powell umgehend, dass es dementsprechende Pläne gebe - doch die öffentliche Debatte war damit eröffnet und nimmt seitdem kein Ende. So wird auch in diesen Wochen im Zusammenhang mit der neuen Doktrin der Einsatz von Nuklearwaffen nicht ausgeschlossen. Ein Dementi gibt es nicht.

      Die neue Doktrin hätte unabsehbare Folgen für die internationale Staatengemeinschaft. Denn völlig unklar sind die Antworten auf die Fragen: Auf welcher Grundlage will der US-Präsident bestimmen, wann eine Gefahr mit einem unangekündigten Militärschlag begegnet wird? Auf welche Quellen stützt er sich dabei? Und wird eine solche Doktrin noch vom "Recht auf Selbstverteidigung" in der Uno-Charta gedeckt?

      Folgt die Nato der neuen Doktrin?

      Unklar ist auch, welche Rolle die Nato im Gefüge der neuen Doktrin noch spielen würde. Erst 1999 hatte sie in ihrem "Neuen Strategischen Konzept für die Allianz" die alte Strategie bestätigt, wonach Nuklearwaffen nur als allerletztes Mittel und im äußersten Notfall zum Einsatz kommen sollen. Wenn die USA aber künftig Mini-Nuklearbomben zum Ausräuchern von Terroristenhöhlen nicht ausschließen - gilt dann noch die Nato-Doktrin? Koppeln sich die USA von ihren europäischen Verbündeten ab? Oder folgen diese notgedrungen der neuen Bush-Doktrin?

      Im vielstimmigen Chor der Ansichten, die derzeit aus den USA zu vernehmen sind, ist ein schlüssiges Konzept noch nicht auszumachen. US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld erklärte Anfang Juni auf einer Nato-Konferenz in Brüssel, die Allianz könne künftig nicht länger darauf warten, bis "absolute Beweise" vorlägen, um gegen terroristische Gruppen oder Länder mit Massenvernichtungswaffen vorzugehen. Condoleezza Rice wiederum fällt die Rolle zu, die Aufregung zu zügeln, die die Überlegungen aus dem Weißen Haus auslösen. Gegenüber der "New York Times" nannte sie die Kuba-Krise von 1962 als Beispiel eines breiten Ansatzes: Die damalige US-Regierung "stützte sich auf eine präventive Strategie, aber nutzte keine militärische Macht und ermöglichte so den Sowjets den Abzug".


      Indische Truppen an der pakistanischen Grenze: Wer folgt der neuen US-Doktrin?


      Doch die Ausgangslage von 1962 unterscheidet sich grundsätzlich von der von 2002. Eine Reihe neuer und heimlicher Nuklearstaaten sind seitdem hinzugekommen. Was geschieht, wenn andere Atommächte die US-Doktrin kopieren? Peter Galbraith, Professor am National War College und Befürworter eines präventiven Krieges mit konventionellen Waffen gegen den Irak, weist voller Besorgnis auf Südasien, wo Pakistan und Indien im Streit um Kaschmir mit dem atomaren Feuer spielen: "Sollte Indien die amerikanische präventive Doktrin übernehmen, riskiert es einen Nuklearkrieg, mit zerstörerischen Konsequenzen für die Welt."
      Avatar
      schrieb am 21.06.02 10:28:19
      Beitrag Nr. 118 ()
      Deep Thought ist zu sehr beschäftigt, abzukopieren, um sich mal mit Diskussionsbeiträgen auseinanderzusetzen. :laugh:
      Avatar
      schrieb am 21.06.02 10:28:36
      Beitrag Nr. 119 ()
      Aber von den USA hat er leider keine Ahnung...:D
      Avatar
      schrieb am 21.06.02 10:29:07
      Beitrag Nr. 120 ()
      ...dazu sollte man das Land mal besuchen, statt nur aus 30 Jahre alten Büchern dazu zu lesen. :)
      Avatar
      schrieb am 21.06.02 10:29:46
      Beitrag Nr. 121 ()
      Und jeden Diskussionsbeitrag schnell wieder mit neuen, ellenlangen Kopien zuzudecken, das könnte ich auch, wenn ich wollte. :)
      Avatar
      schrieb am 21.06.02 10:35:08
      Beitrag Nr. 122 ()
      und das ganze dann noch in zwei threads parallel und je nachdem wo´s sonst noch passen könnte ...
      Avatar
      schrieb am 21.06.02 10:39:25
      Beitrag Nr. 123 ()
      In der Tat - der Threadtitel spielt schon längst keine Rolle mehr. :)
      Avatar
      schrieb am 21.06.02 10:43:11
      Beitrag Nr. 124 ()
      @ os-power
      @ For4Zim

      Die Internierung von Menschen bestimmter Herkunft bzw. Abstammung/Glaubensrichtung (zur Zeit scheinbar arabischer Herkunft bzw. muslimischen Glaubens)
      über Monate

      OHNE konkrete Verdachtsmomente,
      OHNE konkrete Beweise,
      OHNE richterliche Anordnung
      OHNE Rechtsbeistand


      ist m. E. ein klassisches Beispiel für Rassismus bzw. die Unterdrückung ethnischer Minderheiten

      Das wollt ihr doch wohl nicht im Ernst bestreiten, oder?

      :eek:


      For4Zim:

      Sind Schwarze in den USA schlechtere Menschen oder gibt es andere Gründe dafür, daß sie einen überproportionalen Anteil an Todesstrafen und Gefängnispopulationen haben und ein deutlich niedrigeres Durchschnittseinkommen haben?
      Avatar
      schrieb am 21.06.02 10:51:27
      Beitrag Nr. 125 ()
      Deep Thought, Schwarze sind in den Todeszellen unterrepräsentiert, weil sie überproportional Gewaltdelikte begehen und weil sie sich die guten Anwälte nicht leisten können.

      Und das niedrige Durchschnittseinkommen liegt am niedrigen Bildungsstand und der wiederum liegt an an den üblichen Familienverhältnissen, etwa den frühen Geburten bei Frauen. Da ist einfach ein soziales Niveau tradiert, das durch alle affirmative action (amerikanischer Begriff!) so schnell nicht angehoben werden kann.

      Tatsächlich kann man bei vielen Schwarzen auch eine resignativ-passive Haltung sehen, die andere Gruppen, die in den USA auf niedrigem sozialen Niveau beginnen, nicht haben. Das heißt, teilweise gefallen sich Gruppen von Schwarzen so sehr in der Opferrolle, daß sie selbst Aufstiegschancen nicht wahrnehmen, wen nsie mit Eigenleistungen verbudnen sind. Die Diskussionen darüber in den US-Medien sind zahlreich, wenn auch durch die political correctness etwas behindert.

      Schilder "For Whites Only" hat es übrigens selbst in den schwärzesten Tagen der USA in Staaten wie New Jersey, Wisconsin oder California nie gegeben. Die Apartheid i nden USA ist ein schändliches Kapitel, aber es waren auch die Amerikaner selbst, die durch die Bundesregierung und den Supreme Court da heraus gefunden haben.
      Avatar
      schrieb am 21.06.02 10:52:22
      Beitrag Nr. 126 ()
      diese internierung mag ein verstoss gegen die genfer konventionen sein, meinetwegen auch ne menschenrechtsverletzung, aber kein rassismus, da sie definitiv nicht wegen ihrer ethnischen herkunft interniert sind.

      das letztere ist ein sozialproblem.
      Avatar
      schrieb am 21.06.02 10:52:57
      Beitrag Nr. 127 ()
      Bei den Themen US-Politik und den Folgen des WTC-Attentates gibt es nun einmal enorme thematische und faktische Kongruenzen.

      Oder seid Ihr ernsthaft der Meinung, das eine hätte mit dem anderen nichts zu tun?????

      :eek:
      Avatar
      schrieb am 21.06.02 10:57:32
      Beitrag Nr. 128 ()
      "ganzheitlich" betrachtet, hat natürlich alles irgendwie miteinander zu tun ...

      4zim #123,

      der eine ist ja wenigstens noch als "versuch" deklariert
      Avatar
      schrieb am 21.06.02 10:58:35
      Beitrag Nr. 129 ()
      FOR4ZIM....Hää????Ob nen buch nun 30 jahre alt ist oder

      nicht....die geschichte die beschrieben wird bleibt

      die selbe! Mit löschen ist da nichts...:laugh:

      Aber bitte,hier,2001..:


      WAR AGAINST PEOPLE

      Menschenrechte und Schurkenstaaten

      von Noam Chomsky

      Europa Verlag

      Chomsky ist Träger von zehn Ehrendoktorwürden.Hat mehrere

      Bestseller über Linguistik,Philosophie und Politik geschrie-

      ben.

      Die NEW YORK TIMES würdigte Chomsky als bedeutensten leben-

      den Intellektuellen.....und beklagt zugleich seine radikale

      Haltung gegenüber der USA-Außenpolitik.



      Lies mal.....disgusting....
      Avatar
      schrieb am 21.06.02 11:00:09
      Beitrag Nr. 130 ()
      Deep Thought, man kann es auch bei einem Thread zu einem Thema belassen. Und wenn man einen neuen Thread anfängt, weil sich das Thema verlagert, kann man einen alten Thread auch aufgeben.

      Selbst Deinen "Charlie Chaplin - der große Diktator"-Erguß fandest Du so witzig, daß Du ihn gleich in zwei Threads setzen mußtest. Das eine Mal sollte "Der große Diktator" etwas mit einer sachlichen Diskussion des Anschlags auf das World Trade Centers zu tun haben, das andere Mal mit einem Artikel von Augstein. :laugh:

      Übrigens: der Vorteil der USA ist, daß in zwei Jahren Herr Bush voraussichtlich abgewählt werden wird. Paßt irgendwie nicht zur "Großer Diktator"-Glosse...
      Avatar
      schrieb am 21.06.02 11:01:17
      Beitrag Nr. 131 ()
      Noam Chomsky ist ein genialer Linguist. Leider vergißt er selbst immer wieder, daß er von sonst wenig versteht.
      Avatar
      schrieb am 21.06.02 11:06:20
      Beitrag Nr. 132 ()
      @ For4Zim

      Tatsächlich kann man bei vielen Schwarzen auch eine resignativ-passive Haltung sehen, die andere Gruppen, die in den USA auf niedrigem sozialen Niveau beginnen, nicht haben. Das heißt, teilweise gefallen sich Gruppen von Schwarzen so sehr in der Opferrolle, daß sie selbst Aufstiegschancen nicht wahrnehmen, wen nsie mit Eigenleistungen verbudnen sind. Die Diskussionen darüber in den US-Medien sind zahlreich, wenn auch durch die political correctness etwas behindert.

      Wenn Du jetzt "Schwarz" durch "Jude" austauschst, dann wird Dir vielleicht eher klar, was Du da geschrieben hast.
      Tenor Deiner postings wäre dann nämlich: "Die Juden sind an ihrem Schicksal selber schuld."

      Jahrzehntelange Unterdrückung führt zur depressiv geprägten Perspektivlosigkeit oder zur aggressiver, militanter WAndlung der Unterdrückten.

      Es war schon immer ein besonders perfider und menschenverachtender Zug Herrschender Unterdrücker, ihren Opfern die Folgen der Unterdrückung ( von Depression geprägte Ohnmacht oder aggressive Auflehnung - beides als psychologisch einzigem "Ausweg" aus dem mentalen Dilemma) in scheinbar eleganter Umkehrung der KAusalitäten als scheinbaren Grund für die Folgen Unterdrückung vorzuhalten.


      @ osPower

      Rassismus hat IMMER soziale Probleme als Folge.
      Auch in Deiner Argumentation kann ich diesbezüglich nur eine scheinheilige Umkehr von Ursache und Wirkung erkennen.


      Eure Argumentation könnte jeder extremistische TAliban-Anhänger sofort als Argument gegen die Gleichberechtigung der Frauen
      übernehmen bzw. sie haben exakt gleich argumentiert.
      Avatar
      schrieb am 21.06.02 11:12:12
      Beitrag Nr. 133 ()
      FOR4ZIM....

      Ah ja,mit anderen worten,die vorgebrachten argumente und

      aufzählungen der US-Vergehen sind erfunden oder wie?????

      Mann oh mann.....

      Was habt ihr nur davon,beweisbare WAHRHEITEN auszublenden?

      Dreaming.....
      Avatar
      schrieb am 21.06.02 11:17:49
      Beitrag Nr. 134 ()
      Deep Thought, schreib doch nicht so einen Müll. Erstens Mal schreibe ich hier über Schwarze in den USA, nicht über Juden. Zweitens solltest Du Dich mal mit den Diskussionen über die Ergebnisse der affirmative action in den USA beschäftigen, damit Du überhaupt mitreden kannst. Ich schreibe hier über Sachen, die wiederholt etwa in den Kommentaren der New York Times angesprochen wurden. Etwa die Ergebnisse des Austauschs von Schülern aus verschiedenen neighbourhoods. Oder die Diskussionen an Universitäten, ob die Quoten für verschiedene Minderheiten noch zu rechtfertigen seien, oder sich auch nur wieder rassistisch auswirkten - eben in die andere Richtung.

      Weißt Du über die USA überhaupt irgendwas aus eigener Anschauung? (Das war jetzt eine rhetorische Frage - brauchst Du nicht zu beantworten.)
      Avatar
      schrieb am 21.06.02 11:22:32
      Beitrag Nr. 135 ()
      dass soziale randgruppen benachteiligt werden, würde ich ja nicht bestreiten. aber dies ist per se noch kein rassismus, da die ethnische herkunft nicht das kriterium darstellt, sondern armut.
      Avatar
      schrieb am 21.06.02 12:21:02
      Beitrag Nr. 136 ()
      @ For4Zim

      NAja, gut, dann sind wir eben bei Deinen persönlichen Müll-Kategorien angelangt.


      Wenn arabisch-stämmige bzw. arabisch aussehende Menschen für Monate jeglicher Grundrechte beraubt werden und dies durch die internationale Presse aufgedeckt wird, muss ich ich wohl kaum persönlich vor Ort sein, um mir das eigene Urteil der Menschenrechtsverletzung in diesen Fällen bilden zu können.

      Umgekehrt reicht ein Aufenthalt in einem LAnd nicht dafür aus, um ausser LAndes bekannte Mißstände abzustreiten.

      Ich kann mir nicht vorstellen, daß Dein US-Aufenthalt in dem sozialen Umfeld schwarzer Ghettos stattgefunden hat und Du deswegen die Lebensverhältnisse Schwarzer umfassender beurteilen kannst.

      Wenn der Schwerpunkt Deines US-Aufenthaltes jedoch den sozialen Verwerfungen des US-Systems galt, so nehme ich natürlich alles zurück.... :D

      .
      Avatar
      schrieb am 21.06.02 12:47:18
      Beitrag Nr. 137 ()
      Noam Chomsky ist ein genialer Linguist. Leider vergißt er selbst immer wieder, daß er von sonst wenig versteht.

      wow, genial, for4zim, in zukunft werde ich mich an dich wenden, um zu erfahren, wer von was wieviel versteht. es gibt sicher keinen, der chomskys fähigkeiten besser beurteilen kann als du. danke für die teilhabe an solch tiefen einblicken in die pfründe deiner weisheit, und das noch von sonst ähm umsonst.
      Avatar
      schrieb am 21.06.02 12:50:29
      Beitrag Nr. 138 ()
      Deep Thought, zur Realität meines Aufenthalts gehörten zum Beispiel obligatorische Kurse bei meinem Arbeitgeber zur diversity awarness. Die Quoten für Minderheiten an verschiedenen Universitäten sind auch Realität. Und die New York Times kannst Du auch über das Web lesen - wäre vielleicht auch interessant für Dich.
      Avatar
      schrieb am 21.06.02 12:53:21
      Beitrag Nr. 139 ()
      US-NAZIPROPAGANDA
      Geldstrafe für Einfuhr

      Für die Einfuhr von Nazipropaganda aus den USA hat ein Berliner Gericht einen 23-Jährigen zu 1.800 Euro Geldstrafe verurteilt. Der Frankfurter Zoll hatte 1.000 Aufkleber mit rassistischen und antijüdischen Karikaturen sichergestellt, die an den Berliner adressiert waren. (dpa)

      taz Nr. 6780 vom 21.6.2002, Seite 7, 12 Zeilen (Agentur)
      Avatar
      schrieb am 21.06.02 12:55:56
      Beitrag Nr. 140 ()
      Noam Chomsky ist ein bedeutender Linguist, weil er herausgearbeitet hat, wie Bestandteile der Sprache universell sind und deshalb auf biologische Grundlagen zurückgeführt werden können. Ich selbst würde mich nicht an seine Bücher heranwagen, weil sie sehr kopliziert geschrieben sind, aber man kann sich ja die Sekundärliteratur dazu ansehen. Steven Pinker hat dann ja diese Ansichten popularisiert und erweitert.

      Aber die politischen Erörterungen von Chomsky sind leider seltsam inkompetent. Unvergeßlich ist für mich, wie er sich hinter Milosevic gestellt hat. Wenn er schon die Politik der USA kritisieren will, dann braucht er das doch nicht gleich so zu tun, indem er sich hinter einen Potentaten stellt, der sich jetzt wegen seiner Verbrechen in Den Haag verantworten muß.
      Avatar
      schrieb am 21.06.02 13:01:50
      Beitrag Nr. 141 ()
      @ For4Zim:

      Wieso muss er sich eigentlich in DenHAag verantworten?

      Dort wird doch eine den USA "fremde Rechtsordnung" angewandt?? :eek:

      Anmerkung: War nur eine rhetorische Frage..... :D
      Avatar
      schrieb am 21.06.02 13:06:28
      Beitrag Nr. 142 ()
      Deep Thought, es mag Dich verwundern, aber ich finde es auch nicht akzeptabel, daß sich die USA nicht internationaler Gerichtsbarkeit unterwerfen wollen. Wir haben deshalb die Sache hartnäckig zu verfolgen.


      China, Rußland, auch der Irak, der Iran, Israel oder Nordkorea unterwerfen sich dem Internationalen Strafgerichtshof auch nicht. Serbien tut es nur, weil es muß. Es ist bislang nur eine kleine Zahl von Staaten, meistens in Europa, die so weit in der öffentlichen Diskussion sind, daß sie eine so weitreichende internationale Kontrolle akzeptieren können.
      Avatar
      schrieb am 21.06.02 13:17:52
      Beitrag Nr. 143 ()
      es verwundert mich nicht, sondern es freut mich.
      Avatar
      schrieb am 21.06.02 13:24:37
      Beitrag Nr. 144 ()
      ich werde jetzt erste einmal den Rasen-Krieg
      Deutschland gegen USA anschauen - und hoffe natürlich, daß die USA eins auf die NAse bekommen.... :D

      Bis dahin biete ich allen Diskussionsgegnern einen Waffenstillstand an. :D


      Gruß

      D.T.

      (der eigentlich sonst eher wenig Fussball anschaut.... )
      Avatar
      schrieb am 21.06.02 13:25:44
      Beitrag Nr. 145 ()
      Da sind wir uns mal einig. :)
      Avatar
      schrieb am 21.06.02 13:31:03
      Beitrag Nr. 146 ()
      for4zim, deine äußerst kompetenten äußerungen zu rosa luxemburg lassen es mir ratsam erscheinen, ohne beleg nichts, aber auch gar nichts mehr an deinen sogenannten tatsachenbehauptungen ungeprüft hinzunehmen. ich kenne diese eine äußerung, die du chomsky unterstellst, nicht. und selbst wenn: es kann jedem unterlaufen, im aktuellen politischen zeitgeschehen eine fehleinschätzung vorzunehmen. nicht hinnehmbar aber ist es, wenn man sich wie im obigen falle du, hartnäckig weigert, historische fakten zur kenntnis zu nehmen, die fast hundert jahre zurückliegen und stattdessen hetzerische legenden weiterverbreitet. diese überheblichkeit ist wahre dummheit.
      Avatar
      schrieb am 21.06.02 13:43:22
      Beitrag Nr. 147 ()
      Ich gebe mal absichtsvoll einen Link eines linken und US-kritischen Autors zu einem Buch von Milosevic, wo er selbst zum Schluß kommt, daß Chomsky vor lauter Eifer, den USA jedes Unrecht zu unterstellen, schon fast zum Apologeten, jedenfalls zum verharmloser von Milosevic zu werden:

      http://www.newsandletters.org/Issues/1999/Dec/12.99_chomsky.…
      Avatar
      schrieb am 21.06.02 13:58:10
      Beitrag Nr. 148 ()
      Die sogenannten Kriegsverbrechen im Kosovo waren in der Tat überwiegend Propagandalügen, wie wir ja seit einiger Zeit wissen. Deswegen tut sich der internationale Gerichtshof auch so schwer, den entsprechenden Nachweis zu führen.
      Während am Anfang die Sitzungen des Gerichts im Fernsehen übertragen wurden, hört man heute kaum noch was davon.

      Deswegen auch der Link zu einem Buch:

      http://www.amselfeld.com/rezensionen/rezens03.htm
      Avatar
      schrieb am 21.06.02 14:06:51
      Beitrag Nr. 149 ()
      Eine, allerdings auch voreingenommene (türkische) Quelle wäre noch hier http://www.idea-tr.com/facts_and_concepts/02_Why_Chomsky/002…, wo die Argumentationsweise von Chomsky seziert wird.

      Es ist schon lustig, daß auch bei der Apologie für die serbischen Menschenrechtsverletzungen in Kroatien, Bosnien und Kosovo man radikale Linke und Rechte die gleichen Standpunkte verteten hört. Da denkt man mit leisem Schaudern bis zum Hitler-Stalin-Pakt zurück.

      In einem Punkt muß ich mich aber in meiner etwas unvollständigen Erinnerung korrigieren. Chomsky hat in der Tat nie hinter Milosevic gestanden, er hat nur (;)) sein Handeln verharmlost, um die "Schandtaten" der USA zu dramatisieren.
      Avatar
      schrieb am 21.06.02 15:45:45
      Beitrag Nr. 150 ()
      for4zim, wer chomsky unbedingt missverstehen will, wie es dir wohl am herzen liegt, der wird seiner einschätzung unter gar keinen umständen recht geben dürfen. dabei zeigen seine gedankengänge eine schärfe, die deine überhebung nichts als lächerlich erscheinen läßt. möglicherweise fehlt dir dafür ganz einfach das fassungsvermögen, das aber kannst du beim besten willen nicht chomsky ankreiden.

      http://www.glasnost.de/kosovo/chomsky.html
      Avatar
      schrieb am 21.06.02 18:02:28
      Beitrag Nr. 151 ()
      Tja,ANTIGONE es ist einfach erstaunlich,wie man schon fast

      zwanghaft geschichtlichen tatsachen ausweichen will.

      Es muß bei FOR4ZIM an zu großer unreflektierter liebe zu

      den USA liegen.:laugh:

      Mancher nimmt nur das an was er will und nicht das gesamte

      paket an bewiesenen wahrheiten.
      Avatar
      schrieb am 21.06.02 20:39:36
      Beitrag Nr. 152 ()
      Ich mag zwar die Amerikaner auch, aber mit der amerikanischen Politik bin ich nicht besonders glücklich.

      Dass das amerikanische Militär Kriegsverbrechen am laufenden Band veranstaltet, ist ein Fakt. Ich erinnere in dem Zusammenhang an die Bombenangriffe auf Kombodscha während des Vietnamkriges und im aktuellen Afghanistankonflikt an die Entdeckung von Massengräbern ehemaliger Talibans und anderer Rebellen, die wenn weiter nachgeforscht wird, wohl auch amerikanischen Einheiten zuzurechnen sind.

      Leider erfährt die amerikanische Öffentlichkeit darüber wenig bis garnichts. Der amerikanenische Bürger glaubt nach wie vor an den heroischen Kampf seiner Jungs in aller Herren Länder und Hollywood untermauert dieses Denken mit der Massenproduktion entsprechender Filmstoffe.

      In der aktuellen Diskussion über den Heimatschutz der USA gibt es aber auch schon gewisse Bürgerrechtskreise, denen aufgefallen ist, dass die Bürgerrechte des Amerikaners langsam aber kontinuierlich ausgehebelt werden und die dagegen angehen.

      Da der Amerikanische Bürger sehr sensibel in Bezug auf seine Civil Rights ist, kommt er nun langsam ins Grübeln, ob er sich mehr durch Osama Bin Ladens Truppe bedroht fühlen soll, oder ob die eigene Regierung ihm seine Freiheit doch zu weit einschränkt.

      Hintergund ist, dass es bisher zwei amerikanische Staatsbürger gibt, die von den neuen Verordnungen betroffen sind und somit plötzlich unter Militärgerichtsbarkeit fallen, was z.B. bedeutet, dass man sie zeitlich unbefristet und ohne Anspruch auf Anwalt festhalten kann. Der eine von diesen amerikansichen Staatsbürgern ist dieser junge amerikanische Taliban Legionär, den man in Afghanistan verhaftet hat. Der andere ist der zum Islam übergetretene schwarze Amerikaner, dem man Pläne zum Bau einer sogenannten schmutzigen Bombe unterstellt.

      Diese beiden Typen sind aber amerikanische Staatsbürger mit allen Bürgerrechten, die die Civil Rights ihnen gewähren. Und diese Rechte sind zur Zeit ausgehebelt und ob der gemeine Bürger das in den USA lange akzeptiert wird die Zukunft zeigen.

      Zu Chomsky ist zu sagen, dass es gut ist, dass auch die Amerikaner ein paar kritische Geister haben. Leider gibt es diese Leute in diesem Land viel zu selten. Und auch eine New York Times ist relativ unkritsch wenn es um die Auseinandersetzung mit amerikanischer Aussen- und Militärpolitik geht. Und die Berichterstattung im Fernsehen ist so einseitig (nur USA und Israel) und undifferenziert, dass es eigentlich schon traurig ist. Gestern sagt doch dieser Moderator Cramer von CNBC einem Regierungsmenschen, dass man dem Miltär und den Geheimdiensten unbedingt die Mittel zur Verfügung stellen muss, die sie zur Terrorabwehr benötigen. Der Typ hat die Hosen wegen ein paar Terroristen gestrichen voll.

      Man muss sich das mal in Deutschland vorstellen, dass ein Uli Wickert in den Tagesthemen den Finanzminister Eichel auffordert alle finanziellen Mittel die Scharpings Generäle und die Chefs des BND und Vefassungsschutzes meinen zu benötigen, bereitzustellen.

      Aber so sind sie eben die Amerikaner. Im Film sind sie alle Helden, aber in der Realität geht ihnen der Arsch auf Grundeis.
      Avatar
      schrieb am 22.06.02 11:12:08
      Beitrag Nr. 153 ()
      Hammers?

      Starker Beitrag, ODDLOT :)


      Antiamerikanisch
      Fußball trifft Politik: Der richtige Feind der USA ist, wie sich zeigte, Osama bin Kahn


      Von Karl Grobe

      Die USA wollen unbedingt vermeiden, dass ihre Bürger dem Urteil einer so genannten unabhängigen internationalen Instanz unterworfen werden. Es kann ja nur zu ihrem Nachteil ausgehen, so sehr sie sich auch darum bemühen, ihre Ziele zu erreichen. Das hat die Regierung George W. Bushs richtig erkannt. Beweis: das deutsche Tor am Freitag in Ulsan. Wie fiel es? Nach einem Freistoß. Und wer hat den Freistoß angeordnet? Ein unabhängiger - und zwar schottischer - Schiedsrichter.

      Es kommt noch schlimmer. Was die Deutschen da vorgeführt haben, war eine gar nicht einmal so raffinierte Art von Antiamerikanismus. Beweise? Erstens: Ihre größte Zeitung hat mit der Schlagzeile Ami go home Hetze betrieben, auch wenn sie sich scheinheilig in kleinen Lettern entschuldigt. Zweitens: Der Torschütze, ein gewisser Mr. Ballack, ist in der DDR geboren, in Görlitz. Hat Fußball bei der Betriebssportgemeinschaft (!) Motor (!) Karl-Marx-Stadt (!) gelernt, war dann bei den Roten (!) Teufeln in der Pfalz. Reicht das?

      Drittens: Diese Deutschen haben so gespielt, wie sie es immer den USA nachsagen: ideenlos, aber abwehrstark. Das war nicht nur eine böswillige Imitation; das war ein Schlag gegen den Bundeskanzler und seine uneingeschränkte Solidarität.

      Aber auch die vorauseilende Aufklärung der USA hat wieder mal versagt. Da hat zwar die New York Post rechtzeitig erfahren, dass bei den Deutschen ein Staatsfeind Nummer eins mittut, die Zeitung hat ihn unter diesem Titel mit Bild vorgestellt, es war nur leider der falsche, nämlich Mr. Klose. Der richtige Feind der USA ist, wie sich zeigte, Osama bin Kahn.
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      schrieb am 22.06.02 18:14:43
      Beitrag Nr. 154 ()
      völlig unbestätigten Gerüchten zufolge sollen bereits die Bombardierungen der Deutschen Terroristen um ihren Anfüherer Olli Bin KAhn beim nächsten Spiel mittels einer Spezialeinheit von B-52 von Preäsident George W. Bush angeordnet worden sein.

      Überlebende sollen der einfacheren Folter wegen zunächst in das kurzfristig zu diesem Zweck entdämonisierte Nordkorea verschleppt werden und der durch Medikamente benebelte Olli Bin Kahn mit einem lehmigen wassergefüllten Handschuh fotografiert werden.

      Dan Ashcroft wird dann in einer dramatischen Pressekonferenz davon sprecehen, man hätte noch so gerade eben ein Attentat mit einer schmutzigen Wasserstoff-Bombe vereitelt. Und diesmal (siehe Foto) seien die Beweise einfach erdrückend...... :laugh:


      Man werde jedenfalls nie mehr hinnehmen, daß ein anderer Staat "our patriotic boys" fremden Schiedgerichten unterstellt - erst recht nicht solchen aus der dritten welt!

      danach wird man finanzielle Flüsse vom DFB in die Kassen Olli Bin Kahns nachweisen, die Regierungsnähe des DFB reicht dann für die Intervention in Deutschland.

      Nach Abtransport der U-Boot-Baupläne von HDW sowie des Know-how für den LeoII (incl. Rheinmetall-Glattrohrkanone) wird die gesamte Schlüsselindustrie verstaatlicht - allerdings in den USA.

      Der nur gaaaaanz leise protestierende Schröder wird von George Dabeljuu nur angeherrscht:

      "Bist Du nun uneingeschränbkt solidarisch, verdammter Kommunist, oder nicht???"

      ..... Fortsetzung folgt....

      [Anmerkung für die NSA: Dies ist eine SATIRE!! Bitte Kein Mordkommando schicken! ]
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      schrieb am 23.06.02 11:06:03
      Beitrag Nr. 155 ()
      Ein schräger Spaß in Bild und Ton.
      http://wm.zdf.de/ZDFheute/exports/WM2002/mediathek/video_con…


      Amerika braucht Deine Mark!
      Also gebt schon eure Sparschweine her, sonst fällt uns das Geraffel mit 100%iger Sicherheit in den Vorgarten. :D

      Washington sucht Partner für Raketenabwehr

      WASHINGTON, 21. Juni (rtr). Nach der Aufkündigung des ABM-Vertrages zur Begrenzung von Raketenabwehr-Systemen haben die USA Bemühungen angekündigt, weitere Staaten für eine Beteiligung am Aufbau eines Raketenabwehrschildes zu gewinnen. "Da der ABM-Vertrag jetzt nicht mehr für uns wirksam ist, können wir mit unseren Verbündeten und Freunden darüber diskutieren, inwieweit eine Beteiligung an dem Programm möglich ist", sagte der Chef der Abteilung für Raketenabwehr im US-Verteidigungsministerium, Ronald Kadish, am Donnerstag in Washington.

      Die USA hatten den Ausstieg aus dem 1972 mit der Sowjetunion geschlossenen ABM-Vertrag in der vorigen Woche vollzogen. Um Befürchtungen zu entkräften, der Verzicht auf ABM werde ein neues Wettrüsten auslösen, hatten die USA Russland die Reduzierung der Kernwaffen-Arsenale angeboten. Im Mai einigten sich beide Staaten auf einen Abrüstungsvertrag, der die Zahl der atomaren Langstreckenwaffen beider Staaten binnen zehn Jahren um zwei Drittel verringern soll. Die USA wollen sich mit dem geplanten Abwehrsystem gegen Raketen schützen, die von ihrer Ansicht nach politisch und militärisch unberechenbaren Staaten wie Nordkorea oder Iran abgeschossen werden könnten.
      Avatar
      schrieb am 24.06.02 10:11:04
      Beitrag Nr. 156 ()
      Die USA zündeln im Mercosur
      Argentinischer Zentralbankchef nach Kritik am Internationalen Währungsfonds zurückgetreten. Für US-Finanzminister ONeill sind auch weitere Kredite an Brasilien "keine brillante Idee". Brasilien und Uruguay fürchten deshalb den "Tango"-Effekt
      aus Porto Alegre GERHARD DILGER

      Bislang hat Brasiliens Präsident Fernando Henrique Cardoso die drohende Finanzkrise allenfalls einem "inkompetenten" Nachfolger zugetraut. Jetzt muss er sie selbst fürchten - sechs Monate vor Ende seiner Amtszeit. "Verantwortungslos" sind für Cardoso die jüngsten Statements von US-Finanzminister Paul ONeill. Der erklärte, es sei "keine brillante Idee", das Geld US-amerikanischer Steuerzahler in die "politischen Unwägbarkeiten Brasiliens zu stecken".

      Damit könnte ONeill, der sich im August 2001 fast wortgleich über Argentinien geäußert hatte, einen Kurswechsel in der Politik des Internationalen Währungsfonds gegenüber Brasilien angedeutet haben. Entsprechend reagierten die Finanzmärkte: Der Dollar kletterte auf die absolute Rekordmarke von 2,84 Real, der Börsenindex von São Paulo fiel um 4,7 Prozent.

      Täglich mehren sich die Anzeichen, dass die Argentinienkrise massiver auf die Nachbarländer übergreifen könnte denn jemals zuvor. Aus Argentinien kommen allenfalls schlechte Nachrichten: Gestern trat der argentinische Zentralbankchef Mario Blejer zurück, der das Amt erst am 22. Januar übernommen hatte. Blejer mokierte sich in der vergangenen Woche über verschiedene Forderungen des IWF, die der für neue Kredite an das bankrotte Land aufgestellt hatte.

      Die Mercosur-Länder müssten bald ihre Schuldenrückzahlungen einstellen, sagt die linksliberale Zeitung Página 12 aus Buenos Aires voraus. ONeill und George W. Bush kämen bestenfalls zur Besinnung, "wenn ihnen die Multis erklären, dass sie die Krise viel Geld kostet". Uruguay sei inzwischen bereits in der "Zitronenpresse" gelandet.

      Dort nämlich gab die aus den Traditionsparteien der Blancos und Colorados gebildete Regierung am Donnerstag den Wechselkurs frei, ähnlich wie zuvor Argentinien (Anfang 2002) und Brasilien (Anfang 1999). Und ähnlich wie bei den großen Nachbarn kommt der Schritt vermutlich "zu spät", wie Alberto Curiel, Senator des Oppositionsbündnisses "Breite Front", meint. Die nun zu erwartenden Inflationsschübe träfen besonders stark die "Lohnabhängigen und die Rentner". Angeschmiert seien auch all jene, die sich auf Geheiß von Präsident Jorge Batlle in Dollar verschuldet hätten.

      Der IWF hatte diese Maßnahme empfohlen, damit die Regierung den Turbulenzen "flexibler" entgegentreten könne. Lob gab es dafür auch aus dem US-Finanzministerium. Nach der "Öffnung von wirtschaftlichen Schlüsselbereichen" habe die Freigabe des Peso-Kurses der Regierung den Weg zu weiteren IWF-Krediten geebnet, sagte Staatssekretär John Taylor. Morgen will der IWF über die Erhöhung einer Kreditlinie um 1,5 Milliarden Dollar beraten.

      Dennoch steckt Uruguy in der schwersten Wirtschaftskrise seit 30 Jahren. Die Wirtschaft schrumpft seit vier Jahren, offiziell beträgt die Arbeitslosenrate 15 Prozent. In den letzten fünf Monaten schmolzen die Devisenreserven um 47 Prozent, das sind 1,4 Milliarden Dollar. Von den Bankkonten werden bis Anfang Juni fast vier Milliarden Dollar abgezogen. Schon macht ein Schreckgespenst aus Argentinien die Runde: die Konfiszierung der Sparguthaben. Die meisten der drei Millionen UruguayerInnen schwanken zwischen Resignation und Protest. Im winterlichen Montevideo wurde die noch moderate Peso-Abwertung von zehn Prozent mit einem Trommelkonzert auf Kochtöpfen begrüßt. Brasilien dagegen schwelgt noch im Fußballfieber.

      taz Nr. 6782 vom 24.6.2002, Seite 11, 115 Zeilen (TAZ-Bericht), GERHARD DILGER
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      schrieb am 24.06.02 10:14:29
      Beitrag Nr. 157 ()
      USA verzögern UNO-Mandat für Bosnien
      Washington fordert wegen Strafgerichtshof Immunität für seine Soldaten. Bis Monatsende sollen die Differenzen geklärt werden
      NEW YORK dpa Die USA sind mit der Forderung nach Strafsicherheit für ihre Soldaten bei UN-Einsätzen im ersten Anlauf gescheitert. Washington will, dass amerikanische Soldaten rechtliche Immunität genießen, solange sie im Dienst der Vereinten Nationen stehen. Es versuchte jetzt erstmals, diesen Anspruch durchzusetzen - bei der Mandatsverlängerung für die Mission in Bosnien-Herzegowina. Doch die anderen 14 Mitglieder des Weltsicherheitsrates in New York lehnten die Klausel ab und verlängerten das Bosnien-Mandat nur um neun Tage, um Zeit für weitere Verhandlungen zu gewinnen.

      Anlass für das Verlangen der US-Regierung ist die Zuständigkeit des Internationalen Strafgerichtshofes in Den Haag ab 1. Juli. Die USA gehören zu einer Reihe von Ländern, die befürchten, dass der neue Gerichtshof ihre Soldaten für Aktionen im Rahmen von Friedens- beziehungsweise anderen militärischen Einsätzen zur Rechenschaft ziehen könnte. Das Gericht nimmt seine Arbeit zwar erst im nächsten Jahr auf, ahndet aber mögliche Vergehen von Militärs vom Stichtag 1. Juli an. Es soll sich mit groben Menschenrechtsverletzungen, Kriegsverbrechen und Völkermord befassen.

      Der amerikanische UN-Botschafter, John Negroponte, gab sich am Freitagabend zuversichtlich: "Ich glaube, dass wir eine Lösung finden werden." UN-Generalsekretär Kofi Annan hatte den USA am Vortag erklärt, sie machten sich unnötig Sorgen. Das neue Gericht trete erst dann auf den Plan, wenn das Heimatland eines möglichen Straftäters nicht selbst Rechtsmittel ergreifen könne oder wolle.

      Um Zeit für weitere Verhandlungen über das US-Verlangen zu gewinnen, einigte sich das höchste UN-Gremium am Freitagabend auf einen Kompromiss. Es verabschiedete eine Resolution, die die Bosnien-Mission nur um eine gute Woche bis zum 30. Juni verlängert. Bis zu diesem Termin will der Rat die Frage der Immunität mit den USA geklärt haben.

      Für die UN-Mission in Bosnien-Herzegowina sind derzeit 46 Polizeioffiziere im Einsatz. Ihre Aufgabe ist es, Bosnier zu Polizisten auszubilden. Das Mandat für diese Mission lief am Freitagabend aus und sollte eigentlich um sechs Monate verlängert werden. Außerdem hatte der Sicherheitsrat das Mandat der internationalen Friedenstruppe in Bosnien-Herzegowina bis zum 31. Dezember erneuern wollen, verschob die Abstimmung aber ebenfalls.

      Von den 15 Mitgliedern des Sicherheitsrates haben 6 die Verträge von Rom bereits ratifiziert, mit denen der Internationale Strafgerichtshof 1996 offiziell beschlossen wurde. Weitere 6 Ratsmitglieder haben die Statuten zwar unterzeichnet, aber noch nicht in ihre Landesgesetze integriert. Zu diesen 6 gehört auch China.

      taz Nr. 6782 vom 24.6.2002, Seite 10, 92 Zeilen (Agentur)
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      schrieb am 25.06.02 08:33:40
      Beitrag Nr. 158 ()
      GEORGE W. BUSH

      "Hands-off" im Heiligen Land


      Von Stefan Simons

      Außenpolitik war für George W. Bush beim Amtsantritt unbekanntes Terrain. Erst seit den 11. September hat sich der US-Präsident zum international agierenden Feldherren gemausert. Im Nahostkonflikt scheut der Präsident eigenes Engagement. Nur Arafat hat er mittlerweile als Erzschurken des Dauerkonflikts ausgemacht.


      In der Erinnerung von George W. Bush war die Hubschraubertour über den Bergen des Westjordanlandes der Höhepunkt seiner Israelvisite 1998: Im Tiefflug röhrte der damalige Gouverneur von Texas über Olivenhaine, sandfarbenen Karst und zurück zur Mittelmeerküste. Der Blick aus der Höhe hinterließ mehr Eindruck als der übliche Kibbuz-Besuch oder das Dinner mit Israels Premier Benjamin Netanjahu.
      Während des Präsidentschaftswahlkampfes ein Jahr später erinnerte sich der Kandidat und ehemalige Jagdpilot der US-Borderguard mit Begeisterung an die luftige Einführung in den komplizierte Geografie des israelisch-palästinensischen Dauerkonflikts: "Alles liegt nur Minuten auseinander."

      Viel mehr als diese Einsicht ist dem Überflieger in Nahostpolitik offenbar nicht geblieben, außer vielleicht noch der herzlichen Zuneigung für seinen Gastgeber: Der vierschrötigen Ex-General, damals Infrastrukturminister, ist heute Israels Ministerpräsident - Ariel Scharon.


      Denn George W. Bush, seither zum mächtigsten Mann der Welt aufgestiegen, zeigte bei dem Reizthema nur wenig persönliches Engagement. Trotz der mörderischen Eskalation der Bluttaten in dem "kleinen, schmalen Land" (Bush) hielt sich der US-Präsident weitgehend aus dem hasserfüllten Konflikt heraus - und provozierte damit nur eine immer schlimmere Zuspitzung von Gewalt und Gegengewalt.

      Die zu Beginn seiner Amtszeit angekündigte "Überarbeitung der US-Position" beschränkte sich auf die gebetsmühlenartig vorgebrachte Forderung nach "entschlossener Beendigung des Blutvergießens" oder "nachdrücklicher Bereitschaft zum Dialog".

      Bush II. mangelte es an Mut und Durchsetzungswillen, wirklichen Druck auf beide Seiten des Zermürbungskrieges auszuüben. Und wie sein Vater und republikanischer Vormieter im Weißen Haus "hat er es nicht so mit den weitreichenden Perspektiven".

      Kein Wunder: Anders als beim Baseball, wo George W. dank fremder Geldgeber reüssierte, oder selbst in der Erdölbranche, in der Junior durch mehrfachen beruflichen Schiffbruch Einblick erhielt, war Außenpolitik für den selbst ernannten "Mann aus Texas" weitgehend unbekanntes Terrain.

      Russlands Rüstung? Chinas Raketen? Taliban-Terror?

      Als George W. Bush im Januar 2001 als frisch gekürter Präsident das Weiße Haus bezog, standen solch exotische Themen nicht auf der Tagesordnung vordringlicher Aufgaben, im Gegenteil: Ganz auf eine verheißungsvolle innenpolitische Agenda hatte Bush seinen millionenschweren Wahlkampf zugespitzt.

      Und Nahost?

      Nicht nur von Austin, Texas, ja, selbst vom Weißen Haus aus gesehen, liegt der Nahe Osten in weiter Ferne, eine Unruheregion am anderen Ende der Welt - trotz des vorausgegangenen Ortstermins. Für den Novizen auf diplomatischen Parkett war es kein viel versprechendes Gebiet. Schließlich hatten er und sein Team miterlebt, wie sich Vorgänger Bill Clinton während der letzten Monate seiner Amtszeit im persönlichen Dauereinsatz um eine beständige Friedensregelung im Nahen Osten zerrieb.

      "Hands-off" im Heiligen Land - so lässt sich der Kurs der republikanischen Regierung umschreiben, mit der die Republikaner auf den tragischen Misserfolg der Clinton-Strategie reagierten. Nicht Washington, sondern die beteiligten "Parteien vor Ort", beckmesserten Bush und seine Berater, sollten sich zu einer neuen Regelung zusammenraufen.

      Die löbliche Aufforderung "Einigt euch!" erwies sich jedoch als untauglich, den steigenden Blutzoll palästinensischer Extremisten und israelischer Vergeltungsschläge zu stoppen.

      Und als Bush, durch die wachsende Anarchie aufgeschreckt, begann immer neue Emissäre und Sonderbeauftragte zu hastigen Sondierungsrunden in die Krisenregion schickte, war der Zerfall des Friedensprozesses durch die Weberschiffchen-Diplomatie der US-Unterhändler schon nicht mehr aufzuhalten.

      Selbst Bushs Bemerkung zu palästinensischen Ansprüchen auf eine politische Identität innerhalb eigener Grenzen, kam zu unscharf und zu spät, um Einfluss auf das alltägliche Morden zu nehmen. "Die Idee eines palästinensischen Staates", so verkündete der US-Präsident im Oktober 2001, "war stets Teil einer Vision - solange Israels Existenzrecht respektiert wird."

      Einer Vision oder seiner Vision? Bush blieb die klare Stellungnahme schuldig und hatte am Ende beide Seiten verprellt: Israelis waren durch das Bekenntnis verunsichert, Palästinenser enttäuscht. Die Rede des US-Präsidenten - wenn sie denn als Auftakt zu einer diplomatischen Initiative geplant war - verpuffte wirkungslos.

      Völlig an Glaubwürdigkeit verlor Bush aber, als er Jassir Arafat des Waffenschmuggels bezichtigte. "Das verstärkt den Terror", schimpfte der US-Präsident, nachdem Israelis eine Schiffsladung von Militärgerät im Roten Meer aufgebracht hatten.

      Zwar hatte kaum ein Palästinenser zuvor geglaubt, dass Bush - wie einst Bill Clinton - versuchte, den "ehrlichen Makler" zu geben: Bush war kaum gewählt, da erschien Scharon schon zum Frühstück im Weißen Haus, während Arafat die Einladung nach Washington versagt blieb. Doch mit der öffentlichen Herabwürdigung des Palästinenserführers outete sich der US-Präsident als parteiischer Hardliner auf Seite Scharons. "Sachlich falsch, dumm und sehr gefährlich", rügte Schwedens Außenministerin Anna Lindh die Haltung des US-Präsidenten. Damit werde Israels Premier für seine Politik der Gewalt belohnt - "reiner Wahnsinn".

      So deutlich schimpfte keiner der EU-Ministerkollegen, aber nicht nur in Europa, auch jenseits des Atlantiks macht sich allmählich die Erkenntnis breit, dass Bushs Laissez-faire-Politik in einer Katastrophe enden könnte - einem neuen offenen Nahostkrieg. Selbst unter Bushs republikanischen Parteifreunden mehren sich die Rufe nach der längst überfälligen Intervention.

      "Gesucht: ein US-Plan für den Nahostfrieden" mahnt Zbigniew Brzezinski, der als Nationaler Sicherheitsberater von Präsident Jimmy Carter 1979 in Camp David das Friedensabkommen Israels mit Ägypten zusammenzimmern half.

      "Das gegenseitige Töten droht den letzten Rest des Friedensprozesses zu zerstören", warnt Brzezinski. "Jassir Arafat wird von den Israelis inzwischen als Lokalausgabe Osama Bin Ladens verdammt, während Ariel Scharon unter Palästinensern als Kriegsverbrecher gilt."

      Seine Forderung geht an die Adresse der republikanischen Administration und US-Präsident Bush: "Wenn die Vereinigten Staaten für Frieden plädieren und sich dabei um eine präzise Definition drücken, dann verlängern sie unwillkürlich den Konflikt."

      spiegel.de
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      schrieb am 25.06.02 08:37:38
      Beitrag Nr. 159 ()
      BUSH-REDE

      Palästinenserstaat ohne Arafat


      US-Präsident George W. Bush hat sich für einen palästinensischen Übergangsstaat ausgesprochen. Gleichzeitig forderte Bush in seiner Rede über den Nahen Osten die Ablösung von Palästinenserpräsident Jassir Arafat.


      George W. Bush: Palästinenserstaat ja, Arafat nein


      Washington - Bushs Rede war in den vergangenen Tagen mehrfach verschoben worden. Am Montagabend sprach er in Washington von einem Dreijahresplan. In dieser Zeit könne ein palästinensischer Staat stufenweise errichtet werden. Um das Ziel eines eigenen Staates zu erreichen, benötigten die Palästinenser jedoch eine neue Führung.
      Bush sagte: "Der Frieden benötigt eine neue und andere palästinensische Führung, damit ein palästinensischer Staat entstehen kann." Dabei gehe es vor allem um eine Ablösung von Personen mit Verbindungen zu terroristischen Organisationen. Reformen auf palästinensischer Seite müssten mehr sein als kosmetische Veränderungen oder "ein verschleierter Versuch, den Status quo zu erhalten". Wahlen für ein Parlament mit normalen Vollmachten sollten bis Ende dieses Jahres stattfinden. Darüber hinaus müsse eine Verfassung erarbeitet werden.
      An Israel gewandt forderte Bush, sich im Westjordanland auf die Positionen vom September 2000 zurückzuziehen und den Bau jüdischer Siedlungen in den besetzten Gebieten einzustellen. Letztlich müsse Israel einem Rückzug auf die Positionen zustimmen, die es vor dem Sechstagekrieg von 1967 innehatte, sagte Bush.

      Der US-Präsident sagte weiter, auch die Zukunft Jerusalems und das Schicksal der palästinensischen Flüchtlinge müssten angesprochen werden. Wie es zu einer Lösung dieser umstrittenen Fragen kommen soll, sagte Bush nicht.


      Die genauen Bedingungen für einen Übergangsstaat in vorerst provisorischen Grenzen, dessen zunächst begrenzte Souveränität und dessen internationale Beziehungen müssten zwischen einer neuen palästinensischen Führung und Israel ausgehandelt werden, sagte Bush weiter. USA, EU, Weltbank und Internationaler Währungsfonds (IWF) stünden bereit, eine Reform der palästinensischen Finanzen zu beaufsichtigen. Zugleich versprach der US-Präsident, er werde gemeinsam mit seinen Verbündeten die "humanitäre Unterstützung zur Linderung des palästinensischen Leids aufstocken".

      Die Reaktionen von Israelis und Palästinensern auf die Bush-Rede fielen unterschiedlich, jedoch mehrheitlich positiv aus. Erwartungsgemäß begrüßte Israels Ministerpräsident Ariel Scharon Bushs Forderung nach einer Ablösung der derzeitigen palästinensischen Führung. In einer von Scharons Büro veröffentlichten Erklärung hieß es, wenn die Autonomiebehörde echte Reformen durchführe, werde es möglich sein, Fortschritte auf diplomatischem Wege zu erreichen.

      Selbst Jassir Arafat rang der Rede Positives ab. Er bezeichnete sie als "ernsthaften Versuch, den Friedensprozess voranzutreiben". Auf die Forderung nach einer neuen palästinensischen Führung ging er nicht ein. Sein Berater Sajib Erekat betonte indessen, die Palästinenser bestimmten ihre Regierung selbst. Bush müsse respektieren, dass Arafat vom palästinensischen Volk gewählt worden sei.

      Auch Uno-Generalsekretär Kofi Annan stellte sich nicht hinter die Forderung Bushs nach Arafats Ablösung. Diese Entscheidung müsse man dem palästinensischen Volk überlassen, erklärte sein Sprecher Fred Eckhard. Große Unterstützung bekundete Annan für die Pläne Bushs zur stufenweise Errichtung eines palästinensischen Staates im Einklang mit einschlägigen Uno-Resolutionen.



      spiegel.de
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      schrieb am 25.06.02 11:36:49
      Beitrag Nr. 160 ()
      Amerikas Bürger haben die Presse in Ketten gelegt
      Medien ordnen sich brav dem Patriotismus unter

      Von Uwe Schmitt

      Washington - Amerikas Journalisten haben keine geringere Meinung von sich als Amerikas Soldaten, Sportler und Börsenmakler. Sie sind, spätestens seit Watergate, die besten der Welt. Und weil dieses Selbstbewusstsein bei manchen, deren Strenge, Neugier, noble Machtferne und Recherchekunst kaum zu übertreffen ist, nicht einmal anmaßend wäre, muss ein um sich greifender Verdacht die ganze Zunft beleidigen: nämlich nicht mehr frei zu sein.

      Es ist der Verdacht, dass ihre Regierung sie für Amerikas Krieg gegen den Terrorismus in einer Propagandaeinheit dienstverpflichtet hat: Indem es den Medien den nach dem ersten virtuellen Geheimkrieg im Golf heilig versprochenen Zugang zu den Truppen in Afghanistan verwehrte, indem es Informationen über Hunderte ohne Anklage Internierte und so genannte "enemy combattants" in Guantànamo Bay verweigert und, in einer neuen taktischen Variante, kritische Prüfungen des Versagens von CIA, FBI und der Regierung selbst im Kongress mit Gegenveranstaltungen marginalisiert. Die Journalisten selbst deuten diesen Verdacht bisweilen in nur mühsam beherrschten Hintergrundstücken an, einige Kolumnisten beklagen die Einschränkung von Grundrechten. Aber dass sie zugleich Alibis liefern für die Gängelung und Selbstzensur, gestehen sie nie öffentlich und nur widerstrebend im privaten Gespräch ein.

      All das, die schon in Friedenszeiten allfällige Geheimniskrämerei der Bush-Regierung wie ihre auch politisch motivierte Gegenaufklärung mit Warnungen vor Anschlägen, zuletzt mit dem Plan für ein Staatsschutzministerium und angeblichen Fahndungserfolgen, geschieht im Namen der jede Kritik abweisenden "national security". Es gibt Gründe, warum die Presseunfreiheit auch das Erlahmen des ersten patriotischen Furors Ende 2001 überdauerte. Der gewichtigste Grund ist, dass die Regierung sich der Zustimmung des Volkes sicher sein kann.

      Dass in Afghanistan über Monate mehr Reporter getötet wurden als Soldaten, dass der "war on terrorism" weder Kriegswirtschaft und Einberufungsbescheide kennt noch Flüchtlingsströme, tut wenig zur Sache. Objektivität wird als Neutralität, recht eigentlich als Verrat denunziert. Und das nicht etwa nur wie seit Jahrzehnten reflexhaft von der republikanischen Rechten, die einen eigenen Abnützungskrieg gegen verrottete "linke Medien" wie die "New York Times" führt. Diesmal ist es nach allen Umfragen die große Mehrheit der Amerikaner selbst, die ihrer Presse den Mund verbieten will, wenn sie sich nicht auf vaterländischen Gehorsam beschränkt.

      "Wenn Amerika in den Krieg zieht", schrieb der ehemalige TV-Journalist Marvin Kalb am 11. Oktober 2001, "zieht die amerikanische Presse mit, ebenso durchpulst von Stolz, Furcht und Beklemmung wie jeder Soldat." Nach all den Jahren einer immer mehr reduzierten Berichterstattung über Krisen und Kriege müsse man Verständnis haben für einen Journalismus, der an Hurrapatriotismus grenze. Kalb sah sich genötigt, darauf hinzuweisen, dass Vaterlandsliebe und kritischer Journalismus einander nicht ausschlössen, sondern recht eigentlich bedingten. Es gab in den ersten aufgewühlten Wochen nach den Anschlägen etliche Zwischenrufe von Mahnern aus dem Mainstream - von der Selbstkritik linker Intellektueller wie Susan Sonntag und Noam Chomsky zu schweigen. Aber auch die Zweifel erlahmten offenbar, als der Krieg alltäglich wurde. Ob die Reporter mit fliegenden Fahnen zur Regierungstreue fanden oder von Chefredakteuren zu patriotischer Korrektheit gepresst wurden, die Branche kann sich aus ihrer Kriegsgefangenschaft nicht befreien.

      Nicht, dass Amerikas beste Journalisten nicht an ihren Fesseln zerrten. Sie versuchen, ihrer Bevormundung durch Pressesprecher Ari Fleischer, durch den übereifrigen Justizminister John Ashcroft und durch Donald Rumsfeld mit Enthüllungen und harten Fragen zu entkommen. Aber ihre Gegenwehr versagt, wie die Emanzipation der ruhiggestellten Demokraten im Kongress: vor dem Unwillen des Publikums, vor dem Killerargument "national security" oder der taktischen Empörung der Republikaner über Kritik am Oberkommandierenden Bush.

      Es wäre unredlich, George W. Bush in einem Kongress-Wahljahr das Wuchern mit dem ungeheuren Kapital des Kriegspräsidenten vorzuwerfen. Auch ein Präsident Gore würde der Versuchung nicht widerstehen, Innenpolitik gewissermaßen mit Uniformen zu camouflieren. Die Frage, wie lange der Parteienstreit um die Renten, um das klaffende Haushaltsdefizit, die Krankenversicherung, nicht zuletzt die enormen Kosten eines theoretisch endlosen Krieges von Medien wie Publikum vernachlässigt werden können, geht, ganz nebenbei, auch die Auslandskorrespondenten in den USA an. Denn auch sie - wir - bilden seit dem 11. September meist nur noch die kriegführende Nation ab. Wir folgen notgedrungen den Verlautbarungen der US-Regierung und verbreiten so eine Karikatur aus innenpolitischem Kalkül in aller Welt. Wohl ist dabei wenigen. Zumal die globale Spiegelung mit viel weniger Personal und beschränkterem Zugang, in geringerer Tiefe und auf knapperen Raum geschieht. Es ist lachhaft zu meinen, in Amerika stünden alle Räder still, es kauerten bedrückte Massen blass und todesernst in allgemeiner Wehrhaftigkeit, wenn Rumsfeld die "dirty bomb" in den Händen von Terroristen sieht. Es gibt im Gegenteil Anzeichen, dass die ängstliche Unterströmung satirische Energien freisetzt. Das nach dem 11. September von niemandem verhängte, von jedem befolgte Ironieverbot, ist auch gegenüber Bush längst gelockert. Verhielte es sich anders, wäre Amerika nicht nur unerträglich für Amerikaner und die Welt. Es wäre besiegt.
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      schrieb am 26.06.02 09:16:30
      Beitrag Nr. 161 ()
      Bizarre Wortspielereien:

      Da wird die angestrebte Rechtssicherheit durch den IGH in einen "Mangel an Rechtssicherheit" verkehrt, Menschenrechtsverletzungen (nur um diese geht es ja schließlich) werden als "unangenehme Jobs" bezeichnet.....

      Die Verlogenheit der Politik entlarvt sich selbst in ihrer eigenen Sprache.




      INTERNATIONALER STRAFGERICHTSHOF

      Europäer spielen falsch


      Von Severin Weiland (spiegel.de)

      Mit großen Worten haben die Europäer die Einrichtung des Internationalen Strafgerichtshofs begleitet. Mit einer Sonderregelung für ihre Schutztruppen in Afghanistan unterlaufen sie nun die eigene Idee.


      Berlin - Das Abkommen über die "militärisch-technische Zusammenarbeit" der Internationalen Schutztruppe, das die Briten am 4. Januar dieses Jahres mit der Interimsregierung von Hamid Karzai abschlossen, schien eine bloße Formsache zu sein. Ähnliche Abkommen hatten auch den Einsatz in Bosnien-Herzegowina und im Kosovo ermöglicht.
      Endlich konnten nun auch die Soldaten aus 19 Ländern ihre Arbeit in und bei Kabul beginnen. Keine Beachtung fand damals ein eher unscheinbar wirkender Punkt vier, den die Briten als Führungsnation der Schutztruppe in einem Anhang ("Annex A") des Vertrages hineinschrieben. Darin stimmte die afghanische Übergangsregierung dem Grundsatz zu, wonach Angehörige der Schutztruppe, sie unterstützendes Personal und assoziiertes Verbindungspersonal "nicht ausgeliefert oder einem internationalen Gericht oder einer anderen Institution oder einem Staat ohne ausdrückliche Zustimmung des jeweiligen Entsendestaates übergeben werden dürfen."


      US-Ratifizierung in weiter Ferne


      Kaum ein halbes Jahr später bringt ausgerechnet diese Passage die Europäer gegenüber den Amerikanern in die Defensive. Seit Monaten weigert sich die US-Regierung, das Statut des Internationalen Strafgerichtshofes dem Senat zur Ratifizierung vorzulegen. Die Argumentation der amerikanischen Seite: Die Befugnisse des Strafgerichtshofes gingen zu weit, Schauprozesse gegen US-Soldaten, die an Friedensmission teilnehmen, seien nicht auszuschließen. Als Großmacht, so lautet ein anderes Argument, habe Amerika viel mehr Soldaten als andere Länder weltweit im Einsatz, müsse daher im Zweifel auch "unangenehme Jobs" erledigen. Diese Handlungsfreiheit wolle und könne sich Washington nicht von einer eigenständigen Weltinstitution am künftigen Sitz des Gerichts in Den Haag beschneiden lassen.



      Ex-US-Präsident Clinton: Einsatz für den Internationalen Strafgerichtshof


      Während im Weltsicherheitsrat die USA in der vergangenen Woche einen Resolutionsentwurf vorlegten, in dem sie den Rückzug aus allen zivilen und militärischen Missionen der Uno androhten, :eek: sollten ihren Angehörigen keine Rechtssicherheit :eek: gegeben werden, wurde die Passage aus dem von den Briten mit den Afghanen ausgehandelten Abkommen der "Washington Post" offenbar gezielt zugesteckt, um die Europäer vorzuführen. Schon wird in den Medien der USA von "doppelten Standards" gesprochen.


      In Berlin löste die Veröffentlichung Überraschung aus. Das Auswärtige Amt sieht durch das Abkommen die Haltung der Europäer nicht geschmälert. Es sei im Anhang nicht festgehalten worden, dass es zu keiner Auslieferung kommen könne, so eine Sprecherin. "Eine Regierung muss nur grundsätzlich ihre Zustimmung geben - damit ist eine Überstellung weiterhin gewährleistet." Dennoch bleibt bei Kennern der Materie Unbehagen. "Mit diesem Zusatz hat man dem ursprünglichen Gedanken, der hinter der Einrichtung des Internationales Strafgerichtshofs steht, keinen Gefallen getan", meint der Bundestagsabgeordnete der Grünen, Christian Ströbele. Die Aussichten, dass das Gericht künftig "international agieren kann, sind damit möglicherweise verschlechtert worden," kritisiert der grüne Rechtsexperte.


      Abkehr von Clintons Politik


      Seit der Amtsübernahme von George W. Bush zeichnete sich ab, dass die US-Regierung das Statut des Internationalen Gerichtshofes dem Senat nicht zur Ratifizierung vorlegen wird. Sein Vorgänger Bill Clinton hatte am 31. Dezember 2000 seine Unterschrift unter den Vertrag gesetzt - einen Akt, den die Bush-Regierung wohl gerne wieder rückgängig machen würde, zumal sich auch in der letzten Phase der Amtszeit Clintons zunehmend Unbehagen gegen eine mögliche Machtanmaßung des Strafgerichtshofes äußerte. Dabei war es die US-Regierung gewesen, die in den neunziger Jahren maßgeblich in der Uno dafür gesorgt hatten, dass die beiden Strafgerichtshöfe zum Massaker in Ruanda und zu Jugoslawien eingerichtet wurden. Doch die neue, dauerhafte Institution, die Völkermord, schwere Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder Folter und anderen Delikten verfolgen soll, behagt Bush nicht.

      Wiederholt ließ Bushs Regierung in den letzten Monaten streuen, es sei ein Fehler der Clinton-Regierung gewesen, das Statut überhaupt zu unterzeichnen. Die Europäer aber ließen sich diesmal nicht beirren und landeten im April dieses Jahres einen Überraschungscoup: Schneller als erwartet konnten die Unterschrift von 60 Staaten, die für das Inkrafttreten des Statuts des Strafgerichtshofs notwendig sind, zusammengebracht werden. Mitterweile haben 66 Staaten das Abkommen ratifiziert.


      Gericht könnte bald Arbeit aufnehmen


      Den Druck, den die US-Regierung in den letzten Wochen ausübt, ist aus ihrer Sicht verständlich: Bereits zum 1. Juli wird das Statut in Kraft treten - theoretisch begänne damit auch die Arbeit der internationalen Strafverfolger. Praktisch aber dürfte das Gericht erst 2003 seine Arbeit in Den Haag aufnehmen.


      Möglicherweise ist die Aufregung über die Bestimmung im Anhang zum Militärtechnisches Abkommen mit der afghanischen Regierung von amerikanischer Seite hochgespielt. Denn laut Artikel 17 des Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs gilt das Prinzip der "Komplementarität": Danach ist ein Verfahren in Den Haag unzulässig, wenn die Strafverfolgung durch nationale Behörden erfolgt - es sei denn, der Staat ist nicht in der Lage oder willens, die Strafverfolgung durchzuführen.


      Das dürfte aber für die Entsender der Kabuler Schutztruppe, die Staaten Belgien, Bulgarien, Dänemark, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Deutschland, Griechenland, Italien, Neuseeland, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden und Spanien wohl kaum der Fall sein. Allesamt haben sie das Statut des Internationalen Gerichtshofes ratifiziert.

      Die Weigerung, einen ihrer Soldaten an Den Haag auszuliefern, würde sie in erhebliche Erklärungsnot bringen. Immerhin für einen Staat unter den 19 hat das Abkommen einen unschätzbaren Wert: die Türkei. Ankara hat, wie etwa auch die Führung in Peking, das Statut des Internationalen Strafgerichtshofes gar nicht erst unterzeichnet.

      Schon im Januar war klar, dass die Briten im Sommer die Führung der Schutztruppe abgeben würden - damals war, neben Deutschland, auch die Türkei als Nachfolger im Gespräch. Ist die Klausel im Annex A des militärtechnischen Abkommens also ein Zufall? Wohl kaum. Schon damals zeichnete sich ab, dass Berlin mangels Geld nicht die Briten beerben wollte - seit kurzem führt nun die Türkei die Schutztruppe in Kabul an.

      Das Auswärtige Amt weist solche Spekulationen zurück. Die Briten hätten bei der Ausformulierung des Abkommens "die Interessen von 19 Staaten berücksichtigen müssen", heißt es lapidar. Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Ströbele will sich damit nicht zufrieden geben und beim Auswärtigen Amt nachhaken: "Es ist schon aufklärungsbedürftig, wie das zustande kam." Auch der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Karl Lamers, ist hellhörig geworden. Konfrontiert mit einem Auszug aus dem Annex A erklärte der Experte: "Das ist interessant - ich habe davon nichts gewußt." Nun drängt der christdemokratische Bundestagsabgeordnete um nähere Auskünfte beim Auswärtigen Amt: "Das interessiert mich schon, welche Gründe es gab, diesen Zusatz abzuschliessen."
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      schrieb am 26.06.02 12:47:52
      Beitrag Nr. 162 ()
      Kurzes Schlaglicht auf die Installation des Schlächters Pinochet durch die US-Regierung 1973:

      Hoffen auf Gerechtigkeit

      VON KATRIN REICHE, 25.06.02, 17:58h Kölner StadtAnzeiger



      Verhaftet, gefoltert, ermordet: Zwei Frauen berichten über den Putsch in Chile.
      Siegburg - Sie sind nicht bereit zu vergessen. Als am 11. September 1973 der Militärputsch in Chile den Diktator Augusto Pinochet an die Macht brachte, begannen die furchtbaren Schicksale der heute 54-jährigen Ninoska Quinchel, ihrer Freundin Ruth Kries und tausender anderer Chilenen. Fast 30 Jahre später, am Tag der Verhaftung Pinochets in London, gründeten die Frauen die „Grupo de Apoyo“ mit der sie seitdem Menschenrechtsgruppen in Chile unterstützen.

      Im Siegburger Nordbahnhof berichteten die in Deutschland lebenden Frauen im Rahmen der Reihe „Begegnung mit Chile“ über dieses dunkle Kapitel. Den Tag, an dem sich der Terror wie ein tödlicher Virus durch ihr Land zu fressen begann, an dem ihre Männer, Söhne, Freunde und Angehörige verschleppt, verhaftet, gefoltert, ermordet wurden, werden sie genauso wenig vergessen wie die Lateinamerikaner unter den Besuchern. „Wir möchten versuchen, ein wenig Gerechtigkeit und einen Teil der Wahrheit zurück zu gewinnen“, erklärt die Medizinerin Ruth Kries mit ruhiger Stimme, bevor sie ihre Geschichte von handgeschriebenen Zetteln abliest. Sie erzählt von ihrem Mann, wie er sich als Facharzt für Sozialmedizin für die Mapuches-Indianer im Süden Chiles eingesetzt hat und von der Allende-Regierung beauftragt wurde, ein Gesundheitssystem für den Süden zu errichteten. „Dann kam der Putsch.“ Ihre Stimme beginnt zu zittern: Als sie erzählt, wie er abgeholt, in ein Folterzentrum verschleppt und schließlich „noch lebend aus einem Flugzeug ins Meer geworfen wurde“, verlassen sie ihre Kräfte weiter zu sprechen. „Ich bitte um Entschuldigung“, sagt sie später.

      „Darum erzähle ich die Geschichte einer Freundin und nicht meine eigene“, sagt Ninoska Quinchel. Dass sie mit 25 Jahren als Jura-Studentin verschleppt wurde, sechs Monate lang in Gefangenschaft auf einem Schiff verbracht hat, erzählt die lebensfrohe Frau nur selten. Sie wurde gefoltert. Doch ihre schlimmsten Erinnerungen seien nicht die Elektroschocks und Schläge, sondern der Moment, als sie von einem Kommilitonen in Uniform empfangen wurde.

      Viele Fragen kamen aus dem Publikum. Viel Mut wurde zugesprochen. Und als der Chilene Arauco Orellana, Mitorganisator der Veranstaltungsreihe, mit bebender Stimme erzählte, wie er mit Hilfe der Frauen seinen 22-jährigen Sohn nach 19 Jahren wiedergefunden habe, überwog das Gefühl von Glück. „Wir werden immer Hoffnung behalten, und vielleicht werden diese Schicksale eines Tages Gerechtigkeit finden.“
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      schrieb am 26.06.02 19:54:17
      Beitrag Nr. 163 ()
      Ein Cowboy kennt keine Tagesordnung

      Das Thema Nahost droht nach der jüngsten Rede von US-Präsident George W. Bush den Schwerpunkt Afrika von der Tagesordnung zu drängen. Teilnehmer des G-8-Gipfels im kanadischen Kananaskis sind vergrätzt.


      Bush: Ein Cowboy kennt keine Agenda


      Kananaskis - Der kanadische Premierminister und Gastgeber Jean Chrétien stellte vor der ersten Arbeitssitzung klar, dass der Nahe Osten keinesfalls die Runde beherrschen dürfe. Schwerpunkt des Treffens soll Afrika sein. Bis Donnerstag will Chrétien mit seinen Kollegen aus den sieben führenden Industriestaaten und Russland (G 8) einen Plan beschließen, der vorsieht, Milliarden Dollar für Afrika bereit zu stellen.
      Kanadische Zeitungen berichten unter Berufung auf Regierungskreise, es habe im Vorfeld des Treffens in dem kleinen Touristenort Kananaskis keine Absprachen mit der US-Regierung über den Vorstoß von Bush gegeben. Chrétien scheint verärgert. Bei der Begrüßung seiner Gäste ignorierte er Fragen nach einer Bewertung des Bush-Nahostplans. "Die Tagesordnung ist festgelegt", sagte der Premier. "Mein Vorrecht ist es, den Vorsitz zu haben." Abstriche werde er nicht machen. "Es wird eine Einigung mit den Afrikanern über den Aktionsplan geben." Zum Gipfeltreffen waren auch afrikanische Spitzenpolitiker, unter anderem aus Südafrika und Ägypten geladen.

      Chrétien hat offenbar allen Grund die ursprünglich geplante Agenda zu verteidigen. Denn kanadische Diplomaten gehen davon aus, das Bush während der offiziellen Sitzungen umfassend über seinen Plan diskutieren wollte und nicht nur bei einem informellen Essen zu Beginn des Gipfels. Der US-Botschafter in Kanada, Paul Cellucci, sagte der Zeitung "National Post": "Der Präsident will seinen Vorschlag den anderen Führern vorstellen." Bush sei sehr an Reaktionen und möglichen ergänzenden Ideen der Partner interessiert.


      Der US-Präsident hatte sich in einer Grundsatzrede für die Ablösung der palästinensischen Führung um Präsident Jassir Arafat ausgesprochen und das neben demokratischen Reformen zur Bedingung für einen palästinensischen Staat gemacht. Ohne Arafat beim Namen zu nennen, hatte er der Autonomiebehörde Unterstützung des Terrorismus und Korruption vorgeworfen. Von Israel forderte er den Abzug der Truppen aus den besetzten Gebieten und einen Stopp des Siedlungsbaus.

      Schröder: "Afrika muss auf die Beine kommen"

      Bundeskanzler Gerhard Schröder sagte bei seiner Ankunft in Kananaskis, Afrika sei das Hauptthema des Treffens. Er zeigte sich zuversichtlich, dass es Bush nicht gelingen werde, den Gipfel in den Rocky Mountains zu einem Nahostgipfel Umzufunktionieren. Dem ZDF-Morgenmagazin sagte Schröder, der Nahostkonflikt werde "eine bedeutende Rolle spielen, aber der wichtigste Teil dieses Gipfels ist, wie man Afrika behilflich sein kann, damit dieser Kontinent auf die Beine kommt".

      Schröder sagte weiter, es gehe auch um Hilfe für Russland bei der Entsorgung atomarer Rückstände. "Und zwar so, dass das für uns alle ungefährlich ist." Auch der Kampf gegen den Terrorismus stehe auf dem Programm der Konferenz. Die G-8-Staaten wollten nach Angaben aus den Delegationen auch ein Sicherheitspaket für den Flug- und Schiffsverkehr schnüren.

      Die Staats- und Regierungschefs aus den USA, Russland, Japan, Italien, Frankreich, Großbritannien, Deutschland und Kanada werden vom größten Aufgebot an Sicherheitskräften in der Geschichte Kanadas geschützt. 4500 Polizisten und 6000 Soldaten sind aufgeboten. Sie sollen Straßenschlachten wie beim G-8-Gipfel im vergangenen Jahr in Genua, wo ein Demonstrant von der Polizei erschossen worden war, unterbinden. In Calgary, wo die Delegationen Büros für die internationale Presse haben, gingen bisher nur wenige Kritiker der Globalisierung auf die Straße.

      Am zweiten Gipfeltag soll es vor allem um eine Art Marshall-Plan für Afrika gehen, neue Partnerschaft für Afrikas Entwicklung (NePAD) genannt. Dieser Pakt zwischen Reich und Arm soll dem Not leidenden Kontinent zu dauerhaftem Wohlstand verhelfen. Die G-8-Staaten bieten im Kampf gegen Kriege, Krankheiten und Korruption den Staaten, die Demokratie als Weg aus der Krise wählen, eine neue Partnerschaft an. Aus Delegationskreise verlautete, dass einige G-8-Partner wie Großbritannien keine neuen milliardenschweren Programme auflegen wollten.

      Vor dem Gipfeltreffen mahnte die Weltbank am Mittwoch eine neue Denkart bei der Armutsbekämpfung an. Dabei habe Afrika oberste Priorität. Weltbankvizepräsident Peter Woike sagte im "Deutschlandradio Berlin": "Ich bin der Meinung, dass es auf Dauer nicht angeht, dass 20 Prozent der Weltbevölkerung 80 Prozent der Ressourcen kontrollieren können".

      spiegel.de
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      schrieb am 26.06.02 20:01:33
      Beitrag Nr. 164 ()
      letzter satz aus #163,

      vermutlich meint er damit, dass es noch besser wäre, wenn 5% gleich alles kontrollieren.

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      schrieb am 27.06.02 12:48:14
      Beitrag Nr. 165 ()
      Weltwirtschaft: Nicht nagelfest
      Krise in Lateinamerika, Bilanzskandale an der Wall Street und ein schwächelnder Dollar- anders als bei früheren Turbulenzen an den Märkten fallen die USA diesmal als souveräne Führer aus. Wie groß ist die Gefahr, dass die Weltwirtschaft Schaden nimmt?

      Von Christian Baulig, Karin Finkenzeller und Mark Schieritz

      An keinem Ort manifestiert sich das neue Amerika besser als in den Rocky Mountains. Im Juni 1997, als sich die Staats- und Regierungschefs der sieben weltgrößten Industrienationen in Denver zum G7-Gipfel trafen, waren die USA gerade auf dem Zenit ihrer ökonomischen Großartigkeit angelangt. Dem Boom und der Standfestigkeit der amerikanischen Wirtschaft hatte es die Welt zu verdanken, dass die wenig später beginnende Asienkrise nicht den ganzen Globus mit in ihren Strudel riss. Bill Clintons Finanzminister Robert Rubin und dessen Stellvertreter Larry Summers, die die Rettungsaktion koordinieren sollten, wurden verehrt wie Popstars.

      Das Selbstwertgefühl der Amerikaner ging so weit, dass Präsident Clinton seinen Gästen damals nahe legte, beim abendlichen Gala-Dinner doch bitte stilecht in Cowboystiefeln und Western-Hut aufzulaufen. Bundeskanzler Helmut Kohl durfte sich dem "casual dress code" erst nach langer Diskussion verweigern.

      Wenn sich die Herrenrunde der mächtigsten Staatslenker an diesem Wochenende im kanadischen Bergdorf Kannanskis zusammenfindet, werden die Amerikaner in eine ganz ungewohnte Rolle schlüpfen müssen. In den USA herrscht Krisenstimmung. Die Bilanzierungsskandale um Enron, Tyco und nun auch Worldcom haben das Vertrauen in die US-Industrie massiv erschüttert, das amerikanische Wachtumswunder erscheint plötzlich in einem neuen Licht.

      Die Rubins und Summers wurden abgelöst durch blasse Technokraten. "Auf dem Gipfel gibt es niemanden, der ökonomisch führt", klagt Deutsche-Bank-Chefökonom Norbert Walter. Dabei braucht die Weltwirtschaft Führungsstärke dringender denn je. Es brennt nicht nur im Zentrum der Weltwirtschaft, auch andere Regionen drohen in Flammen aufzugehen.

      Anleger verabschieden sich vom US-Markt
      Nach den Bilanzeskapaden der amerikanischen Unternehmen zweifeln immer mehr Anleger, daran dass ihre Investments so viel wert sind, wie die Firmen behaupten - und verabschieden sich vom US-Markt. Die Sorge um das ausufernde Leistungsbilanzdefizit und die Schuldenpolitik der Regierung von Präsident George W. Bush nehmen zu, die Aktienkurse brechen ein, internationale Anleger ziehen ihr Kapital ab, der Dollar stürzt immer tiefer. "Das ist ein Blutbad", kommentiert David Buik von Cantor Index die derzeitige Börsenlage, "es gibt da draußen kein Vertrauen mehr."

      Schon bald könnte die Verunsicherung der Märkte ein weiteres Opfer fordern. In Lateinamerika bahnt sich eine neue Krise an. Auslöser ist ausgerechnet Brasilien, Finalist bei der Fußballweltmeisterschaft und Lieblingskind des Internationalen Währungsfonds (IWF).

      Die Landeswährung fiel zu Wochenbeginn auf ein Rekordtief von 2,86 Real je Dollar, die Rating-Agentur Moody’s stufte die Bonität des Landes herab und an den Märkten stieg die Risikoprämie auf brasilianische Staatsanleihen rasant. Binnen vier Wochen kletterte der Zinsaufschlag gegenüber risikoarmen US-Papieren um 810 auf 1735 Basispunkte.

      Für viele Experten kommt die Entwicklung überraschend. Die Strafe der Märkte für Brasilien ist "ökonomisch unbegründet", sagt Lutz Karpowitz von der Bayerischen Landesbank. Trotz zahlreicher Probleme sei das Land wirtschaftlich auf dem richtigen Kurs. So kann die Regierung - rechnet man Zinsausgaben heraus - seit 1999 ein Plus im Staatshaushalt vorweisen. "Brasilien erzielt nicht nur Budget-Überschüsse, sondern erfüllt sogar die strengen Sparziele des IWF", sagt Lawrence Krohn, Chefvolkswirt für Lateinamerika bei ING Financial Markets.

      Zwar steht die Regierung vor harten Umschuldungsverhandlungen, weil ein Gutteil der Staatsverschuldung in Höhe von 55 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) in den kommenden zwölf Monaten fällig wird. Doch weil Brasilien in seiner Geschichte viele solcher Verhandlungen erfolgreich über die Bühne gebracht hat und der IWF erst vor kurzem neue Kredite für den Schuldendienst bewilligt hat, erscheint das Problem vielen Experten lösbar. Die Umschuldung wird schwierig, ist aber zu bewältigen, lautet das Fazit von Jaime Valdivia, Brasilien-Fachmann bei Morgan Stanley.

      Die politischen Risiken können die Reaktion der Märkte kaum erklären. Vor allem ein möglicher Wahlsieg des linken Ex-Gewerkschafters Luiz Inacio Lula da Silva treibt den Investoren Sorgenfalten auf die Stirn. Lulas Forderungen nach einem "Systemwechsel" werden allerdings vor allem als Wahlkampfrhetorik eingestuft. "Wenn er wirklich gewählt wird - und das ist noch keinesfalls sicher - , wird er eine pragmatische Politik verfolgen", sagt Politikwissenschaftler und Lateinamerika-Fachmann Christiano German. Von solchen Argumenten lassen sich die Märkte derzeit kaum beeindrucken. Das liegt vor allem daran, dass die globale Unsicherheit den Investoren den Appetit auf Risiko verdirbt.

      "Brasilien wird abgestraft"
      In einem solchen Klima können schon kleinere Enttäuschungen große Wirkungen haben. Hauptleidtragende sind die Schwellenländer, in der politische und ökonomische Gefahren größer sind als in den entwickelten Volkswirtschaften. Eine "neue Risikoaversion" macht Nicolas Schlotthauer aus, Emerging-Markets-Experte bei der DGZ Deka-Bank. "Brasilien hat nichts falsch gemacht und wird von den Märkten abgestraft", sagt Klaus Friedrich, Chefvolkswirt der Allianz-Gruppe.

      Aus einer Krise in Brasilien könnte auf diese Weise schnell ein ernsthaftes Problem für die gesamte Region werden. Schon steigen in Chile oder Mexiko die Risikoprämien, geraten die Währungen unter Druck - obwohl beide Länder wirtschaftlich relativ gut dastehen.

      Nachdem die Fachwelt solche Kettenreaktionen für überwunden hielt, weil sie nach der Argentinien-Krise ausgeblieben waren, ist die Angst vor der Ansteckung plötzlich wieder da. Und mit ihr die Sorge, dass das Verhalten der Investoren die Krise noch verstärkt.

      Wachsen die Zweifel der Anleger, wird der Crash Realität. Nimmt etwa die Risikoprämie zu, steigt das Zinsniveau in den Schwellenländern, was die Wirtschaft zusätzlich belastet. Und ein Einbruch der Währungen kann Länder wie Brasilien, in denen die Staatsschulden zu mehr als 40 Prozent auf ausländische Währungen lauten oder an den Dollar gekoppelt sind, in den Ruin treiben.

      "Wenn die Märkte beschließen, Brasilien wie Argentinien zu beurteilen, dann ist dieses Land wohl fast nicht mehr zu retten", sagt ING-Ökonom Krohn. Die Folgen wären nicht nur für die Schwellenländer, sondern auch für die industrialisierte Welt schmerzhaft, weil wichtige Exportmärkte wegbrechen würden. Die Probleme Brasiliens - so sie sich zum Crash ausweiten - könnten laut Allianz-Ökonom Friedrich zum ersten Dominostein einer globalen Krise werden.

      USA legt neue Feuer
      Die US-Regierung tut sich in dieser Lage mehr als Brandstifter denn als Feuerwehrmann hervor. Am Wochenende schickte Finanzminister Paul O’Neill die Märkte auf Talfahrt, als er mit drastischen Worten deutlich machte, dass er zusätzliche Mittel des Internationalen Währungsfonds für Brasilien ablehne :eek: Die Druckmaschinen arbeiten schon viele Quartale rund um die Uhr. Dollar gehts nimmer :eek: "Es erscheint mir keine glänzende Idee, politische Unsicherheiten in Brasilien mit US-Steuergeldern zu beseitigen."

      Am Montag hatten die Äußerungen des Kassenwarts ähnliche Folgen. Seine an sich optimistische Prognose, die US-Wirtschaft werde dieses Jahr um drei bis dreieinhalb Prozent wachsen, machte er mit einem Satz zunichte: "Ich glaube, dass wir uns niemals wieder vom 11. September erholen werden." Am Mittwoch verlor der Dollar nicht zuletzt wegen der Aussage von Präsident Bush, der Greenback werde sein Niveau entsprechend der Stärke der US-Wirtschaft finden, an Wert.

      Die Untätigkeit der amerikanischen Führung sei dafür verantwortlich, dass es für die USA und die Welt so schlecht aussehe wie seit vier Jahren nicht mehr, beklagt Paul Krugman, Professor für Volkswirtschaft an der Princeton University.

      Nicht nur ausgewiesenen Kritiker der Bush-Regierung wie Krugman monieren das mangelnde Krisenmanagement der Vereinigten Staaten. Für David Hale, Chefökonom von Zurich Financial Services, büßt die US-Führung zunehmend an Vertrauen ein.

      Wenn die Amerikaner als Krisenmanager weiter ausfallen, werde sich die Unsicherheit in den Märkten fortsetzen, sagt Deutsche-Bank-Ökonom Walter: "Wir können nur hoffen, dass eine Art Anti-Murphy-Gesetz wirkt: Nichts von dem, was schiefgehen kann, geht schief."

      © 2002 Financial Times Deutschland


      Oh O`Neill, in Brasilien sind doch vorwiegend spanische und amerikanische Banken verwurstelt. Also spar mal schön! :laugh:
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      schrieb am 28.06.02 11:19:27
      Beitrag Nr. 166 ()
      Bilanzen

      Homeland and security, Heimat und Sicherheit sind jenseits aller Grenzen Grundbegriffe der menschlichen Existenz. Dem Englischen fehlt es zwar an einem dem deutschen Begriff Heimat entsprechenden Wort. Homeland ist da ein nur oberflächlicher Ersatz. Security dagegen ist eine im Englischen ungleich vielschichtigere Vokabel. Sie meint Sicherheit, aber im Plural auch Aktien; was, wie sich in diesen Tagen herausstellt, nicht unbedingt das Gleiche ist. Heimat und Sicherheit definieren sich vor allem über eine Bedrohung von außen. Nicht zufällig kommt die innenpolitisch bedeutsamste amerikanische Reaktion im Anti-Terror-Krieg demnächst als Department for Homeland Security daher.

      Doch seit gestern hat sich zu der Sprachverwirrung noch ein Skandal gesellt, der die Prämissen amerikanischen (Un)-Sicherheits-Denkens in Frage stellt. Über Nacht ist aus der gefeierten US-Telefongesellschaft WorldCom das ökonomische Sicherheitsrisiko WorldCon (sprich ein Weltbetrüger) geworden, wie die englischsprachige Presse die größte Bilanzfälschung aller Zeiten in einem passenden Wortspiel nachvollzieht. Plötzlich sitzt der Feind nicht mehr nur in den Gefängnissen von Guantanamo oder seinen pakistanischen Verstecken, sondern auch daheim in den Bilanzbuchhaltungen führender Wirtschaftsunternehmen. Schon vor Monaten hatte der Kolumnist Paul Krugman in der New York Times gewarnt, der Vertrauensverlust am Aktienmarkt werde Amerika stärker gefährden als Al Qaeda und Konsorten. Jetzt ist die Sicherheits- bzw. Aktienkrise-Krise da. Ausgelöst von willfährigen Wirtschaftsprüfern und nicht von zum Tode entschlossenen Terroristen.

      Homeland Security wird also in Zukunft anders aussehen müssen, als von George W. Bush geplant. Statt die Kompetenzen von FBI-Agenten gilt es, die Befugnisse der Bilanzbuchhalter auszuweiten, haben hier doch nicht Bundespolizisten, sondern die hochdotierten Wachmannschaften in den Wirtschaftsetagen versagt. Während die heiligen Krieger des Osama bin Laden von draußen mit weiterem Terror gegen die Zentralen des amerikanischen Kapitalismus drohten, fälschten drinnen die Kreuzritter des Shareholder Value ihre Bilanzen.

      Kein Wunder, dass die Verwirrung in der Bevölkerung grenzenlos ist. "Ich dachte, das wären einfach nur aggressive Geschäftsleute", sagt ein WorldCom-Mitarbeiter über seine bereits entlassenen und bald angeklagten Chefs. Dass in der Konzernleitung des zweitgrößten Fernnetzbetreibers der USA Diebe, Betrüger und Dilettanten zusammen wirkten, erfuhren die 17 000 Arbeitsplatz-Verlierer bei WorldCom zu spät.

      Fast 1000 US-Unternehmen haben seit 1997 ihre Bilanzen korrigieren müssen und damit indirekt Manipulationen zugegeben. Der Fall WorldCom ist nur der letzte Skandal einer Serie, die der US-Bürger als institutionelle Verschwörung wahrnehmen muss. Nach Wall Street, dem FBI und der Katholischen Kirche werden nun auch noch die Unternehmensführer und Wirtschaftsprüfer der Nation als Verräter an der Illusion der eigenen Sicherheit entlarvt. paa

      Copyright © Frankfurter Rundschau 2002


      Mir als altem Salamitaktiker wird nicht schlecht! Ich brauch keinen Kotzbeutel!!
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      schrieb am 29.06.02 20:44:28
      Beitrag Nr. 167 ()
      Der Irak ist "ungewöhnlich aggressiv"
      Luftabwehr provoziert mit neuer Technik westliche Jets in den Flugverbotszonen

      Von Evangelos Antonaros

      Athen - In der Europa-Kommandozentrale der amerikanischen Streitkräfte bei Stuttgart herrscht seit einigen Tagen eine für Friedenszeiten ungewöhnlich hohe Alarmstufe. Der Grund dafür ist die tiefe Besorgnis der Militärexperten, die die Aktivitäten der irakischen Streitkräfte beobachten. Nach einigen relativ ruhigen Monaten ist Bagdads Luftabwehr seit gut zwei Wochen "ungewöhnlich aggressiv".

      In den ersten fünf Monaten des Jahres waren nur 24 Zwischenfälle zwischen amerikanischen und britischen Kampfjets, die die Flugverbotszonen im Norden und Süden des Irak seit 1991 patrouillieren, und Bagdads Luftabwehr zu vermelden. Seit Mitte Juni sind die Iraker aktiver geworden. Anfang dieser Woche schossen sie zehn Mal auf die "westlichen Eindringlinge". Die Amerikaner und Briten schossen zurück und zerstörten die Luftabwehranlagen. "Wir lassen nicht zu, dass unsere Piloten unnötigen Gefahren ausgesetzt werden", sagte US-Generalstabschef Richard Myers.

      Der irakische Staatschef Saddam Hussein versucht, seine Soldaten mit Prämien zu motivieren. Geld verspricht er dem, der ein westliches Flugzeug abschießt. Die Aussichten dafür sind deutlich besser geworden, denn nach westlichen Erkenntnissen verfügt der Irak neuerdings über moderne mobile Raketenabschussrampen. Bisher wurden Raketen von statischen Rampen aus abgefeuert. Die neuen rotierenden Einrichtungen können gleichzeitig zwei der SA-3-Goa-Boden-Luft-Raketen abfeuern. Dazu ein westlicher Experte: "Offenbar testen die Iraker nun die Effektivität der neuen Waffen."

      Einen kleinen Erfolg konnte Bagdad schon am 26. Mai vorweisen. Das Fernsehen zeigte ein westliches unbemanntes Flugzeug, das die Luftabwehr abgeschossen haben soll. Nach westlichen Angaben sind jedoch Zweifel angebracht, ob die erstaunlich gut erhaltene Drohne tatsächlich abgeschossen worden oder aber durch einen technischen Defekt abgestürzt sei.

      Mit seiner Konfrontationstaktik gegenüber Amerikanern und Briten versucht Saddam Hussein offenbar darüber hinwegzutäuschen, dass er zunehmend in die Enge getrieben wird. Nachdem die "Washington Post" erst kürzlich berichtet hatte, US-Präsident Bush habe den Geheimdienst CIA angewiesen, den Diktator zu stürzen, wurde nun bekannt, dass die Amerikaner mit stiller Diplomatie einen wichtigen Erfolg erzielt haben: Der bis vor kurzem erfolgte illegale Export von irakischem Rohöl durch iranische Tanker ist gestoppt worden. Auch die iranischen Mullahs wollen offenbar trotz ihrer ungebrochenen Animosität gegenüber den USA nicht als Saddams Freunde dastehen, wenn die Weltmacht Amerika dessen Sturz betreibt.

      Trotz der vom Geheimdienst eingefädelten Bemühungen um eine "Beseitigung" des Machthabers, der schon zwei militärische Niederlagen überlebt hat, setzen die USA weiterhin auf einen klassischen Krieg. Bis zu 250.000 Soldaten sollen bis Ende des Jahres in der Golfregion aufmarschiert sein. Vorher sind die klimatischen Bedingungen ungünstig für einen High-Tech-Krieg. Und auch die Kongresswahlen in den USA Anfang 2003 wollen abgewartet sein.

      Einige Tausend Amerikaner befinden sich bereits im Emirat Katar, wo ständig neue Elitetruppen eintreffen. Auch die Einheiten in Saudi-Arabien werden diskret verstärkt, seit die Regierung in Riad vor gut zwei Wochen die Zusammenarbeit mit der wichtigen US-Kommandozentrale im Prinz-Sultan-Stützpunkt selbst zur Verblüffung der Amerikaner normalisiert hat. Westliche Diplomaten gehen davon aus, dass die Saudi-Araber offenbar erkannt haben, dass die amerikanische Attacke gegen den Irak unabwendbar ist. "Daher wollen sie auf den fahrenden Zug rechtzeitig aufgesprungen sein", meint ein Beobachter.

      Auch Saddam scheint sich mit den Realitäten abgefunden zu haben. Immer wieder warnt er sein Volk vor "schwierigen Zeiten, die wegen der amerikanischen Aggressionslust" bevorstünden. Einen letzten Versuch, das Schlimmste abzuwenden, will seine Regierung nächste Woche in Wien unternehmen. Dort wollen UN-Generalsekretär Kofi Annan und vier führende Abrüstungsexperten mit einer hochkarätigen irakischen Regierungsdelegation die Rückkehr der Abrüstungskontrolleure in den Irak erörtern. Dass Bagdad auf deren bedingungslose Wiedereinreise eingeht, wie von Washington verlangt, ist unwahrscheinlich.


      Gibt es für diesen Krieg einen triftigen Grund? Wer nicht fragt bleibt dumm! :)
      Avatar
      schrieb am 30.06.02 11:21:21
      Beitrag Nr. 168 ()
      ... opium kann man nicht essen? in welchen bereichen, wurden im letzten jahrzehnt die mafia-milliarden osteuropas zusammengerafft? drogen-, waffen-, menschen- bzw. frauenhandel bzw. prostitution in erster linie.... hat natürlich nichts mit den taliban zu tun. oder etwa doch?

      abgesehen davon, bzw. davon kann man gar nicht absehen, ist natürlich der waffengang nach afghanistan, die militärische präsenz in der region im zusammenhang mit amerikanischen ölinteressen zu sehen, ganz zu schweigen von anderen rohstoffen, die in dieser gegend vermutet werden, insbesondere in usbekistan. die islamische revolution im iran, der sturz des schah, dessen regime carter noch ende 1977 als "insel der stabilität" gepriesen hatte, bedeutete die schwerste niederlage der usa in einer region, in der sie seit dem zweiten weltkrieg massive strategische und ökonomische interessen verfolgte.

      mit der revolution der mullahs und dem fundamentalismus trat eine neue, radikal antiamerikanische und antiwestliche kraft in erscheinung, deren explosivität kaum erkannt wurde. der - vor dem hintergrund der eigenen vitalen interessen - realpolitische zwang zum engagement und die akzeptanz amerikanischer präsenz steht wohl nirgends auf der welt in einem derart krassen missverhältnis, wie in der arabisch-islamischen welt.

      zunächst und von anfang an ging es um öl. schon in den zwanziger jahren hatten amerikanische gesellschaften beteiligungen und konzessionen erworben, wenn auch frankreich und großbritannien politisch und wirtschaftlich noch die dominanz besaßen. im zweiten weltkrieg wird die überragende bedeutung der ölquellen des mittleren ostens offenkundig. mit beginn des kalten krieges und der gründung des staates israel 1948 verändern sich grundlegend die strategischen interessen der usa. fortan bestimmen drei ziele die us-politik:
      - ungehinderter zugang zum öl
      - eindämmung der sowjetunion bzw. des kommunismus
      - schutz israels

      wie entschlossen die amerikaner waren, demonstrieren sie 1946 in der krise um den iran, der im zweiten weltkrieg von britischen, amerikanischen, sowjetischen truppen besetzt worden war, um die nachschubwege in die sowjetunion zu sichern. um stalin, der zunächst nicht abziehen wollte, zum rückzug zu bewegen, mobilisierte die truman-administration die uno zur unterstützung der iranischen regierung, was schliesslich zum abzug der besatzungstruppen führte.

      im sommer 1953 inszenierte der CIA im iran den sturz der regierung mossadegh. der populäre, nationalistische ministerpräsident mossadegh hatte die ölindustrie verstaatlicht und war aus der sicht der westmächte eine marionette moskaus. der cia überredete den zögernden schah reza pahlewi, mossadegh zu entlassen und zahlreiche seiner anhänger zu verhaften. unter reza pahlewi wurde der iran zu einem pfeiler amerikanischer interessen in der golfregion, allerdings um den preis, ein immer brutaler agierendes regime zu unterstützen.


      washington hatte 1947 die un-resolution zur teilung palästinas unterstützt und israel - wie die sowjetunion - unmittelbar nach der unabhängigkeitserklärung anerkannt. vor dem sechstagekrieg von 1967 aber, insbesondere unter der regierung eisenhowers, konnte von einer vorbehaltlosen bindung an israel keine rede sein. eisenhower befürchtete, eine einseitige bindung könne den antiwestlichen nationalismus der araber stärken und den sowjets in die hände spielen. der angriff israels auf ägypten 1956 veranlasste eisenhower, sich öffentlich von israel zu distanzieren und mit einer verurteilung der aggression durch die uno zu drohen. die israelis gaben nach.

      besonders beunruhigte die usa, dass nasser immer mehr zu einer führungsfigur des panarabischen nationalismus avancierte und enge beziehungen zu moskau suchte. weniger monate nach der suez-krise trat man dem mit der eisenhower-doktrin gegenüber, die alle staaten des mittleren ostens wirtschafts- und militärhilfe, sowie den einsatz von truppen gegen eine kommunistische aggression versprach.

      ein jahr später, im juli 1957, rückten amerikanischen marineinfanteristen in den libanon ein, wo ein aufstand gegen den christlichen und prowestlichen staatspräsidenten camille chamoun drohte. es kam nicht zu gefechten, die amerikaner zogen nach drei monaten ab, aber alle arabischen staaten, einschließlich des libanon, sprachen sich gegen die amerikanische intervention aus.

      neben der demonstration militärischer stärke versuchte sich die usa mit dem arabischen nationalismus zu arrangieren, zum beispiel, indem man sich nasser annäherte in der hoffnung eine nichtkommunistische allianz bilden zu können.
      während zum beispiel die regierung kennedy einerseits hilfzusagen für den fall eines israelische angriffs an tel aviv gab und luftabwehrraketen lieferte, lancierte man über die uno vorschläge für eine israelisch-arabischen ausgleich.

      nach den kriegen von 1967 und 1973 rückte der konflikt ins zentrum der weltpolitik. die massive politische und militärische hilfe für israel machte die usa beinahe zwangsläufig zum hassobjekt in der gesamten arabisch-islamischen welt. dabei zeigte die vormacht des westens eine doppelte verwundbarkeit.

      1. amerika war ab 1970 zum weltgrößten importeur an rohöl geworden. seit gründung der opec 1960 hatten die hauptförderländer immer mehr marktmacht aufgebaut, die erstmals im jom-kippur-krieg von 1973 von den arabischen ländern erfolgreich als waffe eingesetzt worden war. das embargo, das den westen zwingen sollte, seine unterstützung für israel aufzugeben, ließ den ölpreis um 400% in die höhe schnellen und führte zu einer tiefen rezession der weltwirtschaft.

      2. die usa wurden seit 1970 zur zielscheibe terroristischer anschläge radikaler palästinenser und später auch islamistischer gruppen. erster fall war die entführung eines flugzeugs der trans world airlines nach jordanien. in den siebziger jahren fielen unter anderem us-diplomaten im sudan und im libanon der gewalt zum opfer. nach der revolution im iran erhielt der terror eine neue dimension. bei einem attentat auf die us-botschaft in beirut, für das vermutlich die islamistische hizbollah verantwortlich war, kamen im april 1983 rund 50 menschen ums leben. ein halbes jahr später raste ebenfalls in beirut ein mit sprengstoff beladener lkw in eine kaseren der us-marines und tötete 241 soldaten. [Anm.: Der Mossad wusste davon, hat jedsoch nur diffuse <informationen an die USA weitergegeben, da sie politisch von dem Anschlag nur profitieren würden] die reagan-administration beschloss kurze zeit später den abzug der us-truppen aus dem libanon, die sich dort als teil einer friedenstruppe aufgehalten hatte. interessanterweise haben die usa für diesen anschlag nie vergeltung geübt.

      angesichts des wachsenden antiamerikanismus innerhalb der arabischen welt suchte washington seit den siebziger jahren die enge kooperation mit vor allem zwei regimen. der iran (der kein arabischer staat ist) und saudi-arabien avancierten zu den pfeilern amerikanischer macht am golf.
      die als "weiße revolution" bezeichnete aggressive modernierungspolitik des schahs ließ sich bequem als fortschrittlich im westlichen sinne verkaufen. dass seine herrschaft durch einen mit hilfe des cia aufgebauten gnadenlosen unterdrückungsapparat gesichert wurde, übersah man im weißen haus geflissentlich. schliesslich hatte sich teheran nicht am embargo beteiligt und unauffällig weiter öl an die usa geliefert - zu gepfefferten preisen. die enge allianz führte dazu, dass der iran in den siebziger jahren durch waffenkäufe in höhe von rund 20 milliarden dollar zu einer regionalen grossmacht aufgerüstet wurde.

      die saudis waren der schwierigere partner, obwohl die amerikaner seit 1946 dort einen luftwaffenstützpunkt unterhielten und - gegen israelische proteste - die waffenlieferungen eine ähnliches volumen wie im iran erreichten. einmal konnten sie sich als araber der forderung nach solidarität im kampf gegen israel nicht entziehen, gleichzeitig aber durfen sie als hüter der heiligen stätten des islam nicht zu eng mit den "ungläubigen" kooperieren. so beteiligten sie sich an dem embargo, wirkten aber mässigend und setzten sich bereits ende märz 1974 für eine beendigung der liefersperre ein. dass sich das feudale, absolutistische herrscherhaus der saudis konsequent gegen einflüsse aus dem westen abschottet, war für washington nebensächlich, solange sie ihre funktion als bollwerk gegen die revolutionäre bedrohung durch säkular-nationalistische wie radikalislamische kräfte erfüllte. seit der blutig beendeten besetzung der grossen moschee von mekka durch islamistische gegner der monarchie im jahre 1979 bemühten sich die saudis noch stärker, die us-präsenz so unsichtbar wie möglich zu gestalten. fundamentalistische gegner wie osama bin laden waren dadurch allerdings nicht zu beschwichtigen, wie die terroranschläge auf us-einrichtungen belegen.

      khomeinis islamische revolution im iran machte aus dem treuesten verbündeten washingtons im mittleren osten über nacht den tiefsten feind, der die supermacht in der geiselkrise 1980 als hilflosen riesen vorführte. der sowjetische einmarsch in afghanistan 1979 bedeutete eine weitere schwere bedrohung für die us-position im mittleren osten. die amerikaner unterstützten konsequent die mudschaheddin in ihrem kampf gegen moskaus soldaten; auch pakistan genoss die besondere gunst washingtons. im januar 1980 erklärte präsident carter jeden versuch einer auswärtigen macht, die kontrolle über den golf zu erlangen, zum angriff auf vitale interessen amerikas, den man notfalls mit gewalt beantworten werde.

      der überfall der seit 1979 von dem militärdiktator saddam hussein beherrschten irak auf iran im september 1980 fiel nicht unter diese kategorie, da washington eine sowjetische beteiligung ausschloss. vielmehr handelte man auf amerikanischer seite nach dem realpolitischen grundsatz, dass der feind meines feindes mein freund ist, und unterstützte nahezu unverhüllt den aggressor irak, unter anderem indem man ihn von der liste terrorismusverdächtiger staaten strich und ihn mit geheinmdienstinformationen versorgte. auch den einsatz der us-marine zum schutz der schifffahrt im persischen golf richtete sich fast ausschliesslich gegen den iran, obwohl es saddam gewesen war, der mit dem tankerkrieg, mit dem angriff auf öltransporte begonnen hatte.
      der waffenstillstand von 1988 entsprach amerikanischen interessen, insofern die iranische revolution eingedämmt worden war und keine der mächte die hegemonie am golf errungen hatte.

      allerdings trog die hoffung, saddam, der die us-unterstützung als freibrief interpretierte, "einbinden" zu können. vor der irakischen invasion in kuwait versäumte es die us-diplomatiem saddam eindeutige grenzen zu ziehen. begünstigt durch das ende des kalten krieges gelang es george bush sen. eine breite internationale koalition, einschliesslich der meisten arabische und islamischen staaten zusammenzubringen, ein mandat der uno zur militärischen befreiung kuweits zu erhalten und die irakis nach wochenlanger luftvorbereitung in nur zwei tagen bodenkrieg aus kuwait zu vertreiben.

      dass israel der beschuss durch irakische scud-raketen auf drängen der amerikaner ohne militärische reaktion hinnahm, war eine wichtige voraussetzung für die einleitung des friedensprozesses zwischen israelis und palästinensern auf der madrider konferenz von 1991. was aus westlicher sicht als durchbruch zur "neuen weltordnung" erschien, empfanden arabische nationalisten und islamische fundamentalisten als demütigende niederlage, der den hass auf den "grossen satan" amerika nur noch steigerte.

      machtpolitisch waren und sind die usa in der lage, den zugang zu den ölquellen zu sichern. eine lösung des arabisch-israelischen konflikts haben sie jedoch - auch wenn es immer wieder zu wichtigen teilerfolgen kam - nicht erzwingen können.

      die amerikanische unterstützung undemokratischer systeme beinhaltet regelmäßig die vernichtung einer opposition, welche sich letztlich radikal an westlichen werten von freiheit und menschenrechten orientiert. paradoxerweise fördert sie dagegen umgekehrt rückwärtsgewandte ressentiments, die sich in ideologien ausdruck verschaffen, die demokratie und menschenrechte als westlichen kulturimperialismus ablehnen und für unvereinbar mit der lehre mohammeds erklären. solange in einer grossen handbewegung im "kampf gegen den terror" solche zusammenhänge nicht die gebührende aufmerksamkeit genießen, vielmehr die werte in den metropolen selbst zur disposition gestellt werden, ist eine grundlegende änderung und damit demokratische befriedung in der weltpolitik nicht in sicht.

      Die Zeit
      Avatar
      schrieb am 30.06.02 18:59:15
      Beitrag Nr. 169 ()
      Exil-Afghanen: Amerikaner verhalten sich wie seinerzeit die Russen
      Von Majid Sattar


      15. Juni 2002 Während die Große Ratsversammlung in Kabul eine neue Staatsführung bestimmt, kritisieren Exil-Afghanen amerikanische Einflussnahme und mangelnde demokratische Verfahrensweisen in der Loja Dschirga. Der in Düsseldorf ansässige Afghanistan-Rat wirft Washington und den Führern der Volksstämme vor, die gleichen Fehler zu machen, die vor mehr als 20 Jahren unter russischer Einflussnahme begangen wurden. Das Land am Hindukusch müsse sich selbst bestimmen.

      Die zurzeit in Kabul tagende Loja Dschirga hatte am Donnerstag Hamid Karsai, den bisherigen Übergangspräsidenten, zum Staatsoberhaupt gewählt. Im Gespräch mit FAZ.NET wirft Naqibullah Shorish, Vorstandsmitglied des multiethnischen Afganistan-Rates, der Ratsversammlung vor, die Prinzipien der Petersberger Konferenz zu verraten: „Mit Demokratie hat das alles nichts zu tun. Die Warlords haben ihre Delegierten bestimmt. Wahlen hat es nicht gegeben. Dann kam Zalmay Kahlilzad und hat kurzerhand verkündet, der Ex-König Zahir Schah verzichte zugunsten Karsais. So war das auch unter den Russen.“

      Warum ließ Washington den Ex-König fallen?

      Kahlilzad ist der Afghanistan-Berater des amerikanischen Präsidenten. Der 50-Jährige, der aus Mazar-i-Sharif stammt und später als Amerikaner in Washington Karriere machte, gilt manchem als Gouverneur der Vereinigten Staaten in Kabul. Dem Afghanistan-Rat, der sich nicht als Partei versteht, sondern als multiethnische Organisation die Demokratie in dem Vielvölkerstaat fördern möchte, ist er ein Dorn im Auge. „Zuerst wollten die Amerikaner die Monarchie wieder installieren“, sagt Shorish. „Nun, nach Schahs Rückkehr aus dem römischen Exil, hat Khalilzad offenbar seine Meinung geändert. Warum? Etwa weil der Ex-König die fortdauernden Militäraktionen im Süden des Landes kritisiert?“


      Tatsächlich hatten sich die Amerikaner zuletzt gegen Schah und für Karsai ausgesprochen. Zuvor hatten sich die Führer der tadschikisch dominierten früheren Nordallianz, die als amerikanische Verbündete im Herbst 2001 halfen, das Taliban-Regime zu stürzen, gegen den Paschtunen Schah ausgesprochen. Wegen des Zwistes war der Beginn der Großen Ratsversammlung um einen Tag verschoben worden. Am Ende erhielt der pro-westliche Übergangspräsident 83 Prozent der rund 1550 Delegiertenstimmen. Neben Schah hatte auch der Tadschike und frühere Präsident Burhanuddin Rabbani auf eine Gegenkandidatur verzichtet. Der Paschtune Karsai wird nun bis zur geplanten Parlamentswahl 2004 das von mehreren Kriegen zerstörte Land führen. Bis dahin soll auch eine neue Verfassung entworfen werden.

      "Chance vertan"

      Shorish äußert im Gespräch mit diesem Online-Dienst Zweifel daran, dass sein Land den Weg Richtung Demokratie einschlägt: „Ich glaube nicht, dass die neue Zentralregierung das ganze Land beherrschen wird. Die Warlords - sei es in Mazar-i-Sharif oder Herat - werden weiter ihre Gebiete kontrollieren.“ Auch neue militärische Konflikte zwischen den Volksgruppen schließt er nicht aus: „So wie jetzt war die Situation auch vor dem ersten Krieg. Wir haben eine Chance vertan.“


      Text: @sat
      Bildmaterial: dpa
      Avatar
      schrieb am 02.07.02 15:58:49
      Beitrag Nr. 170 ()
      Diplomatische Erpressung
      Washingtons Widerstand gegen das Römische Statut des Weltgerichts trägt irrationale Züge - er nährt sich innenpolitisch aus ultrakonservativen Verschwörungstheorien und außenpolitisch aus der Hybris einer Weltmacht

      Von Rolf Paasch

      Die Bush-Administration hat ihre Drohung wahr gemacht und erpresst die 75 Mitgliedsstaaten des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) mit ihrem Veto bei der Verlängerung des Bosnien-Mandats. Dies ist der bisherige Tiefpunkt in der an diplomatischen Affronts so reichen Präsidentschaft des George W. Bush. Washingtons Widerstand gegen das Römische Statut des Weltgerichts trug schon lange irrationale Züge. Er nährt sich innenpolitisch aus ultrakonservativen Verschwörungstheorien und außenpolitisch aus der Hybris einer Weltmacht, für die es spätestens seit dem 11. September keine international verbindlichen Regeln mehr zu geben scheint.

      Dabei ist die Verknüpfung von Strafgericht und Bosnien-Mandat nicht nur diplomatisch unlauter, sondern auch in der Sache unlogisch. Denn die US-Soldaten zwischen Tuzla und Camp Bondsteel fallen schon seit ihrer Entsendung auf den Balkan unter jene universale Jurisdiktion, welche die USA jetzt verhindern wollen. In dieser Hinsicht existiert nämlich kein Unterschied zwischen dem ad hoc einberufenen Jugoslawien-Tribunal und dem jetzt zuständigen Internationalen Strafgerichtshof. Es geht Washington also nicht um Bosnien oder um den Erfolg von Friedensmissionen, sondern um die verbindliche Zusicherung von Sonderrechten.

      In der Bundesregierung herrscht Verzweiflung über die Härte und Überheblichkeit der US-Haltung. Noch tun in Brüssel wie Berlin alle so, als bestehe noch Hoffnung auf einen Kompromiss. Dabei ist die Lage eindeutig: Europas Demokratien werden für die Balkan-Mission eine neue juristische Formel und zusätzliche Soldaten finden müssen. Denn jeder Tag des Nachgebens beschädigt die gerade neu gegossenen Fundamente des Völkerrechts.

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      Popstar George Michael greift Bush und Blair an

      LONDON, 1. Juli (dpa). George Michael, britischer Popstar, sorgt in höchsten politischen Kreisen für Aufregung. Seine neue Single "Shoot The Dog" greift die Außenpolitik der USA scharf an und kritisiert den britischen Premierminister Tony Blair als den "Schoßhund" von US-Präsident George W. Bush. Ein begleitendes Cartoon-Video zeigt den Sänger unter anderem in einer Bettszene mit Cherie Blair, der Frau des Premiers. "Ich habe noch nie etwas Politisches geschrieben. Aber wir leben in so ernsten Zeiten, dass Schweigen einfach keine Option ist", sagte Michael dem Massenblatt The Mirror.

      Die Single schrieb der 39-Jährige nach seinen Angaben unter dem Eindruck der Ereignisse vom 11. September. Nach den Terroranschlägen in New York sei ihm klar geworden, dass Großbritannien nicht zuletzt wegen des Schulterschlusses mit den Vereinigten Staaten "ein viel gefährlicherer Ort" geworden sei.

      In dem Comic-Strip-Video wird Blair mit Cowboy-Hut als "Schoßhund" von Bush dargestellt. In einer anderen Szene landet Michael auf einer irakischen Rakete im Ehebett der Blairs. Die Downing Street verweigerte am Montag einen Kommentar zu der Single.
      Avatar
      schrieb am 03.07.02 20:01:12
      Beitrag Nr. 171 ()
      SPIEGEL ONLINE - 02. Juli 2002, 14:19
      URL: http://www.spiegel.de/politik/debatte/0,1518,203554,00.html
      Kommentar

      Bush, der Globalisierungsgegner

      Von Harald Schumann

      Die Erpressungspolitik der US-Regierung gegen das Uno-Strafgericht ist keine irrationale Überreaktion, sondern logische Konsequenz einer seit langem verfolgten Politik: Die Vereinigten Staaten verweigern jede Form der Globalisierung, bei der die Regeln nicht in Washington geschrieben werden.

      US-Präsident Bush: Weltweit amerikanisches Recht

      Nun ist es passiert. Der Fall Vereinigte Staaten von Amerika gegen die Uno steht zur Verhandlung an, und der Ausgang steht auch schon fest: George W. Bush und seine Diplomaten werden gewinnen. Sie werden dem Sicherheitsrat und ihren vermeintlichen Verbündeten in Europa einen Kompromiss abtrotzen, der US-Soldaten grundsätzlich der Rechtsprechung des Internationalen Strafgerichtshofes entzieht. Bereits zwei Tage nach seiner offiziellen Arbeitsaufnahme ist das Uno-Gericht damit grundlegend diskreditiert. Warum sollten afrikanische Despoten oder islamistische Fanatiker und die von ihnen in die Abgründe der Anti-Zivilisation geführten Völker ein Weltgericht akzeptieren, bei dem US-Bürger a priori Straffreiheit genießen?

      So sabotiert die Regierung Bush das Weltgericht, und Europas Politiker stehen da wie begossene Pudel. "Irrational" sei die amerikanische Politik, "hysterisch" ihre Furcht vor ungerechtfertigten Anklagen gegen US-Soldaten, heißt es allenthalben. Schlicht "unverständlich" nannte Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin die amerikanische Haltung, schließlich stehe das Land doch wie kein anderes für die Verteidigung von Freiheit und Rechtsstaat.

      Doch genau da liegt das Missverständnis. Denn es ist eben nicht amerikanische Politik, den Prinzipien von Rechtsstaat und Demokratie weltweit Geltung zu verschaffen. Das zentrale Ziel der US-Außenpolitik lautet, amerikanischen Bürgern und Unternehmen weltweit amerikanisches Recht zu verschaffen, sonst gar nichts. Und das schon seit langem. Das mag man als Hybris einer ignoranten Supermacht geißeln oder als Realpolitik in einer zusehends chaotischen Welt akzeptieren, es bleibt unbestreitbar.

      Und es bedarf schon großer Naivität, um diese große Linie der US-Politik zu übersehen: vom Klimaschutz bis zum Verbot von Landminen, von Kontrollen gegen die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen bis zur Nahostpolitik, von der Regulierung der Finanzmärkte bis zur Freiheit des Handels - seit Jahren schon verfolgen Amerikas Politiker im Einklang mit ihren Wählern den Grundsatz, keine Regeln mehr zu akzeptieren, die nicht ausschließlich und in eigener Souveränität vom US-Kongress beschlossen und geändert werden können.

      Schutzzölle für Amerikas Stahlkocher, ein Verstoß gegen die Welthandelsordnung? Kein Problem, dann muss eben eine Ausnahmeregel her. Internationale Kooperation zur Stilllegung der Steueroasen? Kein Interesse, US-Finanzbehörden erzwingen bilaterale Verträge mit den Cayman Islands und der Schweiz, um Amerikas Steuereintreibern Zugang zu verschaffen, das Steuerfluchtgeschäft der anderen soll die Wall Street ruhig betreiben. Koppelung der Entwicklungshilfe an Demokratie und Menschenrechte, wie zuletzt beim G-8-Gipfel in Kanada gefordert? Niemals, Amerika sucht sich seine Verbündeten nicht nach politischen Idealen, sondern nach taktischen Gesichtspunkten aus, selbst wenn das am Ende stets in dem Ruf endet, Gott schütze uns vor Amerikas Freunden von gestern.

      Amerika hat die Lektion der Globalisierung noch vor sich

      Vor diesem Hintergrund ist die aggressive Sabotage des Uno-Gerichts keineswegs ein wahlkampfbedingter Ausrutscher, sondern nur konsequent. Sie offenbart nur einmal mehr die fundamentale Differenz zwischen Europa und den Vereinigten Staaten bei der politischen Gestaltung der Globalisierung. Jahrzehntelang waren die USA selbst der Motor der globalen Verschmelzung von Märkten, Informationsflüssen und Kulturen. Doch immer offensichtlicher wird, dass es ausgerechnet die Amerikaner sind, die nun mit den Konsequenzen dieses Prozesses nicht fertig werden.

      Denn herausgekommen ist eine globale Interdependenz über alle Grenzen hinweg. Nie war die gegenseitige Abhängigkeit der Völker voneinander größer als heute. Und beinahe täglich wächst damit die Notwendigkeit, dieser Vernetzung klare politische und wirtschaftliche Regeln zu geben, um chaotischen Entwicklungen vorzubeugen. Gleich ob beim Schutz des Klimas, bei der Bekämpfung des Massenelends in Entwicklungsländern, bei der fairen Gestaltung des Welthandels oder beim Kampf gegen den Terrorismus und die Weiterverbreitung von Atomwaffen - keine dieser Aufgaben kann eine Nation alleine bewältigen, sei sie noch so reich und bewaffnet. Und keine Nation wird auf Dauer in Frieden und Sicherheit leben können, wenn diese zentralen Menschheitsprobleme nicht bewältigt werden können, ein Vorhaben, das ohne völkerrechtlich bindende internationale Vereinbarungen völlig unmöglich ist.

      Nicht die Stärke der USA, die Schwäche der Europäer ist das Problem

      Für die große Mehrheit der Regierungen und Politiker dieser Welt ist das kaum mehr als eine Binsenweisheit, erst recht für die Europäer, die schon lange kaum noch Gesetze machen können, die sie nicht mit ihren EU-Partnern abgesprochen haben. Doch die meisten Amerikaner haben diese Lektion noch vor sich, schließlich waren bislang noch alle Herausforderungen für die USA im Notfall militärisch lösbar. So wird immer offensichtlicher, dass die größten Gegner der Globalisierung heute in Washington regieren, indem sie das Ressentiment ihrer Wähler in das außenpolitische Prinzip "America first" verwandeln und so der Mehrheit der Weltbevölkerung die Früchte der globalen Integration verweigern.

      Vor diesem Hintergrund sollten Europas Regierungen die Diskreditierung des Uno-Gerichts in Den Haag als lauten Weckruf verstehen, ihre eigene internationale Politik endlich vom Kopf auf die Füße zu stellen. Vom ständigen Sitz für die EU im Sicherheitsrat über die Bündelung der EU-Stimmen bei Währungsfonds und Weltbank bis zur wirklich gemeinsamen Entwicklungspolitik gegenüber der Dritten Welt gibt es zahllose Ansätze, die brachliegen, weil Europas nationale Zampanos noch immer ihre Kleinstaaterei spielen.

      So lassen sie sich ein ums andere Mal von ihrem US-Partner gegeneinander ausspielen und müssen sich im Konfliktfall immer wieder hinter dem breiten Rücken von Uncle Sam verstecken, nur um von diesem stets aufs Neue düpiert zu werden. Würden sie dagegen ernsthaft mit dem gezielten Einsatz von Geld und Diplomatie das Ziel verfolgen, im Streit um die politische Gestaltung der Globalisierung einen zweiten Pol zu schaffen, der langfristige Sicherheit über das kurzfristige Kalkül stellt, würde gewiss auch die US-Politik früher oder später wieder ins Boot steigen. Schließlich waren starke Partner in Washington noch stets willkommen.







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      © SPIEGEL ONLINE 2002
      Avatar
      schrieb am 03.07.02 22:39:58
      Beitrag Nr. 172 ()
      Avatar
      schrieb am 04.07.02 17:43:50
      Beitrag Nr. 173 ()
      Im Namen der Freiheit
      Es sind nicht nur die konservativen Gralshüter in Washington, die den ICC bekämpfen

      Von Dietmar Ostermann (Washington)

      Wer nach einer Erklärung für die brutale Entschlossenheit sucht, mit der die US-Regierung den Internationalen Strafgerichtshof bekämpft, der ist in der Wabenfestung des Pentagon am richtigen Ort. Denn in der Zentrale der amerikanischen Militärmacht hoch über dem Potomac-Fluss wurde der harte Kurs, bei dem Washington Friedenseinsätze der Vereinten Nationen in einer Art Junktim gegen den soeben ins Leben gerufenen International Criminal Court (ICC) ausspielt, erdacht und gegen das konziliantere Außenministerium von Colin Powell auch durchgesetzt.

      Dabei mischen sich die ganz praktischen Ressentiments der Generäle mit der grundsätzlichen Ablehnung konservativer Ideologen, die in der zivilen Führung des Verteidigungsministeriums von Donald Rumsfeld ihre politische Heimstatt gefunden haben.

      Wer wiederum im Pentagon die treibende Kraft hinter der Blockade-Strategie war, lässt sich unschwer erahnen, als die Vertreter beider Fraktionen vor die Presse treten. Der Mann in Uniform redet nur kurz. Man fühle sich verpflichtet, die in alle Winkel dieser Welt entsandten Soldaten vor politisch motivierten Anklagen zu schützen, sagt der General nüchtern: " Militärische Operationen sind schon schwer genug."

      Es ist der Tag, an dem ein paar Räume weiter der Generalstab zu erklären versucht, warum es vielleicht ein Fehler, aber trotzdem nicht Schuld der USA sein kann, wenn in Afghanistan wieder mindestens 40 Zivilisten platt gebombt wurden. Die Angst, sich für solche Fehlschüsse dereinst womöglich vor einem internationalen Gericht verantworten zu müssen, weil bedauernswerte "Kollateralschäden" irgendeinem Staatsanwalt in Den Haag plötzlich als Kriegsverbrechen erscheinen könnten, ist in Washington die Rationale des militärischen Widerstands gegen den ICC.

      Der politische Widerstand hat tiefere Ursachen, weshalb der hohe Zivilbeamte, dessen Namen man nicht wird nennen dürfen, zu einem längeren Vortrag ausholt. "Unser prinzipieller Einwand ist, dass unsere Bürger der Strafverfolgung von Staatsanwälten ausgesetzt werden, die wir nicht zur Verantwortung ziehen können", sagt der Mann, der sich früher in Washington einen Namen als konservativer Ultra gemacht hat und heute zum inneren Führungszirkel von Donald Rumsfeld gehört: "Das verletzt unsere Souveränität."

      Für die konservativen Gralshüter eben jener Souveränität in den USA, denen internationale Verträge und die Vereinten Nationen schon immer suspekt waren, geht es im Streit um den ICC um nichts weniger als die amerikanische Unabhängigkeit schlechthin. Es sei schon eine "erstaunliche Neuerung und äußerst unwillkommene Entwicklung", wenn mit dem Vertrag von Rom jetzt "einige Staaten" glaubten, "Gesetze für die ganze Welt" erlassen zu können, poltert der Pentagon-Beamte: "Dies ist eine Abkehr von Jahrhunderten der internationalen Rechtspraxis." Wenn die 139 Unterzeichnerstaaten der Ansicht seien, ein ständiges Kriegsverbrecher-Tribunal zu benötigen, bitte, sollen sie es für sich selbst einrichten. Aber andere Länder, die nicht unterzeichnet haben, sollten gefälligst in Ruhe gelassen werden: China, Indien und Pakistan etwa. Und erst recht die Vereinigten Staaten, die sich mit ihren weltweiten Verpflichtungen als globale Ordnungsmacht besonders anfällig für "politisch motivierte" Anklagen wähnen.

      Aus dieser Sicht sind es nicht die USA, welche arrogant und im Alleingang die neue internationale Gerichtsbarkeit angreifen. Vielmehr handelt es sich um eine verzweifelte Verteidigungsschlacht im Namen der nationalen Freiheiten: " Die USA versuchen nicht, anderen ihren Willen aufzuzwingen. Es sind die Parteien des ICC-Vertrages, die uns ihren Willen aufzwingen wollen."

      Es ist ein grundsätzliches Argument, das da nicht nur von der unvermeidlichen "America-First"-Fraktion aufgefahren wird. Es geht um die Rolle des internationalen Rechts und die Grundprinzipien bei der politischen Globalisierung der Welt im 21. Jahrhundert: "Die Europäer versuchen, ihre Vision von einer internationalen Zivilisation durchzusetzen, die auf einem Geflecht von internationalen Gesetzen und Institutionen basiert, wobei individuellen Staaten ihre Kompetenzen genommen werden", klagt auch der außenpolitische Vordenker Robert Kagan. Dazu sind die USA nicht bereit.

      Kagan, sonst ein durchaus besonnener Kopf, spricht von der "utopischen Dummheit" der Europäer. Der amerikanische Gegenentwurf läuft auf traditionelle Ordnungspolitik nach dem erprobten Prinzip der militärischen Stärke hinaus.

      Gerade weil, wie Kagan schon 1999 nach der Ablehnung des Atomteststopp-Vertrages festgestellt hatte, es in den USA einen "breiten Konsens" gegen solche internationalen Konstrukte gibt, kann sich die Bush-Regierung auch im Kongress und in der Bevölkerung überwiegender Zustimmung zum gegenwärtigen Konfrontationskurs gewiss sein. Die einmal mehr in die Defensive geratenen Multilateralisten melden sich kaum noch zu Wort.

      Statt dessen haben beide Häuser im Kapitol bereits Gesetzentwürfe verabschiedet, die den Präsidenten ermächtigen, US-Bürger notfalls auch mit Waffengewalt aus den Fängen des ICC zu befreien, sollten diese dort angeklagt werden. Staaten, die mit dem Gericht kooperieren, wird im "American Servicemember`s Protection Act" mit Sanktionen gedroht.

      Geschickt geschürt hat die Hysterie über Monate im Parlament der republikanische Senator Jesse Helms, einer der eingefleischtesten Gegner jeglicher internationaler Verpflichtungen der USA. Helms verknüpfte die Kampagne gegen den Internationalen Strafgerichtshof ebenso wie im Repräsentantenhaus sein erzkonservativer Parteikollege Tom DeLay mit dem sakrosankten Anti-Terror-Kampf: Das "Schurkengericht", wetterte DeLay im Plenum, bringe Millionen Amerikaner in Gefahr, da es "unsere Kampfbereitschaft gegen den internationalen Terrorismus" untergrabe. Wenn die Bush-Regierung nun mit dem ICC zugleich die Friedensmissionen der Vereinten Nationen demontiert, kann sie sicher sein, kurz vor den Kongresswahlen im Herbst bei der politischen Hausmacht der republikanischen Rechten doppelt zu punkten.


      Ooops, a bomb!
      Kollateral, kollateral
      So ein Pech, passiert schon mal
      Wo wir hobeln, fällt der Span
      Heute in Afghanistan
      Bald schon wieder im Irak
      Diese Jungs sind schwer auf Zack
      Just Married
      Just Buried
      So sorry
      Don`t worry
      Keiner hat`s gesehn
      Drum ist es nie geschehn

      Ralf Oberndörfer
      Avatar
      schrieb am 05.07.02 09:34:13
      Beitrag Nr. 174 ()
      US-STRAFE

      Ikea muss für Taliban-Teppiche büßen

      Weil Ikea im "Feindstaat" Afghanistan eingekauft hat, muss das Unternehmen Strafe an die US-Regierung zahlen. Auch ein Baseball-Team und 80 andere Firmen hat das Finanzministerium ins Visier genommen.


      Möbelhaus Ikea: Handel mit Taliban vorgeworfen


      New York - Die US-Regierung hat 86 Firmen wegen Geschäften mit so genannten Feindstaaten abgestraft. Wie das "Wall Street Journal Europe" berichtet, wurden seit 1998 auf Grundlage des "Trading With The Enemy Act" 115 Geldstrafen in Höhe von insgesamt 5,8 Millionen US-Dollar ausgesprochen.
      Zu den Betroffenen zählt auch das schwedische Möbelhaus Ikea, das im November 1999 aus Afghanistan 150 Teppiche geordert hatte. Das Gebiet in Afghanistan sei aus Sicht der USA zu diesem Zeitpunkt unter der Kontrolle der Taliban gewesen. Ein Ikea-Sprecher sagte der Zeitung, man habe sich mit der US-Regierung auf die Zahlung einer Geldbuße in Höhe von 8000 Dollar geeinigt und die Geschäfte mit Afghanistan eingestellt. Die Vorwürfe der US-Regierung seien aber falsch gewesen, die Region sei zum Zeitpunkt des Handels nicht in der Hand der Taliban gewesen. :laugh:

      Auch Goodyear Tire & Rubber ist wegen Handelsbeziehungen mit Kuba unter Beschuss gekommen und hat sich schließlich mit den US-Behörden auf eine Geldbuße von 195.000 US-Dollar geeinigt. Auch die Bank Wachovia, mehrere Versicherer und das Baseball-Team Los Angeles Dodgers finden sich auf der Liste. Die Dodgers hatten zwei kubanische Spieler unter Vertrag genommen. :eek: :laugh:

      spiegel.de

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      Frage: Bestraft sich die US-Regierung denn jetzt selbst wegen "Ausbildung und langjährige Waffenlieferungen an den Feind? " :mad: :Laugh:

      HAndel nicht zu TAliban-Zeiten? Ist der US-Regierung doch egal, Feind ist Feind... :laugh:

      Selbstgerechter und dümmer geht´s nimmer.....
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      schrieb am 05.07.02 10:23:25
      Beitrag Nr. 175 ()
      "Wir waren Helden"

      Seufzer unter dem Sternenbanner

      Von Oliver Hüttmann

      In seinem Vietnam-Drama "Wir waren Helden" versucht Regisseur Randall Wallace dem Krieg ein menschliches Antlitz zu verleihen und gleichzeitig die brutale Gewalt der Kampfeinsätze zu schildern. Der ambitionierte Spagat gerät dem "Pearl Harbor"-Autor zum melodramatischen Schmierentheater.

      Mel Gibson als Colonel Moore: Dem Militär ein humanes Antlitz geben


      "Scheiß Hitze", sagt der französische Offizier. "Scheiß Land." Dann ist er tot, getroffen von einer Kugel im Kopf, aus dem in Zeitlupe das Blut spritzt. Mit ihm fällt 1954 seine gesamte Einheit auf der zentralen Hochebene von Indochina im Kampf gegen die einheimischen Truppen. Das militärische Desaster der alten Kolonialmacht Frankreich studiert ein Jahrzehnt später der amerikanische Lieutenant Colonel Harold G. Moore (Mel Gibson) in einem Buch. Er soll 1965 während des Konfliktes mit dem kommunistischen Nordvietnam eine Offensive im Ia-Drang-Tal vorbereiten - und listet ahnungsvoll die Nachteile einer solchen Aktion auf. Sein Urteil fasst er in einem Wort zusammen: Massaker. Er unterstreicht es zwei Mal.

      Der Einsatz gilt als erstes und erbarmungslosestes Gefecht zwischen der US-Armee und den Vietcong in der langen und verlustreichen Geschichte des Vietnamkrieges. Der echte Moore schilderte die Ereignisse später in seinem Buch "We Were Soldiers Once... And Young", das Randall Wallace als Vorlage für seinen Film verwendet hat. Wallace hat erst einmal Regie geführt bei dem Mantel-und-Degen-Abenteuer "Der Mann mit der eisernen Maske", ist aber bei Kriegs-Epen fast schon ein Veteran: Als Autor von Gibsons "Braveheart" war er für den Oscar nominiert und schrieb auch das Drehbuch zum Weltkriegs-Melodram "Pearl Harbor", von dem er sich hinterher allerdings distanzierte. Er habe ein "unverfälschtes Drama" im Sinn gehabt. Vielleicht wollte er nun beweisen, dass er amerikanische Kriegstraumata komplexer aufarbeiten kann als Produzent Jerry Bruckheimer und sein Regisseur Michael Bay.

      Dabei sind "Pearl Harbor" und "Wir waren Helden" im Aufbau (und in der Länge) ziemlich identisch. Nach einem Prolog nimmt Wallace sich viel Zeit, um die Hauptfiguren einzuführen. Statt einer Freundschaft und Liebe, deren Unschuld jäh vom Kriegsanfang unterbrochen wird, zeigt er nun das familiäre Umfeld, die Sorgen und Zweifel über den bevorstehenden Auftrag. Dann folgt der Höhepunkt, beziehungsweise der eigentliche Plot, eine ungebremste, auch für Zuschauer strapaziöse Schlacht, die bei "Wir Waren Helden" immerhin rund anderthalb Stunden dauert. Und am Ende gibt es einen Seufzer unter dem Sternenbanner.

      Gibson soll als Moore dem Militär ein humanes Antlitz geben. Liebevoll kümmert er sich im Ausbildungslager Fort Benning um Ehefrau Julia (Madeleine Stowe) und seine Kinder, wobei das Schweigen über seinen ersten Einsatz seit Korea nur einmal rührselig gebrochen wird, als seine jüngste Tochter fragt: "Papi, was ist Krieg?" Fürsorglich und mit väterlichem Humor geht der gläubige Christ auch auf seine Soldaten ein wie Lieutenant Jack Geoghegan (Chris Klein), dessen Frau gerade ein Baby erwartet. Gemeinsam schlagen sie in der Kirche ein paar Kreuze vor der Brust. Gebetet wird hier viel, und die Rolle als Mutter der Kompanie muss schließlich Julia übernehmen. Sie überreicht den Frauen die gelben Telegramme, in denen bürokratisch der Tod ihrer Männer erklärt wird. Der Taxifahrer, der die Schreiben eigentlich zustellen soll, hat dazu nicht die Nerven. Einen ganzen Stapel legt er vor Julias Tür ab.

      Kriegsszene aus "Wir waren Helden": Chaos aus Schreien, Staub und dem ständigen Stakkato der Maschinengewehre


      Auf den Tränen an der Heimatfront federt die furchterregende Härte der Schlachtsequenzen ein wenig ab, rutscht der Film aber auch in melodramatischen Betroffenheitskitsch. Zugleich sind sie der moralische Zeigefinger, die Kritik am Krieg an sich, die sich Moore und seine Männer aus Pflichtgefühl und unter Dauerbeschuss der vietnamesischen Volksarmee nicht gestatten können. Denn von dem Moment an, als Moore den Fuß auf das wehende Gras im Ia-Drang-Tal setzt, kommt der Films fast nur noch in den Szenen zu Hause zur Besinnung.

      Die 400 GIs werden von Kampfhubschraubern eingeflogen und sofort von 2000 Vietcong eingekesselt. Es beginnt ein schonungsloses Chaos aus Schreien, Staub, dem steten Stakkato der Maschinengewehre und knapp gebellten Befehlen. Auf beiden Seiten fallen die Soldaten reihenweise. Und Kameramann Dean Semmler hat dafür erschütternde Bilder ohne Firlefanz gefunden, die sowohl beim Panoramablick als auch in der unmittelbaren Perspektive neben, vor und hinter den Kämpfern eine dokumentarische Nähe zu den Ereignissen beibehalten. Das nackte Entsetzen bei der Landung in der Normandie in Steven Spielbergs "Der Soldat James Ryan" und den packenden Wahnsinn von Oliver Stones "Platoon" erreicht er indes nicht.

      "Wir waren Helden" verzahnt das Schicksal der Soldaten auch in einem Fernduell zwischen Moore und dem vietnamesischen Befehlshaber, die hektische Entscheidungen treffen, auf die Taktik des anderen reagieren, die Situation auflösen könnten und letztlich die zwei einzigen denkenden Menschen in dieser Hölle sind. Einmal blicken beide sentimental zum Mond hoch, der fahl das Schlachtfeld illuminiert. In der nächsten Sekunde geht das Gemetzel weiter.


      Helden-Darsteller Gibson: Aufrecht und unerschütterlich wie John Wayne


      Wallace kann sich zwar auf die Authentizität und Ehrlichkeit seiner Bilder berufen, dahinter aber dräut dennoch eine konservativ-katholische Rehabilitation und Heroisierung der gefallen Opfer. Wenn ein Schwerverwundeter meint: "Ich sterbe gerne für mein Land", kann das zum einen den naiven Patriotismus der jungen Männer aufzeigen, die aus sinnloser Machtpolitik verheizt werden. Andererseits schafft das pathetische Bekenntnis in den letzten Atemzügen ein schlechtes Gewissen bei Moore, der in einem Gespräch mit dem Fotoreporter Joseph Galloway (Barry Pepper) leise Bedenken an dem Einsatz äußert. Zumal Gibson aufrecht und unerschütterlich die Lage überblickt wie früher der Haudegen John Wayne.

      Und auch bei entscheidenden Fakten nimmt Wallace es nicht ganz genau. Tatsächlich wurde das stark geschwächte 1. Bataillon der 7. Luft-Kavallerie vom 2. Bataillon unterstützt und abgelöst. Hier aber erringt Moore mit einem überraschenden Vorstoß im Morgengrauen einen kompletten, triumphalen Sieg über den Feind. Daraus lässt sich das Durchhaltevermögen und die Stärke der US-Armee ableiten und der militärische Führungsanspruch der USA, den sie bis heute aufrecht halten. Am Ende weht ihre Flagge in einem Baumstumpf, eine ganz kleine zwar wie jene, die bei Paraden benutzt werden, doch die Geste ist groß genug. Und zwischen den Leichen hebt ein Amerikaner jene Trompete auf, welche die Vietnamesen ein Jahrzehnt zuvor von den Franzosen erbeutet hatten. Solch eine symbolische Revanche macht die ungeschminkte Darstellung des Krieges schließlich doch zu einem Schmierentheater.



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      © SPIEGEL ONLINE 2002
      Avatar
      schrieb am 05.07.02 10:47:48
      Beitrag Nr. 176 ()
      Bush weiß, wovon er spricht

      Der Chef des Weißen Hauses hat 1990 als Aufsichtsrat einer Ölfirma kurz vor Kurssturz seine Firmenaktien verkauft - ohne die Börsenaufsicht rechtzeitig zu informieren


      NEW YORK taz Wie ein Unternehmen werde er die Regierung managen, versprach George W. Bush bei seinem Amtsantritt. Dieses Versprechen betont Bush in letzter Zeit etwas seltener angesichts des schlechten Rufs, den Unternehmensmanager in den USA inzwischen genießen. US-Amerikaner halten laut einer aktuellen Umfrage inzwischen sogar Politiker für ehrlicher als Manager.

      Im März hatte das Wall Street Journal berichtet, dass die Erfahrungen, die Bush junior als Manager in der Ölindustrie machen konnte, in mehr als einer Hinsicht Gemeinsamkeiten mit denen von anderen Konzernlenkern aufweisen. Auch Bush soll seine Firma zur persönlichen Bereicherung benutzt haben. Am Mittwoch nahm das Weiße Haus endlich Stellung zu den Vorwürfen, Bush sei ja wohl kaum der Richtige, um der derzeitigen Welle von Unternehmensskandalen etwas entgegenzusetzen.

      Einst war der damalige Präsidentensohn Bush selbst Vorstandschef einer kleinen, Verlust machenden Ölfirma mit dem Namen Spectrum 7. Diese Firma wurde für immerhin zwei Millionen Dollar vom größeren Konkurrenten Harken Energy aufgekauft. "Sein Name ist George Bush", begründete der Gründer von Harken damals die Übernahme.

      Harken selbst schrieb auch rote Zahlen, konnte diese aber durch einen dubiosen Deal eine Zeit lang verstecken. Harken verkaufte eine Tochterfirma zu erstaunlich hohem Preis und blies durch die Einnahmen aus dem Verkauf seine Gewinne auf. Die Käufer waren aber Harken-Investoren, die das Geld für den Kauf von Harken selbst geliehen bekamen. Der Deal flog auf, die Harken-Aktien verloren drei Viertel ihres Werts. Aber wenige Wochen vorher konnte der damalige Harken-Aufsichtsrat Bush seine Aktien für fast eine Million Dollar verkaufen.

      Solche Deals von Unternehmensinsidern müssen sofort der Börsenaufsicht SEC gemeldet werden. Dies aber geschah erst 34 Wochen später. Dass die SEC keine Anklage gegen Bush erhob, hat sicher nichts damit zu tun, dass sein Vater damals Präsident war. :laugh: Der Sprecher des Weißen Hauses, Ari Fleischer, gab nun erstmals zu, dass Bush die Pflichtmitteilung versäumt hat. Schuld seien Firmenanwälte gewesen. Die SEC hat Fleischer zufolge eine Untersuchung 1991 mit dem Befund abgeschlossen: "Es scheint, dass Bush nicht Insiderhandel betrieben hat."

      Bush hat in letzter Zeit mehrfach an US-Manager appelliert, mehr Verantwortung zu zeigen. Unter anderem sollen sie schneller offen legen, wenn sie Aktien der eigenen Firma abstoßen. Seine Kritiker haben ihm vorgeworfen, er wolle die nötigen Reformen und Kontrollen so zahnlos wie möglich gestalten. Der Vorsitzende der Demokratischen Partei, Terry McAuliff, sagte, Bush habe ein Wirtschaftsumfeld geschaffen, in dem er "skrupellosen Vorstandsvorsitzenden grünes Licht gegeben" habe. LIEB

      taz Nr. 6792 vom 5.7.2002, Seite 6, 95 Zeilen (TAZ-Bericht), LIEB
      Avatar
      schrieb am 05.07.02 11:01:46
      Beitrag Nr. 177 ()
      Meine Frage:

      Sind wir Deutschen Mitglied in einem Atlantischen oder in einem "Adlatischem" Bündnis?? :D



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      Wider die Logik der Erpresser

      Wer die Blockade der USA gegen den Internationalen Strafgerichtshof überwinden will, darf nicht nur mit der Regierung verhandeln. Denn Bushs Gegner erstarken zunehmend
      Für die Bundesregierung und speziell für ihren Außenminister ist jetzt der Ernstfall eingetreten. Der immer befürchtete, aber stets auch nur als Möglichkeit geleugnete Eklat im Verhältnis zu den USA - jetzt ist er da, verursacht durch das Veto der Regierung Bush im Weltsicherheitsrat: Darin verknüpfte sie die Verlängerung des UN-Mandats für Bosnien mit der Forderung, amerikanische Bürger von der Verfolgung durch den künftigen Internationalen Strafgerichtshof auszunehmen. Zur Charakterisierung dieses Vetos genügt ein Wort: Erpressung. Mit diesem altvertrauten Instrument außenpolitischer Problemlösung hat Joschka Fischer nicht gerechnet.


      Der Außenminister hat zwar stets die Felder benannt, wo die politischen Auffassungen der USA und der EU sich konträr gegenüberstehen. Wenn er aber über einseitige Maßnahmen der USA sprach, ja sogar vor der Gefahr des "Unilateralismus" warnte, so folgte stets die Beschwörungsformel von atlantischer Partnerschaft. Fischer sorgte sich, dass eine Kritik an den USA, die die Außenpolitik von Bush systematisch mit amerikanischen Großmachtinteressen verknüpfte, in eine gefährliche Zone abdriften könnte. Er fürchtete ein Revival des Antiamerikanismus, den er mit dem antiwestlichen und demokratiefeindlichen "deutschen Sonderweg" identifizierte.

      Unter rot-grünen Außenpolitikern galt die Devise: Keine Abgrenzung von den USA. Wenn nicht anders möglich, wird die Bundesregierung (und die EU) eben ihre eigene Linie verfolgen: den Amerikanern nie die Tür vor der Nase zuschlagen, mit ihnen im Gespräch bleiben, sie Schrittchen für Schrittchen überzeugen, sodass sie schließlich ihre Bedenken überwinden und diesem oder jenem internationalen Abkommen beitreten. So auch die Linie bei den Verhandlungen mit den USA zum Internationalen Strafgerichtshof. Angestrebt wurden "gute Nachbarschaft" und "wohlwollende Unterstützung".

      Die Juristen der Staaten, die das Projekt unterstützten, ließen sich auf weit gehende Kompromisse ein. Ihnen war klar, dass die Amerikaner vor allem dem Artikel 12 des Statuts den Stachel ziehen wollten. Darin wird nämlich die Unabhängigkeit des Gerichts vom Sicherheitsrat der UNO und damit von einem Veto der ständigen Mitglieder festgeschrieben. Das amerikanische Anliegen wollten die Juristen nicht zulassen, aber gleichzeitig setzten sie auf langfristige friedliche Koexistenz zwischen Anhängern und Gegnern des Statuts. Jetzt sind sie den aggressiven Gegenreaktionen der USA ausgesetzt - und zwar in Gestalt des vom Senat bereits beschlossenen Gesetzes zum Schutz amerikanischer Soldaten bei Einsätzen im Ausland, des American Servicemembers Protection Act. Dieses Gesetz könnte die USA in die Lage versetzen, wirtschaftlichen und nicht zuletzt auch militärischen Druck auf die Unterzeichnerstaaten des Abkommens auszuüben und beitrittswillige Länder z. B. in ihrer südamerikanischen Hegemonialzone von der Ratifizierung abhalten. Auch hier ist die erpresserische Logik offensichtlich.

      Wirklich seltsam an der Auseinandersetzung um den Internationalen Strafgerichtshof ist die geringe praktische Relevanz. Die Tätigkeit des Gerichts ist auf wenige Kriegs- und Menschheitsverbrechen großen Ausmaßes beschränkt, es kann nur komplementär tätig werden, wenn der Staat, dessen Bürger diese Verbrechen begangen haben, sie nicht verfolgen kann oder will. Unwahrscheinlich, dass amerikanische Staatsbürger sich in absehbarer Zeit vor den Schranken des Haager Gerichts werden verantworten müssen. Präsident Bush geht es also ums Prinzip. Die gegenwärtige US-Politik will eine Minderung der souveränen Rechte des Nationalstaats USA grundsätzlich nicht hinnehmen - und hat sich gegen den universalistischen Anspruch ihrer Menschenrechtstradition für ihre Sonderrolle als Supermacht entschieden.

      Für das Selbstverständnis von Rot-Grün ist die Errichtung des Internationalen Strafgerichtshofs kein Projekt unter anderen. Es betrifft vielmehr den Kern einer menschenrechtlich orientierten Außenpolitik. Deren Verwirklichung setzt voraus, dass allgemeine Standards gelten, dass die Verteidigung der Menschenrechte nicht von Fall zu Fall und nach politischen Kalkül erfolgt. Rule of law, die internationale Herrschaft des Rechts, ist die einzige Legitimationsgrundlage, kraft derer die Souveränität der Staaten und das Recht des Stärkeren, der "Naturzustand" der Staatenwelt, eingeschränkt werden kann. So viel der Internationale Strafgerichtshof auch der Spruchpraxis der Ruanda- und Bosnientribunale verdankt, er dient schließlich der Überwindung von Willkür bei der Verfolgung von Unrecht. Gerade aber diese Willkür nehmen die USA offenbar für sich in Anspruch und führen damit die Grundidee, unter der Rot-Grün angetreten ist, ad absurdum. Bei der aktuellen Auseinandersetzung um das amerikanische Veto geht es nicht nur darum, dass Bosnien-Herzegowina fortdauernd internationale Hilfe und Schutz gewährt wird. Es gilt zudem zu klären, welcher Kurs künftig gegenüber erpresserischen Aktionen der USA einzuschlagen ist.

      So richtig das Argument ist, dass ohne die politische Potenz der USA der Internationale Strafgerichtshof langfristig ein Torso bleiben wird - mit Formelkompromissen ist hier niemandem geholfen. Denn wer im Kernbereich der künftigen Jurisdiktion nachgibt (und ein Sonderrecht für die USA schafft), untergräbt die Legitimation des Gerichts. Was also tun? Wo es Joschka Fischer an Klarheit gebricht, hat der deutsche Chefjurist bei den Verhandlungen zum Strafgerichtshof, Hans-Peter Kaul, deutliche Worte gefunden. Er verwies auf die Befürworter der internationalen Gerichtsbarkeit in den USA selbst: die Koalition von Menschenrechtsorganisationen, Anwälten und Gelehrten, die Bushs Position zum Einsturz bringen könnte. Kaul äußerte sich nicht als menschenrechtsfreundlicher Privatmann, sondern als Beamter des Auswärtigen Amtes. Wenn er es wagte, sich über den Kopf des staatlichen Verhandlungspartners hinweg an die amerikanische Zivilgesellschaft zu wenden, sollte das für seinen Chef eine Selbstverständlichkeit sein.

      Gegen zwei fatale Strömungen bei uns gilt es anzugehen: Die eine vernachlässigt die amerikanische Gesellschaft, weil sie die USA für einen Monolithen imperialer Macht hält. Hier öffnet sich tatsächlich das Tor für einen reaktionären Antiamerikanismus. Die andere blendet die Civil Society aus, weil sie vollständig auf die zwischenstaatliche Verhandlungsebene fixiert ist und die gesellschaftlichen Wirkungen, die Außenpolitik so oder so hat, ausblendet. Demgegenüber gilt: Obwohl Bush es verstanden hat, sich den amerikanischen Patriotismus dienstbar zu machen, erstarken die universalistischen Gegenkräfte in den USA und formieren sich. Mit den Amis reden heißt eben nicht nur, den Blick starr auf die staatlichen Repräsentanten zu richten. Das wusste Joschka Fischer einmal. Vielleicht fällt es ihm nach dem 22. September wieder ein. CHRISTIAN SEMLER

      taz Nr. 6792 vom 5.7.2002, Seite 12, 241 Zeilen (Kommentar), CHRISTIAN SEMLER, taz-Debatte
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      schrieb am 05.07.02 11:27:28
      Beitrag Nr. 178 ()
      Ich krieg meine Fragen auch nicht beantwortet. :D


      Amis schwenken Sternenbanner "made in China"
      Am ersten "Independence Day" seit dem 11. September versinken die USA in einem Meer von Nationalflaggen. Doch um richtig im Patriotismus zu schwelgen, brauchen die Amerikaner ausländischen Beistand.


      Washington - Seit Thomas Jefferson 1776 die Unabhängigkeitserklärung schrieb, haben die USA keine so große Flaggenmanie und -knappheit erlebt wie nach dem 11. September. US-Unternehmen wie Annin & Co., der größte Flaggenfabrikant der Nation, waren vollkommen überfordert. Das Unternehmen aus New Jersey ließ Tag und Nacht arbeiten, verdreifachte seine Produktion - und bearbeitete Bestellungen gleichwohl nur mit 15 Wochen Verspätung.
      Doch zum Glück für amerikanische Vaterlandsfreunde gibt es ja die hilfsbereite Volksrepublik China. Allein zwei Fabriken bei Schanghai erhielten in den Wochen nach dem 11. September Bestellungen für eine Million Flaggen. Im gesamten Jahr 2001 lieferten die chinesischen Textilhersteller der "Financial Times" zufolge Sternenbanner im Wert von 29,7 Millionen Dollar in die USA. Damit war China für deutlich mehr als die Hälfte der amerikanischen Flaggenimporte verantwortlich.

      Und eben diese Einfuhren erreichten Monate nach dem 11. September gigantische Dimensionen. So kauften die Bürger der Vereinigten Staaten im Gesamtjahr 112 Millionen Mal die "Stars and Stripes" im Ausland, weil die heimische Produktion nicht hinterherkam. Der bisherige Rekord von 2,6 Millionen Importfahnen im Jahr 1999 sieht dagegen recht kümmerlich aus.

      Das vielleicht Erstaunlichste an der neu entdeckten Liebe der Amerikaner zu ihren Nationalfarben: Anders als nach dem Golfkrieg, als der Flaggenkaufrausch rasch abflaute, bleibt die Nachfrage immer noch auf einem historisch beispiellosen Niveau. Der Flaggenhändler Valley Forge Flags zum Beispiel berichtet, die Fahnenverkäufe hätten in den letzten sechs Monaten immer noch um 700 Prozent über denen des Vorjahres gelegen.

      © SPIEGEL ONLINE 2002
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      schrieb am 05.07.02 11:40:19
      Beitrag Nr. 179 ()
      Die Zeit wird sie mir beantworten. :(


      DOKUMENT ÜBER IRAK-ANGRIFFSPLAN

      Amerikaner wollen von drei Seiten zuschlagen
      Das Konzept der USA für einen Krieg gegen den Irak steht angeblich. Ein Dokument soll bereits Details des beabsichtigten Feldzugs enthalten. Um Saddam Hussein zu stürzen, wollen die Amerikaner demnach mit Hunderten Flugzeugen und Zehntausenden Soldaten angreifen.


      Hamburg - Die "New York Times" beruft sich auf eine nicht genannte Quelle, die mit dem Dokument vertraut sein soll. Nach Angaben des Informanten werden die amerikanischen Streitkräfte den Irak zu Luft, zu Wasser und mit Bodentruppen aus dem Norden, Süden und Westen angreifen.
      Sollten die Pläne realisiert werden, wird von der Infrastruktur des Iraks nicht viel übrig bleiben. Offenbar haben Militärstrategen bereits genau Angriffsziele definiert. Von Hunderten Kampfjets soll ein gigantischer Luftkrieg geführt werden, der sich auf Tausende Ziele richte wie Flughäfen, Landepisten, Straßen und Kommunikationseinrichtungen.

      Die in dem Dokument festgehaltenen Pläne sehen angeblich vor, dass Zehntausende Marines und Infantristen bei einem Einmarsch in den Irak beteiligt sein werden. Die Bomber sollen von acht Ländern aus aufsteigen, darunter auch die islamischen Staaten Türkei und Katar. Um den Plan möglichst geheim zu halten, sei noch keines der betroffenen Länder informiert worden, schreibt die Zeitung.

      © SPIEGEL ONLINE 2002
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      schrieb am 05.07.02 12:54:53
      Beitrag Nr. 180 ()
      Avatar
      schrieb am 05.07.02 21:55:35
      Beitrag Nr. 181 ()
      Ersetze #179 durch:


      Spekulationen um Angriffsplan auf den Irak
      Das US-Militär bereitet einem Zeitungsbericht zufolge einen konkreten Plan für einen Angriff auf den Irak vor.


      Reuters WASHINGTON. Einem Entwurf zufolge soll der Angriff dreiseitig von Luft-, Land- und Seestreitkräften der USA ausgeführt werden, berichtete am Freitag die "New York Times" unter Berufung auf einen Informanten, der das Dokument kenne. US-Präsident George W. Bush hatte vor kurzem offen seine Absicht erklärt, den irakischen Präsidenten Saddam Hussein zu stürzen. Die USA zählen Irak zu den Ländern, die ihr Land und ihre Verbündeten mit Massenvernichtungswaffen bedrohen.

      Dem Bericht zufolge sollen bei dem Angriff hunderte von Kriegsflugzeugen von acht verschiedenen Ländern aus einen großen Luftangriff auf tausende von irakischen Zielen fliegen, darunter auf Flugfelder, Überlandstraßen und Kommunikationseinrichtungen. Spezielle Einsatztruppen oder verdeckte Einsätze des Geheimdienstes CIA erhielten den Auftrag, Lager und Labore anzugreifen, in denen die Bestandteile oder die Produktion der irakischen Massenvernichtungswaffen vermutet werden.

      Der Plan befinde sich in einem frühen Stadium, hieß es laut Bericht in den Kreisen, die der Zeitung die Einzelheiten zukommen ließen. Dies zeige sich auch darin, dass die USA in der Angelegenheit bisher zu keinem der acht Länder Kontakt aufgenommen hätten, von denen die US-Flugzeuge aus starten sollen. Den Angaben zufolge wurde der Plan vom Zentralkommando der US-Streitkräfte in Tampa im US-Bundesstaat Florida erarbeitet.

      Nach Einschätzung des Blattes zeigt der Entwurf, dass die Planung für einen militärischen Schritt in der Auseinandersetzung mit dem arabischen Staat weiter gediehen sei als aus Bushs bisherigen Aussagen zu schließen sei. Bush hat mehrfach betont, dass er keinen Plan für einen Angriff auf Irak in seiner Schublade liegen habe.

      "Wir sammeln im Moment die Ideen und denken über ein Konzept nach", sagte ein hochrangiger Vertreter des US-Verteidigungsministeriums der Zeitung. "Wir haben noch ein gutes Stück vor uns." Den Kreisen zufolge kennen den Entwurf bisher weder US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld noch der Chef des Zentralkommandos, General Tommy Franks. "Es gehört zu den Aufgaben des Verteidigungsbereiches, für alle Eventualitäten Pläne vorzubereiten und sie von Zeit zu Zeit zu aktualisieren", sagte eine Sprecherin Rumsfelds der Zeitung.


      Der Spiegel ist nämlich nicht so mein Ding. ;)
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      schrieb am 07.07.02 16:06:51
      Beitrag Nr. 182 ()
      FAZ-Kommentar

      Amerika, das Siedlerland, hat viele Brücken hinter sich abgebrochen, die Amerikaner wollten es so. Generationen von einwandernden Amerika-Machern wollten alte Not und alten Streit hinter sich lassen und - in radikaler Fortsetzung einer reformatorischen Tradition - ein Land schaffen und immer wieder neu schaffen, das die Kinder Gottes aus eigener Kraft, aber auch Machtvollkommenheit modellieren. Es schien, als sei man, einmal Amerikaner geworden, trotz aller religiösen Bindung willens, Europas zweiflerische Traditionen aufzugeben. In der Rede von Gottes eigenem Land schwingt Überheblichkeit mit und die Überzeugung, hier sei nun das einzig wahre Land auf dieser Welt begründet. Amerika mag es nicht, sich zu rechtfertigen, sich zu messen, sich in Verhältnis zu anderen zu setzen. Es will für sich sein, es will sich selbst genug sein. Obwohl die Vorherrschaft solcher zur Erstarrung neigenden Siedlerphilosophie längst gebrochen ist und Amerika nicht erst mit dem inneren Aufstand der schwarzen Bürgerrechtsbewegung reflexiv geworden ist, gehören Sendungsbewußtsein und selbstbewußtes Desinteresse am Rest der Welt noch immer zu Amerikas Grundausstattung.


      Das ist in Europa nie gut angekommen. Amerika ist Europas entlaufenes Kind, das den alten Kontinent stets in Kränkung versetzt hat. Europa schwankt bis heute zwischen heimlicher Bewunderung für den Nestflüchter, beleidigter, wertebegründeter Abkehr von dem Mißratenen und dem Versuch, in Amerika die Verwirklichung all jener - von der Freiheit des Christenmenschen über die Aufklärung bis zur alltagsnützlichen Technik reichenden - Anlagen zu sehen, die aus Europa stammen, dort aber nicht zu voller Blüte gelangt sind. Es schmerzt Europa, daß es von Amerika nicht um Rat gefragt wird. Es beleidigt Europa, daß Amerika unilateral leben kann und das oft genug auch ohne einen Anflug von schlechtem Gewissen tut.


      Auch dieser Zorn steht hinter der Empörung über die Weigerung der Vereinigten Staaten, sich und seine Soldaten ohne Wenn und Aber dem Prozedere des Internationalen Strafgerichtshofs zu unterwerfen. Weil die Bäume hoch sind, reichen nur die großen Tiere an die süßesten Früchte - und die kleineren Tiere geben kein wirklich überzeugendes Bild ab, wenn sie den Genuß der großen Tiere in moralisch-universalistischer Redeweise kritisieren. Bevor Europa mit anklagender Geste seine Zurücksetzung beklagt, sollte es sich einer historisch begründeten, heute aber auch selbstverschuldeten Schwäche bewußt werden. Europa ist noch längst keine Kraft, mit der eine Macht wie Amerika wirklich rechnen müßte, und es muß niemanden verwundern, daß uns die in Machtfragen nüchternen Amerikaner das deutlich spüren lassen. Jedenfalls wäre es töricht, jetzt europäischen Humanismus gegen amerikanischen Hochmut, europäische Feinsinnigkeit gegen amerikanisches Cowboytum, europäische Friedfertigkeit gegen amerikanische Gleichgültigkeit in Stellung zu bringen. Das alte Muster - Amerika ist für das Grobe, Europa für das Schöne, Wahre, Gute zuständig - taugt nicht mehr. Schon deswegen nicht, weil im Zweifel die amerikanischen Fachleute fürs Grobe gerne in Anspruch genommen werden, um die humanistischen Kartoffeln aus dem Feuer zu holen.


      Der Historiker Timothy Garton Ash hat kürzlich geschrieben, die zentrale Frage des 20. Jahrhunderts sei die russische gewesen, die des 21. Jahrhunderts sei die amerikanische. Das wird ungeheure Konsequenzen haben. Bis vor wenigen Jahren war das mächtige Amerika Gegenpart in einer Welt, die man nicht ganz zu Unrecht als zweigeteilt beschreiben konnte. Das ist vorbei, und die einzige Supermacht erstrahlt in ungeahnter Machtfülle. Die Zähmung von Macht hat immer auf beiden Seiten Kräfte erfordert, die sie durchsetzen können. Erst wenn es solche Kräfte gab, bekam der menschenrechtliche Diskurs, der letztlich auf das kommende Reich der Weltinnenpolitik zielte, einen realistischen Zug und reale Chancen. Niemand kann die Vereinigten Staaten, die sich zudem in einer Welt voller machthungriger Aufholstaaten sehen, zwingen, in den Hafen eines völkerverbindenden Multilateralismus einzulaufen. Vor der Empörung sollten sich die Europäer diesen einzigartigen Umstand erst einmal vergegenwärtigen.


      Westeuropa mag ein Friedensland geworden sein, dessen Staaten sich gar nicht mehr gegenseitig in Schach halten müssen, weil sie selbsttragende Einsichtsstrukturen geschaffen haben. Und auf den Versuch, Selbstbindungen zu fördern, kann verantwortliche Außenpolitik nicht verzichten. Wenn aber auf globaler Ebene der Gegenpart fehlt, dessen pure Existenz Selbstbindung kräftig befördert, läuft Friedenspolitik Gefahr, zu luftig zu werden. Denn auch sie ist dem Gesetz von Bewegung und Gegenbewegung unterworfen.


      Auch deswegen sollte Europa Amerikas Widerstände gegen das hehre Ziel der einen Welt, die nur Innenpolitik kennt, ernst nehmen. In dieser einen Welt wird man nicht mehr auswandern und nicht mehr für sich sein können. Das wäre kein schlechter Nährboden für totalitäre Kräfte.


      Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 7.7.2002
      Avatar
      schrieb am 07.07.02 16:25:40
      Beitrag Nr. 183 ()
      Alle gegen Bush


      Mit seiner Forderung nach Sonderrechten für US-Soldaten hat der amerikanische Präsident alle deutschen Parteien gegen sich aufgebracht. Es könne nicht sein, dass das Statut des Strafgerichtshofs, dem mittlerweile 70 Staaten beigetreten sind, ausgehöhlt werde, sagte Bundesaußenminister Joschka Fischer der „Welt am Sonntag“.

      „Die Einrichtung des Internationalen Strafgerichtshofs ist ein internationaler Durchbruch“, betonte der Grünen-Politiker. Und Fischer weiter: „Ich hoffe, dass die USA bis zum 15. Juli einsehen, dass die erfolgreiche UN-Friedensmission in Bosnien fortgeführt werden muss.“

      Politiker aller Parteien kritisierten am Wochenende die Blockadepolitik der Regierung von George W. Bush gegenüber dem Internationalen Strafgerichtshof und der UN-Friedensmission in Bosnien. SPD-Fraktionschef Peter Struck sagte, er verurteile das Verhalten der USA. „Wir müssen unseren amerikanischen Freunden offen sagen, dass ihre Entscheidung unser Verhältnis zu den USA belastet“, forderte der frühere FDP-Außenminister Klaus Kinkel.

      Schäuble mahnte in der „Welt am Sonntag“: „Wir müssen die gegenwärtigen Dissonanzen im transatlantischen Verhältnis ernst nehmen, denn es geht um mehr als die völkerrechtliche Beurteilung des Internationalen Strafgerichtshofs und seiner Möglichkeiten.“


      Der UN-Sicherheitsrat hatte wegen des Einspruchs der USA das Mandat für die Friedenstruppen in Bosnien nur um wenige Tage bis zum 15. Juli verlängert. Washington will durchsetzen, dass Amerikaner im UN-Dienst nicht wegen Menschenrechtsverletzungen vor den Internationalen Strafgerichtshof gestellt werden können.

      Die von den USA geforderte Immunität würde nach Worten Fischers „Ziel und Zweck des Römischen Statuts untergraben, mit dem die Straflosigkeit von Tätern schwerster Völkerrechtsverbrechen ausgeschlossen werden soll, und zugleich die Autorität der Vereinten Nationen erschüttern“.

      UN-Generalsekretär Kofi Annan hatte in einem Schreiben an US-Außenminister Colin Powell gewarnt, dass das amerikanische Ansinnen das gesamte System der UN-Friedensmissionen in Gefahr bringe. Außerdem könne es den Sicherheitsrat in Misskredit bringen und den Status des neuen Weltgerichts untergraben, sollte es Amerikanern die geforderte Immunität gewähren.

      07.07.02, 10:45 Uhr Focus.de
      Avatar
      schrieb am 07.07.02 20:38:27
      Beitrag Nr. 184 ()
      "Schlag gegen Irak kommt in zwei Monaten"
      Interview mit dem US-Politologen Said Aburish

      WELT am SONNTAG: Herr Aburish, Sie haben viel beachtete Biografien über Jassir Arafat und Saddam Hussein geschrieben. Beide stehen auf der Abschussliste der Amerikaner. Was haben sie gemeinsam?
      Said Aburish: Beide hassen Amerika. Auch wenn Arafat behauptet, mit den USA zusammenarbeiten zu wollen. In Washington hat man seine Heuchelei und Unfähigkeit erkannt und Arafat gleich hinter Saddam auf Platz zwei der Abschussliste gesetzt.

      WamS: Wissen Sie, wann die ersten B-52 in Richtung Bagdad starten werden?
      Aburish: Die Amerikaner trainieren seit mehr als zwei Monaten intensiv für den Tag X, also für den Sturz von Hussein. Die Vorbereitungen dafür sind relativ weit fortgeschritten. Auf den US-Airbasen in Bahrain, Katar und Kuwait herrscht Hochbetrieb. In diesen Ländern geht man davon aus, dass es schon in den nächsten zwei Monaten losgeht.

      WamS: Wie werden die Amerikaner vorgehen?
      Aburish: Nachdem der kurdische Norden mehr oder weniger unabhängig ist, soll auch im Süden eine unabhängige Enklave geschaffen werden. Mit etwa 6000 Soldaten könnte ein größeres Gebiet erobert und aus der Luft verteidigt werden. Einheiten der regulären irakischen Armee sollen dann aufgefordert werden, sich der so genannten Rebellion gegen Saddam anzuschließen. Das von Saddamisten gesäuberte Gebiet, so die Pläne in Washington, würde langsam wachsen und damit der Druck auf Bagdad.

      WamS: Würden auch die Saudis mitspielen?
      Aburish: Kronprinz Abdullah kann es sich aus wirtschaftlichen und politischen Gründen nicht leisten, im Ernstfall die USA im Stich zu lassen.

      WamS: Welche Chancen haben die Amerikaner, Saddam endlich zu besiegen?
      Aburish: Im Gegensatz zu 1991, als die USA die Folgen eines Sturzes fürchteten, werden dieses Mal die möglichen Negativfolgen einfach vom Tisch gewischt. Das hat mit dem 11. September zu tun: Bush braucht einen wirklich großen Sieg, einen richtigen Triumph. Osama bin Laden wurde nicht gefasst. Saddam ist das größte Ärgernis der Amerikaner in der Region.

      Der US-Politologe Said Aburish gilt als einer der besten Kenner des Nahen Ostens. Das Interview führte Michael Wrase.
      Avatar
      schrieb am 07.07.02 20:53:29
      Beitrag Nr. 185 ()
      Ich glauber weder daß es in zwei Monaten los geht, noch das man einen Teil des Iraks mit 6000 Mann erobern kann.

      Ein Krieg gegen den Irak wird sich nicht wie in Afghanistan abspielen. Wenn die USA nur 6000 Mann aufbieten können, werden sie auf heftigen Widerstand des Iraks stoßen. Bei einem Scheitern könnte das gesamte Kriegsziel gefährdet sein.

      Um eine Chance auf Erfolg zu haben, benötigen die USA etwa 200000 Mann. FÜr deren Aufmarsch sind zwei Monate nötig. Der Krieg könnte also erst im September beginnnen. Diese Jahreszeit ist allerdings wenig für einen Krieg geeignet.

      Dazu kommt, daß im Herbst in den USA Parlamentswahlen sind. Ein Krieg könnte zwar die Stimmung zugunsten von Bush beeinflußen, eine solche Stimmung ist allerdings wenig stabil und könnte ins Gegenteil umschlagen, wie es bei seinem Vater zu sehen war. Ich glaube daher, daß der Krieg frühestens im Frühjahr nächstes Jahr beginnen wird.
      Avatar
      schrieb am 07.07.02 22:30:43
      Beitrag Nr. 186 ()
      menacher, lies doch bitte nochmal #167 nach. :)
      Was Du oder ich glauben interessiert den US-Regierungsclan nicht. Was also glaubt der gemeine Amerikaner?
      Avatar
      schrieb am 07.07.02 22:57:55
      Beitrag Nr. 187 ()
      07.07.2002 | 22:45
      "America`s Army" - The Official U.S. Army Game
      The United States Army
      Rekrutierungs-Informationen der US Army

      Rekrutierung am PC
      Die US-Army als Computerspiel

      Am 4. Juli, dem US-Nationalfeiertag, wurde im Internet ein Computerspiel freigeschaltet, das komplett vom Pentagon in Auftrag gegeben und finanziert wurde. In den nächsten Tagen soll es als Gratis-CD-ROM im großen Stil unters Volk gebracht werden. "America`s Army" ist der Versuch, schon bei Kindern Begeisterung für den Dienst auch an der richtigen Waffe zu wecken.

      Nie zuvor war das Soldatenspielen so lebensecht: Wer "America`s Army" spielt, muss erstmal eine Art virtueller Grundausbildung durchlaufen und sich dann nach Armeedienstgraden hochdienen. Die Produzenten des Spiels kennen sich bestens aus, denn sie entwickeln sonst für das Pentagon Kampfsimulatoren.

      "America`s Army" ist eine völlig neue Dimension der Sympathie- und Rekrutenwerbung für eine Armee. Kritiker sind entsetzt und fürchten, dass die positive und extrem realistische Darstellung des Tötens die Gewalt-Hemmschwelle der Jugendlichen auch im wirklichen Leben weiter herabsetzt.

      bis zum herbst, so die initiatoren, wird dieses spiel das video-spiel nummer 1 sein: amerikanische kultur für die welt.
      Avatar
      schrieb am 07.07.02 23:02:24
      Beitrag Nr. 188 ()
      @gewinnix

      So wie ich das sehe, ist der gemeine Amerikaner eher für den Krieg, ganz im Gegensatz zu den Leuten hier in Europa. Deswegen könnte ein Krieg natürlich Vorteile in der Wahl mit sich bringen.
      Allerdings ist dies eine äußerst riskante Strategie. Wenn irgend etwas schief geht, wenn sich die Erfolge nicht gleich einstellen, was zu erwarten ist, dann kann sich schnell die Stimmung gegen einen wenden und die Kritiker einer solchen Strategie gewinnen Oberhand.
      Deswegen glaube ich nach wie vor, daß Bush versuchen wird, zunächst eine breite Allianz zu schmieden. Dies scheint ihm noch nicht gelungen zu sein. Erst dann wird er zuschlagen.

      Ein Angriff mit einer kleineren Kampftruppe, etwa mit 6 - 20 Tausend Mann ist zu riskant. Ich glaube nämlich nicht, daß man sich im Süden des Irak bei der schiitischen Minderheit einnisten und dann auf eine Rebellion der Armee hoffen kann. Wäre es möglich Saddam zu stürzen, wäre es schon längst geschehn.

      Der Krieg gegen den Irak wurde von den Medien schon zu oft ausgerufen. Ich bin der Meinung, daß es in diesem Jahr nicht mehr passieren wird. Saddam könnte den Amis übrigens einen bösen Streich spielen und die Inspektoren wieder ins Land lassen.
      Avatar
      schrieb am 08.07.02 02:17:24
      Beitrag Nr. 189 ()
      Milosewic bekommt sein Plädoyer indenHAag von George W. Bush geschrieben:

      Er braucht bloß den mächtigsten ( und bedauerlicherweise zudem minderintelligenten) MAnn dieser Erde zu zitieren:

      Er bescheinigt soeben Milosewic, daß man vor dem Internationalen Gerichtshof für Menschenrechte nicht Recht gesprochen wird , sondern man der "Gefahr politischer oder willkürlicher Verfolgung ausgesetzt" ist.... :mad:



      INTERNATIONALER STRAFGERICHTSHOF

      Fischer ruft zu Kompromiss auf

      Außenminister Joschka Fischer (Grüne) hat die USA nachdrücklich zum Einlenken im Streit über den Internationalen Gerichtshof aufgerufen. Kritik an der US-Regierung wird aber aus allen politischen Lagern geübt.

      Berlin - Der Gerichtshof sei ein "Meilenstein des Völkerrechts", sagte Fischer bei einer Rede vor der parlamentarischen Versammlung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) am Samstag in Berlin.
      "Jetzt müssen wir alles daran setzen, effiziente und glaubhafte Arbeitsgrundlagen des Gerichtshofes sicher zu stellen", fügte er hinzu. Fischer erteilte der Forderung der US-Regierung nach Immunität für an UNO-Einsätzen beteiligte US-Bürger indirekt eine klare Absage. Eine Immunität für bestimmte Personengruppen würde Sinn und Zweck des Gerichtsstatutes zuwiderlaufen, sagte der Minister. Außerdem habe UNO-Generalsekretär Kofi Annan darauf hingewiesen, dass dies auch die Autorität der Vereinten Nationen (UNO) untergraben würde.

      Hintergrund: Eine Erpressung durch die USA

      Die USA drohen, UNO-Friedenseinsätze mit ihrem Veto im Sicherheitsrats zu blockieren, sollte im Streit um den Gerichtshof keine Lösung gefunden werden. Sie haben bereits die Verlängerung des Bosnien-Mandats in Frage gestellt. Am Donnerstag hatte der Sicherheitsrat den Einsatz um zunächst zwölf Tage verlängert, in denen eine Lösung gefunden werden soll.

      Der Internationale Gerichtshof in Den Haag kann Kriegsverbrechen verfolgen, die nicht in den Ländern geahndet werden, wo sie geschahen. Die USA führen als Gegenargument an, damit seien US-Bürger der Gefahr politischer oder willkürlicher Verfolgung ausgesetzt. :eek: :eek: Sie haben den Vertrag über den Gerichtshof anders als etwa die EU-Staaten nicht ratifiziert.

      Kritik an US-Regierung aus allen politischen Lagern


      Unterdessen haben Politiker aller Parteien die Blockadehaltung der USA gegenüber dem Internationalen Strafgerichtshof und der UN- Friedensmission in Bosnien kritisiert. Kritik übte auch der im Unions-Wahlkampfteam für Außen- und Sicherheitspolitik zuständige frühere CDU-Chef Wolfgang Schäuble, SPD-Fraktionschef Peter Struck und die Grünen-Wehrexpertin Angelika Beer.

      Schäuble mahnte in der "Welt am Sonntag": "Wir müssen die gegenwärtigen Dissonanzen im transatlantischen Verhältnis ernst nehmen, denn es geht um mehr als die völkerrechtliche Beurteilung des Internationalen Strafgerichtshofs und seiner Möglichkeiten." Der frühere FDP-Außenminister Klaus Kinkel forderte, den amerikanischen Freunden offen zu sagen, dass ihre Entscheidung "unser Verhältnis zu den USA belastet". Die Verteidigungsexpertin der Grünen, Beer, befürchtet eine Zäsur im Verhältnis zu den USA. Diese Krise im transatlantischen Verhältnis gefährde die weltweite Stabilität, sagte sie der "Welt am Sonntag".

      Struck verurteilte in demselben Blatt das Verhalten der USA. Sollten die USA an ihrem Veto festhalten, könnte der Bundestag in der Sommerpause zu einer Sondersitzung zusammenkommen, um die deutsche Beteiligung an einem NATO-Einsatz ohne neues UN-Mandat und ohne die USA zu beschließen.

      Politikwissenschaftler: Powell wurde demontiert

      Im Streit mit den USA haben die Europäer nach Ansicht des Politikwissenschaftlers Bernhard May professionell reagiert. "Endlich haben mal alle mit einer Stimme gesprochen", sagte der Experte von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik in einem Gespräch mit der Deutschen Presseagentur. "Das hat die Grundlage für einen Kompromiss geschaffen."


      May führt die Haltung der USA auf interne Abstimmungsprobleme zurück. "Da waren nicht die Außenpolitiker am Werk", sagte er. Vermutlich hätten sich Verteidigungsminister Donald Rumsfeld und Justizminister John Ashcroft gegen Außenminister Colin Powell durchgesetzt. "Powell wurde regelrecht demontiert", meinte May. "Innenpolitisch hat die US-Regierung Punkte gemacht, aber außenpolitisch ist es ein Riesenschaden."


      Spiegel.de
      Avatar
      schrieb am 08.07.02 03:11:34
      Beitrag Nr. 190 ()
      02.07.2002 10:11

      Streit um Strafgericht


      Die Machtprobe

      Selten standen sich Amerika und Europa so unversöhnlich gegenüber wie im Streit um das Weltgericht.

      Von Stefan Ulrich



      (SZ vom 02.07.02) Der showdown im New Yorker Sicherheitsrat der Vereinten Nationen kam plötzlich, aber nicht unerwartet. Nach wochenlangem Vorgeplänkel legten die Vereinigten Staaten wenige Stunden vor der Geburt des Internationalen Strafgerichtshofs ihr Veto gegen eine Verlängerung der UN-Mission in Bosnien ein, stellten sich damit frontal gegen ihre Verbündeten in Europa und isolierten sich in der Völkergemeinschaft. Sogar Russland und China, die das entstehende Weltgericht selbst skeptisch betrachten, votierten gegen Washington. Der amerikanische Botschafter bei den Vereinten Nationen, John Negroponte, drohte dennoch damit, die Blockade über Bosnien hinaus auf alle UN-Missionen auszudehnen. Schließlich gehe es ums Prinzip.

      Diplomaten können sich an keinen Fall erinnern, in dem die USA im höchsten UN-Gremium selbst mit engsten Freunden wie Großbritannien derart aneinander geraten sind. Die Amerikaner machten außergewöhnlich Druck, meint ein europäischer Vertreter. „So geht man unter Verbündeten nicht miteinander um.“ Die US-Regierung wolle wohl der Welt ihre Macht demonstrieren und zeigen, dass sie sich niemals einem multilateralistischen System unterwerfe, ergänzt ein anderer Diplomat. Und William Pace, der Chef einer weltweiten Allianz von Nichtregierungs-Organisationen zugunsten des Internationalen Strafgerichtshofes, sagt: „Die Vereinigten Staaten sind auf das unterste Niveau ihrer moralischen und politischen Führerschaft in den Vereinten Nationen gesunken.“

      Die UN haben derzeit weltweit 45000 Soldaten und Polizisten bei 15 Friedensmissionen im Einsatz. Etwa 700 davon sind Amerikaner. Washington fordert ultimativ Immunität für alle seine Soldaten vor dem neuen Völkertribunal, das gerade in Den Haag aufgebaut wird. Die USA drohen damit, sonst nach und nach alle UN-Missionen zu stoppen und ihren erheblichen Finanzierungsanteil an der weltweiten UN-Friedenssicherung einzubehalten. Die Verfechter des Internationalen Strafgerichtshofs, darunter Deutschland und die ständigen Sicherheitsrats-Mitglieder Frankreich und Großbritannien, wollen den Amerikanern aber keine Sonderrechte einräumen. Sie befürchten, das Tribunal könnte sonst gleich am Anfang seine Glaubwürdigkeit verlieren. Jetzt bleibt noch bis Donnerstag Zeit, den Konflikt zu lösen oder wenigstens abzuschwächen. Bis dahin gewährte Washington der Bosnien-Mission eine „technische“ Frist.

      Eine tragfähige Einigung scheint kaum mehr erreichbar

      Während nun zwischen den Hauptstädten rastlos verhandelt wird, herrscht in New York weitgehend Funkstille zwischen den Lagern. „Die Amerikaner reagieren nicht mehr auf rationale Argumente“, klagen Diplomaten. „Deswegen ist es so schwer, gegen sie anzugehen.“ Eine tragfähige Einigung scheint kaum mehr erreichbar zu sein. Zu unversöhnlich stehen sich beide Seiten gegenüber. „Mit unserer weltweiten Verantwortung sind und bleiben wir ein besonderes Ziel, und wir können unsere Entscheidungen nicht durch einen Gerichtshof kritisieren lassen, dessen Rechtsprechung wir nicht anerkennen“, sagte US-Botschafter Negroponte. „Wir verstehen die amerikanischen Bedenken über das Gericht, aber wir teilen sie nicht“, konterte sein britischer Kollege Jeremy Greenstock.

      Gerade die Briten bereiten manchen Gerichtshof-Freunden allerdings gewisse Sorgen. Die Befürworter eines starken Weltgerichts fürchten, die traditionellen angelsächsischen Bindungen könnten London zum Einknicken gegenüber Washington bringen. Doch dafür spricht bislang wenig. Britische Regierungsvertreter sprachen sich am Montag jedenfalls eindeutig für die europäische Linie aus. Nur die oppositionellen Tories forderten, London müsse sich genauso wie Washington sorgen, dass terroristische Organisationen das Tribunal zu Propagandazwecken missbrauchen könnten.

      Peinlich für die Europäer ist allerdings, dass britische Unterhändler im vergangenen Jahr mit der afghanischen Übergangsregierung vereinbarten, ausländische Soldaten der Afghanistan-Schutztruppe im Falle von Kriegsverbrechen nicht an internationale Gerichte zu übergeben. Die Amerikaner werfen den Europäern deshalb Heuchelei vor, die Briten sprechen dagegen von einem „diplomatischen Unfall“ in einer verworrenen Situation.

      Die Diskussion im Sicherheitsrat dürfte davon kaum beeinflusst werden. Als Kompromisslösung wurde bereits vorgeschlagen, dass Staaten wie Bosnien, in denen Amerikaner eingesetzt sind, Washington zusagen, keine US-Bürger an Den Haag zu überstellen. Denkbar wäre auch, dass die Polizeimission der Vereinten Nationen in Bosnien formal beendet und dann unter anderem Namen von den Europäern weitergeführt wird. Doch die Vereinigten Staaten wischten bisher alle Vorschläge der Europäer vom Tisch.

      Notfalls die gesamte UN-Friedenspolitik lahmlegen

      Daher ist nun zu befürchten, dass der Streit weiter eskaliert. Aus New York ist zu hören, die US-Regierung sei bereit, notfalls die gesamte Friedenspolitik der Vereinten Nationen lahm zu legen. Die Tauben um US- Außenminister Colin Powell hätten nichts mehr zu sagen, die Lufthoheit liege bei den rechtskonservativen Falken. In dieser Lage bleibe den EU-Staaten am Ende womöglich nichts anderes übrig, als nachzugeben. Ein Gesichtsverlust sei dies aber nicht, heißt es bei den UN. „Denn die Europäer haben immerhin demonstriert, dass Amerika die Welt erpresst.“
      Avatar
      schrieb am 08.07.02 03:14:04
      Beitrag Nr. 191 ()
      Avatar
      schrieb am 08.07.02 10:14:36
      Beitrag Nr. 192 ()
      Die USA und der Irak

      Florian Rötzer 08.07.2002 heise telepolis
      Abbruch der UN-Verhandlungen über Waffeninspektionen, neue Angriffspläne des Pentagon, der Irak setzt auf veränderte Einstellung der arabischen Staaten zu den USA

      Die US-Regierung stand den Verhandlungen mit dem Irak über eine Wiederaufnahme der Waffeninspektionen von Anfang an kritisch gegenüber. Ein Einlenken von Saddam Hussein hätte möglicherweise zur Folge gehabt, dass der zumindest seit dem 11.9. geplante Angriff auf den Irak als dem Kern der "Achse des Bösen" nicht mehr so leicht zu legitimieren gewesen wäre. Es mag daher kein Zufall sein, wenn der vorläufige Abbruch der Verhandlungen zwischen der UN und dem Irak mit dem Bekanntwerden eines neuen Angriffsplans einhergeht.

      Kofi Annan, natürlich betont optimistisch, erklärte zum vorläufigen Abbruch der Verhandlungen am Freitag in Wien, dass die Gespräche "konstruktiv" verlaufen seien. Es habe auch Bewegung gegeben, wenn auch nicht ausreichend. Weitere Gespräche wurden für die nächsten Monate angekündigt. Jo-Anne Prokopowicz, die Sprecherin des US-Außenministeriums, zeigte sich nicht verwundert über das Scheitern der Gespräche: "Die irakischen Gesandten bringen immer neue Probleme auf, um die Konzentration aud die Kernverpflichtungen zu verhindern und hinauszuschieben. Wir sehen keine Grundlage oder keine Notwendigkeit für weitere Verhandlungen über die Verpflichtungen Iraks."

      Strategisch zumindest scheinen sich hier die Interessen der US-Regierung mit denen der irakischen Führung zu treffen. Die Wiederaufnahme der Überprüfung von möglichen Produktionsstätten für und Lagern von Massenvernichtungswaffen würde einen Angriff nicht nur hinausschieben, sondern könnte auch daraus hinauslaufen, dass keine Massenvernichtungswaffen gefunden werden ( Biowaffen im Irak weiter eine Gefahr?). Damit würde das Hauptargument für einen amerikanischen Angriff zusammenbrechen, da eine direkte Verbindung zwischen al-Qaida und der irakischen Regierung bislang nicht nachgewiesen werden konnte ( Die erweiterte Achse des Bösen lenkt ein). Ein Indiz für die Haltung der US-Regierung ist etwa der geglückte Versuch, den Brasilianer Jose Bustani als Chef der Organisation for the Prohibition of Chemical Weapons (OPCW) abzusetzen, weil dieser darum bemüht war, den Irak von Inspektionen zu überzeugen ( Abwahl ohne Wahlen).

      Der Irak bindet eine Zulassung von UN-Inspektoren an eine Aufhebung der Sanktionen, die nach dem Einmarsch in Kuweit verhängt worden sind. Das ist aber eigentlich nur möglich, wenn zuvor von den Inspektoren bestätigt worden ist, dass der Irak keine Massenvernichtungswaffen besitzt oder produzieren kann. Überdies soll Saddam Hussein dei Wiederaufnahme auch daran binden, dass die USA von ihren Angriffs- und Umsturzplänen Abstand nehmen. Für Saddam Hussein bedeutet das Hinausschieben der Verhandlungen möglicherweise einen Zeitgewinn, der zur Vorbereitung auf einen Angriff und auch möglicherweise für eine Aufrüstung mit Massenvernichtungswaffen genutzt werden kann. Kurz vor einem Angriff könnte man dann doch nachgeben und UN-Inspektoren Zutritt gewähren, um so die Position der USA Schaden zuzufügen.

      Der Irak hatte, wahrscheinlich die Clinton-Affäre ausnutzend, 1998 die Arbeit der UNSCOM (United Nations Special Commission), die die Vernichtung der Massenvernichtungsmittel überwachen soll, immer stärker behindert ( Der Konflikt mit dem Irak spitzt sich zu). Der Vorwurf war, dass die USA den Irak über dei Inspektoren ausspionieren wolle. Schon 1997 wurden erstmals amerikanische Inspektoren ausgewiesen. Man habe bereits alle ehemaligen Produktionsorte genannt, die Waffen seien vernichtet. Der Irak hatte aufgrund von Enthüllungen zugeben müssen, vor dem Golfkrieg große Mengen an Anthrax (Milzbrand), Botulinustoxin und Afloxitin hergestellt und diese Gifte in Scud-Raketen und andere Geschoße gefüllt zu haben. Mindestens hundert Raketen waren mit dem Botulinustoxin, 50 mit Anthrax und 16 mit Aflatoxin gefüllt. Zudem wurden bemannte und fernsteuerbare Fluggeräte als Tanks umgebaut, mit denen sich bis zu 2000 Liter Anthrax versprühen lassen konnten. Nach Beendigung der UN-Inspektionen hatten die USA und Großbritannien Ende 1998 einen Militärschlag unter dem Titel "Operation Wüstenfuchs" gegen den Irak durchgeführt. Die Bombardierung von militärischen Zielen dauerte einige Tage und galt als Strafaktion, um Hussein zu zwingen, Inspektionen wieder ungehindert ausführen zu lassen.


      Massiver Militärschlag


      Seit den Attentaten vom 11.9. und vor allem nach dem Sieg über das Taliban-Regime in Afghanistan erwägt die US-Regierung einen Angriff gegen den Irak. Dagegen wurde bekanntlich nicht nur Widerstand im Ausland laut, sondern selbst das US-Militär warnte vor einem solchen Angriff, der die Kapazitäten überfordern würde und mit ganz anderen Bedingungen rechnen müsste, als dies in Afghanistan der Fall war ( US-Militär rät von baldigem Angriff auf den Irak ab). Der Nahost-Konflikt band die Energien, Uneinigkeit aber herrschte auch über die Strategie. Offenbar verfolgte man zunächst eine ähnliche Strategie wie in Afghanistan, aber ließ davon wieder ab, weil es im Irak keine mit der Nordallianz vergleichbare oppositionelle Streitkräfte gibt und überdies die militärische Macht des Irak zahlenmäßig, technisch und organisatorisch sich erheblich von der des Taliban-Afghanistan unterscheidet.

      Die New York Times gab am Freitag Einzelheiten über ein Dokument mit fortgeschrittenen Planungen des Hauptkommandos in Tampa unter dem Titel "CentCom Courses of Action" für eine Angriffstrategie bekannt, die allerdings teilweise schon am 23. Juni von der Los Angeles Times bekannt gemacht wurden, allerdings unter dem Titel: "Polo Step". Wieder einmal kamen die Informationen von einer anonymen Person, die Kenntnis davon habe. Nach diesem Plan, der zumindest zeigt, dass Vorbereitungen weiter betrieben werden, auch wenn die US-Regierung weiterhin konkrete Absichten abstreitet, soll der Irak von drei Seiten aus mit Hunderten von Flugzeugen, die in umliegenden Ländern und Flugzeugträgern stationiert sind, und mit bis zu 250.000 Soldaten von Kuwait aus angegriffen werden. Bombardiert werden sollen genau aufgeführte Militärstützpunkte, Luftabwehrstellungen und Glasfaserkabel. Detailliert angegeben seien auch die eigenen Waffenbestände, Zeitpläne für den Einsatz der Truppen und organisatorische Lösungen für die Aufklärungsarbeit und die Kooperation der Geheimdienste. Vieles aber werde auch in dem Dokument nicht näher ausgeführt, was heißen könnte, dass es sich erst um Planungsansätze handelt oder dass weitere Pläne in anderen geheimen Plänen zu finden sind.

      Die US-Regierung hat zwar jeden Kommentar zu diesem Plan verweigert, der in Form von zahlreichen Dias existieren soll, aber schon der Hinweis im New York Times Artikel, dass "officials" gesagt hätten, weder Bush noch Rumsfeld oder die Führung des Militärs hätten Kenntnis von dem Plan, weckt das Misstrauen und stärkt die Vermutung, dass die US-Regierung oder das Pentagon mit den angeblich durchgesickerten Informationen eher die Reaktionen testen wollen. Das Pentagon erklärte lediglich, dass man stets Einsatzpläne aktualisiere. Gleichwohl wies die New York Times auf aktuelle Zeichen der Kriegsvorbereitung hin. So seien nicht nur viele Soldaten bereits in der Region stationiert, sondern würden hier auch Stützpunkte weiter ausgebaut. Die Luftwaffe soll die Lager mit Waffen, Munition und Ersatzteilen in den USA und in der Region auffüllen.

      Wie die Sunday Times erfahren haben will, habe das britische Verteidigungsministerium 30.000 Soldaten, 50 Kampfjets und einen Flugzeugträger sowie andere Kriegsschiffe dem Pentagon für einen Angriff auf den Irak zugesagt, der vermutlich nächstes Jahr stattfinden werde. Das britische Verteidigungsministerium wies den Bericht als "spekulativ" zurück, bestätigte aber, dass Großbritannien weiterhin eng mit der US-Regierung im Kampf gegen den Terrorismus zusammen arbeiten werde.


      Einsatz von Massenvernichtungswaffen: Hussein hat nichts zu verlieren


      Wenn denn die US-Regierung tatsächlich militärisch gegen den Irak vorgehen will, um das Regime von Saddam Hussein durch eine andere Regierung zu ersetzen, dann dürfte dies bei aller Vorbereitung mit einem Überraschungsangriff beginnen. Sollte jedoch Saddam Hussein tatsächlich noch oder wieder über biologische, chemische oder nukleare Massenvernichtungswaffen verfügen, dann müssten die USA damit rechnen, dass er sie dieses Mal auch einsetzen könnte, weil er nichts mehr zu verlieren hätte. Auch wenn in der aktuellen Angriffsplanung alle bekannten Lager- und Produktionsorte für Massenvernichtungswaffen - möglicherweise auch kleinen Atombomben ( Mini-Nukes gegen Schurkenstaaten) - zerstört werden könnten, ließe sich nicht ausschließen, dass es auch unbekannte oder mobile Labors oder Raketen wie Scuds gibt, die unentdeckt bleiben und eine Bedrohung darstellen.

      Wenn die Jagd auf Saddam Hussein beispielsweise dazu führen würde, dass Bombardierungen nicht ausreichen, sondern Bodentruppen Bagdad durchkämmen müssten, könnte ein solcher Straßenkampf nicht nur sehr viele Opfer kosten, sondern man müsste auch damit rechnen, dass jeder Zeit ein Angriff mit chemischen oder biologischen Waffen erfolgen könnte, selbst wenn dadurch zahlreiche irakische Zivilisten gefährdet würden.

      Noch einfacher aber wäre es, Scud-Raketen, wie bereits im Golfkrieg geschehen, aber dieses Mal gefüllt mit gefährlichen biologischen Pathogenen oder Erregern oder eine "schmutzige Bombe", die nukleares Material enthält, nach Israel oder auf amerikanische Stützpunkte in den benachbarten Ländern abzufeuern. Damit würden weitere Länder in den Konflikt mit hinein gezogen, was die Bevölkerung gegen die USA aufbringen könnte. Wenn überdies Israel daraufhin militärisch zurückschlagen oder sich am amerikanischen Angriff, der angewiesen wäre auf Unterstützung der umliegenden arabischen Länder, beteiligen würde, könnte die gesamte Region zum Zündfass werden.

      US-General John Jumper versicherte in Abu Dhabi nach den Gulf News, dass die USA die Länder der Vereinigten Arabischen Emirate über Angriffspläne auf den Irak informieren werden. Man werde aber einen Angriff auch dann fortsetzen, wenn eine Regierung nicht wünsche, dass das Land als Stützpunkt verwendet wird. Man könne auch Stützpunkte in anderen Ländern nehmen.


      Der Irak setzt auf Unterstützung aus der arabischen Welt


      Der stellvertretende irakische Ministerpräsident Tarik Aziz, der gerade Südafrika besucht, sagte, dass die irakische Regierung Kenntnis von den Angriffsplänen der USA habe: "Wir wissen, dass sie sich vorbereiten, den Irak anzugreifen, aber ich habe keine Angst. Wir sind gut darauf vorbereitet, unser Land zu schützen, unsere Unabhängigkeit zu schützen und unsere Würde zu bewahren." Aziz zeigte sich überzeugt davon, dass derjenige in der arabischen oder in der Dritten Welt, der die Amerikaner bekämpft, in den Augen seines Volkes stärker werde. Daher werde es keine andere Führung im Irak geben. Der Irak hat inzwischen bessere Beziehungen zu anderen arabischen Ländern und Handelsabkommen mit dem Oman, Saudi-Arabien, Algerien, Katar, Ägypten, Tunesien, Jemen, Sudan und Syrien abgeschlossen.

      Natürlich beschuldigte der irakische Außenminister Nadschi Sabri, der gerade Haider in Kärnten besucht hatte, die USA, für den Abbruch der Verhandlungen verantwortlich zu sein. Sabri beschuldigte die US-Regierung, nur wegen des geplanten Angriffs auf die Rückkehr der UN-Inspektoren zu bestehen. Die sollen nämlich aktuelle Informationen liefern. Einen Angriff bezeichnete er als "kolonialistische Träume der bösen Führer in Washington".

      Auch der Udai, der älteste Sohn von Saddam Hussein und Besitzer der Zeitung Babil, hat in einem Artikel dieser Zeitung unter dem Pseudonym Abu Hatem am Sonntag versucht, Stimmung zu machen. Man sei darauf vorbereitet, den Irak gegen jeden Angriff der USA zu verteidigen. Die USA wollten nicht nur den Irak angreifen, sondern auch Saudi-Arabien und die umliegenden Länder destabilisieren. Nach Udai hätten die USA vor, Jordanien zum Land für die Palästinenser zu machen, während Saudi-Arabien in drei Teile geteilt werden und Bahrein zu Persien kommen soll. "In Saudi-Arabien beginne man jetzt die irakische Regierung zu verstehen. Der Irak werde Saudi-Arabien auch militärisch unterstützen: "Ein einziger Telefonanruf oder ein einziges Signal nach Bagdad, und sie würden sie uns bereit finden, mit allen unseren Kräften die saudische Regierung und das saudische Volk gegen jeden zu unterstützen, der dieses Land zu entzweien sucht."
      Avatar
      schrieb am 08.07.02 23:12:31
      Beitrag Nr. 193 ()
      Das Interview: "Amerika will die Welt beherrschen"
      Und das erklärt die Regierung auch jedem, der es hören will. Doch das will derzeit keiner, glaubt Noam Chomsky, der Maverick unter Amerikas Intellektuellen. Denn diese, so Chomsky, ordnen sich in blindem Patriotismus der Macht unter


      DIE WELT: Ihr kleines Buch "9/11" ist eigentlich gar kein richtiges Buch, besteht aus - ehrlich gesagt - ziemlich ungeordnet zusammengestellten Interviews mit europäischen Zeitungen, manche wurden nur per E-Mail geführt. Als großen Wurf würden Sie es wohl auch selbst nicht beschreiben. Doch es hat einen ungeheuren Erfolg. Wie erklären Sie sich das?

      Noam Chomsky: Was den Leuten hier in den USA von den Medien angeboten wird und woran sie interessiert sind, unterscheidet sich sehr. Der Erfolg des Buches ist auf diese deutliche Diskrepanz zwischen der Meinung der Allgemeinheit und der Elite bei vielen Themen zurückzuführen. Denn diese Menschen, die Mehrheit der Bevölkerung, sind verständig und interessiert an Dingen, die nicht bis zu ihnen vordringen.

      DIE WELT: Fehlt in den USA eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem 11. September?

      Chomsky: Die Intellektuellen ordnen sich immer der Macht unter. Das ist so ähnlich wie in Deutschland oder England während des Ersten Weltkriegs, als sich die Intellektuellen sofort patriotisch zeigten. Das ist die normale Haltung der Intellektuellen. Aber das ist nicht notwendigerweise auch die Einstellung der Bevölkerung.

      Die USA sind eine introvertierte Gesellschaft - man weiß nicht viel über den Rest der Welt und kümmert sich auch kaum darum. Der 11. September hat viele Menschen zum Nachdenken gebracht, und plötzlich meinen viele, wir sollten unsere Aufmerksamkeit auf den Rest der Welt lenken, die Rolle, die wir darin spielen, und wie so etwas geschehen kann.

      DIE WELT: Fast täglich wird in den USA vor neuen Anschlägen gewarnt. Es passiert allerdings wenig, und Kritiker meinen, die Bush-Administration benutze die Angst der Bevölkerung, um ihre Agenda durchzudrücken.

      Chomsky: Es ist völlig klar, dass fast jede Regierung in der Welt den 11. September als Gelegenheit zu nutzen versuchen würde, um die repressivsten Maßnahmen durchzusetzen, mit denen sie durchkommen kann. So hat Russland die schrecklichen Grausamkeiten in Tschetschenien verschärft, in der Annahme, dass die USA sie unterstützen.

      In den USA war es das Bestreben, zum Gehorsam aufzurufen und Maßnahmen durchzusetzen, von denen die Regierung weiß, dass die Bevölkerung sie eigentlich ablehnt. Als eines der ersten Dinge verlangten sie vom Kongress die Autorisierung für Handelsabkommen, im Stile des Kreml, keine Beaufsichtigung durch den Kongress beim Krieg gegen den Terrorismus und eine Kürzung der Kapitalgewinnsteuer.

      DIE WELT: Doch gibt es nicht noch eine reale Bedrohung der USA?

      Chomsky: Die Bedrohung ist sehr real. Tatsächlich habe ich schon vor dem 11. September darüber geschrieben. Wissen Sie, wie viel Mühe es kosten würde, in New York eine Atombombe zu zünden? Das könnten wahrscheinlich sogar Sie. Man könnte die Teile über die kanadische Grenze herschaffen. Jeder, der ein minimales technisches Verständnis hat, kann das.

      DIE WELT: Erwarten Sie weitere Anschläge?

      Chomsky: Das würde mich nicht überraschen. Aber wenn irgendjemand ernsthaft daran interessiert ist, diese Wahrscheinlichkeit zu reduzieren, tut er genau das, was die Intellektuellen zu Wutanfällen treibt: Er sieht sich die Gründe an. Doch sowie man das ausspricht, werden linksliberale Intellektuelle hysterisch und sagen, dass man den Terror rationalisiert. Man rationalisiert den Terror nicht. Aber wenn man vernünftig ist, untersucht man die Gründe.

      DIE WELT: Sie zielen auf den Widerhall von Bin Laden in der arabischen Welt ab?

      Chomsky: Al Qaida ist ziemlich deutlich. Ihr Ziel ist es, die Ungläubigen aus den moslemischen Ländern zu vertreiben und eine strenge Form des extremistischen Islamismus einzuführen. Im Fall von Afghanistan haben sie, solange die Russen in Afghanistan waren, in Russland Terroranschläge durchgeführt. Als die Russen sich aus Afghanistan zurückzogen, beendete das die Anschläge. Nicht weil sie die Russen lieben, sie hassen die Russen. Sie sehen keinen Unterschied zwischen Russen und Amerikanern. Was die USA betrifft, so haben sie sich gegen sie gewendet, als die USA - aus ihrer Sicht - Saudi-Arabien besetzten.

      DIE WELT: Sich aus Saudi-Arabien zurückzuziehen wäre also eine vernünftige Reaktion auf den 11. September?

      Chomsky: Ich sage nicht, dass wir den Befehlen Bin Ladens folgen sollten. Sie haben gefragt, was er will. Die Frage, die Bush aufgebracht hat, ist doch die: Warum hassen sie uns, obwohl wir von Grund auf gut sind? Als Intellektueller hat man eine Antwort darauf. Sie hassen uns, weil sie schlechte Erbanlagen haben oder weil sie sich im Mittelalter irgendwie nicht modernisiert haben oder weil sie unsere Freiheit und Großartigkeit verabscheuen. Wir sind großartig. Sie hassen uns. Aha, ich verstehe. Das ist die offizielle Antwort.

      Wenn man irgendetwas verstehen will, muss man diesen ganzen Unsinn über Bord werfen. Es gibt eine Studie über "vermögende Moslems" - Banker, Akademiker, Manager. Sie hassen Bin Laden, und sie haben Angst vor ihm. Und doch beschreiben sie ihn als das Gewissen des Islam. Sie sagen, dass es gute Gründe dafür gibt, dass er Anklang findet: Die USA unterstützen Regimes, die korrupt und brutal sind, die Demokratie und Fortschritt ablehnen.

      DIE WELT: Was wäre die Alternative zur Kampagne gegen den Terror?

      Chomsky: Eine Kampagne gegen den Terror wäre eine großartige Idee! Ich bin sehr dafür. Das Erste, Offensichtlichste, was man tun müsste, wäre, damit aufzuhören, sich am Terror zu beteiligen. Das ist die einfachste Art, den Terror zu reduzieren. Wenn die USA, Großbritannien, Deutschland und andere aufhören würden, sich am Terror zu beteiligen, wäre viel getan.

      Betrachten wir die Länder, in denen ich gerade gewesen bin, die Türkei und Kolumbien: In der Türkei lebt ungefähr ein Viertel der Bevölkerung, die Kurden, in einem fürchterlichen Verlies, leidet unter brutalsten Repressionen. Der Hauptzulieferer der Waffen dafür waren die USA, an zweiter Stelle stand Deutschland. Das ist Teilnahme am Terror, und es geschieht noch immer. Nehmen wir Kolumbien. Früher war die Türkei der Hauptempfänger von militärischen Lieferungen. Jetzt ist es Kolumbien. Warum? In der Türkei hat der Terror gesiegt. In Kolumbien hat er das nicht, deswegen steht es jetzt ganz oben auf der Liste. Hier kommt alles aus den USA, unter dem trügerischen Vorwand von Drogen. Der erste Schritt bei der Reduzierung des Terrorismus ist es, sich nicht weiter selbst zu beteiligen. Das schaltet automatisch einen großen Teil davon aus. Es beendet nicht die Al Qaida und eine Menge anderen Terrorismus. Dann muss man die Gründe für den Terror untersuchen.

      DIE WELT: Warum sträubt sich die US-Regierung gerade so gegen die Teilnahme an Friedensmissionen? In Afghanistan hat sie es anderen überlassen, und jetzt stellt sie auch ihr Balkan-Engagement infrage.

      Chomsky: Sie wollen keine Friedenstruppen. Aus einem einfachen Grund: Man bezahlt kein Geld, um anderen Menschen zu helfen. Man tut Dinge aus eigenem Interesse. Und die Interessen der USA sind nun einmal anders als die europäischen Interessen.

      DIE WELT: Es gibt also keine langfristige Strategie für problematische Länder?

      Chomsky: Natürlich gibt es eine langfristige Strategie. Und es ist eine sehr vernünftige, aus ihrer Sicht: die Weltherrschaft. Das sagen sie ganz deutlich. Was war die Reaktion, als der saudi-arabische Kronprinz Abdallah auftauchte und sagte, in der arabischen Welt werdet ihr Ärger bekommen? Sie sagten: Guckt, was wir in der Operation "Desert Storm" gemacht haben. Und jetzt guckt, was wir in Afghanistan getan haben. Wir sind zehn Mal so stark wie in "Desert Storm".

      Afghanistan sollte ein Beispiel dafür sein, was passiert, wenn man den Mund aufmacht: Man wird zermalmt. Das sagen sie, nicht ich. Und sie haben die Macht, das auch zu tun. Was in Afghanistan erreicht wurde, war nicht so sehr Afghanistan selbst. Aber zum ersten Mal haben die USA einen bedeutenden Militärstützpunkt in Zentralasien - das ist wichtig!

      DIE WELT: Sie sind einer der wenigen verbliebenen scharfen Kritiker an der Politik des Präsidenten. Doch wer ist der Mensch George Bush?

      Chomsky: George Bush ist ein Produkt der Öffentlichkeitsarbeit. Er wurde erschaffen, um einem bestimmten Bild zu entsprechen. Man hat versucht, einen elitären Privatschüler aus Yale zu einem gewöhnlichen Typen aus Texas zu machen. So funktioniert hier die Politik. Und die Allgemeinheit weiß das. Das ist ein Grund dafür, warum die Öffentlichkeit die letzten Wahlen fast gänzlich ignoriert hat. Die Öffentlichkeit ist sehr zynisch, denn sie ist realistisch.

      Bush versteht wahrscheinlich selbst die Worte nicht, die er vorliest. Sein Vater tat das. Doch er nicht. Aber er vertritt bestimmte Kräfte. Man muss sich nur die Leute um ihn herum ansehen. Die meinen das, was sie sagen. Sie meinen, dass sie die Macht haben, die Welt mit Gewalt zu kontrollieren; und wenn dir das nicht passt, kommst du in Schwierigkeiten. Das meinen sie wirklich. Und die Welt sollte Angst vor ihnen haben.


      Der populäre Aussenseiter
      Keine Visitenkarten, nicht einmal einen Briefkopf mit seinem Namen gibt es in seinem Büro. Dabei ist der Linguistik-Professor Noam Chomsky ein gefragter Mann. Vor der WELT besucht ihn ein südkoreanisches Fernsehteam in seinem kleinen Kabuff am Massachusetts Institute of Technology in Cambridge bei Boston, danach kommt eine iranische Delegation. Der 73-Jährige ist inzwischen zu der Ikone der Globalisierungskritiker geworden. Sein neuestes Buch "9/11" ist ein Unikum in den USA. Es gibt der US-Politik eine Mitschuld am 11. September und ist dennoch mit rund 200 000 verkauften Exemplaren unglaublich populär. Mit Chomsky sprach Jakob Menge.


      @menacher
      An eine billige Inszenierung (Soap) hab ich auch schon gedacht. Das passt irgendwie nicht zu den Bushmännern.
      Avatar
      schrieb am 09.07.02 08:13:17
      Beitrag Nr. 194 ()
      AMERIKAS ARMY

      Hoffen auf die Gehirnwäsche

      Hier zu Lande führen solche Thesen zu hitzigen Debatten, in den USA sieht man die Sache so relaxed wie pragmatisch: Ego-Shooter, glaubt man dort, machen Kids heiß aufs Ballern. Eine ideale Art der Nachwuchswerbung, meint die US-Army.



      Americas Army: Spielt man das Rekrutierungsspiel im Netzwerk, sieht man sich selbst immer als GI


      Seit gestern ist es so weit: Die US-Armee hat mit ihrer neuesten Rekrutierungskampagne begonnen. So etwas gibt es regelmäßig, doch interessiert es normalerweise niemanden. Ziemlich uneffektiv sind die Bemühungen von Armeen in aller (reichen) Welt, Nachwuchs für einen Beruf zu bekommen, der gerade heute ganz spezifische Risiken mit sich bringt.
      Erschossen oder in die Luft gesprengt zu werden, zum Beispiel: irgendwo in der Welt, wo es gerade brennt. Nato-Soldaten kommen herum, und das gilt ganz besonders für die Soldaten der US Army.

      Deren Soldaten standen in der Vergangenheit im wenig schmeichelhaften Ruch, viel Kampfkraft und Muskelmasse, aber wenig Intelligenz mitzubringen. Dabei wünscht sich das die Army durchaus anders: Noch mehr Kampfkraft und Muskelmasse, kombiniert mit Intelligenz, zum Beispiel.

      Die hofft man dadurch anzuwerben, dass man direkt an die Computer-Kids geht: Schon Anfang der Achtziger erkannte Alexander Haig, das am Rechner genau die Fähigkeiten trainiert werden, die moderne Soldaten
      ...und den Gegner als "Terrorist": Jeder ist also "gut", der Rest eine Frage der Perspektive


      brauchen. Reaktionsschnelligkeit zum Beispiel, aber auch vernetztes Denken: Der moderne Krieg kennt keine Schlachten mehr, sondern lebt von und tötet mit kleinen, agilen Einsatzteams, die wie weiland nur Guilleros ihre schnellen Attacken vorbringen, gestützt auf allerlei digitales Hilfsgerät. Ganz wie am Rechner, wo sich Terroristen und Soldatentrupps etwa bei Counter Strike auch fast nur noch an Äußerlichkeiten unterscheiden lassen.

      Das, entschied man bei der Army, ist doch ideal: Ego-Shooter sind realitätsnah, trainieren die "richtigen" Eigenschaften und Reflexe, wirken auf manche regelrecht suchtbildend und stehen im Ruf, aggressives Verhalten auslösen zu können. Was für ein Instrument der Aus- und Weiterbildung, aber auch der Anwerbung neuer Rekruten.

      Beispiellos konsequent pumpt darum die Army in den nächsten Monaten 1,2 Millionen CDs kostenfrei unters Gamervolk in Amerika, und der Rest der Welt darf sich gern am 220 MB-Download delektieren.

      Allerdings erst, wenn wieder ein Durchkommen ist: Seit am Donnerstag morgen die Bewohner der US-Ostküste aus dem Bett fielen, stehen die sechs Download-Server unter Volllast. Stau ist angesagt, denn offenbar erfreut sich der kostenlose Egoshooter aus Armeebeständen größter Beliebtheit.


      Experten loben den Realismus bis hin zum Rückschlag der Gewehre


      Denn der ist mehr als nur ein weiteres der üblichen kleinen Werbespiele: Nein, hier geht es zur Sache. Kern des Spiels ist die Unreal-Engine, die Freunde des Genres aus "Undying" und anderen Hits kennen. Die kommt allerdings nur im Action-Teil des Spieles zum Einsatz, denn "Americas Army" ist nicht nur Ballerorgie, sondern auch Rollenspiel mit viel Pflicht, aber auch Kameradschaft, die man einsam vor dem Rechner oder im LAN dann auch schon mal üben kann.

      Das Ding soll ja schließlich keine Killer trainieren, sondern frische Soldaten gewinnen: Darüber debattiert man in den USA noch nicht einmal. Während hüben sofort die Fähnchen der Empörung in die immer nur für sehr kurze Zeit wehende Empörungs-Böe gehisst werden, herrscht drüben eitel Freude. Cool findet das die Presse fast ohne Ausnahme. "Wired" spöttelt süffisant ein wenig über die "unendlichen Karrieremöglichkeiten", die Americas Army vor dem unbedarften User ausbreite. Der Grund für die ironiegeladene Skepsis sind aber keineswegs Bedenken: "Wired" hält "AA: O" - so der nagelneue Spitzname des Spieles - unter dem Strich für einen etwas lauen Shooter.

      Immerhin aber für beachtenswert, und das denkt man anscheinend landesweit. AA: O, schreibt "Wired", sei nicht
      ...doch der wahre Realismus beginnt, wenn man auf den "Americas Army"-Button klickt: Der führt immer zur echten Army-Website


      das erste Spiel, das die Army für ihr Training einsetze, aber "das Erste, das nur zu Propaganda-Zwecken entwickelt wurde". Wow.

      Dass die Sache funktioniert, daran zweifelt kaum jemand: Vom Egoshooter hin zur Gewalt, gesellschaftsfreundlich kanalisiert in der Army - das erscheint den Amerikanern als durchaus schlüssig. "Nur daran, was dieses Spiel bei Kindern verursacht", wendet Kimberly Thompson von der Uni Harvard im "Boston Globe" ein, "hat niemand gedacht". Denn nicht alle treten ja am Ende in die Armee ein. "Was für eine Rolle wird dieses Spiel spielen, wenn diese Kinder ihr eigenes Gewaltpotenzial entdecken?"

      Keine Sorge, die Army lässt die Kids ja nicht allein. Gamer, so das Kalkül, sind auch online - und damit erreichbar. Noch kann Casey Wardynski, seines Zeichens verantwortlich für die Entwicklung des Army-Egoshooters AA: O, seine Träume nicht alle verwirklichen, doch schon das nächste Army-Trainings- und Propagandaspiel mag da neue Wege ermöglichen: Die Army will die Kids ja gar nicht allein lassen mit dem Shooter.


      Spiegel.de
      Avatar
      schrieb am 09.07.02 10:25:50
      Beitrag Nr. 195 ()
      Der zuvor eingestellte Artikel geht noch weiter, ich habe den letzten Abschnitt versehentlich nicht mit kopiert.
      Hier der Schlußteil:





      Wardynski: "Das klappt jetzt noch nicht, aber in der Zukunft: Stellen Sie sich vor, Sie spielen extrem gut, schaffen es, extrem lang im Spiel zu bleiben. Mag sein, dass Sie mit einem Mal eine E-Mail von der Army bekommen, um mal zu sehen, ob Sie nicht gern zusätzliche Informationen hätten."

      Na? Extrem interessantes Konzept, oder? Großbritannien findet das schon: das dortige Verteidigungsministerium arbeitet angeblich an einem eigenen Werbe-Egoshooter. Schneller als die Amerikaner werden die Briten aber nicht sein: Die haben mit "C-Force" den Nachfolger für AA: O schon angekündigt. Spannend bleibt, ob das Kalkül aufgeht - und wie lang es wohl dauert, bis die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften ein Produkt der amerikanischen Regierung auf den Index setzt.

      Frank Patalong (Spiegel.de)


      ----------------------------------------

      In einer Leser-Umfarage stellt der "Spiegel" fest:

      "Die US Army glaubt, durch die massenhafte Verteilung realistisch gestalteter Egoshooter Rekruten gewinnen zu können. Dahinter steckt die Überzeugung, Egoshooter weckten den Wunsch nach echtem Waffengebrauch, nach Kampf."
      Avatar
      schrieb am 09.07.02 11:03:32
      Beitrag Nr. 196 ()
      kleiner Einblick in US-amerikanische Fremdwahrnehmung:

      200 US-Dollar für afghanische Opfer
      USA zahlen 18.500 Dollar für Opfer der Bombardierung.


      Truppenstationierung erwogen
      KAKARAK ap/afp Die Familien der bei einem versehentlichen US-Angriff in Zentralafghanistan getöteten und verletzten Hochzeitsgäste erhalten nach afghanischen Angaben insgesamt lediglich 18.500 Dollar Entschädigung von den USA. Er habe den Familien für jeden getöteten Angehörigen jeweils umgerechnet 200 Dollar ausgezahlt und für jeden Verwundeten 75 Dollar, sagte der Regierungsbevollmächtigte der Region Dehrawad, Badur Rahim.

      US-Kampfflugzeuge hatten in der Ortschaft Kakarak vor einer Woche irrtümlich eine Hochzeitsgesellschaft beschossen. Am Samstag räumten die USA ein, bei dem Vorfall seien 48 Zivilisten getötet und 117 verwundet worden. Die Tatsache, dass die US-Streitkräfte die betroffenen afghanischen Familien "mit ein paar Zelten und Decken" abgespeist hätten, erhöhe deren Schmerz über den Verlust von Angehörigen, betonte Rahim. Er warf der US-Armee und ihren afghanischen Verbündeten zudem vor, Geld und Opium in dem Dorf gestohlen zu haben.

      Die USA wollen möglicherweise nun in genau diesem Gebiet Truppen stationieren. Die Soldaten könnten die Sicherheit erhöhen und so zu einer besseren Entwicklung beitragen, wie US-Kommandeur Generalleutnant Dan McNeill am Sonntag erklärte. Die USA müssten unter allen Umständen einen Rückfall in frühere Zeiten verhindern.

      kommentar SEITE 10
      taz Nr. 6795 vom 9.7.2002, Seite 2, 47 Zeilen (Agentur)
      Avatar
      schrieb am 09.07.02 11:06:57
      Beitrag Nr. 197 ()
      "Die Welt mit andren Augen sehen"
      Interview BETTINA GAUS

      taz: Herr Lamers, wie groß ist die Wehmut, wenn man nach sechs Legislaturperioden aus dem Bundestag ausscheidet?

      Karl Lamers: Wehmut gehört eigentlich nicht zu den Gefühlen, die ich mir gestatte, öffentlich auszudrücken. Aber natürlich gibt es sie.

      Sie werden sich aber doch gewiss weiter einmischen?

      Das habe ich nicht vor, weil ich solche Versuche der Einmischung aus Altherrenklubs heraus kenne. Die Debatte dort ist fast immer dieselbe: Wenn wir noch dran wären, dann wäre alles anders - also besser. Das ist unsinnig.

      Führen wir also Ihr vielleicht letztes öffentliches Gespräch. Sie haben einmal gesagt: "Außenpolitik beginnt damit, dass man sich selbst mit den Augen der anderen sieht." Haben Sie den Eindruck, dass Sie derzeit in Washington damit auf Verständnis stoßen würden?

      Dieser Satz sagt ja etwas sehr Fundamentales. Die Forderung setzt voraus, dass man überhaupt dazu fähig ist, die Welt und auch sich selbst mit den Augen der anderen zu sehen. Wenn man die erfolgreichste Gesellschaft der Welt ist - und das sind die Amerikaner -, dann ist man dazu kaum in der Lage. Dann denkt man automatisch: Das, was gut ist für Amerika, ist auch gut für die Welt.

      Sie werfen den Amerikanern also vor, dass sie außerstande sind, sich in andere hineinzuversetzen.

      Ja. Die Europäer haben genauso gedacht, als sie ähnlich erfolgreich waren. Und die Deutschen, obwohl nicht die erfolgreichsten unter den Europäern, haben seinerzeit den unwahrscheinlich dümmlichen Spruch geprägt, es solle am deutschen Wesen dereinst noch mal die Welt genesen. Erfolg schafft eben auch Probleme. Es gibt das amerikanische Sprichwort: "Nothing succeeds like success" …

      … "Nichts ist so erfolgreich wie der Erfolg" …

      … Ja. Das gilt aber eben nur so lange, wie sich die Grundbedingungen für den Erfolg nicht ändern. Wenn die sich ändern, dann kann der Erfolg sogar sehr hinderlich sein.

      In welcher Hinsicht haben sich denn die Grundbedingungen für den Erfolg der USA verändert?

      Durch das, was man Globalisierung nennt. Der Grunderfolg Amerikas beruht wesentlich auf dem Umstand, dass sie eine Gesellschaft waren, die sich, unbeschadet der Welthändel, entfalten konnte. Sie konnte sich Isolationismus leisten, und sie ist immer stärker und immer mächtiger geworden. Damit verbunden war die objektive Unverwundbarkeit. Das ist ein Faktum, das man in seiner Bedeutung gar nicht überschätzen kann - eine einzigartige historische Erfahrung. Die Europäer haben davon auch geträumt, aber schon seit dem Mythos von Achill wissen wir, dass es ein Traum blieb. In den USA war es dagegen Realität.

      Das ist vorbei.

      Das ist vorbei. Sie haben es am 11. September gemerkt. Objektiv waren sie vorher schon verwundbar - es gibt ja Fernraketen -, aber es gab im amerikanischen Bewusstsein vorher keine vergleichbare Erfahrung der Verwundbarkeit. Und man darf nie vergessen: Der Unverwundbare ist auch der Unbesiegbare. Für die Dominanz Amerikas und für seine internationale Rolle war das eine zentrale Grundlage. Unverwundbarkeit bedeutet auch Unabhängigkeit. Diese zu erhalten ist Kernmotiv amerikanischer Außenpolitik - früher mittels Isolationismus, heute mittels Unilateralismus.

      Erklärt sich daraus der Widerstand gegen den Internationalen Strafgerichtshof?

      Ja. Es geht um Unabhängigkeit.

      Sie teilen also die Sorge, dass die USA aus dem plötzlichen Gefühl der Verwundbarkeit heraus in immer stärkerem Maße sich darum bemühen werden, ihre Dominanz zu erhalten. Wie kann Europa darauf reagieren?

      Das ist sehr schwierig. Ich unterstelle den Amerikanern keine bösen Motive, im Gegenteil. Sie sind ja tief davon überzeugt, dass sie für das Gute eintreten. Außerdem ist unbestreitbar, dass der transnationale Terrorismus eine Bedrohung des staatlichen Gewaltmonopols und des Zusammenlebens schlechthin darstellt. Aber es ist ein Problem, dass das Bild, das Amerika von sich selbst und von der Welt hat, nicht mit dem Bild übereinstimmt, das die anderen von Amerika haben. Die Aufgabe der Europäer wäre es, den USA auch die Sicht der nichtwestlichen, vor allem der islamischen Welt zu vermitteln.

      Haben Sie den Eindruck, dass Europa diese Sicht selbst gut genug kennt?

      Besser als die USA. Ich beklage allerdings auch in unserem Land, dass die Fähigkeit zum Verständnis einer anderen Weltsicht sehr unterentwickelt ist.

      Halten Sie die Entwicklung der transatlantischen Beziehungen für das beherrschende Thema der nächsten Jahre?

      Davon bin ich überzeugt. Aber mit einer anderen Fragestellung als früher. Der Gegenstand der transatlantischen Debatte ist heute das Verhältnis des Westens zur nichtwestlichen Welt. Bei aller Macht, die der Westen noch immer hat, muss man doch zugleich sehen, dass die anderen immer mehr und auch immer mächtiger werden. Ich behaupte, dass der 11. September nur der radikalste Ausdruck ist für die Auflehnung gegen die westliche, vor allen Dingen von den USA verkörperte Dominanz.

      Gibt es heute noch eine Übereinstimmung der Interessen zwischen den USA und Europa?

      Grundsätzlich ja. Wir haben dieselben Vorstellungen vom Menschen und der Natur des menschlichen Zusammenlebens. Auf diesem starken Fundament fußt das gemeinsame Interesse, unsere Lebensform erhalten und weiterentwickeln zu können. Wenn man ehrlich ist, muss man auch sagen, dass die Ausbreitung dieser Lebensform in unserem Interesse liegt. Deshalb ist aber auch der Widerstand gegen die westliche Dominanz verständlich. Damit ist ja etwas verbunden, was Entwurzelung für die nichtwestliche Welt bedeutet. Das Problem ist, dass die Antworten auf die Frage, wie wir unsere Interessen vertreten sollen, in den USA und in Europa immer weiter auseinanderklaffen.

      Hat die Nato unter diesen Bedingungen aus Ihrer Sicht noch eine Zukunft, oder ist sie nur eine vertraute Bezeichnung für ein längst nicht mehr genau definierbares Instrument?

      Im Augenblick ist sie eher Letzteres, aber ich bin leidenschaftlich dafür, dass sie mehr wird. Der politische Charakter der Nato muss verstärkt werden, und die Europäer müssen politisch wie militärisch mehr auf die Waagschale bringen. Um so stark zu werden, dass sie von Amerika gehört werden müssen.

      Ist das angesichts des immensen Rüstungsvorsprungs der USA nicht naiv?

      Ich sage ja nicht, daß Europa so werden soll wie die USA. Das ist weder möglich noch wünschenswert. Europa muss nicht gleichartig, sondern gleichwertig werden. Die erste Voraussetzung dafür ist, mit einer Stimme zu reden. Wie immer man den Streit um den Internationalen Gerichtshof bewertet: Bislang ist der Vorgang ein Erfolg Europas, weil es zusammengehalten hat. Sonst wäre die Sache längst negativ entschieden.

      Aber es besteht doch ein Unterschied zwischen Diplomatie und der Forderung nach Verrechtlichung internationaler Beziehungen auf der einen und Militärpolitik auf der anderen Seite. Erfüllt Sie die wachsende Bedeutung des Militärs als Instrument der Außenpolitik nicht mit Sorge?

      Auf dem Balkan ist es uns gelungen, mit Hilfe des Einsatzes militärischer Mittel das Schlimmste zu verhindern, und wir haben eine Chance, das dauerhaft zu sichern. Deswegen ist der Einsatz militärischer Mittel legitim. Es war ein Erfolg - mit vielen Mängeln behaftet, aber ein Erfolg. Das militärische Mittel ist ein unerlässliches Element der Sanktion gegen den Bruch einer Rechtsordnung, die zu entwickeln das zentrale Ziel sein muss. Auch das Ziel der amerikanischen Führungsmacht. Deshalb muss sie aber ebenfalls bereit sein, sich diesem Recht zu unterwerfen.

      Meinen Sie, dass im Zusammenhang mit dem Kampf gegen den internationalen Terrorismus die Empfindlichkeiten der arabischen Welt vom Westen ausreichend berücksichtigt werden?

      Nein, natürlich nicht. Wir haben nicht hinreichend verstanden, in welcher dramatischen Lage sich diese Gesellschaften befinden. Sie müssen alle unter den Bedingungen einer dramatischen Bevölkerungsexplosion zwei Menschheitsrevolutionen gleichzeitig bewältigen: die industrielle Revolution und das so genannte Informationszeitalter. Das hat ja nicht nur ökonomische Folgen. Nicht einmal wir haben die Folgen der Industrialisierung schon vollständig verarbeitet, und uns wurde der Prozess wenigstens nicht von außen aufgezwungen.

      Vor diesem Hintergrund gefragt: Wie sollte sich Deutschland im Falle eines US-Angriffs auf den Irak verhalten?

      Es kommt nicht auf Deutschland an, sondern auf ein einiges Europa. Bis jetzt sind alle dagegen, auch die Briten. Aber wir dürfen den Amerikanern nicht nur sagen, was wir nicht wollen - wir müssen auch sagen, was wir wollen.

      Und was wollen wir?

      Die Antworten lauten, wieder einmal: Abschreckung, Eindämmung und Einbindung. Die USA meinen, das reiche nicht, weil Saddam Hussein ein Verrückter sei. Aber der handelt ja nur aus unserer Sicht verrückt. Innerhalb seines Systems handelt er durchaus rational, sonst wäre er nicht mehr an der Macht. Und im zweiten Golfkrieg hat die Abschreckung gegenüber Saddam durchaus funktioniert. Aber Europa muss auch gegenüber den Arabern sagen, was es sich vorstellt.

      Was stellt es sich denn vor?

      Die Araber fordern ja unisono erst einmal eine Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts. Eine solche Lösung würde auch Saddam den Boden entziehen für seine Sympathiewerbung bei den arabischen Massen. Es ist sehr bedauerlich, dass der saudische Friedensplan derzeit in der Diskussion so vollständig in den Hintergrund gerückt ist. Man muss sehen, dass die israelische Regierung mit ihren Methoden objektiv den Terrorismus fördert, ebenso wie das die Russen in Tschetschenien tun. Man wird nicht umhin können, legitimen Widerstand - auch mit gewaltsamen Mitteln - gegen illegitime Herrschaft von illegitimem Terrorismus genau abzugrenzen. Gerade im Nahen Osten.

      Wie bewerten Sie die Außenpolitik der rot-grünen Regierung?

      Was ist eigentlich anders geworden? Ich sage Ihnen ganz offen: Ich habe mich früher furchtbar geärgert über die Angriffe auf unsere Menschenrechtspolitik, und zwar weil sie unterstellten, wir hätten kein Herz im Leib. Gleichzeitig habe ich aber gehofft, dass denen vielleicht mehr einfällt. Das ist nicht der Fall. Joschka Fischer ist geradezu zum Hüter der deutschen Orthodoxie geworden. Er hat in den USA gesagt, wir hätten Amerika nicht zu kritisieren. Was heißt das denn? Eine solche Haltung ist weder nötig noch akzeptabel. Die deutsche Außenpolitik muss innovativer werden.

      taz Nr. 6795 vom 9.7.2002, Seite 5, 364 Zeilen (Interview), BETTINA GAUS

      taz muss sein
      Avatar
      schrieb am 09.07.02 11:08:07
      Beitrag Nr. 198 ()
      Soll jetzt auch Osama Bin Laden das WTC-Attentat mit 600.000 US-Dollar "abwickeln" ???
      Avatar
      schrieb am 09.07.02 11:14:21
      Beitrag Nr. 199 ()
      "Ich bin der legitime Präsident des Tschad"

      Ngarlejy Yorongar, verhinderter Wahlsieger und führender Oppositionspolitiker des Tschad, über Wahlbetrug, Ölboom, US-Interessen und Islamisten


      taz: Nach den Präsidentschaftswahlen vom Mai 2001, die Amtsinhaber Idriss Déby gewann, sagten Sie der taz, Sie seien der legitime Präsident des Tschad. Sind Sie immer noch dieser Ansicht?

      Ngarlejy Yorongar: Das Volk hat mich zum Präsidenten gewählt, und das bleibe ich. Déby ist ein Usurpator.

      Aber Déby ist an der Macht und Sie nicht.

      Déby hat die Armee eingesetzt, um die Macht an sich zu reißen, die das Volk mir übertragen hat. Das Volk hat mir sein Vertrauen ausgesprochen.

      Die Parlamentswahlen im April 2002 hat Déby auch gewonnen.

      Da hat Déby die Armee geholt, um die Wähler zu terrorisieren. Ich habe 54 Kandidaten aufgestellt, davon wurden 24 gewählt, aber die Wahlkommission hat uns nur 12 Sitze zuerkannt - zehn von meiner Partei und zwei von Verbündeten.

      Jetzt ist Ihre Partei also die stärkste Oppositionspartei?

      Sie ist die stärkste Partei des Tschad.

      Und was werden Sie jetzt machen?

      Déby von der Macht verjagen!

      Wie?

      Durch die Wahlurnen!

      Aber das ist doch bis jetzt immer schief gegangen.

      Weil die Multinationalen Déby an der Macht halten, mit der Komplizenschaft der USA. Wir müssen die Bevölkerung sensibilieren, damit sie sich erhebt wie in Madagaskar. Dort hat das Volk Ravalomanana gewählt und dann an die Macht getragen. Der Fall Madagaskar wird Schule machen. Frankreich hat Ravalomanana am Schluss anerkannt. Warum soll das nicht im Tschad passieren?

      Als die Weltbank grünes Licht für den Beginn der Ölsuche im Süden des Tschad gab, warnten Sie, die Jugendlichen der Region könnten zu den Waffen greifen wie in Nigeria. Jetzt hoffen Sie auf Wahlen. Wieso?

      Ich habe nie gesagt, dass die Tschader sich mit Waffen verteidigen sollen. Ravalomanana hat in Madagaskar auch über die Wahlurne die Macht ergriffen.

      Wie ist denn jetzt die Lage im Süden des Tschad?

      In den Ölgebieten werden keine Maßnahmen getroffen, um eine Umweltkatastrophe abzuwenden. Schon jetzt tauchen überall neue Krankheiten auf, Aids breitet sich aus. Ganze Dörfer werden von der Landkarte verschwinden.

      Der Staub von den neu gebauten Pisten lässt das Getreide nicht mehr wachsen und das Obst auf den Bäumen nicht mehr reifen.

      Ich habe dagegen Klage vor dem zuständigen Gremium der Weltbank eingereicht. Wenn das erfolglos bleibt, werden wir andere Wege einschlagen müssen: eine Klage in Belgien oder vor dem Internationalen Strafgerichtshof.

      Déby stiehlt, plündert, massakriert und blutet das Land aus - mit der Komplizenschaft der Weltbank und der internationalen Gemeinschaft. Er denkt, dass er damit die Interessen der Ölfirmen schützt, die jetzt die Pipeline nach Kamerun bauen. Aber was passiert, wenn die Pipeline fertig ist?

      Eine Pipeline bauen ist nicht schwer. Öl fördern ist schwieriger. Im Sudan wurde eine Pipeline gebaut, aber die Förderung bereitet Probleme.

      Soll die Bevölkerung die Ölförderung verhindern?

      Sie kann sie verhindern. Die Ölförderung wird ohne Zustimmung unserer Partei nicht stattfinden. Ich bin der legitime Präsident und das bleibe ich.

      Sind Sie gegen die Ölförderung an sich?

      Wir wollen, dass die Förderabkommen zwischen der Regierung und dem Ölkonsortium überarbeitet werden. Entwicklung heißt umfassende Entwicklung, aber es ist nicht vorgesehen, dass das Konsortium geteerte Straßen baut.

      Entwicklung heißt Nutzung der Reichtümer des Tschad, des fruchtbaren Landes, aber das geschieht nicht. Es ist ein Projekt zur Entwicklung von Armut.

      Die US-Ölfirma Chevron führt das Ölkonsortium an. Warum unterstützen die USA die Regierung Déby?

      Sie haben ihre Interessen. Sie haben Kontakt zur Regierung des Sudan aufgenommen, obwohl der Sudan auf der US-Terrorliste steht. Sie wollen vielleicht mit Tschad und Sudan den Einfluss Libyens eindämmen. Außerdem ist der Einfluss des islamischen Fundamentalismus im Tschad sehr groß. Bin Laden hat im Süden des Tschad Moscheen mitten im Busch gebaut, und heute ist die Region voll von geflohenen Islamisten aus Afghanistan und Pakistan. Déby lässt sich dafür bezahlen. Sie haben tschadische Pässe und werden aus Ländern wie Nigeria und Kamerun nach Tschad ausgewiesen. So dient die US-Präsenz auch dazu, diese Terroristen im Griff zu haben.

      Gibt es US-Militärberater im Tschad?

      Es ist möglich. Unter dem Deckmantel des Öls sind viele Amerikaner, Franzosen und Filipinos im Tschad. Außerdem endet das Öl nicht an den Grenzen des Tschad. Es reicht von Libyen über Niger bis Nigeria, Kamerun in die Zentralafrikanische Republik und dann bis in den Sudan hinein.

      Wieso bringt das Öl so vielen afrikanischen Ländern politische Instabilität?

      Die arabischen Monarchien haben ihre Ölressourcen genutzt, um ihre Länder zu entwickeln. Aber Nigeria, Kamerun, Gabun, Kongo, Angola, Sudan sind alle in einem kläglichen Zustand. Das Ölgeld dient der Bereicherung der Familien der herrschenden Klasse. Tschad wird keine Ausnahme sein. Unter Führung eines gierigen Menschen wie Déby wird es noch schlimmer werden.


      INTERVIEW: DOMINIC JOHNSON

      taz Nr. 6795 vom 9.7.2002, Seite 9, 179 Zeilen (Interview), DOMINIC JOHNSON
      Avatar
      schrieb am 09.07.02 17:26:06
      Beitrag Nr. 200 ()
      Bush auf glitschigem Terrain

      Die Popularität des US-Präsidenten droht wegen der Bilanz-Skandale zu leiden – denn auch Bush selbst hatte mal Probleme mit der Börsenpolizei SEC. In den Zeitungen tauchen in den letzten Tagen wieder unappetitliche Details aus seinem Vorleben als Unternehmer auf. Als Direktor des texanischen Energieunternehmens Harken verkaufte Bush etwa im Juni 1990 gerade noch rechtzeitig ein Aktienpaket, bevor das Unternehmen dramatische Verluste verkünden musste, wie unter anderem die „Süddeutsche Zeitung“ am Dienstag berichtete. Er kassierte etwa 850 000 US-Dollar (rund 890 000 Euro). Zwei Monate später war die Aktie nur noch knapp die Hälfte wert.

      Bush fiel der Börsenpolizei SEC bereits mehrmals auf, doch immer kam er davon.

      Die US-Bürger seien mittlerweile davon überzeugt, der Präsident und seine Entourage dächten hauptsächlich ans Big Business, meldete die Zeitung weiter. :D :D :D

      Jetzt macht er in einer Grundsatzrede zu den Bilanz-Skandalen auf Moralapostel: Wie bereits vorab bekannt wurde, ist darin von „harten neuen Gesetzen“ zur Verhinderung von Fälschungsskandalen wie den um Worldcom die Rede. Auch wolle er mehr Personal und mehr Geld für die SEC beantragen.

      Die Grundsatzrede will Bush heute Abend halten.

      Prügel für Saddam

      Außenpolitisch zeigt Bush demonstrativ Härte, wohlwissend, dass eine solche Haltung populär bei den Wählern ist: Er bekräftigte, dass die USA den irakischen Diktator absetzen wollten. Dazu würden „alle uns zur Verfügung stehenden Mittel“ eingesetzt, sagte Bush am Montagabend (Ortszeit) in Washington. Er sei an Beratungen über alle Aspekte der militärischen, diplomatischen und finanziellen Mittel beteiligt. Nach einem Machtwechsel in Irak wäre die Welt seiner Meinung nach „sicherer und friedlicher“.

      Eine Antwort auf die Frage, ob es vor Ende seiner ersten Amtszeit im Januar 2005 in Irak eine neue Regierung geben werde, lehnte der Präsident ab. „Ich bin ein geduldiger Mann“, sagte er knapp.

      Der UN-Sicherheitsrat forderte Irak erneut auf, sofort und ohne Vorbedingungen die Waffeninspektoren der Vereinten Nationen wieder ins Land zu lassen.

      Die USA vermuten, dass in Irak heimlich an der Entwicklung von Massenvernichtungswaffen gearbeitet wird. In der vergangenen Woche waren Gespräche über die Rückkehr der Inspektoren, die vor gut drei Jahren das Land verlassen hatten, von UN-Generalsekretär Kofi Annan und irakischen Regierungsvertretern in Wien ohne Ergebnis geblieben.

      Hintergrund: Die „New York Times“ hatte vor einigen Tagen gemeldet, das US-Militär wolle mit bis zu 250 000 Soldaten zu Lande, zu Wasser und aus der Luft Irak angreifen. Die Truppen sowie Hunderte von Kampfflugzeugen sollten in acht Ländern stationiert werden. Das Blatt hatte sich auf einen Geheimbericht der Regierung berufen.

      Bush hatte Irak zusammen mit Iran und Nordkorea Anfang des Jahres „Achse des Bösen“ genannt.

      09.07.02, 13:05 Uhr focus.de

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      Avatar
      schrieb am 10.07.02 10:25:38
      Beitrag Nr. 201 ()
      Das erinnert stark an die Metapher vom Bock als Gärtner bzw. an die Koch´sche Lüge von der "brutalstmöglichen Aufklärung"


      „Wir werden die Korruption ausmerzen“


      Dubiose Aktiengeschäfte belasten Bush



      Nach den jüngsten Firmen-Skandalen hat George W. Bush drakonische Strafen gegen kriminelle Manager verlangt. „Wir müssen eine neue Ära der Rechtschaffenheit einläuten“, sagte der US-Präsident :laugh: am Dienstag vor Unternehmern der „Vereinigung für ein besseres New York“. Er kündigte eine Arbeitsgruppe für Wirtschaftskriminalität unter der Leitung des stellvertretenden Justizministers an, außerdem forderte er mehr Ermittler, eine Verdoppelung der Höchststrafe für Wirtschaftsvergehen und neue scharfe Offenlegungspflichten für Unternehmen.

      In den Büchern der US-Unternehmen verstecken sich nach Angaben von Bush weitere Skandale. Die Wertpapier- und Börsenaufsicht SEC habe deshalb die 1000 größten Unternehmen aufgefordert zu bescheinigen, dass ihre Bücher in den vergangenen Jahren korrekt geführt wurden. Unternehmenschefs, die wegen Betrugs verurteilt werden, sollen in Zukunft für alle Zeiten aus Firmen-Etagen verbannt werden. Bush verlangte vom Kongress 20 Millionen Dollar (rund 20,1 Millionen Euro) Soforthilfe für die SEC, um 100 weitere Ermittler anzuheuern.

      Besonders in die Pflicht nahm Bush die Konzernchefs. Er forderte sie auf, ihre Gehalts- und Bonuspakete in jedem Geschäftsbericht offen zu legen. Überführte Betrüger müssten dem Unternehmen alles Geld zurückzahlen, dass sie sich auf diese Weise erschlichen hätten. „Wir brauchen Wirtschaftsführer, die den Unterschied zwischen Ehrgeiz und zerstörerischer Gier kennen“, sagte Bush.

      Der Wirtschaftsboom der 90er-Jahre habe zu Exzessen geführt, die das finanzielle Wohlergehen der Angestellten und Investoren bedrohe, sagte Bush. „Die Hoffnung auf Profite hat die Samen der Skandale gesät“, sagte Bush.

      „Es gibt keinen Kapitalismus ohne Gewissen, keinen Reichtum ohne Charakter“, sagte Bush. Die Regierung müsse sicher stellen, dass diejenigen, die das Vertrauen missbrauchen, bestraft werden. „Wir werden das Gesetz nutzen, um die Korruption auszumerzen“, sagte Bush.

      Bush stand selbst unter Insiderverdacht

      Bush selbst kommt angesichts der Skandale zunehmend unter Druck, seine eigene Leistung als Unternehmer zu rechtfertigen. Er war während seiner Tätigkeit in der Ölindustrie vor mehr als zehn Jahren des Insiderhandels verdächtigt worden. „Wenn es um die Buchführung geht, sind in der Unternehmerwelt halt nicht alle Dinge schwarz und weiß“, verteidigte sich Bush am Montagabend. „Es gab damals einen ehrlichen Meinungsunterschied darüber, wie eine komplizierte Transaktion zu bilanzieren ist.“

      Der US-Präsident geriet wegen seines Verhaltens als Verwaltungsrat der Firma Harken Energy unter Beschuss. Er hatte 1990 kurz vor einem Kurssturz ein Aktienpaket der Firma verkauft und 800 000 Dollar (rund 808 000 Euro) erlöst. Die SEC untersuchte den Verdacht des Insiderhandels, wies Bush aber kein Fehlverhalten nach. Harken musste kurz darauf wegen fragwürdiger Buchführung seine Gewinn- und Verlustrechnung korrigieren.

      Prügel für Saddam

      Außenpolitisch zeigt Bush demonstrativ Härte, wohlwissend, dass eine solche Haltung populär bei den Wählern ist: Er bekräftigte, dass die USA den irakischen Diktator absetzen wollten. Dazu würden „alle uns zur Verfügung stehenden Mittel“ eingesetzt, sagte Bush. Er sei an Beratungen über alle Aspekte der militärischen, diplomatischen und finanziellen Mittel beteiligt. Nach einem Machtwechsel in Irak wäre die Welt seiner Meinung nach „sicherer und friedlicher“.


      [Anmerkung: Für wen bitte sehr?? ]

      Eine Antwort auf die Frage, ob es vor Ende seiner ersten Amtszeit im Januar 2005 in Irak eine neue Regierung geben werde, lehnte der Präsident ab. „Ich bin ein geduldiger Mann“, sagte er knapp.

      Der UN-Sicherheitsrat forderte Irak erneut auf, sofort und ohne Vorbedingungen die Waffeninspektoren der Vereinten Nationen wieder ins Land zu lassen.

      Die USA vermuten, dass in Irak heimlich an der Entwicklung von Massenvernichtungswaffen gearbeitet wird. In der vergangenen Woche waren Gespräche über die Rückkehr der Inspektoren, die vor gut drei Jahren das Land verlassen hatten, von UN-Generalsekretär Kofi Annan und irakischen Regierungsvertretern in Wien ohne Ergebnis geblieben.

      Hintergrund: Die „New York Times“ hatte vor einigen Tagen gemeldet, das US-Militär wolle mit bis zu 250 000 Soldaten zu Lande, zu Wasser und aus der Luft Irak angreifen. Die Truppen sowie Hunderte von Kampfflugzeugen sollten in acht Ländern stationiert werden. Das Blatt hatte sich auf einen Geheimbericht der Regierung berufen.

      Bush hatte Irak zusammen mit Iran und Nordkorea Anfang des Jahres „Achse des Bösen“ genannt.

      09.07.02, 20:07 Uhr focus.de
      Avatar
      schrieb am 10.07.02 10:27:13
      Beitrag Nr. 202 ()
      Ein Schelm, wer Böses dabei denkt, daß der US-Präsident und sein Vize beide in der ÖLBRANCHE Tätig waren und dabei z.B. Bush bestochen wurde (wer will schwören, daß das derzeit nicht wieder geschieht im Hinblick auf den Irak - siehe auch das bereits von mir gepostete Interview zum Tschad etc.) .... daß jetzt Krieg in der Erölreichsten Region dieser Erde geführt wird, ist natürlich völliger Zufall, nicht wahr?
      Vor allem angesichts der Tatsache, daß dieUS-Minerealölindustrie seit JAhren mit MAcht eine Pipeline durch.... zufall!!! Afghanistan bauen will...



      Bushs Vize in argen Nöten

      Angeblich unlautere Bilanzpraktiken bringen den US-Vizepräsidenten Dick Cheney in gehörige Bedrängnis.
      Eine US-Organisation, die sich als Kontrollorgan der Justiz versteht, will ihn jetzt verklagen. Judicial Watch wirft Cheney und dessen früherem Arbeitgeber Halliburton, einem Serviceunternehmen für die Ölindustrie, Täuschung der Aktionäre vor.

      In der Bilanz seien Posten teilweise nicht ausgewiesen worden, was zu einer Überbewertung der Aktien geführt und die Anleger in die Irre geleitet habe, erklärte ein Sprecher der Organisation am späten Dienstagabend. Vor vier Jahren habe das Unternehmen die Praxis außerdem umgestellt, ohne die Aktionäre darauf hinzuweisen.

      Cheney war von 1995 bis 2000 Vorsitzender und Geschäftsführer von Halliburton. Das Unternehmen hatte im Mai bekannt gegeben, dass die Behörden Untersuchungen seiner Bilanzführung aufgenommen hatten. Rechtliche Schritte wurden bislang nicht eingeleitet.

      10.07.02, 8:46 Uhr focus.de
      Avatar
      schrieb am 10.07.02 10:34:08
      Beitrag Nr. 203 ()
      Hier zeigt sich wieder einmal, um was es bei der US-Aussenpolitik in WAhrheit geht


      http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,204551,00.html
      Avatar
      schrieb am 10.07.02 10:43:38
      Beitrag Nr. 204 ()
      US-PRÄSIDENT BUSH

      "Kein Wohlstand ohne Anstand"

      George Bush griff in die Vollen, um verlorenes Vertrauen in das amerikanische Unternehmertum zurückzugewinnen. Doch hinter den großen Worten stehen nur wenige konkrete Vorhaben.

      "Ära der Rechtschaffenheit": Bush sparte bei seiner Rede nicht mit großen Worten


      Angesichts der Finanzskandale, die die US-Wirtschaft seit Monaten erschüttern, hat US-Präsident George W. Bush am Dienstag in New York ein härteres Durchgreifen gegen Bilanzfälscher angekündigt. "Wir müssen eine neue Ära der Rechtschaffenheit einläuten", sagte Bush vor der "Vereinigung für ein besseres New York". Er bezeichnete höhere ethische Standards als "wichtigste ökonomische Notwendigkeit" der USA und sagte, dass es keinen "Wohlstand ohne Anstand" geben kann.
      Der Aktienhöhenflug der 90er Jahre habe zu Exzessen geführt, die das finanzielle Wohlergehen der Angestellten und Investoren bedrohe, sagte Bush.

      Besonders in die Pflicht nahm Bush die Konzernchefs. Er forderte sie auf, ihre Gehalts- und Bonuspakete in jedem Geschäftsbericht offen zu legen. Überführte Betrüger müssten dem Unternehmen alles Geld zurückzahlen, dass sie sich auf diese Weise erschlichen hätten. "Wir brauchen Wirtschaftsführer, die den Unterschied zwischen Ehrgeiz und zerstörerischer Gier kennen", sagte Bush. Die Regierung müsse sicher stellen, dass diejenigen, die das Vertrauen missbrauchen, bestraft werden. "Wir werden das Gesetz nutzen, um die Korruption auszumerzen", so der Präsident unter lautem Beifall der rund 1000 Zuhörer.

      Trotz dieser starken Worte blieb Bush bei konkreten Vorhaben eher vage. In seiner Rede forderte er zwar, das überführte Bilanzbetrüger mit Gefängnisstrafen von bis zu zehn Jahren bestraft werden. Dafür will Bush eine "Corporate Fraud Task Force" einrichten, eine Kommission also, die Vorschläge für eine bessere Strafverfolgung von Bilanzbetrügereien erarbeitet. Er ging aber nicht auf eine Forderung der amerikanischen Demokraten ein, dass so genannte "whistle-blowers" besser geschützt werden müssen. Solche mutigen Unternehmensmitarbeiter, die als erste auf Unregelmäßigkeiten im eigenen Unternehmen hinweisen, müssen bisher neben dem Verlust ihres Arbeitsplatzes mit rechtlichen Schritten gegen sie rechnen.

      "Bisher folgt die Bush-Regierung einer bekannten Strategie: Benutze harte Worte, um die Übeltäter zu verurteilen und verzögere und verhindere alle Reformen, die aus dem Kongress kommen", sagte einer der führenden Demokraten im House of Representatives, Richard Gephard, in einer ersten Reaktion.


      Die Pläne des Präsidenten sehen außerdem vor, dass die Börsenaufsicht SEC gestärkt wird. Im laufenden Haushaltsjahr soll sie 20 Millionen Dollar zusätzlich erhalten, mit denen rund 100 neue Beschäftigte finanziert werden sollen.Im kommenden Haushaltsjahr soll das Budget der Behörde um 100 Millionen Dollar oder etwa 20 Prozent steigen. Die SEC hat derzeit rund 3000 Beschäftigte.

      Die SEC war in den vergangenen Monaten in die Kritik geraten, weil sie nicht energisch genug gegen betrügerische Manager ermittle. Bush sprach jedoch in seiner Pressekonferenz am Montagabend dem vom ihm selbst ernannten SEC-Chef Harvey Pitt sein Vertrauen aus.

      Außerdem sollen Unternehmenschefs die Korrektheit der Bilanzen künftig eidesstattlich beglaubigen. Manager sollen nach Bushs Vorstellungen auch keine Zahlungen erhalten dürfen, während das Gebaren ihres Unternehmens von der SEC untersucht wird.

      spiegel.de
      Avatar
      schrieb am 10.07.02 11:56:03
      Beitrag Nr. 205 ()
      O`Neill war mal Alcoa-Chef. Nur Ladenthekengangster und trotzdem nix in der Kasse.


      Bush beharrt auf Sturz Saddams

      US-Präsident George W. Bush hat sein Ziel bekräftigt, alle Mittel einzusetzen, um den irakischen Machthaber Saddam Hussein zu stürzen. Zugleich gab Bush zu erkennen, dass das Geld für den so genannten Anti-Terror-Kampf knapp werden könnte. Die dafür bestimmten Konten könnten innerhalb der nächsten Tage erschöpft sein.


      WASHINGTON, 9. Juli (rtr/ap/dpa). Bush unterstrich am Montag (Ortszeit) vor Journalisten in Washington: "Ein Regierungswechsel (in Irak) ist ein festes Ziel dieser Regierung." Bush fügte hinzu: "Und wir werden alle Mittel nutzen, die uns zur Verfügung stehen, um dies zu erreichen." Bush bezeichnete die Frage, ob er die Absetzung Saddam Husseins noch bis zum Ende seiner vierjährigen Amtszeit im Jahr 2005 erreichen wolle, als "hypothetisch". Einen Bericht der New York Times, wonach bereits Pläne für einen massiven Angriff mit Zehntausenden Soldaten auf Irak vorbereitet seien, wollte Bush nicht kommentieren.

      Iraks Vize-Regierungschef Tarik Aziz sagte, das irakische Volk treffe seine Entscheidungen über die Regierung selbst und sei fähig seine Souveränität zu verteidigen. "Wir sind vorbereitet, unser Land gegen jede Art der Aggression zu verteidigen", sagte Aziz am Dienstag.

      In der Vorwoche waren Gespräche zwischen Irak und UN-Generalsekretär Kofi Annan über die vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen geforderte Rückkehr internationaler Waffeninspektoren gescheitert. Der derzeitige Vorsitzende im UN-Sicherheitsrat, der britische Gesandte Jeremy Greenstock, sagte nach Beratungen des Gremiums über die Verhandlungen mit Irak, die meisten Mitglieder plädierten für weitere Gespräche. Großbritannien habe ein "Gefühl der Ungeduld".

      Saddams Stiefsohn wurde aus den USA nach Neuseeland abgeschoben. Das teilte die Einwanderungsbehörde in Miami mit. Der 36-jährige Mohammed Nur el Din Saffi, der angeblich die neuseeländische Staatsbürgerschaft besitzt, war in der Vorwoche in Florida festgenommen worden, wo er nach US-Angaben an einer Flugschule Unterricht nehmen wollte.

      US-Präsident Bush mahnte im Kongress dringend die Freigabe der zugesagten Mittel für so genannte Anti-Terror-Maßnahmen an. Zwar sei das geforderte Geld bewilligt worden, die Streitkräfte und Luftfahrtbehörden warteten aber noch immer auf die Auszahlung, sagte Bush in Washington.

      Vor 100 Tagen habe er die Abgeordneten um zusätzliche Mittel für die Streitkräfte und die Sicherheit der Flughäfen gebeten, sagte Bush. "Vier Monate später warten das Verteidigungsministerium und die Verkehrssicherheitsbehörde noch immer auf das Geld, und ihnen könnten noch in dieser Woche die Finanzen ausgehen." Senator Robert Byrd machte die Regierung für die Verzögerung mitverantwortlich. Bush hatte den Senatsbeschlüssen widersprochen, eine endgültige Einigung steht noch aus.


      Armes Gesindel :D
      Avatar
      schrieb am 11.07.02 06:18:50
      Beitrag Nr. 206 ()
      B I O W A F F E N

      Die Suche nach Mr. Anthrax

      Wer hat die tödlichen Milzbrandbriefe verschickt? Blick in die Abgründe einer Ermittlung

      Von Thomas Kleine-Brockhoff
      Am 9. November vergangenen Jahres, als Briefe mit giftigem Anthrax-Pulver die Amerikaner ängstigen und vier Menschen schon tot sind, veröffentlicht das FBI ein "Täterprofil". Es sei "sehr wahrscheinlich, fast schon sicher", heißt es, dass "eine einzelne Person" für die Anschläge verantwortlich sei. Dieser Mann habe "wahrscheinlich eine wissenschaftliche Ausbildung" und arbeite "vielleicht in einem Labor". Er leide unter einer psychosozialen Störung, könne schwer auf andere Menschen zugehen oder Konflikte lösen. Und, wichtig: "Die Person" sei wahrscheinlich Amerikaner.

      Gut ein halbes Jahr später läuft der Bioterrorist noch immer frei herum. Aber das FBI hat jetzt den Namen einer "Person des Interesses" genannt, deren Biografie und Charakter ziemlich genau zum Täterprofil passen. Der Mann ist mehrmals verhört worden, hat sich einem Test mit dem Lügendetektor unterziehen und sein Haus zur Durchsuchung freigeben müssen. Doch das FBI nimmt den Mann nicht fest und vermeidet es, ihn einen "Verdächtigen" zu nennen. Diese seltsame Episode eröffnet den Blick in eine höchst mysteriöse Untersuchung und zugleich in die geheimnisumwitterte Welt der amerikanischen Biowaffenabwehr. Was in den vergangenen Tagen bekannt geworden ist, wirft viele Fragen auf, vor allem eine: Gibt es eine Macht, die will, dass Mr. Anthrax ein Phantom bleibt?

      Am Dienstag, dem 25. Juni 2002, halten ein weißer Lastwagen sowie ein paar dunkle Mini-Vans vor den Plaza Apartments in Fort Detrick, einer Schlafstadt nahe Washington. Den Transportern entsteigen FBI-Agenten in Zivil, andere tragen silbrig glänzende Schutzanzüge. Aus einer der Wohnungen nehmen die Beamten Computerteile sowie sechs Müllsäcke voller Unterlagen mit. Während diese Utensilien in dem Lastwagen verschwinden, kreisen am Himmel Hubschrauber, aus denen die Szene für die Abendnachrichten gefilmt wird.

      Am nächsten Tag ist der Protest des Mieters über diese Reality-TV-Show in der Zeitung nachzulesen. Der Mann heißt Steven J. Hatfill, ist 48 und hat bis 1999 nebenan in Fort Detrick im "Medizinischen Forschungsinstitut für ansteckende Krankheiten" der US-Armee gearbeitet - also dort, wo bis Anfang der siebziger Jahre das Zentrum der amerikanischen Biowaffenproduktion war und seither das Zentrum für Biowaffenabwehr liegt, dort, wo an allem geforscht wird, was gefährlich ist: Ebola, Pocken, Pest - und Anthrax. Steven Hatfill spricht von einer Hexenjagd auf einen Unschuldigen. Er sagt: "Jahrelang habe ich in diesem Bereich gearbeitet, meist bis nachts um drei, um etwas gegen die Bedrohung mit solchen Massenvernichtungswaffen zu tun. Und jetzt? Jetzt ist es vorbei mit meiner Karriere."

      Das FBI gibt am folgenden Tag bekannt, in Hatfills Wohnung sei kein Anthrax gefunden worden, weshalb er nicht festgenommen werde. Für die Bundespolizei zählt Hatfill zu jenem kleinen Kreis von 20 bis 30 Wissenschaftlern, die genügend Kenntnisse und Möglichkeiten hatten, den Milzbranderreger herzustellen und als Pulver zu versenden. Die Theorie vom amerikanischen Attentäter hat Mitte Juni durch ein Gutachten neue Bedeutung gewonnen. Denn die Anthrax-Sporen stammen aus Strängen, die höchstens zwei Jahre alt sind. Der Täter muss also bis vor kurzem in einem Speziallabor, vielleicht in Fort Detrick, ein und aus gegangen sein. Bis heute hat das FBI die Wohnräume von 25 Forschern durchsucht. Das alles ist im Stillen geschehen - bis auf die Fernsehinszenierung bei Steven J. Hatfill.

      Eine Studie über Milzbrandbriefe

      Hatfills Biografie ist eine Fundgrube einschlägiger Hinweise. Das Magazin The American Prospect hat sie durch Gespräche mit alten Studienfreunden, Biowaffenforschern und Fahndern zusammengetragen. Danach scheint Anthrax ein Hobby, vielleicht eine Obsession Hatfills zu sein. Er hat sich gegen Anthrax sogar impfen lassen. Nicht nur ist er, der gegen Anthrax geimpft ist, zwei Jahre lang im Bioabwehrzentrum der Armee beschäftigt; im Januar 1999 heuert er bei der Firma SAIC an, die für das Pentagon arbeitet. Daher darf Hatfill weiterhin den Hochsicherheitsbereich von Fort Detrick betreten. Als SAIC-Angestellter gibt er eine wahnwitzige Studie in Auftrag: Wie und mit welchem Erfolg können Milzbrandsporen in einem Standardbrief versandt werden? Man fragt sich: Was soll diese Studie, die den Anschlag vorwegnimmt? Das Pentagon aufrütteln? Hatfill schweigt, die Firma SAIC schweigt, das Pentagon schweigt, das FBI schweigt.

      Seit Jahren schon warnt Hatfill, der Biologie und Medizin studiert hat, vor der Milzbrandgefahr - 1997 etwa, als bei der jüdischen Wohlfahrtsorganisation B`nai B`rith in Washington ein Umschlag mit einem roten Gelee abgegeben wird. Zwei Arbeiter, die mit der Masse in Berührung kommen, müssen sich ausziehen und werden dekontaminiert, 100 Angestellte kommen in Quarantäne. Die Substanz erweist sich als eine ungefährliche Verwandte von Anthrax.

      Doch plötzlich berichten die Zeitungen über die neue Gefahr des Bioterrorismus. In der Washington Times schreibt der Journalist Fred Reed: "Ich kenne einen Mann namens Steve Hatfill, der Arzt ist und viel Erfahrung mit der Dritten Welt hat und all den Krankheiten dort. Was würde nur geschehen, fragt er sich, wenn Terroristen, mit oder ohne Unterstützung von Regierungen wie der irakischen, Krankheiten als biologische Waffe gegen Amerika einsetzen würden? Wie würden sie das anstellen? Dr. Hatfill hat darüber intensiv nachgedacht." Im Folgenden entwirft der Journalist mithilfe seines Experten mehrere Szenarien. Alle handeln von Anthrax-Attacken. Am Ende des Textes heißt es: "Kaum jemand ist auf Bioterrorismus vorbereitet."

      Das ist der Refrain des Steven Hatfill. Er wird zum großen Mahner. Amerika schläft, nur Steven Hatfill wacht. Das Magazin Insight zeigt ihn mit Gasmaske und selbst gebautem Schutzanzug aus Mülltüten in seiner Küche - eine Übung für jedermann.

      Schließlich geschieht etwas, das jeden Kriminalpsychologen alarmiert. Wenige Tage vor den Anschlägen des 11. September 2001 und wenige Wochen vor dem Versand der Milzbrandbriefe verliert Steven Hatfill seine Zugangsberechtigung zu den Hochsicherheitsbereichen der Bioabwehrforschung. Warum, sagt niemand. Nicht das Pentagon, nicht Hatfill, nicht das FBI.

      Für einen Propheten der Apokalypse ist der Ausschluss aus dem Kreis der Hohepriester die schlimmste Beleidigung. Hat Steven Hatfill mit einem Kurzschluss reagiert? Demnach wäre Hatfill, wenn er es denn wirklich ist, jener schizoide Täter-Retter, jener "Superpatriot", den die gängigen Theorien sich ausmalen: ein nicht erhörter Warner, der, als er aus dem Allerheiligsten der Laborwelt verbannt wird, zuschlägt, um sein Land zu erwecken, sogar wenn das Menschenleben kosten sollte; er will die Nation ja nur vor noch größerem Blutzoll bewahren.

      Doch die Biografie des Steven Hatfill taugt nicht zu seiner Apotheose als tragischer Held. Zu viele dunkle Mächte begleiten ihn auf seinem Weg: die Schocktruppen des rhodesischen Rassistenregimes, die südafrikanische Apartheidsregierung und die CIA. Aber der Reihe nach.

      Steven Hatfill hat in Harare, im früheren Rhodesien, Medizin studiert. Merkwürdigerweise taucht viele Jahre später auf den Anthrax-Briefen an die beiden amerikanischen Senatoren Patrick Leahy und Thomas Daschle folgender Absender auf: 4th Grade, Greendale School, Franklin Park, N. J. Doch eine Greendale-School gibt es in New Jersey nicht. Die gibt es dafür in Harare, in jenem Vorort gleichen Namens, in dem Hatfill Ende der siebziger Jahre wohnt. Das kann Zufall sein, muss es aber nicht.

      Als Hatfill in Rhodesien ist, bricht dort die größte Milzbrandepidemie der Geschichte aus. 182 Menschen sterben, 10 000 werden krank. Später bekennen Offiziere, die Armee habe den Erreger gegen Schwarze eingesetzt. Alle Toten sind schwarz. Hatfill ist damals, wie er selbst angibt, Mitglied einer Eliteeinheit der Armee, die Feinde im Hinterland aufspürt und tötet. Die Feinde sind während dieser Jahre die Schwarzen.

      Als Nächstes taucht Hatfill in Südafrika auf. Wieder tritt er in den Dienst eines Apartheidregimes ein. Er arbeitet für die Regierung an einem Forschungsprojekt in der Antarktis, woran genau, ist unbekannt. Bekannt ist hingegen (aufgrund einer Recherche der südafrikanischen Zeitung Daily Dispatch), dass Hatfill in dieser Zeit Verbindungen zur rechtsradikalen Afrikaner Weerstands Beweging des Eugene Terre`Blanche hat. Er übt mit dessen Bodyguards das Schießen, das er schon früher erlernt hat, spätestens beim Eintritt in die amerikanische Armee in Fort Bragg.

      Was weiß die CIA, was das FBI?

      In Hatfills Lebenslauf klaffen immer wieder Lücken, was The American Prospect mit "Geheimprojekten" erklärt. Seine Verbindungen zur CIA sind kaum zu übersehen. Mitte der neunziger Jahre taucht Hatfill als ABC-Waffen-Inspektor der UN im Irak auf. Dass die CIA die Inspektoren abschöpft, macht einer von ihnen später in einem Buch öffentlich. 1999 nimmt Hatfill an einem CIA-Kurs über biologische und chemische Waffen teil. Die Firma, für die er bis März 2002 arbeitet, ist Auftragnehmer der CIA.

      Haben die Anthrax-Anschläge etwas mit den Geheimnissen der amerikanischen Regierung zu tun? Diese Frage müssten sich eigentlich seit vergangener Woche Amerikas Medien stellen. Doch nur wenige tun das. Nur ein einzelner namhafter Kommentator greift die Fahnder an. Nicholas D. Kristof zeiht in der New York Times das FBI der "Lethargie" und der "Unfähigkeit". Er beklagt, dass Hatfill noch immer nicht unter Beobachtung stehe und noch immer keine Schriftproben zum Vergleich mit den Anthrax-Briefen abliefern müsse. Wäre der Mann ein Araber, schreibt der Kolumnist, "wäre er längst verhaftet. Aber es handelt sich um einen blauäugigen Amerikaner mit Verbindungen zum Pentagon, zur CIA und zum Bioabwehrprogramm."

      Kristof präsentiert eigene Recherchen, wonach Hatfill mehrere Identitäten besitze und bis in die jüngste Zeit im Auftrag der Regierung nach Zentralasien gereist sei. Hatfill verkehre in einem abgelegenen Gebäude, "vermutlich einem ,sicheren Haus` der Geheimdienste". Deshalb will der Journalist wissen, ob nicht nur Hatfill, sondern ob "auch die CIA und der Militärgeheimdienst bei der Ermittlung voll kooperieren".

      Das Misstrauen gegenüber dem FBI ist schon fast ein halbes Jahr alt. Es fußt auf einem Aufsatz von Barbara Hatch Rosenberg, einer New Yorker Expertin für biologische Kampfstoffe. Sie wurde vom FBI konsultiert, zog sich aber, entsetzt über die Ermittlungsarbeit, zurück. Am 5. Februar 2002 schreibt sie, das FBI kenne wahrscheinlich die Identität des Anthrax-Terroristen seit Monaten, nehme ihn aber nicht fest, "weil er zu viel weiß". Am 17. Juni meldet sie sich wieder zu Wort (auf der Website redflagsweekly.com). Sie präsentiert Verdachtsmomente, die auf Steven Hatfill zielen. Als das FBI acht Tage später dessen Wohnung durchsucht, kann der Name nicht mehr geheim bleiben.

      In der Mysterienwelt der amerikanischen Bioverteidigung ist es schwierig, verdächtiges Verhalten von normalem zu unterscheiden, einen Verdacht von einer Fantasie. Rosenbergs Kritik erzeugte jedenfalls allerlei Verschwörungstheorien. Auf den Websites hat ein wildes Geschnatter eingesetzt, und die Abteilung für Epidemiologie der Universität von Kalifornien publiziert inzwischen einen Wegweiser durch das Labyrinth der Anthrax-Theorien. Ob das FBI als zusätzlicher Verdächtiger zu gelten hat, vermag außerhalb der amerikanischen Regierung kaum jemand zu beurteilen.

      Das FBI bezeichnet Rosenbergs Vorwürfe (und alle Ableger davon) als Humbug. Die Durchsuchung von Steven Hatfills Wohnung habe keinerlei Indizien erbracht. Insgesamt mache die Fahndung aber Fortschritte, wenn auch langsam. Vielleicht orientiert sich das FBI an der Fahndung nach dem berühmten Unabomber. Die hat 17 Jahre gedauert.


      [LINKS]
      Federation of American Scientists Working Group on Biological Weapon: Analysis of the Anthrax Attacks Barbara Hatch Rosenbergs Analyse vom Ferbruar 2002

      The American Prospect: Who is Steven Hatfill? Die Biografie des verdächtigen von Laura Rozen

      Johns Hopkins University: Center for Civilian Biodefense Strategies Eine der wichtigsten Informationsquellen über die Public Health- und Medizin-Aspekte von Anthrax und sämtlichen weiteren Biowaffensystemen
      DIE ZEIT 29/2002
      Avatar
      schrieb am 11.07.02 15:05:25
      Beitrag Nr. 207 ()
      Präsidentschaft, zweiter Teil
      Bisher regierte Bush nur mit dem Terror-Thema – die Bilanzfälschungen treffen ihn unvorbereitet

      Von Stefan Kornelius

      Dies ist nun wirklich eine ganz neue Erfahrung für George Bush: Es gibt ein Leben jenseits des Terrorismus. Die Botschaft ereilte den Präsidenten nur wenige Meter entfernt von der Stelle in New York, wo einst die Zwillingstürme standen, wo also das Dasein des Homo Politikus Bush seine Bedeutung erhielt. Nun spricht der Präsident in einem Imbiss an der Wall Street und verfällt in die gleiche Rhetorik von Gut und Böse, die bisher seine Außenpolitik prägte. Nur: Die Rede galt einem terror-freien Thema, bei dem die Blut- und Schweiß-Metaphorik des Oberkommandierenden deplaciert wirkte. Bush wird erfasst von den Niederungen des politischen Alltags, der Präsident erfährt die Mühsal der Ebene, und er verdankt diese Unannehmlichkeit seinem wichtigsten Verbündeten überhaupt: Corporate America, den Chefs der großen Unternehmen.

      Der Skandal um Buchführung und Bilanzbetrug in den Konzernen hat also die Politik erfasst, was lediglich eine Frage der Zeit war, denn kaum eine Regierung ist so eng verflochten mit den Vorstandsetagen wie die von Bush. Der Skandal trifft doppelt: Bush muss als Präsident eines verunsicherten und zornigen Anleger-Volkes sprechen. Und er muss reagieren als der Ex-Eigentümer von Bush Exploration, seiner einstigen Öl-Förderfirma, die mannigfach verbandelt war mit der Energiewirtschaft, und in der sich Bush als Geschäftsmann wohl mehr als einmal auf dubiose Weise bereicherte. Erklärungen – auch über einen möglichen Insider-Handel – blieb er bis heute schuldig. Ernsthaft gefährlich wird die Betrugswelle für Vizepräsident Cheney, der vor seiner Amtszeit als Chef eines Energiedienstleisters offenbar verantwortlich war für eine Bilanzfälschung.

      Bush trifft diese innenpolitischen Herausforderung ebenso unvorbereitet wie die außenpolitischen Krise vom 11.September. Vor den Terror-Angriffen fehlte seiner Präsidentschaft die Botschaft. Dann verkaufte sich Bush als Anführer einer Nation im Krieg. Plötzlich fand sich eine Bestimmung, die er anfangs gar religiös ableitete. Innenpolitische Kleinkrämereien wischte er vom Tisch mit der Geste des großen Feldherren. Seine Regierung wollte Landkarten neu zeichnen, Herausforderungen von existentieller Dimension bestehen, Amerika vor der unsichtbaren Hand des Bösen retten. Aber Bush überzog die Kriegsrhetorik, und je häufiger in Washington der Alarm ausgerufen wurde, desto mehr stumpfte die Nation ab.

      Diese Nation ist nun empfänglich für einen politischen Themenwechsel. Der Bilanzfälscher-Skandal kommt da gelegen, weil er ablenkt von der Terror- Last, mit der sich das Land zunehmend müde dahinschleppt. Erfolge im Kampf gegen al-Qaida sind rar geworden, Frustrationen und Misserfolge stellen sich ein. Deswegen trifft der Präsident den falschen Ton, wenn er vor der Wall Street von einem Sonderkommando gegen Bilanzfälscher spricht, als müssten Manager aus Höhlen getrieben werden. Moral, Ethik, Werte – Bush legt die Schwarz-Weiß-Schablone aus seiner außenpolitischen Präsidentschaft als Muster auf den Bilanzen-Skandal – und im gleichen Atemzug beansprucht er das fein- abgestufte Grau-Raster für seine eigene Vorstands-Vergangenheit.

      Im November sind Zwischenwahlen in den USA, der Kongress wird neu bestimmt. Der Skandal kann Bush die letzte Mehrheit im Parlament kosten, weil er selbst verstrickt und damit unglaubwürdig ist. Der Präsident, der so gerne die großen Vorgänger zu seinen Idolen erklärt, sollte sich vielleicht in der jüngeren Geschichte umschauen. Ein gewisser J. Edgar Hoover, ebenfalls ein Republikaner und anders als Bush von hoher politischer Befähigung, blieb nur vier Jahre im Amt, weil die Menschen das Vertrauen in ihn verloren hatten. Hoover war Präsident während der Spekulations-Katastrophe von 1929. Er glaubte, es handele sich lediglich um ein Problem der Spekulanten und unterschätzte die Wirkung auf das Land. Sein Trost: Er war und blieb ein Freund der Geschäftswelt.


      Sind vielleicht die Marionettenspieler genau so clever wie ihr Frontkasper?
      hmmm???
      Avatar
      schrieb am 11.07.02 16:14:10
      Beitrag Nr. 208 ()
      BUSH: „Wir werden die Korruption ausmerzen“ ....
      „Wir müssen eine neue Ära der Rechtschaffenheit einläuten“, sagte der US-Präsident am Dienstag vor Unternehmern der „Vereinigung für ein besseres New York“. Er kündigte eine Arbeitsgruppe für Wirtschaftskriminalität unter der Leitung des stellvertretenden Justizministers an, außerdem forderte er mehr Ermittler, eine Verdoppelung der Höchststrafe für Wirtschaftsvergehen und neue scharfe Offenlegungspflichten für Unternehmen.



      KORRUPTION AM WEISSEN NIL

      Schulden für Uganda, Gewinne für Amerika

      Von Harald Schumann

      Trotz weltweiter Kritik plant die Weltbank die Finanzierung eines überteuerten Großstaudamms in Uganda, der einem US-Konzern Gewinne garantiert, das Land aber noch tiefer in die Verschuldung treibt - ein klassischer Fall falsch gesteuerter Globalisierung.

      Der Lärm ist ohrenbetäubend, der Anblick überwältigend. Bis zu 3000 Tonnen Wasser stürzen jede Sekunde über die Klippen in die Tiefe, die Gischt lässt zahllose Regenbogen im Tropfenschleier schillern. Hier, an den Bujagali-Stromschnellen des Weißen Nil in Uganda, bewunderten schon die Abenteurer des 19. Jahrhunderts das Spiel der Farben und Naturgewalten.
      Und eben hier, rund 100 Kilometer nördlich der Hauptstadt Kampala, wollen die Raubritter des Globalisierungszeitalters das große Geld mit der Armut machen: Quer über den 700 Meter breiten Strom wollen der US-Kraftwerkskonzern AES und die ugandische Regierung mit Hilfe von Krediten der Weltbank und der Westdeutschen Landesbank eine 30 Meter hohe Staumauer errichten, an deren Abfluss vier Turbinen die Kraft des Wassers in jährlich über 1000 Gigawattstunden Strom verwandeln. Das würde die Kraftwerkskapazität des bettelarmen Uganda verdoppeln.

      Das Projekt, so verspricht es AES-Manager Mark Fitzpatrick, werde "ein Meilenstein für Uganda und Afrika" und Weltbank-Chef James Wolfensohn spricht gar von einem "erstklassigen Entwicklungsprojekt".

      Doch was daher kommt wie eine grandiose private Investition in Afrikas Zukunft, droht einer der teuersten und schäbigsten Fehlschläge der internationalen Entwicklungspolitik zu werden. Denn die technischen und wirtschaftlichen Bedingungen des Projekts zielen grob an den Interessen der ugandischen Bevölkerung vorbei.

      Der absehbare Strompreis ist für die meisten Ugander unbezahlbar und das Verteilungsnetz gänzlich unzureichend. Gleichwohl garantiert die Regierung des ugandischen Potentaten Yoweri Museweni dem Betreiberkonzern die Abnahme zum Festpreis - ein Vertrag, der ohne jede öffentliche Ausschreibung zu Stande kam und schon deshalb nach Bestechung und Vorteilsnahme riecht. Ein "Wirtschafts- und Staatsverbrechen" bahne sich an, empörten sich daher ugandische Gegner des Dammbaus. "Die Weltbank ist drauf und dran, ihre alten Fehler im großen Stil noch einmal zu wiederholen", warnt auch Heffa Schücking, Sprecherin der Umwelt- und Entwicklungsorganisation "urgewald".

      Gewinn ohne Risiko
      Größter Nutznießer des 573 Millionen Dollar teuren Vorhabens ist der US-Stromkonzern Applied Energy Systems (AES), der weltweit 182 Kraftwerke in betreibt, vornehmlich in Entwicklungsländern. Dabei ist das Unternehmen zugleich größter Kunde der International Finance Corporation, des kommerziellen Zweiges der Weltbank, der gleich mit mehreren Milliarden Dollar Kredit- und Bürgschaftszusagen bei AES-Projekten engagiert ist.

      Genau so soll es auch beim Bujagali-Damm laufen. Lediglich ein Fünftel der Kosten will das Unternehmen selbst aufbringen. Den ganzen Rest will ein von der IFC angeführtes Bankenkonsortium per Kredit bereitstellen, an dem sich auch die Westdeutsche Landesbank und die von der Bundesregierung mitgetragene Afrikanische Entwicklungsbank beteiligen.

      Bei all dem gehen die amerikanischen Strommanager und ihre Banken jedoch keinerlei unternehmerisches Risiko ein. Denn die Frage, ob und zu welchem Preis ihr Strom in Uganda verkäuflich ist, muss sie nicht kümmern. Dafür sorgt ein Vertrag, den die örtliche AES-Betreibergesellschaft mit der ugandischen Regierung schloss. Darin verpflichtet sich die staatliche Stromgesellschaft des Landes für 30 Jahre zur Abnahme des Stroms zum kostendeckenden Preis einschließlich Gewinnzuschlag für AES - in US-Dollar versteht sich.

      Der Strom wird teuer und unverkäuflich
      Doch zur Vermarktung der gewonnenen Elektrizität sind Ugandas staatliche Stromverkäufer gar nicht in der Lage. Bislang haben gerade einmal drei Prozent der Bevölkerung überhaupt Anschluss ans Netz. Das ist zudem technisch hoffnungslos veraltet. Von dem im bislang einzigen Großkraftwerk zehn Meilen stromaufwärts von Bujagali gewonnen Strom gehen 30 Prozent unbezahlt verloren, sowohl durch technische Mängel als auch durch illegale Nebenleitungen.

      Abhilfe dafür sollen nach den Plänen der Weltbank die Privatisierung des Stromnetzes und weitere Investitionen in Höhe von 374 Millionen Dollar bringen. Allein, dafür gibt es bislang weder einen Investor noch Kapital, dieser Teil des Geschäfts war für Amerikas Stromglobalisierer nicht lukrativ genug. Gleichzeitig räumen selbst die von der Weltbank beauftragten Experten ein, dass sich der Strompreis für die Endkunden voraussichtlich auf über zehn US-Cent pro Kilowattstunde verdoppeln müsste, um den teuren Dammbau zu finanzieren - ein Preis, den sich höchsten ein Zehntel der Ugander überhaupt leisten könnte.

      Damit ist absehbar, dass Uganda mit dem Dammprojekt vermutlich nur noch tiefer in die Schuldenfalle gerät. Bereits heute steht das Land - trotz eines Teilschuldenerlasses - mit 3,7 Milliarden Dollar bei ausländischen Kreditgebern in der Kreide und muss ein Viertel seiner vornehmlich mit Kaffeeexporten verdienten Devisenerlöse für Zinsen ausgeben. Mit dem Bujagali-Projekt werden die jährlichen Verpflichtungen noch einmal um mindestens ein Drittel steigen.

      Das "Krebsgeschwür der Korruption"
      Nicht nur dieser Umstand deutet darauf hin, dass es bei dem Projekt von Anfang an nicht mit rechten Dingen zuging. Auch die Tatsache, dass Ugandas seit 16 Jahren amtierender Staatschef das Projekt nicht international ausschreiben ließ, hätte die Weltbanker stutzig machen müssen. Schließlich wird ihr Chef Wolfensohn nicht müde, bei allen Gelegenheiten die Bekämpfung des "Krebsgeschwürs der Korruption" anzumahnen.


      Teil 2: Die Weltbank ignorierte schwerste Korruptionsvorwürfe, doch jetzt kommt die Prüfkommission der Bank und die Krise der US-Börsen den Ugandern zu Hilfe

      Zudem erhoben bereits im Januar 1999 drei ugandische Parlamentarier nach Presseveröffentlichungen den Vorwurf, der damalige Energieminister Richard Kajuka habe eine viertel Million Dollar für die Unterzeichnung des AES-Vertrages erhalten - ein Vorgang, den der seit 16 Jahren amtierende Chef des ugandischen Einparteienstaates Museveni mit der Entfernung des Ministers aus dem Amt quittierte. Polizeiliche Ermittlungen fanden nie statt. Stattdessen installierte Museveni seinen Minister pikanterweise als Vertreter Schwarzafrikas bei der Weltbank, wo er das Projekt weiter promovieren konnte.

      Nicht minder fragwürdig ist die Beteiligung der ugandischen Firma Madvhani an der Betreibergesellschaft AES Nile Power. Nicht nur dass die Weltbank seit längerem gegen das Unternehmen wegen Korruption bei anderen Projekten ermittelt. Zugleich sind drei seiner Mitarbeiter in Uganda selbst wegen Unterschlagung von Mitteln für das Bujagali-Projekt in Haft.

      All das hinderte die das Exekutiv-Direktorium der Weltbank Anfang Dezember vergangenen Jahres jedoch nicht, das Vorhaben durchzuwinken. In dem Gremium, wo die nationalen Anteilseigner aus den Wohlstandsnationen die jeweiligen Kredite genehmigen müssen, war das Vorhaben bis dahin offenbar völlig unstrittig.

      "Wir müssen endlich privates Kapital nach Afrika bringen", rechtfertigt Eckhardt Deutscher, Weltbank-Vertreter der Bundesregierung seine Zustimmung, obwohl doch allein der Steuerzahler in Uganda und den Staaten seiner Kreditgeber haftet. Zudem zwinge der überschüssige Strom Uganda zur Kooperation mit den Nachbarländern zur Zusammenschaltung ihrer Netze für Stromhandel, meint Deutscher. Auch das sei eine gute Sache.

      Weckruf durch die bankeigene Prüf-Kommission
      Pech nur, dass Fachleute an anderer Stelle der kruden Argumentation nicht folgen wollten. Auf Antrag der ugandischen Dammgegner nahm sich das von der Bank finanzierte aber unabhängige "Inspection Panel", eine Art Prüfkommission, das Projekt vor und kam zu vernichtenden Ergebnissen.

      Die Prüfer bestätigten nicht nur die im In- und Ausland vorgebrachte Kritik, dass die Projektplaner der Bank das Kraftwerksvorhaben ihres Lieblingskunden AES mit viel zu optimistischen Annahmen schön gerechnet hatten. Schon eine mäßige Abwertung des ugandischen Schilling gegenüber dem Dollar, so befanden die Kontrolleure, würde den Strompreis in unbezahlbare Höhen treiben, weil der ugandische Staat in Dollar bezahlen aber für Schillinge verkaufen müsste. Zudem machte sich die Kommission die Forderung zu eigen, dass der Stromvertrag zu Lasten der AES grundsätzlich verändert werden müsste, um das Marktrisiko nicht nur der ugandischen Bevölkerung aufzubürden.

      Auch dieses Urteil wäre vermutlich folgenlos geblieben, hätte nicht die schwedische Export-Bürgschaftsagentur im Februar beschlossen, dass sie ihre ursprüngliche zugesagte 100-Millionen-Dollar-Garantie für schwedische Lieferfirmen von AES wegen des "zu hohen Risikos" zurückzieht. Zuvor hatten bereits die entsprechenden Behörden in Großbritannien und den USA solche handelsüblichen Garantien verweigert und so das komplexe Finanzierungskonzept zum Einsturz gebracht.

      Als die AES-Freunde bei der Weltbank Anfang Juni nun auch noch die fehlenden Export-Garantien über die hauseigene Agentur nachliefern wollte, zog Weltbank-Präsident Wolfensohn die Notbremse. Wegen angeblicher neuer Korruptionsvorwürfe ließ er kurzerhand die vorgesehene Zustimmung des Exekutiv-Direktoriums auf unbestimmte Zeit verschieben.

      Rettung durch den Enron-Effekt

      Zwar hatte Wolfensohn selbst noch im Dezember erklärt, alle Klagen wegen Bestechung im Bujagali-Fall seien "vollständig ermittelt" und keine Beweise gefunden worden. Doch womöglich ist die angeblich neue Korruptionsaffäre nur ein Vorwand für einen Ausstieg aus dem Projekt ohne allzu großen Gesichtsverlust. Denn der neue Hinweis, so berichtete das "Wall Street Journal", kam ausgerechnet aus der Zentrale des AES-Konzerns selbst.

      Dessen Management kämpft aber derzeit ums Überleben. Nach einem Kurssturz der AES-Aktie um 88 Prozent kündigte das Unternehmen umfangreiche Beteiligungsverkäufe an, um seine Bilanz aufzubessern. Gut möglich dass dem Konzern darum zur Zeit einfach nur das Eigenkapital fehlt, um die Baugesellschaft vor Ort, die AES Nile Power, mit den nötigen Mitteln auszustatten.

      So bleibt Uganda der teure Irrweg in den Dammbau vielleicht doch noch erspart und die Weltbank hat Zeit, sich wieder auf ihre eigenen Richtlinien zu besinnen, die eigentlich die Förderung der jeweils günstigsten und sozialverträglichsten Möglichkeiten zur Entwicklung eines Landes vorschreiben.

      Die gibt es selbstverständlich auch für Ugandas Stromproblem, wie das Nachbarland Kenia eindrücklich demonstriert. Dort beziehen inzwischen mehr Menschen ihren Strom aus Solarzellen als aus Kraftwerken. Schon an die 50 private Firmen bauen überall im Land Photovoltaik-Anlagen, die Branche wächst ohne jede Subvention bis zu 18 Prozent im Jahr.

      Billiger für Uganda wäre auch die Errichtung kleinerer Erdwärmekraftwerke, die wegen des heißen Grundwassers im "Rift Valley" vergleichsweise günstig zu errichten wären - eine Alternative, deren Machbarkeit ausgerechnet die Weltbank selbst demonstriert. Im kenianischen Teil des Tals finanziert sie den Bau von Erdwärme-Generatoren.

      www.spiegel.de
      Avatar
      schrieb am 11.07.02 16:29:32
      Beitrag Nr. 209 ()
      11. Juli 2002, 11:24, Neue Zürcher Zeitung


      Bushs Rede an der Wall Street: Beruhigungspille

      Die Botschaft von George W. Bush sollte eigentlich so laut wie möglich und ohne Umschweife ihre Adressaten erreichen: Im Herzen der Wall Street hielt der amerikanische Präsident eine programmatische Grundsatzrede, mit der er die üblen Taschenspielertricks gieriger Manager anprangerte und ein härteres Durchgreifen einer noch unterdotierten Finanzaufsicht in Aussicht stellte. In der Sache unterschieden sich seine Aussagen indes nicht deutlich von der letzten präsidialen Intervention zu den Kaskaden von Finanzskandalen, die Amerikas Wirtschaft seit rund einem halben Jahr erschüttern. Bereits im März hatte Bush nicht sonderlich entschlossen gewirkt, als er einen Zehn-Punkte-Plan angekündigt hatte, den Opposition und Experten als ebenso zögerlich wie ungenügend qualifiziert hatten. An den nunmehr gemachten Ankündigungen neu ist einzig, dass nach dem Willen von Bush bei Bilanzfälschungen die Gefängnisstrafen verdoppelt werden, die Börsenaufsicht SEC finanziell aufgerüstet wird und im Justizministerium eine weitere Kommission gegen Wirtschaftskriminalität gegründet wird. Auf Grund dieser Massnahmen lässt sich der Vorwurf nicht ganz von der Hand weisen, Bush sei lediglich auf einen fahrenden Zug aufgesprungen, der von der Opposition in Gang gesetzt worden ist.

      Dass der Präsident unlängst in den Chor der Protagonisten einer neuen Wirtschaftsethik eingestimmt und seinerseits reformierte Praktiken der Unternehmensführung gefordert hat, war bisher zumindest Balsam auf die Wunden jener amerikanischen Aktiensparer, die nun um ihre Altersvorsorge bangen. Dagegen riskiert er mit dem jüngsten Auftritt den Vorwurf, zur weiteren Beschwichtigung lediglich eine Beruhigungspille verabreicht zu haben. Zwar ist angesichts der Vertrauenskrise an den Finanzmärkten verständlich, dass der Präsident der grössten Wirtschaftsnation der Welt in einer Zeit der Krise zumindest moralische Klarheit und Besonnenheit demonstrieren will. Allerdings bleibt Bush nicht nur wegen einer alten Affäre aus dem Beginn der neunziger Jahre angreifbar, als er sich dem - im Urteil der SEC - unhaltbaren Vorwurf des Insiderhandels stellen musste. Verwundbar ist der konservative Präsident freilich auch wegen seiner Nähe zu jenen Wirtschaftskreisen, die gerade in diesen Wochen einem Sperrfeuer der Kritik ausgesetzt sind.

      Um vor diesem Hintergrund glaubwürdig zu sein, sollte gerade ein Präsident Bush einen besonderen Effort leisten, um Remedur zu schaffen gegen die Überstrapazierung der von Corporate America in den neunziger Jahren angewendeten Standards. Dazu müssen allerdings nicht zwangsläufig und im Übereifer neue Regulierungen aus dem Boden gestampft werden, wie dies etwa der oppositionelle Senat derzeit vormacht. Aufrichtigkeit kann nämlich nicht dekretiert und reglementiert werden. Und die Selbstreinigungskraft der Finanzmärkte hat gerade in den USA bisher vergleichsweise gut funktioniert. Sie ist nicht zuletzt einer ausgeprägten Aktionärskultur zu verdanken, aus der sich in den Vereinigten Staaten ein angemessenes Risikobewusstsein entwickelt hat. Mit Augenmass die Rechte und Pflichten der Aktionäre zu pflegen, sollte daher bei aller berechtigten Kritik an den jüngsten Finanzdebakeln die erste Priorität der Regierung sein.

      fg.
      Avatar
      schrieb am 14.07.02 23:56:07
      Beitrag Nr. 210 ()
      Das Imperium schlägt nicht zurück: Amerika kann der Rest der Welt fast egal sein

      Die Hypermacht: Ist Amerika zu stark für diese Welt?



      SAN FRANCISCO, 14. Juli.

      Der fragile Kompromiß im Streit um den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag, den Diplomaten am Freitag ausgehandelt haben, mag die Auseinandersetzung über die Immunität amerikanischer Friedenstruppen und die Zukunft des Bosnien-Einsatzes der Vereinten Nationen einstweilen beilegen. Die Mühe jedoch, die es gekostet hat, eine Lösung zu finden, und die Bitterkeit der Auseinandersetzung in den vergangenen Wochen deuten auf ein tiefere Kluft hin, auf ein Zerwürfnis, das weit über juristische Fragen hinausgeht. Zum ersten Mal seit dem 11. September, vielleicht zum ersten Mal überhaupt seit dem Ende des Kalten Krieges hat sich in dem New Yorker Disput in aller Schärfe abgebildet, was der angesehene amerikanische Historiker Paul Kennedy die "Asymmetrie der Macht" genannt hat: das dramatische Ungleichgewicht der Kräfte zwischen den Vereinigten Staaten und dem Rest der Welt.

      In einem Essay für die Londoner "Financial Times", das mit einer geradezu schwärmerischen Schilderung der Unbesiegbarkeit eines amerikanischen Flugzeugträger-Verbandes im Indischen Ozean einsetzt, erinnerte Kennedy unlängst an das Ausmaß der Überlegenheit der Vereinigten Staaten. Sie sind, pathetisch gesprochen, die Sonne, um die sich die Erde dreht. Jede beliebige Zahl belegt es. Im Jahr 2003 wird Amerika mehr Geld für seine Streitkräfte ausgeben als die fünfzehn nächstgrößten Armeen zusammen. Die Vereinigten Staaten gebieten über eine gewaltige Übermacht bei den Atomwaffen, über die modernste Luftwaffe sowie über die einzigartige Fähigkeit, ihre Macht an nahezu jeden beliebigen Punkt der Erde zu "projizieren", wie es im einschlägigen Jargon heißt, vulgo: überall auf der Welt Krieg zu führen, notfalls an mehreren Orten zugleich.

      Zur militärischen Omnipotenz kommt die ökonomische Dominanz. Amerikas Wirtschaft ist doppelt so stark wie die des schärfsten Konkurrenten Japan, und der Bundesstaat Kalifornien allein erwirtschaftet ein Bruttosozialprodukt, das größer ist als das von Frankreich und nur wenig kleiner als das britische. Technologisch können die Vereinigten Staaten mit jedem denkbaren Rivalen mithalten, fünfundsiebzig Prozent aller Nobelpreisträger leben und lehren in Amerika, die zehn besten Universitäten dort haben alle anderen Hochschulen der Welt hinter sich gelassen, und der weltweite Einfluß der amerikanischen Kulturindustrien ist so groß, daß dagegen alle Interkontinentalraketen, Stealth-Bomber und Flugzeugträger wie Wasserpistolen wirken.

      In der jüngsten Ausgabe der Zeitschrift "Foreign Affairs" haben die beiden Politikwissenschaftler Stephen G. Brooks und William C. Wohlforth gleichsam spaßeshalber einmal darüber nachgedacht, was die amerikanische Vormachtstellung in Zukunft gefährden könnte. Die einzig halbwegs realistische Option, die ihnen einfiel, wäre ein gegen Amerika gerichteter strategischer Zusammenschluß von Rußland, China, Japan und - Deutschland. Aber selbst diese bizarre Allianz brauchte mindestens zwanzig Jahre, um gleichzuziehen. Kein Zweifel, die Zeiten der bipolaren Weltordnung des Kalten Krieges sind vorbei. Amerika ist keine Supermacht mehr. Es ist, um die in Frankreich derzeit gern benutzte Vokabel zu zitieren, längst zur "Hypermacht" aufgestiegen: Alle Wege führen nach Washington.

      Mit einiger Hingabe debattieren konservative Intellektuelle in Amerika daher dieser Tage, ob die Vereinigten Staaten das Erbe des Römischen Weltreichs angetreten haben. Sind wir das Neue Rom? fragen sie. Ist die amerikanische Republik, die in ihrer nationalen Ikonographie, in ihrer Symbolik und in der Architektur ihrer Hauptstadt schon immer einen imperialen Gestus beschworen hat, "ein Imperium im Werden", wie es der Politikwissenschaftler Charles H. Fairbanks von der Johns-Hopkins-Universität formuliert hat? Paul Kennedy bestreitet das. Es werde kein neues Imperium geboren: es existiere längst. Seit den Tagen, als die ersten Siedler in Virginia gelandet und nach Westen gezogen seien, schreibt er, "war Amerika eine imperiale Nation, eine erobernde Nation". Neu und noch ein wenig ungewohnt sei lediglich, bemerkte der Publizist Charles Krauthammer jüngst, daß das Wort "Imperium" ("empire"), das bislang Science-fiction-Filmen vorbehalten war, nicht mehr tabu sei.

      Natürlich sind diejenigen, die Amerika nun den Imperatorenmantel um die breiten Schultern hängen wollen, stets die ersten, die empört aufschreien, wenn die Vereinigten Staaten "imperialistisch" genannt werden. Und ebenso selbstverständlich blenden sie in ihren Analogien alle Assoziationen aus, die gleichfalls mit dem Römischen Reich verbunden sind: Orgien und Dekadenz, Niedergang und Tyrannei. Wer der amerikanische Nero werden könnte, ist nicht Gegenstand der Debatte. Das Eigentümlichste des Rom-Vergleichs jedoch ist vielleicht, daß er erst jetzt angestellt wird. Schließlich ist die amerikanische Überlegenheit ja nichts Neues. Schon seit mehr als einem Jahrzehnt, seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion, dauert jener "unipolare Augenblick" an, den zuerst Charles Krauthammer 1991 konstatiert hat: eine geopolitische Konstellation, in der Amerika als einziges Machtzentrum übriggeblieben ist.

      Das Erstaunliche der vergangenen zehn Jahre ist aber die Tatsache, daß die Übermacht der Vereinigten Staaten noch weiter gewachsen ist. Dank der ökonomischen und politischen Krisen Rußlands, der Stagnation Japans und dem Wirtschaftsboom der neunziger Jahre ist der Abstand, ohnehin schon gewaltig, noch größer geworden. "Niemals zuvor hat es eine solche Asymmetrie der Macht gegeben, niemals", schreibt Kennedy - derselbe übrigens, der noch vor zehn Jahren in seinem Buch "The Rise and Fall of the Great Powers" den unausweichlichen Niedergang Amerikas prophezeit hatte. Nie hat ein Staat derart weltumspannende Macht besessen wie Amerika heute. Selbst Rom herrschte nur rings um das Mittelmeer. Ein Umstand, den amerikanische Analysten und Kommentatoren in einer Mischung aus Stolz und Staunen zur Kenntnis nehmen.

      Es sei, notiert Kennedy in einer bemerkenswerten Metapher, als habe unter allen Bewohnern des Affenhauses im Londoner Zoo "eine Kreatur immer weiter und weiter - und weiter - zugenommen, bis sie sich zu einem Fünfhundertpfund-Gorilla ausgewachsen" habe. Dieses Geschöpf könne nichts für seine Größe, "und in gewisser Weise bleibt auch Amerika heute nichts anderes übrig, als zu sein, wie es ist". Alles europäische oder chinesische Zetern wider die amerikanische Übermacht sei nutzlos. Nur diese zwischen Überheblichkeit und leisem Erschrecken angesichts der eigenen Macht schwankende Selbstwahrnehmung kann vielleicht die Bockigkeit der offiziellen amerikanischen Haltung im Streit um den Internationalen Strafgerichtshof erklären.

      Freilich sind nicht alle der "Neuen Römer" rücksichtslose Machtpolitiker. Es gibt zwar die fröhlichen Imperialisten wie den Leitartikler Max Boot vom "Wall Street Journal", der vom stabilisierenden Effekt der britischen Kolonialherrschaft im Nahen Osten schwärmt, oder den Journalisten Robert D. Kaplan, der in seinem Buch "Warrior Politics" die Rom-Analogien am weitesten vorangetrieben hat und ein imperiales Regime als "die vorteilhafteste Form der Ordnung" preist. Aber derlei Trunkenheit angesichts der eigenen Stärke ist eher die Ausnahme. Nicht wenige Kommentatoren sehen die Zusammenballung amerikanischer Macht mit Unbehagen.

      Brooks und Wohlforth etwa warnen in ihrem Aufsatz in "Foreign Affairs" davor, die unumschränkte Freiheit, die Amerika dank seiner Vormachtstellung in allen Fragen der Weltpolitik genieße, auch tatsächlich auszunutzen. Kooperation führe auf lange Sicht allemal weiter als Konfrontation, und viele der drängendsten Probleme - Erderwärmung, Überbevölkerung, Migration, selbst der Kampf gegen den Terrorismus - seien nicht mit Flugzeugträgern allein zu lösen. Ganz ähnlich rät Paul Kennedy der amerikanischen Regierung dazu, "manchmal, wenigstens manchmal in internationalen Auseinandersetzungen nachzugeben, nicht weil der eigene Standpunkt falsch ist, sondern weil es wichtig ist, Großmut und Toleranz denjenigen gegenüber zu beweisen, denen amerikanische Stärke und amerikanische Privilegien fehlen". Und Henry Kissinger schließlich erklärt es in seinem jüngsten Buch zur größten Herausforderung der amerikanischen Außenpolitik, die Macht der Vereinigten Staaten "in einen moralischen Konsens zu überführen": Statt seine Werte mit Gewalt durchzusetzen, solle Amerika auf deren Verführungskraft vertrauen.

      Tatsächlich sah es ja nach dem 11. September für einen Moment so aus, als werde sich Washington am großen Allianzenschmieden beteiligen. Die weltweite Koalition gegen den Terror schien so etwas wie die Keimzelle werden zu können für ein postnationales Sicherheitssystem. Aber offenkundig war dies eine trügerische Hoffnung. Augenscheinlich hat man im Weißen Haus stets nur den ersten Teil der Aufsätze über das Neue Rom gelesen - die Elogen auf die amerikanische Macht. Für die Lektüre der weisen Ratschläge zur Selbstbeschränkung war dann vielleicht keine Zeit mehr. Jedenfalls hat sich die Regierung Bush geradezu planmäßig aus der internationalen Zusammenarbeit zurückgezogen, wo immer sie nicht unmittelbar ihren eigenen Interessen diente. Und zuletzt hat die Veröffentlichung recht präziser Aufmarschpläne des Pentagon für einen Angriff gegen den Irak im kommenden Frühjahr auch alle Hoffnungen zerstäubt, Washington werde das weitere Vorgehen im Kampf gegen den Terror mit den Alliierten abstimmen. Vielleicht wird es Konsultationen geben, vielleicht laufen bereits geheime Vorgespräche über deutschen, britischen, französischen Beistand während einer Invasion. Aber dies werden Verhandlungen über technische Details sein, nicht über prinzipielle Fragen. Über Krieg und Frieden entscheidet Amerika souverän. Ganz so wie einst Rom.

      HEINRICH WEFING

      Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15.07.2002, Nr. 161 / Seite 29
      Avatar
      schrieb am 15.07.02 00:05:05
      Beitrag Nr. 211 ()
      strafgerichtshof

      Keine Spur von Europas Stärke


      Den Bundesministerinnen für Justiz und für Entwicklungshilfe, Däubler-Gmelin und Wieczorek-Zeul, ist zuzustimmen: Mit dem Prinzip der Rechtsstaatlichkeit ist es nicht zu vereinbaren, dass der UNO-Sicherheitsrat entschieden hat, Bürgern der USA und anderer Staaten, die dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) nicht beigetreten sind, die Immunität zu gewähren. Der Sicherheitsrat hat mit seiner Resolution ein falsches Signal ausgesandt - nicht nur an die Entwicklungsländer, sondern an alle 114 Nichtunterzeichnerländer. Diese Staaten werden durch die Resolution ent- statt ermutigt, die Ratifizierung endlich zu vollziehen.

      Kommentar
      von ANDREAS ZUMACH

      Im schlimmsten Fall hat der Rat sogar eine Büchse der Pandora geöffnet, indem künftig auch andere Staaten Ausnahmeregelungen fordern. Die Resolution stellt überdies einen völkerrechtlich unzulässigen Eingriff des Rates in einen internationalen Vertrag dar, der außerhalb des UNO-Systems ausgehandelt wurde. So bleibt nur zu hoffen, dass Staaten wie etwa Kanada die Courage aufbringen, vor dem Internationalen Gerichtshof gegen diese Entscheidung Beschwerde einzulegen.

      Wie Bundesaußenminister Fischer angesichts dieser Sachlage und in Verdrehung aller Tatsachen von einem "beispiellos geschlossenen Auftreten aller EU-Partner" sprechen kann, bleibt sein Geheimnis. Hätte es dieses geschlossene Auftreten wirklich gegeben - oder auch nur ein "15 minus 1", also ohne Großbritannien -, dann wäre ein Ergebnis möglich gewesen, das den IStGH nicht beschädigt hätte. Eine Verärgerung in Washington wäre das kleinere Übel gewesen. Was soll nun der jetzt erneut von Fischer angemahnte "Dialog" mit den USA beinhalten? Was sind seine Ziele? Wer soll diesen Dialog künftig führen?


      Sicher ist nur, dass zum 1. Juli 2003, wenn die Fortschreibung der jetzigen Entscheidung des Sicherheitsrates ansteht, in Washington weiter die Bush-Administration im Amt ist. Wer dann aber in Berlin regiert, ist noch völlig offen. Aus den Reihen der CDU/CSU waren in den letzten Wochen Äußerungen zu hören, die ein bedenklich großes Verständnis für die Forderungen der USA erkennen ließen. Eines scheint klar: Die Entschiedenheit und auch Konfliktbereitschaft, mit der sich zuerst die CDU-FDP-Bundesregierung und dann auch Rot-Grün Ende der 90er-Jahre für einen effektiven, kompetenten und vom Sicherheitsrat möglichst unabhängigen Internationalen Strafgerichtshof engagiert hatte, ist Geschichte.

      taz Nr. 6800 vom 15.7.2002, Seite 1, 85 Zeilen (Kommentar), ANDREAS ZUMACH, Leitartikel
      Avatar
      schrieb am 15.07.02 00:07:03
      Beitrag Nr. 212 ()
      Kritik an Deutschland
      NRO-Vertreter zornig über Nachgeben gegenüber USA
      GENF taz Bei Nichtregierungsorganisationen (NROs) ist die Entscheidung des Sicherheitsrates auf massive Kritik gestoßen. "Diese Resolution ist ein unzulässiger Eingriff in ein internationales Abkommen, und sie wird keinen Bestand haben", erklärte William Pace, Geschäftsführer des "Internationalen NRO-Netzwerkes für einen effektiven und unabhängigen Internationalen Strafgerichtshof (IStGH)". Auch die US-amerikanische Menschenrechtsorganisation "Human Rights Watch" (HRW) sieht in der Entscheidung eine "völkerrechtswidrige Veränderung des IStGH"-Statuts. HRW rechnet mit Klagen aus dem Kreis der 76 Staaten, die das Statut bislang ratifiziert haben.

      Erhebliche Enttäuschung wurde auch laut über die "wenig engagierte Rolle Deutschlands". Es habe "weit weniger Konfliktbereitschaft mit den USA gezeigt als Kanada, Mexiko, aber auch eine ganze Reihe sehr viel kleinerer Staaten", erklärte der New Yorker Vertreter einer beim Thema IStGH führend engagierten NRO gegenüber der taz. Mit einer "eindeutigeren und öffentlich signalisierten Unterstützung Deutschlands für die Haltung Frankreichs wäre - trotz der Haltung Großbritanniens - ein anderes Ergebnis im Sicherheitsrat möglich gewesen". Wenn Bundesaußenminister Fischer jetzt ein "beispielhaft geschlossenes Auftreten aller EU-Partner" behaupte, möchte man "lieber gar nicht wissen, was denn herauskommt, wenn die EU-Staaten einmal nicht geschlossen auftreten", erklärte der NRO-Vertreter. Auf Unverständis stieß auch die Tatsache, dass der "beim Thema IStGH immer sehr engagierte und profilierte" deutsche UNO-Botschafter Dieter Kastrup "ausgerechnet in den wichtigen Debatten der letzten Wochen nicht in New York war". AZU

      taz Nr. 6800 vom 15.7.2002, Seite 4, 58 Zeilen (TAZ-Bericht), AZU
      Avatar
      schrieb am 15.07.02 00:34:37
      Beitrag Nr. 213 ()
      14.07.2002 15:07

      Leitartikel
      Der amerikanische Verrat

      Von Stefan Ulrich



      (SZ vom 15. Juli 2002)
      Amerika ist eine große Nation und Europa eine große Idee. Damit dies so bleibt, tut Washington alles, um seine Verbündeten aus der alten Welt klein zu halten. Bill Clinton machte das mit Charme, George W. Bush mit Chuzpe. Im Streit um den Internationalen Strafgerichtshof aber haben die Amerikaner noch eins drauf gesetzt. Sie haben den Europäern nicht nur gezeigt, wo der Hammer hängt, sondern sie nahezu gedemütigt.

      Amerika hat die Freiheit verraten

      Der so genannte Kompromiss, den der UN-Sicherheitsrat nun mit verlogener Einstimmigkeit beschloss, erlaubt es den EU-Staaten kaum, ihr Gesicht zu wahren. Allen gegenteiligen Beteuerungen aus London, Paris und Brüssel zum Trotz haben sie am Ende kapituliert vor dem brutalen Druck der USA. Doch dieser Sieg hat auch für die USA einen bösen Beigeschmack. Denn Amerika hat in diesem Streit Ideale verraten, die es einst mit dem revolutionären Frankreich teilte und die es groß gemacht haben: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit.

      Amerika hat die Freiheit verraten.
      Es hat den anderen Staaten das Recht genommen, frei miteinander Verträge auszuhandeln. Theoretisch darf jedes Land Verbrechen, die auf seinem Territorium begangen wurden, aburteilen – die USA selbst nehmen sich sogar die Freiheit, ausländische Staatsbürger hinzurichten.

      Die 76 Staaten, die das Statut des Weltgerichts bereits ratifizierten, haben ihr Recht zur Strafverfolgung für extreme Ausnahmefälle an einen gemeinsamen Gerichtshof übertragen. Er soll in die Bresche springen, wenn einzelne Nationen nicht mehr die Kraft aufbringen, Völkermörder und Kriegsverbrecher zur Verantwortung zu ziehen.

      Amerika hat die Gleicheit verraten

      Der „Kompromiss“ im Sicherheitsrat aber bestimmt: Amerikaner sind unter allen Umständen sakrosankt. Dies soll zunächst zwar nur für ein Jahr gelten. Der Rat hat aber bereits seine Absicht verkündet, den Immunitätsbeschluss immer wieder zu verlängern. Die Freiheit der Staaten, Verbrecher zu verfolgen, endet damit, sobald Nordamerikaner betroffen sind.

      Amerika hat die Gleichheit verraten.

      Wenn es um deutsche, japanische, jugoslawische, ruandesische oder kambodschanische Völkermörder ging, förderte Washington verdienstvoller Weise eine internationale Strafjustiz. Die Tribunale von Nürnberg über Tokio und Arusha bis Den Haag belegen dies. Wenn es aber um Amerikaner geht, so gilt: Nichts und niemand darf Hand an sie legen. Über amerikanischen Gerichten soll sich für alle Zeiten nur noch der blaue Himmel wölben.


      Amerika hat die Brüderlichkeit verraten

      Amerika hat die Brüderlichkeit verraten. Sie gebietet es, mit befreundeten Staaten echte Kompromisse zu suchen. Washington aber hat die Überzeugungen seiner Partner – der Europäer, der Lateinamerikaner, der Kanadier – in den Wind geschlagen. Es hat UN-Friedenseinsätze als Geisel genommen, indem es drohte, die Mandate nur zu verlängern, wenn Amerikaner Immunität bekommen.

      Und es hat die Charta der Vereinten Nationen, dieser amerikanischen Schöpfung, verletzt, indem es die Anti-Gerichtshof-Resolution auf Paragrafen stützt, die eine Bedrohung des Weltfriedens voraussetzen. Doch das Völkertribunal bedroht den Frieden nicht.

      Die Europäer dürfen nun ihre Wunden lecken. Sie werden, soweit sie – wie die belgische oder die deutsche Regierung – ehrlich sind, ihre Niederlage eingestehen und die Präpotenz der Megamacht beklagen. Doch das führt nicht weiter. Macht setzt sich selbst keine Grenzen; Weltmacht schon gar nicht. Daher wird das Einknicken der Staatenmehrheit vor den Amerikanern im Strafgerichtshof-Streit Washington kaum zu Dankbarkeit und Entgegenkommen in anderen Konflikten bewegen. Im Gegenteil.

      Frechheit siegt, und der Sieger nimmt alles

      Die Appeasement-Politik von Europa und Co. wird die Falken in Washington bestärken in ihrer Maxime: Frechheit siegt, und der Sieger nimmt alles. Dabei hätte Europa gerade beim Thema Weltgericht den aufrechten Gang lernen können. In kaum einer Frage war Amerika weltweit so isoliert, bei kaum einer Auseinandersetzung sprachen politische Vernunft und Recht so sehr für die Europäer.

      Wann, wenn nicht jetzt, hätten sie ihre Emanzipation wagen sollen?
      Dass sie am Ende – vor allem wegen des Doppelspiels der Briten – scheiterten, macht den Versuch nicht verwerflich. Immerhin hat der Konflikt um das Tribunal ein scharfes Licht auf die Verfassung der Welt zum Beginn des dritten Jahrtausends geworfen.

      Amerika verspielt seine innere Größe

      Die Szene zeigt eine Supermacht, die rücksichtslos und unkontrolliert ihre eigenen Interessen lebt und dabei Gefahr läuft, zunehmend irrational zu agieren. Die Nebenmächte Russland, China und Indien stehen unschlüssig abseits. Nur Europa könnte den USA zurzeit ein eigenes Ordnungsmodell entgegensetzen und für globalen Pluralismus sorgen.

      Doch seine Führungsmächte im Sicherheitsrat haben wieder einmal geschwächelt: Großbritannien? Sonnt sich im Abglanz des neuen Empire in Übersee. Frankreich? Mimt la Grande Nation und kriecht am Ende doch unter der kniehohen Latte hindurch, die Amerika hinhält. Deutschland? Hat das Weltgericht unter den Regierungen Kohl wie Schröder stets mutig gestützt. Doch ohne Sitz und Verantwortung im Sicherheitsrat bellt es sich natürlich leichter. Europa? Verharrt im Zustand der Idee. Und Amerika? Spielt seine Stärke aus und verspielt dabei seine innere Größe.


      süddeutsche Zeitung
      Avatar
      schrieb am 15.07.02 13:14:42
      Beitrag Nr. 214 ()
      Passt hier sehr gut zum thema...neues buch erschienen:

      DAS B U S H IMPERIUM

      von James H. Hatfield

      (Wie George W. Bush zum Präsidenten gemacht wurde)

      Atlantik-Verlag
      Avatar
      schrieb am 15.07.02 17:13:39
      Beitrag Nr. 215 ()
      Hallo TOP@S
      Ich und ein Mitstreiter wurden damals hier im Board übel beschimpft, als wir uns über diese billig klitschige Wahlsoap "vorsichtig" verlustigten. Jetzt lache ich!! Und wie :D:D:D:D:D:D:D


      Pentagon will Armee für Angriffe hochrüsten

      WASHINGTON, 14. Juli (afp/dpa). Das US-Verteidigungsministerium will nach einem Pressebericht die amerikanische Armee für "Präventionsangriffe" mit hoch entwickelten Präzisionswaffen ausrüsten. Laut dem Fünf-Jahres-Plan des Pentagon für 2004 bis 2009 solle die US-Armee dann über mehreren "Fronten" den Luft- und Weltraum dominieren, berichtete die Los Angeles Times am Samstag in ihrer Internet-Ausgabe. Die US-Truppen sollten zu Überraschungsangriffen und präziseren Luftangriffen in der Lage sein. Die seit dem Golfkrieg 1991 betriebene Konzentrierung auf High-Tech-Waffen solle beschleunigt werden.
      Washington erwartet für das laufende Jahr ein Etatdefizit in Höhe von 165 Milliarden Dollar.


      Was wusste das FBI?
      Terrorverdächtiger Moussaoui bezichtigt FBI der Mitwisserschaft an den Anschlägen vom 11. September


      ALEXANDRIA/USA ap Der bisher einzige als Hintermann der Anschläge vom 11. September in den USA angeklagte Verdächtige hat am Dienstag erklärt, das FBI habe ihn und die 19 Attentäter schon einige Zeit vorher beobachtet. Er wolle dem Kongress von dem Wissen des FBI und seiner Verantwortung für die Anschläge direkt berichten. Die US-Regierung hat Moussaouis bereits mehrfach wiederholte Angaben zurückgewiesen, sie habe vor den Anschlägen Hinweise auf Aktivitäten von Terroristen gehabt.

      Moussaoui wurde im August verhaftet, nachdem seine Flug-Ausbilder den Behörden ein verdächtiges Verhalten gemeldet hatten. Er erklärte, die Behörden hätten sich dafür entschieden, ihn statt Hani Hanjour zu verhaften, der vermutlich einer der Flugzeugentführer war. "Sie haben mich und nicht Hanjour verhaftet, der einige Wochen vor mir auf der Pan-Am-Flugschule war, weil sie wussten, dass ich nicht zu den 19 Entführern gehöre und diese deshalb (von meiner Festnahme) nicht alarmiert sein würden", so Moussaoui. Die US-Regierung habe "zynisch den 11. September zugelassen, um Afghanistan zerstören zu können".

      taz vom 4.7.2002
      Avatar
      schrieb am 15.07.02 23:51:50
      Beitrag Nr. 216 ()
      Wie Jugendliche das tolle Leben in den USA finden zeigt die folgende kurze Meldung aus der taz.

      SELBSTMORD IN DEN USA
      3 Millionen gefährdet


      Rund 3 Millionen Jugendliche in den USA sind selbstmordgefährdet. Jeder Dritte dieser 3 Millionen habe im Jahr 2000 versucht, sich das Leben zu nehmen, hieß es in einer Studie der nationalen Drogenbehörde. Die anderen hätten zumindest an die Möglichkeit gedacht. (afp)

      taz Nr. 6801 vom 16.7.2002, Seite 9, 12 Zeilen (Agentur)
      Avatar
      schrieb am 16.07.02 11:19:38
      Beitrag Nr. 217 ()
      SPIEGEL ONLINE - 16. Juli 2002, 6:33
      URL: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,205349,00.html
      Neuer US-Sicherheitsplan

      Mehr Macht für Bush

      Aus Angst vor neuen Terroranschlägen hat das Weiße Haus eine neue Sicherheitsstrategie vorgelegt. US-Präsident George W. Bush erhält dadurch noch mehr Vollmachten.


      Bekommt noch mehr Befugnisse: George W. Bush

      Washington- Die 100 Seiten starke "National Strategy for Homeland Security", die Bush Abgeordneten im Präsidialamt erläutern will, enthält nach Angaben aus Regierungskreisen weitreichende Maßnahmen, um Anschlägen wie am 11. September vorzubeugen. "Unser Feind ist schlau und entschlossen", behauptet Bush in einem Begleitschreiben, aber "wir sind schlauer und entschlossener." Die Regierung verfolge unbeirrt die Ziele, Terrorismus zu verhindern, die Angreifbarkeit zu reduzieren und im Falle von Anschlägen den Schaden möglichst gering zu halten, heißt es in dem Strategiepapier.

      Vorgeschlagen werden unter anderem eine Ausweitung der Funktionen der Nationalgarde, die Zusammenführung von Informationen der Sicherheitsdienste in einem neuen Homeland Security Department, Beschränkungen für den Zugang von Privatleuten zu wichtigen Informationen der Regierungsinstitutionen und von strategisch wichtigen Firmen oder auch die Beschaffung von Impfschutz für den Fall der Bedrohung von Terroristen mit biologischen Waffen.

      Bush hatte schon früher die Zusammenlegung von Teilen der Sicherheitsdienste wie des Secret Service, der Küstenwache und des Grenzschutzes im Ministerium für Heimatschutz vorgeschlagen. Er hatte diese Pläne als die umfassendste Reorganisation der inneren Sicherheit seit den Reformen unter Präsident Harry Truman 1947 zu Beginn des Kalten Krieges bezeichnet. Dem neuen Ministerium sollen 169.000 Mitarbeiter angehören und 37,4 Milliarden Dollar an Haushaltsmitteln zur Verfügung stehen.

      Bush drängt den Kongress außerdem zu einer Ausweitung seiner präsidialen Vollmachten und Handlungsmöglichkeiten durch Veränderung bestehender Gesetze, beispielsweise für die Möglichkeit zur Ausweisung von Verdächtigen, für den Umbau des staatlichen Sicherheits-Apparats sowie für die Bereitstellung von Mitteln zur Bekämpfung des Terrorismus.

      "Wir müssen wissen, wer in unser Land kommt, weshalb sie in unser Land kommen, und ob sie wirklich unser Land verlassen, wenn sie sagen, dass sie unser Land verlassen", sagte Bush zum Thema Grenzkontrollen. Nach einer US-Statistik reisen jährlich 500 Millionen Menschen in die USA ein, 11,2 Millionen Lkw fahren jährlich über die Grenzen, hinzu kommen noch etwa 2,2 Millionen Eisenbahn-Waggons, die die Grenzen in die USA überqueren. "Die Bedrohung, mit der wir konfrontiert sind, ist schier unendlich", sagte dazu ein Regierungsbeamter.


      © SPIEGEL ONLINE 2002

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      Dafür gibt es einen Namen: Verfolgungswahn
      Avatar
      schrieb am 16.07.02 12:00:07
      Beitrag Nr. 218 ()
      Krankhafter Verfolgungswahn


      Eine neue militärische Aufteilung der Welt
      Die künftige Kommandostruktur der USA für eine globale Ordnung und eine zurechtgestutzte Nato / Von Otfried Nassauer

      Die USA zimmern sich die Welt neu zurecht: In wenigen Wochen gibt es kein Fleckchen Erde mehr, für das nicht ein regionales Militärkommando der USA Zuständigkeit beansprucht. Die Pläne für ein neues Zeitalter der Abschreckung mitsamt strategischer Vergeltungsschläge bedeuten für die Nato einen erheblichen Verlust an Einfluss. Europa reagiere auf die konkreten Planspiele bislang überraschend zurückhaltend, meint Otfried Nassauer. Wir dokumentieren die Analyse des Journalisten und Leiters des Berliner Informationszentrums für Transatlantische Sicherheit (BITS).


      Am 1. Oktober 2002 ist die Welt aufgeteilt - aufgeteilt unter den militärischen Oberkommandos der Vereinigten Staaten. Zum ersten Mal in der Geschichte gibt es kein Fleckchen Erde mehr, für das nicht eines der regionalen Kommandos der USA zuständig ist - auch nicht in der Antarktis. Schon darin spiegelt sich das veränderte Selbstverständnis Washingtons als einzige nach dem Kalten Krieg verbliebene Supermacht. Es spiegelt sich aber auch eine veränderte Bedrohungs- und Risikowahrnehmung. Gefahren für die Supermacht können überall lauern.

      Am 1. Oktober 2002 entsteht ein neues Machtzentrum in der amerikanischen Militärbürokratie - ein Oberkommando, dem Frühwarnsysteme und Satelliten, Raketenabwehrsysteme und strategische Angriffsraketen, strategische Mittel für konventionelle und nukleare Angriffsoperationen unterstellt werden. Washington plant eine integrierte Kommandozentrale für - auch präventive - strategische Angriffe, strategische Vergeltungsangriffe und strategische Verteidigung. Dieses Oberkommando soll konventionelle und nukleare strategische Operationen planen und durchführen und wird damit zum Symbol für ein neues, zweites, sehr anderes Zeitalter und Verständnis der Abschreckung.

      Das ist, kurz gefasst, das Ergebnis der jüngsten Überprüfung des "Unified Command Plans", ein Dokument, das alle 2 bis 3 Jahre überarbeitet und vom Präsidenten der USA gebilligt wird. Es beschreibt die Aufgaben, Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten der wichtigsten militärischen Kommandobehörden der USA, der regionalen Oberkommandos mit ihren geographischen Zuständigkeiten und der funktionalen Oberkommandos für spezifische Fachaufgaben. In mehreren Schritten hat die Regierung Bush seit April ihre von den Ereignissen des 11. Septembers deutlich geprägten Entscheidungen öffentlich gemacht. Am 1. Oktober sollen sie in Kraft treten. Sie beinhalten gravierende Veränderungen - gerade auch für Europa und die Nato.

      Aufgeteilte Welt
      Erstmals wird ein militärisches Oberkommando für die Verteidigung Nordamerikas (NORTHCOM) eingerichtet. Geographisch zuständig ist es von Mexiko im Süden bis nach Alaska im Norden. Hinzu kommen Seegebiete, die je 500 Meilen weit in den Pazifik und den Atlantik hineinreichen. Dazu gehören auch Teile der Karibik einschließlich Kubas. Deutlicher kann die elementare, neue Erfahrung des 11. Septembers ihren Ausdruck militärisch nicht finden: Ein alter amerikanischer Traum, der von der Unverwundbarkeit der USA, ist ausgeträumt. Vorsorge gegen die Verletzlichkeit der Industriegeselllschaft gegen asymmetrische Risiken und Bedrohungen soll auf allen Ebenen getroffen werden. Dem militärischen Schritt entsprechen im zivilen Bereich die Einrichtung eines "Büros für Heimatsicherheit" (Office of Homeland Security) und eines "Heimatsicherheitsrates" (Homeland Security Council) im Weißen Haus sowie die - vorbehaltlich der Zustimmung des Kongresses - für den 1. Januar 2003 geplante Einrichtung eines Ministeriums für Heimatsicherheit (Department of Homeland Security).

      Erweitert wird die Zuständigkeit des Oberkommandos Europa (EUCOM). Bislang umfasste es Europa, Afrika außer Nordostafrika, Israel, Syrien und den Libanon sowie die Staaten südlich des Kaukasus und Teile des Atlantiks. Hinzu kommen jetzt der Großteil des restlichen Nordatlantik, große Teile des Südatlantiks und vor allem Russland. Russland fällt damit zu ersten Mal in den Zuständigkeitsbereich eines spezifischen regionalen Oberkommandos, eine Zuordnung, die deutlich widerspiegelt, dass Washington Moskau nicht mehr als Supermacht betrachtet, aber auch nicht mehr primär als Feindstaat sieht.

      Größer wird auch der Zuständigkeitsbereich des Pazifischen Oberkommandos (PACOM). Indien, Südostasien, China, die beiden koreanischen Staaten, Japan und Australien gehörten schon lange dazu. Jetzt kommt die Antarktis hinzu. Diese blieb bislang - auch als Folge des Antarktisvertrages - aus der Zuständigkeit aller regionalen Oberkommandos ausgeklammert. PACOM soll EUCOM bei der Zusammenarbeit mit Russland im fernöstlichen Militärbezirk unterstützen.

      Unverändert bleiben das Southern Command (SOUTHCOM) mit Zuständigkeit für Mittel- und Südamerika sowie das Central Command (CENTCOM) mit seiner Zuständigkeit für Nordostafrika, den Persischen Golf, Zentralasien und Pakistan, also jene Regionen, in denen die größten Ressourcen an fossilen Energieträgern lagern. Asien bleibt unverändert auf zwei regionale Oberkommandos aufgeteilt. Hier sieht Washington in der näheren Zukunft das größte Risiko des Entstehens neuer Krisen und Konflikte.

      Nur kleinere Veränderungen wurden zunächst für die funktionalen Oberkommandos verkündet. Das erst 1999 eingerichtete Joint Forces Command (JFC) gibt seine bislang noch bestehende territoriale Zuständigkeit für den Atlantik, wie schon zu Zeiten der Regierung Clinton vorgesehen, endgültig ab, ebenso die Zuständigkeit für die Verteidigung Nordamerikas, mit der es zwischenzeitlich nach dem 11. September betraut worden war. Es soll künftig als Spezialkommando für Zukunftskonzepte und teilstreitkraftübergreifende Operationen dienen. Unverändert bleiben die Zuständigkeiten des Oberkommandos der Spezialkräfte (SOCOM) und des Transportkommandos (TRANSCOM).

      Sorgenfalten in Brüssel
      Post zu den neuen Kommandostrukturen erhielt kürzlich auch George Robertson, der Nato-Generalsekretär. Der US-Präsident bat ihn darum, den Oberbefehlshaber des Nato-Oberkommandos Atlantik, SACLANT, ab Oktober 2002 von seinen Nato-Aufgaben zu entbinden, damit dieser sich ganz auf die Aufgaben als Befehlshaber des Joint Forces Commands konzentrieren könne. Dessen Stellvertreter solle übergangsweise die Tagesarbeit übernehmen, bis im Rahmen der laufenden Überarbeitung der Nato-Kommandostrukturen eine dauerhafte Lösung für die Zukunft gefunden sei.

      Hinter der Bitte Washingtons steckt mehr. ACLANT, das Atlantik-Kommando der Nato, ist aus Sicht des Pentagons nicht länger erforderlich. ACLANT aber ist nicht irgendein Kommando, sondern gleichberechtigt mit dem Nato-Oberkommando Europa eine der beiden höchsten Kommandobehörden der Allianz. ACLANT ist der wichtigste militärische Brückenkopf der Nato auf dem amerikanischen Kontinent. Es hat bedeutende Zuständigkeiten. Es soll unter einheitlichem Befehl die Seewege über den Atlantik sichern. Deshalb unterstehen ihm auch die Kräfte der US-Flotte im Atlantik. Und es befehligt die auf U-Booten stationierten, strategischen Nuklearstreitkräfte der USA und Großbritanniens, falls diese in einer Krise der Nato zugeordnet werden sollten.

      Kleine Nato-Stützpunkte gefährdet
      Mithin: Es hätte gravierende Folgen für die Nato, wenn deren Oberkommando Atlantik letztlich aufgelöst oder auch nur in seiner Bedeutung deutlich heruntergestuft werden sollte. Verabschiedet sich Washington aus der gemeinsamen Sicherung der Seewege über den Atlantik? Oder schafft es sich nationale Parallelstrukturen und -zuständigkeiten, die im Ernstfall auch ohne die Nato agieren können? In beiden Fällen wäre ein erheblicher Einflussverlust für die Nato die Folge. Das einzige große Nato-Hauptquartier auf dem Boden der USA ginge verloren. Die Existenz der kleineren Nato-Hauptquartiere für den westlichen Atlantik wäre ebenfalls gefährdet. Die Zukunft der strategische Nuklearkomponente der Nato wäre neu zu regeln, ebenso wie die Zuständigkeit dafür.

      Mancher in Brüssel fragt sich deshalb besorgt, ob Washington nur eine bessere Heimatverteidigung oder eine verteidigungspolitische Autarkie anstrebt oder ob die Regierung Bush gar letztlich noch weiter geht und auf eine partielle Abkopplung von Europa zielt. Will die Regierung Bush Europas Einflussmöglichkeiten über die Nato auf die Sicherheitspolitik der USA reduzieren oder gar ausschalten?

      Auch die Nato hat mit der Arbeit an einer neuen Kommandostruktur begonnen. Während des Prager Nato-Gipfels im November sollen erste Pflöcke eingeschlagen werden, bis zum Juni 2003 soll sie vorliegen. Ein schier unmöglich erscheinendes Unterfangen. Denn der Nato-Gipfel soll auch entscheiden, welche neuen Mitglieder das Bündnis aufnehmen wird. Damit stehen deren Ansprüche, künftig Teile der Nato-Kommando-Struktur zu beherbergen, gleich mit auf der Tagesordnung. Eine komplexe Aufgabe und eine komplizierte dazu. Denn mitbedacht werden will auch, dass - so jedenfalls die deklarierte Absicht - die neu zu entwickelnden Strukturen auch mit jenen kompatibel sind, die die Europäische Union für die Implementierung ihrer europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik benötigen wird. Noch komplizierter wird die Aufgabe jetzt durch die nationalen Entscheidungen Washingtons zu seiner eigenen Kommandostruktur.

      Da mag es kaum verwundern, dass mancher in Brüssel inbrünstig hofft, in der Diskussion mit den 18 anderen Nato-Staaten werde Washington seine Meinung im Blick auf das Oberkommando Atlantik doch noch einmal ändern - schließlich sei ja eine Lösung im Konsens zu finden. Doch die Karten dafür aber sind schlecht verteilt. Denn erstens müsste Washington eine bereits getroffene, nationale Entscheidung revidieren, zweitens hat es der Nato die Diskussion mit seiner Entscheidung verordnet und drittens muss Brüssel der US-Diskussion hinterhereilen.

      Neues militärisches Machtzentrum
      Ende Juni fällte Washington eine weitere wichtige Entscheidung. Zwei der wichtigsten funktionalen Oberkommandos werden zusammengelegt. Das Weltraumkommando (SPACECOM), mittlerweile auch zuständig für die Informationskriegsführung, und das Oberkommando der Strategischen Streitkräfte, (STRATCOM) werden integriert. SPACECOM zieht von der Luftwaffenbasis Peterson in Colorado zu STRATCOM nach Offut Air Force Base in Nebraska um. Die Luftwaffenbasis Peterson beherbergt künftig das neue regionale Oberkommando NORTHCOM, zuständig für die Verteidigung Nordamerikas.

      Das neue strategische Oberkommando in Offut erhält weitreichende Zuständigkeiten. Hier werden alle militärischen Elemente der neuen strategischen Triade, des strategischen Instrumentariums der USA, unter einem Dach zusammengefasst: Die Kontrolle über die Satellitensysteme der USA, die Frühwarnung und Verteidigung gegen Raketenangriffe - also auch das Raketenabwehrprogramm der USA - und die Verantwortlichkeit für konventionelle wie nukleare Angriffsoperationen großer Reichweite. Was zunächst als Verschlankung und Rationalisierung von amerikanischen Befehlsstrukturen dargestellt wird, ist zugleich etwas anderes: Die Zusammenführung zweier schon jetzt sehr mächtiger Teilstrukturen der US-Streitkräfte unter einem Dach. Geschaffen wird so ein neues, ausgesprochen starkes militärisches Machtzentrum, das die künftige Militärpolitik Washingtons ebenso entscheidend mitprägen wird wie die Auseinandersetzung ums Geld.

      Nukleare Angriffsoptionen
      Mehr noch: Mit dem neuen strategischen Oberkommando wird einer der entscheidenden und umstrittenen Grundgedanken der jüngsten Überprüfung der Nuklearstrategie und -streitkräfte der USA, des Nuclear Posture Review, erstmals umgesetzt. Defensive und offensive Elemente werden ebenso integriert wie konventionelle und nukleare Angriffsoptionen. Als strategisch erachtete Bedrohungen der USA - wie z. B. durch Staaten oder nichtstaatliche Akteure, die über Massenvernichtungswaffen verfügen - sollen künftig von einem einzigen, mit allen erforderlichen Kompetenzen ausgestatteten Oberkommando bearbeitet werden, dem eine möglichst breite, flexible Reaktionspalette zur Verfügung steht. Es soll sowohl Abwehrmaßnahmen gegen einen drohenden Angriff koordinieren und durchführen als auch Vergeltungsangriffe planen können.

      Zudem soll es in der Lage sein, sogenannte präemptive Angriffe durchzuführen, Angriffe, die verhindern sollen, dass die Vereinigten Staaten überhaupt angegriffen werden können. Dabei ist es gleichgültig, ob der potenzielle Angreifer ein Staat ist oder ob es sich um einen nichtstaatlichen Akteur wie z. B. eine internationale Terroristengruppe, religiöse Extremisten oder einen zur Gewalt greifenden internationalen Konzern handeln würde.

      Vereinfacht: Washington will zuschlagen können, bevor es getroffen wurde. Die Administration George W. Bush`s hat für solche Angriffe jüngst den Begriff der "defensiven Intervention" geprägt. Damit deutet sich an, dass die USA das Selbstverteidigungsrecht des Völkerrechts künftig sehr weit auslegen und die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit eines Krieges weitgehend von der UN in New York nach Washington verlegen werden. Im Frühherbst sollen diese Überlegungen in ein öffentliches Regierungsdokument münden, in eine neue "Nationale Sicherheitsstrategie".

      Besondere Besorgnis ruft auch die Tatsache hervor, dass präemptive, nukleare Angriffe explizit nicht ausgeschlossen werden. Das Argument: Viele potenzielle Ziele, äußerst tief unter der Erde oder in Gebirgen gelegene Bunker zum Beispiel, können mit konventionellen Waffen nicht gesichert zerstört werden. Nuklearwaffen, wahrscheinlich auch speziell zu entwickelnde, neue Nuklearwaffen, seien gegen solche Ziele das einzig probate Mittel. Atomare Angriffe gegen solche Ziele aber könnten - Terroristen haben kein Staatsterritorium - auch gegen nicht-nukleare Staaten erfolgen. Wieder hätte das internationale Recht das Nachsehen. Natürlich, so argumentiert die Regierung Bush, seien Nuklearwaffen das letzte Mittel, dann, wenn kein anderes Erfolg verspreche. Gerade deshalb sei es so wichtig, dass ein einziges Oberkommando zuständig werde und zwischen beiden Möglichkeiten abwägen könne. Doch während die Regierung argumentiert, dies verringere die Wahrscheinlichkeit, dass nukleare Waffen zum Einsatz kämen, sehen das deren Kritiker genau umgekehrt: Der Unterschied zwischen konventionellen und nuklearen Operationen werde verwischt. Nukleare Waffen würden zu "normalen" Instrumenten der Kriegführung und damit steige die Wahrscheinlichkeit, dass sie - weil wirksamer - auch eingesetzt würden. Bis zu 2200 strategische Atomwaffen in den aktiven Streitkräften und 2400 zügig reaktivierbare Reservesprengköpfe wollen die USA nach dem neuen Rüstungskontrollabkommen mit Rußland auch langfristig behalten.

      Die Bush-Revolution und Europa
      Wieviel Europa brauchen die USA? Wie reagiert Europa auf die von den USA angestoßene neue Debatte über die Zukunft der Nato? Wie reagiert Europa auf das neue Konzept der Abschreckung, auf die Entscheidung Washingtons, Terrorismus und Proliferation als Interventionsgründe zu betrachten und über eine Doktrin "der Grenzen der Souveränität" - wie es Richard N. Haas, der Direktor der Planungsabteilung des US-Außenministeriums, kürzlich nannte - nachzudenken?

      Drei europäische Reaktionsweisen
      Schon diese wenigen Fragen zeigen, dass hinter scheinbar militärisch-technischen Entscheidungen zur Zukunft der militärischen Kommandostruktur der USA unausweichliche, hochpolitische Fragen und Richtungsentscheidungen lauern.

      Drei europäische Reaktionsweisen sind bislang charakteristisch. Die europäische Politik reagiert defensiv und ohne erkennbare Alternativ-Konzepte. Sie agiert nach dem Prinzip Hoffnung "Nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wurde". Und sie reagiert oft mit einer falschen Kritik: Sie wirft den USA Unilateralismus vor.

      Doch Unilateralismus ist es nicht, was die gegenwärtige US-Administration umtreibt. Die Regierung Bush hält es schlicht im nationalen Interesse für unverzichtbar, bestehende Beschränkungen der amerikanischen vor allem militärischen Handlungsfreiheit abzubauen, um künftig flexibler vorgehen zu können. Rüstungskontrollverträge, die das Ausspielen eigener militärischer Stärken behindern, werden aufgegeben oder gar nicht erst abgeschlossen. Völkerrechtliche Regeln, die wie die UN-Charta kaum oder keinen Spielraum für militärische Interventionen gegen Terrorismus und Proliferation lassen, müssen geändert oder durch die eigene Praxis außer Kraft gesetzt werden. In Bündnissen und Allianzen, die anderen Mitspracherechte über die Politik Washingtons garantieren, muss klargestellt werden, dass sie amerikanisches Handeln nicht blockieren dürfen und mitmachen sollten, wenn sie nicht ins Abseits gestellt werden wollen.

      Als "Multilateralismus a la carte" hat Richard N. Haas diese Herangehensweise bezeichnet. Man prüfe in jedem Einzelfall, ob historische multilaterale Bindungen noch den eigenen Interessen entsprechen. Sicherheitspolitik ist in diesem Verständnis eine militärische Gestaltungsaufgabe, mithin nicht primär an Stabilität, sondern an Veränderung interessiert. Dazu müssen hinderliche Regeln einer alten Weltordnung abgerissen und vielleicht künftig durch neue, auf Vorgaben aus Washington fußende Regeln ersetzt werden. Bis dahin dient - und dies wäre der Kern einer gerechtfertigten Kritik - die von der Bush-Administration praktizierte Deregulierung der internationalen Beziehungen vor allem einem - dem Stärkeren.

      Auf diese Entwicklungen reagiert Europa erstaunlich defensiv, ohne erkennbare Alternativkonzepte und offensichtlich vorrangig in der Hoffnung, doch noch bremsen zu können. Es verwundert, dass aus Europa keine Vorschläge für eine effizientere Nichtverbreitungspolitik kommen. Es ist kaum verständlich, dass die europäischen Staaten im Blick auf die vorrangig nicht-militärisch zu führende Bekämpfung des Terrorismus mit ihren eigenen Beiträgen so defensiv umgehen. Und vor allem irritiert, dass die europäischen Nato-Staaten aus der Tatsache, dass der Sicherheitspolitik ein erweiterter Begriff der Sicherheit zu Grunde zu legen ist, nicht schlussfolgern, dass die Beiträge zur transatlantischen Lastenteilung künftig ebenfalls nach erweiterten Kriterien bemessen werden müssen.

      Anzeichen der Lähmung
      Nicht allein Fähigkeiten zu militärischer Kriegführung und Ausgaben für militärische Zwecke, sondern alle Aufwendungen für eine Sicherheitspolitik, die sich als Gestaltung von künftiger Weltordnung versteht, müssten dabei herangezogen werden. Europa hätte auch allen Grund, mit konstruktiven Konzepten und Vorschlägen aufzuwarten, die der Stärkung internationaler Organisationen, des Multilateralismus und der Multipolarität dienen. Nur - diese bleiben aus. Mithin - das politische Washington neigt immer mehr zu der Schlussfolgerung, dass Europa weder politisch noch militärisch ein ernsthafter Partner bei der Gestaltung von Weltordnung sein will, dass Europa sich der Übernahme globaler Verantwortung entzieht. Die Passivität der europäischen Staaten muss umso mehr erstaunen, da die Politik der Regierung Bush dem Prinzip der europäischen Integration - der zunehmenden Verrechtlichung internationaler Beziehungen - zuwiderläuft und die Grundinteressen europäischer Außen- und Sicherheitspolitik, Multilateralismus und Multipolarität, immer deutlicher negiert.
      Avatar
      schrieb am 16.07.02 12:13:54
      Beitrag Nr. 219 ()
      Morjn...

      GEWINNNIX.....

      Das ist das peinliche,daß sofort von nem teil der leute hier

      auf jeden eingedroschen wird,der eine vom mob abweichende

      meinung,oder sogar fundiertes wissen vertritt.

      Anstatt sich mal etwas "breiter" zu informieren wird primi-

      tiv gedröhnt.....

      Nun ja,heute kannst du lachen.......ich auch..

      :laugh:

      Gruß Topas



      ....äähh.....WEITER SO,DEEP....!Gute arbeit !
      :)
      Avatar
      schrieb am 17.07.02 11:14:38
      Beitrag Nr. 220 ()
      Bleib fair, Waffenbruder Tony!


      Auch Tony Blair fürchtet amerikanische Alleingänge
      Irgendwann wird sich Großbritannien zwischen Europa und Amerika entscheiden müssen

      Von David Clark

      Die zunehmend angespannte Atmosphäre, die die transatlantischen Beziehungen in den letzten Monaten geprägt hat, zeigt wenige Zeichen der Besserung. Im Mai war Präsident Chirac eins von sieben europäischen Staatsoberhäuptern, die den „amerikanischen Unilateralismus“ angriffen. Das veranlasste Colin Powell zu der Beschwerde: „die Europäer finden immer Fehler“. Die lang erwartete Stellungnahme George Bushs zum Mittleren Osten, in der er eine entschieden proisraelische Linie darlegte, hat einzig dazu gedient, die Vorurteile auf beiden Seiten zu bestätigen. Wenn Europa und Amerika sich zerstreiten, gibt es nur wenige Gewinner, aber kaum jemand hat so viel zu verlieren wie Großbritannien.

      Das Ende des Kalten Krieges hat die Dynamik der transatlantischen Beziehungen grundlegend verändert. In Abwesenheit einer bedeutenden territorialen Bedrohung sehen viele Europäer wenig Veranlassung die amerikanische Hegemonie als Preis für den Schutz der Amerikaner zu akzeptieren. Und ohne eine rivalisierende Supermacht scheinen die meisten Amerikaner nicht gewillt zu sein, in Europa viel Mühe zu investieren, um Köpfe und Herzen für sich zu gewinnen. Der besänftigende Charakter der Präsidentschaft Clintons überdeckte das Ausmaß dieses Wandels.

      Die Bush-Administration verfolgt jetzt auf allen Ebenen eine aggressive „America First“-Politik. Kyoto war ein frühes Opfer der Entschlossenheit der amerikanischen Wirtschaft, die Umwelt ohne Einschränkung zu verschmutzen. Das Statut des internationalen Strafgerichtshofes wurde von einem Weißen Haus blockiert, das sich weigert, sich den Erfordernissen einer globalen Justiz unterzuordnen. Das Pentagon strebt den Übergang von militärischer Überlegenheit zu einer „Vormachtstellung auf allen Ebenen“ an, mit einem umfangreichen Waffenprogramm, das offen die Bewaffnung des Weltraums erwägt. Selbst beim Handel, wo die Republikaner traditionell eine Linie der Liberalisierung verfolgen, bewegt sich Bush mit Stahltarifen und neuen Agrarsubventionen in Richtung Protektionismus.

      Diese Differenzen in der Politik sind zu groß, um als Teil der normalen Schwankungen transatlantischer Diplomatie abgetan zu werden. Vielmehr ergeben sie sich aus einem fundamentalen Unterschied der Perspektiven. Der Kern des Problems wurde kürzlich von einem der bevorzugten außenpolitischen Berater Blairs, Robert Cooper, in einem Aufsatz für das Londoner Zentrum für Außenpolitik hervorgehoben. Die Welt, so argumentierte er, könne in drei Kategorien unterteilt werden:

      prämoderne Staaten, die zu schwach sind, um der Rechtsstaatlichkeit innerhalb ihrer eigenen Grenzen Geltung zu verschaffen; moderne Staaten, die ihre nationalen Interessen im klassischen europäischen Sinn des 19. Jahrhunderts verfolgen; und postmoderne Staaten, die die Machtpolitik aufgegeben haben und eine Linie von Integration und Systemen der gegenseitigen Einmischung bevorzugen.

      Die Implikationen dieser Analyse sind umfassend. Großbritannien und der Rest der Europäischen Union gehören eindeutig zur postmodernen Welt. Das zeigt sich nicht nur in der Entwicklung zu einer politischen und wirtschaftlichen Integration Europas, sondern auch in der Bereitschaft von EU-Staaten, größere globale Probleme zu lösen, indem sie ihre Souveränität durch verbindliche Abkommen und die Entwicklung starker Institutionen einschränken.

      Obwohl Cooper dies nur andeutet, sticht Amerika ebenso deutlich als ein archetypischer moderner Staat hervor, entschlossen seine Bewegungsfreiheit zu erhalten, indem er sich verbindlichen Verpflichtungen widersetzt. Der lange Rückzug des amerikanischen Liberalismus und die ideologische Übermacht des Neo-Konservatismus haben zu einer Außenpolitik geführt, die zunehmend eher auf dem Prinzip der Staatsräson beruht als auf den Regeln internationaler Gesetze. Amerikanern ist es beispielsweise nicht unangenehm, unter Androhung von Zwang das Recht zu verlangen, die chemischen und biologischen Einrichtungen von Kuba und dem Irak zu inspizieren, während sie gleichzeitig eine Kontrolleinrichtung für das Abkommen über biologische Waffen ablehnen, die amerikanische Einrichtungen für solche Untersuchungen zugänglich gemacht hätte.

      Das Problem für Tony Blair ist es, dass es keinen dritten Weg zwischen diesen konkurrierenden Visionen einer Weltordnung gibt; die eine strebt aktiv das an, was die andere zu vermeiden entschlossen ist. Mit der Aussicht konfrontiert, dass seine transatlantische Brücke unter diesem Druck zusammenbrechen könnte, war es die Reaktion Blairs, seinen Standpunkt mit größerem Nachdruck geltend zu machen. „Sagen Sie Großbritannien nicht, dass es sich zwischen Europa und Amerika entscheiden soll“, warnte er vor kurzem in einem Interview für die „Times“ und zeigte damit die Nervosität eines Mannes, dem klar wird, dass es unvermeidlich wird, Entscheidungen zu fällen.

      Blair ist erst der zweite überzeugte Proeuropäer im Amt des Premierministers, trotzdem hat er sich entschlossen, die Bedingungen der „besonderen Beziehung“ Großbritanniens mit Amerika restriktiver auszulegen als fast alle seine Vorgänger. Clement Atlee hatte keine Hemmungen, Präsident Truman vor dem Einsatz einer Atombombe in Korea zu warnen und angesichts amerikanischer Feindseligkeit mit Großbritanniens eigenem Atomprogramm fortzufahren. 20 Jahre später war Harold Wilson darauf vorbereitet, sich mit Lyndon B. Johnson zu überwerfen, indem er sich weigerte, britische Truppen nach Vietnam zu schicken. Im Gegensatz dazu ist Blair nicht bereit, in Washington Missfallen heraufzubeschwören.

      Er hat bereits seine Bereitschaft dafür signalisiert, dass britische Einrichtungen als Teil des nationalen amerikanischen Raketenabwehrsystems genutzt werden, und es wird weithin erwartet, dass er britische Truppen für eine Bodeninvasion des Irak zur Verfügung stellt. In beiden Fällen scheint er bereit zu sein, die Opposition zu Hause und seine eigenen Bedenken außer Acht zu lassen um neben Amerika und nicht abseits zu stehen.

      Dieses Paradoxon macht nur im Zusammenhang mit der Entschlossenheit von New Labour Sinn, die Fehler der alten Labour-Partei zu überkompensieren – nicht zuletzt den Eindruck, dass sie in der Verteidigung schwach sei. Blair ist vielleicht überzeugt vom Nutzen der europäisch-amerikanischen Partnerschaft, aber seinen Atlantizismus versteht man am besten als eine Funktion der Innenpolitik. Er sieht es als einen Lackmustest für die Eignung von Labour als Regierungspartei – selbst wenn das sonst niemand tut.

      Tony Blair ist sich der Gefahren wohl bewusst, die der amerikanische Unilateralismus darstellt und, er versteht, dass Europa eine stärkere kollektive Stimme entwickeln muss, wenn man Washington erfolgreich wieder mit einbeziehen will. Er hat sich bei Themen wie Handel und Klimaveränderung fest an den europäischen Konsens gehalten und hat angesichts amerikanischer Bedenken die europäische Zusammenarbeit bei der Verteidigung vorwärts gebracht. Er bleibt außerdem fest entschlossen, dass Großbritannien dem Euro beitreten sollte. Bisher ist es ihm gelungen, all das ohne Turbulenzen in dieser „besonderen Beziehung“ zu erreichen.

      Ob er diesen heiklen Balanceakt noch länger durchhalten kann, ist fraglich. Blairs Vision der Europäischen Union als „eine Supermacht, nicht ein Superstaat” ist keine, die den Prioritäten Washingtons entspricht. Wenn es ihm ernst ist, muss er auf die unbehagliche Möglichkeit vorbereitet sein, dass die transatlantischen Beziehungen sich verschlechtern müssen, bevor sie sich verbessern können.

      Der Autor war politischer Berater des britischen Außenministers Robin Cook.
      Avatar
      schrieb am 17.07.02 11:47:39
      Beitrag Nr. 221 ()
      Dieser Artikel aus dem "Spiegel" zeigt, worum es im Afghanistan-Krieg wirklich geht:



      ENTWICKLUNGSHILFE AUF AMERIKANISCH

      Erstes Internetcafe in Kabul

      Der amerikanische Botschafter Robert Finn hat am Samstag das erste Internetcafe in Afghanistan eröffnet. Es besteht aus einem Arbeitsraum im Wirtschaftsministerium

      Kabul - Bei der Zeremonie erklärte Finn, die Internetverbindung werde nach 23 Kriegsjahren wieder das Fenster des Landes zur Welt öffnen. Die USA stellten 50.000 Dollar für den Kauf von zehn Computern und für eine Satellitenverbindung zur Verfügung. Ein ranghoher Mitarbeiter des Wirtschaftsministeriums kündigte an, man wolle die Computer der Öffentlichkeit zugänglich machen. Im Wirtschaftsministerium entstehe damit das erste Internetcafe Afghanistans.
      Finn hofft, mit der Einrichtung vor allem dem Aufbau des Landes einen Schub verleihen zu können. "Wir stehen am Beginn einer neuen Phase des Wiederaufbaus in Afghanistan", erklärte Finn. "Die größten Kämpfe gegen die Al-Quaida und die Taliban sind gewonnen und wir erwarten eine größere Sicherheit im Land." Nur in der neu gewonnenen Sicherheit sei das geschundene Land in der Lage, seine wirtschaftliche Situation zu verbessern.

      Finn sagte, viele amerikanische Unternehmen seien an Investitionen in Afghanistan interessiert. Im kommenden Monat wolle eine Delegation aus Washington nach Afghanistan reisen, um über die Entwicklung von Gas- und Ölfeldern zu beraten. Der afghanische Wirtschaftsminister Sajed Mustafa dankte Finn für die Hilfe, forderte jedoch gleichzeitig eine Lockerung der Einreisebestimmungen für afghanische Geschäftsleute in den USA.


      -------------------------------------------------

      DAs nette an den stets pragmatisch-ungenierten Amis ist, daß sie recht bald mit den wirklichen Beweggründen herausrücken.....

      ... wie gesagt:

      REINER ZUFALL, daß sowohl der US-Präsident als auch sein Stellvertreter langjährig für die Ölindustrie tätig waren und jetzt Krieg gegen ein LAnd führten, dessen Öl- und GAsreserven sie schon seit fast 10 JAhren an sich bringen wollen....

      Die Taliban haben erlebt, was passiert, wenn man sich den US-Begehrlichkeiten widersetzt und nicht mehr willfährig ist ....
      Stufe eins: Entzug der militärischen Hilfe
      Stufe zwei Inszenierung eines Krieges zur "Rettung" des zuvor mit ihrer Hilfe zugrunde gerichteten Staates, der rein zufällig die Installation einer genehmen "Regierung" mit schnellstmöglich nachfolgender Ausbeutung der Bodenschätze zum Wohle der Vereinigten Staaten von Amerika.... zu wessen Wohle hat man denn sonst auch Krieg geführt????


      Natürlich sind die 10 Computer, die jetzt im afghanischen Aussenministerium ( !!! ) stehen, nicht im geringsten unter US-Abhörkontrolle und dienen keineswegs der Spionage, z.B. hinsichtlich der Entwicklung der gewünschten wirtschaftlichen Ausbeutung Afghanistans..... alles nur Menschenliebe.... :D :laugh:

      :eek:
      Avatar
      schrieb am 17.07.02 17:29:47
      Beitrag Nr. 222 ()
      Sämtliche bisherigen US-Bürger-Schreckensvisionen sind klein angesichts dieses Vorhabens von Bush:

      http://www.heise.de/newsticker/data/jk-17.07.02-003/


      noch schlimmeres gefällig:


      Ashcrofts Spitzelsystem

      Florian Rötzer 16.07.2002
      Geht es nach dem Willen des US-Justizministers, so sollen bald Millionen von Beruftstätigen die Menschen in den USA überwachen

      Gelegentlich kommt es zu seltsamen Anverwandlungen zwischen Angreifer und Opfer. Man wird sich noch an das Afghanistan der in ihrem Kampf gegen die Russen von der USA unterstützten Taliban erinnern. Strikt sollte seiner Zeit alles Nicht-Islamische aus dem Land verbannt werden. Um solche strengen Verhaltensregeln durchzusetzen, wurden Ungehorsame nicht nur schwer, manchmal mit dem Tod bestraft, sondern es mussten auch mehr und mehr Sittenwächter für die Einhaltung der asketischen Moral sorgen. Offenbar will der ebenfalls streng religiöse US-Justizminister Ashcroft ein ähnliches Kontroll- und Spitzelsystem im allseits verwendbaren Kontext des Kampfes gegen den Terrorismus für die Vereinigten Staaten aufbauen.

      Das Taliban-Regime, 1996 an die Macht gekommen, scheute Medien und Öffentlichkeit. Während man bei uns gerne kulturkritisch über die Auswüchse der Mediendemokratie lamentiert, würde das Taliban-Regime als das genaue Gegenteil einem Herrschaftssystem mit einem unsichtbaren, geheimnisvollen und gesichtslosen Diktator entsprechen. Der nach dem Angriff der USA wieder untergetauchte Taliban-Führer Mullah Mohammed Omar mied bereits zur Hochzeit der Herrschaft die Medienöffentlichkeit. Interviews gab es mit ihm nicht, nicht einmal ein Foto. Fernsehen war sowieso verboten, aber auch im Radio war von Omar nichts zu hören. Nur seine Anordnungen, die vielfach neue Verbote waren, wurden verbreitet. Und weil es in diesem heiligen Land immer mehr Verbote gab, wuchs die Macht der Sittenpolizei, die als "Abteilung für die Förderung des Guten und die Bekämpfung des Bösen" mit einem wahrhaft moralischen Kreuzzug gegen die eigene renitente Bevölkerung beauftragt war, während an den Rändern der Bürgerkrieg weiter schwelte.

      Unter der von der US-Regierung hochgepuschten "Homeland Security" hatte US-Justizminister Ashcroft, der schon einmal eine nackte Statue verhüllen ( USA führen Schleierzwang ein) und seine Mitarbeiter täglich beten, aber auch schon mal Kirchenlieder singen lässt ( John Ashcroft lässt den Adler segeln), die schon länger bestehenden "Neighborhood-Watch"-Programme erweitert ( Blockwart, bitte melden!). Sollten sie bislang der Verhinderung von Verbrechen dienen, so ist nun im Kampf gegen die Terroristen erhöhte Wachsamkeit gefragt. Alles Verdächtige soll von den Selbstschutzvereinen, die mit Unterstützung des Staates sich kräftig vermehren sollen, den Polizeibehörden gemeldet werden. Und weil die Terroristen sich mitunter unauffällig als Schläfer verstecken, müsste denn auch gerade das unauffällige Verhalten von Menschen stärker unter die Lupe genommen werden. Für die gegenseitige Überwachung der Bürger wurde denn auch eine übergreifende Website mit dem entsprechenden Namen USA on Watch eingerichtet.



      US-Justizminister Ashcroft, der eifrig betet, es aber nicht so genau mit den Bürgerrechten nimmt

      Während Neighborhood-Watch zur Wachsamkeit oder Bespitzelung von allen aufruft, hat Ashcroft aber noch ein besonderes Programm in die Wege geleitet, das ab August 2002 starten soll. Die Operation TIPS (Terrorism Information and Prevention System) richtet sich an alle US-Bürger, die kraft ihrer Jobs besonders geeignet zur Überwachung sind. "Millionen von amerikanischen Lastwagenfahrern, Briefträgern, Zugführern, Schiffskapitänen, Angestellten von Versorgungsbetrieben und anderen" werden in einem landesweiten Projekt aufgefordert, "verdächtige terroristische Aktivitäten" zu melden. Sie sollen zu den "Augen und Ohren der Strafverfolger" werden.

      Schon in der Startphase sollen eine Million Berufstätige an diesem nationalen Meldesystem teilnehmen. Dazu gibt es eine gebührenfreie Nummer, über die man an die entsprechende Behörde weiter geleitet wird. Teilnehmer erhalten einen "Operation TIPS information sticker", den sie am Wagen oder an einem anderen öffentlich zugänglichen Ort anbringen sollen, so dass die gebührenfreie Nummer bei Bedarf möglichst schnell zur Hand ist.

      Für das Pilotprogramm, das mit 6 Millionen Dollar gefördert wird, werden 10 Städte ausgewählt. Wenn dies die 10 Städte mit den meisten Einwohnern wären, käme man hier auf insgesamt etwa 24 Millionen Menschen, hat Ritt Goldstein ausgerechnet. Da an dieser Phase bereits eine Millionen Berufstätige teilnehmen sollen, würde ein TIPS-Informant auf 24 Bürger kommen, d.h. mehr als 4 Prozent aller Bürger sollten nach dem Wunsch von Ashcroft an der Überwachung der Bevölkerung beteiligen, die sich bereits nachbarschaftlich überprüft.

      Goldstein vergleicht den von Ashcroft gewünschten Spitzelapparat mit der Stasi der ehemaligen DDR. Geht man von 90.000 hauptamtlichen Mitarbeitern und 210.000 inoffiziellen Mitarbeitern bei einer Gesamtbevölkerung 1989 von 16 Millionen aus, so kam in der DDR "lediglich" ein Spitzel auf 53 Bürger. Noch zumindest kann man sicherlich das geplante US-TIPS nicht direkt mit der Stasi-Überwachung vergleichen, bedenklich aber ist schon, wenn die US-Regierung ähnlich wie totalitäre Systeme ein umfassendes Informantensystem aufbauen will - zumal Geheimdiensten, FBI und Polizeibehörden bereits größere Überwachungs- und Abhörmöglichkeiten eingeräumt wurden. Wie weit und wie lange die vermutlich oft unzuverlässigen oder auch verleumderischen Meldungen dann in nationalen Datenbanken gespeichert werden sollen, wird vom Justizministerium nicht mitgeteilt. Es fehlt nur noch ein Belohnungssystem für besonders aktive Informanten ...


      Telepolis
      Avatar
      schrieb am 18.07.02 19:06:06
      Beitrag Nr. 223 ()
      #222
      Wer von den Regierungscowboys keinen an der Waffel hat, der hat was an der Kirsche.


      Wer einmal auf der (Terror-)Liste steht ...
      Acht Monate lang wurden drei Schweden von UN und EU sanktioniert - auf US-Geheiß und ohne Belege

      Von Hannes Gamillscheg (Kopenhagen)

      "Mein kleiner Junge ist auf einem Fußballlager", erzählt Abdirisak Aden. "Heute konnte ich ihm sagen: Ich komme dich besuchen." Jetzt soll das Leben wieder normal werden für den aus Somalia stammenden Mann, der vor elf Jahren nach Schweden floh und dort Betriebswirtschaft studierte, der längst schwedischer Staatsbürger ist und als Lokalpolitiker aktiv. Vor acht Monaten geriet Aden auf die so genannte Terrorliste der USA. Unverhofft und unverschuldet: Am Montag hat das dem US-Finanzministerium unterstellte "Office for Foreign Assets Control" (Ofac) Aden wieder von der Liste gestrichen, ohne ihm je mitzuteilen, weshalb man ihn verdächtigte und weshalb man dies nun nicht mehr tut.

      Aden hatte in seinem Wohnort Rinkeby als freiwilliger Sekretär der somalischen Basis-Bank Al-Barakaat geholfen, durch die in Schweden lebende Somalier ihren Angehörigen in der Heimat billig, rasch und sicher Geld zukommen lassen können. Doch in den USA warf man Al-Barakaat vor, Osama bin Ladens Terrornetzwerk zu finanzieren.

      "Niemals hatte ich irgend etwas mit Al Qaeda zu tun", versichert Aden. Doch als im November das Ofac die Liste der Organisationen und Personen veröffentlichte, die den internationalen Terror unterstützten, war sein Name und der zweier Landsleute darauf. Ohne weitere Prüfung übernahmen auch die Vereinten Nationen und die EU die verhängten Sanktionen.

      Das hatte für die Betroffenen dramatische Folgen. Sie erhielten Reiseverbot und all ihre Einnahmequellen wurden trocken gelegt. Adens Bankkonto wurde gesperrt, sein Stipendium gestrichen, selbst Sozialhilfe wurde ihm verweigert. Acht Monate lang lebte er von dem bisschen Geld, das seine Frau als Studentin verdiente und von gelegentlichen Zuwendungen eines Solidaritätskomitees, gegründet von Schweden, die gegen die Willkür protestierten. Dem Aufsehen, das der Fall auslöste, verdanken Aden und einer der beiden anderen betroffenen Schweden die Rückkehr zur Normalität. Denn hatte die Regierung zunächst Washington blinde Gefolgschaft gelobt und gemeint, dass man UN-Beschlüssen folgen müsse, auch wenn man sie mal als ungerecht empfinde, begann Außenministerin Anna Lindh nun für eine Aufhebung der Beschlüsse zu arbeiten. Der schwedische Geheimdienst Sapo bekam Einsicht in einen Teil des Verdachtmaterials. Das Urteil war eindeutig: "Da ist nichts dran, was vor einem schwedischen Gericht standhalten würde." Dennoch vergingen insgesamt acht Monate, bis nun die ersehnte Nachricht kam. "Viel zu lange", meint auch Lindh.

      Eine Unterschrift Adens unter ein von den US-Behörden ausgefertigtes Papier, dass er keine der auf der Terrorliste stehenden Organisationen unterstütze, war entscheidend für die Aufhebung der Sanktionen. Auch Adens Landsmann Abdulaziz Ali unterschrieb. Der dritte Schwede auf der Liste, Ahmed Yusuf, weigerte sich: "Ich habe nichts Verbotenes getan, die USA haben keinen Beweis vorgelegt. In Schweden herrscht Versammlungsfreiheit. Warum sollte ich unterschreiben?" Lindh ist dennoch überzeugt, dass auch er innerhalb weniger Wochen von der Liste gestrichen wird.

      Die Außenministerin findet es weiterhin richtig, die Finanzierung von Terrororganisationen zu unterbinden. "Aber es muss deutliche Kriterien geben, und eine Möglichkeit, Einspruch zu erheben", sagt Anna Lindh. In der EU habe Schweden dafür Gehör gefunden, "doch in den UN ist es schwierig".

      Abdirisak Aden kann nun beginnen, die aufgelaufenen Schulden zu bezahlen. Er will "hohen Schadenersatz" fordern, auch wenn sein Anwalt Schwierigkeiten prophezeit: Denn wer ist verantwortlich für einen von den UN sanktionierten Beschluss? Bei den Parlamentswahlen im Herbst will Aden für die Sozialdemokraten kandidieren. Im Reichstag würde er sich gerne des Themas "Rechtssicherheit" annehmen.


      Bombenbewerbung
      Werbefachmann versetzt New Yorker in Panik


      NEW YORK ap/taz Beim Aufräumen hat der New Yorker Werbefachmann Craig Cimmino eine sehr persönliche Bombe entsorgt - und damit am Dienstag einen Großeinsatz der Polizei im Stadtteil Brooklyn ausgelöst. Das Gebäude, in dem er wohnt, wie auch das Nachbarhaus wurden evakuiert. Erst dann wurde festgestellt, dass die Bombe nicht aus Dynamitstangen, sondern roten Holzstöcken bestand, die mit einem Wecker verbandelt waren. Dem 28-Jährigen droht nun eine Anklage wegen des Hinterlegens einer Bombenattrappe. Cimmino sagte, er habe die als College-Projekt entstandene Attrappe in den Müll geworfen. Im Müllraum wurde sie dann vom Hausmeister entdeckt, der die Polizei alarmierte. Cimmino hatte nach eigenen Angaben die Attrappe Bewerbungsschreiben beigelegt und mit dem Hinweis versehen, er wolle "Bombenideen" in die Arbeit einbringen. :laugh:
      Avatar
      schrieb am 19.07.02 10:07:42
      Beitrag Nr. 224 ()
      19. Juli 2002, 08:25, NZZ Online


      Saudiarabien sieht keinen Frieden mit Sharon
      Aussenminister warnt vor Tragödie

      Der saudiarabische Aussenminister Prinz Saud al-Faisal hat den israelischen Ministerpräsidenten Sharon als Haupthindernis für einen Frieden in Nahost bezeichnet. Vor Journalisten in Washington sagte der Minister nach dem Treffen mit Präsident Bush, der Nahe Osten werde in einer Tragödie enden, wenn Sharon im Amt bleibe.



      (sda/Reuters) Sharon werde zwar von einer Mehrheit der Israeli unterstützt, sagte al-Faisal. Aber eine noch grössere Mehrheit wolle den Frieden mit den Palästinensern. Die Israeli, die Frieden wollten, müssten daher selbst eine Veränderung herbeiführen. Sharon sei ein Mann, der nur in den Kategorien der «Festung Israel» denken könne, «und dass nur ein toter Araber ein guter Araber ist». «Er ist ein Mann der Fünfziger und Sechziger, aber unglücklicherweise diktiert er den Israeli ihr Schicksal in einem neuen Jahrzehnt», fügte er hinzu.

      Alle Palästinenser-Fraktionen, darunter auch die radikalislamische Hamas und der Islamische Jihad, arbeiteten an einer Waffenruhe im Konflikt mit Israel, sagte Prinz Saud al-Faisal. Diese Waffenruhe werde den Palästinensern Wahlen im nächsten Jahr ermöglichen, sie werde dann aber weitergeführt werden, sagte der Aussenminister, ohne dies weiter zu präzisieren.

      Die Aussenminister Jordaniens, Ägyptens und Saudiarabiens waren am Donnerstag von Präsident Bush empfangen worden, der seinerseits versicherte, die USA setzten ihre Friedensbemühungen in Nahost fort.

      USA wollen Israel Präzisionsbomben liefern


      [Anm.: Bush´s neue Kategorie: "Friedensbomben", die auf 13 Meter genau "Frieden schaffen" oder wie??? ]

      Die amerikanische Regierung will Israel mit satellitengestützten Präzisionsbomben beliefern. Davon unterrichtete das Verteidigungsministerium am Donnerstag den Kongress. Die Rüstungslieferung mit einem Gesamtwert von 27 Millionen Dollar besteht aus einer nicht genannten Anzahl von «Joint Direct Attack Munitions» (JDAM), den dazu gehörenden Ausrüstungen und Services. JDAM sind über Satellit gelenkte und in Kampfbombern mitgeführte Waffen, die ihr Ziel auf 13 Meter genau treffen und auf verschiedene Sprengwirkungen, auch auf Splitterwirkung gegen Menschen oder Gebäude, eingerichtet werden können. Profitieren würde von dem Geschäft vor allem Boeing. Der Kongress muss der Lieferung zustimmen.




      Copyright © Neue Zürcher Zeitung AG
      Avatar
      schrieb am 21.07.02 10:21:09
      Beitrag Nr. 225 ()
      Rumsfeld droht indiskreten Beamten mit Haftstrafen

      WASHINGTON, (dpa). US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld will Beamte einsperren lassen, die der Presse geheime Informationen besonders über die Pläne gegen Irak zuspielen. Rumsfeld warnte die Bediensteten, die Weitergabe könne nach US-Recht mit Gefängnis bestraft werden. Seine Warnung war nicht sehr erfolgreich: Das vertrauliche Memorandum vom 12. Juli ging an die Medien und wurde am Dienstag veröffentlicht. "Es ist falsch. Es ist gegen das Gesetz. Es kostet das Leben von Amerikanern. Es verringert die Erfolgschancen unseres Landes", erklärte Rumsfeld. Er zitierte aus einem Geheimdienstbericht, wonach die Terrororganisation Al Qaeda in US-Presseberichten nach Hinweisen auf den Anti-Terror-Kampf suche. Der Minister zeigte sich besonders verärgert über einen Bericht der New York Times, der detailliert einen Plan für eine Invasion in Irak schilderte.
      Im US-Außenministerium wurde in der vergangenen Woche ein Journalist vorübergehend festgenommen, der offenbar fälschlich behauptet hatte, im Besitz einer geheimen Mitteilung des US-Botschafters in Saudi-Arabien zu sein.



      USA und Irak bereiten sich auf einen Krieg vor
      Iraks Diktator Saddam Hussein spürt den Druck. "Niemals", so schwor er am Mittwoch in einer flammenden Rede an die Nation, würde der Erzfeind Amerika ihn besiegen. "Niemals! Und wenn alle Teufel an eurer Seite stehen."

      Von Roula Khalaf, Richard Wolffe und Yvonne Esterhazy

      Die Töne aus Bagdad werden seit Wochen immer trotziger. Irak bereitet sich auf einen Krieg vor. Die offenen Drohungen der USA und die Berichte über militärische Planungen haben das Regime davon überzeugt, dass ein Waffengang unvermeidlich sei. Zwar dürfte Bagdad damit Recht haben. Einem raschen Losschlagen der USA stehen allerdings noch viele Probleme im Weg.

      Das größte Hindernis ist wohl die Angst vor Vergeltungsakten - womöglich gegen Israel und eventuell mit biologischen oder chemischen Waffen. US-Vertreter räumen offen ein, dass kaum abzuschätzen ist, ob und wie Irak genau die Massenvernichtungswaffen einsetzen wird, deren Besitz Washington ihm vorwirft. Bei einem Angriff könnte Irak entscheiden, "zu radikalen Mitteln greifen zu müssen", sagte ein amerikanischer Beamter.

      Diese Furcht erklärt zum Teil die Vielzahl der Optionen, die von den USA geprüft werden. Sie reichen von einer ausgewachsenen Invasion mit 250.000 Soldaten bis hin zu einem Krieg à la Afghanistan, bei dem US-Luftwaffe und -Spezialtruppen einheimische Rebellen unterstützen.

      Zähe Diskussion
      Das Ringen um eine Entscheidung für eine dieser Optionen ist für viele frustrierend. So trat erst vor kurzem der Hauptbefürworter des Afghanistan-Modells von seinem Berateramt im Weißen Haus zurück. Er soll die zähe Diskussion satt gehabt haben, sagen Kollegen.

      Klar ist hingegen, dass die Uno in den US-Planspielen so gut wie keine Rolle spielt. US-Vertreter haben klar gemacht, dass Amerika nicht auf eine weitere Krise zwischen Bagdad und den Uno-Waffeninspekteuren warten will, um einen Militärschlag zu rechtfertigen. Die Gespräche über eine Rückkehr der Kontrolleure scheiterten Anfang Juli erneut. "Das ist eine Scharade", sagte ein Mitarbeiter des US-Außenministeriums. "Irak erfüllt seine Verpflichtungen nicht und es gibt keine Anzeichen, dass es sie erfüllen wird."

      Auch auf eine Uno-Resolution, die einen Irak-Krieg völkerrechtlich absichern würde, wird die US-Regierung kaum warten. London hält diesen Schritt ebenfalls für überflüssig. Kuwait beteuerte hingegen am Donnerstag, ohne Resolution werde es einen Angriff nicht billigen. Wie ernst das gemeint ist, wenn die USA tatsächlich angreifen, bleibt abzuwarten.

      Propagandasieg für die USA
      Ein großes Problem für die USA ist die Uneinigkeit bei der irakischen Oppositionsbewegung. Im Land haben die Gruppen nur wenig Einfluss, bis auf die Kurden in Nordirak dürften sie bei einem Feldzug kaum eine Rolle spielen. Das Treffen von rund 80 irakischen Exil-Offizieren vor wenigen Tagen in London, bei dem der Sturz Saddams besprochen wurde, scheint in Bagdad allerdings die Warnglocken ausgelöst zu haben. Das Treffen sei ein wichtiger Propagandasieg für die USA gewesen, sagen Beobachter. "Wir befinden uns in einer Phase, in der psychologisch Druck auf Bagdad ausgeübt wird, etwa dadurch, dass die Opposition sich trifft", sagt ein Experte. Die Regimegegner bildeten aber keine gemeinsame Front. "Das wollen die USA schaffen, bevor sie etwas Großes starten."

      Zugleich sucht Washington nach Verbündeten in der Region. Verlassen kann sich das Pentagon auf Kuwait, das den USA immer noch dankbar ist für die Befreiung aus irakischer Besatzung im Golfkrieg 1991.

      Zudem verlegen die USA offenbar Militärgerät von Saudi-Arabien nach Katar. Riad wird wohl keine Angriffe auf Irak von seinem Gebiet aus erlauben, Katar gilt als weniger problematisch. Ziehen Kuwait und Katar mit, würden die USA nach Ansicht von Experten nur noch die Hilfe der Türkei benötigen, um einen großen Militärschlag durchführen zu können. Ankara scheint derzeit unter Bedingungen zur Unterstützung bereit - solange im Nordirak kein Kurdenstaat und der Türkei kein finanzieller Schaden entsteht.

      Puffer zwischen Irak und Israel
      Andere wichtige Staaten in der Region sperren sich bisher. Als vorige Woche Berichte auftauchten, Jordanien sei vom Pentagon als Basis für Angriffe auf Irak eingeplant, setzte Amman eine hektische Dementiflut in Gang. Tatsächlich wären Basen in Jordanien wichtig für die USA. So könnte ein Puffer gebildet werden zwischen Irak und Israel - dem wahrscheinlichsten Ziel irakischer Vergeltungsschläge. Doch die Nahostkrise setzt Jordanien unter gewaltigen Druck. Ein Großteil der Bevölkerung ist palästinensischer Abstammung. Bagdad ist für sie ein Verbündeter, Amerika der Partner Israels. "Ein Irak-Krieg kann Jordanien destabilisieren", sagt der Journalist Ayman Safadi.

      Auch Irans Reaktion ist unklar. Teheran unterstützt zwar Iraks größte schiitische Widerstandsgruppe. Da US-Präsident George W. Bush Iran jedoch im Januar in seine "Achse des Bösen" einschloss, befürchtet Teheran, zum nächsten Ziel zu werden. Deshalb gebe es keinen Anreiz, den USA in Irak zu helfen, argumentieren die Skeptiker.

      Selbst die irakischen Kurden haben Sorgen. Aus ihrer Führung heißt es, dass die Chefs der beiden Hauptfraktionen im April heimlich in die USA geflogen wurden, um sich dort mit hohen US-Beamten zu beraten. Dabei sollen sie über geplante CIA-Aktionen in Irak informiert worden sein. Bevor die Kurden sich gegen Bagdad erheben, wollen sie jedoch wasserdichte Schutzgarantien, falls der Aufstand scheitert.

      Dass Saddam durch CIA-Aktionen zu stürzen ist, halten die meisten Beobachter ohnehin für eine Illusion. Das Problem bei Putschversuchen sei schon immer gewesen, dass der irakische Geheimdienst sehr effektiv arbeite, sagt ein Diplomat.

      Nach Ansicht von Oppositionellen könnten CIA-Aktionen bestenfalls das Regime nervös machen und seine Macht aushöhlen. Zudem können so wichtige Informationen für einen Krieg gesammelt werden. "Wenn ein Putsch gelingt, ist das gut", sagt ein Dissident. "Aber was derzeit läuft, ist wohl nur das Vorspiel für einen großen Krieg."

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      Debatte um Angriff
      US-Kongress fordert Aufklärung


      Im US-Kongress wird die Forderung nach einer offenen Debatte über einen möglichen Krieg gegen Irak laut. "Wir brauchen einen nationalen Dialog. Wenn die USA sich entscheiden, gegen Irak aktiv zu werden, dann müssen die Amerikaner die Risiken und Ziele verstehen können. Diese Debatte hatten wir vor Vietnam nicht", sagte der republikanische Senator Chuck Hagel am Mittwoch.
      Die Auswärtigen Ausschüsse von Senat und Repräsentantenhaus wollen daher in den nächsten Wochen Anhörungen zur Irak-Politik und möglichen militärischen Schritten veranstalten. Die Regierung sieht das noch mit Skepsis.
      Nach Ansicht des demokratischen Außenpolitikers Joe Biden muss der Präsident den Kongress nicht um Erlaubnis für einen Angriff auf Irak bitten. Eine Entscheidung zum Krieg sei durch die "War Powers Resolution" von 1973 abgedeckt. Diese Resolution ermöglicht es US-Präsidenten, ohne offizielle Kriegserklärung des Parlaments Militärschläge anzuordnen.
      Allerdings hatte sich George Bush senior 1991 vor dem Irak-Angriff um Kongress-Zustimmung bemüht - aus Höflichkeit gegenüber dem Parlament, wie er damals sagte. Die meisten Demokraten erwiderten dies nicht und stimmten mit Nein.
      Avatar
      schrieb am 21.07.02 18:03:28
      Beitrag Nr. 226 ()
      Bush Junior kopiert das aussenpolitische Entkommen aus innenpolitischer Krise seines Vaters im MAßstab 1:1...

      sogar das Angriffsziel ist identisch.

      möglicherweise jedoch auch das Ergebnis....




      Bush unter Druck
      Irak-Krieg als Ablenkungsmanöver?



      21. Juli 2002 Die jüngste Warnung von Präsident George W. Bush an „Tyrannen und Terroristen“ hat Spekulationen neuen Auftrieb gegeben, dass ein US-Feldzug gegen den Irak nun nicht mehr lange auf sich warten lässt. Erst vor wenigen Tagen hatte ein Zeitungsbericht aufhorchen lassen, dem zufolge in Großbritannien eine Massenmobilisierung von Reservisten bevorsteht.

      Auch beim US-Militär wollen Beobachter Anzeichen für Kriegsvorbereitungen ausgemacht haben. So ist angeblich das Angriffstraining von Marineinfanteristen erheblich verstärkt worden. Die Luftwaffe soll damit begonnen haben, Waffen, Munition und Ersatzteile auf Stützpunkten im Nahen Osten anzuhäufen, und General Tommy Franks als Oberbefehlshaber der US-Truppen am Golf soll eine Verlegung seiner Kommandozentrale von Florida in die Region erwägen.

      Kaffeesatz-Leserei

      Die Frage, ob und wann die USA militärisch gegen den Irak vorgehen, ist seit dem 11. September praktisch ein Dauerthema - mit viel Kaffeesatz-Leserei, wie ein Kommentator des „Boston Globe“ unlängst anmerkte. Bush-Kritiker glauben indessen, dass der Präsident jetzt einen zusätzlichen Beweggrund für ein militärisches Vorgehen haben könnte: die Hoffnung, dass ein solcher Schlag von den wirtschaftlichen Problemen im eigenen Land ablenkt.

      Die Serie von Unternehmens-Bilanzskandalen mit anhaltendem Kursverfall an den Börsen haben das gerade aufgekeimte Vertrauen der US-Bürger in die Wirtschaft stark gedämpft. In Umfragen spiegelt sich die wachsende Besorgnis wider, dass Bush und die US-Regierung insgesamt zu stark von Geschäftsinteressen beeinflusst würden. Nach einem Bericht der Washington Post hat Bush, dem wegen des Verkaufs von Aktien einer Öl-Firma im Jahr 1990 Insiderhandel vorgeworfen worden war, kurz vor dem Aktienverkauf Informationen über Finanzprobleme des Unternehmens erhalten. (Nebulöse Aktiengeschäfte Bushs)

      Bush im Sog der Hiobsbotschaften

      Zwar sind die Noten für den Präsidenten weiter gut, aber im Weißen Haus herrscht doch die Befürchtung, dass Bush in den Sog der andauernden Hiobsbotschaften gezogen werden könnte - und das nur wenige Monate vor den Teil-Kongresswahlen im November. „Das könnte, so zynisch es auch klingt, bei der Entscheidung über den Zeitpunkt einer Irak- Invasion das Zünglein an der Waage sein“, wurde im nationalen Radio NPR ein anonymer „hochrangiger Demokrat“ zitiert.


      Andere politische Experten weisen indessen darauf hin, dass sich an den „Grundkonstellationen“ nichts geändert habe, die Bush bisher von einem Militärschlag abgehalten hätten. Dazu gehöre neben den massiven Vorbehalten der meisten Verbündeten und der explosiven Lage in Nahost die weiterhin offene Frage der „Aufmarschplätze“ für eine derart massive Aktion, wie sie im Fall Irak nötig wäre.

      In vor kurzem durchgesickerten Plänen, die allerdings als noch nicht „ausgereift“ bezeichnet werden, wird ein Angriff von drei Seiten - zu Land, vom Wasser und von der Luft aus - ins Auge gefasst. Rund 250 000 Soldaten sollen eingesetzt werden - von wo aus, ist aber weiter unklar. Dem Plan zufolge empfehlen sich aus geographischen Gründen Länder wie die Türkei, Kuwait, Katar, die Vereinigten Arabischen Emirate und Bahrain. Wie es heißt, ist aber bisher keines der genannten Länder offiziell konsultiert worden und hat seine Zustimmung gegeben.

      Bedenken gegen Militärschlag

      Insgesamt, so heißt es, gibt es in der US-Militärspitze weiterhin eine ganze Reihe von Bedenken gegen einen Militärschlag zum gegenwärtigen Zeitpunkt. So habe sich im Afghanistan-Krieg ein eklatanter Mangel an möglicherweise entscheidender Ausrüstung wie Aufklärungs-und Tankflugzeugen und Präzisionswaffen herausgestellt. Zudem könnten die USA anders als in Afghanistan mit der gut trainierten und ausgerüsteten Nordallianz im Irak nicht auf „Stellvertreter-Truppen“ bauen. Das heißt, eine eigene massive Bodenoffensive mit dem Risiko zahlreicher Opfer wäre nötig.

      „Es gibt eine Unmenge Dinge abzuwägen“, sagt Generalstabschef Richard Myers. „Und es gibt keine einfachen Antworten. Aber eines ist klar: Wir stehen bereit, jeden Auftrag des Präsidenten zu erfüllen.“

      Text: dpa
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      schrieb am 21.07.02 19:42:18
      Beitrag Nr. 227 ()
      Hier noch einmal einer der vielen Gründe, warum Bush jun. in bedrängnis ist:

      Insiderhandel: Nebulöse Aktiengeschäfte Bushs

      Irak-Krieg als Ablenkungsmanöver?



      21. Juli 2002 US-Präsident George W. Bush, dem wegen des Verkaufs von Aktien einer Öl-Firma im Jahr 1990 Insiderhandel vorgeworfen worden war, hat einem Zeitungsbericht zufolge kurz vor dem Aktienverkauf Informationen über Finanzprobleme des Unternehmens erhalten.

      Wie die „Washington Post“ am Sonntag berichtete, lagen Bush und anderen leitenden Angestellten des Unternehmens Harken Energy Corp. vertrauliche Informationen über die mangelnde Liquidität der Firma vor. Bush und seine Kollegen seien in einem Brief der Geschäftsleitung darauf hingewiesen worden, dass die Geschäftsaktivität des Unternehmens deshalb erheblich eingeschränkt werden müsse. Vier Monate später habe Bush den Großteil seines Pakets an Harken-Aktien verkauft. Die Zeitung berief sich auf ausgewählte Dokumente einer Untersuchung der US-Börsenaufsicht SEC.

      Bush war ein Verstoß gegen Insiderregeln vorgeworfen worden, weil er die Harken-Aktien im Wert von 848.560 Dollar im Juni 1990 verkaufte, kurz bevor Harken Verluste in Höhe von 23 Millionen Dollar einräumte. Daraufhin gab die Aktie deutlich nach. Bush wies die Vorwürfe zurück. Auch eine Untersuchung der SEC hatte ergeben, dass Bush den Aktienverkauf zwar zu spät angezeigt habe, ihm aber kein Insiderhandel zur Last gelegt werden könne. :laugh: Bush hatte sich dennoch in jüngster Zeit immer wieder gegen die Veröffentlichung der SEC-Untersuchungsakten ausgesprochen. :D

      Auch US-Vizepräsident Dick Cheney ist wegen seiner früheren Tätigkeit als Chef des Industriekonzerns Halliburton in die Kritik geraten. Die US-Börsenaufsicht untersucht derzeit Vorwürfe, wonach Cheney durch eine finanzielle Überbewertung der Firma den Aktionären geschadet haben soll.

      Eine Reihe von Bilanz-Unregelmäßigkeiten bei US-Konzernen wie Enron und WorldCom hat in den vergangenen Wochen das Vertrauen der Anleger erschüttert und zu erheblichen Kurseinbrüchen geführt. Bush kündigte härtere Gesetze an, um Bilanzfälschungen in Zukunft einen Riegel vorzuschieben.

      Text: Reuters
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      schrieb am 22.07.02 10:37:03
      Beitrag Nr. 228 ()
      Bush streicht Gelder für Uno-Bevölkerungsfonds

      Der Einfluss konservativer Lobbyisten war erfolgreich. Offenbar weil der Bevölkerungsfonds der Uno Abtreibungen toleriert, hat US-Präsident George W. Bush 34 Millionen Dollar für Programme der Familienplanung gestrichen.




      Washington - Bush nahm damit frühere Ankündigungen zurück. Ursprünglich war vorgesehen, die 34 Millionen Dollar für Uno-Familienplanungsprogramme in Übersee auszuzahlen. In Regierungskreisen in Washington hieß es, die Entscheidung sei endgültig. Eine offizielle Erklärung dazu werde in den kommenden Tagen erwartet.
      Der Bevölkerungsfonds berät Staaten weltweit in Fragen der Gesundheit, Familienplanung und Bevölkerungsentwicklung. Bush hatte das Gesetz, in dem die Zusage über die 34 Millionen Dollar enthalten ist, im Januar unterzeichnet - allerdings unter dem Vorbehalt, über "das angemessene Maß an Finanzierung" für den Bevölkerungsfonds noch zu entscheiden.


      Konservative Interessengruppen in den USA werfen dem Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen vor, Abtreibungen zu tolerieren. Möglich sei nun, dass Bush das Geld Familienplanungsorganisationen zukommen lasse, die von der Behörde für Internationale Entwicklung des US-Außenministeriums geleitet werden, hieß es.
      Avatar
      schrieb am 22.07.02 14:46:22
      Beitrag Nr. 229 ()
      OPERATION "TIPS"

      Bush will ein Land voller Spitzel


      Von Alexander Schwabe

      Nahezu ein Jahr nach den Anschlägen vom 11. September versucht US-Präsident George W. Bush das Land in eine Gesellschaft voller Spione zu verwandeln. Im August startet die Operation "TIPS", seine neueste Waffe im Kampf gegen den Terrorismus. Sollte sich das Pilotprojekt bewähren, wird die Spitzel-Quote in den Staaten bald höher sein, als sie in der DDR je war.

      Das World Trade Center ist zerstört, die Bürgerrechte sind beschädigt


      Hamburg - William Harvey ist ein mutiger Mann. Rund drei Wochen nach den verheerenden Angriffen auf das World Trade Center stellt er sich in Manhattan nahe Ground Zero hin und hebt ein Schild in die Höhe, auf dem das World Trade Center abgebildet ist. Auf dem Poster ist neben den Türmen das Konterfei Osama Bin Ladens zu sehen. Harvey verteilt auch Flugblätter und sagt jedem, der es hören will: "Amerika muss dafür büßen, was es islamischen Ländern antut."
      Freilich wollte dies niemand hören. "Sperrt diesen fucking guy ein, bevor ich ihn erschieße", rief ein empörter Mann aus der Menge. Diese Forderung wurde schnell erfüllt. Harvey wurde festgenommen und wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses angeklagt.

      Noch fünf Monate nach dem 11. September schmetterte ein Gericht Mitte Februar Harveys Antrag ab, die Klage fallen zu lassen. Der New Yorker Richter Neil Ross begründete die Ablehnung damit, dass Harvey in Kauf genommen habe, Ärger zu machen. Dabei hatte er nicht mehr getan als seine Meinung gesagt - ein fundamentales Verfassungsrecht.

      Das Imperium rüstet sich mit einem Bürgerheer

      Bush propagiert das Citizen Corps


      Es war eingetreten, was der amerikanische Philosoph und Literaturwissenschaftler Richard Rorty gleich nach dem 11. September befürchtet hatte: Wenn ein Land Krieg führt, leiden die Bürgerrechte. Bereits eine Woche nach den Anschlägen beklagte der Stanford-Professor die Arroganz der US-Regierung und bescheinigte den Staaten, einem Imperium ähnlicher zu sein als einer Republik.

      Seither ist das Imperium dabei, neue Truppen zu rekrutieren, um gegen einen nahezu unsichtbaren Feind, den Terrorismus, ins Feld zu ziehen. In den USA soll sich ein gigantisches Bürgerheer Freiwilliger formieren, welches das ganze Land überziehen wird. Aufgerüttelt von den Auswirkungen der Angriffe des 11. September und getragen vom Gefühl, in der Schuld des Vaterlandes zu stehen, sind die Amerikaner von Florida bis Oregon, von New Mexico bis Maine aufgerufen, sich für das "USA Freedom Corps" registrieren zu lassen.

      Jeder Amerikaner soll zwei Jahre opfern

      US-Präsident George W. Bush versucht die patriotische Stimmung im Land zu nutzen. Ihm schwebt vor, dass alle Amerikaner etwa zwei Jahre ihres Lebens in den Dienst der Sicherheit des Vaterlandes stellen - in 4000 Einsatzstunden verteilt über ihre Lebenszeit. 560 Millionen Dollar will Bush allein für die Organisation der "Citizen Corps" ausgeben.


      Capitol in Washington: Der Patriot Act ging problemlos durch den Kongress


      Insgesamt lässt sich die Regierung die staatsicherheitliche Aufrüstung viel mehr kosten. Das von Bush konzipierte Ministerium für nationale Sicherheit soll 170.000 Mitarbeiter haben und zu einem der größten Regierungsapparate der USA ausgebaut werden. Diese Heimatschutzbehörde will der Präsident mit einem Jahresbudget von 37,4 Milliarden Dollar ausstatten.

      Wichtigtuer, Naseweise, Spanner und Schnüffler

      Das "Citizen Corps" soll aus fünf schlagkräftigen Divisionen bestehen: Das "CERT" (Community Emergency Response Team, Team für Notfälle in Gemeinden), das Medical Reserve Corps (Einsatzgruppe für medizinische Versorgung), die Initiative Neighborhood Watch (Nachbarschaftsüberwachung), den "VIPS" (Volunteers in Police Service, Freiwillige für den Polizeidienst) und das "TIPS" (Terrorism Information and Prevention System, das Terrorismusinformations- und Vorbeugesystem).

      ACLU: Die Bürgerrechtsbewegung warnt vor TIPS


      Besonders "TIPS" hat den scharfen Protest von Verfassungsrechtler und Bürgerrechtler hervorgerufen. Einige befürchten, dass sich das Land in eine Gesellschaft von Aufdringlingen, Wichtigtuern, Schnüfflern und Naseweise verwandeln könnte. Rachel King, Rechtsberaterin der 1913 gegründeten American Civil Liberties Union (ACLU), der einflussreichen Bürgerrechtsorganisation, sagt: "Die Regierung will offenbar ein Programm einführen, das Gasinstallateure, Telefonvermittler und Elektriker in von ihr herangezogene peeping toms (Spanner) verwandelt."

      Verdächtige terroristische Aktivitäten

      Nach Angaben des Zentrums für Verfassungsrecht in New York soll auf 24 Amerikaner ein Informant kommen, der für das Justizministerium Augen und Ohren offen hält. Rund vier Prozent der amerikanischen Staatsbürger sollen zivile Spione werden, die "verdächtige terroristische Aktivitäten" an die Behörden melden. Tom Ridge, Sicherheitschef der Heimatlandbehörde, ist bereits in die Defensive geraten. Er beteuert: "Das letzte, was wir wollen, ist, dass Amerikaner Amerikaner ausspionieren."


      Die Behörden wollen vor allem Personen gewinnen, die an Schaltstellen des öffentlichen Lebens tätig sind oder an Schnittstellen zwischen öffentlichem Raum und Privatsphäre. Busfahrer, Postboten, Telefonisten, Lastwagenfahrer, Angestellte bei Strom-, Gas- oder Wasserversorgern, Schaffner, Kapitäne und Hafenarbeiter sollen mit geschärften Sinnen und dem Willen durch die Welt gehen, eine eigens eingerichtete gebührenfreie Nummer anzurufen, falls ihnen etwas verdächtig vorkommt.

      Senator Joseph McCarthy blies zur Hexenjagd


      In zehn Städten wird im August das Pilot-Projekt starten. Eine Million Informanten sollen ihre Mitbürger überwachen. Trifft der Versuch die zehn größten Städte der USA, bedeutete dies, dass eine Million Informanten auf 24 Millionen Einwohner (knapp vier Prozent) kämen. In den Ballungsräumen gäbe es damit mehr informelle Mitarbeiter als es in der DDR Stasi-Spitzel gab. Dort kamen auf rund 17 Millionen Einwohner unterschiedlichen Angaben zufolge zwischen 110.000 und 170.000 informelle Stasi-Mitarbeiter, weniger als ein Prozent der Bevölkerung.

      Erinnerungen an McCarthy

      Dass beim Justizministerium Akten über Verdächtige angelegt werden sollen, erinnert an die McCarthy-Zeit der fünfziger Jahre, als FBI-Direktor J. Edgar Hoover schwarze Listen mit den Namen Hunderter pflegte, die angeblich mit dem Kommunismus sympathisierten. Die gespeicherten Informationen sollen für Polizeistationen und Geheimdienste zugänglich sein. Betroffene Bürger sollen über ihre Mappe nicht benachrichtigt werden.

      FBI-Chef J. Edgar Hoover führte die Listen


      Bisher ist nicht abzusehen, ob es wie damals zu einer Hexenjagd kommen wird. Denn noch lassen die Behörden offen, wie weit die Schnüffelei der geplanten elf Millionen Informanten gehen darf. Die Bürgerrechtsbewegung ACLU warnt, eine große Bandbreite von Überprüfungsmöglichkeiten von Bürgern öffne dem Missbrauch Tür und Tor. Worauf soll das Heer von Privatspionen ihr Augenmerk richten? Auf Waren und Güter oder vor allem auf Menschen in deren Privatsphäre?

      "Wir brauchen keine Block-Führer"

      Auch sei überhaupt nicht klar, ob der Orwellsche Alptraum "Your fellow`s watching you!" effektiv sein wird. Ein 1992 in Harvard veröffentlichter Bericht belegt, dass viele Informanten wenig verlässliche Quellen sind. Einige schmückten die Wahrheit aus, andere erdichteten sie freiweg - etwa um Mitmenschen zu denunzieren. Robert Levy vom Cato-Institut, einer Organisation, die für die Freiheit des Einzelnen eintritt, rechnet mit einer Lawine wertloser Tips, die voraussichtlich die Behörden lahm legen werden. "Wir fahren ohne Block-Führer besser", sagt er.

      Das Terrorpräventivprogramm ist ein weiterer Schritt im Rahmen des Patriot Act, die individuellen Freiheitsrechte einzuschränken. Die New Yorker Verfassungsrechtlerin Nancy Chang fürchtet, das Vaterlandsgesetz führe dazu, dass immer mehr Bürger auf Grund ihrer ethnischen Herkunft oder ihrer ideologischen Überzeugung ins Visier von Profilern geraten. Auch das in der Verfassung verankerte Prinzip der Gleichbehandlung bei Prozessen ist insbesondere bei festgenommenen Immigranten bereits aufgeweicht worden.

      Was ist mit Amerikas Stolz?


      Corporate Responsibility: Jeder Bürger muss Opfer bringen


      Doch es steht mehr auf dem Spiel als eventuelle Unannehmlichkeiten für einzelne Bürger. Seit Bush am 26. Oktober 2001 das Gesetz zur "Einigung und Stärkung Amerikas durch die Verordnung angemessener Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus", unterzeichnet hat, das mit 356 zu 66 Stimmen durchs Repräsentantenhaus und mit 98 zu einer Stimme durch den Senat ging, sieht Chang die Grundrechte in Gefahr, auf die Amerikas Stolz gründet. "Was ist so patriotisch daran, auf der Bill of Rights herumzutrampeln?", fragt die leitende Anwältin beim Zentrum für Verfassungsschutz.

      Für Chang opfert der Patriot Act in einem beispiellosen Ausmaß "unsere politische Freiheit im Namen der nationalen Sicherheit". Die demokratischen Werte würden plötzlich über den Haufen geworfen, indem die Überwachungsmöglichkeiten der Polizeiorgane und die Kompetenzen der Geheimdienste ungeheuerlich gestärkt werden.

      häufig in Krisenzeiten beugt sich die Judikative vor den Interessen der Politiker. Das hat in den USA Tradition. Während des Ersten Weltkrieges etwa bestätigte der Oberste Gerichtshof die Verurteilung des Sozialisten Eugene Debs, als dieser gegen die Kriegsteilnahme der USA demonstrierte. Die Richter weigerten sich, Debs` Einsatz für Gewaltlosigkeit zu tolerieren, obwohl die Verfassung - wie im Fall Harvey - eigentlich die freie Rede eines jeden Amerikaners garantiert.

      Pearl Habor, 1941: Die USS Arizona geht in Flammen auf


      Auch nach der Bombardierung von Pearl Harbor wurden wesentliche Grundrechte für Bürger außer Kraft gesetzt. Das Oberste US-Gericht urteilte damals, die Internierung von mehr als 100.000 japanischen Einwanderern und von Bürgern japanisch-amerikanischer Herkunft, sei rechtens. Das elementare Recht der Gleichstellung eines jeden Bürgers vor dem Gesetz galt in dieser Krisenzeit wenig.

      Beim Zentrum für Verfassungsrecht in New York stellt man besorgt fest, dass die Ereignisse vom 11. September offenbar auch von höchsten Richtern als Kriegsereignisse von der Qualität des Ersten Weltkriegs und von Pearl Habor gesehen werden. Nicht einmal von der obersten Hüterin der Grundrechte, Supreme-Court-Richterin Sandra Day O`Connor, sei zu erwarten, dass sie sich voll für die Freiheitsrechte der Bürger einsetzen werde. Als O`Connor am Ground Zero stand, sagte sie: "Wir werden möglicherweise eine stärkere Einschränkung der Freiheit des Einzelnen erfahren als jemals zuvor in diesem Land."

      Geheimdienst-Experten in der Rolle von Terroristen

      Die Richterin scheint Recht zu behalten. Erst vergangene Woche wiederholte Bush, der Schutz des Heimatlands vor Terroranschlägen sei die wichtigste Mission seiner Regierung. Dafür hat er eine ganze Latte von Maßnahmen vorgelegt: Die Streitkräfte sollen künftig auch innerhalb der USA eingesetzt werden können, die Führerscheinbestimmungen in den Bundesstaaten vereinheitlicht werden, Auslieferungsabkommen mit anderen Staaten erweitert werden, Schiffscontainer in den USA und in ausländischen Häfen gründlicher inspiziert werden, die Arbeit von Regierungsbehörden besser koordiniert werden, und die Impfstoffdepots des Landes sollen aufgerüstet werden.

      Der Heimatverteidigungsplan sieht sogar vor, dass "intelligence threat divisions" geschaffen werden. "Rote Teams" bestehend aus Geheimdienst-Experten werden in die Rolle von Terroristen schlüpfen und Anschläge aushecken, so dass aus daraus gewonnenen Erfahrungen Methoden entwickelt werden können, solchen Angriffen möglichst vorzubeugen.
      Avatar
      schrieb am 23.07.02 10:29:33
      Beitrag Nr. 230 ()
      Aktion "glücklicher Sterben" :D

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      US-Abgeordnete wollen Image der USA verbessern

      23. Jul 08:39 netzzeitung


      Mit mehr als 200 Millionen Dollar will das US-Repräsentantenhaus für ein besseres Image der USA im Ausland sorgen. Der Kontakt zu muslimischen Ländern soll ausgebaut werden.

      Das amerikanische Repräsentantenhaus will das negative Bild der USA im Ausland verbessern. Zu diesem Zweck bewilligten die Abgeordneten am Montag 225 Millionen Dollar, die über einen Zeitraum von zwei Jahren bereitgestellt werden sollen.
      Mit dem Geld sollen neue Kommunikationsstrategien des Außenministeriums ausgearbeitet und Austauschprogramme mit vorwiegend moslemischen Ländern finanziert werden. Außerdem ist geplant, internationale US-Rundfunkprogramme leichter für Moslems zugänglich zu machen. Der Entwurf muss nun noch den Senat passieren.

      Nach Meinung des republikanischen Abgeordneten Henry Hyde muss garantiert werden, dass «die Wahrheit über unser Land» die Oberhand über Hass und Desinformation gewinnt, die in vielen Gegenden der Welt vorherrschen. «Warum, wenn wir Beschreibungen über Amerika in der ausländischen Presse lesen oder hören, scheinen wir so oft ein Fantasieland des Hasses zu betreten?» fragte Hyde.

      Die Abgeordneten wollen vor allem gegen negative Medienberichte über Militäraktionen der USA in Afghanistan und Nahen Osten sowie den weltweiten Anti-Terror-Kampf angehen.
      (nz)

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      Das wird bestimmt ein BOMBENERFOLG.....

      Ich vermute, die Abgeordneten stellen sich den Erfolg der MAßnahme so vor:

      Künftig jubeln Hochzeitsgesellschaften den auf sie fallenden Bomben ihrer US-Besatzer (sog. "Bushlime" , wird rein zufällig so öhnlich ausgesprochen wie "Muslime" ... ) in frenetischer Art bis zum Aufschlag zu.

      Die Rohöl- und Gasvorkommen ihres Landes werden aufgrund der Werbesendungen von "afghanistan Voice of America" den USA geschenkt - dann brauchen die Afghanen nicht mehr ihre Zeit mit Verhandeln zu verschwenden und können sich mit voller Schaffenskraft daranmachen, Teppiche zu knüpfen und ihr Land von den Minen und Blindgängern zweier in den letzten 3 JAhrzehnten bei ihnen eingefallener Supermächte zu befreien. Ausserdem müssen die Afghanischen Familien ja noch die äusserst großzügigen 200 US-Dollar (sind jetzt deutlich weniger wert als noch zum Zeitpunkt der Auszahlung, das ist pädagogisch wichtig, damit sie besser Bush´s "Democracy based on commerce" verstehen) pro "versehentlich" umgebrachten Zivilisten richtig anlegen können.

      Die beste Idee zur Verbesserung des US-Image auf der Welt:

      "Voice of America" lobt auch einen "Crippel Award" aus für den leidensfähigsten und demütigsten durch US-Einsätze oder Minen/Bomben Bein- oder Armamputierten aus:

      Die Preisverleihung:

      "And in Section....

      "Only one leg left and and both Arms cut"....

      The winnnnnneeeeeeeeerrrrr iiiiisssssssss.........

      Adulaaaaaaaaaaahhhhhhhh Iiiiiiiiiibrahiiiiiiiiiiiiiimmmmmm"

      (Frenetischer Beifall der glücklichen Afghanen.....)

      Anschließend Verleihung des Preises durch ein in die Jahre gekommenes ehemaliges zu 60% NApalmverbranntes Vietnamesisches Kind ohne Gesicht...... das weiß, wie hart man für den Preis "kämpfen" muss.....


      Den Preis für das menschenverachtendste Drehbuch der Weltpolitik jedoch - sorry - der geht regelmäßig nach Washington.
      Avatar
      schrieb am 24.07.02 10:43:31
      Beitrag Nr. 231 ()
      Das seichblöde Pack glaubt immernoch, daß wirklich Alles käuflich wäre.


      Vom Denken und vom Tun und den Welten dazwischen:

      "Amerika wird keinen Schutz finden, selbst wenn es ins All flüchtet"
      Dokumentation eines Gesprächs dreier saudi-arabischer Scheichs im Fernsehsender Al Dschasira über das Königshaus, die USA und Bin Laden


      Berlin - Am 10. Juli interviewte der Fernsehsender Al Dschasira drei saudi-arabische Scheichs, die alle langjährige Gefängnisstrafen verbüßen für ihre Kritik am saudi-arabischen Regime. Mohsin Al-Awaji war Imam der Großen Moschee an der König-Saud-Universität in Al-Riyadh, Safar Al-Hawali führt die Opposition gegen die militärische Präsenz der USA auf der arabischen Halbinsel, und Muhammad Al-Khasif kommt aus der Stadt Buraydah, bekannt als konservatives Zentrum der Wahhabiter. DIE WELT veröffentlicht das Gespräch in Auszügen, weil die Aussagen der einflussreichen Scheichs viel über das Verhältnis der saudi-arabischen Bevölkerung zum Westen und zu den Vereinigten Staaten verrät.

      Beziehungen zwischen Saudi-Arabien und den USA
      Scheich Dr. Safar Al-Hawali: "Die Beziehungen zwischen Amerika und uns sind Beziehungen zwischen zwei sehr unterschiedlichen Nationen: Da ist eine Nation, die von Allah auserwählt wurde, der sie geprüft hat und mit Katastrophen geläutert, damit sie für ihre Sünden büßt. Allah nutzt diese Nation, um auf der Erde die Fahne von Wahrheit und Gerechtigkeit hochzuhalten. Und dann gibt es eine tyrannische und böse Nation, die Allah ohne ihr Wissen manipuliert, bis sie das Ende ereilt, zu dem sie verurteilt ist - das gleiche Ende, dass das Los all der Nationen der Irrlehre, Tyrannei und Aggression war."

      "Seit dem Zweiten Weltkrieg ist Amerika keine demokratische Republik mehr; es ist zu einem Militärreich nach römischem Modell geworden. Es ist sogar noch abscheulicher, weil seine Regierung von den gefährlichsten Interessengruppen beherrscht wird - von Unternehmen, die Zerstörung stiften und Waffen verkaufen. Ohne zu zögern, tritt Amerika überall in der Welt in den Krieg - es sei denn, der Nutzen eines solchen Krieges scheint ihm seinen unstillbaren Appetit nicht zu befriedigen. Dann verlangt es nach einer Art Frieden, der es amerikanischen Unternehmen erlaubt, profitable Verträge abzuschließen. So sucht Amerika immer einen Feind - und wenn es keinen findet, erschafft es einen und bläst ihn mit seinen schrecklichen Medien auf, um sein Volk zu überzeugen, dass der von ihm erklärte Krieg notwendig ist (und) einer gerechten Sache dient."

      Bin Laden, Amerika und das saudi-arabische Volk
      Scheich Al-Awaji: "In der Vergangenheit, als er in Afghanistan gegen die Russen kämpfte, war Bin Laden der größte Kämpfer im Dschihad - in den Augen des saudi-arabischen Volkes und in den Augen der saudi-arabischen Regierung. Er und die anderen gingen mit offizieller (saudi-arabischer) Unterstützung nach Afghanistan und mit der Unterstützung der Geistlichen. Jetzt haben die Saudis drei Beschwerden an Bin Laden. Erstens beschuldigt Bin Laden Geistliche und Herrscher der Irrlehre, auch wenn er keinen Beweis dafür hat. Zweitens macht er die moslemischen Länder zu einem Schauplatz von Dschihad-Einsätzen. Drittens haben er und seine Leute unschuldige Menschen zum Ziel, und damit meine ich die Unschuldigen auf der ganzen Welt, in jeder Religion und Hautfarbe, und in jeder Region.

      Abgesehen von diesen drei Dingen, wird Bin Laden als Ehrenmann betrachtet, als ein Mann, der sich (der Vergnügungen) dieser Welt enthält, ein mutiger Mann und ein Mann, der an seine Prinzipien glaubt und Opfer (für sie) bringt."

      Dschihad als strategische Waffe gegen die USA
      "Wir sind stolz, dass wir nach ihrer Definition jemand sind, der Terror in die Herzen der Feinde Allahs und unserer Feinde trägt (nach einem Vers aus dem Koran), aber nicht nach der Definition, die sie (die Amerikaner) wollen. Die amerikanische Definition von Terror ist die, dass jeder, der sich den amerikanischen Interessen widersetzt, ein Terrorist ist."
      "Wenn Amerika Interkontinentalraketen und Bomben hat, dann sind unsere Bomben die Kämpfer im Dschihad. Wir werden sie weiter entwickeln, denn wir betrachten sie als strategische Waffe."

      Zukunft der saudi-arabisch-amerikanischen Beziehungen
      Scheich Al-Hawili: "Amerika und seine Unterstützer sollten wissen, wenn es seine Hand ausstreckt, um das Land der zwei heiligen Stätten (Saudi-Arabien) anzugreifen, dann wird es keinen Schutz geben vor der Grausamkeit Gottes und der Vergeltung der Soldaten Allahs, den Mudschahedin. Es wird keinen Schutz finden, selbst wenn es ein Loch in den Boden gräbt oder ins All flüchtet."

      "Wir verlangen, dass Amerika sich bei unserem Volk entschuldigt und verspricht, dass Erklärungen dieser Art (über Atombomben auf Mekka - diese Drohung hat es nie gegeben; d. Red.) nie wieder von irgendjemandem wiederholt werden, ob in der Regierung, im Kongress oder in den Medien. Wenn sie sich für den Pfad von Wahrheit und Gerechtigkeit entscheiden, werden sie niemand Gerechteres finden als uns. Doch wenn sie Unterdrückung und Aggression wählen, werden sie niemanden finden, der das Märtyrertum mehr liebt als wir, und niemanden, der bereitwilliger ist zu sterben - denn das ist die Hoffnung von jedem Mann in diesem Land."

      Kampf gegen Amerika
      Dr. Muhammad Al-Khasif: "Amerika erschafft sich seine eigenen Feinde. Ich gehöre zu denen, die in Amerika studiert haben, und ich bin den amerikanischen Bildungseinrichtungen dankbar. Ich hatte viele Freunde, und die Zeit in Amerika war eine gute Zeit in meinem Leben. Heute jedoch hasse ich Amerika und seine Politik. Ich sehe, wie es sich in die Souveränität meines Landes einmischt. Ich sehe, wie es mir Befehle erteilt, wie es in Afghanistan und Palästina mit der Unterstützung der Juden Kinder tötet. Von dieser Stelle aus sende ich eine Nachricht an die amerikanische Regierung: Wir werden gegen Amerika kämpfen, und wir werden die Mujahedin aufrufen, Amerika überall in der Welt zu bekriegen."
      Avatar
      schrieb am 25.07.02 09:41:12
      Beitrag Nr. 232 ()
      USA bei Anti-Folter-Konvention überstimmt

      25. Jul 06:12

      Die USA haben bei den UN eine schwere Abstimmungsniederlage erlitten: Sie stimmten dagegen, dass Gefängnisse international kontrolliert werden dürfen – und wurden überstimmt.

      Gegen den Widerstand der USA ist in der Nacht zum Donnerstag das Zusatzprotokoll zur Anti-Folter-Konvention der Vereinten Nationen verabschiedet worden. Der zuständigen UN-Ausschuss stimmte mit 35 Ja-Stimmen, acht Nein-Stimmen und zehn Enthaltungen für internationale Kontrollen von Hafteinrichtungen wie Gefängnissen und Polizeistationen. Die UN-Generalversammlung wird die neuen Regeln voraussichtlich im September verabschieden.

      Die USA wollten mit ihrer Ablehnung verhindern, dass die UN nun US-Gefängnisse sowie Gefangenenlager wie etwa das in Guantánamo auf Kuba kontrollieren kann. Sie argumentierten, das Zusatzprotokoll verletze die Verfassung der USA und sei nicht konsensfähig. Die amerikanischen Verteter wollten mit Änderungsanträgen erreichen, dass das Protokoll frühestens nächstes Jahr verabschiedet wird. Letztere wurden jedoch mehrheitlich abgelehnt. (nz)
      Avatar
      schrieb am 25.07.02 17:00:51
      Beitrag Nr. 233 ()
      Mail 14:01 25.07
      von: Deep Thought
      Betreff: ich wurde gesperrt!

      Hallo,

      ich kann nicht mehr bei W:O posten!

      Ich hatte einen Thread über Özdemir gestartet (haste vermutlich gesehen) und der ist seit heute morgen ca. 11:00 Uhr gesperrt.

      Es waren keinerlei Beschimpfungen oder unwahre Behauptungen enthalten.

      Nicht ein einziger User ist aus der Rolle gefallen.

      Ich habe daraufhin einen neuen Thread aufgemacht, danach wurde ich gesperrt.

      Mehrfache Anfragen an W wurden bisher nicht beantwortet.

      Allmählich reicht es mir....

      Ich wäre Dir dankbar, wenn Du diese NAchricht an Freunde bei W : O weitersenden würdest und evtl. in einem Thread von mir posten würdest, damit das bekannt ist.

      Danke.

      Gruß

      D.T.
      Avatar
      schrieb am 25.07.02 17:12:11
      Beitrag Nr. 234 ()
      US-Abgeordnete geben 29 Milliarden Dollar frei

      WASHINGTON, 24. Juli (afp). Das US-Repräsentantenhaus hat weitere knapp 29 Milliarden Dollar für die Terrorismusbekämpfung freigegeben. Davon erhält Israel 200 Millionen Dollar zur Abwehr von Selbstmordanschlägen. Die Hälfte der Summe geht an das US-Verteidigungsministerium, der Wiederaufbau in New York nach den Terroranschlägen wird mit 5,5 Milliarden Dollar unterstützt.
      Wegen angeblicher Verbindungen zum Terrornetzwerk Al Qaeda verhaftete die US-Bundespolizei FBI in Denver (US-Staat Colorado) einen Moslemaktivisten. Der 36-Jährige sei regelmäßiger Besucher einer Moschee in Seattle gewesen, die Verbindungen zu mutmaßlichen Terroristen unterhalte, hieß es.

      Ich schließe den Thread hier ab. Die Schlüssel hat Deep Thought. In den Kümmeltürken-Thread hab ich nie geschaut. Was soll man da sagen? :(
      Avatar
      schrieb am 25.07.02 21:56:41
      Beitrag Nr. 235 ()
      :)

      Bin soeben wieder entsperrt worden.

      DANKE an alle, die mir heute zeigten,daß sie meine postings hier bei W : O schätzten.

      Ich habe lange mit dem netten Sven Boschert bei W : O telefoniert und die Sache ist - was W : = Betrifft - erst einmal gütlich erledigt.

      Wir haben ein sehr offenes und konstruktives Gespräch gehabt.


      ich denke, es ist bei W : O heute nicht alles so glücklich gelaufen - aber es hat sich gezeigt, daß W : O an konstruktiver Kritik interessiert ist und ich bin mir sicher, daß es bei ähnlicher Situation etwas anders läuft.

      Also:

      Bitte nicht mehr nachkarten, die Sperrungs-Sache hat sich erledigt.

      Im Übrigen bin ich jetzt sogar fett gedruckt.... wie konnte W : O denn bloss feststellen, daß ich seit meiner Anmeldung 1999 erheblich zugenommen habe und einfach die Buchstabenstärke meinem Gewicht anpassen????? :confused:


      NICHT ERLEDIGT ist natürlich die Sache Özdemir!

      Hier ist es wohl so, daß das "TEAM ÖZDEMIR" bei W : O angerufen hat und behauptete, ich hätte

      1) gegen Urheberrecht verstoßen ( ??? )

      und

      2) haben sie wohl sinngemäß behauptet, ich hätte "Zitate verfälscht".


      DAs letztere ist eine Unverschämtheit und W : O ich fordere das "TEAM ÖZDEMIR" auf, diese ungeheuerliche und nachweislich falsche Tatsachenbehauptung zu belegen.

      Wer den Thread gelesen hat, der weiß, daß ich stets mit sauberer Quellenangabe gearbeitet habe und ich weiß, daß ich bei meiner umfangreichen Recherche im Netz absolut sauber zitiert habe.

      Wer im Bundestag sitzt, der sollte wissen, daß der Vorwurf, der politische Gegner habe "sinnentstellend" zitiert (obwohl einem nur die eigenen früheren Worte peinlicherweise vorgehalten werden) eine der ältesten und vor allem LANGWEILIGSTEN UND ABGEGRIFFENEN UNTERSTELLUNGEN der Politik ist.

      Aber ich kann natürlich verstehen, daß Herrn Özdemir einige seiner eigenen früheren Worte echt weh getan haben.... :laugh:

      Nunja.... wenn die vom TEAM Özdemir behaupteten "Zitatfälschungen" nicht bis morgen belegt werden können, dann bin ich wohl am Zuge.... :D

      Ist schon recht interessant, wie dünnhäutig zumeist gerade diejenigen werden, die immer kräftig auf andere einschlagen.

      "Politische Streitbarkeit" oder gar "POLITISCHE STREITKULTUR" beweist das peinliche, intrigante und kleinbürgerliche Vorgehen des "TEAM ÖZDEMIR" sicherlich nicht.

      Wer im Rampenlicht der Öffentlichkeit steht, der muss eben auch Kritik einstecken können.

      So - nochmals VIELEN DANK AN ALLE :kiss:

      Ich werde das noch einmal mit der liebsten antigone zusammen in einem Thread posten, damit alle wissen, daß wir wieder aktiv im Board sind.... ;)

      :kiss:

      D.T.
      Avatar
      schrieb am 25.07.02 22:39:06
      Beitrag Nr. 236 ()
      Ei Guter. Wie?


      WASHINGTON ap Die Angst vor verseuchten Hamburgern zieht in den USA immer weitere Kreise: Wegen des Verdachts auf eine Verunreinigung mit E.coli-Bakterien hat das US-Lebensmittelunternehmen ConAgra mittlerweile rund achteinhalb Millionen Kilogramm Rinderhack zurückgerufen. Damit weitete sich eine im Juni begonnene Rückrufaktion zu einer der größten in der US-Geschichte aus. Wie das Landwirtschaftsministerium mitteilte, erstreckt sich die Aktion bereits auf 21 US-Staaten. Mindestens 18 Personen hätten im Zusammenhang mit verunreinigtem Rindfleisch über Beschwerden geklagt. Bereits vor zwei Wochen hatte das in Colorado ansässige Unternehmen ConAgra rund 160.000 Kilogramm Hackfleisch aus den Regalen zurückgezogen. Zuvor war ein E.coli-Test in einem Verpackungsbetrieb positiv ausgefallen.

      Hauptsache Viagra bleibt rein. :laugh:
      Avatar
      schrieb am 28.07.02 21:23:23
      Beitrag Nr. 237 ()
      Ekéus attackiert USA

      Der ehemalige Chef der UN-Waffeninspektionen im Irak wirft der Regierung in Washington Instrumentalisierung für politische Zwecke vor


      STOCKHOLM taz Die Kritik des Irak an einer missbräuchlichen Ausnutzung der UN-Waffeninspektionen ist teilweise gerechtfertigt. Die Inspekteure seien von den USA veranlasst worden, auch jenseits ihres eigentlichen Auftrags aktiv zu werden. Sie hätten regelrechte Spionageaufträge bekommen und seien sogar eingesetzt worden, um Spannungen zu schaffen. Diese schweren Vorwürfe erhob der ehemalige Chef der UN-Waffeninspektionen im Irak, der schwedische Diplomat Rolf Ekéus, am Sonntag in einem Interview mit dem schwedischen Rundfunk.

      Ekéus, der das Amt von 1991 bis 1997 innehatte, berichtete von zahlreichen Versuchen gezielter politischer Einflussnahme von Mitgliedern des UN-Sicherheitsrats, besonders aber der USA, auf die Inspektionen.
      In seiner Amtszeit seien diese Einflussversuche gestoppt worden, behauptet Ekéus, obwohl es stetigen und zunehmenden Druck gegeben habe. Nach 1997 habe es aber zahlreiche "zweifelhafte Inspektionen" gegeben. Ekéus Nachfolger Richard Butler war vom Irak mehrfach der Spionage für die USA beschuldigt worden.

      Die Äußerungen von Ekéus lassen diese Vorwürfe in neuem Licht erscheinen. Er nennt in dem Interview drei Beispiele: Die Inspektoren hätten herausfinden sollen, wie der irakische Geheimdienst organisiert sei, sie sollten auch die konventionellen Streitkräfte auskundschaften sowie die Aufenthaltsorte von Präsident Saddam Hussein melden.

      Teilweise seien die Inspektionen gezielt eingesetzt worden, um für Spannung oder Entspannung zwischen dem Irak und der UNO beziehungsweise den USA zu sorgen. Hier nannte Ekéus den Wunsch nach einer Inspektion des irakischen Verteidigungsministeriums und anderer Behörden, die seiner Auffassung nach nicht vom UN-Mandat gedeckt gewesen seien. Solche "kontroversiellen Aufträge" hätten dazu gedient, den Irak zu provozieren.
      Ekéus Enthüllungen kommen zu einem Zeitpunkt, an dem neue Verhandlungen zwischen dem Irak und der UNO über eine Aufhebung der Handelssanktionen und einer Rückkehr der Inspektoren zur Kontrolle des irakischen Waffenarsenals laufen.

      REINHARD WOLFF

      taz Nr. 6812 vom 29.7.2002, Seite 2, 72 TAZ-Bericht REINHARD WOLFF

      taz muss sein:
      Avatar
      schrieb am 29.07.02 07:39:36
      Beitrag Nr. 238 ()
      Freier an den Pranger gestellt


      Eine neue US-Fernsehshow stellt vorbestrafte Kunden von Prostituierten an den Pranger. In der ersten Folge von „Johns TV“ wurden in Denver elf Männer mit Namen und Bild genannt, berichtete die Zeitung „Rocky Mountain News“ am Freitag (Ortszeit).

      Ein Polizist warnte die Zuschauer davor, Prostituierte aufzusuchen. Die Kunden, die in den USA „Johns“ genannt werden, riskieren eine Festnahme, Anklage und möglicherweise die Darstellung im Fernsehen. Prostitution und der Erwerb von käuflichem Sex sind in den meisten US-Staaten verboten.


      Die Stadt Denver verspricht sich von der Show eine abschreckende Wirkung auf mögliche Freier. Damit folgt sie dem Beispiel der Stadt Aurora in Colorado, die seit mehreren Jahren Freier-Fotos in einer Tageszeitung veröffentlicht. Angeblich konnte dadurch der Besuch bei Prostituierten gesenkt werden.

      Die im Fernsehen dargestellten Männer werden auch auf einer städtischen Webseite präsentiert. Ein Verbrecherfoto zeigt die Männer zum Zeitpunkt ihrer Festnahme. Bilder der Prostituierten sind nicht zu sehen.

      focus.de
      Avatar
      schrieb am 29.07.02 08:13:17
      Beitrag Nr. 239 ()
      US-Armee beseitigte nach Angriff auf Hochzeit Beweise

      London - Nach dem versehentlichen Angriff auf eine Hochzeitsgesellschaft in Afghanistan haben US-Soldaten einem Zeitungsbericht zufolge Beweise verschwinden lassen. Die Streitkräfte seien kurz nach dem Angriff in dem Dorf aufgetaucht und hätten Bombensplitter, Geschosse und Blut beseitigt, berichtete die britische Zeitung ”Times” am Montag unter Berufung auf einen vorläufigen UN-Untersuchungsbericht. Frauen seien die Hände auf den Rücken gebunden worden. Zudem hätten die UN-Berichterstatter keine Beweise dafür gefunden, dass die US-Luftwaffe mit ihrem Bombardement auf Flugabwehrfeuer reagiert habe.

      Bei den Verfassern des UN-Berichts handele es sich um erfahrene und angesehene Mitarbeiter, die sich in der Region bestens auskennten, zitierte das Blatt Vertreter der Vereinten Nationen. Bei dem Angriff in der Nacht vom 30. Juni zum 1. Juli waren in der Nähe des Dorfes Kakrakai im Zentrum des Landes 48 Menschen getötet und über hundert verletzt worden. Die US-Armee hatte schließlich zugegeben, die Ortschaft bombardiert zu haben. Die Kampfflugzeuge seien jedoch zuvor angegriffen worden, erklärte das Militär.


      Quelle: KStA
      Avatar
      schrieb am 30.07.02 09:10:36
      Beitrag Nr. 240 ()
      Bush droht mit Veto für neues Ministerium
      Präsident verweigert weit gehende Arbeitsplatzgarantien für künftige Mitarbeiter

      Von Marc Hujer

      Washington – Der amerikanische Präsident George W. Bush will notfalls ein Veto gegen die Einrichtung seines von ihm selbst initiierten Sicherheitsministeriums einlegen. Mit dem demokratisch beherrschten Senat ist ein heftiger Streit über die Sicherheit der Arbeitsplätze der 170000 künftigen Mitarbeiter ausgebrochen. Der Senat möchte weit gehende Arbeitsplatzgarantien verankert wissen, darunter auch das Recht, sich Gewerkschaften anzuschließen. Bush dagegen verlangt außergewöhnliche Kompetenzen, die Arbeiter nach Belieben entlassen und gegebenenfalls disziplinarisch gegen sie vorgehen zu können. (warum wohl?)

      Regierungssprecher Ari Fleischer sagte, der Präsident habe „ernsthafte Einwände“ gegen die Richtung, die die Reform inzwischen genommen habe, aber er hoffe noch immer, dass dies anders als durch ein Veto ausgeräumt werden könne. Der zuständige Senatsausschuss hatte einen Gesetzentwurf ausgearbeitet, der auf Bushs Disziplinarrechte verzichtete und außerdem vorsah, dass der Chef der Behörde (vorgesehen ist derzeit der Republikaner Tom Ridge) vom Senat bestätigt werden muss. Bush hatte angestrebt, dass der Sicherheitsminister allein vom Präsidenten ernannt wird. Der demokratische Senator Joseph Lieberman zeigte sich erstaunt darüber, dass der Präsident einen Personalstreit zum Schlüsselthema bei der Einrichtung des Sicherheitsministeriums erhebe.
      Lieberman geht davon aus, dass Bush im Zweifel zurückstecken werde. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass er wegen einer Personalfrage Veto einlegt“, sagte Lieberman. Bush hat sich bisher nicht öffentlich geäußert, sondern nur durch seinen Pressesprecher vertreten lassen.
      Der designierte Sicherheitsminister Tom Ridge verteidigte die von Bush geforderte Flexibilität. Sie sei notwendig, um schnell auf die sich ständig ändernden Bedrohungen durch Terroristen reagieren zu können. Ridge versuchte, die Beschäftigten mit dem Zugeständnis zu gewinnen, dass sie für die Übergangsfrist von einem Jahr ihre Rechte als Staatsangestellte und Gewerkschaftsmitglieder behielten. Aber auch nach dieser Übergangsfrist, so sagte Ridge, bleiben alle Grundrechte erhalten, die Bürgerrechte, das Recht auf gleiche Beförderung und das Beschwerderecht.



      Ein Krieg, den nur die US-Regierung will
      Von Iraks Ungefährlichkeit möchte Bush gar nichts wissen

      Von Hans von Sponeck

      Während der 17 Monate der Bush-Administration ging für die US-Regierung bei den Versuchen, die Öffentlichkeit auf Militärschläge gegen Irak vorzubereiten, fast alles schief. Auch die Überzeugungsarbeit bei freundlich gesinnten Regierungen und Verbündeten war nicht viel erfolgreicher. Terroranschläge gegen US-Einrichtungen im Ausland und die Anthrax-Bedrohung zu Hause konnte nicht mit Irak in Verbindung gebracht werden. Beweise für eine Al Qaeda/Irak-Kollaboration gibt es nicht, weder bei der Ausbildung noch bei der Unterstützung von Ansar-al-Islam, einer kleinen fundamentalistischen Gruppe, die angeblich Al-Qaeda-Elemente beheimatet und versucht den irakischen Teil Kurdistans zu destabilisieren.

      In Folge des Blutbads vom 11. September hat sich die politische Landschaft im Nahen und Mittleren Osten dramatisch verändert. Jahre der Doppelmoral der USA im Umgang mit dem palästinensisch-israelischen Konflikt haben einen hohen Preis gefordert. Die arabische, türkische und kurdische Öffentlichkeit in der Region befürchtet mehr Unruhe, Leiden und Unsicherheit.

      Der Beiruter Gipfel der Arabischen Liga im März zeigte, dass alle 22 Regierungen ein Ende des Konflikts mit Irak wollen. Saudi-Arabien und Irak haben seither die Grenze bei Arar wiedereröffnet, und Saudi-Geschäftsleute verkaufen ihre Waren in Bagdad. Irak hat zugestimmt, Kuwaits Nationalarchiv zurückzugeben und will über verschwundene Kuwaiter sprechen. Iran und Irak haben den Austausch von Flüchtlingen beschleunigt. Syrien hat die Beziehungen mit Irak normalisiert, ebenso Libanon. Es vergeht kaum eine Woche, ohne dass türkische oder jordanische Regierungsbeamte oder Geschäftsleute Irak besuchen. (. . .) Irakisch-Kurdistan pflegt wissenschaftliche, kulturelle und sportliche Kontakte mit Bagdad und versucht, das Beste aus der derzeitigen (fragilen) örtlichen Stabilität zu machen.

      Iraks politische und wirtschaftliche Isolation im Nahen und Mittleren Osten ist mehr als vorüber. Eine Reihe von hochrangigen US-Besuchern hat versucht, diesen Trend der Normalisierung und Versöhnung in der Krisenregion zu stören. Die US-Administration hat den UN-Generalsekretär vor seinen Treffen mit irakischen Behörden an die kurze Leine genommen. Das einzige Thema, das nach amerikanischer Lesart diskussionswürdig ist, ist die Rückkehr der UN-Waffeninspektoren nach Irak. Das wurde bei den jüngsten Gesprächen mit den Irakern in Wien offensichtlich.

      Europa aber fühlt sich zunehmend unbehaglich mit dem unilateralen Beharren darauf, den Konflikt mit Irak militärisch zu lösen. In unterschiedlichen Stufen trifft das auch für Länder des Nahen und Mittleren Ostens zu. Saudi-Arabien hat bekannt gegeben, dass die Sultan-Luftwaffenbasis nahe Riad für eine neue US-Offensive gegen Irak nicht zur Verfügung steht. Erst unter massivem US-Druck hat Katar dem Transfer logistischer Einrichtungen von Saudi-Arabien auf sein Territorium zugestimmt. In Amman entspinnt sich eine politische Krise als Folge von US-Forderungen, Jordanien als Ausgangspunkt für einen Krieg gegen Irak zu benutzen. Ein ähnliches Debakel steht der türkischen Regierung bevor. (. . .) Eine gesamte Region wird als Folge des amerikanischen Wunschs nach einem politischen Wechsel in Irak destabilisiert.

      Derzeit wird eine systematische Kampagne der Falsch- und Fehlinformationen - die größte, die je von US-Behörden unternommen wurde - intensiviert. Der US-amerikanischen und der internationalen Öffentlichkeit wird täglich eine ansteigende Propaganda-Dosis darüber verabreicht, welche Bedrohung Irak für die Welt im Jahr 2002 darstellt. An der Spitze der Befürworter eines Kriegs gegen Irak steht der Vize-Verteidigungsminister der USA, Paul Wolfowitz, der eine militärische Lösung als einzige Option sieht. Am 14. Juli bemerkte er in Istanbul: "Präsident Bush hat es deutlich gemacht, wie gefährlich das irakische Regime für die Vereinigten Staaten ist und dass es für eine Gefahr steht, mit der wir nicht weiter leben können." Eine solche Äußerung ohne Beweise ist unverantwortlich. Sie befördert eine von der Regierung ausgelöste Massenhysterie in den USA und zielt darauf, eine Unterstützung für militärische Aktionen zu erlangen. Ein Krieg gegen Irak, der durch Mutmaßungen gerechtfertigt wird, ist töricht und moralisch verwerflich. Mit den Worten des neuen Oberhaupts der anglikanischen Kirche, des Erzbischofs Rowan Williams: "Es ist beklagenswert, dass die machtvollsten Nationen der Welt weiterhin Krieg und die Androhung von Krieg als ein annehmbares Instrument der Außenpolitik sehen."

      Das US-Verteidigungsministerium und die CIA wissen ganz genau, dass das heutige Irak keine Bedrohung für die Region, geschweige denn für die Vereinigten Staaten darstellt. Jede andere Behauptung ist unehrlich. Sie wissen beispielsweise, dass al-Dora, ein ehemaliges Produktionszentrum für Impfstoff gegen Maul- und Klauenseuche am Stadtrand von Bagdad, und al-Fallujah, eine Pestizid- und Herbizid-Fabrik in der westlichen Wüste, zerstört sind und nicht mehr repariert werden können. Die Vereinten Nationen hatten festgestellt, dass al-Dora in die Forschung und Entwicklung von biologischen Wirkstoffen verwickelt war und al-Fallujah in die Produktion für Material für chemische Kampfstoffe. Das UN-Abrüstungspersonal hat 1996 al-Dora dauerhaft unbrauchbar gemacht. Während eines Besuchs mit einem deutschen Fernseh-Team in al-Dora Mitte Juli - der Ort war von mir ausgesucht worden, nicht von den irakischen Behörden - habe ich die Anlage in dem zerstörten Zustand gesehen wie zuletzt 1999. Al-Fallujah war zum Teil 1991 während des Golfkriegs zerstört worden und weiter im Dezember 1998 während der Operation "Desert Fox". Zwischenzeitlich hat ein UN-Abrüstungsteam alle Einrichtung unbrauchbar gemacht, die in irgendeiner Weise mit Massenvernichtungswaffen in Verbindung gebracht werden können, einschließlich Rizinusöl-Anlagen. Meine Besuche in diesem Monat belegen ohne jeden Zweifel, dass die Rizinusöl-Einheit nicht funktionstüchtig war. Reste anderer Produktionsstätten werden zur Herstellung von Herbiziden und Pestiziden zum Pflanzenschutz oder für den Hausgebrauch benutzt.

      Man muss kein Spezialist für Massenvernichtungswaffen sein, um zu dem Ergebnis zu kommen, dass diese Produktionsstätten harmlos gemacht wurden und seither in diesem Zustand geblieben sind. Wirklich besorgniserregend ist, dass das US-Verteidigungsministerium über all diese Informationen verfügt. Warum dann, muss man fragen, hält die Bush-Administration daran fest, Irak in ihren Kampf gegen den Terror einzubeziehen? Geht es zu weit, wenn man vermutet, dass die US-Regierung UN-Waffeninspekteure überhaupt nicht wieder in Irak sehen will? Hat sie vielleicht Angst, dass dies zu einem politischen Drama führen würde, sollten die Inspektoren bestätigen, was Leute wie Scott Ritter schon seit langem sagen: dass Irak keine Kapazitäten hat, Massenvernichtungswaffen zu produzieren. Das wäre tatsächlich der endgültige Schlag gegen die "Krieg gegen Irak"-Politik der Bush-Administration. Eine Politik, die sonst niemand will. Die Iraker wären gut beraten, die Gelegenheit zu nutzen und ihre Tore ohne Verzögerung für Waffeninspektoren zu öffnen, um zu belegen, dass sie tatsächlich nichts zu verstecken haben.

      Dies würde den US-Krieg gegen Irak schier unmöglich machen und eine lange Reise des Landes hin zur Normalität einleiten. Was hat Paul Wolfowitz am 15. April vor dem Westflügel des Kapitols gesagt? "Möge Gott all die Friedensstifter der Welt segnen." Er hat immer noch die Chance, zu ihnen zu gehören.

      Hans von Sponeck war Koordinator der Vereinten Nationen für humanitäre Hilfe in Irak von 1998 bis 2000. Er ist gerade von einem zweiwöchigen Aufenthalt in Irak zurückgekehrt.

      Übersetzung: Brigitte Spitz




      Unscom diente USA zur Spionage in Irak

      STOCKHOLM / WASHINGTON, 29. Juli (dpa/rtr/ap). Die USA haben nach Aussage eines schwedischen Spitzendiplomaten die UN-Waffeninspektionen in Irak für eigene Spionageaktivitäten benutzt. Wie der frühere Chef der UN-Waffenkontrolleure in Irak (Unscom), Rolf Ekéus, am Montag in der Zeitung Svenska Dagbladet berichtete, versuchte die US-Regierung unter anderem durch "Infiltration" der Unscom mit zwei Agenten Material über die Aufenthaltsorte des irakischen Diktators Saddam Hussein zu sammeln. "Sie wollten das für ihre eigenen Interessen wissen, etwa in dem Sinne, um sich Saddam Husseins zu entledigen", sagte Ekéus in einem Interview. Unter anderem hätten die US-Agenten dafür Abhöreinrichtungen installieren wollen. Ihr Interesse für die Waffeninspektionen habe unter klarer Missachtung des UN-Mandats auch Einrichtungen des irakischen Geheimdienstes sowie der Streitkräfte gegolten.

      Ekéus sagte, bis zu seiner Ablösung durch den Australier Richard Butler habe sich die Unscom "entschieden" gegen die US-Spionageversuche gewehrt. Danach habe es seines Wissens nach eine Reihe "zweifelhafter Inspektionen" gegeben. Laut Ekéus übten auch andere Mitglieder des UN-Sicherheitsrates Druck aus, um mit provokativen Unscom-Forderungen an Irak den Vorwand für eine Militäraktion zu bekommen. Die Unscom-Einheit war nach Ende des Golfkrieges gebildet worden, um die vermutete Herstellung von Massenvernichtungswaffen zu untersuchen. Bagdad verwehrte den Inspekteuren mehrfach Zugang zu Anlagen mit der Begründung, es handele sich um von den USA gesteuerte Spionageaktivitäten.

      Die USA prüfen laut New York Times Pläne, wonach bei einem Angriff auf Irak zuerst die Hauptstadt Bagdad und wichtige Kommandozentralen sowie Waffendepots eingenommen werden sollen. Ziel sei es, Saddam zu isolieren oder töten und einem Einsatz irakischer Massenvernichtungswaffen gegen eine angreifende Nation, Verbündete an der Front oder Israel zuvorzukommen, berichtete das Blatt unter Berufung auf das Pentagon. Jordaniens König Abdullah II. warnte die USA vor einem Angriff: "Die internationale Gemeinschaft ist da einer Meinung. Alle sagen: ,He, Vereinigte Staaten, wir glauben nicht, dass das eine besonders gute Idee ist.`" Das US-Kommando Mitte teilte am Montag mit, britische und US-Kampfflugzeuge hätten am Sonntag einen irakischen Fernmeldebunker angegriffen.
      Avatar
      schrieb am 30.07.02 13:43:18
      Beitrag Nr. 241 ()
      Was der islamistische Fundamentalist Bin LAden nicht schafft, schaffen vielleicht die wirtschafts-Fundamentalisten der USA:


      Die Regierung Bush ist unglaubwürdig"

      Ökonomin Janet Yellen über Bilanzskandale, Vertrauen in die Wirtschaft und die Konjunktur Amerikas

      Die renommierte amerikanische Ökonomin Yanet Yellen sagt, Präsident George Bush und seine Mitstreiter seien im Hinblick auf die jüngsten Bilanzskandale Teil des Problems, nicht der Lösung. Konstruktive Vorschläge für ein besseres Funktionieren der Wirtschaft habe er bisher nicht gemacht.




      Janet Yellen, ehemals Wirtschaftsberaterin von Präsident Bill Clinton und Mitglied des geldpolitischen Rats der amerikanischen Zentralbank, ist trotz ihrer Rückkehr an die Universität Berkeley in der amerikanischen Hauptstadt noch präsent. Politikberatung ist für die Ökonomin, die mit Nobelpreisträger George Akerlof verheiratet ist, Pflicht und Freude zugleich.

      > Frau Yellen, die Bilanzskandale der vergangenen Monate haben große Zweifel an der Redlichkeit amerikanischer Unternehmer geweckt. Wie wichtig ist Vertrauen für die Marktwirtschaft?

      Vertrauen, verbunden mit einem guten Informationsfluß, ist für das Funktionieren einer Marktwirtschaft von zentraler Bedeutung. Ebenso wie große Organisationen können auch Märkte nur funktionieren, wenn sich die Akteure dort sicher sein können, daß Manager, andere Angestellte, Kunden und Zulieferer gemeinhin nach bestem Gewissen handeln. Strafen, Aufsicht und Kontrolle sowie Anreizschemata haben die Aufgabe, die Interessen aller Beteiligten in Einklang zu bringen. Letztlich aber geht es auch hierbei darum, das gegenseitige Vertrauen zu stärken.

      > Bilanzbetrug steht schon unter Strafe. Bei Enron, Worldcom und anderen wurden aber Bilanzen manipuliert. Was ist schiefgelaufen?

      Die Manager hatten einen Anreiz, die Gewinne künstlich aufzublähen, um den Aktienkurs kurzfristig in die Höhe zu treiben. Ihre Bezahlung ist daran geknüpft. Die kurzfristigen Interessen der Manager standen im Gegensatz zu den langfristigen Interessen der Aktionäre.

      > Aber es gibt doch Kontrollmechanismen in den Unternehmen.

      Die Aktionäre und ihre Vertreter in den Verwaltungsräten haben offensichtlich geschlafen. Selbst die Wirtschaftsprüfer von Worldcom geben vor, nichts von den falschen Umbuchungen gewußt zu haben. Wahrscheinlich haben sich die Verantwortlichen bei Enron und Worldcom gedacht, die Bilanzfälschung bliebe unentdeckt. In der Rechnungslegung gibt es offenbar eine Fülle von Grauzonen, die unterschiedliche Interpretationen von Geschäftsvorfällen zulassen. Hinzu kommt, daß Finanztransaktionen inzwischen so komplex geworden sind, daß selbst Wirtschaftsprüfer und Aufsichtsbehörden große Mühe haben festzustellen, was wirklich vor sich geht. Ich fürchte, bisher sind nur die schwerwiegendsten Fälle bekanntgeworden.

      > Der Kongreß hat sich auf eine ganze Reihe von Maßnahmen geeinigt, um das Vertrauen der Aktionäre zu stärken. Was halten Sie davon?

      Es ist richtig und notwendig, die Börsenaufsicht SEC schlagkräftiger zu machen. Es wurde lange dereguliert, ohne die Aufsicht zu stärken. Für vernünftig halte ich es, die Manager zu verpflichten, für die Richtigkeit der Unternehmensbilanzen geradezustehen und ihre Rechenschaftspflicht zu erhöhen. Sinnvoll ist es auch, die Arbeit der Wirtschaftsprüfer besser zu kontrollieren.

      > Besteht die Gefahr, in guter Absicht die Regulierung zu weit zu treiben?

      Es ist nicht auszuschließen, daß die Politik über das Ziel hinausschießt. Das könnte gefährlich werden, wenn dadurch der Unternehmergeist gebremst würde. Außerdem darf nicht bei Aktionären und in der allgemeinen Öffentlichkeit der Eindruck entstehen, die Marktwirtschaft werde umfassend reguliert. Dann bestünde auch die Gefahr, daß die Aktionäre - in der Annahme einer weitreichenden staatlichen Kontrolle der Unternehmen - darauf verzichten, sich selbst die notwendigen Informationen zur Unternehmenskontrolle zu beschaffen. Die Regulierer wiederum sind sich darüber im klaren, daß eine lückenlose Kontrolle ohnehin nicht möglich ist.

      > Wie geht die Regierung Bush Ihrer Ansicht nach mit der Vertrauenskrise an den Börsen um?

      Bush und seine Mitstreiter sind nicht glaubwürdig. Nach dem, was bisher bekannt ist, scheinen sie aufgrund ihrer unternehmerischen Vergangenheit selbst Teil des Problems zu sein. Bush hat sich bisher darauf beschränkt, die unlauteren Machenschaften der Manager zu verurteilen. Vorschläge, wie darauf zu reagieren sei, um die Funktionsfähigkeit der Marktwirtschaft zu verbessern, habe ich von ihm kaum gehört.

      > Bedroht der Kursrutsch an den Aktienbörsen den Konjunkturaufschwung in Amerika?

      Das Risiko besteht sicherlich. Die schlechte Börsenstimmung kann auf den Konsum und die Investitionen drücken. Dann ist auch ein Abgleiten in die Rezession nicht auszuschließen. Wir sollten diese Gefahr aber auch nicht überbewerten. Nach dem Börsenkrach 1987 hielt die Wirtschaft zunächst inne und schwenkte anschließend auf einen hohen Wachstumspfad ein. Nach derzeitigen Berechnungen dürfte das Wachstum 2002 durch die Baisse am Aktienmarkt um rund 0,5 Prozentpunkte geringer ausfallen.

      Das Gespräch führte Claus Tigges.

      Frankfurter Allgemeine Zeitung, 30.07.2002, Nr. 174 / Seite 11
      Avatar
      schrieb am 30.07.02 16:53:29
      Beitrag Nr. 242 ()
      Worauf Du Einen lassen kannst D.T. ;)


      Kriminelle Kontrolleure
      von REINER METZGER

      Die Aktienkurse der Weltbörsen schwankten vergangene Woche wieder stark und durchbrachen sämtliche als sicher eingeschätzte Auffanglinien nach unten. Ein Viertel seines Wertes hat der wichtigste deutsche Aktienindex, der DAX, seit Anfang des Monats verloren. Damit bewegen sich die Verluste in einem Bereich, der sich mit den großen Crashs der Börsengeschichte vergleichen lässt. Die Anleger schwanken zwischen Panik und berechtigtem Fluchtinstinkt.
      Eine Ursache für den Aktienfall ist bekannt und durchaus rational. Die New-Economy-Spekulationsblase hatte die Kurse weit über die eigentlichen Unternehmenswerte hinaus aufgebläht. Nach den jüngsten Kursstürzen sind sie nun wieder bei den historischen Größen angekommen.

      Allerdings mit einem wesentlichen Unterschied: Kein Beobachter hatte damit gerechnet, dass derart viel Kriminalität im Spiel sein könnte. Wie in den letzten Tagen durch Verhöre vor dem US-Senat bekannt wurde, haben gierige Vorstandschefs ihre Entlohnung durch Bilanzfälschungen aufgebläht und mit ihnen verwobene Wirtschaftsprüfer diese Bilanzen dann als korrekt gestempelt. Zudem haben auch die letzten Kontrolleure im freien Spiel der Finanzwirtschaft nicht nur versagt, sondern mit ihrem Know-how aktiv zum Betrug beigetragen: die Banken.
      Die Spezialisten der Geldhäuser haben Verfahren und Software entwickelt, um unbemerkt Bilanzen fälschen zu können, und diese dann sogar diversen Firmen zum Kauf angeboten, so die Senatsergebnisse. Damit haben die Banker eine Schwelle überschritten: Sie haben mit Vorsatz kriminell gehandelt. Das zerstört das Vertrauen der Anleger - ob nun von Pensionsfonds mit Milliardenvermögen oder von Kleinanlegern. Derart rücksichtslos haben die großen Geldschieber seit den "goldenen Zwanzigern" nicht mehr agiert.

      Der Börsencrash wird endgültig das Vertrauen in den Aufschwung zerstören und die wohlhabenderen Konsumenten zur Zurückhaltung zwingen. Und das nicht nur in den börsenverliebten USA. Auch hierzulande sind einige Zutaten für kriminelle Finanzgeschäfte vorhanden: Bankvorstände, deren Gehalt mit dem Aktienkurs klettert. Und dubiose Firmen, deren Aktien auf Teufel komm raus an den Mann gebracht werden mussten. Hoffentlich findet sich in Deutschland endlich jemand, der diese Machenschaften wirkungsvoll untersucht. Wenn das Geld schon weg ist, will man doch wenigstens wissen, wer es sich unter den Nagel gerissen hat.
      Avatar
      schrieb am 31.07.02 01:20:35
      Beitrag Nr. 243 ()
      Die USA verstehen die Welt nicht mehr

      Expertengruppe stellt fest: USA haben in der ganzen Welt ein schlechtes Image. Bush will Abhilfe schaffen. Ein "Büro für globale Kommunikation" soll US-Werte vermitteln



      NEW YORK afp Nicht nur in der islamischen Welt, auch bei ihren engsten Bündnispartnern im Kampf gegen den Terrorismus haben die USA ein Imageproblem. Das ist das Ergebnis der Studie einer Expertengruppe des Rats für Auswärtige Beziehungen (CFR), die am Montag in Washington vorgestellt wurde. Die Expertengruppe empfiehlt der Regierung unter Präsident George W. Bush daher eine diplomatische Offensive, um ihr Bild aufzupolieren. Effizienz fange beim Start an, "nicht erst bei der Bruchlandung", betonte der Leiter der Untersuchung, Peter Peterson. Wesentlich sei es, der Welt "zuzuhören".

      Die Experten fordern unter anderem eine Reform des Außenministeriums, mehr Geld für die öffentlichkeitswirksame Darstellung der Außenpolitik und eine verstärkte Ausrichtung auf junge Menschen, vor allem im Nahen Osten. US-Präsident Bush will deshalb im Weißen Haus ein "Büro für globale Kommunikation" einrichten, das imagefördernd tätig sein soll. Das Büro soll seine Arbeit bis zum Herbst aufnehmen.

      Außenamtssprecher Philip Reeker wollte zu dem CFR-Bericht nicht Stellung nehmen. Er betonte jedoch, seiner Behörde gehe es um die Förderung der "amerikanischen Politik, amerikanischer Werte", die auf Sicherheit und Wohlstand beruhten. Es müsse sichergestellt werden, dass diese Werte in der ganzen Welt verstanden würden.

      taz Nr. 6814 vom 31.7.2002, Seite 2, 48 Agentur

      taz muss sein
      Avatar
      schrieb am 31.07.02 17:22:06
      Beitrag Nr. 244 ()
      Kamerad Computer
      Größtes US-Manöver der Geschichte mit echten und virtuellen Soldaten

      von Marc Hujer

      Amerika übt Krieg, modern und bombastisch wie nie zuvor, und das ausgerechnet jetzt, wo zunehmend über einen Angriff der USA auf den Irak debattiert wird. Millennium Challenge 2002, kurz MC’02, heißt der größte Militärtest in der US-Geschichte, der vor wenigen Tagen begann und bis zum 15. August dauert. Bei MC’02 gebe es zwar keinen richtigen Feind, sagen die Generäle, aber es werde ein reales Feindesland mit realen Zielen simuliert. Welches es ist, bleibt Staatsgeheimnis. Der Oberbefehlshaber der Übung, General James Smith, sagt nur, es sei ein Land wie Afghanistan, aber mit einem stärkeren Militär – der Irak jedenfalls sei es nicht.

      Aus der schweren, mechanisierten Truppe, die darauf ausgerichtet war, gegen die UdSSR zu kämpfen, soll mehr und mehr eine mobile High-Tech- Truppe werden, die schnelle Schläge gegen jede mögliche Art von Feind austeilen kann. In erster Linie geht es um genauere Informationen, um raschere, intelligentere Entscheidungen der Generäle. Millennium Challenge 2002 soll eine ganzheitliche Kriegspolitik erproben.

      Die US Joint Forces of Command, die vereinigten Streitkräfte, wollen dazu ein computergesteuertes Informationssystem nutzen, das unterschiedliche Daten aus Heer, Marine, Luftwaffe und Diplomatie abgleicht und simultan nutzbar macht, in so genannter Echtzeit. Bisher hätten die Einsatzkräfte 90 Prozent ihrer Zeit damit verbracht, Informationen zu sammeln und mühsam zu verarbeiten, jeder für sich, sagt General Smith. Das neue System biete die Chance, dass alle Informationen von Beginn an allen gleichzeitig zur Verfügung stünden. „Im Persischen Golf hat es uns mehrere Monate gekostet, bis alle Soldaten stationiert und die nötige Logistik aufgebaut waren“, erinnert Tony Billings, Sprecher des US-Generalstabs, an den Golf-Krieg. „Die neuen Konzepte sollen helfen, die Vorbereitungszeit drastisch zu verkürzen und die Streitkräfte so zu positionieren, dass sie schnell und entscheidend im Zentrum des Feindes zuschlagen können.“

      Das Computernetz, das MC’02 steuern soll, spannt sich über das ganze Land, von Rhode Island bis Kalifornien. 55Mitglieder des US- Generalstabs in Suffolk, Virginia, leiten den Einsatz, an dem 13500 Soldaten aus Heer, Marine und Luftwaffe teilnehmen. Das Kriegsgebiet konzentriert sich auf das Gebiet zwischen Kalifornien und der Gegend um Las Vegas. Die Truppen sollen einen zahlenmäßig übermächtigen Feind bezwingen, der die Zugangswege nach Los Angeles und San Diego besetzt. Die übrigen Kriegshandlungen werden am Computer simuliert – mit etwa 70000 virtuellen Soldaten.

      Im Blickpunkt des Manövers stehen auch der Umgang mit Massenvernichtungswaffen, der Städtekrieg, humanitäre Hilfseinsätze sowie Waffen, die gegenwärtig noch entwickelt werden und vielleicht 2007 tatsächlich zur Verfügung stehen. Das neue Jagdflugzeug F-22 Raptor soll in der Simulation ebenso eingesetzt werden wie die Transportmaschine CV-22 Osprey, eine Art Mischung aus Flugzeug und Hubschrauber. Ent scheidend für den Sieg beim Manöver und bei künftigen Konflikten aber wird vor allem der Informationsvorsprung sein. „Es geht um die gleiche Frage wie bei Zorro“, sagt David Ozolek, stellvertretender Direktor für das Experiment, „alle haben das gleiche Schwert, aber immer gewinnt Zorro. Und warum? Weil er sich besser auskennt als andere.“



      Was bin ich froh, daß es die UdSSR nicht mehr gibt. :D
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      schrieb am 01.08.02 10:54:42
      Beitrag Nr. 245 ()
      Die amerikanisch-russische Ehe
      Die Achse zwischen Washington und Moskau setzt Europa unter Druck

      Von Jim Hoagland

      Washington - Amerikas Krieg gegen den Terrorismus und Russlands Streben nach wirtschaftlicher Anbindung an den Westen stärken sich gegenseitig und dominieren die Weltpolitik. Nur ein Jahrzehnt nach dem Ende des Kalten Krieges nähern sich der amerikanische und der russische Führer einer Ära des globalen Bündnisses an, die den strategischen Einfluss Europas, Chinas und Japans auf Washington und Moskau reduzieren wird.

      Dieser ernüchternde Gedanke nimmt in den Hauptstädten Europas langsam Gestalt an, wo er als tiefgreifenderes und noch unüberschaubareres Phänomen betrachtet wird als der amerikanische Unilateralismus. Auch die Erklärungen aus Tokio und Peking bringen Besorgnis zum Ausdruck. In einer Welt, die lange Zeit geprägt war von der Angst vor einem Atomkrieg zwischen den Supermächten, ist man heute beunruhigt über die Auswirkungen einer zunehmenden Kooperation zwischen dem Weißen Haus und dem Kreml.

      Wladimir Putin ist zu George W. Bushs Trumpfkarte im Spiel mit den Europäern geworden. Und Bush ist Putins Dame auf dem Schachbrett, die in entscheidenden Momenten bewegt werden kann, um zu retten oder zu dominieren. Sie spielen unterschiedliche Spiele, aber da sich ihre Ziele und Interessen dabei überschneiden, finden sie sich auf der selben Seite des Tisches wieder.

      Ein treffendes Beispiel ist die einst lautstarke Opposition aus Berlin, Paris und anderswo an der Nationalen Raketenabwehr der USA - und besonders an Bushs Vorschlag, den ABM-Vertrag aufzulösen. Sie verdampfte im letzten Herbst, als Putin stillschweigend den Rücktritt Washingtons von dem Abkommen von 1972 akzeptierte. "Es ist ein Fehler", schimpfte der russische Präsident, und opferte den Vertrag als verlorene Figur in einer auf längere Zeit angelegten Partie. Ohne die berechtigte Empörung von Putin und den Russen konnten die europäischen Führer nicht länger am Waffenkontrollvertrag als dem Eckstein strategischer Stabilität festhalten. Und ohne die Schreckensvisionen der Europäer waren die amerikanischen Kritiker Bushs ihrer entscheidenden Argumente beraubt.

      Dieses Muster könnte auf lange Sicht auch bei der diplomatischen Vorbereitung eines amerikanischen Militärschlags gegen den irakischen Diktator eine Rolle spielen. Diplomaten haben kürzlich in Moskau Anzeichen dafür entdeckt, dass Putin ein informelles Einverständnis mit Bush erzielt hat, dass Russland einem amerikanischen Gewalteinsatz nicht im Wege stehen wird.

      Das russische Außenministerium argumentiert weiterhin anders und bemüht sich verzweifelt, Europäer und Chinesen für ein gemeinsames Vorgehen zu gewinnen, um Moskaus ehemaligen Kunden in Bagdad zu retten. Doch es ist fast sicher, dass der Pragmatismus des russischen Präsidenten wieder einmal die aus dem Kalten Krieg stammenden Loyalitätsgefühle übertrumpfen wird. In einer ungewöhnlichen Grundsatzrede im Außenministerium forderte Putin am 12. Juli dieses Jahres die führenden russischen Diplomaten auf, seine Sicht der amerikanischen Kooperation als Schlüssel zu Russlands wirtschaftlichem und politischem Aufschwung anzunehmen. Putin sagte seinen Botschaftern, dass die russische Diplomatie nicht darauf vorbereitet ist, auf freie Märkte, die modernen Medien oder die Bedrohung durch globalen Terrorismus zu reagieren - und von Grund auf überholt werden muss.

      Die offene russische Zustimmung im Fall des Irak wird die internationale Atmosphäre ändern, besonders im UN-Sicherheitsrat. Putins vorsichtiges Engagement gegenüber Bush nähert Russland den derzeitigen Positionen der Franzosen und Briten an. Der französische Präsident Jacques Chirac und der britische Premierminister Tony Blair haben Bush unabhängig voneinander zugesagt, dass sie die USA unterstützen werden, wenn Washington eine neue, durchgreifende Initiative gestartet und vollendet hat, um Saddam Hussein dazu zu bringen, Inspektionen durch die UN zu akzeptieren. In London und Paris nimmt man dabei an, dass Hussein eher einen Krieg riskiert als aufdringliche Inspektionen zuzulassen.

      Russlands Stellungswechsel würde China als einziges ständiges Mitglied im Sicherheitsrat isolieren, das jede Form des militärischen Vorgehens gegen den Irak ablehnt. Es ist unwahrscheinlich, dass Peking unter diesen Umständen seine ablehnende Haltung entschieden verteidigt. Und die Europäer, unglücklich über die amerikanische Politik, sehen ihren Handlungsspielraum schwinden. "Seit dem 11. September hat Bush Russland als einen verlässlicheren Partner als seine europäischen Verbündeten behandelt", erklärt ein leitender europäischer Beamter. "Russland ist in Sicherheitsfragen einsatzfreudiger und fügsamer. Für Washington sind die Europäer zu stark, um wie Russland als Juniorpartner behandelt zu werden, aber zu schwach, um sich den amerikanischen Entwürfen zu widersetzen. Wir sind ein lästiges Zwischending."

      Diese Ansicht ist zum jetzigen Zeitpunkt rein spekulativ. Russlands strategisches Überholen der Europäer hängt von zwei Entwicklungen ab. Putins Rede im Außenministerium war das implizite Eingeständnis, dass seine Politik bisher weder die Unterstützung seiner eigenen nationalen Sicherheitselite besitzt noch die der Öffentlichkeit. Eines Tages muss er diese Unterstützung sicherstellen. Und Russlands schwächliche Wirtschaft muss schnell expandieren, wenn Russland bei globalen Angelegenheiten ein wirkliches Gewicht haben soll.

      Wie auch immer, die Trendentwicklung bringt den eher nach Instinkten handelnden Bush und den intellektuellen Putin zusammen - trotz aller Unterschiede.

      Der Pulitzer-Preisträger Jim Hoagland ist wöchentlicher Kolumnist der Tageszeitung "Washington Post"



      Kreml riskiert wegen Iran Streit mit den USA
      Zwischen Russland und den USA droht neuer Ärger. Moskau will weitere Atomkraftwerke (AKW) an die Perser liefern – obwohl Washington den Kreml bereits massiv zum Stopp des Baus eines Reaktors im iranischen Bushehr drängt. Mit den neuen Plänen verstößt Russland zudem gegen ein 1995 dem damaligen US-Präsidenten Bill Clinton gegebenes Versprechen, keine Atomanlangen über Bushehr hinaus im Iran zu bauen.


      mbr MOSKAU. Vertreter des Pentagon drohen daher kaum verhüllt, den Bushehr-Reaktor noch vor der Inbetriebnahme zu bombardieren. Dies hätte unabsehbare Folgen für das russisch-amerikanische Verhältnis und würde von Teheran als Kriegserklärung gewertet. Eine hochrangige US-Delegation soll Moskau jetzt von den neuen Bauvorhaben abbringen. Die Amerikaner drohen zudem mit Handelssanktionen gegen Russland.

      Der russische Atomtechnologiekonzern Technopromexport bestätigte am Dienstag, dass Russland nach dem 1 000-Megawatt-Leichtwasserreaktor in Bushehr von 2004 an vier mittelgroße Meiler in Tabas und Ramin sowie zwei kleine Reaktoren in Shahid Mohammad Montazeri bauen will. Insgesamt plane Teheran 15 neue Atomanlagen binnen zehn Jahren, die Technopromexport alle liefern wolle.

      Ein von den Regierungen beider Länder jüngst unterzeichnetes Abkommen zur Verstärkung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit sieht russische Hilfe im Iran beim Bau neuer Energieanlagen vor. Russland hält den Bau von AKW im Iran für zulässig, da sich Teheran zu Inspektionen durch Prüfer der Internationalen Atomagentur bereit erklärt hatte.

      US-Präsident George W. Bush ist nach einem Bericht der „Washington Post“ besonders verärgert, weil er in letzter Zeit mehrfach mit Kremlchef Wladimir Putin über den Iran geredet, sein russischer Kollege ihm von den Bauplänen aber nichts gesagt habe. Bush hatte Putin beim Gipfeltreffen im Mai in Moskau bereits massiv von der Fertigstellung des 1975 von Siemens begonnenen Bushehr-Baus abhalten wollen. Russland will die Iran-Projekte aber umsetzen, da allein Bushehr der angeschlagenen russischen Wirtschaft Aufträge für 800 Mill. $ bringt. Für Bush hingegen ist der Atom-Fall ein Prüfstein für die neuen Beziehungen zum Kreml, berichten US-Medien.

      Die USA unterstellen Teheran, mit dem angereicherten Nuklearmaterial des Reaktors Atombomben bauen zu wollen und weltweit einer der größten Förderer von Terroristen zu sein. Der Iran braucht nach Schätzungen des US-Geheimdiensts CIA nur noch sieben Jahre bis zur Entwicklung nuklearer Sprengsätze. Zur Stromerzeugung benötige Teheran keine AKW, da das Land allein dreimal so viel Gas bei der Förderung abfackele wie Bushehr Strom liefern soll, heißt es im Pentagon. Washington ist zusätzlich verstimmt, weil Spionagesatelliten aufgedeckt haben sollen, dass Moskau moderne Raketentechnologie über Tarnfirmen in Armenien und Moldawien an den Iran geliefert habe.

      Moskau hat mit Teheran noch nicht einmal verbindlich das Zurückschicken abgebrannten Atommaterials nach Russland vereinbart. Dies geht aus internen russischen Papieren an Putin hervor, die Greenpeace zugespielt worden waren. Dagegen erklärt das Atomministerium, alle internationalen Verträge zur Nichtweiterverbreitung von Nuklearmaterial würden eingehalten.

      Quelle: Handelsblatt


      Bei Geld hört ja bekanntlich die Freundschaft auf. Notfalls wird sich Rußland mit den verbliebenen Resten der "Roten Armee" seiner Haut schon erwehren.


      "Wir leben schlimmer als Penner"
      46 Prozent der russischen Soldaten leben unterhalb der Armutsgrenze. Offiziersfrauen sparen an den Lebensmitteln

      Von Jens Hartmann

      Moskau - Es war nur eine neun Zeilen dürre Meldung in der russischen Armeezeitung "Roter Stern", die trotzdem jeder in der Truppe wie elektrisiert las. Unter der Überschrift "Zahlungen gesichert" erklärte der Pressedienst des Verteidigungsministeriums, warum die 1,2 Millionen Soldaten und Offiziere wohl noch einige Wochen, vielleicht gar Monate auf ihren Juni- und Juli-Sold warten müssen.

      "Verzögerungen bei der Verteilung der Mittel" seien aufgetreten. Dabei hatte Präsident Wladimir Putin eine Solderhöhung zum 1. Juli in Aussicht gestellt. Die sah zwar auch nicht üppig aus: So sollte ein Kompanieführer 988 Rubel (31 Euro) mehr pro Monat bekommen. Stattdessen gibt es erst einmal keine Kopeke. Erniedrigungen wie diese brachten Offiziere dazu, in einer Umfrage über die "sozialökonomische Lage und die rechtliche Situation von Armeeangehörigen", welche die russische Regierung in Auftrag gab, den Streitkräften ein denkbar schlechtes Zeugnis auszustellen.

      "Wir leben schlimmer als Penner, so geht es nicht weiter. Man muss von Grund auf das Verhältnis zur Armee ändern", sagte da ein Grenzoffizier. Der Armeeführung kommen diese Unmutsbekundungen gelegen. Schließlich will sie einen kräftigen Nachschlag für den Haushalt 2003. Mehr als die Hälfte der Befragten bewertete die eigene materielle Lage als "unbefriedigend". Die Statistik gibt ihnen Recht. Danach lebten 46,2 Prozent der Armeeangehörigen und ihrer Familien "unterhalb der Armutsgrenze". Erstmals seit dem Ende der Sowjetunion lag im vergangenen Jahr der Durchschnittssold in der Armee mit 3198 Rubeln (100 Euro) unter dem eines Arbeiters. Das Familieneinkommen eines Militärs betrug, einschließlich aller Vergünstigungen, 6114 Rubel.

      Besonders die Familien leiden. Jede zweite Offiziersfrau räumte ein, bei Grundnahrungsmitteln sparen zu müssen. 70 Prozent der Befragten gaben zu, sich Kinokarten sowie notwendige Kleidung nicht leisten zu können. Eine Urlaubsreise steht alle zwölf Jahre an. Weiterhin gelten rund 200 000 Offiziersfamilien als "obdachlos" - und das, obwohl sie eine rechtsverbindliche Zusage auf eine Eigentumswohnung haben.

      In der Truppe sitzt der Frust tief. "Es herrscht zwar keine Putschstimmung, aber die Motivation ist auf dem Nullpunkt", sagt der Moskauer Militärexperte Pawel Felgenhauer. Viele halten sich mit Nebenjobs wie Taxifahren über Wasser. Seit dem Ende der Jelzin-Ära hat sich die Lage kaum verbessert. Dabei ist in dieser Zeit der Militärhaushalt um das Dreifache gewachsen. Wohin das Geld, in diesem Jahr etwa zehn Milliarden Dollar, geht, weiß niemand genau.

      Einen großen Brocken nimmt der Krieg in Tschetschenien ein. Dort bauen die Streitkräfte Garnisonsstädte mit Kindergärten, Schulen und Kasernen. "Uns fehlt es an nichts. Wir haben heute buchstäblich alles, was wir brauchen: genug Treibstoff, Munition, Technik, Waffen", sagt Oberbefehlshaber Wladimir Moltenskoi. Der militärische Durchbruch im Partisanenkrieg lässt indes auf sich warten. Nicht geringer dürften die "Ausgaben" für Korruption und Unterschlagung liegen. Da verschwanden im vergangenen Jahr einfach 21 Tonnen Silber, da wird Treibstoff im großen Stil verschoben, da bauen sich Generäle, wie zu Jelzin-Zeiten, protzige Villen in den teuersten Moskauer Vororten.

      Für neue Waffensysteme ist kein Geld da, sieht man von Prestigeprojekten wie dem Stapellauf des größten Atom-U-Boots der Welt "Dmitrij Donskij" oder dem Bau neuer Interkontinentalraketen des Typs Topol-M ab. Atomare Abrüstung von gegenwärtig mehr als 6000 auf 1700 bis 2200 Sprengköpfe lässt sich nur mit westlicher Hilfe finanzieren.

      Putin will die Truppenstärke bis zum Jahre 2010 um 350 000 auf 850 000 Mann drücken und langfristig eine Berufsarmee aufbauen. Den Anfang machte in diesen Tagen die 76. Gardedivision der Fallschirmjäger in Pskow. Die erste Reformetappe dieser vergleichsweise kleinen Einheit kostet indes schon satte 90 Millionen Euro.

      Wie die nun folgende Entlassungswelle der Truppe in ganz Russland sozial abgefedert werden soll, ist so unklar wie das Finanzgebaren der Streitkräfte. Am Ladogasee beispielsweise liegt unweit des Städtchens Priosjorsk eine geheime Marinebasis. Wann dort der letzte Torpedo getestet wurde, daran kann sich niemand vor Ort erinnern. Schiffe rotten vor sich hin. Trotzdem sind mehrere Hundert Mann mit ihren Familien damit beschäftigt, den Posten zu halten. Denn andere Arbeit ist nicht zu finden, sollte die Garnison geschlossen werden.

      In Marinowka, einer sandigen Einöde bei Wolgograd, wurden mit deutschem Geld 1322 Wohnungen für aus der DDR heimgekehrte Offiziere der Westgruppe gebaut. Das gesamte Programm für 45 000 Wohnungen kostete 8,35 Mrd. DM. "Wir sind hier mitten in der Steppe abgeladen worden", klagt ein Pilot. Die Offiziere schlagen sich durch. Die einen reparieren deutsche Autos, andere gehen auf Wolfsjagd oder stehen auf dem Markt und wiegen Trockenfisch ab.
      Avatar
      schrieb am 01.08.02 11:24:10
      Beitrag Nr. 246 ()
      Nicht mal kurzer Prozess



      Die gefangenen Mitglieder von Osama bin Ladens Killertruppe in Guantanamo können nicht mit einem Verfahren vor einem US-Gericht rechnen. Richterin Colleen Kollar-Kotelly erklärte am Mittwoch (Ortszeit) in Washington, die 600 El-Kaida-Häftlinge auf dem Militärstützpunkt auf Kuba hielten sich nicht in den USA auf. Sie fielen daher nicht unter die Gerichtsbarkeit der amerikanischen Bundesgerichte.:eek:

      Die Familien von drei Gefangenen hatten sich an Anwälte in den USA gewandt und die Regierung von US-Präsident George W. Bush verklagt. Sie verlangten, die Häftlinge müssten ihren Fall einem Bundesrichter vortragen dürfen. Kollar-Kotelly wies dabei auch das Argument der Anwälte zurück, den Männern müssten die gleichen Rechte eingeräumt werden wie den kubanischen Staatsbürgern, die in den USA um politisches Asyl gebeten hätten.

      01.08.02, 9:28 Uhr
      Avatar
      schrieb am 02.08.02 02:25:55
      Beitrag Nr. 247 ()
      Die US-Fundis sind Bush auf den Fersen......

      Kommt bald der Rücktritt?



      STEUERSPAREN

      George Bushs Cayman-Connection

      Der wegen möglicher Insidergeschäfte angeschlagene US-Präsident Bush und sein in einen Bilanzskandal verwickelter Vize Dick Cheney geraten weiter unter Druck. Als Unternehmer sollen die beiden Tochterfirmen in Steueroasen ausgelagert haben, um den amerikanischen Fiskus zu umgehen.


      George Bush: Seltsame Aktiengeschäfte, Firmenkredite, Enron-Kontakte .. und jetzt auch noch Steuerflucht?


      Washington - Enthüllungen über diese Tochterfirmen zeigten, dass der Präsident als Direktor bei Harken Energy und sein Stellvertreter Cheney als Chef bei Halliburton früher gegen die heute von ihnen propagierten Unternehmensgrundsätze verstoßen hätten, sagten Vertreter der oppositionellen Demokraten am Mittwoch.
      Als Reaktion auf die Bilanzskandale der vergangenen Monate hatte Bush ein Gesetz erlassen, das Unternehmen unter anderem daran hindern soll, die Berichtspflicht und Steuerpflicht in den USA durch Gründung von Tochterfirmen in Steueroasen - wie etwa den Bermudas oder den Cayman-Inseln - zu umgehen. Einige Firmen wie zum Beispiel der ins Gerede gekommene Mischkonzern Tyco haben ihren Sitz aus steuerlichen Gründen gleich ganz auf die Bermudas verlagert.

      Bush und Cheney waren durch die die Skandale erheblich unter Druck geraten. Mit den Pleiten des Energiekonzerns Enron und des Telekommunikationsunternehmens WorldCom haben Zehntausende von Amerikanern Arbeitsplatz, Anlagen und Rentenabsicherungen verloren. Die Skandale führten an den Börsen teils zu dramatischen Verlusten.

      Der Club der Unternehmer

      "Eine der Sachen die ich an dem mag, was sie für uns tun ist, dass ... ich gute Ratschläge erhalte ... über das hinaus, was die reguläre Arbeit eines Wirtschaftsprüfers angeht."

      Dick Cheney über Halliburtons Witschaftsprüfer Andersen



      Hinzu kommt, dass Bush und Cheney nicht gerade Vorbilder unternehmerischer Ethik sind. Bush ließ sich von der texanischen Ölfirma Harken Energy in der Vergangenheit Kredite zum Kauf von Wertpapieren genehmigen. Heute verurteilt er diese Praxis. Des Weiteren wurde Bush Anfang der Neunziger von der Börsenaufsicht SEC wegen mutmaßlichen Insiderhandels förmlich untersucht. Cheney war gerade zu jener Zeit Vorstandschef bei Halliburton, als das Unternehmen begann, seine Bilanzierung kreativer zu handhaben - auch in diesem Fall ermittelt die SEC.

      Falls die neuen Vorwürfe gegen Bush wahr sein sollten, werde es immer schwieriger, die Haltung des Präsidenten in Bezug auf unternehmerische Verantwortung ernst zu nehmen, sagte der demokratische Mehrheitsführer im Senat, Tom Daschle.

      Unter Bush als Direktor hatte die Harken 1989 eine Unternehmenstochter auf den Kaiman-Inseln gegründet, wie auch das Präsidialamt eingeräumt hat. Bushs Sprecher Ari Fleischer zufolge geschah dies aber nicht mit der Absicht, dem Staat Steuern vorzuenthalten.
      :laugh:

      In Cheneys Managementzeit siedelte der texanische Maschinenbaukonzern und Ölindustrieausrüster Halliburton zwischen 1995 und 2000 eine ganze Reihe von Tochtergesellschaften in Steueroasen an, wie aus einem Bericht von Citizen Works hervorgeht, einer überparteilichen Gruppe des Verbraucherschützers Ralph Nader. Unter Cheneys Führung stieg die Zahl ausländischer Töchter Halliburtons von 9 auf 44.


      Am Mittwoch stimmte der Senat dafür, künftig lukrative Aufträge des Verteidigungsministeriums nicht mehr an US-Unternehmen zu vergeben, die nach dem 31. Dezember 2001 Tochterfirmen in Steueroasen gegründet haben. US-Unternehmen mit Tochterfirmen im Ausland haben derzeit Verträge mit Bundesbehörden über mindestens zwei Milliarden Dollar.

      Von dem neuen Gesetz könnten unter anderen die unlängst von IBM aufgekaufte PricewaterhouseCoopers Consulting sowie Weatherford International Paper betroffen sein. US-Abgeordneten zufolge zeigt die Pleite des Energie-Konzerns Enron die Notwendigkeit, gegen die Verlagerung von Tochterfirmen ins Ausland vorzugehen. Der Konzern aus Houston hat Hunderte Firmen in Steueroasen im Ausland.

      Von Thomas Hillenbrand
      Avatar
      schrieb am 02.08.02 02:41:10
      Beitrag Nr. 248 ()
      I N S I D E R H A N D E L

      Verräterische Briefe


      Was wusste George W. Bush über die Finanzprobleme bei Harken Energy? Ein internes Schreiben zeigt, dass der heutige US-Präsident 1990 über die Schieflage des Unternehmens gut informiert war, bevor er seine Aktien verkaufte.


      Washington - US-Präsident George W. Bush, dem wegen des Verkaufs von Aktien einer Öl-Firma im Jahr 1990 Insiderhandel vorgeworfen worden war, hat einem Zeitungsbericht zufolge kurz vor dem Aktienverkauf Informationen über Finanzprobleme des Unternehmens erhalten. Wie die "Washington Post" am Sonntag berichtete, lagen Bush und anderen leitenden Angestellten des Unternehmens Harken Energy vertrauliche Informationen über die mangelnde Liquidität der Firma vor.


      US-Präsident Bush: Wissen um die mangelnde Liquidität


      Bush und seine Kollegen seien in einem Brief der Geschäftsleitung darauf hingewiesen worden, dass die Geschäftsaktivität des Unternehmens deshalb erheblich eingeschränkt werden müsse. Vier Monate später habe Bush den Großteil seines Pakets an Harken-Aktien verkauft. Die Zeitung berief sich auf ausgewählte Dokumente einer Untersuchung der US-Börsenaufsicht SEC.

      Bush war ein Verstoß gegen Insiderregeln vorgeworfen worden, weil er die Harken-Aktien im Wert von 848.560 Dollar im Juni 1990 verkaufte, kurz bevor Harken Verluste in Höhe von 23 Millionen Dollar einräumte. Daraufhin gab die Aktie deutlich nach. Bush wies die Vorwürfe zurück. Auch eine Untersuchung der SEC hatte ergeben, dass Bush den Aktienverkauf zwar zu spät angezeigt habe, ihm aber kein Insiderhandel zur Last gelegt werden könne. Bush hatte sich dennoch in jüngster Zeit immer wieder gegen die Veröffentlichung der SEC-Untersuchungsakten ausgesprochen.


      Auch US-Vizepräsident Dick Cheney ist wegen seiner früheren Tätigkeit als Chef des Industriekonzerns Halliburton in die Kritik geraten. Die US-Börsenaufsicht untersucht derzeit Vorwürfe, wonach Cheney durch eine finanzielle Überbewertung der Firma den Aktionären geschadet haben soll.

      Eine Reihe von Bilanz-Unregelmäßigkeiten bei US-Konzernen wie Enron und Worldcom hat in den vergangenen Wochen das Vertrauen der Anleger erschüttert und zu erheblichen Kurseinbrüchen geführt. Bush kündigte härtere Gesetze an, um Bilanzfälschungen in Zukunft einen Riegel vorzuschieben.



      manager magazin.de
      Avatar
      schrieb am 02.08.02 02:49:54
      Beitrag Nr. 249 ()
      USA für Scheitern der Irak-Verhandlungen

      Massiver Druck auf den Generalsekretär der UNO. Annan-Vertrauter beklagt Untätigkeit Europas und Russlands


      GENF/WASHINGTON taz/ap Das Drehbuch der US-Regierung für die Verhandlungen der UNO mit dem Irak ist nach des Aussage eines Vertrauten von UNO-Generalsekretär Kofi Annan "eindeutig auf ein Scheitern angelegt". Für seine Verhandlungen mit dem irakischen Außenminister Nadschi Sabri wurde Annan nach Informationen der taz von Präsident Bushs Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice Anfang des Jahres ein entsprechendes Skript "buchstäblich in die Feder diktiert". Dieses enthalte eine Reihe von "unverhandelbaren" Festlegungen, die für das Regime in Bagdad vollkommen inakzeptabel sind. Bis heute, klagt der Vertraute Annans weiter, hätten die Regierungen Europas und Russlands kaum etwas dafür getan, damit eine "politisch-diplomatische" Lösung auch nur eine echte Chance erhält. Annan werde bei seinen Bemühungen "von den Europäern und Russen bislang völlig alleine gelassen".

      Irak-Experten haben den USA von einem möglichen Militärschlag gegen Bagdad abgeraten. Der frühere UNO-Waffeninspekteur Richard Butler erklärte am Mittwoch vor dem US-Senat, seiner Ansicht nach arbeite Irak nicht mit internationalen Terrororganisationen zusammen. Zwar lasse Staatschef Saddam Hussein weiterhin chemische und biologische Waffen entwickeln. Es seit aber kaum vorstellbar, dass er eine solche Machtquelle mit anderen teile. Die Vereinigten Staaten haben nach Angaben ihres Außenministers Colin Powell noch keine Entscheidung für eine Militäraktion gegen Irak getroffen. Das sagte er gestern am Rande des Asean-Regionalforums in Brunei.

      Der CDU-Außenpolitiker Karl Lamers forderte, die EU müsse einen Militärschlag der USA gegen Irak verhindern. Nur wenn Europa mit einer Stimme rede, könne dies verhindert werden, sagte Lamers im Inforadio Berlin-Brandenburg. WG

      brennpunkt SEITE 5, meinung SEITE 12
      taz Nr. 6816 vom 2.8.2002, Seite 1, 62 Zeilen (TAZ-Bericht), WG

      taz muss sein
      Avatar
      schrieb am 02.08.02 11:53:57
      Beitrag Nr. 250 ()
      Ich krieg die Tür nimmer zu!!!!!!!


      US-Verteidigungsminister Rumsfeld ist erzürnt über die erfolglose Jagd auf Terroristenführer. Jetzt hat er eine Ausweitung geheimer Militäraktionen in Afghanistan angeordnet. Spezialtrupps sollen jenseits von Beschränkungen durch das Strafrecht Moslem-Extremisten unschädlich machen.

      Washington - Aus US-Regierungskreisen verlautet, dass der Verteidigungsminister mit der Fahndung nach Moslem-Extremisten in Afghanistan höchst unzufrieden sei. Taliban-Kämpfer und al-Qaida-Aktivisten würden nicht rasch genug gefangen und eliminiert. Die "Washington Post" berichtet, Rumsfeld habe daher eine Ausweitung geheimer Militäraktionen in Afghanistan angeordnet.
      Nach Informationen der Zeitung hat der Leiter der US-Spezialeinsätze, Charles Holland, bereits Pläne ausgearbeitet, um solche Einsätze schnell durchzuführen. Die dabei eingesetzten Soldaten sollen einen besonderen Status haben. Sie sollen außerhalb von Beschränkungen der gewöhnlichen Strafverfolgung operieren.
      In den vergangenen Wochen habe Rumsfeld Holland und andere ranghohe Vertreter des US-Militärs angewiesen, neue Pläne auch zur weltweiten Verfolgung terroristischer Gruppen zu entwickeln, berichtete die "Post". Auch dabei solle es vor allem um verdeckte Einsätze gehen.


      Versteht das FBI nichts vom Internet?
      US-Webmaster ergatterte eine Al Qaida-Website und bot sie dem FBI für Ermittlungen an

      Von Sebastian Brinkmann ZDNet

      Nach dem 11. September 2001 investiert Präsident Bush jeden verfügbaren Cent in die Sicherheit des Landes. Mit einem neuen Programm namens TIPS sollen alle US-Bürger zu kleinen Agenten werden, die Auffälligkeiten im Alltag sofort melden. Doch leider scheinen die Ermittlungen mit der Hilfsbereitschaft der Bürger nicht immer klar zu kommen.
      Jon Messner erwarb Mitte Juli die gerade freigewordene Domain alneda.com, die von der Al Qaida für die Kommunikation mit gleich denkenden genutzt wurde. Kaum hatte er die Site wieder mit den ursprünglichen Inhalten in arabischer Sprache gefüllt, lobten die User das Engagement und schrieben munter weiter. Wie der Online-Dienst Nando Times berichtet, bot Messner diese Domain dann den örtlichen FBI-Behörden an. Seine Idee: Die US-Behörden könnten die Site nutzen, um die Al Qaida-Organisation auszuforschen und die User gezielt mit falschen Informationen zu versorgen. "Doch was kam war eine Woche voller Frustration."
      Beim FBI in Baltimore schien sich niemand mit dem Thema Internet auszukennen und so wurde Messner, der auf seinen Sites sonst Porno-Material verkauft, immer wieder vertröstet. Da Jon Messner kein arabisch beherrscht, war er auf das FBI angewiesen, um die Nachrichten-Site mit aktuellen Inhalten zu aktualisieren. Doch auf Seiten der Bundespolizei herrschte Funkstille.
      Nach einer Woche waren einige User der Site stutzig geworden und binnen Stunden wurden andere User über die mögliche Falle informiert und die Nutzungszahlen gingen bergab. "Wir hätten hier etwas Tolles erreichen können, aber ich habe Tage gebraucht, um beim FBI jemanden zu sprechen, der etwas vom Internet versteht", sagte Messner enttäuscht dem Online-Dienst Nando Times.
      Avatar
      schrieb am 03.08.02 22:35:20
      Beitrag Nr. 251 ()
      Wirbel um UN-Bericht zu US-Luftangriff auf Dorf

      NEW YORK, (dpa/ap). Die Vereinten Nationen haben sich vollständig aus der Untersuchung eines irrtümlichen US-Luftangriffs auf eine Hochzeitsgesellschaft in Afghanistan zurückgezogen. UN-Sprecher Fred Eckhard sagte am Dienstag in New York, dass die UN-Mission in Afghanistan (Unama) alle vor Ort gesammelten Erkenntnisse an die USA und die Regierung in Kabul weitergeleitet hätten. Zuvor hatte es geheißen, die UN-Ermittlungen hätten sich auf den Bedarf an humanitären Gütern nach dem Angriff in der zentralafghanischen Provinz Urusgan am 1. Juli beschränkt. Bei dem Luftangriff waren angeblich mehr als 50 Teilnehmer einer Hochzeitsgesellschaft getötet worden.
      Eckhard sagte, dass UN-Experten für humanitäre Fragen als erste nach dem Angriff in dem betroffenen Dorf eingetroffen seien und dabei Eindrücke und Zeugenaussagen gesammelt hätten - neben ihrer eigentlichen Aufgabe. Ihr erster vertraulicher Bericht war am Wochenende von der britischen Zeitung The Times ausgewertet worden. Darin hieß es, dass das US-Militär später Beweismaterial entfernt habe, um die Sachlage zu verschleiern.

      Der mutmaßliche Terrorist, der am Montag in Kabul mit 500 Kilo Sprengstoff im Auto festgenommen wurde, plante nach eigenen Angaben im Auftrag des Terrornetzwerks Al Qaeda ein Attentat auf den afghanischen Präsidenten Hamid Karsai. Das sagte der Mann im Verhör aus, wie Geheimdienstchef Amrullah Saleh am Mittwoch mitteilte.



      US-Verteidigungsetat erhöht. Bush erhält Vollmachten

      WASHINGTON rtr/ap Der US-Senat hat am Donnerstag einen Verteidigungsetat von 355,4 Milliarden Dollar verabschiedet, der damit 35 Milliarden Dollar über dem gegenwärtigen Verteidigungshaushalt liegt. Mit den Geldern soll die Anschaffung zusätzlicher Flugzeuge, Schiffe und Kampfhubschrauber finanziert werden. Zudem soll die Truppenstationierung in Afghanistan und anderen Ländern finanziert werden. Bush hatte die Erhöhung des Etats mit den Kosten des Kampfs gegen den Terrorismus begründet. Weiterhin erteilte der Senat dem Präsidenten im Rahmen des neuen Handelsgesetzes weitreichende Vollmachten für Wirtschaftsabkommen. Demnach kann der Kongress ein von Bush ausgehandeltes Handelsabkommen nur noch ablehnen, jedoch nicht mehr verändern.
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      schrieb am 05.08.02 09:51:56
      Beitrag Nr. 252 ()
      Kampfplan gegen bin Laden verzögert?


      Schwere Vorwürfe gegen die Regierung von US-Präsident George W. Bush: Sie soll nach ihrer Amtsübernahme einen harten Anti-El-Kaida-Plan von Bill Clinton monatelang verschleppt haben.
      Wie das „Time"-Magazin am Montag in seiner Online-Ausgabe berichtete, wollte der Sicherheitsberater des Ex-Präsidenten, Sandy Berger, die neue Administartion genau über die Bedrohung durch Osama bin Ladens Killertruppe informieren. Clintons Top-Terrorexperte Richard Clarke, der schon unter der Regierung von Bushs Vater gedient hatte, habe der neuen Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice die Einschätzung der Clinton-Regierung über die Gefahr durch El Kaida geschildert und einen konkreten Plan erläutert, dagegen vorzugehen.

      In dem Plan wurde eine massive Unterstützung der Nordallianz im Kampf gegen das Taliban-Regime in Afghanistan angeregt, das El Kaida Zuflucht gewährte. Des weiteren wurden verdeckte Operationen gegen Terrorzellen in Afghanistan, gefolgt von Luftangriffen und auch der Einsatz von Bodentruppen empfohlen. Gleichzeitig sollte die Finanzströme des Netzwerks unterbrochen werden, so das Magazin.

      Die Clinton-Regierung sei in den letzten Monaten ihrer Amtszeit überzeugt gewesen, dass der Terrorismus eine riesige Gefahr darstelle. Nach dem Bombenanschlag auf das Kriegsschiff „U.S.S. Cole“ im Oktober 2000 mit 17 getöteten Amerikanern sei der konkrete Plan erarbeitet worden, der am 20. Dezember Sicherheitsberater Berger präsentiert wurde. Berger und andere Regierungsvertreter beschlossen nach Informationen der Zeitung aber, den Plan nicht direkt auszuführen, weil sie nicht wenige Wochen vor dem Amtswechsel einen Krieg beginnen wollten.

      Deshalb habe Berger aber darauf bestanden, seine Nachfolgerin genau zu informieren und habe mehrere Treffen angesetzt. Rice ließ nach Angaben der Zeitung zu dem Bericht lediglich erklären, sie könne sich an kein solches Treffen mit Berger erinnern. Kritiker erklärten, die Bush-Regierung habe den Plan nicht übernehmen wollen, weil er von
      Clinton stammte. Zudem sei die neue Regierung zunächst mehr mit den Plänen für einen nationalen Raketenabwehrschild beschäftigt gewesen.

      So zirkulierte der Plan monatelang in verschiedensten Formen im Weißen Haus weiter, bis er Bush vorgelegt wurde. Am 4. September sei er schließlich von den Verantwortlichen im Weißen Haus gebilligt worden.


      05.08.02, 9:01 Uhr focus.de
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      schrieb am 05.08.02 10:02:08
      Beitrag Nr. 253 ()
      Gönnen die USA ihrem Präsidenten den Urlaub nicht?


      Es ist Hochsommer und damit die Zeit, in der George W. Bush seine Koffer packt und auf seine geliebte texanische Ranch flüchtet. Wie im vergangenen Jahr will sich der Präsident rund vier Wochen von Washington fern halten, das hat unter anderem politische Gegner und Talkshow-Komödianten mobilisiert, wie die Nachrichtenagentur dpa am Freitag berichtete.

      Die einen – darunter demokratische Kongresspolitiker – halten es für hanebüchen, dass sich der erste Mann im Staate für so lange Zeit „verdrücken“ wolle, während der Anti-Terror-Krieg weiter geht, die Wirtschaft vor sich hin dümpelt und Bilanzfälschungen die Ersparnisse der kleinen Leute auffressen.

      Talkshow-Thema Präsidentenurlaub

      Für die anderen war Bushs Freizeitverhalten schon immer ein Bühnen-Lieblingsthema: Schließlich weiß man, dass der Präsident gern früh schlafen geht, nur ungern auf Joggen und Tretmühle verzichtet und jede Gelegenheit nutzt, seine Ranch oder wenigstens den Präsidenten-Landsitz Camp David aufzusuchen.


      „Drückeberger Bush“

      Das Weiße Haus lässt Kritik und Witzeleien über den „Drückeberger Bush“ nicht unwidersprochen. So beharrt ein Regierungssprecher darauf, dass es nicht korrekt sei, von einem Monat Urlaub zu reden. Selbst dann, wenn Bush grade keinen von rund 14 geplanten offiziellen Termine wahrnimmt, liegt er dem Sprecher zufolge nicht unbedingt auf der faulen Haut.

      Sonntag ist Ruhetag

      Demnach lässt sich der Präsident auf der Ranch täglich – mit Ausnahme des Sonntags – von mitgereisten Mitarbeitern über Sicherheitsfragen unterrichten. Generell halte er sich in wichtigen politischen Fragen auf dem Laufenden. „Er verlässt praktisch nicht das Weiße Haus. Das Weiße Haus zieht auf seine Ranch um“, beschreibt sein Sprecher die Lage.

      Urlaub wie ein US-Bürger

      Alles in allem, so rechnet der Sprecher vor, macht Bush nur ungefähr zwei Wochen richtig Ferien. Das entspricht in etwa dem Jahresurlaub der US-Bürger: 13 Tage stehen dem Durchschnittsamerikaner zu.

      Langer Präsidentenurlaub hat Tradition

      Die Mehrheit der Bürger hat nach jüngsten Umfragen keine Probleme mit der langen Bush-Abwesenheit. Zudem kann der Präsident an seine Vorgänger erinnern: Viele von ihnen machten auch gern mal Urlaub. Danach ließ sich Richard Nixon einmal 30 Tage hintereinander nicht im Weißen Haus blicken, und Ronald Reagan hielt sich für 28 Tage fern. Die beiden liegen damit zusammen mit George W. Bush an der Spitze der Präsidenten-Urlaubsskala.

      02.08.02, 15:45 Uhr
      Avatar
      schrieb am 05.08.02 10:04:04
      Beitrag Nr. 254 ()
      .


      ALLES über Bush unter diesem Link:


      http://focus.de/G/GP/GPE/gpe.htm


      :D
      Avatar
      schrieb am 05.08.02 10:10:55
      Beitrag Nr. 255 ()
      SPIEGEL ONLINE - 03. August 2002, 14:41
      URL: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,208121,00.html
      Urteil zur Terror-Verfolgung

      US-Regierung muss Namen von 1000 Gefangenen veröffentlichen

      Seit dem 11. September wurden in den USA rund 1000 verdächtige Personen festgenommen. Anonym werden sie in Gefängnissen festgehalten. Ein US-Gericht hat die Regierung unter Präsident George W. Bush jetzt dazu verurteilt, deren Namen zu veröffentlichen.


      US-Justizminister John Ashcroft zu mehr Transparenz verdonnert


      Washington - Das Gericht gab damit einer Klage von mehr als 20 Bürgerrechtsgruppen statt. Sie beriefen sich erfolgreich auf ein Gesetz, das die Regierung zur Freigabe von Informationen verpflichtet.

      Die nun eingeklagten Informationen - die Namen von fast 1000 Menschen, die infolge der Ermittlungen zu den Anschlägen vom 11. September 2001 festgenommen wurden - sind besonders heikle Informationen. US-Justizminister John Ashcroft rückt sie nur sehr widerstrebend raus. Die Nicht-Veröffentlichung sei notwendig, damit radikale islamische Organisationen wie al-Qaida keinen Nutzen aus den Angaben ziehen könnten, begründete er seinen Standpunkt.
      Noch ist unklar, ob Ashcroft gegen das Urteil einer Bezirksrichterin in Washington in Berufung geht.

      Im Urteil der Richterin heißt es, die Regierung habe mit dem Recht zur Festnahme eine außergewöhnliche Macht. Im Falle der Anschläge am 11. September habe die Regierung ihre Macht im Rahmen von Ermittlungen eingesetzt, die in ihrem Umfang und ihrer Verschwiegenheit weit reichend seien. "Zur Beurteilung der Frage, ob sich die Regierung im Rahmen des Gesetzes bewegt, ist es für die Öffentlichkeit fraglos notwendig, die Namen der Inhaftierten zu wissen", stellte sie fest. Die Namen müssen nun innerhalb von 15 Tagen bekannt gegeben werden.

      Dies ist jedoch trotz des Urteils noch nicht garantiert. Denn für die Regierung gibt es zwei Möglichkeiten, wie sie die Veröffentlichung von Namen verhindern kann. Wenn sie Inhaftierte als Top-Zeugen definiert, muss sie die Namen nicht nennen. Des weiteren können auch die Inhaftierten selbst einer Veröffentlichung ihres Namens widersprechen. Die Ermittler könnten dies ausnützen, indem sie entsprechenden Druck auf die Gefangenen ausüben.
      Dennoch lobte die Anwältin der Kläger das Urteil als eine Verteidigung der grundlegenden Freiheiten: "Die Regierung darf niemanden unter Ausschluss der Öffentlichkeit verhaften, die Gerichte stoppen Missbrauch der Regierung, die tragischen Ereignisse am 11. September dürfen nicht als Ausrede dafür benutzt werden, Grundrechte zu missachten und die verletzlichsten Mitglieder unserer Gesellschaft zu verhaften", sagte die Juristin Kate Martin.

      Urteil: Unbefristete Haft für Guantanamo-Gefangene

      Viel weniger Bürgerrechte kommt den Gefangenen auf dem US-Militärstützpunkt in Guantanamo Bay auf Kuba zu. Am Mittwoch hatte die Bundesrichterin Colleen Kollar-Kotelly entschieden, dass 600 verrdächtige al-Qaida- und Talibankämpfer, die dort gefangen gehalten werden, unbefristet inhaftiert bleiben können. Die Verdächtigen hätten kein Recht auf einen Prozess vor US-Gerichten, da sie sich nicht in den Vereinigten Staaten aufhielten, urteilte die Richterin.


      Die Familien von drei Gefangenen, zweier Briten und eines Australiers, hatten sich an Anwälte in den USA gewandt und die Regierung von US-Präsident George W. Bush verklagt. Sie forderten, dass die Häftlinge ihren Fall einem Bundesrichter vortragen dürfen. Zwölf Kuwaiter hatten davon unabhängig eine Klage erhoben. Ihr Anwalt sagte, sie würden Berufung einlegen, um das Prinzip wiederherzustellen, dass Richter das letzte Wort über die Verfassungsrechte haben.
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      schrieb am 05.08.02 11:27:04
      Beitrag Nr. 256 ()
      Das Weiße Haus will auch ein Propagandabüro

      Florian Rötzer 30.07.2002
      Offenbar ist US-Präsident Bush mit der Arbeit der Werbeexpertin Charlotte Beers im Außenministerium unzufrieden und will nun mit einem eigenen Büro für angemessene Selbstdarstellung im Ausland sorgen

      Schon zum Auftakt des Krieges in Afghanistan hatte US-Außenminister Colin Powell am 1. Oktober 2001 die Werbeexpertin Charlotte Beers zur neuen Undersecretary of State for Public Diplomacy ernannt. Ihre Aufgabe sollte sein, das negative Image der USA vornehmlich in den arabischen Ländern aufzumöbeln, aus den USA ein attraktives "brand" zu machen, die amerikanischen Werte zu "kommunizieren" ( Zur Aufrüstung der Wahrheit). Zuallererst war Beers angetreten, um gegen den Fernsehsender al-Jazeera anzutreten und überhaupt den Krieg gegen den internationalen, in erster Linie arabischen Terrorismus besser zu verkaufen. Jetzt will das Weiße Haus für die Schaffung eines positiven Bildes ein "Office of Global Communications" einrichten. Offenbar ist man mit der Arbeit im Außenministerium nicht zufrieden.

      Als Colin Powell Beers ernannte, erklärte er: "Ich wollte einen der größten Werbeexperten, weil wir das machen? Wir verkaufen etwas. Wir verkaufen ein Produkt. Und Beers erläuterte kurz nach dem Beginn ihrer Arbeit: "Eine meiner Prioritäten wird es sein, die Worte und Bilder zu finden, durch die die Menschen auf der ganzen Welt verstehen werden, dass die Usama bin Ladins dieser Welt nicht aus religiösem Antrieb heraus handeln, dass die Terroristen keine Märtyrer oder Helden sind, sondern Verbrecher und Feiglinge."

      Sehr effektiv scheint die Arbeit von Beers bislang nicht gewesen zu sein. Aber es ist auch schwer, die USA als eine offene, freundliche und friedliche Gesellschaft darzustellen, wenn die US-Politik vornehmlich auf militärische Aktionen, Kriegsdrohungen, Stützung von undemokratischen arabischen Regierungen und vor allem einer zweifelhaften Rolle im Nahen Osten setzt, die einseitig hinter Israel steht.

      Beers ließ die Broschüre "Network of Terrorism" über den 11.9. und die Rolle bin Ladins anfertigen und in den arabischen Ländern verteilen, weil Texte nicht genügen, sondern Bilder zur Übermittlung der Botschaft notwendig sind. Werbung wurde in Zeitungen und Fernsehsendern geschaltet. Sie stellte den früheren Botschafter Christopher Ross ein, der fließend arabisch spricht, um in arabischen Medien aufzutreten. Es wurden verstärkt Journalisten in die USA eingeladen und eine Ausstellung mit Fotografien von Ground Zero von Joel Meyerowitz um die Welt geschickt. Zudem werden Texte und Filme über das Leben arabischer Menschen in den USA produziert. Diplomaten lässt Beers mit Werbetechniken schulen.

      Im März 2002 nahm Radio Sawa von Voice of America seine Arbeit auf, um vornehmlich junge arabische Menschen über viel Musik auch amerikafreundliche Informationen und Nachrichten zu vermitteln. Seit Juni geschieht dies auch über Streaming Audio im Internet. Mit Befragungen werden die Präferenzen der jungen arabischen Menschen erfasst, um daraus die Musik zusammen zu stellen. Und gegen al-Jazeera will sie noch immer einen amerikanischen Fernsehsender für den Mittleren Osten aufbauen.

      Das neue Propagandabüro ist offenbar, wie Washington Post berichtet, von Karen Hughes angeregt worden, die bis vor kurzem als Beraterin des Präsidenten in Sachen öffentlicher Auftritt des Weißen Hauses gearbeitet hat. Möglicherweise sind die zunehmenden Differenzen zwischen US-Präsident Bush und seinem Außenminister ein Grund, im Weißen Haus ein eigenes Büro einzurichten. Wer es leiten soll, ist noch nicht bekannt.
      Allerdings soll ein Regierungsangehöriger gesagt haben, dass das neue Propagandabüro die Arbeit des Außenministeriums nicht ersetzen soll, sondern dieser nur einen "thematischen und strategischen Wert" hinzufügen will, also vermutlich stärker auf die Politik von Bush konzentriert sein dürfte. Was Amerika der Welt sagen will, müsse nämlich von der "Spitze". Und das ist dann wohl auch als eine Spitze gegen Powell und seine Mitarbeiterin Beers gerichtet.

      Allerdings ist Beers noch nicht ausgebootet. Erst letzte Woche hat das Repräsentantenhaus ein Gesetz des republikanische Kongressabgeordneten und Vorsitzenden des Ausschusses für Außenpolitik Henry Hyde verabschiedet, dass dem Außenministerium für Propagandaarbeit Hunderte von Millionen US-Dollar in Aussicht stellt. Damit würden die Position Beers` gestärkt, der geplante Fernsehsender ermöglicht und Journalisten-, Austausch- und Sprachprogramme ausgebaut. Im Gesetzestext wird begründet, warum das Geld dringend benötigt wird:



      " (1) Surveys indicate that, in countries of predominantly Muslim population, opinions of the United States and American foreign policy among the general public and select audiences are significantly distorted by highly negative and hostile beliefs and images and that many of these beliefs and images are the result of misinformation and propaganda by individuals and organizations hostile to the United States.
      (2) These negative opinions and images are highly prejudicial to the interests of the United States and to its foreign policy.

      (3) As part of a broad and long-term effort to enhance a positive image of the United States in the Muslim world, a key element should be the establishment of programs to promote a greater familiarity with American society and values among the general public and select audiences in countries of predominantly Muslim population."



      Charlotte Beers hat allerdings noch weitergehende Pläne. So will sie die sogenannten "American Rooms", die zu Beginn der 90er Jahre in russischen Bibliotheken angelegt wurden, für den arabischen Sprachraum modernisieren. In Universitäten und anderen öffentlichen Orten sollen Medienzentren eingerichtet werden, um den Menschen die USA näher zu bringen: "Wir schaffen unseren American Room, der virtuelle Realität einsetzen wird, um die amerikanische Kultur auf einer Wand, mit Datenbanken verbundene Computer und eine Straße in einer typischen amerikanischen Stadt auf der anderen Wand darzustellen. Schließlich werden wir die Zuschauer mit ihnen ähnlichen US-Bürger verbinden. ... Wir hoffen, dass sie als Katalysatoren für einen offeneren Dialog wirken werden."

      Und natürlich hat Beers auch schöne Geschichten von der erfolgreichen Arbeit zu berichten. So habe man etwa eine Journalistin und Autorin aus Saudi-Arabien eingeladen, die vor einer Reise in die USA gewarnt worden sei und dann gesagte hatte, als sie zurückgekehrt war:



      "Jeder sagt, dass die Menschen im Westen schlecht und gemein sind, aber das stimmt nicht. Die Leute erzählen eine ganze Reihe von Lügen über den Westen. Die Menschen, die ich getroffen habe, sind nett, sie sind freundlich, sie lächeln. Niemand starrt einen an oder verfolgt einen. Sie verschwenden kein Geld. Sie lassen keine Lebensmittel herumliegen. Sie achten Grenzen. Ihre Gewohnheiten sind schön. In Amerika arbeiten Männer und Frauen zusammen, um ihr Leben zu verbessern."

      Solche "Bekehrungen" könne man durch den Ausbau der Austauschprogramme vermehren. Am wichtigsten aber sei es, der arabischen Jugend eine bessere Ausbildung zu ermöglichen. Ganz aufklärerisch meint sie, dass ein "Zugang zur Wissenschaft, zur Technologie, zu Büchern" die Jugendlichen von fanatischen Interpretationen des Islam abhalte und so offener werden. Das sei, so sagte Beers in ihrer Rede vor dem Kongressausschuss für Außenpolitik, indirekt über ein Zitat besser als militärisches Vorgehen. Aber möglicherweise hört man das im Weißen Haus nicht so gerne.
      Avatar
      schrieb am 06.08.02 16:06:13
      Beitrag Nr. 257 ()
      Enron - War das nicht der höchststaatliche Hoflieferant? Sowas wie ein leibhaftiger Bushhändler?


      Steuermilliarden für fragwürdige Geschäfte
      Die Untersuchungen der Enron-Pleite fördern immer mehr hässliche Details zu Tage. Der bankrotte Energieriese soll rund sieben Milliarden Dollar an Steuergeldern verschleudert und ausländische Politiker bestochen haben. Auch deutsche Institutionen waren offenbar in das schmutzige Spiel verwickelt.

      von Carsten Matthäus

      New York - Eine der größten Geldquellen des einstigen Energierisen seien die Steuerzahler der USA gewesen, so das Ergebnis einer Studie des Institute for Policy Studies (IPS). Rund vier Milliarden Dollar sollen öffentliche Institutionen der USA in die Auslandsgeschäfte von Enron gepumpt haben, vornehmlich für die Privatisierung der Energiewirtschaft in Entwicklungsländern. Für Projekte wie den Bau einer Pipeline in Bolivien oder die Modernisierung der Wasserversorgung in Ghana habe Enron auch Geld von internationalen und ausländischen Organisationen bekommen - noch mal 3,2 Milliarden Dollar.

      Unter den Förderern von Enron befand sich laut IPS auch die deutsche Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Den Angaben zufolge profitierte der Energieriese von deutschen Kreditzusagen über rund eine halbe Milliarde Dollar.

      In einigen Ländern seien Aufträge ohne vorherige Ausschreibungen an das texanische Unternehmen gegangen, schreibt die Zeitung. Teils hätten Vermögenswerte auch unter Marktwert den Besitzer gewechselt. Immer wieder seien Vorwürfe von Vetternwirtschaft laut geworden, unter anderem von Seiten der Weltbank. Die internationale Finanzorganisation hat deshalb die Unterstützung mehrerer Enron-Projekte abgebrochen. Im Laufe der Zeit habe es Korruptionsvorwürfe im Zusammenhang mit Projekten unter anderem in Ghana, Kolumbien, Nigeria und der Dominikanischen Republik gegeben.

      Die Bestechungsvorwürfe könnten dem "Wall Street Journal" zufolge die internationalen Geschäfte des Energiehändlers tiefer in den Enron-Skandal hineinziehen. Diese Sparten liefen unter dem gemeinsamen Namen Enron Global Services und beinhalteten einige der noch verbliebenen Vermögenswerte. Die Auslandsgesellschaften wurden vor dem Konkurs von Enron aus dem Unternehmen herausgelöst und fallen deshalb nicht unter Gläubigerschutz.

      Nach Ansicht der IPS-Experten kommt die strafrechtliche Verfolgung der Enron-Machenschaften reichlich spät: "Solange Enron nur im Ausland Schaden anrichtete, bewerteten das die staatlichen Stellen als gut für die USA" :p, sagt Daphne Wysham, Co-Autorin der IPS-Studie. "Erst als sich die Gier der Enron-Manager auch hier zu Lande auswirkte, wurde daraus ein Skandal."

      Die Studie kommt außerdem zu dem Ergebnis, dass sich die staatlich geförderten Entwicklungsprojekte zumeist negativ für die jeweilige Bevölkerung des Landes ausgewirkt haben. Als Beispiel wird Panama angeführt. Ein Jahr nachdem Enron die staatlichen Elektrizitätswerke übernommen hatte, seien dort die Strompreise so stark gestiegen, dass die Menschen in Panama City deshalb auf den Straßen protestiert hätten.

      Der einst weltgrößte Energiehändler Enron war im Dezember in der bis dahin größten Firmenpleite der USA zusammengebrochen. Der Konzern hatte über Jahre hinweg Verbindlichkeiten in einem Gewirr von Partnerfirmen versteckt und die Umsätze durch Bilanzmanipulationen künstlich in die Höhe getrieben.
      Avatar
      schrieb am 07.08.02 08:02:46
      Beitrag Nr. 258 ()
      SPIEGEL ONLINE - 06. August 2002, 21:11
      URL: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,208464,00.html


      Einfach herzhaft erfrischend, wie sich die US-Amerikaner hemmungslos als aggressive Okkupationsmacht zeigen :laugh:







      Expertenempfehlung für das Pentagon

      "Notfalls saudi-arabische Ölfelder okkupieren"

      Im Kampf gegen den internationalen Terrorismus haben Berater des US-Verteidigungsministeriums brisante Empfehlungen diskutiert. Danach sollten die USA saudi-arabische Ölfelder okkupieren, falls das Land nicht mehr gegen den Terrorismus unternehme.
      Das Pentagon distanzierte sich inzwischen von den Vorschlägen.

      Washington - In dem von der US-Regierung finanzierten Vortrag, der am 10. Juli vor dem "Defense Policy Board" gehalten wurde, hieß es weiter, Saudi-Arabien sei der "Kern des Bösen" und der gefährlichste Gegner der USA im Nahen Osten. "Es unterstützt unsere Feinde und greift unsere Alliierten an." Die Saudi-Araber seien überall in der Terrorkette aktiv, von der Planung bis zur Finanzierung, vom Anführer bis zum Fußsoldaten, vom Ideologen bis zum "Cheerleader". Dem Defence Policy Board gehören eine Reihe einflussreiche Intelektuelle sowie hochrangige ehemalige Regierungsmitarbeiter an. Es berät das Pentagon in strategischen Fragen.

      Obwohl die brisanten Empfehlungen der offiziellen Haltung der US-Regierung diametral zuwiderlaufen, wonach Saudi-Arabien einer der wichtigsten Alliierten in der Region ist, ist die Diskussion nach Einschätzung der "Washington Post" bezeichnend dafür, dass solche Auffassungen derzeit in der Bush-Regierung immer mehr Anhänger finden.

      Vorsitzender des Defence Policy Boards ist Richard N. Perle, ein früherer Pentagon-Mitarbeiter, der auch zu den stärksten Befürwortern eines amerikanischen Militärschlags gegen den Irak zählt. Ausgearbeitet habe die Empfehlungen offenbar Laurent Murawiec, ein früherer Berater des französischen Verteidigungsministeriums, schreibt die "Post".

      "The Coming Saudi Showdown"

      Auch in neokonservativen Magazinen wurde in den vergangenen Wochen die anti-saudische Stimmung angeheizt. In einer Ausgabe der Rechtsaußen-Postille "Weekly Standard", die von William Kristol dem Stabschef des früheren US-Vizepräsidenten Dan Quayle geleitet wird, hieß es kürzlich: "The Coming Saudi Showdown" ("Die bevorstehende Machtprobe mit den Saudis"). Die aktuelle Ausgabe der Politmagazins "Commentary" das vom American Jewish Committee herausgegeben wird, enthält einen Artikel mit der Überschrift: "Our Enemies, the Saudis." ("Unsere Feinde, die Saudis")

      Erst drohen, dann ins Visier nehmen

      Nach den im Defence Policy Board diskutierten Empfehlungen sollten die Amerikaner Saudi-Arabien ein Ultimatum stellen. Die Regierung in Riad müsse aufgefordert werden, jegliche finanzielle Unterstützung fundamental-islamistischer Gruppen umgehend einzustellen, alle anti-amerikanischen und anti-israelischen Äußerungen im Land zu unterbinden und die zu verfolgen oder zu isolieren, die etwas mit dem Terrorismus zu tun hätten - "einschließlich saudischer Geheimdienste". Sollte die saudi-arabische Regierung das Ultimatum nicht erfüllen, müssten die USA Ölfelder und Geldquellen in Übersee "ins Visier nehmen", schlugen die Berater vor.

      US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld stellte noch am Dienstag klar, dass die Vorschläge nicht die Haltung der Regierung widerspiegelten. "Saudi-Arabien ist so wie alle anderen Staaten", erklärte Rumsfeld, mit manchen der Aktivitäten seien die USA einverstanden, mit anderen nicht. Nach den Terroranschlägen vom 11. September habe sich herausgestellt, dass viele Terroristen zufällig Saudi-Araber seien.
      Avatar
      schrieb am 07.08.02 08:48:53
      Beitrag Nr. 259 ()
      Eins meiner Lieblingsthemen :D

      WASHINGTON, 5. August (dpa). Die USA haben nach einem Bericht der Washington Post bei ihren Plänen für eine umfassende Raketenabwehr einen Rückschlag erlitten. Bei Tests des Kurzstrecken-Abwehrsystems PAC-3 habe es so viele Fehler gegeben, dass die ursprünglich für diesen Herbst geplante Entscheidung über den Beginn der vollen Produktion um mindestens ein Jahr verschoben wurde. In der Zwischenzeit soll das Nachfolge-System der im Golfkrieg eingesetzten Patriot-Abwehr weiter erprobt werden.
      Das auf dem Gefechtsfeld einzusetzende PAC-3-System ist als untere Stufe eines vielschichtigen Raketenabwehr-Schilds gedacht. Von einer Abschussvorrichtung wird ein Rakete abgefeuert, die - anders als bei der Patriot - keinen Sprengkopf enthält, sondern das Ziel durch Aufprall zerstören soll. Die USA testen auch eine Langstrecken-Abwehr, die ebenfalls auf dem Kollisions-Prinzip beruht.


      Zu dieser Thematik mein absolutes Lieblingsposting
      aus Thread: Bush wil bei der Opec nicht um OEL betteln !

      der bush repräsentiert doch prima den amerikanischen mittelstand: versoffen, verblödet und eingebildet, scheinheilig, geldgeil und reaktionär und zumeist auch rassistisch; deshalb haben sie ihn ja auch gewählt, bzw. mit wahlschieberei auf den thron gehoben !

      amerika als land des fortschritts.. ha !
      die haben die versoffensten autos der welt, haushaltstechnik, die 20 jahre hinterherhinkt, und sind zu doof, um im sonnengürtel der erde genug energie zu produzieren, um ihre klimaanlagen zu betreiben.
      fühlen sich für den "schutz" der halben welt befähigt, und wissen zumeist nicht mal, wo irgendein staat überhaupt liegt, der nicht zu den usa gehört !

      selbst den mond hätten die nicht gefunden, hätten sie die peenemünder raketen-freaks nach 45 nicht nach amerika abgeschleppt !

      die ganze high-tec der letzten 20 jahre ist auch nicht auf dem mist der ami`s gewachsen...! der grösste teil des forschungs- und hightec-personal wird aus dem ausland gezogen, weil das ami-bildungs-system keine qualifizierte massenbildung zulässt !

      und die glauben, der rest der welt wäre NOCH blöder als sie selber, weil sie tatsächlich meinen, europa liesse sich nochmal als pufferzone und potentielles kampfgebiet zwischen usa und russland/china missbrauchen und würden auch noch die kosten tragen?????

      ich hoffe, die europäer treten ihn in den hintern und schicken ihn nach hause ! am besten wär `s irgendein wahnsinniger terrorist würde ihn ausknipsen ! der ist ja ein risiko für den eh nur partiellen und wackeligen weltfrieden !

      man, bin ich auf den sauer !
      Avatar
      schrieb am 07.08.02 10:26:30
      Beitrag Nr. 260 ()
      SPIEGEL ONLINE - 06. August 2002, 7:45
      URL: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,208347,00.html
      Atombombenabwurf

      Hiroschima gedenkt der Opfer von 1945

      Um 8.15 Uhr stand das Leben im japanischen Hiroschima für eine Minute still. Die Bewohner gedachten der über 200.000 Menschen, die infolge des Atombombenabwurfs heute vor 57 Jahren ums Leben kamen.

      Hiroschima - Mehr als 30.000 Überlebende, Angehörige und Nachbarn sowie Trauernde aus aller Welt fanden sich am Dienstag am Friedensmal der japanischen Stadt ein. Glocken läuteten, Kinder sangen Friedenslieder, 1500 weiße Tauben stiegen in den Himmel auf.

      Bürgermeister Tadatoshi Akiba rief die Regierungen aller Länder auf, ihre Massenvernichtungswaffen abzuschaffen. "Die Wahrscheinlichkeit, dass Atomwaffen wieder eingesetzt werden, und die Gefahr eines nuklearen Krieges steigen", mahnte er. "Wir schwören, dass wir unser Mögliches tun, um ein Jahrhundert des Friedens und der Menschlichkeit zu schaffen." Er lud insbesondere US-Präsident George W. Bush ein, Hiroschima zu besuchen und mit eigenen Augen zu sehen, was Atomwaffen anrichten können.

      Ministerpräsident Junichiro Koizumi bekräftigte die japanische Absage an den Besitz von Atomwaffen. Japan sei das einzige Land in der Geschichte, das Atomwaffenabwürfe erlebt habe, und müsse deshalb besonders entschieden an seiner Ablehnung der Bomben festhalten, sagte er.

      Bei dem Abwurf vor 57 Jahren wurden etwa 140.000 Menschen unmittelbar getötet, rund 80.000 starben später an den Folgen den radioaktiven Strahlung. Jedes Jahr werden weitere Namen am Gedenkstein in Hiroschima hinzugefügt. In diesem Jahr wurden die Namen von 4977 weiteren Strahlenopfern ergänzt - mittlerweile sind es 226.870.

      Am Donnerstag folgen die Gedenkveranstaltungen in Nagasaki, das am 9. August 1945 von einer amerikanischen Atombombe getroffen wurde. Rund 70.000 Menschen wurden dort auf der Stelle getötet.
      Am 15. August kapitulierte Japan, was das Ende des Zweiten Weltkriegs bedeutete.
      Avatar
      schrieb am 08.08.02 09:30:16
      Beitrag Nr. 261 ()
      .


      Tja .... wenn sich ein Staat nicht "uneingeschränkt" den Befehlen der USA beugt, dann wird - ruck-zuck! - aus einem Freund ein schlichtes Kriegsziel!



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      AUFMARSCH GEGEN IRAK

      Saudi-Arabien versagt USA die Unterstützung

      Saudi-Arabien wird die Vereinigten Staaten bei einem Angriff auf Irak nicht unterstützen.
      Die Regierung im Weißen Haus hat offenbar bereits reagiert und Truppen sowie Munition nach Katar verlegt.

      Dschiddah - Der saudi-arabische Außenminister Prinz Saud sagte am Mittwoch, sein Land habe keine Einwände, wenn die US-Streitkräfte ihren Stützpunkt in dem Land für die Überwachung des Flugverbots im Norden und Süden Iraks nutzten. Für einen Angriff auf Irak stehe der saudi-arabische Boden aber nicht zur Verfügung.
      Die Beziehungen zu den USA seien so fest wie vor dem 11. September, erklärte Saud. Osama bin Laden habe versucht, einen Keil zwischen die USA und Saudi-Arabien zu treiben, indem er für den Anschlag 15 der 19 Attentäter aus Saudi-Arabien auswählte, erklärte Saud.

      "Wir sind gegen jeden Angriff auf Irak", sagte der Prinz. "Wir glauben, das ist nicht notwendig, besonders jetzt, da Irak mit der Umsetzung der Uno-Resolutionen beginnt." Jede Veränderung in der irakischen Führung müsse aus dem Volk kommen. Dies habe Saudi-Arabien den USA offiziell und in privaten Gesprächen deutlich gemacht.

      Das Land hatte die US-Truppen im ersten Golfkrieg 1991 unterstützt. Auch alle anderen arabischen Staaten, die den USA beim letzten Mal beiseite standen, haben sich gegen einen Angriff auf Irak ausgesprochen.

      Die USA haben offenbar schon reagiert und ohne großes Aufsehen Munition, Ausrüstung und Kommunikationsanlagen von Saudi-Arabien nach Katar verlagert. Journalisten konnten dort schon vor einigen Woche Zeichen für den Ausbau des Stützpunktes El Udeid sehen, wie zum Beispiel frisch geteerte Landebahnen und neue Hangars.

      Das Pentagon, das Außenministerium und das Weiße Haus haben sich ungeachtet der Meinungsverschiedenheiten aber in deutlicher Form von einem bekannt gewordenen Expertenbericht über Saudi-Arabien distanziert, in dem unter anderem Angriffe auf die saudi-arabischen Ölfelder empfohlen wurden, wenn das Land nicht mehr gegen den Terrorismus unternehme. In dem von der Regierung finanzierten Vortrag für ein Zentrum für verteidigungspolitische Studien hieß es weiter, Saudi-Arabien sei der gefährlichste Gegner der USA im Nahen Osten. Hintergrund war auch, dass die meisten der Attentäter vom 11. September aus Saudi-Arabien kamen.

      Die Vorschläge spiegelten nicht die Ansichten der Regierung wieder, sagte US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld am Dienstag. "Saudi-Arabien ist so wie alle anderen Staaten", :laugh: erklärte Rumsfeld. Mit manchen der Aktivitäten seien die USA einverstanden, mit anderen nicht.

      spiegel.de
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      schrieb am 08.08.02 21:14:44
      Beitrag Nr. 262 ()
      WASHINGTON, (ap/FR). Die Arbeit der militärischen Geheimdienste ist seit dem 11. September nicht besser geworden, wie Verteidigungsminister Donald Rumsfeld am Dienstag im Pentagon feststellte. Deshalb wolle er auch ein Amt schaffen, das die Arbeit der verschiedenen Geheimdienste überwachen solle. Wie die Netzeitung berichtete, soll nach Rumsfelds Vorstellungen ein neuer Vize-Verteidigungsminister diese Kontrolle ausüben. Der Internet-Publikation zufolge würden die Geheimdienste damit noch mehr der parlamentarischen Kontrolle entzogen.
      Offiziere in Afghanistan haben wiederholt beklagt, dass sie gerne mehr und bessere Informationen über Al-Qaeda- und Taliban-Kämpfer hätten. Etliche Fehler bei Einsätzen, bei denen Zivilisten getötet wurden, sollen auf falschen Geheimdienstinformationen beruht haben. Auch fanden die Geheimdienste den Aufenthaltsort von Osama bin Laden bisher nicht heraus.


      Der wahre Grund für Rummmsfelds Forderung ist folgender :laugh:


      Eine längst überfällige Inventur brachte es ans Licht: Binnen eines Jahrzehnts kamen der US-Justiz 775 Waffen und 400 Laptops abhanden. Die meisten Waffen verloren das FBI und die Einwanderungsbehörde. Einige tauchten derweil bei bewaffneten Raubüberfällen oder Morden wieder auf. Generalinspekteur Glenn Fine ist nicht amüsiert: "Das FBI zeigt schwere Mängel im Management seiner Waffen- und Laptopbestände." Das so kritisierte FBI gibt sich zerknirscht und verspricht ein Programm - wenn sich noch ein Laptop findet, auf dem es läuft.
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      schrieb am 12.08.02 16:48:55
      Beitrag Nr. 263 ()
      USA erpressen Immunität
      Washington droht, Staaten die Militärhilfe zu entziehen, die nicht Anklage von US-Soldaten vor ICC verhindern
      WASHINGTON ap Mit diplomatischem Druck versuchen die USA offenbar ausländischen Regierungen das Versprechen abzunehmen, eine Anklage von US-Soldaten vor dem neuen Internationalen Strafgerichtshof (ICC) zu verhindern. Das Außenministerium bestellte in den letzten zwei Wochen die Botschafter verschiedener Staaten ein und wies darauf hin, dass ihre Länder gegebenenfalls die Militärhilfe der USA verlieren könnten. Rumänien und Israel haben sich bislang verpflichtet, keine US-Soldaten an den ICC zu überstellen.

      Ein Sprecher des Außenministeriums, Philip Reeker, verteidigte am Samstag dieses Vorgehen. Der Streit zwischen den USA und der UNO über den Strafgerichtshof wurde im Juli mit einem umstrittenen Kompromiss vorläufig beigelegt. Danach werden Friedenssoldaten aus Ländern, die das Statut des Haager Tribunals nicht unterzeichnet haben, für ein Jahr von einer Strafverfolgung ausgenommen.

      taz Nr. 6824 vom 12.8.2002, Seite 2, 33 Zeilen (Agentur)
      Avatar
      schrieb am 12.08.02 16:51:29
      Beitrag Nr. 264 ()
      Kritik am "gerechten Krieg" dulden US-Denker nicht
      Neue Runde im deutsch-amerikanischen Intellektuellen-Streit über Afghanistan-Militäraktion
      US-Intellektuelle haben in einem Brief an ihre deutschen Kollegen die US-Militäraktion in Afghanistan als "gerecht" verteidigt. In der Antwort an 103 deutsche Kritiker werfen sie den Adressaten "moralische Blindheit" vor, weil sie den Tod von Zivilisten in Afghanistan mit der Ermordung von Amerikanern durch Terroristen am 11. September gleichgesetzt hätten.

      Von Markus Harmann (Frankfurt a. M.)

      Der am Donnerstag in Washington unter dem Titel "Ist Gewalt jemals moralisch gerechtfertigt?" veröffentlichte Text, der der FR vorliegt, wurde von 66 Intellektuellen gezeichnet. Dazu gehören der frühere US-Senator Daniel Patrick Moynihan, der Historiker Francis Fukuyama und der Harvard-Professor Samuel Huntington.

      Die Gruppe beantwortete einen offenen Brief von 103 deutschen Intellektuellen vom Mai unter dem Titel "Eine Welt der Gerechtigkeit und des Friedens sieht anders aus". Die Deutschen hatten wiederum auf ein erstes Schreiben der US-Seite reagiert, in dem diese den Anti-Terrorkrieg der USA als "gerecht" verteidigten. Ihre US-Kollegen hätten mit keinem Wort den "Massenmord" an 4000 afghanischen Zivilisten erwähnt, monierten die Deutschen in dem Papier, das unter Federführung der "Ärzte gegen den Atomkrieg" entstand. Auch gebe es keine universalen Werte, um die Vergeltung eines Massenmordes wie am 11. September mit einem anderen zu rechtfertigen. "Die Würde des Menschen gilt nicht nur für die Menschen der Vereinigten Staaten, sondern auch für die Menschen in Afghanistan", hieß es in dem Schreiben aus Deutschland. Zu den Unterzeichnern gehörten unter anderem der Theologe Friedrich Schorlemmer, der Rhetorikprofessor Walter Jens sowie der Autor Günter Wallraff.

      Die US-Gelehrten werfen den Deutschen nun vor, keine "schlüssige moralische Position" zur Frage des Gebrauchs von Waffengewalt zu beziehen. "Es ist Ihr gutes Recht, die Vereinigten Staaten für alles anzuprangern (...). Das aber befreit Sie nicht von der Verantwortung, eine klare Position zu den moralischen Grundfragen zu beziehen." Die Deutschen seien gleichgültig gegenüber den "Gefahren, die von muslimischen Extremisten ausgehen".

      Die Militäraktion in Afghanistan hielten die Verfasser nicht nur für "moralisch gerechtfertigt", sondern auch für "moralisch geboten". Die "Tradition eines gerechten Krieges", so die US-Amerikaner, strebe in erster Linie danach, "Waffengewalt zu begrenzen und nicht zu preisen". Zudem habe sie Einfluss ausgeübt auf die internationale Gesetzgebung und auf die Einrichtung etwa der Vereinten Nationen. "Das alles zählt für Sie offenbar nicht", hieß es lapidar. Weiter behaupteten die Verfasser, es zeuge von "moralischer Blindheit, wenn Sie die unbeabsichtigte Tötung von Zivilisten in einem Krieg, dessen Grund gerechtfertigt ist (...), mit der beabsichtigten Ermordung von Zivilisten (...) durch Terroristen vergleichen".

      Einer der Unterzeichner, der Präsident des Instituts für Amerikanische Angelegenheiten, David Blankenhorn, kommentierte die deutschen Positionen zusätzlich auf der Homepage seines Instituts. Er sei enttäuscht darüber, schrieb er, dass die Deutschen "nicht einmal versuchen, zwischen gerechtem und ungerechtem Krieg zu trennen". Stattdessen ergingen sie sich in "anti-amerikanischer Rhetorik".


      Intellekt schützt vor Blödheit nicht.
      Avatar
      schrieb am 12.08.02 17:34:50
      Beitrag Nr. 265 ()
      @ gewinnix
      huntington ist der inbegriff eines gekauften oder bestochenen kopfes. wenn intellektuelle die aufgabe haben, dem fürsten zu huldigen und das ihre dazu beizutragen, der politik des staates die passende ideologie zu komponieren, dann ist huntington der einzig wahre intellektuelle amerikas. :mad:

      gott sei dank haben die amerikaner ausser huntington noch menschen bzw. intellektuelle vorzuweisen, die sich nicht kaufen lassen und selbstständig denken können.



      NEUE US-STRATEGIE
      Rumsfelds Kommando Greif

      US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld hat neue Ideen für den Kampf gegen den Terror. Mit hochgerüsteten Spezialeinheiten will er künftig weltweit Jagd auf Amerikas mutmaßliche Feinde machen - ohne dass die Länder und der mächtige Geheimdienst CIA das wissen.


      Washington - Die neuen Pläne des US-Verteidigungsministers sehen eine wesentliche Ausweitung der bisherigen Aufgaben der Spezialeinheiten vor. Am Montag berichtete erstmals die "New York Times" von der neuen Strategie. Demnach sollen die Einheiten wie die streng geheime "Delta Force" Führer des Terrornetzwerkes al-Qaida weltweit aufspüren oder töten. Grund für die neuen Pläne ist, dass die USA registrieren, dass sich die al-Qaida aus Afghanistan zurückgezogen und in anderen Ländern wie Pakistan angesiedelt hat.

      Heikel an dem Plan ist jedoch vor allem dies: Die Spezialkräfte sollen auch in Ländern eingesetzt werden, mit denen sich die USA nicht im Krieg befinden. Ebenso sollen die jeweiligen Regierungen nicht über die Anwesenheit der US-Kräfte informiert werden. Konkrete Beispiele für eventuelle Ziele wurden noch nicht benannt. Doch es ist klar, dass damit beispielsweise die US-Partner Saudi-Arabien und Pakistan gemeint sind. In beiden Ländern sind die USA mit der Intensität der Regierungsbemühungen im Kampf gegen den Terror nicht zufrieden. Deshalb will Rumsfeld im Zweifelsfall gern selber eingreifen.

      Gibt die CIA Kompetenzen ab?
      In anderen Ländern könnte man auf Allianzen mit zweifelhaften Partnern verzichten, denn die Erfahrung mit der Kooperation mit den Warlords in Afghanistan waren für die USA teilweise sehr frustrierend. Die Führer wurden von den USA massiv mit Waffen unterstützt, haben jedoch nach dem Sieg gegen die Taliban ihre Macht behalten und spielen diese auch voll aus. Das Eindämmen des Drogenanbaus in Afghanistan, von den USA als zweites Ziel definiert, ist damit in weite Ferne gerückt.

      Der Plan von Rumsfeld scheint bereits weit gediehen. Selbst eine Rechtfertigung für die Ausweitung der Militärkompetenzen haben sich die Planer aus dem Pentagon bereits zurechtgelegt. Demnach könne der weltweite Einsatz der kleinen Spezialeinheiten als "Vorbereitung auf eine Schlacht" im Anti-Terror-Kampf definiert werden.

      Bush weiß noch nichts von den Plänen
      Trotzdem ist der Plan für die neue Aufgabenverteilung für Beobachter in den USA eine kleine Revolution, die sicherlich nicht ohne Gegner bleiben wird. Bisher nämlich waren Auslandsmissionen die ureigenste Aufgabe des mächtigen Geheimdienstes CIA. Unter früheren Regierungen wurde stark darauf geachtet, diese Trennlinie zwischen den Militär-Aktivitäten der Spezialkräfte und den Operationen der CIA zu wahren. Schon im Afghanistan-Feldzug wurde diese Linie jedoch aufgeweicht, denn beide Behörden mussten zusammenarbeiten. Eigenständige Missionen des Militärs würden die Spezialkräfte faktisch mit den CIA-Trupps gleichstellen.

      Laut der "Times" soll CIA-Direktor George Tenet den Rumsfeld-Vorschlägen bisher nicht ablehnend gegenüberstehen. Demnach gebe es derzeit Gespräche zwischen den Spezialkräften und dem US-Geheimdienst. Wirklich konkret sind die Pläne aber scheinbar noch nicht. So soll Präsident George W. Bush bisher noch gar nicht informiert worden sein, schreibt die "Times".


      wie lautet die überschrift des spiegels über ein kapitel?:
      Gibt die CIA Kompetenzen ab? mir scheint, tenet hat rumsfeld richtig verstanden, weshalb er ganz aufgeschlossen ist....
      Avatar
      schrieb am 12.08.02 22:36:21
      Beitrag Nr. 266 ()
      wer nach dieser sendung nicht weiss, was in guantanamo passiert, der hat nichts begriffen.
      Avatar
      schrieb am 13.08.02 10:43:35
      Beitrag Nr. 267 ()
      50 Jahre lang war den US-Regierungen die Sicherheit ihrer ürger scheißegal.... in Los Alamos und in der Wüste von Nevada liegen tonnenweise Spaltmaterial und Atomabfälle unter freiem Himmel. Das größte Sicherheitsrisiko war nicht ein überhöht dargestelltes "Teror-Netzwerk" , sondern die US-Regierung selber - und bleibt es.





      Atommaterial verschwindet aus Los Alamos


      Aus Furcht vor Anschlägen will Washington tonnenweise Plutonium und Uran aus dem legendären Uralt-Labor in Los Alamos in Sicherheit bringen. Das Material solle von New Mexico nach Nevada gebracht werden, berichteten US-Medien am Montag. Dort seien besser überwachte Lagermöglichkeiten auf einem ehemaligen Atomwaffenbaugelände vorhanden.

      Bei Sicherheitstests im Atomlabor in Los Alamos in New Mexico seien mehrmals schwere Versäumnisse festgestellt worden, berichtete die „New York Times“. Außerdem sei der Standort mit teilweise mehr als 50 Jahre alten Gebäuden im Tal eines Canyons schlecht zu verteidigen. Die Verlagerung sei „im Lichte des 11. September insgesamt die beste Entscheidung für die langfristige Sicherheit von Atommaterial“, zitierte die Zeitung aus internen Dokumenten des Energieministeriums.

      In Los Alamos lagern mehrere Tonnen Plutonium und angereichertes Uran. Das Gelände in Nevada liegt rund 140 Kilometer nordwestlich von Las Vegas. Dort wurden in den 40er-Jahren die ersten Atombomben gezündet.

      12.08.02, 14:45 Uhr focus.de
      Avatar
      schrieb am 13.08.02 11:27:50
      Beitrag Nr. 268 ()
      SPIEGEL ONLINE - 13. August 2002, 7:29
      URL: http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,209232,00.html



      George W. Bush

      Konjunktur-Feldherr ohne Truppe und Plan


      Von Carsten Volkery, New York

      Von seiner Ranch aus versucht US-Präsident Bush, die große August-Offensive für den Aufschwung zu kommandieren. Doch selbst Parteikameraden kritisieren die Auftritte seine Wirtschaftsteams als dilettantisch.

      New York - Amerikanische Politiker geraten selten in den Verdacht, übermäßig am Ausland interessiert zu sein. "America first" heißt die Überlebensformel im Washingtoner Politalltag, die gemeinhin mit religiösem Ernst befolgt wird.

      Nur einer missachtet die Grundregel konsequent: Finanzminister Paul O`Neill. Während Ende Mai US-Anleger nach tröstenden Worten verlangten, ging der Minister mit U2-Sänger Bono auf Afrika-Tournee, um sich über die Lebenssituation auf dem "verlorenen Kontinent" zu informieren. Als im Juli zu Hause die Börse abstürzte, war O`Neill - im fernen Usbekistan. Gerade erst kehrte er aus Südamerika zurück, wo er den kriselnden Volkswirtschaften Brasilien und Uruguay Milliardenhilfen versprach.

      Konjunkturteam als Achillesverse

      Was im Ausland durchaus Beifall findet, grenzt in den USA an Landesverrat. "Wo ist O`Neill, wenn man ihn braucht?", fragen die Medien. Spöttisch nennen sie ihn "den Minister, der mit alternden Rockstars um die Welt reist" (TheStreet.com). Zahlreiche Kommentatoren und Politiker, darunter auch Republikaner, haben bereits seinen Rücktritt gefordert.


      REUTERS

      Finanzminister O`Neill: Personifikation der chaotischen Wirtschaftspolitik


      O`Neill ist zum Symbol für Bushs chaotische Wirtschaftspolitik geworden. Während der Präsident für seine (im Ausland heftig kritisierte) Außenpolitik gute Noten erhält, gilt das Konjunkturteam als Achillesferse der Republikaner vor den Kongresswhlen im November.

      Herzanfälle im republikanischen Lager

      Kritisiert wird vor allem, dass niemand in der Bush-Regierung eine klare wirtschaftspolitische Linie artikuliert. "Wir brauchen jemanden, auf den die Finanzwelt und die Öffentlichkeit als Sprecher schauen kann", klagte Richard Hormats, Vize-Chairman von Goldman Sachs, gegenüber der "New York Times".

      Eigentlich wäre dies O`Neills Aufgabe, doch der ehemalige Topmanager identifiziert sich nicht mit dieser Rolle. Stattdessen lässt er seinen privaten Gedanken ganz undiplomatisch freien Lauf - was bereits Währungen zum Absturz gebracht hat. "Ich bin immer wieder überrascht, dass es irgendjemanden interessiert, was ich tue", erklärt er dann nonchalant.

      "Keine Ahnung von Politik"

      Solche Kommentare sorgen für Herzanfälle im republikanischen Lager. "Der Mann hat keine Ahnung von Politik", schimpft etwa Bruce Bartlett, ein konservativer Volkswirt, der unter Ronald Reagan und Vater Bush gearbeitet hatte.

      Die Demokraten wittern ihre Chance. Sie haben die Wirtschaftspolitik zum Haupt-Wahlkampfthema erhoben. Laut Umfragen vertrauen die Amerikaner derzeit eher den Demokraten, das Land aus der Krise zu führen.



      Abbitte in Clinton

      Das Weiße Haus ist alarmiert und hat eine Gegenoffensive gestartet. Präsident Bush höchstpersönlich soll den ganzen August lang auf seiner Ranch in Texas den Konjunkturlenker spielen. Vergangenen Donnerstag reiste er bereits nach Clinton im US-Bundesstaat Mississippi, dem Hauptsitz des abgewirtschafteten Telekomriesen WorldCom, um mit entlassenen Mitarbeitern zu reden.

      Am heutigen Dienstag hält Bush Konjunktur-Kriegsrat im texanischen Waco: 250 Parteifreunde, Unternehmenschefs, konservative Experten, aber auch ein paar Angestellte und kleine Geschäftsleute sind eingeladen, um Vorschläge zur Bewältigung der Krise zu machen. Jedes Ressortmitglied seines Kabinetts ist dazu vergattert, eine Arbeitsgruppe zu leiten.

      PR-Events und sonst wenig

      Und O`Neill ist dazu verdonnert worden, die nächsten Wochen durch die Welt der amerikanischen Talkshows zu reisen, um die US-Wirtschaft "hoch zu reden" und so Vertrauen wiederherzustellen. Es ist umstritten, ob Politiker das überhaupt können, aber als leuchtendes Beispiel wird O`Neill in US-Medien immer Bill Clintons alter Finanzminister Robert Rubin vorgehalten. Wie der die Märkte beruhigen konnte! Natürlich wird dabei immer gern verschwiegen, dass Rubin es damals mit einem Bullenmarkt zu tun hatte, während O`Neill einen fiesen Bärenmarkt zähmen soll.

      Ein paar PR-Events werden jedoch kaum genügen, um die Bush-Kritiker von links bis rechts verstummen zu lassen. Nicht einmal O`Neills Rücktritt würde die Lage wesentlich verbessern. Denn die öffentliche Unsicherheit resultiert nicht primär aus der fehlenden Kommunikation: Bush hat schlicht keine Wirtschaftspolitik - das geben selbst konservative Experten zu. "Der 11. September hat ihm eine Entschuldigung gegeben, die Wirtschaft zu vernachlässigen", sagt Chris Edwards, Steuerexperte beim Cato Institute.

      Angst vor forscher Gesetzgebung

      Bushs Wirtschaftsprogramm hat sich seit dem Wahlkampf 2000 nicht verändert - trotz einschneidender Ereignisse wie Rezession, 11. September und Unternehmensskandalen. Die im Wahlkampf versprochene Steuersenkung hat er durchgebracht. Ebenso hat der Kongress ihm vor kurzem die gesuchte Genehmigung erteilt, Freihandelsabkommen mit anderen Staaten zu schließen, ohne erst das Parlament fragen zu müssen.

      Doch das ist reichlich wenig für eineinhalb Jahre. Die großen Initiativen sind von anderen ausgegangen: Das Ausgabenpaket zur Stimulierung der Wirtschaft nach dem 11. September haben die Demokraten auf den Weg gebracht. Bush hat sich lange geziert, es zu unterschreiben. Und auch das Anti-Betrugs-Gesetz hat er nur unterzeichnet, weil der öffentliche Druck so groß war.

      Sich selbst widersprochen

      Beobachtern kann Bush daher nichts vormachen. "Es entsteht der Eindruck, dass die Wirtschaftspolitik von kurzfristigen politischen Erwägungen getrieben ist", kommentierte die "New York Times" indigniert. "Einen überzeugenden Plan hat die Regierung nicht."


      Stattdessen regieren spezielle Interessengruppen: Im krassen Gegensatz zu ihrem Bekenntnis zum Freihandel hat die Bush-Regierung hohe Zölle auf Stahlimporte eingeführt, um die heimische Stahlindustrie zu schützen. O`Neill war dagegen, aber wer hört schon auf den Finanzminister?

      "Eindruck des Handelns"

      Selbst das eherne Prinzip aller Konservativen, die Haushaltsdisziplin, hat Bush abgeschafft: Von militärischer Aufrüstung bis hin zu Agrarsubventionen hat der Präsident alle seine Spezis bedient.

      Bush wird es daher schwer haben, sich als seriöser Wirtschaftspolitiker darzustellen. Auf dem "Forum" in Waco hat er jedoch nichts zu befürchten: Demokraten und sonstige Kritiker sind sicherheitshalber nicht eingeladen. Bartlett gegenüber CNN: "Der Zweck der Veranstaltung besteht darin, den Eindruck des Handelns zu erwecken, ohne tatsächlich irgendetwas zu tun."
      Avatar
      schrieb am 13.08.02 18:02:30
      Beitrag Nr. 269 ()
      Kamerad Rummmsfeld meinst Du aber nicht?! Da müßte ich mehr als 500 Jahre alt werden, um mich so dummzusaufen. :D


      Irak: Kampf ohne Ende gegen die ´Achse des Bösen´
      Die USA wollen mit einem Irak-Krieg erneut gegen den Terror und die "Achse des Bösen" vorgehen. Dabei wächst im Ausland gerade die Kritik an der Bilanz des ersten Schlages in Afghanistan.

      Von Ralf Südhoff, Andrzej Rybak, Berlin, und Britta Petersen, Kabul

      Für die Amerikaner dreht sich alles nur noch um das Eine: Papa-Bär, Baby-Bär - oder jetzt doch Mama-Bär? Was nach einer Abstimmung über den niedlichsten Koala im New Yorker Zoo klingt, bezeichnet die Strategien zum militärischen Sturz von Iraks Führer Saddam Hussein. Die Debatte der verschiedenen Szenarien ist in den USA in vollem Gange, kürzlich ließ sich US-Präsident Bush erneut briefen: Wie soll der Krieg gegen Saddam angegangen werden? Wie - nicht ob. Im Kampf gegen den Terror und die Achse des Bösen soll es als nächstes Iraks Saddam Hussein an den Kragen gehen, das ist im Weißen Haus inzwischen beschlossene Sache. Zugleich werden die Stimmen immer lauter, die warnen, bereits der erste Schlag gegen den Terror habe nicht den erhofften Erfolg gebracht. Sie fragen: Was hat der Krieg in Afghanistan bewirkt?
      Kabul im Sommer 2002. Eine Ruinenlandschaft ist zum Leben erwacht. An allen Ecken und Enden wird in der Hauptstadt gebaut und gewerkelt, gemauert und gehämmert. Auf der sandigen Hauptstraße schlendert jede zweite Frau ohne die einst vorgeschriebene Burka durch die Stadt. Wenn es dämmert, wird hier und da die nächtliche Ausgangssperre ignoriert. Wer will schon nach so vielen Jahren Feierverbot eine Abendgesellschaft hektisch auflösen, nur weil es Viertel vor zehn ist?
      "Die Sicherheitslage in Kabul und in einigen anderen größeren Städten ist recht gut", sagt der afghanische Politologe Rangin Dadfar Spanta. Auch deutsche Sicherheitsexperten verbuchen positive Folgen des Einsatzes am Hindukusch. Im jüngst veröffentlichten "Friedensgutachten 2002", der jährliche Report führender Institute zur Sicherheitspolitik, heißt es: "So steht auf der Habenseite, dass die Diktatur der Taliban besiegt" und damit ein Hort der "Rekrutierung für den internationalen Terrorismus zerstört wurde".


      "Das war allerdings schon im vergangenen November der Fall", sagt Reinhard Mutz, Koautor der Studie und zweiter Direktor des Hamburger Instituts für Sicherheitspolitik. "Seitdem ist nicht viel Positives zu sagen." Die Experten sehen in ihrem Gutachten nüchtern "gewichtige Posten auf der Sollseite" des Krieges. Die jüngsten Nachrichten aus Afghanistan dürften sie in ihrer Ansicht bestärken. Nur etwas über eine Woche ist der letzte Anschlag auf Präsident Hamid Karsai her: Im letztem Moment konnte die Polizei einen Selbstmordattentäter stoppen, der mit einem Wagen voller TNT durch Kabul raste. Kurz zuvor wurde Vizepräsident Kadir erschossen, der Verteidigungsminister musste schon im Frühjahr dran glauben.
      Das alles mitten in Kabul, dem Einsatzgebiet der Uno-Schutztruppe. In den Provinzen sieht es noch bedenklicher aus: Im Grenzgebiet zu Pakistan formieren sich erneut die Al-Kaida-Einheiten, im Südosten bekämpfen sich Gouverneurstruppen und Warlords, in Herat starben 50 Menschen bei Schießereien zwischen rivalisierenden Milizen, am Dienstag lieferten sich US-Truppen erneut Gefechte im umkämpften Osten des Landes. Vom versprochenen "Gewaltmonopol des Staates" oder dem "Nation-Building" bleibt da nicht viel übrig. Politologe Dadfar: "Der Wiederaufbau auf Staatsebene findet nicht statt. Stattdessen haben die Warlords an Einfluss gewonnen."
      Die Kriegsfürsten entwickeln sich zum größten Problem Afghanistans. "Die Entwaffnung, Demobilisierung und Reintegration der Kämpfer ist die zentrale Herausforderung", sagt Thomas Ruttig, Uno-Experte in Afghanistan. Doch die Amerikaner stärken die Warlords, US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld machte jüngst dem Kriegsherrn Ismail Khan in Herat seine Aufwartung. Das Pentagon setzt mit seiner militärisch ausgerichteten Strategie weiter auf die Informationen der Warlords, welche die Amerikaner in ihre Machtspiele verstricken. Mit tödlichen Folgen, wie inzwischen auch immer mehr westliche Medien kritisieren.


      Die "New York Times" errechnete jüngst 400 zivile Opfer bei elf ausgewählten Angriffen in den letzten Monaten, also nach der heißen Phase des Krieges. Die US-Menschenrechtsorganisation Global Exchange nannte in einer Untersuchung rund 800 Tote im letzten halben Jahr, eine Studie der Universität New Hampshire kam allein bis Ende 2001 auf knapp 4000 tote Zivilisten. Selbst die "Frankfurter Allgemeine" spekuliert daher über insgesamt 5000 tote Zivilisten und stellt fest, dass damit die Zahl der Opfer der Anschläge auf das World Trade Center übertroffen wäre. Ob das realistisch ist, wird sich wohl nie feststellen lassen. Unüberhörbar ist jedoch der wachsende Unmut in Afghanistan. Spätestens seit der Bombardierung einer Hochzeitsgesellschaft im Juli, bei der 48 Menschen ums Leben kamen: Plötzlich gibt es wieder antiamerikanische Demonstrationen im Land.
      Die Stabilisierung Afghanistans scheint ungewisser denn je, und die fehlgeschlagene Erfassung Osama Bin Ladens ist offenkundig. Dem Westen ist es nicht gelungen, al-Kaida entscheidend zu schwächen und damit das zweite Kriegsziel zu erreichen. Längst ist es ein offenes Geheimnis, dass sich die Islamisten in Pakistan neu formiert haben. Experten sprechen bereits von einer "Talibanisierung" ganzer Landesteile Pakistans. Die versprochene Demokratisierung bleibt beim wichtigsten US-Verbündeten in der Region aus: Präsident und Militärchef Musharraf verkündete jetzt so rigide Auflagen für die Wahlen im Oktober, dass der Urnengang zur Farce wird.
      Solche politische Folgen des Krieges in der Region bringen Menschenrechtler und Asienexperten in Rage. Als die Angriffe begannen, waren viele Skeptiker bereit, kritische Fragen zur "unheiligen Allianz" des Westens mit dubiosen Regimen zurückzustellen. Mancher hoffte gar, das verstärkte Engagement der USA in Zentralasien werde manch Autokraten zu Reformen bewegen. Das Gegenteil ist der Fall. Vor einigen Wochen bekam Jean Lemierre, Präsident der Osteuropabank (EBRD), einen langen Brief. Im Absender: Über 50 Menschenrechtsorganisationen aus aller Welt.


      Das milliardenschwere Institut ist der größte Investor in Zentralasien und hat sich der Förderung von Marktwirtschaft und Demokratie in der Region verschrieben. Doch Lemierre findet plötzlich nichts mehr dabei, die Jahresversammlung 2003 ausgerechnet in Taschkent abzuhalten, der Hauptstadt Usbekistans. Gastgeber wird ein Regime sein, das die Menschenrechte seit Jahren grob missachtet. Der Brief wird vergebens sein. Die USA haben Usbekistan und Turkmenistan von der Liste der Staaten gestrichen, in denen Menschen wegen ihrer Religion verfolgt werden. Dabei sind in Turkmenistan nur zwei Glaubensrichtungen zugelassen: der sunnitische Islam und die russische Orthodoxie.
      Die zentralasiatischen Regime versuchen seit Jahren, jedwede Opposition im Keim zu ersticken. Seit knapp einem Jahr läuft dies stets unter dem Label "Kampf gegen den militanten Islam". Es geht allein darum, "Kritik zu unterbinden", schimpft Uwe Halbach von der Berliner Stiftung für Wissenschaft und Politik. In Usbekistan, wo rund 1200 US-Soldaten stationiert sind, gehört "Folter in Gefängnissen zum Alltag", klagt Elisabeth Andersen von Human Rights Watch. Im Januar hielt Präsident Islam Karimow ein fragwürdiges Referendum ab, mit dem er seine Amtszeit um weitere zwei Jahre verlängern ließ. Karimow will bis 2006 im Amt bleiben.
      Der turkmenische Präsident Saparmurat Nijasow hat sogar westliche Oper und Ballett verboten, zahllose Bücher aus dem Verkehr gezogen - das Afghanistan der Taliban-Ära lässt grüßen. Das Personal des Staatssicherheitsdienstes wurde fast verdoppelt, er geht mit Hausdurchsuchungen und Folter gegen alle Anflüge liberaler Freiheiten vor. Auch moderatere Staaten wie Kasachstan und Kirgisien fühlen sich so zu Härte gegenüber der Opposition ermutigt.


      Längst gibt die repressive Politik radikalen Predigern Rückhalt in der Bevölkerung. "Die Regime sind gestärkt worden", so Experte Mutz, "und das führt zur islamischen Gegenbewegung". Usbekische Islamkämpfer sammeln sich bereits an der Südgrenze - wo sie eine Islamrepublik errichten wollen. "Der Kampf gegen den Terror droht die Ursachen des Terrors zu befördern", kritisiert Entwicklungsexperte Richard Ponzio vom United Nations Development Programm. Zumal sich immer mehr Regierungen - von Malaysia über Russland bis nach Simbabwe - ermutigt fühlen, Menschenrechtsverletzungen mit ihren "Terroristen" zu rechtfertigen.
      Kritiker beklagen, der "Kampf gegen den Terror" habe sich verselbständigt. In Asien etwa zum "Kampf um mehr Einfluss" für die USA gegenüber China. Die deutschen Sicherheitsexperten verweisen in ihrem Gutachten auf die so genannte Bush-Doktrin - die sie als wahren Beginn einer Ära nach dem 11. September ansehen. Mit ihr hat US-Präsident angekündet, erstens ebenso entschlossen wie gegen Terroristen künftig gegen Regime vorzugehen, die nach Massenvernichtungswaffen streben. "Dafür haben 20 bis 25 Staaten bereits die Voraussetzungen", warnt Mutz vor einem Freibrief. Zweitens kämen hierfür "vorwegnehmende Militärschläge" in Betracht, so die Doktrin. Die US-Regierung deutet "das Recht auf Selbstschutz und Selbstverteidigung in eine Offensivstrategie um", kritisieren die Experten.
      Irak ist für sie der erste Fall. Ob die US-Regierung ihre Verbündeten für das Unterfangen gewinnen kann, ist noch offen, ganz zu schweigen von den arabischen Partnern der Anti-Terror-Allianz. Die Kritik wächst. Doch US-Präsident Bush hat bereits reagiert: Er will jetzt ein Büro für Kommunikation einrichten. Laut des Sprechers des Auswärtigen Amtes soll es "im Ausland die amerikanischen Werte besser vermitteln: Sicherheit und Wohlstand". Von Freiheit hat er nichts gesagt.
      Avatar
      schrieb am 14.08.02 10:39:02
      Beitrag Nr. 270 ()
      Dicke Luft zwischen Washington und Athen

      Peter Nowak 14.08.2002
      Möglicherweise verlangen die USA die Auslieferung von festgenommenen Mitgliedern der Terrorgruppe "17. November"

      Die Beziehungen zwischen der griechischen Regierung und den USA waren seit Jahren äußerst gespannt. Einer der wesentlichen Gründe trug den Namen "17. November". Dahinter verbarg sich eine fast 27 Jahre agierende Stadtguerilla. Die Organisation benannte sich nach dem Datum eines Blutbads, dass die damals in Griechenland herrschenden Militär in den Straßen von Athen an regimekritischen Studenten am 17.November 1973 verübten. Mit einem spektakulären Attentat auf den CIA-Chef in Athen und Junta-Unterstützer Richard Welch machte die Organisation erstmals auf sich aufmerksam. Zu ihren Anschlagszielen gehörten immer wieder Institutionen der USA und der NATO-Staaten in Griechenland. Unter den 23 Attentatsopfern des 17. November zählen neben Welch noch weitere US-Bürger.

      Weil die griechischen Behörden jahrzehntelang keine Fahndungserfolge gegen den "17. November" zu verzeichnen hatte, wuchs der Druck vor allem aus den USA. Dort verdächtigte man die griechischen Behörden sogar, die Organisation heimlich zu unterstützen. Selbst in Griechenland machte noch zu Jahresanfang die Meldung Schlagzeilen, dass führende Mitglieder der regierenden Panhellenistischen Sozialistischen Bewegung (Pasok) einschließlich deren verstorbener Gründer Andreas Papandréou mit der Bewegung 17.November in Verbindung gestanden haben sollen.

      Im Jahr 2000 landete Griechenland als einziges Nato-Mitglied auf einer vom US-Kongress erstellten Liste, auf denen Länder aufgeführt sind, die zu wenig gegen den Terrorismus unternehmen. Der Druck der USA auf Athen nahm noch zu, seit das Datum der Olympischen Spiele im Jahre 2004 in Griechenland näher rückt. Die USA haben sogar einen Boykott aus Sicherheitsgründen erwogen, wenn es vorher keine Erfolge gegen den Terrorismus gibt.

      Jetzt könnte die Regierung in Athen aufatmen. Denn innerhalb weniger Wochen war ein Großteil der bis dahin so klandestinen Organisation verhaftet. Allerdings sind damit die Unstimmigkeiten zwischen Washington und Athen noch nicht ausgeräumt. Jetzt fürchten FBI-Beamte, dass die Täter mit geringen Strafen davon kommen könnten. Einige der Taten sind schon verjährt, darunter das Attentat auf CIA-Mann Welch. Außerdem sehen die griechischen Gesetze für geständige Täter Strafnachlässe vor. Deswegen wird in der griechischen Hauptstadt damit gerechnet, dass die USA eine Auslieferung der Mitglieder vom "17. November" verlangen wird, die sie für den Tod von US-Bürger verantwortlich macht.

      Sollte das Ansinnen, wie absehbar, abgelehnt werden, kann das FBI die Beschuldigten auch auf eigene Faust aufspüren und in den USA vor Gericht bringen. Nach den Anschlägen vom 11.September sind die Befugnisse der US-Dienste stark ausgeweitet worden. Die logistischen Probleme wären nicht groß. Denn schon in der Vergangenheit fahndeten FBI-Experten in Griechenland nach Terroristen. Offiziell in Kooperation mit der griechischen Regierung, nach Expertenmeinung aber öfter auf eigene Faust.

      Sollte das Ansinnen, wie absehbar, abgelehnt werden, ist das keine Garantie für die Beschuldigten, doch noch vor einem US-Gericht zu landen. Besonders wenn sie im Ausland sind. Das FBI könnte, wie der Griechenland-Korrespondent der Frankfurter Rundschau schrieb des Terrorismus Verdächtigte auch auf eigene Faust aufspüren und in den USA vor Gericht bringen. Nach den Anschlägen vom 11.September sind die Befugnisse der US-Dienste stark ausgeweitet worden. Schon in der Vergangenheit fahndeten FBI-Experten in Griechenland nach Terroristen. Offiziell in Kooperation mit der griechischen Regierung, nach Expertenmeinung aber öfter auf eigene Faust.

      heise.de

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      Die USA verlangen also von anderen Staaten genau das, was sie selber unmöglich machen:

      Eigene Staatsangehörige an andere Länder (die zudem auch noch die Todesstrafe verhängen und bei "Terroristen" höchst zweifelhafte Rechtsstaatlichkeit an den Tag legen) auszuliefern.

      Manche Staaten sind eben gleicher als andere - und wenn internationales Recht stört, wird es halt gebrochen.

      Ich erinnere an in den USA inhaftierte Deutsche Bürger, denen jahrelang Hilfe durch das Deutsche Konsulat (geltendes intern. Recht) verweigert wurde, an einen jüngst in Syrien inhaftierten deutschen Staatsbürger, der durch US-Dienste in Syrien gefoltert wurde und wo die USA verhinderten, daß die Bundesrepublik Kenntnis von der Verhaftung bekam und "Gefangenentourismus" der USA, bei denen Inhaftierte zur "Vernehmung" in Folter-Staaten gebracht werden.

      Das Ganze vor dem Hintergrund der Verweigerung der Anerkennung des Int. Gerichtshofes und der Epressung von zustimmenden Staaten.. :(

      Eine Entführung griechischer Bürger aus Griechenland in die USA dürfte das klima zwischen den USA und rechtsstaatlich orientierten Nationen extrem abkühlen.
      Avatar
      schrieb am 14.08.02 12:52:29
      Beitrag Nr. 271 ()
      USA machen weiter Druck
      Im Streit über Gerichtshof Entzug der Militärhilfe angedroht
      Die US-Regierung droht anderen Ländern mit dem Entzug sämtlicher Militärhilfe, wenn sie nicht versprechen, US-Bürger nicht an den neuen Internationalen Strafgerichtshof (ICC) auszuliefern.
      NEW YORK, (dpa/afp).

      Ausländische Diplomaten seien ins Außenministerium in Washington eingeladen und entsprechend gewarnt worden, berichtete die Tageszeitung New York Times am Wochenende. Die US-Regierung wolle damit so viele Länder wie möglich zu Abkommen zwingen, die eine Auslieferung von US-Bürgern an den Strafgerichtshof ausschließen. Nato-Mitglieder und wichtige Verbündete wie Israel, Ägypten, Australien, Japan und Südkorea seien davon ausgenommen. Nach Angaben aus Norwegen und Dänemark hat sich die US-Regierung mit dem Ziel bilateraler Immunitätszusagen jedoch auch an alle Nato- und EU-Länder gewandt. Israel und Rumänien haben ein solches Abkommen bereits unterzeichnet. Im Fall von Rumänien hatte die EU-Kommission in Brüssel diesen Schritt ausdrücklich bedauert und die Prüfung rechtlicher Konsequenzen angekündigt.

      Das Einfrieren der Militärhilfe sei in einem Gesetz geregelt, das US-Präsident George W. Bush vergangene Woche unterzeichnet habe, berichtete die New York Times weiter. Darin erhalte der Präsident auch das Recht, US-Bürger aus dem Gewahrsam des Strafgerichtshofs zu befreien, nötigenfalls unter Einsatz des Militärs. Insgesamt sind zur Zeit rund 9000 US-Soldaten in neun Ländern als Mitglieder von Friedenstruppen stationiert.

      Die USA hatten sich im UN-Sicherheitsrat vehement gegen die Einrichtung des Internationalen Strafgerichtshofs gewehrt. Washington drohte sogar mit einem Abzug seiner Soldaten von internationalen Friedensmissionen, sollten diese nicht von der Verfolgung durch das Haager Gericht ausgenommen werden. Nach wochenlangen Verhandlungen einigte sich der Weltsicherheitsrat Mitte Juli auf einen Kompromiss. Demnach genießen Blauhelmsoldaten aus Staaten, die nicht dem ICC beigetreten sind, zunächst ein Jahr lang Immunität. Dies gilt für die USA, China, Israel und Russland. Eine Strafverfolgung soll nur auf Beschluss des Sicherheitsrates möglich werden.


      Wie D.T. schon schreibt: Wer kann, der kann! :(
      Avatar
      schrieb am 15.08.02 12:01:31
      Beitrag Nr. 272 ()
      Anläßlich einer gestrigen Sendung von nano über Agent orange und Dioxinverseuchung in Vietnam möchte ich einige Links hier posten, die die erschreckende Politik der USA deutlich machen.

      Nicht nur, daß die Opfer in Bhopal (Union CArbide) bis heute keine adäquate hilfe bekamen, auch jetzt - über 28 JAhre nach Ende des Vietnamkrieges - bekommen die Vietnamesen kaum Informationen, erst recht keine finanzielle oder wirtschaftliche Hilfe bei der Bewältigung des "größten Chemie-Menschenexperimentes aller zeiten" .

      In Vietnam werden noch heute unvorstellbare viele Kinder mit schrecklichen Behinderungen geboren.

      Die Ausreden der USA, der Zusammenhang mit Agent Orange wäre nicht bewiesen, ist aufgrund der wissenschaflichen Erkenntnisse über Dioxine sowohl grundsätzlich klar wiederlegt wie es in Vietnam aufgrund von Erhebungen ebenfalls widerlegt ist:

      Dadurch, daß Agent Orange nur in Südvietnam eingesetzt wurde (insgesamt über 90 Mio Liter!) kann man eindeutige statistische Vergleiche zwischen der Häufigkeit der Mißbildungen in Süd- und Nordvietnam anstellen.

      Die USA weigern sich - wie immer in der Geschichte - für die Beseitigung der Schäden aufzukommen.

      Auch hier wieder ist das Prinzip erkennbar, daß sogar die eigenen Soldaten nicht aufgeklärt wurden und mit bloßen händen und ohne jeden Schutz mit der Substanz umgingen.

      Die Selbstorganisation der selbst betroffenen Vietnam-veteranen hat nun durch politischen Druck wenigstens erreicht, daß ein paar US-Wissenschaftler den Vietnamesen dabei helfen, die Daten zu erheben.





      http://www.3sat.de/nano/bstuecke/35915/index.html

      http://www.3sat.de/nano/bstuecke/35908/index.html

      http://www.env.go.jp/en/org/dioxin/tdi_report.pdf

      http://www.ucpress.edu/books/pages/5053/5053.ch06.html

      www.eco-action.org/pubs/atg/atg11.html
      Avatar
      schrieb am 15.08.02 12:38:51
      Beitrag Nr. 273 ()
      Heute in 3Sat (mit mehreren Wiederholungen)

      in "Nano" :

      Schreckensvisionen im Film: "Der Anschlag"

      Der US-Kastraphenschocker "Der Anschlag" mit Morgan Freeman und Ben Affleck ist gerade bei uns in den Kinos angelaufen. Der Plot: ein A-Bomben-Anschlag auf das Superbowl-Finale. Der Film wurde vor dem 11. September 2001 gedreht und nimmt viele der tatsächlichen Schreckensvisionen vorweg. Immer wieder setzt Hollywood in großen Produktionen auf die Kriegs-Euphorie der Amerikaner. Eng wie selten zuvor arbeiten Hollywoods Drehbuchautoren und Regisseure mit dem Pentagon zusammen.
      Avatar
      schrieb am 15.08.02 12:58:14
      Beitrag Nr. 274 ()
      ganz spontan http://www.thebigbrother.it/archivio%20immagini/cinema/now.J… voll der Trip!


      US-Kampfhubschrauber versetzte Badegäste in Panik

      Da sind wohl die Hormone mit den Jungs durchgegangen: Drei US-Piloten flogen mit ihren Kampfhubschraubern so tief über einen Strand in der Nähe des süditalienischen Bari, dass Liegestühle und Sonnenschirme durch die Luft wirbelten.
      Bari - Wie italienische Medien berichteten, knatterten die Piloten im Tiefflug über den Strand - offensichtlich wollten sie den Mädchen imponieren. Doch statt bewundernder Blicke von Bikinischönheiten zu ernten, versetzten sie die Badegäste durch die gefährliche Aktion in Panik. Fünf Menschen wurden durch Liegestühle und Sonnenschirme verletzt, die durch die Rotorenbewegungen durch die Luft segelten. "Die wollten sich vor den Mädchen als Top-Gun-Helden aufspielen", schimpfte ein Augenzeuge, der selbst verletzt wurde.
      Die amerikanischen Hubschrauber waren den Berichten zufolge von Deutschland aus in Richtung Kosovo unterwegs und sollten bei Bari zwischenlanden. Der Vorfall wurde dem italienischen Verteidigungsministerium gemeldet.


      Der Kick im Cockpit
      US-Kampfpiloten halten sich während ihrer Einsätze mit Amphetaminen wach

      von Tobias Hürter

      Wer mit Überschallgeschwindigkeit über Kriegsgebiet jagt und mit der Bewegung eines Fingers Hunderte Menschenleben auslöschen kann, der braucht wache Sinne. Dazu sind der US- Luftwaffe auch Mittel recht, die schon Autofahrer den Führerschein kosten würden: Die Piloten schlucken Amphetamine, um auf den acht bis zwölf Stunden langen Afghanistan-Einsätzen nicht am Steuerknüppel einzunicken: „Sie bekommen Dexedrin in Zehn-Milligramm-Dosen gegen Müdigkeit“, bestätigte Air-Force-Sprecherin Betty Anne Mauger der Süddeutschen Zeitung. Solche Mengen verordnen Ärzte auch in schweren Fällen von Narkolepsie – einer Krankheit, bei der die Betroffenen im Stehen einschlafen. Müde Bomberpiloten seien ein größerer Risikofaktor als solche, die mit Psychopharmaka aufgeputscht sind, so die Logik der Air Force.

      Der regelmäßige Kick im Cockpit kam kürzlich im Zusammenhang mit einem „Friendlyfire“-Zwischenfall ans Licht. Vor vier Monaten hatte Harry Schmidt, Pilot eines F-16-Jägers, die Übungen kanadischer Truppen für feindliches Abwehrfeuer gehalten. Mit einer Lenkbombe tötete der Major vier verbündete Soldaten und verletzte acht. Der unabhängige US-Militär experte John Pike wunderte sich über Schmidts „ungewöhnlich aggressives“ Verhalten und mutmaßte, ob dabei Chemie im Spiel war. „Ich habe meinen Piloten nie gefragt, ob er unter Medikamenten stand“, sagte der Anwalt des Majors der Zeitung Toronto Star, „aber das ist übliche Praxis.“

      Ein internes Dokument der US Navy mit dem Titel „Leistungserhaltung während andauernder Flugoperationen“ beschreibt dies detailliert. „Wir gehen mit Treibstoff und Waffen um; wir können auch mit Übermüdung umgehen“, heißt es darin. Zwei Drittel der Flieger im Golfkrieg nahmen demzufolge Amphetamine. Gerade jene Kampfpiloten, die besonders kräftig zur Pille griffen, waren damals am erfolgreichsten.

      So absolvierten die Piloten des kleinsten F-15- Geschwaders die meisten Flugstunden, schossen die meisten irakischen MiGs ab – und warfen etwa alle zwei Stunden eine „Go-Pille“ mit fünf Milligramm Dexedrin ein. Für gute Bettruhe nach der Landung sorgte dann die „No-go-Pille“ mit einem starken Schlafmittel.

      Dass Amphetamine munter machen, können Techno-Tänzer bestätigen. Doch Drogenmediziner warnen, dass ihre Wirkung allzu leicht umschlägt: „Amphetamine machen furchtlose Kämpfer“, sagt der Psychologe Thomas Elbert von der Universität Konstanz, „aber sie wirken realitätsverzerrend und können sogar Halluzinationen auslösen.“ Somit könnten die Drogen durchaus „zu Handlungen führen, die nicht beabsichtigt sind“.

      Als Kriegsdroge haben Amphetamine schon eine lange Karriere. Im Zweiten Weltkrieg stärkten sich Wehrmachtsflieger mit amphetaminhaltiger Schokolade, und auch britische und japanische Soldaten hielten sich mit „kleinen Helfern“ wach. „Heute gehören stimulierende Mittel zur Notfallversorgung jeder großen Armee“, sagt der Drogenmediziner Elbert. Doch die deutsche Luftwaffe distanziert sich entschieden von einem systematischen Gebrauch: „Wachmacher werden bei uns grundsätzlich nicht eingesetzt“, versichert Oberleutnant Philipp Braun vom Informationszentrum der Luftwaffe in Köln. „Wir sind der Ansicht, dass Medikamente im Cockpit nichts zu suchen haben.“


      Zugabe zu #250 :D http://www.spiegel.de/netzwelt/netzkultur/0,1518,209485,00.h…
      Avatar
      schrieb am 15.08.02 13:38:41
      Beitrag Nr. 275 ()
      die US-Army hat aus dem vorsätzlich fahrlässigen Verhalten der jahrelangen "Mutproben" amerikanischer Jagdflieger, die bekanntlich irgendwann einmal zum Absturz einer vollbesetzten Gondel in Italien vor einigen Jahren führen muste und führte (die Angehörigen warten immer noch auf Entschädigung und die US-Piloten wurden nicht den ital.Behörden, sondern den positiv gestimmten US-Miltär-Gerichten überstellt mit - na, was wohl ? - FREISPRUCH :mad: )

      NICHTS

      gelernt.

      Diese hemmungslosen Rambos werden nicht gestoppt, sondern systematisch selektiert und gezüchtet.
      Avatar
      schrieb am 15.08.02 14:26:48
      Beitrag Nr. 276 ()
      Und sollte es brenzlig werden, müssen Fremdenlegionäre oder britische (neuerdings auch deutsche) Eliteeinheiten, vornweg marschieren. Saublöde Arschlochhelden sind das!


      "Wir entscheiden souverän und sind keiner Automatik unterworfen"

      Verteidigungsminister Peter Struck über Irak, den "deutschen Weg" und die Bundeswehr-Spürpanzer in Kuwait

      Für Peter Struck ist der heutige Donnerstag sein 27. Tag als Verteidigungsminister. Und wenn es nach dem früheren SPD-Fraktionschef ginge, dann könnte dieser Zustand "noch so etwa zehn Jahre" anhalten. Da allerdings sind die Wahlen am 22. September vor. Gehen die verloren, dann hat seine Amtszeit nicht einmal zehn Wochen betragen. Vielleicht ist das ein Grund, warum der Ton, den der neue Minister anschlägt, eine Spur forscher ist als der seines Vorgängers - gegenüber den USA, aber auch generell in Sachen Auslandseinsätze deutscher Soldaten. Mit Struck sprach FR-Korrespondent Axel Vornbäumen.


      Frankfurter Rundschau: Herr Struck, Sie haben gute Chance einen Platz in den Geschichtsbüchern zu ergattern - als der Verteidigungsminister mit der kürzesten Amtszeit in der Geschichte Deutschlands.

      Peter Struck: Ach, das sehe ich gelassen. Die Umfragen spiegeln doch die tatsächliche Situation nicht wider. Lassen Sie mich, bevor wir zur Sicherheitspolitik kommen, nur eine Anmerkung machen: Es ist in meinen Augen schon absurd, wie sehr Bilanzfälscher in den USA Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt und damit auf die Politik in Deutschland haben. So viel nur zu den Ursachen für die derzeit schlechte Stimmung. Wenn die SPD kämpft, wofür ich alles tun werde, dann haben wir gute Chancen, wieder stärkste Fraktion im Bundestag zu werden. Das bedeutet automatisch, dass Gerhard Schröder Kanzler bleiben würde - und dies wiederum, dass ich das Amt des Verteidigungsministers weiter ausübe, wenn der Kanzler es will. Es ist wichtig, dass dieses Land in der schwierigen außen- und sicherheitspolitischen Situation einen Minister hat, der auf die absolute Rückendeckung des Bundeskanzlers zählen kann.

      ... eine Gunst, auf die Ihr Amtsvorgänger weitgehend verzichten musste.

      Es war unausweichlich, dass Rudolf Scharping dieses Amt aufgeben musste. Andererseits war richtig, dass der Kanzler, wie er es sagte, den "besten Mann der Fraktion" berufen musste, um ein Signal zu geben: Denn wir wollen die Bundestagswahl gewinnen, wir wollen dieses wichtige Ressort behalten.

      Anderen Ministern lässt man zumindest eine Frist von 100 Tagen. Das ist in Ihrem Fall nicht möglich, Ihre "Restlaufzeit" bis zur Bundestagswahl beträgt insgesamt nicht einmal zehn Wochen. Was können Sie denn in dieser Legislaturperiode für die Bundeswehr noch bewirken?

      Neben den anliegenden Beschaffungsprojekten, die abzuarbeiten sind, muss ich zunächst die Bundeswehr von innen her kennen lernen, das betreibe ich zur Zeit intensiv. Dazu gehört es auch, die Stimmung in der Bundeswehr persönlich zu erforschen.

      Wie steht es um die Stimmung in der Truppe eingedenk der aktuellen Diskussion um die Möglichkeit eines Einsatzes in Irak?

      Das ist sehr klar zu beantworten. Das politische Bewusstsein der Soldaten ist sehr ausgeprägt: Unisono wird ein militärisches Abenteuer der USA gegen Irak mit großer Skepsis gesehen.

      ... was sich auch mit Ihrer Ansicht trifft. Ordnen Sie denn persönlich einen US-Schlag gegen Irak in die Kategorie Abenteuer ein?

      Ja.

      Wäre ein weiterer Einsatz der Bundeswehr im Ausland überhaupt zu stemmen?

      Nein, weder finanziell noch personell. Wir sind nicht in der Lage noch einen zusätzlichen Auslandseinsatz zu verkraften. Wir sind mittlerweile an zehn Standorten außerhalb Deutschlands engagiert, teilweise auch als stärkstes Kontingent. Mehr geht nicht. Die Bundeswehr muss schließlich auch im Land ihre Arbeit tun.

      Bedeutet dies, für den Fall, dass Irak akut wird, eine andere Prioritätensetzung?

      Ich mache mir generell Gedanken über eine andere Prioritätensetzung. Ich bewerte die Auslandseinsätze der Bundeswehr nach dem Sinn und der Notwendigkeit - bei meinem Besuch in Afghanistan hat mir Regierungschef Hamid Karsai gesagt, er rechne mit einer Stationierung der Isaf-Truppe von mindestens zehn Jahren, in Kosovo geht man von einer Stationierung der Kfor-Truppe um weitere etwa 15 Jahre aus. Ich kann auf Anhieb aber nicht sagen, dass diese Wünsche der Länder auch erfüllt werden. Wir werden von Fall zu Fall bei Verlängerung von Mandaten den Bundestag bitten, das genau zu überprüfen.

      .. und dabei als erstes Kriterium "deutsches Interesse" anwenden?

      Nein, erstes Kriterium ist die Antwort auf die Frage, ob wir damit die Verpflichtungen erfüllen, die wir im Zusammenhang mit der Bekämpfung des internationalen Terrorismus eingegangen sind. Darunter fällt Afghanistan. Als zweites Kriterium gilt: Erfüllen wir unsere Pflicht als europäischer Staat vor unserer Haustür - nämlich Menschen davor zu bewahren, dass sie aus ethnischen Gründen getötet werden. Das ist übrigens auch eine sozialdemokratische Verpflichtung. Und dann gibt es noch die wirtschaftlichen Interessen -- die stehen an allerletzter Stelle.

      Der "deutsche Weg" ist allerdings zum geflügelten Wort in diesen Wahlkampfwochen geworden, auch im Zusammenhang mit Irak. Halten Sie dies für eine gelungene Formulierung?

      Es ist eine Beschreibung der Tatsache, dass wir national souverän sind - und dass wir auch im nationalen Interesse entscheiden können, wie wir uns in bestimmten Situationen verhalten. Wir sind nicht die Mündel der Vereinigten Staaten. Das hat Helmut Schmidt zu Recht auch geschrieben.

      Passt das Begriffspaar "deutscher Weg" und "uneingeschränkte Solidarität" denn zusammen?

      Uneingeschränkte Solidarität heißt nie, dass man allen Maßnahmen, die in Washington erwogen werden folgt. Es gilt immer noch der zweite Satz des Bundeskanzlers: Risiken ja, Abenteuer nein.

      Deutsche Spürpanzer stehen in Kuwait - sie wirken dort als symbolische Drohkulisse für Saddam.

      Das sehe ich anders. Die Spürpanzer sind im Rahmen der Operation "enduring freedom" nach Kuwait verlagert worden. Die Soldaten werden in dem Rahmen dieser Operation dort bleiben - und nur in diesem Rahmen. Sollten sie für andere Aufgaben gebraucht werden, dann braucht es einen neuen Bundestagsbeschluss.

      Streben Sie diesen Beschluss an?

      Nein.

      Gilt das auch für den Fall, dass es ein UN-Mandat für einen Angriff auf Irak gibt?

      Selbst bei einem Beschluss des Sicherheitsrats sind wir keiner Automatik unterworfen. Wir entscheiden in nationaler Souveränität.

      Wie schätzen Sie persönlich das Bedrohungspotenzial durch Irak ein? Die USA sind im Besitz von Fotos, die offenkundig die Produktionsstätten von Massenvernichtungswaffen äußerst präzise zeigen.

      Ich kenne diese Fotos nicht. Generell aber stellt sich für mich die Situation Irak anders dar als die, die wir im Zusammenhang mit der Bekämpfung des internationalen Terrorismus beschlossen und auch teilweise umgesetzt haben.

      Wie sieht es mit den großen Beschaffungsvorhaben aus, die Ihr Amtsvorgänger Ihnen hinterlassen hat?

      Beim größten Vorhaben, dem Transportflugzeug A 400 M, erwarte ich keinerlei Probleme. Ich werde den Haushaltsausschuss in der nächsten Sitzung über den Sachstand unterrichten. Im Haushalt 2003 werden die noch fehlenden Mittel bereitgestellt. Für die anderen Beschaffungsprojekte sind Klärungen erforderlich, die es noch in dieser Woche geben soll.

      Bleibt es bei der Zielgröße von 73 Transportflugzeugen?

      Ja, das bleibt definitiv. Das Projekt ist nicht gefährdet.
      Avatar
      schrieb am 15.08.02 14:58:09
      Beitrag Nr. 277 ()
      Retuschierung im 35mm Format

      Hartwig Tegeler 22.01.2002 telepolis

      Ridley Scotts Kriegsfilm "Black Hawk Down" soll die "Tapferkeit, Engagement und Selbstlosigkeit" des Soldaten und die patriotische Gesinnung Hollywoods zeigen

      John Travolta und Arnold Schwarzenegger hatten Pech. Ihre neuen Filme genügten nach dem 11. September nicht den schnell proklamierten neuen Maßstäben politischer Korrektheit im Kino; damals wollte keiner Terroristen, in die Luft fliegende Gebäude und all das sehen, was einen Hollywood-Actionfilm - wie "Passwort: Swordfish" und "Collateral Damage" - zu einem Blockbuster macht. Nie wieder sinnlose Gewalt im Kino, tönte es in den USA und in Europa, nie wieder Action der Action wegen! Gemäß solcher neuen Bilderethik wurden Filme, die irgendwie einen Bezug zu den September-Anschlägen hätten haben können, auf den Kino-Startplänen weit nach hinten geschoben. Doch das war einmal, lang, lang scheint`s her, auch wenn seitdem nicht mehr als ein paar Wochen vergangen sind.

      Die Zeiten, mit ihr die neue Ethik des Filmemachens und die sich angeblich ebenso neu konstituierende Moral der Macher haben sich in atemraubender Rasanz wieder einem Wandel unterzogen. Hin zum puren Gegenteil. Nun wird auf den Startplänen der Verleiher nicht nach hinten geschoben, sondern vorgezogen.


      Ridley Scotts Kriegs-Spektakel Black Hawk Down - ursprünglicher Kinostart Sommer 2002 - ist zusammen mit einer Vielzahl von Kriegsfilmen in den USA jetzt schon im Kino angelaufen. Auch wenn Afghanistan demnächst befriedet sein sollte - "nuper pacati sunt" -, im Visier des "war against terrorism" stehen womöglich bald der Irak und/oder Somali: Und so bedarf es eines gut Teils geistiger Mobilmachung sowie einer vortrefflichen public relation auf den Leinwänden. Ridley Scott und Jerry Bruckheimer und John Moore und die anderen Regisseure der neuen "war movies" haben dafür jedenfalls ihre patriotische Pflicht schon abgeleistet.

      Ridley Scott beispielsweise: Am 3. Oktober 1993 versuchten amerikanische Spezialtruppen zwei Gehilfen des somalischen Warlords Mohamed Farrah Aidid gefangen zu nehmen. Was als militärische Routineaktion im bürgerkriegszerrütteten Mogadischu begann, kostete 18 amerikanischen Soldaten und - die Zahlen differieren - fast 1000 Afrikanern das Leben. Präsident Bill Clinton bezeichnete die Militäraktion als eine der "dunkelsten Stunden seiner Amtszeit".

      Nach der 90 Millionen Dollar teuren Retuschierung von Ridley Scott und seinem Produzenten Jerry Bruckheimer wird dieses historische Ereignis im kinogeleiteten Alltags-Gedächtnis fortan ganz anders aussehen: In "Black Hawk Down" lernen wir in gut zweieinhalb Stunden Kinozeit, dass der 93er-Einsatz der Special Forces die leuchtendste Stunde des amerikanischen Kämpfers war! Und selten hat ein Presseheft (US-amerikanische Version) die wahre Intention eines Films so klar auf den Punkt gebracht, wenn wir da lesen von der "wahren Natur des Heldentums", die die Soldaten in Mogadischu erfuhren, sowie von "Tapferkeit, Engagement und Selbstlosigkeit" des Soldaten, die der Film uns wie die "Inschrift auf einem Grab" zeige.

      Mit "Black Hawk Down" - "Black Hawk" heißen die Militär-Hubschrauber, von denen die somalischen Milizen zwei in Mogadischu abschossen - gebührt Ridley Scott ("Blade Runner", "Alien", "1492", "Die Akte Jane", "Gladiator", "Hannibal")immerhin der Verdienst, den Film mit dem längsten Geballere aus automatischen Waffen gedreht zu haben, das die Filmgeschichte bisher zu bieten hat, länger noch als jeder "Rambo"-Film. Eine nicht enden wollende Schießerei, rhythmisiert durch untergelegte Pop- und Rocksongs von Elvis bis Jimi Hendrix, und das Ganze so laut und brachial-suggestiv, dass die Langeweile über die auf der Stelle tretende Geschichte ohne Gnade betäubt wird: In "Black Hawk Down" vermischt sich eine Soße von Pathos, Pariotismus und Heroismus zu einem Brei, den wohl nur jemand aushalten kann, der gern selber US-Marine wäre. Und es mag kaum verwundern, dass Jerry Bruckheimer, der schon für das Machwerk "Pearl Harbor" verantwortlich zeichnet, auch hier die Produktion übernahm.


      Nun ist es kein Zufall, das "Black Hawk Down", Behind Enemy Lines, Spy Game, We Were Soldiers oder die anderen Kriegsfilme jetzt in so zeitlicher Verdichtung gestartet werden. Schon die Oscar-Vergabe an Ridley Scotts "Gladiator" vor zwei Jahren deutete eine geistige Militarisierung an: Die Selbstverständlichkeit, mit der ein Film ausgezeichnet - oder besser "hochdekoriert" - wurde und dessen Hauptfigur eine menschliche Kriegsmaschine, ein gepanzerter Mann, war, hätte stutzig machen können. Genauso wie die Selbstverständlichkeit, mit der Hauptdarsteller Russel Crowe eine Militärorden bei der Oscar-Feier trug.

      Natürlich ist dies nur ein Indiz, eine Beobachtung, die zunächst in keinem kausalen Zusammenhang mit der Produktion der Kriegsfilmen steht, die Hollywood als Nachklapper zu "Saving Private Ryan" von Steven Spielberg (1998) in den letzten Jahren drehte. Aber vielleicht mag das als Hinweise darauf gelten, dass Zufälle auch im Filmgeschäft nicht existieren, und dass sich manchmal Tendenzen schon dann andeuten, wenn sie noch gar nicht begriffen werden können.


      Dann 11. September und Afghanistan. Von jetzt ab wird etwas sichtbarer. Und die Kriegsfilme waren nun bereit zu ihrem Einsatz. Mitte November nämlich trafen sich in Hollywood Abgesandte des US-Präsidenten und Studio-Chefs sowie Verantwortliche der Fernseh-Networks, um das gute Bild Amerikas und amerikanischer Ideale in Kino und Fernsehen zu besprechen. Und auch wenn sich die Vertreter der Filmindustrie nach den Gesprächen gegen den Vorwurf wehrten und darauf bestanden, sich keinem inhaltlichen Diktat der Bush-Administration zu unterwerfen: Ein Film wie "Black Hawk Down"- vor den Anschlägen gedreht und nur sehr wenig umgeschnitten - zeigt, dass das gar nicht nötig ist, um ein verlogenes Heldenstück zu produzieren.

      Zwischen dem Bedürfnis nach geistiger Mobilmachung, patriotischem Firlefanz und guter Kriegs-PR sowie dem Profitinteresse der Filmindustrie besteht kein Widerspruch und bestand auch nie einer. Feierstunden des Heroismus - ab Frühjahr und Sommer auch hier, nebenan im Multiplex.


      Und das deutsche Kino?


      Vielleicht auch noch was auf Halde für ein bisschen geistige Mobilmachung? Zu bieten hätten wir: Soweit die Füße tragen. Clemens Forrells Marsch durch die Taiga! Was für ein Stoff für einen Film.

      Auf der Flucht, ein deutscher Mann, drei Jahre lang, soweit die Füße ihn eben trugen; 14.200 Kilometer durch die Eiswüsten von Sibirien. Ein Deutscher, entflohen einem sowjetischen Kriegsgefangenenlager, verfolgt von einem rach- wie trinksüchtigen russischen Offizier. Aber am Ende - beim filmreifen Showdown am Grenzfluss zwischen der UdSSR und Iran - wird Clemens Forrel den Sieg davon tragen und in die Heimat kommen. Zu Weihnachten. Und mit - natürlich - Tränen in den Augen die Frau in der Kirche wiedertreffen. Was für eine Story mit was für einem Helden.


      "Ein echter Held," sagt Hardy Martins, der Regisseur von "Soweit die Füße tragen", dem Remake des Straßenfegers von Fritz Umgelter aus den 60er Jahren. "Held nicht im Sinne von einer künstlich gemachten Puppe, wie wir sie aus Amerika kennen. Sondern genauso echt wie diese Geschichte wie dieser Stoff." Es gibt allerdings ein Problem bei dieser Heldengeschichte: Der "Held", mit dem wir leiden, ist ein rechtskräftig verurteilter Kriegsverbrecher; als Soldat Teil der deutschen Kriegsmaschinerie, die beim Überfall auf die Sowjetunion Millionen Menschen umgebracht hat. In diesem Film "Soweit die Füße tragen" taucht dies nur in zwei vagen Andeutungen auf, die aber vom Atem des großen Abenteuerfilms mit den riesigen Landschaftstotalen in die Nebensächlichkeit abgedrängt werden.

      So verschwindet die historische Erinnerung über den deutschen Angriffskrieg in einer unterhaltsamen Abenteuer- und Heldengeschichte. Und wo die "Wehrmachtsausstellung" zeigt, wie kompliziert und komplex historische Erinnerung ist, wird sie in "Soweit die Füße tragen" ausgelöscht! Kein Erinnern an die Opfer, sondern die Umdefinierung des Täters zum Opfer. Wo Ridley Scott und die anderen "war movie"-Regisseure patriotische Hilfestellung für die Kriegspolitik George W. Bushs leisten, trägt "Soweit die Füße tragen" zur geistigen und moralisch gereinigten Wiederauferstehung des deutschen Landsers bei. Das Soldatische - und hier berühren sich "Gladiator" und "Soweit die Füße tragen" - wird in die Alltags- und Popkultur reintegriert.

      Wenn Marlon Brando in Coppolas "Apocalypse Now Redux" seinen langen Monolog über das Grauen hält, das Grauen des Krieges, für das es keine Bilder und Worte gibt - weder im Kriegs- noch im Antikriegsfilm -, dann macht das deutlich, dass Francis Ford Coppola immerhin Bilder für dieses Grauen sucht, sie nicht finden kann, aber weiß, dass er als Filmemacher in dem Paradoxon leben muss, sie weiter suchen zu müssen. Doch "Apocalypse Now Redux" - ein wahnsinniger Film über den Kriegswahnsinn - stammt aus den 70ern und war auch damals eine künstlerische Ausnahme ( Apocalypse Deluxe).

      Bei den sich heute inflationär auf den Leinwänden ausbreitenden Wehrertüchtigungsfilmen - ob aus Babelsberg oder Hollywood - gibt es für die verzweifelte Suche nach wahren Bildern keinen Platz mehr.
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      schrieb am 15.08.02 16:02:27
      Beitrag Nr. 278 ()
      Die Mutter aller Antikriegsfilme, D.T.

      Erich Maria Remarque: Im Westen nichts Neues
      In Deutschland erdacht, in USA gemacht
      http://www.cyberkino.de/entertainment/kino/102/102040.html

      von 1959


      http://www.lsa.umich.edu/german/Boot.jpg
      Avatar
      schrieb am 15.08.02 20:36:37
      Beitrag Nr. 279 ()
      US-Präsident kompetenzschwach

      Wie George Bush auf seinem Wirtschaftsforum die US-Wirtschaft gesundzureden versuchte und wieder einmal scheiterte. Wall Street nimmt sein Kompetenzteam kaum noch ernst - was nicht zuletzt an der widersprüchlichen Politik der Regierung liegt


      aus New York
      NICOLA LIEBERT

      Der erfolgreich geführte Krieg katapultierte Präsident George Bush in der Popularitätswertung weit nach oben. Doch das Abgleiten der Wirtschaft in eine Rezession kostete ihn die Wiederwahl. Dasselbe Schicksal, das Bush den Älteren nach dem Golfkrieg ereilte, muss jetzt auch der Sohn befürchten. Nach dem Feldzug in Afghanistan erreichte George W. zwar nie da gewesene Zustimmungsraten. Aber der Zeitlupencrash an der Wall Street und die Angst vor einer erneuten Rezession könnten den Republikanern zumindest bei den Kongresswahlen im November empfindliche Verluste bringen.

      Mit einer großen Wirtschaftstagung versuchte Bush nun gegenzusteuern. Das Ziel: Wenn er schon keinen Aufschwung bis zum November hinkriegt, so will er doch wenigstens die volkswirtschaftliche Kompetenz seiner Regierung endlich unter Beweis stellen. Hochkalibrige Unternehmer und Wirtschaftsexperten sowie der Vollständigkeit halber ein paar Gewerkschafter, Arbeitnehmer und Selbstständige rief der Präsident dazu am Dienstag zu sich nach Waco, in die Nähe seiner Ranch in Texas. Auch der Proporz bei Schwarzen, Hispanics und weißen Frauen war gewahrt.

      Bislang musste Bush die Erfahrung machen, dass man mit warmen Worten allein die Wirtschaft nicht zum Wachsen und die Börsenkurse nicht zum Steigen bringt. Wenn er in den letzten Monaten an die Öffentlichkeit ging, um zu verkünden, dass mit der Wirtschaft alles bestens sei, quittierte die Wall Street die hohlen Phrasen unweigerlich mit fallenden Kursen. Sein Wirtschaftsteam - Finanzminister Paul ONeill, der wirtschaftspolitische Berater Lawrence Lindsey und Haushaltsdirektor Mitchell Daniels - wird nicht mal mehr in der republikanischen Partei so richtig ernst genommen. Vizepräsident Dick Cheney, der als Exvorstandschef des Ölkonzerns Halliburton ökonomische Kompetenz in die Regierung bringen sollte, hält sich wohlweislich im Hintergrund, seit die Börsenaufsicht die Buchführung der Firma in Frage stellt.

      Die Wirtschaftspolitik der Regierung gilt unterdessen bestenfalls als widersprüchlich. Einerseits propagiert sie Freihandel und freie Marktwirtschaft, anderseits beschloss sie protektionistische Zölle gegen Stahlimporte und die größten Agrarsubventionen aller Zeiten. Zugleich reißt sie durch Steuersenkungen und Ausgaben für Rüstung und innere Sicherheit riesige Löcher in den Etat.

      Bush wich in Waco von seinem einmal gewählten Kurs jedoch nicht ab: "Ich bin unheimlich optimistisch für die Zukunft dieses Landes", sagte er den rund 250 Teilnehmern des Wirtschaftsforums. Was die vielen Unternehmensskandale anbelangt, die das Vertrauen der Investoren zerstörten, schiebt Bush die Verantwortung auf die Privatwirtschaft: Die Unternehmen sollen sich selbst strengere Regeln geben.

      Demokratische Politiker taten das Wirtschaftsforum als Wahlkampfveranstaltung ab. Vor allem Großunternehmer und Großspender an die republikanische Partei versammelten sich hier. Deren Zustimmung zu republikanischen Glaubenssätzen wie der Privatisierung der Rentenversicherung und der Abschaffung der Erbschaftssteuer war Bush gewiss. Selbst das konservative Wall Street Journal zitierte da genüsslich einen ehemaligen Wirtschaftsberater des alten Bush: "Reine Zeitverschwendung."

      Die Wall Street, die enttäuscht war, dass die Notenbank anders als von vielen gehofft die Zinsen nicht herabsetzte, reagierte am Mittwoch wie immer, wenn Bush sich zur Wirtschaft äußert: mit fallenden Kursen.

      taz Nr. 6827 vom 15.8.2002, Seite 8, 121 TAZ-Bericht NICOLA LIEBERT

      taz muss sein
      Avatar
      schrieb am 15.08.02 21:09:10
      Beitrag Nr. 280 ()
      http://www.zeit.de/2002/34/Politik/200234_afghanistan.html

      der krieg in afghanistan ist noch lange nicht zu ende.
      Avatar
      schrieb am 15.08.02 21:41:49
      Beitrag Nr. 281 ()
      Schlagt mich bitte nicht. Aber das muß auch mal sein.


      Europas Außenpolitik ist verlogen - nicht die der Amerikaner
      Unter dem Vorwand der Menschenrechtspolitik torpedieren die Europäer Amerikas Kampf gegen den Terror. Dabei geht es ihnen nur ums Geschäft

      Von Joshua Muravchik

      Washington - Einen Augenblick lang schien der 11. September ein Wendepunkt in den transatlantischen Beziehungen zu sein. Dem westlichen Goliath war eine schwere Wunde zugefügt worden. In dem darauf folgenden Stimmungsmix aus Schock, Mitgefühl und Angst wurden die Bruderzwiste eingestellt, Europa und Amerika rückten enger zusammen. Bundeskanzler Schröder gelobte "uneingeschränkte Solidarität" mit den Vereinigten Staaten, Queen Elizabeth ordnete an, "The Star Spangled Banner" im Buckinghampalast zu spielen und die Titelseite von "Le Monde" verkündete: "Wir sind alle Amerikaner".

      Kaum waren die letzten Terroristen aus den Höhlen von Tora Bora vertrieben, schlug der Ton um. Ein Pressefoto, das mehrere Al-Qaida-Gefangene gefesselt und mit verbundenen Augen in Guantanamo Bay zeigte, schürte Zweifel, ob Europa und die USA für die gleichen Werte eintreten. "Gefoltert", schrie eine Schlagzeile in der Zeitung "London Mail". Während dies noch nachhallte, sprach Präsident Bushs in seiner Rede zur Lage der Nation von der "Achse des Bösen", was in Europa neue Ausbrüche der Erbitterung zur Folge hatte. Als einer von vielen nannte der EU-Kommissar für Außenbeziehungen, Chris Patten, Bushs Ansatz "absolutistisch und simplistisch". Und der deutsche Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye warnte vor den Gefahren amerikanischer "Abenteuer".

      Diese beiden Begebenheiten erinnerten die Europäer offenbar an all das, was ihnen vor dem 11. September an Amerika zuwider war: die Anwendung der Todesstrafe, ein Mangel an Respekt vor dem internationalen Recht und eine zu große Bereitwilligkeit, auf Gewalt oder andere Zwangsmaßnahmen zurückzugreifen. "Der Spiegel" beschreibt es drastischer: "Während die Europäer fest auf internationale Kooperation (...) bauen, setzt die Supermacht immer unverhohlener auf die normative Kraft ihrer überlegenen Macht." Aber von jenseits des Atlantiks betrachtet, scheint der Riss weniger auf Amerikas Machtgier oder seine Gleichgültigkeit gegenüber den Menschenrechten zurückzuführen sein, als auf europäischen Neid und Unmut über die "Stunde Amerikas". Tatsächlich wirken die Klagen über die Missachtung humanitärer Standards meist an den Haaren herbeigezogen - ausgedacht, um den Umstand zu kaschieren, dass Amerika nicht nur stärker und reicher ist, sondern auch idealistischer als die meisten anderen Staaten.

      Man denke zum Beispiel an das Tamtam um die Guantanamo-Gefangenen. Es stellte sich heraus, dass die Häftlinge auf dem Foto gerade verlegt wurden. Zu anderen Zeiten waren sie weder gefesselt, noch waren ihnen die Augen verbunden. Delegationen des Roten Kreuzes und der Regierungen Frankreichs und Großbritanniens besuchten Guantanamo Bay. Sie erfuhren, dass die Gefangenen "keineswegs über Misshandlungen klagten". Demnach wusste auch das Europäische Parlament, dass die Berichte über Misshandlungen falsch waren. Dessen ungeachtet verabschiedete es eine Resolution, welche die USA dazu aufforderte, "allen Häftlingen eine menschenwürdige Behandlung zu garantieren (...) und das internationale humanitäre Recht und die Normen und Grundsätze der Menschenrechte zu respektieren." Wenn es einen Skandal gab, dann den, dass die Europäer ihren Verbündeten verleumdeten.

      Oder denken wir an die "Achse des Bösen". Der amerikanische Wunsch, Saddam Hussein zu vertreiben, hat nichts mit "Abenteurertum" zu tun. Er ist ein Akt der Selbstverteidigung. Saddam hat bereits zweimal Massenvernichtungswaffen eingesetzt - gegen den Iran und die kurdische Bevölkerung im eigenen Land. Außerdem hat er offen seine Absicht erklärt, sie wieder einzusetzen, und zwar gegen Israel. Er ist bemüht, noch mehr dieser Waffen in seinen Besitz zu bringen. Er hat kuwaitische Ölquellen in Brand gesteckt und im Jahr 1993 einen Attentatsversuch auf den früheren US-Präsidenten Bush befohlen. Wer zweifelt daran, dass er diese entsetzlichen Waffen einsetzen wird, falls sich die Gelegenheit dazu bietet?

      Unser Wunsch, Saddam loszuwerden, entspringt keinem engstirnigen Egoismus. Es ist kein Vorwand, um alte Rechnungen zu begleichen, wie der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Ludger Vollmer, behauptete. Die Gefahr, die Saddam für den Frieden in der Region und der Welt darstellt, ist noch größer, als die, die er für Amerika darstellt. Vier Nachbarstaaten hat er bereits angegriffen - den Iran, Kuwait, Saudi-Arabien und Israel - weitere werden von ihm bedroht: die Golf-Scheichtümer und Jordanien. Er ist nicht deshalb ein ausgemachter Feind Amerikas, weil Amerika besondere Interessen in der Region verfolgt, sondern weil Amerika die Bürde auf sich nimmt, den Weltfrieden zu sichern.

      Außenminister Fischer schlägt statt eines gewaltsamen Vorgehens vor, durch diplomatischen Druck die Rückkehr der UN-Waffeninspektoren in den Irak zu erwirken. Allerdings ist das System der Inspektionen schon vor langem untergraben worden - zum großen Teil durch das Verhalten Frankreichs, das sich im Weltsicherheitsrat auf die Seite des Irak schlug. Angesichts all der Kritik an Amerikas ungezügeltem Kapitalismus ist es die reinste Ironie, aber die Motive Frankreichs hatten vorwiegend mit ökonomischen Interessen und Geldgier zu tun. Fischer argumentiert außerdem, es gebe "keinen Beweis, dass der Terror Osama Bin Ladens irgend etwas mit dem Regime Saddam Husseins zu tun hat." Aber wie verhält es sich in diesem Fall mit dem Iran, dem zweiten Mitglied von Bushs "Achse des Bösen"? Das Land steckt bis über beide Ohren im Terrorismus. Spätestens seitdem iranische Agenten Morde unter anderem in Großbritannien, Deutschland, Frankreich, der Türkei, Italien, Norwegen und der Schweiz begingen, weiß Europa das. Sein Rezept für den Iran lautet dennoch, die Islamische Republik durch gutes Zureden, freundschaftliche Gesten und vertiefte Handelsbeziehungen vom Fanatismus abzubringen. Gleichzeitig kündigt die EU einen Vorstoß zur Ausweitungen ihrer Handelsbeziehungen mit Teheran an. Der Handel mit dem Iran "bietet angesichts dessen großen Reichtums an Bodenschätzen - etwa Erdöl, Erdgas und Mineralien - sowie seiner landwirtschaftlichen Produktivität und seines industriellen Potenzials enorme Chancen", erklärte die EU-Kommission. Wieder fragt man sich: Ist es Amerika oder Europa, das einem seelenlosen Kapitalismus anhängt und Gleichgültigkeit gegenüber den Menschenrechten an den Tag legt?

      Keine Episode rückte die transatlantischen Differenzen über die Menschenrechte stärker in den Blickpunkt als die diesjährige Zusammenkunft der UN-Menschenrechtskommission. Es war die erste, der Amerika nicht als Mitglied angehörte. Als die Delegierten für das 2002er Treffen gewählt wurden, bekamen Frankreich, Österreich und Schweden jeweils mehr Stimmen als die USA und errangen die drei Sitze, die für die "westliche Staatengruppe" vorgesehen sind. Die Entscheidung dieser drei Länder, gegen Amerika anzutreten, wurde weithin als Tadel für Washingtons "Unilateralismus" gewertet. Als sich die Kommission dieses Frühjahr in Genf traf, verabschiedete sie breit angelegte Resolutionen. Sie liefen darauf hinaus, jedes vorstellbare Recht für jedermann zu fordern: das Recht auf Entwicklung, Frieden, eine saubere Umwelt und einen hohen Lebensstandard. Derlei hohle Beschlüsse werden jedes Jahr gefasst, und niemand schenkt ihnen großes Augenmerk. Im stärker beachteten Teil ihrer Arbeit beschäftigt sich die Kommission mit bestimmten Ländern und Missständen. Dieses Jahr gab es 22 derartige Resolutionen. In keiner von ihnen wurden Libyen, Syrien, Turkmenistan oder Saudi-Arabien erwähnt - sie alle gehören zu den zehn repressivsten Regimes der Erde.

      Früher hatten normalerweise die USA Resolutionen eingebracht, die Pekings Repressionspolitik kritisierten, und bis 1977 hatten sie verschiedene europäische Staaten mitgetragen. In diesem Jahr plante Frankreichs Präsident Chirac jedoch eine Reise nach China, um für die Flugzeuge von Airbus Industries zu werben. Daraufhin lehnten es Frankreich, Deutschland, Italien und Spanien - allesamt Partner im Airbus-Konsortium - zum erstenmal ab, eine China-Resolution zu unterstützen. Einen Monat später konnte Chirac in Peking stolz verkünden, einen 1,5-Milliarden-Dollar-Vertrag für Airbus Industries mit nach Hause zu bringen. Gleichzeitig erklärten Vertreter der chinesischen Regierung unverhohlen, dies sei eine Gegenleistung für Europas Verhalten in der Menschenrechtskommission. Dieses Jahr starben wieder Falun-Gong-Anhänger in chinesischen Gefängnissen.

      Das Schweigen zu den Zuständen in China war um so verwunderlicher angesichts Europas lautstarker Verdammung der Todesstrafe in Amerika. Frankreichs Bildungsminister Jack Lang hatte Präsident Bush wegen der Hinrichtungen in Texas gar einen "Serienkiller" genannt. Dabei ist die Gesamtzahl der jährlich in den Vereinigten Staaten vollstreckten Todesurteile mit 60 bis 80 kaum höher als die Zahl der Exekutionen, die in der chinesischen Presse wöchentlich vermeldet werden, wobei es dort nicht einmal faire Gerichtsverhandlungen gibt. Von den Ländern, die dagegen im Zuge der Versammlung kritisiert wurden, wurden 14 schonend gerügt, jedes in einer separaten Resolution. Kuba wurde zum Beispiel dazu "eingeladen", in punkto Bürgerrechte und politische Rechte Fortschritte zu machen. Acht Resolutionen waren allerdings überhaupt nicht schonend formuliert - und sie zielten alle auf ein und denselben Staat: Israel wurde bis zum Erbrechen "verurteilt" oder "streng verurteilt". Wenn die Mitglieder der Vereinten Nationen, die damit betraut sind, die Einhaltung der Menschenrechte zu überwachen, so abstimmen können, wie sie es getan haben, wundert es dann, dass die USA mit einem Internationalen Strafgerichtshof nichts zu tun haben wollen?

      Wenn ich Europäer wäre, würde ich mich über Amerikas überdimensionierte Macht ärgern, vor allem, weil jene Macht manchmal egoistisch und achtlos eingesetzt wird. Aber Europas Behauptung, es habe eine menschlichere Art und Weise gefunden, in der Welt zu agieren, ist nichts anderes als ein Versuch, den Schmerz über seinen verletzten Stolz zu lindern. Amerika ist nicht nur reicher und mächtiger, es ist auch prinzipientreuer in seiner Außenpolitik. Und vielleicht ist es das, was den Europäern am meisten zu schaffen macht. Aber es ist auch der Mangel, den Europa am leichtesten beheben kann. Wenn es will.

      Der Autor ist Wissenschaftler am American Enterprise Institute. Kürzlich erschien von ihm: "Heaven on Earth: The Rise and Fall of Socialism". A. d Amerik. v. Daniel Eckert

      antigone, kennst Du den Knilch?
      Avatar
      schrieb am 15.08.02 21:45:12
      Beitrag Nr. 282 ()
      dürfte wohl der Anfang des Propaganda-feldzuges der US-regierung sein... :D
      Avatar
      schrieb am 15.08.02 22:55:41
      Beitrag Nr. 283 ()
      @ gewinnix
      wie deep schon vermutet hat.....
      jedenfalls steht auf der folgenden liste neben muravchik, joshua auch einer der hervorragendesten desinformanten, die amerika hervorgebracht hat:

      Brzeziński, Zbigniew, USA, ehem. Berater des US-Präsidenten
      http://www.rzeczpospolita.pl/dziekujemy/duchy-n.html

      im übrigen geht aus einem hervorragenden artikel über die neuen wahrhaft imperialistischen ideologisierungsmuster nach dem ende des kalten krieges hervor, dass muravchik nicht nur als vorläufer von samuel huntington angesehen werden kann, der seinerseits berater der cia ist. muravchik gehört zum rechtsorientierten washingtoner think tank `american enterprise institute ....

      http://www.jochen-hippler.de/Aufsatze/Demokratisierung_Dritt…

      unbedingt lesen, wenn man etwas zeit hat:


      kleiner auszug:
      .......Auch deshalb ist es wenig überraschend, daß in den Ländern des Nordens eine Tendenz existiert, Demokratie mit sich selbst zu identifizieren. ... Für diese angenehme Gleichsetzung gibt es eine Reihe höchst unterschiedlicher Gründe, die meist miteinander verknüpft sind. Zuerst einmal handelt es sich um ein Produkt verkürzter Logik. Der Westen - bzw Norden - ist demokratisch, wie sein Kampf gegen den Kommunismus belegt, und er respektiert im großen und ganzen die Regeln repräsentativer Demokratie und der Menschenrechte. Schnell werden westlich und demokratisch zu Synonymen.

      Aber wir leben in der Zeit nach dem Kalten Krieg. Westliche Identität kann sich nicht mehr dauerhaft auf die alten Schemata stützen. Es ist daher kein Zufall, daß neue Freund-Feind-Zurechnungen Hochkonjunktur haben, neue Identitätsdefinitionen auf große Nachfrage treffen. ... Der bereits erwähnte Samuel Huntington hat seinen berüchtigten Aufsatz zum „Kampf der Zivilisationen“ genau auf diese Marktlücke hingeschrieben. Er postuliert einen Kampf „des Westens gegen der Rest der Welt“ („The West against the rest“ ), was ja an sich schon Identität definiert, und bennent die „westlichen Ideen“, als Substanz westlicher politischer Identität. Westliche Ideen sind für ihn:

      „Individualismus, Liberalismus, Verfassungsmäßigkeit, Menschenrechte, Gleichheit, Freiheit, Rechtsstaatlichkeit, Demokratie, der Freie Markt, die Trennung von Kirche und Staat.“

      Wir wollen nicht kleinlich daran herummäkeln, daß hier manches schief ist (so macht die „Trennung von Kirche und Staat“ sowieso nur in christlichen Gesellschaften Sinn, da „Kirche“ ein christlicher Terminus ist, und im Judentum, Islam, Buddhismus oder Hinduismus wie zahllosen anderen Religionen auf Unverständnis stoßen würde). Aber es muß doch angemerkt werden, daß dadurch, diese „Ideen“ (ist der Freie Markt eine „Idee“, ein „Wert“, eine moralische Kategorie?) zu westlichen zu erklären, sie anderen Kulturen abgesprochen und verweigert werden. Denn wenn es sich um universelle Werte handeln würde, ergäbe ja ein „Kampf der Zivilisationen“ keinen Sinn, der ja gerade durch die Verschiedenheit der Kulturen bedingt sei. Freiheit und Demokratie sind also, neben den anderen Substantiven, Kerne westlicher Identität, und die Menschen im im Süden werden so intellektuell vor die Scheinalternative gestellt, entweder sich selbst für „westlich“ halten zu müssen, wenn sie für Freiheit und Demokratie sind, oder gegen beide Werte opponieren zu müssen, wenn sie nicht westlich sein wollen. Über solchen intellektuellen Imperialismus könnte man sich wohl lustig machen, wenn er nicht in breiten Kreisen ernstgenommen worden wäre.

      Der Kern der Übung ist aber innerwestliche Identitätsstiftung nach dem Ende des Kalten Krieges. Wir, der Westen, sind erstens eine Einheit (diesmal kulturell), zweitens von außen bedroht („the West against the rest“, im gleichen Huntington-Aufsatz schön und bunt ausgemalt), und drittens moralisch und kulturell überlegen (Demokratie und die anderen hohen Werte sind schließlich „westliche“ Werte). Solche Übungen mögen bei Menschen im Westen, die mit ihrem Feindbild des Kalten Krieges ein Stück ihrer Identität verloren haben, eine neue Behaglichkeit bewirken, für den Süden sind sie eher bedrohlich. Ein westlicher Export von Demokratie würde in diesem Kontext nämlich nicht bedeuten, daß die so oft von Diktatoren unterdrückten Menschen des Südens sich endlich selbst regieren könnten - er müßte als Export einer westlichen Ideologie, als ideologische Waffe gegen den „Rest der Welt“ aufgefaßt, als Strategie der Verwestlichung gebrandmarkt werden. In dieser Konsequenz trifft sich Huntington mit den chinesischen Marktstalinisten, anderen Diktatoren Ostasiens, und islamistischen Demokratiefeinden etwa Algeriens, vor denen er ja solche Angst zu haben sich entscheidet. Wenn Demokratie im Kern ein westlicher Wert wäre, dann wäre Demokratieexport ideologischer Imperialismus.

      ............


      Ein Jahr zuvor hatte das American Enterprise Institute, ein rechter think tank in Washington ein Buch von Joshua Muravchik publiziert, dessen Titel auf deutsch lauten würde: „Demokratie exportieren - Amerikas Schicksal erfüllen“. In seinem letzten Abschnitt wird der oben skizzierte Zusammenhang bereits vorweggenommen und auf den Punkt gebracht. Die USA sollten die Demokratie weltweit exportieren, sich dabei aber auf die beiden wichtigsten Länder konzentrieren, China und die (damals gerade noch existierende) Sowjetunion.

      „Wenn uns das gelingt, werden wir eine Pax Americana erkämpft haben wie noch kein früherer Friede war, eine der Harmonie, nicht der Eroberung. Dann wird das einundzwanzigste Jahrhundert zum Amerikanischen Jahrhundert, und zwar aufgrund des Triumphes der humanen Idee, die im Experiment Amerika geboren wurde: daß alle Menschen gleich geschaffen und mit unveräußerlichen Rechten ausgestattet wurden.“

      Mag da die Siegestrunkenheit anläßlich des Zerfalls der Sowjetunion noch das Wunschdenken beflügeln - aber der zuletzt zitierte Autor spricht selbst gern und oft von der Notwendigkeit des „ideologischen Kampfes“ („ideological combat“ ) und ist sich durchaus bewußt, daß seine Vorstellung von Demokratieexport im Kern der Export des Amerikanischen Modells ist. Gerade das ist ja sein Ziel. Der Export von Demokratie und der Export des amerikanischen Modells sind identisch, da der Westen (hier also die USA) und Demokratie zwei Ausdrucksformen derselben Sache sind. Nach außen offensiv, nach innen identitätsstiftend - so nützlich kann Demokratie sein.


      .......
      Avatar
      schrieb am 15.08.02 23:01:13
      Beitrag Nr. 284 ()
      wie sagte doch orwell:

      friede bedeutet krieg

      übernommen von bush und joshua muravchik
      Avatar
      schrieb am 15.08.02 23:13:56
      Beitrag Nr. 285 ()
      t`schulligung, wenn ich vielleicht den zusammenhang nicht richtig hergestellt habe. wie sagte doch joshua muravchik:

      „Wenn uns das gelingt, werden wir eine Pax Americana erkämpft haben wie noch kein früherer Friede war, eine der Harmonie, nicht der Eroberung. Dann wird das einundzwanzigste Jahrhundert zum Amerikanischen Jahrhundert, und zwar aufgrund des Triumphes der humanen Idee, die im Experiment Amerika geboren wurde: daß alle Menschen gleich geschaffen und mit unveräußerlichen Rechten ausgestattet wurden.“

      und sein kumpel bush verspricht uns desgleichen, nach dem feldzug gegen den terrorismus :)
      Avatar
      schrieb am 15.08.02 23:23:48
      Beitrag Nr. 286 ()
      merci


      Zivile Schiffe für den Kriegseinsatz
      US-Regierung mietet bei der dänischen Reederei Maersk acht Schiffe für den Transport von Fahrzeugen. Sie sollen ab November für den Irak-Einsatz bereitstehen. Rechtsliberale Regierung in Kopenhagen begrüßt das gute Geschäft

      aus Stockholm REINHARD WOLFF

      Das Pentagon steht derzeit in Verhandlungen mit mehreren großen skandinavischen Reedereien, um Schiffsraum für militärische Transporte in den Persischen Golf anzumieten. Vertragszeit: ab November diesen Jahres. Einen Vertragsabschluss bestätigt hat die dänische "Maersk Sealand"-Reederei.

      Für 220 Millionen Dollar hat das Military Sealift Command der USA acht Roll-on-Roll-off-(Ro-Ro)-Schiffe von Maersk angemietet, die auf der Insel Diego Garcia im Indischen Ozean bereitgehalten werden sollen, um von dort Munition und Militärfahrzeuge für einen möglichen Kriegseinsatz im Irak zu transportieren. Maersk war bereits ohne diesen Vertrag mit bislang 25 Schiffen der größte zivile Vertragspartner des Pentagon, was die Bereitstellung von Schiffsraum für das so genannte "Maritim Security Programm" angeht.

      Nach Informationen des schwedischen Rundfunks steht eine weitere Großreederei, die schwedisch-norwegische Wallenius-Wilhelmsen, in Verhandlungen mit dem Pentagon für die Vermietung von Schiffsraum. Hier soll es sich um einige der dreizehn normalerweise für Autotransporte eingesetzte Ro-Ro-Schiffe handeln, deren Decks bereits extra verstärkt worden sind, um auch schwere Lasten wie Panzer transportieren zu können.

      In Dänemark hat die Tatsache, dass der A.P. Møller-Konzern, welchem Maersk gehört, sich derart für einen möglichen Irak-Krieg einspannen lässt, Kritik seitens der Linkssozialisten geweckt. Deren außenpolitischer Sprecher Villy Søvndal: "Es ist zutiefst problematisch, wenn das größte Unternehmen unseres Landes Geschäfte betreibt, die möglicherweise im direkten Gegensatz zu unserer außenpolitischen Linie liegen." Der Friedens- und Konfliktforscher Bjørn Møller sieht eine ähnliche Gefahr, dass Dänemark gegen seinen Willen mehr in einen Irak-Krieg hineingezogen werden könnte, als es offizielle Politik des Landes sei: "Wird Dänemark sich gegen einen solchen Krieg aussprechen, ist es ein großes Problem, wenn Maersk für eine der kriegführenden Parteien Nachschub liefert."

      Für Maersk und andere Reedereien ist das Pentagon-Geschäft vor allem wegen der gezahlten Frachtraten, die nach Einschätzung von Experten drei- bis vierfach über der Normalheuer liegen, interessant. Das scheint auch für die dänische Regierung der Maßstab zu sein, wenn sie sich in keinster Weise in die Kriegsgeschäfte des dänischen Unternehmens einmischen will. Troels Lund Poulsen, außenpolitischer Sprecher der Venstre-Partei von Ministerpräsident Anders Fogh Rasmussen, meinte gar, die Regierung habe Grund, Maersk zu dem guten Geschäft zu gratulieren. "Mit einem dänischen Kriegsengagement hat dies nichts zu tun."
      Avatar
      schrieb am 15.08.02 23:58:06
      Beitrag Nr. 287 ()
      gewinnix. es werden fakten geschaffen...

      die usa geben, so hörte ich eben, jeden tag eine milliarde us-dollar für rüstung aus...

      die einen werden es mit ihrem leben bezahlen, mit ihrer gesundheit und der rest wird für diesen irrsinn ... des Triumphes der humanen Idee, die im Experiment Amerika geboren wurde: daß alle Menschen gleich geschaffen und mit unveräußerlichen Rechten ausgestattet wurden.“ ....


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      schrieb am 16.08.02 10:32:00
      Beitrag Nr. 288 ()
      ...Dann wird das einundzwanzigste Jahrhundert zum Amerikanischen Jahrhundert, und zwar aufgrund des Triumphes der humanen Idee, die im Experiment Amerika geboren wurde: daß alle Menschen gleich geschaffen und mit unveräußerlichen Rechten ausgestattet wurden.“ joshua muravchik


      Ein akzeptiertes Gewaltregime

      Harald Neuber 16.08.2002
      Wenige Tage nach dem Präsidentschaftswechsel in Kolumbien sind neue Militärs an der Macht und Bürgerrechte eingeschränkt, Menschenrechtsaktivisten malen ein düsteres Bild

      Als der neue kolumbianische Präsident nur fünf Tage nach seinem Amtseid zu Beginn der Woche den Ausnahmezustand ausrief, fiel John Walters Kommentar knapp aus. "Im Krieg", sagte der Direktor der Nationalen Drogenkontrollbehörde der USA, "gibt es gewisse Entscheidungen, die nun einmal getroffen werden müssen." Und der Krieg nimmt in Kolumbien in rasantem Tempo zu.


      Die Entscheidung begründete der ehemalige liberale Gouverneur der vom bewaffneten Konflikt zerrütteten Provinz Antioquia mit einer Serie von Sprengstoffanschlägen, die während seiner Amtseinführung am vergangenen Mittwoch die Hauptstadt Bogotá erschütterten. Dabei wurden in einem Armenviertel 21 Menschen getötet. Zu Beginn dieser Woche hatte der kolumbianische Inlandsgeheimdienst Berichte veröffentlicht, nach denen 100 Raketen auf die Hauptstadt abgefeuert werden sollten. Dies sei jedoch von Sicherheitskräften verhindert worden. In beiden Fällen wird die linke Guerilla der Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens (FARC) verantwortlich gemacht. Von der Gruppe ist bisher keine Erklärung eingegangen.

      Es drängt sich der Eindruck auf, dass die Anschläge nur ein Anlass waren, um militärisch massiver gegen die Guerilla vorzugehen. Bereits vor Monaten provozierte der Hardliner Uribe ( "Keinen Schritt zurück" ) aufgeregte Proteste von Menschenrechtsorganisationen, als er die Bewaffnung von einer Million Menschen in einer Art Bürgerwehr gegen die Guerilla der Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens und des Volksbefreiungsheers ( ELN) ankündigte. Nach der Erklärung des Ausnahmezustandes präsentierte der 48-jährige nun eine abgeschwächte Form des Plans: die Million Menschen sollen nicht mehr bewaffnet, aber in ein nationales Netzwerk von Informanten integriert werden. Kolumbien hat gut 42 Millionen Einwohner. Überraschend will Uribe damit nun doch auch Zivilisten in den Kampf gegen die Guerilla einbeziehen.

      Doch ein Schwerpunkt der Anti-Guerilla-Politik Uribes liegt nach wie vor im militärischen Bereich. Justizministerin Martha Lucia Ramirez - erstmals in der Geschichte des Landes eine Frau - kündigte die Einstellung von 100.000 Polizisten an. Für zwei neue Armeebataillone sollen 6.000 Reservisten einberufen werden. Zur Deckung der Mehrkosten hat die Regierung zudem eine neue Steuer von 1,2 Prozent erhoben. Dadurch sollen umgerechnet 800 Millionen Euro zusätzlich in die Staatskasse fließen. Mitte der Woche veröffentlichte die Regierung Armeevideos, die die Bombardierung von Guerillalagern zeigen. Uribe ist auf solche Erfolgsbelege angewiesen, denn die vom ehemaligen Präsidenten Pastrana befohlene Einnahme der über drei Jahre von den FARC kontrollierten Zone im Süden des Landes vor fünf Monaten stellte sich als weniger erfolgreich heraus als erwartet. Seither tritt die Guerilla nicht mehr nur auf dem Land, sondern auch in den Städten in Erscheinung. Beide Seiten benötigen Erfolgsmeldungen und greifen dabei zu immer härteren Mitteln.

      Mit Sorge wird die Entwicklung bei der deutschen Sektion von Amnesty International gesehen, die auch einen offenen Brief an den Präsidenten geschrieben hat. Jörg Lehnert, Kolumbien-Experte bei der Organisation, erklärte am Mittwoch gegenüber der Tageszeitung "junge Welt" , die Menschenrechtsorganisation sehe die Ausrufung des Ausnahmezustandes mit großer Sorge. "Es ist zu befürchten, dass diese Entscheidung den Schutz der Menschen- und Bürgerrechte in Kolumbien weiter schwächen wird", so Lehnert. Zwar sei die Regierung durchaus von einer bewaffneten Opposition bedroht, "allerdings hat sich in der Vergangenheit gezeigt, dass die Übertragung von Sonderrechten an Polizei und Armee oft mit einer Zunahme von Menschenrechtsverletzungen einhergeht."

      In dieser Richtung weist auch die rasche Neubesetzung des Oberkommandos der Armee. Mit Jorge Enrique Mora wurde ein Militär zum Oberkommandeur der Streitkräfte ernannt, dem von Menschenrechtsorganisationen zahlreiche Verwicklungen in Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen werden. "Zynisch" nennt der Kolumbien-Experte und Buch-Autor Raul Zelik die Ernennung des neuen Chefs der Anti-Drogen-Einheiten, Oberst Alfonso Plazas. Der Militär war 1985 verantwortlich für die Erstürmung des von einem Guerillakommando besetzten Justizpalastes, bei der 100 Menschen starben und das Gebäude völlig zerstört wurde. "Den Militärs war die Vernichtung des Justizarchivs damals gelegen gekommen", so Zelik, denn in den achtziger Jahren sei in Hunderten von Fällen gegen hochrangige Offiziere wegen Verbindungen zum Drogenhandel ermittelt worden.

      Im Gespräch mit Telepolis fand Eduardo Careño, Sprecher der Rechtsanwaltvereinigung "José Alvear Restrepo", am Donnerstag klare Worte: "Wir können schon in den ersten Tagen der Präsidentschaft von Alvaro Uribe Vélez in Kolumbien den Beginn einer Legalisierung des Paramilitarismus beobachten", so der Anwalt mit Blick auf die neue Armeeführung. Zudem seien während des Ausnahmezustandes nicht nur die Zivil- und Bürgerrechte eingeschränkt. Verstärkt würden auch Telefone abgehört. Erste Verhandlungen mit den Telefongesellschaften Bellsouth und Comcel über Eingriffe in die Mobilfunknetze haben schon stattgefunden.

      "Besonders beunruhigend aber sind die Sonderrechte für die Sicherheitskräfte", so Careño. Dazu zähle auch die Möglichkeit von Festnahmen auf bloßen Verdacht. Besonders soziale Organisationen, Gewerkschaften und Menschenrechtsaktivisten fürchten nun Repressalien. So gingen bei der Rechtsanwaltsvereinigung Dutzende Morddrohungen ein, nachdem ein nachweislich an Menschenrechtsverletzungen beteiligter Mayor öffentlich kritisiert wurde. In den Drohungen wurde die internationale renommierte Organisation als "juristischer Arm der Guerilla" bezeichnet. Mit der Guerilla werden in Kolumbien unliebsame Mahner schnell in Verbindung gebracht. Die Folgen für die Beschuldigten sind meist tödlich.

      heise.de
      Avatar
      schrieb am 16.08.02 15:13:03
      Beitrag Nr. 289 ()
      Der Irak besitzt definitiv keinerlei Trägersysteme (= Mittelstreckenraketen) und keinerlei Atompotential, den beides ist definitiv bei den vorangegangenen Inspektionen und fortlaufenden Luftangriffen vernichtet worden.

      Im Berich der B- und C-WAffen ist die Lage unklarer.

      Es geht nicht um Internationale Bedrohung durch den Irak, sondern um Öl, Öl und nochmals Öl und um Innenpolitische Probleme von Bush jun.

      Wie Aussenminister Fischer gestern deutlich machte, müsse man " bei Gedanken an Atomare Bedrohung, bei Angst vor Trägersystemen, aber auch bei Unterstützung des internationalen Terrorismus an alle möglichen Länder denken, nicht jedoch an den Irak! "

      Dem ist wohl nichts hinzuzufügen.



      Rice rät zu Angriff auf "bösen Mann"

      US-Sicherheitsberaterin hält es für unvermeidlich, gegen Saddam Hussein vorzugehen

      LONDON/BAGDAD rtr Die USA haben nach Einschätzung der Nationalen Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice keine andere Wahl, als gegen Iraks Präsidenten Saddam Hussein vorzugehen. "Wir können uns sicherlich nicht den Luxus leisten, nichts zu tun", sagte Rice im Sender BBC. Saddam sei zweimal dem Besitz von Atomwaffen näher gekommen, als der Westen gedacht habe. "Dies ist ein böser Mann", sagte sie. Sollte Saddam zudem in den Besitz von Massenvernichtungswaffen gelangen und die Möglichkeit haben, sie abzufeuern, werde er "uns allen verheerenden Schaden zufügen", so Rice.

      US-Präsident George Bush hat einen Militärschlag gegen Irak nicht ausgeschlossen, weil das Land in den Besitz von Massenvernichtungswaffen gelangen wolle. Sein Ziel ist die Entmachtung Saddams. Bush habe aber noch nicht entschieden, wie er vorgehen werde, sagte Rice.

      Die USA fordern, dass Irak die Rückkehr der 1998 abgezogenen UN-Waffeninspektoren ermöglicht. Das Land hatte nach der Niederlage im Golfkrieg 1991 der UNO zugesagt, dass die Inspektoren ungehindert überprüfen können, ob Irak Massenvernichtungswaffen herstellt oder besitzt. Irak erklärte die Kontrollen jedoch für abgeschlossen.

      Unterdessen kündigte Saddam an, für eine weitere Amtszeit anzutreten. Der Kommandorat habe einmütig zugestimmt, teilte die staatliche Agentur INA mit.

      taz Nr. 6828 vom 16.8.2002, Seite 2, 47 Zeilen (Agentur)

      taz muss sein
      Avatar
      schrieb am 16.08.02 15:13:03
      Beitrag Nr. 290 ()
      Der Irak besitzt definitiv keinerlei Trägersysteme (= Mittelstreckenraketen) und keinerlei Atompotential, den beides ist definitiv bei den vorangegangenen Inspektionen und fortlaufenden Luftangriffen vernichtet worden.

      Im Berich der B- und C-WAffen ist die Lage unklarer.

      Es geht nicht um Internationale Bedrohung durch den Irak, sondern um Öl, Öl und nochmals Öl und um Innenpolitische Probleme von Bush jun.

      Wie Aussenminister Fischer gestern deutlich machte, müsse man " bei Gedanken an Atomare Bedrohung, bei Angst vor Trägersystemen, aber auch bei Unterstützung des internationalen Terrorismus an alle möglichen Länder denken, nicht jedoch an den Irak! "

      Dem ist wohl nichts hinzuzufügen.



      Rice rät zu Angriff auf "bösen Mann"

      US-Sicherheitsberaterin hält es für unvermeidlich, gegen Saddam Hussein vorzugehen

      LONDON/BAGDAD rtr Die USA haben nach Einschätzung der Nationalen Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice keine andere Wahl, als gegen Iraks Präsidenten Saddam Hussein vorzugehen. "Wir können uns sicherlich nicht den Luxus leisten, nichts zu tun", sagte Rice im Sender BBC. Saddam sei zweimal dem Besitz von Atomwaffen näher gekommen, als der Westen gedacht habe. "Dies ist ein böser Mann", sagte sie. Sollte Saddam zudem in den Besitz von Massenvernichtungswaffen gelangen und die Möglichkeit haben, sie abzufeuern, werde er "uns allen verheerenden Schaden zufügen", so Rice.

      US-Präsident George Bush hat einen Militärschlag gegen Irak nicht ausgeschlossen, weil das Land in den Besitz von Massenvernichtungswaffen gelangen wolle. Sein Ziel ist die Entmachtung Saddams. Bush habe aber noch nicht entschieden, wie er vorgehen werde, sagte Rice.

      Die USA fordern, dass Irak die Rückkehr der 1998 abgezogenen UN-Waffeninspektoren ermöglicht. Das Land hatte nach der Niederlage im Golfkrieg 1991 der UNO zugesagt, dass die Inspektoren ungehindert überprüfen können, ob Irak Massenvernichtungswaffen herstellt oder besitzt. Irak erklärte die Kontrollen jedoch für abgeschlossen.

      Unterdessen kündigte Saddam an, für eine weitere Amtszeit anzutreten. Der Kommandorat habe einmütig zugestimmt, teilte die staatliche Agentur INA mit.

      taz Nr. 6828 vom 16.8.2002, Seite 2, 47 Zeilen (Agentur)

      taz muss sein
      Avatar
      schrieb am 16.08.02 15:39:57
      Beitrag Nr. 291 ()
      Kolumbien? Kommt da nicht das Speed Für die Kampfflieger her? :laugh:

      BERLIN taz Bei seinem Besuch in Kolumbien hat der Staatssekretär des US-Außenministeriums, Marc Grossman, den kolumbianischen Präsidenten Álvaro Uribe gebeten, die in Kolumbien tätigen US-Militärtrainer vor den Anklagen des Internationalen Gerichtshof zu schützen. Nach Berichten der Washington Post sagte er, dass Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit ihrer Arbeit in Kolumbien auftreten könnten. Diese Forderung ist Teil einer weltweiten Kampagne, die verhindern soll, dass US-Bürger vor dem Internationalen Gerichtshof angeklagt werden können, und die ihnen weitreichende Immunität verschaffen soll.


      @antigone, das mit den Rüstungsausgaben steht in #251 :)


      #289: Hab eine ähnliche Meldung. Allerdings mit folgendem Zusatz

      LONDON / WASHINGTON, 15. August (rtr/afp/ap/dpa). Das US-Außenministerium bereitet nach einem Bericht der Financial Times ein millionenschweres Hilfsprogramm für irakische Flüchtlinge vor. Im Juli habe das Ministerium zahlreiche US-Hilfsorganisationen um konkrete Vorschläge für solche Projekte gebeten. Washington wolle 6,6 Millionen Dollar für diese Programme aufbringen. Mit dem Geld solle die medizinische Betreuung und Versorgung der irakischen Bevölkerung mit Unterkünften und Wasser finanziert sowie die Unterbringung von Flüchtlingen in den Nachbarländern unterstützt werden. Zahlreiche Hilfsorganisationen zögerten allerdings mit einer Antwort, weil sie einem Krieg gegen Irak nicht Vorschub leisten wollten.
      Avatar
      schrieb am 18.08.02 13:54:02
      Beitrag Nr. 292 ()
      Auch dem letzten Naiven muss nun klar werden, wie die USA Ausenpolitik betreiben, die Menschenrechte mit den Füssen tritt. Ölreserven für die Energie-ressourcen verschwendende USA haben absolute Priorität vor solch "lächerlichen" Dingen wie Milionen von Menschenleben:

      ----------------------------------------------------------
      Unterstützte US-Regierung irakische Giftgas-Angriffe?

      Die Hilfe der Amerikaner für Saddam Hussein während des Iran-Irak-Krieges ging offenbar weiter als bisher bekannt. US-Geheimdienstler sollen die Militärs in Bagdad bei der Schlacht-Planung unterstützt haben, obwohl die US-Regierung von Giftgas-Einsätzen der irakischen Armee wusste.


      Saddam Hussein: Regelmäßig über Militärtaktik informiert


      New York - Öffentlich hatte die US-Regierung unter Präsident Ronald Reagan in den achtziger Jahren nur Abscheu für das irakische Regime übrig. Top-Politiker wie Außenminister George Shultz und Militärs wie der heutige Außenminister Colin Powell verdammten die Giftgaseinsätze von Saddam Hussein, besonders nach den verheerenden Angriffen auf die Kurden im März 1988 mit Senfgas und Sarin. Wenn Präsident Bush und seine Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice nach Gründen für eine Invasion des Iraks suchen, verweisen sie immer wieder auf die mörderischen Angriffe des Diktators in Bagdad.
      Doch hinter den Kulissen, so schreibt die New York Times in ihrer Sonntags-Ausgabe, hätten die Amerikaner die irakischen Militärs heimlich in ihrem Kampf gegen den Iran unterstützt. Die US-Geheimdienste hätten die Militärs nicht nur, wie schon bekannt, mit Satellitenbildern von der iranischen Front versorgt, sondern auch bei der Planung entscheidender Schlachten beraten.

      Pläne für Luftschläge ausgearbeitet


      Sollte sich der Bericht bestätigen, wäre er ein weiterer Beleg dafür, wie die Amerikaner in Zeiten nationaler Bedrohung ihre Interessen ohne Rücksicht auf internationales Recht und Menschenrechte durchfechten.
      Außenminister Powell ließ gegenüber der New York Times indes verlauten, die Beschreibung des Geheimprogramms sei "dead wrong" - "total daneben".

      Doch mehrere inzwischen pensionierte Militärs und Geheimdienstoffiziere stützen offenbar die Angaben. Danach sollen mehr als 60 Mitarbeiter des Geheimdienstes Defense Intelligence Agency (DIA) die irakischen Militärs heimlich mit detaillierten Angaben über Aufmarschpläne der Iraner versorgt und sie bei der Planung von Schlachten und Luftschlägen beraten haben. Die Iraker hätten dabei die Amerikaner regelmäßig über ihre Militärtaktik informiert, ohne allerdings den Einsatz von Giftgas zuzugeben.

      Doch US-Geheimdienstler und Militärs, so schreibt die New York Times, hätten bereits von irakischen Giftgas-Einsätzen gewusst - unter anderem durch Besichtigungen der Front. Dennoch hätten die Amerikaner ihre Geheimdienstoperation fortgesetzt und in Kauf genommen, dass die Iraker auch bei den mit US-Hilfe geplanten Militärschlägen Giftgas eingesetzt hätten.




      Das Pentagon sei nicht so furchtbar entsetzt über die Giftgaseinsätze gewesen, zitiert die Times einen der Veteranen: "Es war schlicht eine andere Methode, Menschen umzubringen - ob nun mit einer Kugel oder mit Phosgen machte da keinen Unterschied."

      Ein Sieg des Irak erschien den USA in den achtziger Jahren lebenswichtig.
      Sowohl die US-Alliierten wie Saudi Arabien als auch die Berater des Präsidenten fürchteten ein Übergreifen der iranischen Revolution auf den gesamten arabischen Raum - und damit die Ölquellen der westlichen Welt.
      Das Mullah-Regime in Teheran gehörte besonders nach der Besetzung der US-Botschaft zu den Todfeinden der Vereinigten Staaten. Innerhalb der Regierung gab es deshalb heftige Diskussionen über den Umgang mit den irakischen Gaseinsätzen. Öffentlich allerdings hatte die US-Führung die irakischen Giftgaseinsätze immer verdammt.


      Spiegel-online
      Avatar
      schrieb am 18.08.02 13:59:24
      Beitrag Nr. 293 ()
      SPIEGEL ONLINE - 16. August 2002, 15:27
      URL: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,209660,00.html



      Irak-Politik

      Bush verliert Gefolgschaft von Teilen seiner Partei

      Unruhe unter Amerikas Republikanern. Führende US-Politiker gehen auf Distanz zu den Irak-Angriffsplänen von Präsident George W. Bush.



      New York - Zu den parteiinternen Widersachern zählen der ehemalige Außenminister Henry A Kissinger und Brent Scowcroft, einst Sicherheitsberater unter dem Vater des jetzigen Präsidenten, George Bush, der bereits einmal gegen Saddam Hussein antrat. Sie befürworten zwar eine Entmachung, warnen aber davor, dass George W. Bush einen Weg wählen könnte, "der Alliierte der Amerikaner befremdet und den Nahen Osten zu destabilisieren droht", berichtet die "New York Times". Dadurch könnten langfristige amerikanische Interessen beeinträchtigt werden, mahnen die Präsidenten-Kritiker.

      Kissinger warnte in der "Washington Post", dass die US-Politik danach beurteilt werde, wie sie die Nachwirkungen eines Militäreinsatzes gegen den Irak handhabe. Damit vertritt er die Position von US-Außenminister Colin Powell, der sich zunehmend von den Falken in der Bush-Administration distanziert.

      Powell selbst hob dieser Tage hervor, dass international viel eindringlicher debattiert werden müsse, wie dem Irak nach Saddam Hussein zu helfen sei, um dort einen funktionierende Demokratie aufzubauen und zu stabilisieren. Bevor dies nicht durchdacht werde, "sollte man nicht beginnen", wird ein hoher Beamter Powells zitiert.

      Im "Wall Street Journal" kritisiert Scowcroft, bisher Befürworter der Koalition gegen den Irak, dass ein Angriff auf das diktatorisch regierte Land zum gegenwärtigen Zeitpunkt die bisherige Koalition gegen den Terrorismus "gefährden, wenn nicht gar zerstören" könne. Ein Krieg könne den Irak provozieren, mit chemischen oder biologischen Waffen einen Krieg zwischen Israel und der arabischen Welt auszulösen, warnt Scowcraft.

      Auch der kurzzeitige Außenminister unter George Bush senior, Lawrence Eagleburger, mahnte im Sender ABC, solange Saddam Hussein seine Hand am Auslöser für Massenvernichtungswaffen habe, "weiß ich nicht, was wir dort sollen, wenn alle unsere Verbündeten dagegen sind".
      Avatar
      schrieb am 18.08.02 14:00:33
      Beitrag Nr. 294 ()
      SPIEGEL ONLINE - 12. August 2002, 21:27
      URL: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,209226,00.html


      Militärschlag gegen Irak

      Europa distanziert sich von Bushs Plänen

      Die internationale Kritik an einem möglichen Angriff auf Irak wächst. Vor allem in Europa gibt es kaum Rückhalt für die Kriegs-Pläne von Präsident Bush. Nach Bundeskanzler Schröder und Frankreichs Staatspräsident Chirac haben sich jetzt auch die Regierungen Schwedens und Spaniens von Bushs Weg distanziert.


      Malmö/Madrid - Die schwedische Regierung spricht den USA das Recht auf einen eigenständigen militärischen Angriff gegen den Irak ab. Außenministerin Anna Lindh sagte am Montag in Malmö: "Die Vereinigten Staaten haben nicht das Recht, einen Angriff auf den Irak selbst in Gang zu setzen. In diesem Punkt sind wir glasklar." Lindh, die sich als erstes Mitglied der sozialdemokratischen Regierung Schwedens in der internationalen Irak-Debatte äußerte, meinte weiter: "Auch wenn wir Saddam Hussein ausgesprochen kritisch gegenüberstehen, würde ein einseitiger amerikanischer Angriff die Lage nur verschlimmern. Er könnte zu einer Schwächung der Uno und der globalen Allianz gegen den Terrorismus führen."

      Für den Fall eines Uno-Mandats wollte die Ministerin allerdings eine Beteiligung an Militäraktionen gegen den Irak nicht ausschließen. Sie sagte: "Die Uno verhandelt mit dem irakischen Regime, das eine Inspektion der denkbaren Produktion von chemischen und biologischen Waffen respektieren soll. Da wäre es gefährlich, von vornherein zu versprechen, dass man niemals Gewalt anwenden würde."

      Die spanische Regierung hält sich in der internationalen Debatte um einen möglichen Irak-Krieg stark zurück. Der konservative Ministerpräsident José María Aznar hat sich bisher weder für einen Angriff ausgesprochen noch größere Bedenken geäußert.

      Der spanische Außenministerin Ana Palacio plädierte am Montag dafür, dass die Vereinten Nationen die Entscheidung treffen sollen: "Spanien hat schon immer auf die Uno gesetzt, und dies ist auch jetzt unsere Haltung." Diese Position werde sie auch am Dienstag bei einem Treffen mit US-Außenminister Colin Powell in Washington vertreten.

      Laut einer Umfrage in Frankreich ist die dortige Bevölkerung eindeutig gegen einen Krieg gegen den Irak. Drei Viertel der Bürger sprechen sich gegen eine Intervention aus, wobei es für sie keinen Unterschied macht, ob der US-Präsident allein gegen Bagdad vorginge oder eigene Truppen an einer von den Uno geführten Irak-Intervention teilnehmen sollten.

      Auch in Großbritannien hat sich eine Mehrheit laut Umfrageergebnis gegen einen Angriff ausgesprochen. Nur jeder Fünfte vertritt dort die Ansicht, dass die Briten die USA militärisch unterstützen sollten. 32 Prozent der Befragten wollen, dass sich ihr Land im Falle eines Krieges darauf beschränkt, den USA diplomatisch Rückendeckung zu geben.
      Avatar
      schrieb am 18.08.02 14:17:09
      Beitrag Nr. 295 ()
      Ein schönes beispiel für die Achtung der US-Amerikaner vor fremden Ländern und die überhöhte Selbstwahrnehmung der USA:



      ------------------------------------------------------------
      SPIEGEL ONLINE - 17. August 2002, 8:07
      URL: http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,209895,00.html


      Werbe-Absurditäten

      Coca-Cola färbt den Himalaja rot

      Die Brause-Abfüller Coca-Cola und Pepsi sind in einem Streit um absonderliche Werbepraktiken vor das indische Verfassungsgericht zitiert worden. Ausgerechnet im Himalaja-Gebirge sollen sie überdimensionierte Firmenlogos direkt auf den nackten Fels gemalt haben.


      Umstrittenes Coke-Werbegemälde nahe der Ortschaft Rohtang: Der Staatswalt ermittelt, der Konzernsprecher windet sich


      Neu Delhi - Die indischen Ableger der amerikanischen Konzerne werden einiges zu erklären haben. Zwischen dem Ort Kothi und den Wasserfällen von Beas Kund sind einem Bericht der "Times of India" zufolge ganze Bergwände vollständig verunstaltet. 56 Kilometer lang sei die Straße in der Provinz Himachal Pradesh, an der entlang sich offenbar ein Cola-Logo nach dem anderen findet. Die Werbung sei direkt mit Farbe auf den Stein gemalt worden, heißt es.


      Das Oberste Gericht in Neu Delhi ist offenbar alles andere als amüsiert. Die Richter B. N. Kirpal, K.G. Balakrishan und Arijit Pasayat jedenfalls haben den Konzernen eine Vorladung geschickt. Schon jetzt bemühen sich beide um Schadensbegrenzung. Sunil Gupta, Sprecher von Coca-Cola Indien, beteuerte gegenüber dem "BBC World Business Report", sein Unternehmen habe keine Kontrolle über die Bergbesudelung.

      Dem Waldministerium den Fehdehandschuh hingeworfen

      Die Werberegularien des Konzerns seien eigentlich sehr strikt, Anzeigenmotive dürften sich nur in der Nähe eines Geschäftes finden, das Coca-Cola verkauft - und auch dort nur an Gebäudewänden und innerhalb von Läden. Die Werbegemälde im Hochgebirge seien offenbar in Auftrag von lokalen, unabhängigen Franchise-Nehmern des Unternehmens angefertigt worden. Er wisse noch nicht, wie viele Gemälde es gebe und wie groß sie seien. Man werde das Ausmaß der Verunstaltung an Hand von Fotografien studieren und dann entscheiden, ob Coca-Cola für die Reinigung der Berge aufkomme.

      Gegengemälde des Konkurrenten Pepsi: Werbeduell im Hochgebirge?


      Umweltschützer wissen derweil nicht, was sie schlimmer finden sollen: Die Farbe an den Bergen oder die Aussicht, dass Reinigungstrupps mit literweise Farbentferner anrücken könnten. Die Region in Himachal Pradesh ist streng geschützt, weil sie als sensibles Ökosystem gilt, in dem seltene Mikroorganismen und Moosarten vorkommen. Diese Moose, so der Staatsanwalt, seien nun zerstört worden.

      Der geschändete Gipfel

      Zugleich haben sich die Werbe-Übeltäter direkt mit den Obrigkeiten angelegt. Die gesamte Region, so die "Times of India", gehört dem staatlichen Waldministerium, ihr Erhalt wird durch das Indischen Waldgesetz und das Waldschutzgesetz geregelt. Jeglicher Eingriff in die Umwelt dieser Gegend müsse zuvor von der Bundesregierung genehmigt werden.

      So könnte sich die Werbeaktion, wer auch immer sie verschuldet hat, zum PR-Fiasko für die Limonaden-Multis auswachsen. Der Staatsanwalt sprach vor dem Gericht schon dramatisch von "Vergewaltigung in den Bergen".
      Avatar
      schrieb am 18.08.02 17:02:25
      Beitrag Nr. 296 ()
      Die Äusserung einer eigenen Meinung durch die Bundesregierung geht nun wirklich zu weit... :laugh:

      Dagegen muss die US-Regierung verschärft vorgehen:


      Ob bald die ersten Pläne "Enduring Free germany" auftauchen???
      Schließlich sind wir jetzt gemäß der Bush-Doktrin "Wer nicht für uns ist, ist unser Feind" vogelfrei.... :D



      USA murren über deutsche Irak-Position



      US-Präsident Bush ist offenbar überhaupt nicht erbaut über Gerhard Schröders ablehnende Haltung zu einem Irak-Angriff. „New York Times“ berichtete am Samstag, der US-Botschafter in Berlin, Dan Coates, sei diese Woche zu Besuch im Kanzleramt gewesen, um offiziell ihr Missfallen :eek: über die Haltung der deutschen Bundesregierung zu einem möglichen Krieg gegen Irak auszudrücken. Schröder hatte vor einem möglichen Waffengang gegen Irak gewarnt und erklärt, Deutschland werde sich nicht auf „Abenteuer“ einlassen und seinen eigenen Weg gehen.

      Wie die Zeitung unter Berufung auf US-Regierungskreise weiter schrieb, hat Coats aber nicht direkt mit Schröder gesprochen, um die Sache nicht zu hoch zu hängen. Die Zeitung zitierte ferner einen hochrangigen Mitarbeiter der US-Regierung, wonach Washington empört :laugh: über den Vorwurf sei, es bespreche sich nicht mit seinen Verbündeten.

      17.08.02, 19:17 Uhr focus.de
      Avatar
      schrieb am 18.08.02 17:03:37
      Beitrag Nr. 297 ()
      Amerikas Kriegsrhetorik bedarf keiner Beweise
      Dass der Feldzug gegen den Irak vermieden werden könnte oder sollte, scheint in den USA niemand mehr zu glauben

      Von Uwe Schmitt

      Washington - Wenn Kriegsrhetorik als Temperaturfühler der Nähe zum Beginn der Kampfhandlungen dienen kann, scheinen Saddam Hussein und seine Todfeinde in der Opposition gleichermaßen heiß auf Aktion zu sein. Der Diktator verheißt den "Mächten des Bösen" (ein kleiner Scherz für den Erfinder der bösen Achse) eine schmachvolle Niederlage, falls sie den Irak angreifen; die Exilanten versprechen ein Kinderspiel und den sicheren Blitzsieg über einen angeblich allseits verhassten Diktator.

      Lauwarm bis kühl sind die kriegsrhetorischen Messungen, wenn George W. Bush dieser Tage vom Irak spricht. Es ist, als habe er unendlich viel Zeit, als spare er sich seine Worte für Monate, vielleicht Jahre vor der Invasion. "Wir sind es unseren Kindern schuldig", Saddam zu stürzen, mit "Geduld und Besonnenheit"? Mag sein, aber noch hat der US-Präsident versäumt, die Eltern dieser Kinder für seine persönliche "fatwa" gegen den Diktator zu gewinnen. Saddams Massenvernichtungswaffen, die offene Rechnung des Feldzugs von 1991, der Attentatsversuch gegen seinen Vater in Saudi-Arabien nach dem Golfkrieg wurden angeführt, einen auch privaten Hass des Präsidenten zu erklären.

      George Bush, der Jüngere, ist beseelt davon, dass Saddam von Grund auf böse ist. Daran würde, wie Dick Cheney klarstellte, auch eine Rückkehr und unbehinderte Arbeit der UN-Waffeninspektoren im Irak nichts ändern. Kurz: der Krieg Amerikas ist beschlossen und deshalb nicht mehr der Rede des Präsidenten wert.

      Es versteht sich, dass die rhetorische Kriegsvorbereitung der Regierung mit verteilten Rollen betrieben und je nach innenpolitischer Tagesform gewichtet wird. Für die farblose Variante von Leugnen und Dementi ("Der Präsident hat nicht entschieden... alles darüber hinaus ist nur Spekulation über Hypothetisches...) sind die Regierungssprecher Ari Fleischer oder, wie jetzt im Urlaubsmonat August, Scott McClellan zuständig. Der zum Entertainer des Kabinetts aufgestiegene Verteidigungsminister Donald Rumsfeld darf dagegen seinen lebensgehärteten Sarkasmus und Pointen aufbieten, die Saddam mit Neid erfüllen müssten.

      Rumsfeld weiß einfach, dass Saddam seine Arsenale und Labors tief in der Erde versteckt hält oder auf mobilen Trailern in Bewegung hält. Beweise? Saddam muss nach Rumsfelds Überzeugung das Gegenteil beweisen. UN-Inspektionen? Sie werden nichts finden, meint Rumsfeld: Was nicht beweist, dass da nichts ist, sondern nur, wie gut die Waffen verborgen sind. Wer, außer Saddam, könnte Rumsfeld widerlegen?

      In dieselbe fröhliche, von keiner Beweislast beschwerte Richtung äußert sich gerne Trent Lott, bis vor einem Jahr der Mehrheitsführer der Republikaner im Senat. Für den Mann aus Mississippi ist einfach klar, "dass Al-Qaida-Elemente im Irak sind und dass das mehr als genug Rechtfertigung für einen Einmarsch ist." Lott will damit die vom Kongress am 14. September gewährte Vollmacht für Bush, den "Krieg gegen den Terrorismus" zu führen, umstandslos auf eine Irak-Invasion übertragen.

      Diese mag im Pentagon und unter Kabinettsmitgliedern heftig umstritten sein, fast alle namhaften Senatoren fühlen sich jedoch genötigt, wenigstens rhetorisch ihre Angriffslust zu belegen. Der eine will die Invasion sofort, ohne UN-Sicherheitsratsbeschluss, allein, mit Special Forces im Verbund mit den Kurden; der andere will die europäischen Aliierten gewinnen, womöglich noch arabische Dulder und eine überwältigende Streitmacht ins Feld führen. Nur dass der Krieg vermieden werden könnte oder sollte, scheint niemand mehr zu glauben.

      Niemand außer Dick Armey, dem republikanischen Fraktionsführer im US-Repräsentantenhaus. "Ich glaube nicht, dass Amerika ohne Provokation einen Angriff auf eine andere Nation rechtfertigen könnte", erkläre Armey verdutzten Reportern, "es stünde nicht im Einklang mit dem, was wir als Nation gewesen sind oder sein sollten." So lange Saddam, "so abscheulich oder lächerlich der Mann sein mag", innerhalb seiner Grenzen handele und keine Nachbarn bedrohe, sei kein Kriegsgrund gegeben.

      Was der Texaner, der in diesem Jahr aus dem US-Unterhaus ausscheiden wird, seinem Freund George W. Bush mitteilen wollte, spiegelt offenbar doch mehr Unbehagen im Kongress als bisher vermutet. Szenarien von blutigen Straßenkämpfen in Bagdad, vom Einsatz biochemischer Waffen gegen GIs geistern umher, und die UN-Waffeninspektionen bedeuten kaum noch etwas. Dick Armey: "Was würden wir machen, wenn die Franzosen plötzlich amerikanische Militäranlagen inspizieren wollten?"

      Welche Kriegsrhetorik, die zweifelnde oder hurra-patriotische, Amerikas Wählern einleuchtet, wird noch nicht deutlich. Umfragen zur Irak-Invasion schwanken je nach Suggestivität der Fragen, etwa ihrer Verbindung zum "Krieg gegen den Terrorismus". Die "methodische, halb-öffentliche Vorbereitung für einen massiven Militärschlag", wie der Kolumnist George Will die historisch beispiellose Kampagne nennt, geht weiter.



      Etwas Hoffnung, vielleicht


      Powell gegen die Polterer
      Der US-Außenminister bevorzugt eine Politik mit Nuancen – und fordert so den Präsidenten heraus

      Von Stefan Kornelius

      Die Powell-Doktrin ist nach dem ehemaligen Oberkommandierenden der US-Streitkräfte benannt und bezieht ihre Weisheit aus den gegensätzlichen Erfahrungen im Vietnam- und im Golfkrieg. Sie heißt: Mische dich nicht in ausländische Konflikte ein, außer sie sind von immenser Bedeutung für die amerikanischen Interessen; und wenn du dich einmischst, dann nur mit voller Unterstützung der Öffentlichkeit zuhause und mit voller Feuerkraft.

      Der Oberkommandierende Powell ist inzwischen Außenminister der USA und hat in dieser Rolle festgestellt, dass in der Politik ein paar Graustufen mehr notwendig sind, wenn man sich um das Verhältnis zwischen Staaten kümmert. Er steht damit im Widerspruch zu seinem Dienstvorgesetzten, dem amerikanischen Präsidenten, der die direkte Sprache liebt und dafür viel Applaus erhält in den USA. So heftig ist dieser Widerspruch, dass es in Washington schon seit Wochen zum üblichen Klatsch gehört, Prognosen über die verbleibende Amtszeit für Powell abzugeben. Powell sah sich genötigt, im kleinen Kreis Rücktrittsabsichten zu dementieren, was wiederum prompt seinen Weg finden sollte in die Zeitungen.

      Nun zeigt Powell, dass er über Durchhaltequalitäten verfügt: In Indien und Pakistan verhandelt er mit großer Liebe zum Detail zwischen zwei Kriegsparteien, die nichts lieber sähen, als dass sich die Schutzmacht Amerika für einen der beiden Kampfhähne entscheiden würde. Dann lädt er überraschend eine Delegation aus der palästinensischen Autonomiebehörde zu Gesprächen nach Washington ein und konterkariert damit den Präsidenten, der zuletzt auf dem G- 8-Gipfel in Kanada eine Philippika losließ für moralische Klarheit und Härte gegenüber den Palästinensern, auf dass deren Führer Arafat in der politischen Versenkung verschwinden möge.

      Die Botschaft Powells richtet sich an alle in Washington, die Außenpolitik mit der Axt betreiben wollen. Wenige Wochen, bevor Bush seine Isolations-Theorie über Arafat in die Welt setzte, ließ sich Powell mit dem Satz zitieren: „Wie kann man ihn (Arafat) ignorieren? Wenn Sie sagen, er sei nicht da, aber er ist dennoch da – dann erreicht man doch nichts. Man steht nur herum, macht nichts, und wir können uns das nicht erlauben.“

      Nun stellt sich die Frage, wie lange sich der Außenminister noch den eigenwilligen Kurs erlauben kann. Powell revidiert behutsam die Arafat- Direktive des Präsidenten, er verhandelt statt zu fordern, er bevorzugt die Zwischentöne. Ganz grundsätzlich steht er für eine Politik der Einbindung Amerikas, der Abstimmung mit den Verbündeten. Er folgt damit der Tradition der amerikanischen Außenpolitik, die immer um größtmögliche Gefolgschaft bemüht war und nicht den Anspruch erhebt, dass moralische Klarheit nach amerikanischem Geschmack auch für die übrige Welt gelten muss. Noch ist Powells Eigenwilligkeit seine Stärke, weil sie den Präsidenten vor sich selbst schützt. Fraglich ist, wie lange sich Bush noch für schutzbedürftig hält.


      Hallo GB, Europa führt einen Umweltkrieg! Weiß eure Führung schon davon?



      Schließlich noch eine Meldung, die keinen mehr schockieren sollte:

      Schützenhilfe im Hause Bush
      Nach dem Wahlskandal von Florida hilft der Präsident nun seinem Bruder

      Von Heiko Roloff
      New York - Viele Demokraten behaupten auch heute noch, dass Bill Clinton der letzte gewählte Präsident der USA ist. Sie beharren darauf, dass der Wahlsieg von George W. Bush nur durch eine falsche Stimmauszählung in Florida möglich war. Nun müssen sie ohnmächtig zusehen, wie Bush sich bei seinem Bruder Jeb revanchiert, damit der bei den Kongresswahlen im November Gouverneur des Sunshine-Staates bleibt.

      Der 49-jährige Jeb Bush macht kein Geheimnis daraus, dass er einen starken Verbündeten hat. Als es im Juni darum ging, ein von der Bundesregierung finanziertes Medikamente-Programm für Floridas Pensionäre zu verlängern, sagte er offen: "Ich kenne jemand, der in Washington viel Einfluss hat..." Sein großer Bruder enttäuschte ihn nicht. Washington versprach umgehend, das Programm zu verlängern. Gut für den "kleinen Bush", denn der Anteil älterer Menschen ist in dem Pensionärs-Paradies Florida höher als in jedem anderen US-Staat. Sie allein können eine Wahl entscheiden.

      Zehnmal war der Präsident seit seiner Amtseinführung schon in Florida. Keinen anderen Staat (abgesehen von seiner Heimat Texas) besuchte er so oft. Mindestens einmal pro Woche telefonieren die Brüder miteinander. Für seinen sechs Jahre jüngeren Bruder legt George W. auch schon einmal eine politische Kehrtwende hin. So hatte der Präsident und ehemalige Öl-Manager sich ursprünglich für Ölbohrungen in dem Naturparadies Alaska und auch in Florida eingesetzt. Dort löste der Plan allgemein Empörung aus. Das Thema schien ideal für Jeb Bushs demokratische Herausforderin, Ex-Justizministerin Janet Reno. Doch der Bush-Clan (als Strippenzieher im Hintergrund gelten nach wie vor Vater Bush und seine Frau Barbara) reagierte. Bereits im vergangenen Sommer nahm der Präsident knapp zwei Millionen Hektar im Golf von Mexiko vom Markt, die für Öl- und Gasbohrungen freigegeben werden sollten. Nun kaufte er bereits vergebene Bohrrechte in den Everglades und vor den Stränden von Pensacola für 235 Millionen Dollar zurück. Umweltschützer begrüßten den Schritt. Die Demokraten waren gelähmt.

      Mo Elleithee, Wahl-Managerin von Janet Reno: "Die Menschen hier wissen, dass Jeb Bush weder etwas für die Umwelt noch etwas für das Bildungssystem getan hat. Ich glaube, dass sie die Kampagne der Bushs durchschauen." Den Demokraten bleibt zudem die Hoffnung, dass die jüngsten Wirtschaftsskandale, die schwachen Börsen, die drohende "Double-Dip"-Rezession und die erfolglose Jagd auf Osama bin Laden das Image der Bush-Brüder schädigen. Lag George Bushs Beliebtheitsrate nach dem Anschlag auf das World Trade Center noch bei 90 Prozent, ist sie inzwischen auf 60 Prozent gesunken. Dies könnte sich auf für Jeb rächen.
      Avatar
      schrieb am 18.08.02 17:21:58
      Beitrag Nr. 298 ()
      @D.T., so schrieb der Spiegel http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,209965,00.html


      Wendig
      Neuerdings halten auch die Christsozialen einen Militärschlag gegen Irak für ein Abenteuer - eine derartige Sicht der Dinge war bislang der anderen Seite vorbehalten

      Von Axel von Vornbäumen

      Nicht, dass Michael Glos in der Vergangenheit als ausgewiesener Experte in Sachen Außenpolitik aufgefallen wäre. Der zum rhetorischen Holzschnitt neigende Franke ist allzu sehr Generalist, als dass er sein politisches Leben mit dem dazu nötigen Detailwissen belasten würde. Glos tickt anders. Was er gut kann? Er kann gut die Welt aufteilen: in Freund und Feind, in wir und die, in aufrechte Christenmenschen und windige Sozis. Das macht ihn zum wichtigen Taktgeber für den Kanzlerkandidaten, seinen Parteifreund Edmund Stoiber.

      Bei seinem neuesten Coup ist Glos nun dem für die Sicherheitspolitik in Stoibers "Kompetenzteam" eigentlich zuständigen Wolfgang Schäuble krachend in die Parade gefahren. Schäubles routiniert gegen den Kanzler aufgebautes Argumentationsgebäude - es liegt in Trümmern. Neuerdings halten auch die Christsozialen einen Militärschlag gegen Irak für ein Abenteuer, Edmund Stoiber inklusive. Eine derartige Sicht der Dinge, siehe oben, war bislang der anderen Seite vorbehalten.

      Bilanz eines 180-Grad-Schwenks: Entweder kann es mit dem Vertrauen in die Kompetenz von Schäuble nicht so weit her sein - oder, was nahe liegt, die Überzeugung des Kanzlerkandidaten orientiert sich bei Bedarf an anderen Maßstäben. Stoiber hat sich für die Populismus-Variante entschieden, nach dem Motto: Was stört mich Schäubles Geschwätz von gestern. Wenn man nicht wüsste, dass der Kandidat sein Kompetenzteam ohnehin nur aus Showgründen zusammengestellt hat, man müsste sich glatt um die Standfestigkeit der Union Sorgen machen.


      Bin auch Franke. Prima Michael!
      Wählen tu ich dich deshalb aber nicht. :laugh:
      Avatar
      schrieb am 18.08.02 23:46:13
      Beitrag Nr. 299 ()
      .

      Die nächste zeit könnte ziemlich spannend werden.... :D
      Da hat George "Analphabet" Bush wohl bei seinen Drohungen gegenüber Saudi Arabien nicht so richtig nachgedacht.....


      Saudis: Angst um ihr Geld

      Saudische Investoren stellen wegen Schadenersatzklage US-Investitionen von 700 Milliarden Dollar in Frage


      RIAD dpa Saudische Investoren und institutionelle Anleger befürchten, dass ihr Geld in den USA wegen der Klage von mehr als 600 Angehörigen von Opfern der Terroranschläge des 11. September konfisziert werden könnte. Wie die saudische Tageszeitung Al-Watan am Sonntag berichtete, haben saudische Anleger insgesamt rund 700 Milliarden Dollar in den USA investiert. Die Vorsitzenden zweier großer Investmenthäuser forderten die Anleger nun auf, ihr Vermögen aus den USA abzuziehen, falls der US-Richter die Klage annehmen sollte.

      Die Angehörigen der Terroropfer hatten am vergangenen Donnerstag bei einem Gericht in Washington eine Klage gegen Ussama Bin Ladens Familie, drei saudi-arabische Prinzen, die Regierung des Sudan, Banken und islamische Gruppen wegen Beihilfe zu den Anschlägen eingereicht. Sie verlangen Wiedergutmachung im Umfang von mehr als 365 Milliarden Dollar.

      taz Nr. 6830 vom 19.8.2002, Seite 2, 33 Zeilen (Agentur)

      taz muss sein
      Avatar
      schrieb am 18.08.02 23:57:18
      Beitrag Nr. 300 ()
      Kritik an George Bushs Irakplänen

      In den USA wenden sich mehrere prominente Republikaner gegen die Kriegsvorbereitungen des Präsidenten. Doch mit
      der Debatte in Westeuropa ist das nicht zu vergleichen. Die Regierung in Washington ist vor allem sauer über Schröder


      von ERIC CHAUVISTRÉ

      "Ich höre sehr aufmerksam auf das, was sie zu sagen haben." Ignorieren wollte Präsident George W. Bush die sanfte Kritik an seinen Irakplänen nicht, die Ende letzter Woche prominente Außenpolitiker aus den eigenen Reihen öffentlich ausgesprochen hatten. Seine Entscheidung werde sich aber danach richten, wie die USA sowie ihre "Freunde und Verbündeten" am besten geschützt werden könnten.

      Besonders die Kritik von Brent Scowcroft dürfte den Präsidenten zu der Reaktion genötigt haben. Denn Scowcroft diente Vater Bush als Nationaler Sicherheitsberater und stellte in dieser Funktion 1991 die Koalition für den Krieg gegen den Irak zusammen. "Ein Angriff auf Irak zu diesem Zeitpunkt würde den weltweiten Antiterrorfeldzug ernsthaft gefährden, wenn nicht zerstören", warnte jetzt Scowcroft, der weiterhin als ein enger Vertrauter des Bush-Clans gilt.

      Scowcroft gehörte 1991 zu denjenigen im Kriegskabinett, die sich nach einem Sieg über den Irak gegen einen Marsch auf Bagdad und die Absetzung Saddam Husseins einsetzten. Überrascht von Scowcrofts Einschätzung dürfte deshalb zwischen Weißem Haus und Pentagon niemand gewesen sein.

      Bush überließ es dem einflussreichen militärpolitischen Berater der Regierung, Richard Pearle, seine republikanischen Kritiker zurechtzuweisen. "Würde der Präsident, nachdem, was er gesagt hat, sich Saddam nicht vornehmen," so Pearle, "würde dies das Vertrauen in den Präsidenten erschüttern und damit einen Rückschritt im Krieg gegen den Terrorismus bedeuten."

      Trotz der kritischen Äußerungen wird die Grundlinie der Politik Bushs gegenüber Irak aber weiterhin weder von Republikanern noch von den Demokraten in Frage gestellt. "Es gibt nichts, was im Entferntesten an eine Diskussion heranreicht, wie sie in Großbritannien oder in Deutschland existiert", meinte John Pike, Direktor des Washingtoner Forschungsinstituts Globalsecurity.org im Gespräch mit der taz. Allerdings könnte sich die Bush-Regierung nun genötigt sehen, die Gründe für einen Angriff auf Irak besser zu verkaufen. Bislang sei der Präsident davon ausgegangen, dass ein erwarteter schneller Sieg als Rechtfertigung ausreiche.

      Dass seine Regierung von schärferer Kritik an ihren Plänen nichts hält, zeigte sich auch an der Reaktion auf die Ankündigung von Bundeskanzler Gerhard Schröder, Deutschland werden sich nicht an einem Irakkrieg beteiligen. Das US-Außenministerium hatte in der letzten Woche seinen Botschafter Daniel R. Coats ins Kanzleramt geschickt, um dort Unmut kundzutun - laut New York Times in außergewöhnlich scharfer Form.

      Die harsche Reaktion könnte darauf verweisen, dass die Kriegsvorbereitungen schon weiter fortgeschritten sind als gedacht. Statt erst im Frühjahr nächsten Jahres wäre nach Auffassung Pikes ein Angriff auf Irak auch schon kurz nach den Kongresswahlen möglich und nicht unwahrscheinlich. Denn bis November werden die USA fünf Flugzeugträger in der Region stationiert haben, die Waffenarsenale des US-Militärs werden bis dahin aufgefüllt sein, und es wird bereits kühl genug sein in der Region, um einen Krieg auch in Chemiewaffenschutzanzügen führen zu können.


      Auch das leise Rumoren in den eigenen Reihen könnte Bush veranlassen, eher früher als später den Befehl für einen Angriff auf den Irak zu geben. "Noch werden die USA von einer Psychologie des Krieges beherrscht, verursacht durch den 11. September", so Pike. Wenn Bush diese Stimmung nicht nutzen kann, so müssen die Befürworter eines Angriffs auf Irak kalkulieren, dann werden sie gar keine Chance mehr haben, ihre Kriegspläne in absehbarer Zeit umzusetzen.

      taz Nr. 6830 vom 19.8.2002, Seite 11, 123 Zeilen (TAZ-Bericht), ERIC CHAUVISTRÉ

      taz muss sein
      Avatar
      schrieb am 19.08.02 04:57:08
      Beitrag Nr. 301 ()
      Ein Irak-Leitfaden Brzezinskis für Bush

      Ex-Sicherheitsberater rät zu neuen Uno-Inspektionen
      In der amerikanischen Diskussion über die Irak-Frage wird Präsident Bush derzeit mit Ratschlägen überhäuft. Nach Ansicht des früheren Sicherheitsberaters Brzezinski müssen die USA vor einem Krieg zuerst wichtige diplomatische Voraussetzungen schaffen.



      A. R. Washington, 18. August

      In die amerikanische Debatte über das richtige Vorgehen gegenüber dem Irak hat sich am Wochenende eine weitere gewichtige Stimme eingeschaltet: In einem Beitrag für die «Washington Post» legt Zbigniew Brzezinski, der Sicherheitsberater der Ära Carter, ausführlich dar, welche Voraussetzungen die USA vor einer militärischen Intervention zu schaffen hätten. Brzezinski bezweifelt nicht, dass Amerika möglicherweise Krieg gegen den Irak führen muss, um die Bedrohung durch dessen Massenvernichtungswaffen zu beseitigen. Aber seine Erörterung wirkt wie ein Leitfaden für das Weisse Haus, in dem er notwendige Schritte auflistet und vor Fehlern warnt.

      Plädoyer für sorgfältige Argumentation
      Nach Ansicht Brzezinskis muss der Präsident in einer Ansprache an die Bevölkerung seine Argumente sorgfältig auslegen und dabei zeigen, weshalb die Bedrohung so ernst und unmittelbar sei, dass die USA handeln müssten. Die amerikanische Führung müsse auch klar machen, weshalb Abschreckung als Mittel nicht mehr genüge. Der Sicherheitsexperte regt an, dass die USA die internationale Initiative ergreifen und Vorschläge für neue, umfassende Inspektionen der irakischen Waffenarsenale unterbreiten sollten. Dies könnte Washington die Unterstützung der Europäer einbringen und schliesslich, falls Saddam die Inspektionen erneut sabotiere oder ganz verhindere, einen legitimen Kriegsgrund verschaffen.

      Zugleich müssten die Vereinigten Staaten sich aktiver für einen Frieden im israelisch-palästinensischen Konflikt einsetzen und dabei Druck auf beide Seiten ausüben. Brzezinski rät dazu, schon bald mit den Verbündeten und den betroffenen arabischen Staaten Gespräche über eine irakische Nachkriegsordnung zu beginnen und dabei die Frage einer lang dauernden Militärpräsenz und des Wiederaufbaus zu erörtern. Diese Schritte dienen seiner Ansicht nach dem Ziel, einer Militäraktion grössere Legitimation zu verleihen. «Wenn es denn Krieg sein soll, so muss er in einer Weise geführt werden, die die globale Hegemonie der USA legitimiert und gleichzeitig zu einem zuverlässigeren System der internationalen Sicherheit führt.» Nach Brzezinski sind folgende Fehler unbedingt zu vermeiden: Die Entscheidung zum Krieg sollte nicht im stillen Kämmerlein gefällt werden, ohne Rücksicht auf die öffentliche Meinung im In- und Ausland. Ein Krieg sollte auch nicht wie ein Blitz aus heiterem Himmel kommen, sondern als Konsequenz auf die irakische Weigerung, sich internationalen Regeln zu unterwerfen. Bei der Kriegführung hätten die USA darauf zu achten, dass die zivilen Opfer so gering wie möglich blieben.

      Neue Empfehlungen Kissingers
      Brzezinski äussert keine direkte Kritik an der Regierung, aber er lässt durchblicken, dass der Präsident seiner Ansicht nach die notwendigen politischen Voraussetzungen für einen Militäreinsatz noch nicht geschaffen hat und sogar Gefahr läuft, das Ansehen der USA in der Welt ernsthaft zu beschädigen. Letztlich geht es nach Ansicht Brzezinskis um viel mehr als nur um den Irak, nämlich um den Charakter der künftigen Weltordnung und um die Rolle, die der mächtigste Staat darin zu spielen hat.

      Ein anderer «Elder Statesman», der frühere Aussenminister und Sicherheitsberater Henry Kissinger, hat sich in den letzten Tagen ebenfalls in die Debatte eingemischt und sich der Frage nach der Legitimation eines Präventivkriegs gestellt. Auch er rät zu vorsichtigem Handeln, ist aber der Ansicht, dass es bereits jetzt gute Argumente für präventives Handeln gegen Saddam Hussein gibt. Wie Brzezinski empfahl er am Sonntag in einem Fernsehinterview Konsultationen mit Amerikas Verbündeten. Doch Kissinger ist dagegen, den Alliierten ein Vetorecht in der Irak-Frage einzuräumen. Offensichtlich hält er nichts davon, amerikanisches Handeln von Resolutionen im Uno-Sicherheitsrat und damit von der Zustimmung der anderen vier Vetomächte abhängig zu machen.

      Ein militärisches Vorgehen gegen Saddam Hussein birgt zwar die Gefahr, dass der irakische Diktator Massenvernichtungswaffen gegen amerikanische Truppen oder Ziele in Israel einsetzt. Aber nach Ansicht Kissingers muss dieses Risiko mit anderen Risiken abgewogen werden, etwa der Bedrohung, die ein mit ABC-Waffen gerüsteter Machthaber in wenigen Jahren für den ganzen Nahen Osten darstellen könnte.


      Uno-Sicherheitsrat prüft Antwort des Iraks
      New York, 18. Aug. (dpa) Mitglieder des Weltsicherheitsrates haben mit der Prüfung des Antwortbriefes der irakischen Regierung auf die erneute Uno-Forderung nach internationalen Waffenkontrollen begonnen. Westliche Diplomaten sagten, an der irakischen Verweigerungshaltung habe sich offensichtlich kaum etwas geändert.

      Zehnseitiger Brief aus Bagdad
      In dem zehnseitigen Schreiben, dessen Übersetzung ins Englische am Samstag den 15 Ratsmitgliedern übergeben wurde, beharrt der Irak auf einer Reihe von Vorbedingungen. Von der Wiederaufnahme der Suche nach Massenvernichtungswaffen, wie sie der Uno-Sicherheitsrat seit 1999 fordere, sei man weiterhin Meilen weit entfernt. Mit einer offiziellen Reaktion des Sicherheitsrates wird erst in den nächsten Tagen nach Rücksprachen der Uno-Botschafter mit ihren Regierungen gerechnet. Erst danach kann Uno- Generalsekretär Kofi Annan auf das Schreiben antworten, das der irakische Aussenminister Sabri an ihn gerichtet hatte. Zuvor hatte Annan am 5. August in einem Brief an Sabri den Irak erneut aufgefordert, sich an Resolutionen des Sicherheitsrates zu halten und eine formelle Einladung an die Uno-Waffeninspektoren ohne Vorbedingungen auszusprechen. Sabri erklärte nun zwar die allgemeine Bereitschaft seiner Regierung, die 1998 abgebrochenen Kontrollen wieder zu ermöglichen. Doch zugleich forderte er, dass vorher Modalitäten geklärt werden müssten.

      Bei einer «technischen Verhandlungsrunde» müsse festgestellt werden, was bei der Ende 1998 abgebrochenen Suche nach Massenvernichtungswaffen im Irak erreicht worden sei. Danach solle besprochen werden, wie mit noch offenen Themen umgegangen werde. Ausserdem warf er den USA vor, sie übten Druck auf die Vereinten Nationen aus, um den Dialog mit Bagdad zu stören. Die Uno-Kontrolleure hatten den Irak im Dezember 1998 verlassen - unmittelbar vor der Bombardierung Bagdads durch amerikanische und britische Flugzeuge.



      Keine Klarheit über Waffenprogramme
      New York, 18. Aug. (ap) Der Chefinspektor der Vereinten Nationen kann nach eigenem Bekunden nicht mit Sicherheit sagen, ob der Irak tatsächlich über Massenvernichtungswaffen verfügt. Die Uno-Waffeninspektoren hätten jedoch noch immer «viele offene Fragen» hinsichtlich der irakischen Fähigkeiten, sagte Hans Blix am Wochenende in New York in einem Interview der Nachrichtenagentur AP. «Wenn wir wirkliche Beweise für die Existenz von Massenvernichtungswaffen hätten, würden wir dies vor den Sicherheitsrat bringen», erklärte Blix weiter. Zwar habe seine Kommission von verschiedenen Regierungen Geheimdienstinformationen erhalten, es sei jedoch nicht seine Aufgabe, über deren Wahrheitsgehalt zu spekulieren. Es liege deshalb im Interesse des Iraks, die bedingungslose Rückkehr der Uno- Waffenkontrolleure zu erlauben.

      Die Inspektionen der Vereinten Nationen haben die Vernichtung aller Massenvernichtungswaffen im Irak zum Ziel. Sie wurden nach dem Golfkrieg von 1991 als Teil des Waffenstillstandsabkommens vereinbart, sind aber seit Dezember 1998 unterbrochen. Im Anschluss an amerikanische und britische Luftangriffe lehnte die irakische Regierung damals eine Rückkehr der Waffeninspektoren ab.



      Britische und US-Flugzeuge bombardieren Einrichtungen im Südirak
      Bagdad, 18. Aug. (afp/Reuters) Britische und amerikanische Flugzeuge haben laut irakischen Angaben am Samstag zivile Einrichtungen im Süden des Landes angegriffen. Die Kampfjets hätten Gebäude in der Provinz Si Kar rund 375 Kilometer südlich von Bagdad bombardiert. Auch die Provinzen Basra, Amara, Krnah und El Salman seien angegriffen worden, sagte ein Militärsprecher in Bagdad laut der staatlichen Nachrichtenagentur Ina. Angaben über Verletzte machte der Sprecher nicht. Die Flugzeuge seien zu ihren Stützpunkten nach Kuwait und Saudiarabien zurückgekehrt, nachdem sie unter Beschuss der Luftabwehr gekommen seien. Britische und amerikanische Maschinen fliegen regelmässig Patrouillen in der seit dem Golfkrieg verhängten Flugverbotszone über dem Irak nördlich des 36. und südlich des 33. Breitengrades. Dabei kommt es häufig zu Zwischenfällen mit der irakischen Armee, die die Flugverbotszone nicht anerkennt.

      NZZ
      Avatar
      schrieb am 19.08.02 05:02:50
      Beitrag Nr. 302 ()
      18. August 2002, 08:49, NZZ Online

      Nachfahren von Sklaven in den USA fordern Entschädigung
      Demonstration in Washington
      Hunderte Afroamerikaner haben am Samstag vor dem Kapitol in Washington für Entschädigungsleistungen an die Nachfahren der Sklaven in den USA demonstriert.


      (ap) «Wir betteln nicht bei den Weissen, wir fordern nur, was einfach uns gehört», sagte Louis Farrakhan, der Führer der Organisation Nation of Islam. Er war neben dem schwarzen Kongressabgeordneten John Conyers einer der prominentesten Teilnehmer der Veranstaltung unter dem Motto «Millionen für Reparationen». Dagegen blieben prominente Führer der Bürgerrechtsbewegung wie etwa Jesse Jackson der Veranstaltung fern. Conyers, der seit mehr als zehn Jahren eine Kommission zur Prüfung von Entschädigungsleistungen an die Nachfahren der Sklaven fordert, rief die Kundgebungsteilnehmer auf, in dieser Sache Druck auf das Parlament auszuüben.

      Eine Gruppe von Nachfahren der Sklaven hat in diesem Jahr Klage gegen drei Unternehmen oder deren Nachfolgegesellschaften erhoben, weil sie von der Sklaverei in den USA unrechtmässig profitiert haben sollen. Eine ähnliche Klage bereiten Anwälte gegen die Bundesregierung in Washington vor.



      Diesen Artikel finden Sie auf NZZ Online unter: http://www.nzz.ch/2002/08/18/al/page-newzzD50KQBZ1-12.html
      Avatar
      schrieb am 19.08.02 05:23:19
      Beitrag Nr. 303 ()
      Deutsche Haltung zum Irak belastet Verhältnis zu USA

      Die klare Ablehnung eines Militärschlags gegen den Irak durch die Bundesregierung belastet das Verhältnis Deutschlands zu den USA.


      Von Nico Fried



      (SZ vom 19.08.2002) Berlin – Bundeskanzler Gerhard Schröder hat am Sonntag in Berlin den Widerstand der Bundesregierung gegen einen möglichen Irak-Angriff bekräftigt. Er könne nur davon abraten, „einen neuen Krisenherd mit einer militärischen Intervention zu eröffnen“, sagte er auf einer SPD-Parteikonferenz in Berlin.

      Die Bundesregierung habe großen Respekt vor den Bündnispartnern und den amerikanischen Freunden. Aber Freundschaft könne nicht heißen, „zu allem Ja und Amen“ zu sagen. Der Kanzler wies darauf hin, dass die Lage im Nahen Osten, in Afghanistan und auf dem Balkan noch längst nicht befriedet sei.

      Die klare Ablehnung eines Militärschlags gegen den Irak durch die Bundesregierung belastet das Verhältnis Deutschlands zu den USA. Der amerikanische Botschafter in Berlin, Dan Coats, war vorigen Montag im Kanzleramt vorstellig geworden, wie erst jetzt bekannt wurde.

      Er sprach dort mit Schröders außenpolitischem Berater, Dieter Kastrup, und Kanzleramtsminister Frank-Walter Steinmeier. Nach Berichten der New York Times soll Coats der Bundesregierung dabei offiziell das Missfallen Washingtons über jüngste Äußerungen zu einem Krieg gegen den Irak zum Ausdruck gebracht haben.

      Die Zeitung zitierte einen hohen Beamten der US-Administration mit den Worten, ein solcher Besuch sei „ein im hohen Maße unübliches Ereignis zwischen so engen Verbündeten“.

      Die Bundesregierung war hingegen am Wochenende bemüht, die Bedeutung des Treffens herunterzuspielen. Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye sagte, der US-Botschafter habe lediglich um Erläuterung der deutschen Position gebeten. Die Darstellung, der Botschafter habe sich offiziell beschwert, wies er als falsch zurück. „Die amerikanische Seite wollte über unsere Haltung informiert werden. Das hat sie bekommen.“

      In Regierungskreisen hieß es zudem, es gebe ständige Kontakte zwischen der US-Botschaft und der deutschen Seite. Eingeräumt wurde allerdings, dass diese Kontakte gewöhnlich auf weniger hochrangiger Ebene und nur selten in Besuchsform unterhalten werden. Zudem ist es ungewöhnlich, dass ein Botschafter sich direkt ans Kanzleramt wendet.

      Als Hauptargumente für ihre Haltung in der Irak-Frage führte die Bundesregierung an, dass angesichts des Nahost-Konflikts und des andauernden Kampfes gegen den internationalen Terrorismus falsche Prioritäten gesetzt würden, wenn nun ein dritter Konflikt forciert werde.

      Auch die Bedrohung durch den Irak habe sich zuletzt nicht so verändert, dass ein Militärschlag gerechtfertigt wäre. Schröder und Fischer wiesen Vorwürfe zurück, die Bundesregierung habe sich von der „uneingeschränkten Solidarität“ mit den USA verabschiedet.
      Avatar
      schrieb am 19.08.02 19:25:36
      Beitrag Nr. 304 ()
      Der oberste Kriegsherr George W. Bush will auch oberster Richter sein
      US-Justiz pocht aber auf Einhaltung der Verfassung im "Anti-Terror-Kampf" / Anwälte beklagen Verstoß gegen Bürgerrechte

      Von Steffen Hebestreit

      (Frankfurt a. M.) Immer heftiger kritisieren Justizkreise die Mittel, die US-Präsident George W. Bush im "Kampf gegen den Terror" einsetzt. Die US-Anwaltskammer wirft ihm vor, bei der Fahndung nach möglichen Terroristen in den USA massiv gegen die Bürgerrechte zu verstoßen. Bedenken äußerte ein Bundesrichter auch dagegen, dass der in Afghanistan verhaftete US-Bürger Yasser Esam Hamdi nach wie vor ohne Anklage auf einem Kriegsschiff festgehalten wird.

      Für die Regierung in Washington ist der Fall eindeutig. In ihrem unkonventionellen Krieg gegen den internationalen Terrorismus ist Hamdi ein "feindlicher Krieger", dem weder der Status eines Kriegsgefangenen im Sinne der Genfer Konvention zusteht, noch die für US-Bürger in der Verfassung verbrieften Rechte eines Straftäters. So sitzt der 21-Jährige seit Monaten in Isolierungshaft auf einem Kriegsschiff im Hafen von Norfolk (US-Bundesstaat Virginia) - ohne Aussicht auf eine offizielle Anklage, ohne das Recht auf anwaltlichen Beistand. Im November hatten Truppen den gebürtigen US-Amerikaner bei Gefechten in Afghanistan festgenommen. Zunächst brachten sie Hamdi auf die Militärbasis Guantánamo Bay, später überstellte ihn das Militär nach Virginia. Welche Rolle Hamdi, der in Saudi-Arabien aufgewachsen ist, bei den Kampfhandlungen in Afghanistan spielte, ist unklar.

      Nach Ansicht der Bush-Administration soll sich an seinem Zustand auf absehbare Zeit auch nichts ändern. Vor dem Bezirksgericht von Norfolk betonte ein Regierungsanwalt am Dienstag (Ortszeit), Gerichte hätten zwar "ein gewisses Mitspracherecht" beim Umgang mit den Gefangenen des Afghanistan-Feldzugs. Dieses Recht sei aber "eher begrenzt", das letzte Wort habe US-Präsident Bush als oberster Kriegsherr der USA, zitieren US-Zeitungen aus dem Plädoyer des Anwalts.

      Diese Auffassung sorgte für Zorn bei Bundesrichter Robert Doumar: Ob denn die Verfassung für Hamdi nicht gelte, fragte er. In der Rechtsgeschichte habe er keinen Fall finden können, so Doumar weiter, bei dem es einem Beschuldigten versagt worden sei, sich mit einem Anwalt zu treffen. Doumar kritisierte zugleich den Begriff "feindlicher Krieger", auf den die Regierung Bush zurückgriff, um einen Status für gefangene Taliban-Kämpfer und Terroristen zu finden. "Welche Kriterien gelten für diesen Begriff und wer entscheidet darüber?", fragte der Richter.

      Die Auseinandersetzung vor dem Bezirksgericht, die demnächst entschieden werden soll, ist von einiger Bedeutung für das Justizministerium. Die Behörde ist bislang wenig glücklich mit der gerichtlichen Aufarbeitung des Afghanistan-Feldzugs. Der Prozess gegen den "US-Taliban" John Walker Lindh wie auch das Verfahren gegen den mutmaßlichen "20. Attentäter" vom 11. September, Zacarias Moussaoui, zeigten, wie schwierig es ist, eine stichhaltige Anklage zu formulieren, die einer richterlichen Prüfung auch standhält.

      Bei US-Juristen löst die Haltung der Bush-Administration Kritik aus. Bei ihrer Jahrestagung in Washington verabschiedete die Anwaltskammer Bar Association nun ein Kommuniqué, indem sie die geheime Verhaftung und Abschiebung hunderter Ausländer nach den Terroranschlägen vom 11. September verurteilt. Die Juristen fordern die Regierung auf, die Rechte von Einwanderern und Gefangenen künftig zu beachten. Keiner der mehr als 1100 Festgehaltenen hätte eine Verbindung zu den Attentätern gehabt. "Gerade in solch schwierigen Zeiten müssen wir die Errungenschaften unseres Rechtsstaats bewahren", forderte die Jura-Professorin Esther F. Larden in der Los Angeles Times.


      WASHINGTON afp Die USA wollen am Jahrestag der Anschläge vom 11. September ein neues Überwachungssystem zur Überprüfung ausländischer Besucher einführen. Einreisende, die nach den Worten von US-Justizminister John Ashcroft "ein Problem für die nationale Sicherheit darstellen", werden künftig an der Grenze fotografiert und müssen Fingerabdrücke abgeben. Das System soll zunächst während einer 20-tägigen Versuchsphase an einigen Häfen, Flughäfen und Grenzstationen getestet werden. In dem Zentralregister erfasste Besucher, die länger als 30 Tage in den Vereinigten Staaten bleiben, müssen sich dann regelmäßig bei der Einwanderungsbehörde melden. Besucher aus Iran, Irak, Libyen, Sudan und Syrien - neben Kuba und Nordkorea stehen diese Länder auf einer US-Liste von Unterstützern terroristischer Aktivitäten - müssen sich den Kontrollen in jedem Fall unterziehen.


      Immer wieder technische Spezialitäten für den "wahren Kenner" :laugh:
      http://www.spiegel.de/netzwelt/technologie/0,1518,209956,00.…
      http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,209976,00.html
      Avatar
      schrieb am 22.08.02 21:19:25
      Beitrag Nr. 305 ()
      Bushs doppeltes Problem
      Die Regierung in Washington, innenpolitisch in der Defensive, verliert nun auch ihre Blankovollmacht in der Außenpolitik: Die blinde Gefolgschaft nach dem 11. September gilt nicht mehr

      Von Dietmar Ostermann

      Vielleicht war es ja nur ein Zufall, wenn sich die Sicherheitsberater der beiden Präsidenten George Bush dieser Tage fast zeitgleich zum Dauerthema Irak geäußert haben. Aufschlussreich war es allemal. Denn was Condoleezza Rice und Brent Scowcroft zu sagen hatten, könnte unterschiedlicher kaum sein: Saddam Hussein sei ein böser Mann, der, wenn er Massenvernichtungswaffen in die Hand bekomme, die ganze Welt verwüsten werde, rührte Rice die Kriegstrommel. Eine solche Bedrohung könne man nicht ewig tolerieren. "Don`t Attack Saddam" war der Beitrag Scowcrofts im Wall Street Journal überschrieben: Bloß jetzt keinen Angriff auf Bagdad also, rät der Veteran und sorgt sich um die Stabilität im Pulverfass Naher und Mittlerer Osten, den Zusammenhalt der internationalen Anti-Terror-Koalition und darum, dass die Regierung Bush II die Prioritäten falsch setzen könnte.

      Condoleezza Rice ist die Sicherheitsberaterin und Vertraute des derzeitigen Präsidenten; Scowcroft, ein enger Freund des Vaters, diente im gleichen Amt dem Alten. Der öffentliche Einspruch von Papas Adlatus a. D. reiht sich ein in den Kanon mahnender Stimmen, der nun auch in Washington lauter wird. Und er ist mehr als eine kuriose Fußnote der US-amerikanischen Irak-Debatte, die mit erstaunlichem Tempo an Fahrt gewinnt und, zumindest indirekt, längst den Sohn gegen den Vater stellt.

      Denn sollte der Junior irgendwann tatsächlich Richtung Bagdad in den Krieg ziehen, um das erklärte Ziel des Regimewechsels militärisch zu erzwingen, dann würde er eben nicht vollenden, was der Senior einst begonnen hatte. Dessen "neue Weltordnung" entsprang einem völlig anderen Politikkonzept der Supermacht. Die internationale Ordnung sollte 1991 wiederhergestellt, nicht grundlegend umgekrempelt werden. Die Vereinigten Staaten standen an der Spitze einer internationalen Koalition, die, legitimiert durch die UN und mit einem durchaus begrenzten Mandat, den irakischen Überfall auf Kuwait sühnen sollte. Einen Sturz Saddam Husseins hätten die USA nach dem Golf-Krieg von 1991 wohl begrüßt, sie wollten ihn aber nie erstreiten.

      Nun ist die Welt des Jahres 2002 nicht die Welt von 1991. Alte Gefahren sind verschwunden, neue hinzugekommen, und niemand kann bestreiten, dass sich der sicherheitspolitische Rahmen nicht nur für die USA dramatisch verändert hat. Die Bedrohung durch Massenvernichtungswaffen hat heute ein anderes, diffuseres Gesicht. Der Terrorismus hat eine neue Qualität erlangt. Vor diesem Hintergrund mag auch eine Neubewertung des Problems Saddam Hussein, der als skrupelloser Giftgasmörder einschlägig aktenkundig ist, angebracht erscheinen.

      Augenfällig aber ist doch der unübersehbare Dissens über das Wie und Wann des nötigen Handelns auch in den USA, auch bis hinein in die republikanische Partei des Präsidenten, wo sich neben Scowcroft nun andere Skeptiker eines militärischen Vorgehens zu Wort melden. Was sich im Juli mit den kritischen Fragen der Opposition bei den Anhörungen im Kongress angedeutet hatte, setzt sich im August mit den Mahnungen aus den eigenen Reihen fort: Die Regierung Bush, innenpolitisch in der Defensive, verliert ihre Blankovollmacht in der Außenpolitik. Die blinde Gefolgschaft nach dem 11. September gilt nicht mehr. Es ist wieder opportun, das Handeln der Administration auch jenseits der eigenen Landesgrenzen zu hinterfragen.

      Damit steht George W. Bush vor einem doppelten Problem. Entscheidet er sich für ein militärisches Vorgehen gegen Irak, dann wird er seine Beweggründe nicht nur der Welt, sondern auch dem eigenen Volk darlegen müssen. Die Zeit, da ein Feldzug nach Bagdad in der Euphorie des Sieges für viele Amerikaner wie die logische Verlängerung der Afghanistan-Unternehmung gewirkt hätte, ist vorbei. In Umfragen gibt zwar weiter der überwiegende Teil der US-Bürger zu Protokoll, einen möglichen Krieg gegen Irak zu unterstützen. Aber die Zustimmung sinkt, und für einen militärischen Alleingang ohne Alliierte gibt es keine Mehrheit. Bush würde einem zunehmend von Alltagssorgen geplagten Volk erklären müssen, warum es unvermeidlich ist, die Risiken, Kosten und Opfer eines neuen Golf-Kriegs gerade jetzt zu schultern.

      Bislang weicht die Regierung diesen Fragen ebenso aus wie zahlreichen anderen. Stattdessen reagiert die Administration auf ihre Kritiker mit einer Gereiztheit, die schon in Berlin Botschafter Daniel R. Coats ins Kanzleramt getrieben hatte, sowie mit polemischen Attacken und neuen Vorwürfen gegen Bagdad, deren Angaben sich auf Geheimdienstquellen stützen und deren Inhalt sich nicht überprüfen lässt.

      Wenn US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld jetzt der irakischen Regierung unterstellt, sie wisse vom zunehmenden Unterschlupf von Al-Qaeda-Kadern in ihrem Land, dann ist das allenfalls die halbe Wahrheit. Solche Mitglieder des Terrornetzwerks gibt es in Irak gewiss, aber es gibt sie auch anderswo. Und die "smoking gun", der Beweis für eine Verbindung zwischen Bagdad und Al Qaeda, können angebliche Giftexperimente radikal-islamistischer Gruppen in den irakischen Kurdengebieten kaum sein.
      Avatar
      schrieb am 27.08.02 00:35:52
      Beitrag Nr. 306 ()
      26. August 2002

      RUDOLF AUGSTEIN

      Die Präventiv-Kriegstreiber

      Reichlich schizophren, was da jetzt in Washington abläuft: George W. Bush versucht die Welt zu besänftigen, indem er verkündet, ein Angriff auf den Irak stünde nicht unmittelbar bevor. Und dann fügt er in immer gleich lautenden Formulierungen hinzu, ein "Regimewechsel" in Bagdad sei unabdingbar. Ja, wie denn - durch Überredungskunst? Oder glaubt der Mann im Weißen Haus, dass sich Saddam Hussein freiwillig die Kugel gibt, wie es dessen Gast Abu Nidal gerade (nach ausgiebigem Verhör durch den irakischen Geheimdienst) getan haben soll?
      Wenn es kein Mossad- oder CIA-Agent schafft, Saddam auszulöschen, wird schon geballte militärische Gewalt vonnöten sein. Das stellt die Frage nach der Rechtmäßigkeit eines solchen Vorgehens - und ob wir Deutschen uns daran beteiligen sollen. Es wird das Geheimnis der CDU-Opposition bleiben, warum darüber jetzt nicht diskutiert werden sollte. Es muss sogar. Der Ex-Nato-Oberbefehlshaber in Europa, Wesley Clark, schätzt die Wahrscheinlichkeit, dass Bush im nächsten Jahr den Irak angreift, immerhin "auf 70 Prozent".

      Es wäre ein Präventivschlag - völkerrechtlich zu bewerten als "ein verbotener Angriffskrieg und damit ein internationales Verbrechen", wie der Geschichtsprofessor Jörg Fisch von der Universität Zürich in der "Weltwoche" schreibt. Bismarck, gewiss kein Pazifist, hat zeitlebens Präventivkriege entschieden abgelehnt.

      Henry Kissinger, weiß Gott auch keiner, der zu allen Zeiten Frieden um jeden Preis befürwortet hat, schreibt: "Die Ablösung einer fremden Regierung zum Gegenstand militärischer Drohungen und möglicher Interventionen zu machen stellt das gesamte System des Westfälischen Friedens von 1648 in Frage, dessen Grundlage die Nichteinmischung fremder Mächte in die internen Angelegenheiten souveräner Staaten ist."

      Nur eine Form des Krieges ist Einzelstaaten erlaubt: die Selbstverteidigung gegen eine tatsächliche Bedrohung. Bedroht Bagdad die USA?

      Ginge es darum, das Zentrum der Qaida-Organisation anzugreifen, müsste Bush in Pakistan einmarschieren. Wäre das Land mit der aggressivsten fundamentalistischen Religionsdoktrin das Ziel-Land, sollte Bush Saudi-Arabien attackieren. Wäre daran gedacht, eine tatsächliche Atommacht im Nahen Osten auszuschalten, käme als einziger Staat Israel in Frage (vielleicht noch Iran, der jedenfalls näher an der Produktion von Nuklearwaffen ist als der Irak).

      So unvollkommen die Zerstörung aller Waffen durch die Uno-Inspektoren nach dem Kuweit-Krieg gewesen sein mag, Bagdad kann Europa, schon gleich gar nicht die USA derzeit ernsthaft bedrohen.

      Die amerikanische Regierung weiß das. Ihr geht es wohl - neben persönlicher Rache an dem Mann, der Washington so gern demütigt und provoziert - auch um den langfristigen Zugriff auf das Erdöl in der Region. Das macht Hilfskonstruktionen für den geplanten Angriff nötig: Verteidigungsminister Donald Rumsfeld hat Kontakte des Qaida-Netzes zum Irak ausgemacht.

      Allerdings will ihm bei einem solchen Bedrohungsszenario nicht einmal die CIA so recht beispringen. Mehrmals schon winkte der Geheimdienst ab. Die Hinweise für hochrangige Treffen von Irakern und Bin-Laden-Leuten seien dünn, eine Mittäterschaft an den Ereignissen des 11. September so gut wie auszuschließen. Wenn das aber so ist, kann Bagdad nur nach einem förmlichen Uno-Beschluss der Weltstaatengemeinschaft angegriffen werden - Washington scheut diesen Antrag, weil dafür aller Voraussicht nach keine Mehrheit zu bekommen wäre.

      In den USA, immer noch eine Demokratie, haben sich zahlreiche bedeutende Politiker - und Militärs - gegen einen Angriffskrieg ausgesprochen, die Begeisterung der Öffentlichkeit für einen schnellen (und womöglich alleinigen, mithin sehr kostspieligen) Waffengang schwindet.

      In keinem europäischen Staat gibt es derzeit auch nur annähernd eine Mehrheit für einen Krieg gegen den Irak; auch Großbritannien, der traditionell engste Militär-Verbündete Washingtons, sieht Bushs Pläne zunehmend skeptisch.

      Bundeskanzler Schröder hat betont, Deutschland werde keine militärischen "Abenteuer" im Irak mittragen. Da hat er Recht, mögen sich da bei der SPD - `s ist Wahlkampf - auch einige schrille Töne eingeschlichen haben. Besser als das Wischiwaschi und Lasst-uns-das-Vertagen der CDU und ihrer diversen Welt-Außenpolitiker von Schäuble bis zum Kandidaten Stoiber ist das allemal.

      Und wenn Schröders klare Worte den Herrn US-Botschafter in Berlin so erregen, dass der seine Empörung gegenüber ausgesuchten Zeitungen publik machen muss, dann sei`s drum. Washington mag überrascht sein - die US-Regierung macht so indirekt Wahlkampf für den Bundeskanzler. Die in die Öffentlichkeit gespielte US-Demarche mit dem Gestus "Wir sind die Herren der Welt" kann nur der SPD Stimmen bringen.

      Zuverlässige Freunde sind nicht diejenigen, die "uneingeschränkte Solidarität" schwören (eine verfehlte Schröder-Formulierung im Krieg gegen den Terror, welche die Vereinigten Staaten in ihrem Unilateralismus ermutigen musste). Sondern solche, die offen und kritisch ihre Meinung sagen. Vielleicht hätte das in Sachen Irak schon früher einmal getan werden sollen.

      Beispielsweise in den achtziger Jahren, da die Reagan-Regierung Saddam Hussein als ihren Verbündeten betrachtete und nach dem alten Roosevelt-Motto gegenüber geopolitisch nützlichen Gewaltherrschern hätschelte: "Er mag ein Bastard sein, aber er ist unser Bastard."

      Washington belieferte den irakischen Diktator damals bei dessen Angriffskrieg gegen das Ajatollah-Regime in Teheran mit Aufklärungsfotos und half den irakischen Partnern nicht nur mit Waffen, sondern sogar beim Entwurf von Schlachtplänen. Das war bekannt. Was erst letzte Woche publik wurde: US-Nachrichtendienste wussten damals, dass Saddam Hussein Giftgas einsetzen würde.

      Aber geopolitisch war das ja nicht schädlich.

      http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,210896,00.html
      Avatar
      schrieb am 27.08.02 06:33:52
      Beitrag Nr. 307 ()
      die kriegsgeile dumpfbacke cheney kann´s kaum erwarten:

      Dienstag 27. August 2002, 03:58 Uhr

      Cheney attackiert Irak

      Nashville (dpa) - US-Vizepräsident Dick Cheney hat den Irak in scharfer Form attackiert. Er sagte vor Kriegsveteranen in Nashville im Bundesstaat Tennessee, auch eine Rückkehr der UN-Waffeninspekteure nach Bagdad würde an der Haltung Washingtons nichts ändern. Cheney betonte, sein Land behalte sich einen Präventivschlag vor. Saddam Hussein sei nach wie vor dabei, sich Atomwaffen zu beschaffen. Ein Sturz des Saddam-Regimes würde den gesamten Nahen Osten sicherer machen, so Cheney.
      Avatar
      schrieb am 27.08.02 12:13:40
      Beitrag Nr. 308 ()
      ++++++ACHTUNG !!! NAMENSÄNDERUNG BEI DER CIA +++++++++++

      ++++ NEUER NAME DER IRAK-ABTEILUNG DES CIA: " DEMOKRATISCHE IRAKISCHE OPPOSITION" ++++

      ++++ MORDANSCHLÄGE ALS INSTRUMENT DER DEMOKRATIE ??? ++++



      . Saddam entging Mordkomplott


      Der irakische Dikator ist einem Anschlag der „Demokratischen Irakischen Opposition“ :eek: :laugh: offenbar nur knapp entgangen. Saddam Hussein sollte bei einem Treffen der Arabischen Liga im März 2001 in Jordanien erschossen werden, sagte das Hamburger Kadermitglied Abu Qais Alussi dem Nachrichtenmagazin FOCUS.


      Ein Jahr lang hätten sich Kämpfer der Organisation darauf vorbereitet, „aber Saddam hat seine Teilnahme zurückgezogen“, so Alussi. Die Gruppe bereitet laut Alussi weitere Aktionen in Europa und Irak vor. „Wir wollen mit allen Mitteln Saddams Terrorregime beenden“, so der Deutsch-Iraker.

      Die „Demokratische Irakische Opposition“ war auch für die Botschaftsbesetzung in Berlin verantwortlich. Die Geiselnahme war von der Polizei unblutig beendet worden. Atussi selbst war an dem Überfall indirekt beteiligt: Er informierte von Hamburg aus per Handy die Polizei und schickte ein Bekennerschreiben an die Medien.

      24.08.02, 14:20 Uhr Focus.de
      Avatar
      schrieb am 27.08.02 14:09:35
      Beitrag Nr. 309 ()
      SPIEGEL ONLINE - 27. August 2002, 12:39
      URL: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,211155,00.html



      Dämpfer für US-Regierung

      Richter rüffeln Terror-Fahnder

      Die US-Regierung fing sich eine schallende richterliche Ohrfeige für ihren Umgang mit Ausländern nach den Terroranschlägen vom 11. September ein.


      Cincinatti - Das Bundesberufungsgericht in Cincinatti (Ohio) rügte die Bush-Administration in ungewöhnlich scharfer Form. Die Regierung habe illegal gehandelt, als sie nach den Terroranschlägen Hunderte von Abschiebeverhören im Geheimen geführt habe. Das sei lediglich auf Grund der Annahme geschehen, die Verhörten könnten Verbindungen zu Terroristen haben.

      George W. Bush: Rüffel vom Richter

      Das dreiköpfige Richtergremium, das nach einem Bericht der "New York Times" eine einstimmige Entscheidung fällte, stellte gar den Willen der Bush-Administration zu einer offenen Demokratie in Frage. "Demokratien sterben hinter verschlossenen Türen", schrieb Richter Damon J. Keith in der Urteilsbegründung. Die Regierung habe gezielt versucht, "jenseits öffentlicher Kontrolle" zu handeln. "Wenn die Regierung die Türen verschließt, kontrolliert sie selektiv Informationen, die rechtmäßig dem Volk gehören", so Keith. "Selektive Information ist Desinformation." Keith wurde bereits von Präsident Jimmy Carter eingesetzt und machte sich in den vergangenen 30 Jahren einen Namen als entschiedener Verfechter von Bürgerrechten.

      Ermittler müssen Türen öffnen

      Das Berufungsgericht bestätigte damit das Urteil einer Detroiter Bezirksrichterin, die im April der Klage von vier Zeitungen und eines Abgeordneten der Demokratischen Partei stattgegeben hatte. Sie wollten der Anhörung eines islamischen Geistlichen beiwohnen, der wegen eines abgelaufenen Touristenvisums abgeschoben werden sollte.

      Die US-Regierung hatte in dem Prozess gefordert, Ausländer ohne Angabe von Gründen und ohne Konsultation von Einwanderungsrichtern hinter verschlossenen Türen befragen zu dürfen. Richterin Nancy G. Edmunds, die ausgerechnet von Ex-Präsident George Bush senior berufen wurde, lehnte das jedoch ab. Das Berufungsgericht in Cincinatti bestätigte jetzt diese Auffassung: Künftig müssen die Ermittler jedes Mal um richterliche Erlaubnis fragen, wenn sie eine Anhörung unter Ausschluss der Öffentlichkeit abhalten wollen.

      Auch in Newark und Washington haben Richter laut "New York Times" die Regierung dazu verpflichtet, Anhörungen zu öffnen und Informationen über Menschen freizugeben, die in Zusammenhang mit der Terror-Fahndung festgehalten werden. Die Regierung habe gegen diese Urteile Berufung eingelegt.
      Avatar
      schrieb am 27.08.02 15:57:26
      Beitrag Nr. 310 ()
      Die Konfusion der Krieger

      Konfusion zu stiften ist die Mutter aller Kriegslisten. Wer den Feind im Unklaren lässt über seine nächsten Schritte, der kann den Überraschungseffekt nutzen. Dass diese bewährte Taktik auch auf brenzlige Vorkriegszeiten passt, lässt sich nun bei der Großmutter aller Duelle – beim Zweikampf Amerika versus Irak – beobachten. Ständig wechseln die Kontrahenten ihre Positionen, und ganz gewiss weiß mittlerweile keiner mehr, was der andere so alles plant.
      Wo also steht Saddam Hussein? Einmal abgesehen von den allfälligen abfälligen Bemerkungen über den „großen Satan“ in Washington hat es der Despot von Bagdad bislang verstanden, die Welt außerhalb der USA mit diplomatischen Angeboten zu umgarnen. Immer wieder hat er den Eindruck erweckt, er würde mit sich reden lassen über eine Rückkehr der UN-Inspektoren. Nun aber verlautbart plötzlich sein Informationsminister, die Grenzen blieben definitiv dicht für die Waffenkontrolleure. Gewiss ist da nur eines: Fortsetzung folgt. Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen, solange der erste Schuss noch nicht gefallen ist.
      Und was will George Bush? Der US-Präsident hat sich den Sturz Saddams auf die Fahnen geschrieben. Wenn er das wirklich will, kann er kein Interesse haben an der Rückkehr der Inspektoren, denn die würden nur stören beim anstehenden Waffengang. Dennoch reagiert ein amerikanischer Regierungssprecher auf die irakische Absage mit der Forderung, die UN-Kontrolleure müssten zurückkehren in Saddams Reich. Fazit: Washington will nur das, was Bagdad nicht will – und umgekehrt. Bevor jedoch die Konfusion als Kriegslist den Gegner erreicht, droht sie sich jeweils in den eigenen Reihen breit zu machen.

      pm



      Bagdad will für Unterstützung bar bezahlen
      Die in den USA und international zunehmende Kritik an den Plänen der US-Regierung für eine Militäraktion zum Sturz des irakischen Regimes lässt Präsident Saddam Hussein hoffen, dass er das Blatt vielleicht doch noch zu seinen Gunsten wenden kann.


      dpa/HB BAGDAD/KAIRO/ANKARA. Bei seiner neuen "Charmeoffensive" setzt der irakische Staatschef nun vor allem auf die Überzeugungskraft des Geldes.
      Dem für die Amerikaner als Operationsbasis in einem Irak-Krieg strategisch wichtigen Nachbarland Türkei bietet Bagdad Milliardenaufträge an. Einigen afrikanischen Staaten sollen die Iraker nach arabischen Presseberichten sogar Bargeld angeboten haben, falls sie keine amerikanischen Soldaten auf ihrem Territorium und in ihren Häfen dulden.
      Nachdem der Irak mit Russland vor einigen Tagen Wirtschaftsprojekte im Umfang von etwa 40 Milliarden Euro vereinbart hat, sucht der irakischen Handelsminister Mohammed Mahdi Saleh derzeit in der Türkei Kooperationspartner für Projekte in den Bereichen Landwirtschaft, Erdöl und -gas sowie Verkehr und Gesundheit. Offiziell hat Ankara zwar noch keine Stellungnahme zu dem Milliardenangebot der Iraker abgegeben. Doch wo immer er Station macht, wird Minister Saleh warm empfangen. Das hindert Ankara allerdings nicht daran, gleichzeitig mit den USA über eine Kompensation für die wirtschaftlichen Nachteile zu sprechen, die der Türkei im Falle eines Irak-Krieges entstehen würden.
      Auch bei den arabischen "Brüdern" setzt Bagdad auf die Überzeugungskraft wirtschaftlicher Vorteile. Das Handelsvolumen mit Ägypten, Jordanien, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Tunesien ist in den vergangenen Monaten kräftig gewachsen. Selbst das Königreich Saudi-Arabien, das im Golfkrieg 1991 Ziel irakischer Scud- Raketen war, wird am 9. September erstmals seit zwölf Jahren wieder eine Handelsmesse in Bagdad ausrichten.
      Doch was die arabischen Nachbarn angeht, so hat das Regime in Bagdad noch eine zweite Trumpfkarte in der Hand und die heißt "Israel". Denn erstens möchte sich wegen der nach arabischer Auffassung zu laschen und ungerechten Haltung Washingtons im israelisch-palästinensischen Konflikt derzeit kein arabischer Führer ohne Wenn und Aber auf die Seite der Amerikaner stellen. Zweitens hat der jüdische Staat mit seiner jüngsten Ankündigung zu seiner Rolle in einem möglichen Irak-Krieg Öl ins arabische Feuer gegossen. Denn die Regierung von Ministerpräsident Ariel Scharon hat klar gemacht, dass sie diesmal nicht, wie im Golfkrieg von 1991, stillhalten will. Stattdessen wolle sie jeden irakischen Raketenangriff auf Israel militärisch beantworten und sich als «guter Soldat» auf die Seite der USA stellen. Eine derartige Konstellation mit den USA und Israel auf der einen und dem Irak auf der anderen Seite würde jedoch selbst die so genannten gemäßigten arabischen Staaten in die Arme Saddam Husseins treiben.
      Auf das Versprechen von US-Vizepräsident Richard Cheney, der am Montag verkündete, "Mit unserer Hilfe kann ein befreiter Irak wieder eine große Nation werden", gibt in der arabischen Welt dagegen niemand etwas. Zeitungskommentatoren von Dubai bis Ägypten werfen den Amerikanern vielmehr vor, das genaue Gegenteil anzustreben, nämlich die amerikanische Kontrolle über das ölreiche Land zwischen Euphrat und Tigris.
      Um die derzeitige Krise zu entschärfen ohne die Amerikaner vor den Kopf zu stoßen, wollen die arabischen Staaten Saddam Hussein nun dazu bringen, die UnoWaffeninspektoren wieder ins Land zu lassen. Zwar haben Cheney und andere "Falken" in der US-Regierung bereits erklärt, dies allein würde nicht genügen, um die Gefahr der irakischen Massenvernichtungswaffen zu bannen. Doch die Araber hoffen nach Einschätzung westlicher Diplomaten, dass in diesem Fall Bundeskanzler Gerhard Schröder und andere europäische Kritiker der US-Angriffspläne mehr Einfluss gewinnen würden.


      Hussein ist eine Drecksau. Durch und durch! Wie er aber Bush, Rumsfeld, Rice und Co ständig an der Nase herumführt, ist allererste Sahne. Die haben sich schon so weit aus dem Fenster gelegt, daß sie da draußen glatt verhungern.
      Avatar
      schrieb am 27.08.02 16:06:10
      Beitrag Nr. 311 ()
      ... so hat das Regime in Bagdad noch eine zweite Trumpfkarte in der Hand und die heißt "Israel".

      wenn der mit seiner museumsarmee nur einen furz nach israel machen würde, wäre er so schnell wie im sechs-tage-krieg platt. da bräuchten die keine amis zu!
      Avatar
      schrieb am 28.08.02 01:52:22
      Beitrag Nr. 312 ()
      USA blasen zum Krieg

      US-Vize Cheney: Amerika entschlossen, Saddam Hussein militärisch zu stürzen. Ägyptens Präsident warnt vor den Folgen. Bundeskanzler bezeichnet Cheneys Aussagen als einen Fehler

      NASHVILLE/HAMBURG afp/dpa/ap Ungeachtet anhaltender Kritik an einem möglichen Irak-Krieg hat US-Vizepräsident Richard Cheney den Ton gegenüber Bagdad weiter verschärft. Ein "präventives Handeln" gegen Irak sei "zwingend erforderlich", sagte er am Montagabend vor Kriegsveteranen in Nashville, Tennessee. Vorbehalte gegen einen Militäreinsatz kritisierte er als "Blindheit" angesichts einer "tödlichen Bedrohung".

      Cheney machte deutlich, dass die mögliche Rückkehr der UN-Waffeninspekteure nach Bagdad in den strategischen Überlegungen der US-Regierung zu einem Militärschlag gegen den Irak keine Rolle spielt. "Eine Rückkehr der Inspektoren würde uns keinerlei Sicherheit geben, dass er (Saddam) sich an die UN-Resolutionen hält", so Cheney. "Im Gegenteil, es besteht große Gefahr, dass uns das den falschen Trost geben würde, dass Saddam irgendwie unter Kontrolle ist." Ein Regimewechsel in Bagdad werde gemäßigte Kräfte in der ganzen Region beflügeln, sagte Cheney, der die Überlegungen der US-Regierung zur Irak-Politik damit erstmals ausführlich darlegte. US-Präsident Bush steht nach Angaben seines Sprechers hinter den Äußerungen Cheneys.

      Der ägyptische Präsident Husni Mubarak warnte die USA vor einem Angriff auf Irak. Wenn die Amerikaner "wegen eines oder zweier Individuen" Irak angriffen und das Palästinenserproblem ungelöst ließen, könnte kein arabischer Regierungschef mehr die Wut der Bevölkerung im Zaum halten, sagte Mubarak.

      Bundeskanzler Gerhard Schröder bezeichnete die Äußerungen Cheneys in einem Interview als einen "Fehler". Schröder erklärte: "Wenn jetzt das Ziel wechselt, dann tut man es in eigener Verantwortung; jemand, der beseitigt werden soll mit Hilfe einer militärischen Intervention, den kann man schwerlich dazu bewegen, Inspektoren ins Land zu lassen." Auch Verteidigungsminister Peter Struck betonte in Hamburg, "diesem Ziel, das höchste Kreise der amerikanischen Regierung verfolgen", könne und wolle er sich nicht anschließen. Der Wunsch der Vereinigten Staaten nach einer Ablösung Husseins mit militärischen Mitteln widerspreche dem Völkerrecht. Struck erklärte, jedem Vorgehen gegen den Irak müsse ein UN-Beschluss zugrunde liegen. Er sagte, selbst wenn es diesen gebe, habe Deutschland immer noch "die Souveränität zu sagen: Wir beteiligen uns oder wir beteiligen uns nicht."
      Gleichzeitig wies er Behauptungen zurück, Deutschland gehe mit seiner Position einen Sonderweg: "Der deutsche Weg ist ein europäischer Weg."

      brennpunkt SEITE 3
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      taz Nr. 6838 vom 28.8.2002, Seite 1, 87 Zeilen (Agentur),
      Avatar
      schrieb am 28.08.02 02:09:43
      Beitrag Nr. 313 ()
      Europas "Nein" zeigt Wirkung

      Die US-Regierung tut so, als könne sie die EU-Kritik an ihrer Irakpolitik gar nicht verstehen. Tatsächlich jedoch gerät sie auch im eigenen Land unter Druck

      aus Washington MICHAEL STRECK

      Die US-Regierung zeigt sich scheinbar unbeeindruckt. Nachdem die meisten europäischen Staaten in den letzten Wochen deutlich gemacht haben, dass sie einem Feldzug gegen den Irak zumindest skeptisch gegenüberstehen, hat US-Vizepräsident Dick Cheney jetzt unmissverständlich klargestellt, dass die USA einen Präventivschlag gegen den Irak für "unumgänglich" halten. Mehr noch: Vor einer Versammlung von Kriegsveteranen ließ er die Welt wissen, dass man in Washington die Vorbehalte der Verbündeten für unlogisch hält.

      Die Elite der USA reagiert bisher unterschiedlich auf die ablehnende Haltung der Europäer: aggressiv, irritiert, enttäuscht, aber auch aufgeschlossen. Je nach ideologischem Lager wird das europäische "Nein" von Befürwortern und Gegnern eines Irakkriegs instrumentalisiert. Die US-Regierung, die sich bisher wenig um die Sorgen der Verbündeten scherte, muss nun erfahren, dass sie die Gefolgschaft verweigern.

      Besonders enttäuscht scheint man über die störrischen Deutschen zu sein. Jahrzehntelang hätten sie von der Schutzmacht Amerika profitiert. Nun könnten sie sich etwas dankbarer erweisen, meinen konservative Meinungsmacher. Ginge es mal wirklich ans Eingemachte, bekämen sie weiche Knie. Diese Einstellung sei zwar nicht weit verbreitet, sagt Cathleen Fisher vom American Institute for Contemporary German Studies. Dennoch diene sie dazu, Europa als schwach und nicht bündnisfähig darzustellen. Vor Cheney nutzte bereits der texanische Republikaner Tom DeLay eine Rede zu einem Frontalangriff gegen die Europäer, indem er deren Haltung als realitätsfern diskreditierte.

      Dennoch ist es dem Weißen Haus nicht egal, was in Berlin gesagt wird. Natürlich weiß man, dass die Bundeswehr nicht die militärischen Kapazitäten hat, sich an einem neuen Feldzug zu beteiligen. Die Amerikaner wüssten aber um das starke politische Gewicht Deutschlands innerhalb der EU, sagt Fisher. "Das deutsche Nein" sei somit "fast ein europäisches." Einmal mehr attestierten die USA den Europäern mangelnde globale Verantwortung. :laugh: Europa schaue wie immer auf sich selbst.

      Doch Fisher kritisiert auch die eigene Regierung: So werde außer Acht gelassen, dass Großbritannien und Deutschland mehrere Peacekeeping-Missionen absichern. Man müsste den Europäern das Gefühl geben, dass eine militärische Intervention ohne nachfolgende Friedenssicherung und Wiederaufbau nicht wirksam sei. Zudem seien die Amerikaner in ihrer ambivalenten Haltung gegenüber der EU gefangen. Lange Zeit habe man sich einen starken, selbstbewussten und geeinigten Partner gewünscht. Nun, da sich dieser tatsächlich zeige, blicke man misstrauisch auf die "Alte Welt".

      Der 11. September hat in den Köpfen jener Politiker, die schon immer für amerikanische Alleingänge plädierten, alte Ängste und Feindseligkeiten verstärkt. Ihnen erscheinen die Europäer gegenüber dem irakischen Diktator zu arglos. Die EU könnte eine Brücke bauen, glaubt Fisher, indem sie deutlich mache, dass auch ihr nicht daran gelegen sei, Saddam Hussein in den Besitz von Massenvernichtungswaffen gelangen zu lassen. Zugleich müsse man aber auch konstruktiv Wege aufzeigen, wie dies verhindert werden kann.

      Hinter der Debatte über einen Angriff auf den Irak verbirgt sich ein fundamentaler Streit innerhalb der politischen US-Elite einerseits und der EU andererseits. Dabei geht es um die Bedeutung internationaler Partnerschaft. Während Europa klar auf multilaterale Vereinbarungen setzt, isoliert sich Amerika unter der Bush-Regierung zunehmend und entfremdet sich nicht nur von Europa, sondern auch von sich selbst. Schließlich waren es die USA, die nach dem Zweiten Weltkrieg das System der UNO aus der Taufe hoben. "Die USA zerstören gegenwärtig ihre Allianzen. Es dominiert Unilateralismus, Triumphalismus und eine einfach gestrickte Außenpolitik", sagt Leon Fuerth, Ex-Sicherheitsberater von Al Gore. Es werde eine Weltordnung angestrebt, die allein US-Interessen diene und ein langfristiges US-Engagement bei Militäreinsätzen oder dem "Nation Building" vermeide.

      Doch selbst eingefleischten Republikanern geht die Isolationspolitik des Präsidenten allmählich zu weit. Seit Tagen hat man den Eindruck, dass die Kritiker der Alleingang-Politik Oberhand gewinnen; der Rückenwind aus Europa kommt ihnen dabei nicht ungelegen. Das Weiße Haus ist in der Defensive. Auch ein Grund, warum sich Cheney nun zum Gegenangriff entschloss. Politische Beobachter halten es nicht für unmöglich, dass der konstante Druck aus Übersee und eine einheitliche europäische Haltung einen Richtungswechsel der amerikanischen Irakpolitik bewirken könnten.

      Die Europäer können dabei auf die US-Öffentlichkeit setzen. Anders als ihre Politiker lehnt nämlich eine Mehrheit der Amerikaner ein unilaterales Verhalten ab. Laut einer Studie des Meinungsforschers Clay Ramsey von der University of Maryland sollten die USA nicht ohne Alliierte gegen den Irak vorgehen. Die Bevölkerung sei zudem über die skeptischen Töne aus Europa nicht verwundert, da sie ihre eigene Zurückhaltung nur unterstreichen würden.


      taz Nr. 6838 vom 28.8.2002, Seite 3, 144 TAZ-Bericht MICHAEL STRECK
      Avatar
      schrieb am 28.08.02 02:41:09
      Beitrag Nr. 314 ()
      IRAK

      Apokalyptischer Endkampf

      Bagdads Despot rüstet sein Regime für den Krieg gegen die Supermacht. Während Washingtons Falken einen baldigen Angriff auf Saddam Hussein fordern, schaltet US-Präsident George W. Bush angesichts wachsenden Widerstands im In- und Ausland einen Gang zurück.


      Infernalisches Sirenengeheul lag einst über der Corniche, der großzügig angelegten Uferpromenade am Tigris, wenn sich der Konvoi vom Präsidentenpalast in Bagdad in Bewegung setzte. Ein Dutzend abgedunkelter Geländewagen als Vorhut, dahinter eine unübersehbare Zahl schwerer Mercedes-Limousinen schoss über die frisch asphaltierten Boulevards der irakischen Metropole. Motoren dröhnten, Reifen quietschten. Der einfache Iraker wusste: Jetzt nur nicht unnötig stehen bleiben, keine Blicke auf sich ziehen - Saddam Hussein verlässt die Hauptstadt.



      Irakische Nachwuchskämpfer: "Wir fürchten weder Amerika noch Großbritannien"


      Die Zeiten der automobilen Machtdemonstration, so scheint es, sind vorbei. Saddam ist in Deckung gegangen. Die seit Monaten wie ein Alp auf dem Land liegende Drohung eines amerikanischen Militärschlags hat die Vorbereitungen des Regimes für die Stunde null auf Hochtouren gebracht, berichten Bagdader Residenten arabischer Geheimdienste. Nicht um die Frage, wie Millionen von Irakern zwischen dem 33. und 36. Breitengrad ein mögliches Bombardement amerikanischer und britischer Kampfjets überstehen sollen, geht es, sondern einzig darum, wie der Präsident und seine nächste Umgebung dem Washingtoner Strafgericht entkommen.

      Beweglichkeit, so heißt es, sei das Gebot der Stunde: Schon heute sei Saddam zu seiner während des Golfkriegs angewandten Praxis zurückgekehrt und sitze selbst am Steuer - nicht einer dicken Staatskarosse, sondern unauffälliger, leicht verbeulter Pick-ups und Toyota-Taxis.

      Getarnt mit einem traditionellen Umhang, auf dem Beifahrersitz eine amerikanische Maschinenpistole, pendelt der Diktator, dezent bewacht, zwischen dem Atombunker seines Palastes und sorgsam ausgewählten, stets wechselnden Landsitzen treuer Gefolgsmänner.

      Der Anführer und sein Volk seien gerüstet, warnte Saddams Paladin Mohammed Salih vorige Woche: "Wir fürchten weder Amerika noch Großbritannien, noch irgendjemand sonst." Selbst wenn Washington "mit all seinen Kräften komme", werde sich der Irak verteidigen - notfalls im Guerrilla- und Straßenkampf: "Wir verwandeln diese Region in ein neues Vietnam."

      Die Aussicht auf ein Gemetzel und eine Explosion der gesamten Nahost-Region schürt Widerstand in aller Welt - auch in den USA. Die amerikanische Außenpolitik gerät in eine Schieflage, das internationale Bündnis gegen den Terror droht zu zerbrechen.

      Auch innenpolitisch wächst der Druck auf die Regierung von George W. Bush. In Oregon marschierten vergangenen Donnerstag sogar Demonstranten gegen den Präsidenten auf, der sich bislang enormer Popularität erfreute. Von zuletzt 61 auf 53 Prozent sank der Anteil der Kriegsbefürworter unter den US-Bürgern.


      Der Präsident rief vergangene Woche eilends sein nationales Sicherheitsteam - Vize Richard Cheney, Verteidigungsminister Donald Rumsfeld und Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice - zur Schadensbegrenzung in sein texanisches Urlaubsdomizil Crawford. Danach gelobte er "umfassende Konsultationen" vor einer Kriegsentscheidung, beharrte aber auf einem Regimewechsel in Bagdad "im Interesse der Welt". Allerdings, so betonte Bush, "ich bin ein geduldiger Mensch".

      Doch der politische Streit in Washington und vielen Hauptstädten der Welt war längst in vollem Gang. Im Berliner Kanzleramt bekundete hochoffiziell US-Botschafter Daniel Coats Washingtons Unmut darüber, dass Kanzler Gerhard Schröder Kriegsplänen gegen Bagdad eine Absage erteilt habe, obwohl es solche Pläne noch gar nicht gebe. "Ein höchst ungewöhnlicher Vorgang unter so engen Verbündeten", befand ein hoher US-Beamter.

      Nicht einmal mehr Tony Blair, bislang Washingtons treuester Vasall, gilt als sicherer Kantonist. Er stößt auf wachsenden Widerstand in der britischen Öffentlichkeit und seiner Labour Party. Selbst Kabinettsmitglieder mucken gegen die fast bedingungslose Gefolgschaft auf, die Blair seinem Freund Bush leistet.

      Unbeirrt steht nur noch Israel zum großen Bruder. Der hat mit seinem Krieg gegen den Terror nicht nur die perfekte Legitimation für Premier Ariel Scharons hartes Vorgehen gegen die Palästinenser geliefert. Nun bietet er sogar die einmalige Gelegenheit, einen der gefährlichsten Feinde des Judenstaats auszuschalten.

      Schien sich die Regierung Bush bislang mit dem Verlust internationalen Beistands für ein "Irak-Abenteuer" abzufinden (Schröder), bricht nun auch daheim die Unterstützung weg. Gleich reihenweise bekundeten einflussreiche US-Politiker ihr Unbehagen über George W. Bushs "Fixierung auf den Irak".

      Für Zbigniew Brzezinski, Nationaler Sicherheitsberater von Präsident Jimmy Carter, "stehen das internationale System selbst und die Rolle, die der mächtigste Staat darin übernimmt, auf dem Spiel". Seine demokratischen Parteifreunde überlegen bereits, ob ihnen der offene Disput in der Regierung über den Irak-Kurs bei den Kongresswahlen im November nützen wird.

      Denn unter den Kritikern finden sich auch Schwergewichte aus der republikanischen Regierungspartei. Richard Armey etwa, Mehrheitsführer der Präsidenten-Partei im Repräsentantenhaus, sieht schlicht keinen überzeugenden Grund für einen Angriff auf den Irak.

      Selbst der Hinweis auf die Bereitschaft des Despoten, Massenvernichtungswaffen einzusetzen, wirkt fadenscheinig. Als der von der Niederlage bedrohte Saddam Hussein im Krieg gegen Iran in den achtziger Jahren die anrollenden Menschenwellen der Revolutionären Garden mit Giftkampfstoffen stoppen ließ, protestierte Washington zwar pflichtschuldigst, lieferte aber weiterhin jene Zielinformationen, die Bagdad überhaupt erst den wirksamen Einsatz dieser Waffen ermöglichte.

      Außenminister Colin Powell, den viele angesichts sich häufender Niederlagen im interministeriellen Machtkampf bereits amtsmüde wähnten, bat Henry Kissinger um Hilfe. Der Guru der amerikanischen Außenpolitik, der grundsätzlich den Sturz des Irakers befürwortet, drängte darauf, vor einem Kriegszug jenen Problemen hinreichend Aufmerksamkeit zu schenken, die ein Abgang Saddams hinterlassen würde.

      Geradezu vernichtend urteilte Brent Scowcroft über die Pläne der Falken. Dem Sicherheitsberater zweier republikanischer Präsidenten und in dieser Eigenschaft 1990/91 Mitorganisator des Golfkriegs von George Bush senior fehlen nicht nur die "Belege, die Saddam in Verbindung bringen mit terroristischen Organisationen".

      Scowcroft beschwor die Gefahr eines irakischen Angriffs auf Israel und eines daraus entstehenden "Armageddons", eines apokalyptischen Endkampfs. Auch Analysen der US-Geheimdienste warnen, dass es für Premier Scharon kein Halten gäbe, sofern die Iraker wie 1991 Scud-Raketen gegen Israel richteten. Und beschösse der Diktator gar jüdische Städte mit biologischen oder chemischen Waffen, würde Scharon mit Atomwaffen zurückschlagen. Irak würde "als Staat ausgelöscht", heißt es in einem Lagebericht.


      Schon werden - wie 1991 - in Israel Gasmasken an die Bevölkerung ausgegeben. Ein Pockenimpfprogramm für medizinisches Personal soll womöglich auf die gesamte Bevölkerung ausgedehnt werden.

      Wie auch immer die Reaktion Israels aussähe: Die Gefahr ist, dass sie genau das befördert, was Osama Bin Ladens Glaubensterroristen im Sinn haben - eine geschlossene Front der arabischen Welt gegen die "Ungläubigen" zu schmieden und die wenigen moderaten Regenten und Partner des Westens in der Region zu kippen.

      Die Warnungen bringen die Bush-Krieger in Erklärungsnotstand. Eines der wichtigsten Motive ihrer Irak-Obsession können sie kaum öffentlich erörtern: ihren Frust über den bisherigen Verlauf ihres Kriegs gegen den Terrorismus. Zwar wurde das Taliban-Regime aus Afghanistan vertrieben. Doch bislang ging ihnen kaum einer der dicken Fische aus Bin Ladens Qaida-Schwarm ins Netz. Unter den knapp 600 Gefangenen auf dem kubanischen US-Stützpunkt Guantanamo Bay hätten die Fahnder keinen einzigen hochrangigen Terroristenführer entdeckt, berichtete die "Los Angeles Times".

      Die Befragung der einfachen Kämpfer, "die oft buchstäblich nicht wissen, dass die Welt eine Kugel ist" (so ein Lagerbesucher), habe praktisch kaum verwertbare Erkenntnisse über Struktur und Pläne der weltweit zerstreuten Terrortruppe ergeben. Deren Überwachung sei nach ihrer Vertreibung aus Afghanistan "sehr viel schwieriger" geworden, beklagen westliche Geheimdienstler einen Nebeneffekt des Erfolgs auf dem Schlachtfeld. Wichtiger als die vollständige Zerschlagung von al-Qaida sei die Austrockung des Umfelds, das sie schützt.


      Als Resultat dieses Erkenntnisprozesses wollen die meist hervorragend informierten Analysten des US-Informationsdienstes "Stratfor", der enge Kontakte zur Administration und zu den Denkfabriken Washingtons pflegt, bei den Apologeten des Kriegs gegen den Terror eine neue Stoßrichtung ausgemacht haben.

      Viele konservative US-Strategen hätten ihre Prioritäten verändert. Statt al-Qaida haben sie Saddam Hussein ganz oben auf ihre Favoritenliste gesetzt. Denn nur ein Sieg über Saddam, die Galionsfigur des erfolgreichen Widerstands der arabischen Welt gegen die Weltmacht Amerika, demonstriere Amerikas "überwältigende Macht und Entschlossenheit" in einer Weise, die geeignet sei, aktive und potenzielle Terroristen und ihr anti-amerikanisches Umfeld zu demoralisieren. Mit einer solchen Strategie aber würde Washington unweigerlich in die Falle tappen, die schon Osama Bin Laden aufzustellen versuchte - die USA im "Krieg der Kulturen".

      Diese Gefahr sieht Rumsfeld offenbar nicht. Gleich nach der Scowcroft-Philippika holte er zum Gegenschlag aus. Amerika dürfe vor einem Angriff auf Saddam nicht einmal mehr den Ausgang möglicher Uno-Kontrollen im Zweistromland abwarten, forderte der Ober-Falke.

      Damit wird nicht nur Londons Außenminister Jack Straw vor den Kopf gestoßen, der gerade erst wieder die Bedeutung der Uno-Kontrollen für eine friedliche Lösung der Irak-Krise herausgestrichen hat. Auch Uno-Chefkontrolleur Hans Blix muss sich brüskiert fühlen, hält er es doch immer noch für möglich, dass die Weltorganisation mit Inspektionen den Krieg abwenden könne.

      Doch auch die Kritiker fürchten, dass der amerikanische Sturm auf Bagdad nahezu unvermeidbar ist. Der Präsident besitze kaum noch Spielraum.


      Eng könnte es dann allerdings auch für seinen Kontrahenten Saddam werden. Sein Sohn Udai hielt sich erst kürzlich in Moskau auf. Dass er die Flucht des Despoten ins Moskauer Exil vorbereitet habe, mag dort allerdings niemand bestätigen.

      SIEGESMUND VON ILSEMANN, BERNHARD ZAND
      Spiegel.de

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      DER SPIEGEL 35/2002 - 26. August 2002
      URL: http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,210897,00.html
      Vereinte Nationen

      "Wir könnten sofort in Bagdad sein"

      Der Chef der Uno-Waffeninspektoren für den Irak, Hans Blix, über den Despoten Saddam Hussein, die Scheinheiligkeit des Bagdader Regimes und die Vorbereitungen für einen Einsatz seines Teams


      SPIEGEL: Herr Blix, der irakische Staatschef Saddam Hussein hat erbitterten Widerstand angekündigt, sollten die USA sein Land angreifen. Wie bedrohlich ist das Waffenarsenal des Despoten von Bagdad?

      Blix: Zunächst einmal muss ich klarstellen, dass Saddam vor dem Golfkrieg 1991 wesentlich gefährlicher war als heute. Auf Grund ihrer Geheimdiensterkenntnisse gehen die USA - aber auch Großbritannien - jedoch davon aus, dass der Irak weiterhin über Massenvernichtungswaffen verfügt. Die internationale Besorgnis ist umso berechtigter, als das Land seit vier Jahren nicht mehr von Inspektoren kontrolliert werden konnte. Das ist eine ziemlich lange Zeit, da kann viel passieren.

      SPIEGEL: Regierungsexperten in Washington sind überzeugt, dass Saddam in zwei bis drei Jahren sogar über die Atombombe verfügen könnte.

      Blix: Diese amerikanischen Schlussfolgerungen will ich nicht kommentieren. Wir wissen jedoch, dass Ende 1998, als die Inspektionen eingestellt wurden, Saddam keine Möglichkeiten mehr zum Bau einer Atombombe hatte. Die dazu benötigten Einrichtungen waren zerstört. Über das Know-how zum Bau einer Bombe aber verfügen die Iraker weiterhin. Was sie allerdings tatsächlich unternommen haben, sollen ja gerade neue Inspektionen zeigen.

      SPIEGEL: Aber dass Saddam weiterhin über biologische und chemische Massenvernichtungswaffen verfügt und sie auch wieder produziert, gilt als sicher?

      Blix: Beweise für deren gegenwärtige Fabrikation haben wir nicht. Berichte, nach denen die Iraker etwa über mobile Laboratorien zur Herstellung dieser Kampfstoffe verfügen, kann ich nicht bestätigen. Ich kann noch nicht mal behaupten, dass die Iraker diese B- und C-Waffen überhaupt noch besitzen.


      SPIEGEL: Das hört sich nach einem Freispruch für Saddam an.

      Blix: Überhaupt nicht. Es sind nur noch so viele Fragen offen, dass ich zumindest Vorräte an Kampfstoffen überhaupt nicht ausschließen kann. Was etwa das Nervengas VX anbelangt, wussten die Iraker schließlich nur zu gut, wie es hergestellt wird ...

      SPIEGEL: ... Saddam soll mindestens 3,9 Tonnen VX produziert haben ...

      Blix: ... und sie wussten, wie man Gas als Waffe einsetzt. Das Regime hat sich ja auch beim Kurden-Aufstand in Halabdscha 1988 nicht gescheut, Giftgas gegen die eigene Bevölkerung einzusetzen.

      SPIEGEL: Was wissen Sie über Saddams Biowaffenarsenal?

      Blix: Das ist für uns der Bereich mit den meisten noch ungeklärten Fragen. Nehmen Sie zum Beispiel die Anthrax-Kampfstoffe. Da behaupten die Iraker, sie hätten davon früher insgesamt ungefähr 8500 Liter hergestellt. Die aber seien Mitte 1991 von ihnen vernichtet worden. Doch über die Richtigkeit dieser Aussage haben wir keinerlei gesicherten Erkenntnisse.

      Aber selbst wenn: Bagdad hätte theoretisch sogar bis zu 25 000 Liter produzieren können. Deshalb müssen die Iraker uns belegen, was und wie viel früher produziert und wie viel schließlich tatsächlich vernichtet wurde.

      SPIEGEL: So können Sie noch auf ewig von den Irakern immer neue Nachweise einfordern und kehren damit die Beweislast um.

      Blix: Genauso argumentiert die irakische Seite. Aber wir befinden uns nicht in einem juristischen Verfahren. Hier geht es darum, dass der Irak der Welt glaubhaft versichern muss, dass er keine Massenvernichtungswaffen mehr besitzt.

      SPIEGEL: Bei welcher Art von Waffen haben Sie die größten Probleme?

      Blix: Am schwersten sind biologische Kampfstoffe nachzuweisen. Das sind wahre Terrorwaffen. Anders als chemische oder atomare Waffen sind sie vergleichsweise leicht herzustellen und einfach zu verstecken. Schon mit einem Kubikmeter Anthrax-verseuchter Flüssigkeit können Sie Verheerendes anrichten.

      SPIEGEL: Wie wollen Sie dann jemals garantieren, dass der Irak definitiv keine Massenvernichtungswaffen mehr besitzt?

      Blix: Das werden wir in dieser Absolutheit nie sagen können. Selbst im besten Falle bleibt immer ein Restrisiko.

      SPIEGEL: Damit liefern Sie politischen Hardlinern einen Vorwand, selbst nach neuen Inspektionen gegen den Irak vorzugehen.

      Blix: Wenn unsere Teams erst einmal im Land sind und ihre Aufgaben uneingeschränkt durchführen können, dann werden wir nach einiger Zeit schon einen guten Überblick haben. Das würde uns ein ziemlich verlässliches Urteil erlauben, das mit Sicherheit entsprechendes Gewicht hat.

      SPIEGEL: Woher beziehen Sie denn derzeit Ihre Informationen?

      Blix: Wir stützen uns sehr auf Satellitenfotos. Die kaufen wir auf dem freien Markt von Firmen und erhalten sehr detaillierte Aufnahmen. Aber natürlich werden wir auch von Regierungen mit Fotomaterial versorgt. Auf diesen Bildern sehen wir, dass sich im Irak eine Menge tut.

      SPIEGEL: Sie vermuten hinter den Aktivitäten neue Waffenproduktionen, können es Saddam aber nicht beweisen.

      Blix: Dass an bestimmten Stellen gearbeitet und gebaut wird, neue Fabriken oder Anlagen entstehen, lässt nicht unbedingt den Schluss zu, dass der Irak ein neues Programm zur Herstellung von Massenvernichtungswaffen gestartet hat. Dieser Schluss ist mir zu spekulativ.

      SPIEGEL: Wie viele Stellen haben Sie denn auf Ihren Karten als zumindest überprüfenswert markiert?

      Blix: Weit über 700 Orte sind für uns interessant, sei es, dass wir dort Lager vermuten, versteckte Dokumente oder auch Waffenproduktionsstätten. Doch bei allem Respekt vor unseren Informanten, zu denen auch Überläufer aus dem Regime gehören: In diesem Bereich gibt es ebenso viele Desinformationen. Deshalb können wir uns erst ein Urteil erlauben, wenn wir diese Plätze mit eigenen Augen inspiziert haben.

      SPIEGEL: Eine Einladung nach Bagdad, um über die Wiederaufnahme der Inspektionen zu verhandeln, haben Sie aber ausgeschlagen.

      Blix: Die Iraker wollten nicht über künftige Inspektionen reden. Sie wollten mit uns diskutieren, welche Punkte aus dem Jahr 1998 noch ungeklärt sind und wie diese gelöst werden könnten. Da haben wir gesagt: Sorry, das ist nicht unser Auftrag.

      SPIEGEL: Hatten Sie den Eindruck, dass die andere Seite mit einem scheinheiligen Angebot nur Zeit schinden wollte?

      Blix: Das ist gut möglich. Während die Iraker auf Diskussionen von gestern drängen, geht es uns um die künftigen Inspektionen. Das ist unser Auftrag vom Sicherheitsrat. Und wir können auch nicht über irgendeine Paketlösung des Problems verhandeln, wie sie von Bagdad in mittlerweile zwei Briefen an den Uno-Generalsekretär Kofi Annan vorgeschlagen wurde.

      SPIEGEL: Was bietet Saddam denn an?

      Blix: Bagdad will, dass die Flugverbotszonen über dem Norden und Süden des Landes aufgehoben werden, verwahrt sich gegen jede Art von Aufrufen zum Umsturz, will die Sanktionen aufgehoben wissen und verlangt, dass die ganze Region auf Massenvernichtungswaffen verzichten soll, Israel eingeschlossen. Damit einhergehend bietet das Regime eine Lösung des Konflikts um die Inspektionen an.

      SPIEGEL: Fühlen Sie sich durch solche unrealistischen Forderungen für dumm verkauft?

      Blix: Als Diplomat würde ich das so niemals sagen. Aber was die Aussicht auf Inspektionen anbelangt, bin ich seither nicht mehr so zuversichtlich, dass wir eine Lösung finden.

      SPIEGEL: Wären Sie und Ihre Inspektoren denn überhaupt vorbereitet, falls Bagdad doch noch einlenkt?

      Blix: Wir drehen hier nicht Däumchen. Wir sind bestens präpariert und könnten sofort in Bagdad sein. 230 Inspektoren warten nur auf ihren Einsatz.

      SPIEGEL: Mitglieder vorheriger Teams haben eng mit US-Geheimdiensten zusammengearbeitet. Können Sie sicherstellen, dass nicht auch unter Ihren Leuten Spione sind?

      Blix: Wir achten sehr auf die Auswahl unserer Mitarbeiter. Zudem sage ich jedem sehr deutlich, dass wir nur an den Weltsicherheitsrat berichten. So lehnen wir auch jegliche Gegengeschäfte ab, wenn uns Dienste mit Fotos oder Informationen versorgen. Wir lassen uns nicht als Informanten abschöpfen.

      SPIEGEL: Glauben Sie, dass Bagdad Ihre Bemühung um eine spannungsfreie Zusammenarbeit honorieren wird?

      Blix: Eine volle Kooperation wäre doch nur im Interesse Bagdads. Die Inspektionen könnten in einem Jahr abgeschlossen sein, und das Land hätte eine Chance, wieder in die Weltgemeinschaft aufgenommen zu werden - falls wir nicht fündig werden.

      SPIEGEL: Trotz der Sanktionen, die vor allem die Bevölkerung treffen, hält sich Saddam offensichtlich fester denn je an der Macht. Hat das Embargo versagt?

      Blix: Zumindest haben die Sanktionen den Irak nicht zum Einlenken im Konflikt um die Inspektionen bewegt. Aber sie behindern die Wiederaufrüstung des Irak, und das ist ja auch schon ein Erfolg.

      SPIEGEL: Nicht nur Bagdad gab sich in den vergangenen Wochen martialisch. Auch US-Präsident George W. Bush zeigt sich entschlossen und drängt auf einen Regimewechsel. Werden die Kriegsdrohungen aus dem Weißen Haus Saddam doch noch zum Einlenken bewegen?

      Blix: Wenn Bagdad den Eindruck gewinnt, dass eine US-Invasion ohnehin nicht mehr abzuwenden ist, wird das Regime vorher Waffeninspektionen bestimmt nicht zustimmen.

      SPIEGEL: Ist der Krieg noch abwendbar?

      Blix: Ja, wenn Bagdad für unsere Mission grünes Licht gibt und wir zu einem positiven Ergebnis kommen.

      INTERVIEW: DIETER BEDNARZ
      Avatar
      schrieb am 28.08.02 02:48:32
      Beitrag Nr. 315 ()
      SPIEGEL ONLINE - 26. August 2002, 11:00
      URL: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,210272,00.html


      Serie "Der Kampf ums kaspische Öl"

      Pipelines, Bomben und Soldaten


      Von Lutz C. Kleveman, Baku

      Mit aller Macht wollen die Amerikaner ihre Abhängigkeit vom arabischen Öl drosseln und schieben dazu ein gefährliches Milliardenabenteuer an. Um an die Ölreserven am kaspischen Meer heranzukommen unterstützen sie skrupellose Ölbosse und machthungrige Despoten. Eine Reportage-Serie über den Kampf der Staaten und Konzerne um Pipeline-Routen und militärische Vorherrschaft.


      Ölfeld bei Baku (Aserbeidschan): Das neue "Große Spiel" zwischen Kaukasus und Pamir


      Im "Finnegan`s" trifft sich, was man in Baku die "Ölmänner" nennt. Nicht die Bosse und Manager, die zieht es nach Feierabend eher ins feine "Sunset Café" oder direkt heim in ihre Villen vor der Stadt. Das "Finnegan`s" in der Altstadt ist für die Jungs von den Bohrinseln. Die sich, wenn sie Schichtpause an Land machen, nach einem Pub wie zuhause sehnen.

      Hier wird ihnen geholfen: Aus den Boxen über dem Tresen kommt Rockmusik, man kann in Dollars bezahlen, und im Fernseher an der Wand spielt Manchester United gegen Chelsea. Für ein paar Stunden können die Ölmänner den penetranten Petroleumgestank vergessen, der Tag und Nacht die Hauptstadt der ex-sowjetischen Republik Aserbaidschan durchzieht.

      "Ein wackeliger Flug war das - bin gespannt, wann die nächste Maschine ins Meer plumpst", sagt Thomas, als er an die Bar tritt. Der Ölingenieur aus Westfalen arbeitet auf der Plattform Chirag, 80 Kilometer auf dem Kaspischen Meer gelegen, von wo ihn am Nachmittag der Konzern-Helikopter von British Petroleum-Amoco in die Stadt gebracht hat. Ein schottischer Kollege klopft Thomas auf die Schulter und schlägt eine Wette darauf vor, wessen Hubschrauber wohl als erster abstürzen werde. "Jeder setzt auf seinen eigenen Flug - dann hat man wenigstens die Wette gewonnen, wenn es abwärts geht."


      Der Autor dieser Serie schrieb zum gleichen Thema das in dieser Woche erscheinende Buch "Der Kampf um das heilige Feuer - Wettlauf der Weltmächte am Kaspischen Meer", Rowohlt Berlin, 320 Seiten, 19,90 Euro


      Trotz ihres schwarzen Humors ist die Stimmung der Ölmänner den gesamten Abend über ausgezeichnet. Nicht ohne Grund: Der Ölboom am Kaspischen Meer, dem neuen Wilden Osten der Industrie des Schwarzen Goldes, hat seine kurze Flaute überwunden. Auf dem Grund des riesigen Binnensees und an seinen Ufern bohren gleich mehrere transnationale Energiekonzerne nach den größten unerschlossenen Ölvorkommen der Welt und bescheren ihren Arbeitern und Ingenieuren Spitzeneinkommen für viele Jahre.

      Schätzungen über das verfügbare Volumen reichen von 50 bis 110 Milliarden Fass Erdöl und etwa sieben bis neun Billionen Kubikmeter Erdgas. Das US-Energieministerium kalkuliert sogar mit 200 Milliarden Barrel Erdöl - nur Saudi Arabien besitzt mit nachgewiesenen 262 Milliarden Barrel mehr. Erst im Sommer 2000 wurde vor der kasachischen Küste das Kashagan-Ölfeld entdeckt, das als eines der fünf größten der Welt gilt.

      Der letzte Öl-Rausch in der Geschichte der Menschheit

      Für westliche Ölfirmen, denen die verstaatlichten Produktionsstätten der Golfregion und das unsichere Russland wenig Chancen für Beteiligungen bieten, ist der kaspische Boom ein Segen. Sie haben mit den zumeist ex-kommunistischen Potentaten der Region lukrative Verträge abgeschlossen und 30 Milliarden Dollar in neue Förderanlagen gesteckt. Bis zum Jahr 2015 sind weitere Investitionen in Höhe von 100 Milliarden Dollar vorgesehen.


      Zugleich hat aber der voraussichtlich letzte große Öl-Rausch in der Geschichte der Menschheit einen geopolitischen Kampf um den Kaukasus und Zentralasien ausgelöst, wo seit dem Kollaps der Sowjetunion vor zehn Jahren ein Machtvakuum herrscht. Er gleicht dem "Great Game", der imperialen Rivalität zwischen dem Britischen Weltreich und dem zaristischen Russland um das Herz der eurasischen Landmasse im 19. Jahrhundert, das der britische Schriftsteller Rudyard Kipling einst so spannend beschrieb.


      Nun ist ein neues "Großes Spiel" um die Territorien zwischen den Gebirgen des Kaukasus und des Pamir entbrannt (siehe Karte). Mit dem Unterschied, dass nun die Amerikaner Gegenspieler der Russen sind. Außerdem mischen dieses Mal reiche Konzerne und Regionalmächte kräftig mit - China, der Iran, die Türkei, Pakistan sowie Shell und BP.

      Alle wollen die Kontrolle über die Energiereserven gewinnen, welche die Abhängigkeit vom Öl des mächtigen, arabisch dominierten OPEC-Kartells aus der instabilen Golfregion mindern können. Zwar reichen die Ölreserven des kaspischen Meers entgegen ersten euphorischen Erwartungen nicht an die Vorkommen des Persischen Golfs heran, die etwa 600 Milliarden Barrel, zwei Drittel der Vorräte der Erde, umfassen.

      Mit einer Fördermenge von maximal sechs Millionen Barrel pro Tag könnte die kaspische Region einen Weltmarktanteil von lediglich fünf bis acht Prozent erreichen, was ungefähr dem der Förderung aus dem Nordseegrund entspräche. Die Führerschaft des OPEC-Kartells wird also unangefochten bleiben. Zudem gehen die außerhalb der Golfregion liegenden fossilen Reserven allmählich zur Neige. Bei der jährlich um fast zwei Millionen Barrel steigenden Nachfrage nach Rohöl wird der Anteil der OPEC am Weltmarkt in den kommenden zwei Jahrzehnten weiter wachsen.

      Strategisches Ziel für Öl-Männer der Bush-Regierung

      Aber gerade darin liegt die strategische Bedeutung der kaspischen Vorkommen. Denn um die Abhängigkeit vom arabischen Öl zu mildern, verfolgen die Regierungen der Vereinigten Staaten die Politik, ihre "Energieversorgung zu diversifizieren", also Rohstoffquellen außerhalb der OPEC zu erschließen und zu sichern.

      Die Kontrolle über das kaspische Erdöl ist eines der Schlüsselelemente dieser Strategie. "Ich kann mich an keine Zeit erinnern, in der eine Region so plötzlich strategisch so wichtig geworden ist wie jetzt die kaspische Region", erklärte Dick Cheney, der damalige Chef des Petrologistik-Konzerns Halliburton, im Jahre 1998 in einer Rede vor Öl-Industriellen in Washington.

      Heute ist Cheney Vize-Präsident der Vereinigten Staaten und gilt als der einflussreichste Mann hinter George W. Bush, der selbst aus der texanischen Ölindustrie kommt. Die Terroranschläge vom 11. September 2001 und der amerikanische Feldzug in Afghanistan haben Zentralasien endgültig in den Brennpunkt der US-Außenpolitik gerückt. Washington ist entschlossen, die geostrategischen Kräfteverhältnisse am Kaspischen Meer zu seinen Gunsten zu verändern.

      Alle Spieler des neuen "Great Game" beschäftigt ein ernstes Problem: die Ölfelder der landumschlossenen kaspischen Region liegen Tausende Kilometer von Hochseehäfen entfernt, von wo Tanker es zu den Märkten der industrialisierten Welt bringen könnten. Also müssen Pipelines gebaut werden. Und um deren Verlauf gibt es im Kaukasus und in Zentralasien seit fast zehn Jahren Konflikte - und Kriege.

      US-Präsident Bush, Vize Cheney: Öl-Strategen in höchsten Regierungsämtern


      Russlands Regenten, nach Saudi-Arabien die zweitgrößten Erdölexporteure der Welt, sehen sich noch immer als Aufseher ihrer ehemaligen kaukasischen und zentralasiatischen Kolonien. Trotz der Mitarbeit Präsident Vladimir Putins in der amerikanischen Anti-Terror-Koalition wollen mächtige politische und wirtschaftliche Kreise in Moskau die USA auf Armlänge halten. Sie bestehen darauf, dass die Pipelines für das kaspische Öl wie zu Sowjetzeiten über russisches Territorium nördlich des Kaukasus-Gebirges verlaufen, durch das kriegsgeschüttelte Tschetschenien zum Schwarzmeer-Hafen Novorossijsk.

      Die Vereinigten Staaten hingegen wollen den kostbaren Rohstoff russischem Zugriff entziehen, um die Unabhängigkeit der ehemaligen Sowjetrepubliken von Moskau zu stärken. Eine südliche Route durch den von Mullahs regierten Iran, seit 20 Jahren Amerikas Erzfeind, kommt für Washington ebenfalls nicht in Frage. Die Bush-Regierung, wie zuvor auch schon die Clinton-Administration, kämpft mit allen Mitteln für eine Pipeline, die sowohl Russland als auch den Iran umgeht.

      Seit Mitte der 1990er macht Washington daher Druck für ein gigantisches Pipeline-Projekt über 1750 Kilometer von der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku durch das Nachbarland Georgien zum türkischen Mittelmeerhafen Ceyhan. Massiv unterstützt wird die kühne Idee von der türkischen Regierung, die befürchtet, Tanker aus dem Schwarzen Meer könnten im engen Bosporus havarieren und Istanbul verseuchen. Mit 2,9 Milliarden Dollar Baukosten ist die Leitung allerdings extrem teuer und soll zudem durch politisch sehr instabile Gebiete verlaufen, zunächst wollte darum kein Konzern das Risiko eingehen.


      Doch beim Öl ist Politik mindestens so wichtig wie der Markt. Darum wird nun die Azerbaijan International Operating Company (AIOC), ein internationales Konsortium aus einem Dutzend Ölkonzernen das Projekt in Angriff nehmen. An dessen Spitze steht die BP Amoco AG, mit der Aserbaidschan Ende 1994 den sogenannten "Jahrhundert-Vertrag" zur Ausbeutung der kaspischen Ölquellen unterzeichnete. Und alle Fäden für das kaspische Ölabenteuer laufen zusammen in der Villa Petrolea, der BP-Konzernzentrale in Baku, inmitten einer der gespenstischsten Industrieödlandschaften der Erde.

      BP-Chef John Browne: "Wir sind keine wohltätige Organisation"


      Direkt am Ufer rosten hier hunderte Derricks, alte Ölfördertürme, inmitten riesiger Lachen aus schleimigem Ölschlick und rosa glänzendem Wasser. Noch immer quälen sich einige Schwengel knirschend und rasselnd auf und ab, wie nickende Esel aus Stahl, und saugen Rohöl aus dem Erdreich. So verseucht ist das Gelände, dass auf mehreren Quadratkilometern nicht eine grüne Pflanze wächst, nicht ein einziger Grashalm.

      Hier brach Ende des 19. Jahrhunderts der erste Ölboom Bakus los, als die Nobels und die Rothschilds in die Stadt kamen und von hier aus der amerikanischen Standard Oil Company John Rockefellers das Weltmonopol streitig machten. Sie bauten die erste Pipeline vom Kaspischen ans Schwarze Meer, mehr als die Hälfte allen Öls auf dem Weltmarkt kam vor 100 Jahren aus Baku. Aber auch die russische Arbeiterbewegung hatte hier ihre Ursprünge, aufgestachelt von einem gewissen georgischen Agitator namens Josif Dschugaschwili, der sich später Stalin nennen sollte. Nach der Oktoberrevolution 1917 vertrieb die Avantgarde des Proletariats die kapitalistischen Ölbarone und verfeinerte deren Methoden, die Natur restlos zu verseuchen.

      Auch die Villa Petrolea, von der aus BPAmoco heute die kaspischen Geschäfte leitet, war vor zehn Jahren noch ein Regierungsgebäude der Kommunisten. Viele kleine Hämmer und Sicheln, liebevoll in Rot ausgemalt, prangen in der fein verzierten Stuckdecke der Eingangshalle. "Tja, das ist die Ironie der Geschichte", lacht BP-Sprecherin Taman Bayatli, beim Empfang des Besuchers im dritten Stock des Gebäudes.


      Hier arbeitet David Woodward, Vorsitzender von BPAmoco Aserbaidschan, nach Staatspräsident Heydar Alijew und dessen Sohn wohl der mächtigste Mann in Baku. Er verwaltet rund 15 Milliarden Dollar, die der Ölkonzern in den kommenden Jahren vor der aserischen Küste investieren will. So dominant ist BPAmocos wirtschaftliche Stellung in Aserbaidschan mittlerweile, dass kaum eine wichtige Entscheidung in Sachen Öl ohne Woodwards Zustimmung fällt - und Öl ist in diesem Land fast alles. Ein BP-Sprecher hat es mal so ausgedrückt: "Wenn wir aus Baku abzögen, würde das Land über Nacht zusammenbrechen."

      Woodward, der großgewachsene BP-Veteran, in dessen Lebenslauf keine der klassischen Job-Stationen von Aberdeen bis Alaska fehlt, kommt gleich zum Punkt: "Wir werden die Pipeline nach Ceyhan bauen, und wir werden sie mit Öl vollmachen. Sie wird rentabel sein, im Sommer geht es los."

      Nein, nicht der politische Druck aus Washington sei ausschlaggebend, die Entscheidung rein ökonomisch motiviert, beteuert Woodward. "Es ist kein politisches Projekt. Wir sind keine wohltätige Organisation - wenn sich die Sache nicht rechnen würde, hätten wir Amerikanern und Aseris gesagt: `Sorry, aber es geht nicht!`" Einmal fertig, soll die Röhre täglich bis zu eine Million Barrel Rohöl des Chirag-Felds transportieren. Woodward räumt ein, dass eine Nord-Süd-Route durch den Iran kürzer, billiger und wahrscheinlich auch sicherer wäre als die Pipeline durch das bürgerkriegsgeschüttelte Georgien. "Aber wir halten uns an amerikanische Sanktionen gegen den Iran, und außerdem will unser Gastgeber Aserbaidschan nicht vom Iran abhängig sein - was wir respektieren müssen."

      Die große Unbekannte Russland

      Sogar der russische Widerstand gegen das Projekt wird offenbar geringer. Seit Jahren steht Moskau im Verdacht, absichtlich politisches Chaos und Bürgerkriege in Aserbaidschan und im Transitland Georgien anzufachen, um Pipeline-Investoren abzuschrecken. Im Krieg zwischen Aserbaidschan und Armenien Anfang der 1990er um die Enklave Berg-Karabach, bei der Zehntausende starben und bis zu eine Million Aseris vertrieben wurden, unterstützte Moskau offen die Armenier.

      Russlands Präsident Putin: "Russland ist und bleibt gegen die Pipeline"


      Im vergangenen Oktober allerdings, auf dem Höhepunkt russisch-amerikanischer Detente im gemeinsamen "Krieg gegen den Terror", reiste Woodward mit ein paar Kollegen nach Moskau und stellte das Baku-Ceyhan-Projekt erstmalig im dortigen Energieministerium vor. Noch ein Jahr zuvor wäre dies undenkbar gewesen. "Der stellvertretende Minister war da und machte deutlich, dass russischen Firmen, die sich an der Pipeline beteiligen wollen, keine Steine in den Weg gelegt würden."

      So hat denn auch der russische Ölriese Lukoil, der als verlängerter Arm von Moskaus Außenpolitik betrachtet wird, Interesse signalisiert, sich in das Projekt einzukaufen.

      Ein hochrangiger russischer Diplomat in der Region dämpft allerdings zu hohe Erwartungen an Moskaus Kooperation: "Auch wenn Lukoil sich an Baku-Ceyhan beteiligt, Russland ist und bleibt gegen Pipeline. Sie ist ein geopolitisches Projekt der Amerikaner, und wir werden versuchen, es zu verhindern."

      Der Weg zu US-Botschafter Ros Wilson in Baku, Washingtons wichtigstem Diplomaten in diesem Teil der Welt, führt durch eine Metallschranke, die solange piept, bis man auch den letzten Kugelschreiber aus der Tasche gekramt hat. Woraufhin die Sicherheitsbeamten, seit dem 11. September noch gewissenhafter als sonst, den Kugelschreiber in seine Einzelteile zerlegen - man kann ja nie wissen.

      Botschafter Wilson, ein hochaufgeschossener, schlanker Mann aus Minnesota, hat seit dem Beginn des amerikanischen "Kriegs gegen den Terror" wohl ein paar mehr Akten als sonst auf seinem Schreibtisch. Er scheint ganz froh zu sein, mal wieder über Öl, und nicht islamische Terroristen, reden zu können. Schon die ersten Sätze verraten den geschliffenen Karriere-Diplomaten: "Wir sehen uns nicht in einem Großen Spiel mit Russland, schon gar nicht in einem Nullsummenspiel. Wir haben unsere Interessen, die Russen haben ihre, aber sie müssen nicht unbedingt miteinander kollidieren." Das Gefühl einiger Russen, Amerika wolle sie aus der Region verdrängen, sei grundlos.


      Nach einigen Phrasen über Demokratie, Frieden und Kooperation, die so sorgsam getrimmt sind wie sein rötlicher Vollbart, wird Wilson deutlicher: "Wir wollen sicherstellen, dass das kaspische Öl an die Märkte kommt." Die Aseris wüssten außerdem, dass nur die Pipeline nach Ceyhan das Ticket zur wirklichen Unabhängigkeit sei. Schließlich sei der große Nachbar im Norden ein Hauptkonkurrent Aserbaidschans auf den Ölmärkten. "Die Aseris versuchen natürlich, Amerika und Russland gegeneinander auszuspielen. Aber sie verstehen, dass nur die Vereinigten Staaten der Garant für ihre Unabhängigkeit sind." Wie einen Beschluss verkündet Wilson dann: "Das Öl wird nie durch Russland gehen."
      Avatar
      schrieb am 29.08.02 13:36:55
      Beitrag Nr. 316 ()
      Zur Museumsarmee:


      Beben in Bagdad
      VON PETER MÜNCH

      Man nehme das beste aller militärischen Szenarien, den Traum des Möchtegern-Feldherren: Es lockt der Sieg, alles geht schnell, und Bagdad wird im Sturm genommen. So könnte es tatsächlich kommen, wenn die USA gegen das poröse Reich des Saddam Hussein in den Krieg ziehen. Der einsame Diktator muss schließlich nicht nur den Feind fürchten, sondern auch sein eigenes Volk, das sich schon mehrfach erhoben hat – leider vergeblich. Es mag natürlich, was wahrscheinlicher ist, viel schwieriger werden, ein zäher Kampf könnte sich entfalten in der irakischen Wüste und festfressen in den Häuserschluchten von Bagdad. Aber bei allen Risiken, die ein solcher Krieg birgt, wird die Konfrontation mit Saddams Truppen keine unlösbare militärische Aufgabe für die Supermacht sein. In der Aussicht auf einen letztlich ungefährdeten Sieg liegt jedoch die vielleicht größte Gefahr.
      Denn wenn die Feldherren im Weißen Haus oder die Zivilisten im Pentagon ihre Träume ausleben, dann bekommen die Diplomaten – auch die amerikanischen – Albträume. Wer in anderen Kategorien denkt als Krieg und Sieg, den muss die Frage umtreiben, welcher Gewinn zu verbuchen und welcher Preis zu zahlen wäre für den mit immenser Waffengewalt erzwungenen Erfolg. Jenseits des Militärischen nämlich fangen die wirklichen Probleme an. Der Irak ist keine Insel wie Grenada, er ist kein schwarzes Loch wie Afghanistan. Das Zweistromland ist eingebettet in die tektonisch brüchigste Zone der Geopolitik. Hier lässt sich kein isolierter Feldzug führen. Die Folgen eines Bebens in Bagdad werden auf der nach oben offenen Krisenskala in der ganzen Region zu spüren sein. Mehr noch: Es könnten bei einem amerikanischen Alleingang gefährliche Risse entstehen im globalen Gefüge.
      Zunächst zur Nahost-Politik, die sich in diesen Tagen in einem Dreieck zwischen Bagdad, Riad und Jerusalem bewegt. Bagdad steht für die Bedrohung durch Massenvernichtungswaffen, Riad für die vom islamischen Fundamentalismus ausgehenden Gefahren und Jerusalem für den Dauerkonflikt zwischen Israelis und Palästinensern. Zwischen diesen drei Punkten verläuft eine unsichtbare Linie, die im Kriegsfall deutlich sichtbar würde.

      Saddams Plan
      Wer im Nahen Osten wie im Wilden Westen auftritt, riskiert den Kollaps jener Politik, die in den letzten zwei Jahrzehnten die Region nicht ruhig, aber ruhiger gemacht hat. Die Intifada II ist gewiss eine furchtbare Entgleisung im Friedensprozess, aber sie ist dennoch ein weit gehend isoliertes Ereignis geblieben – eben wegen der diplomatischen Vorarbeiten. Die hatten mit dem israelisch-ägyptischen Camp-David-Frieden 1979 begonnen und waren auf derselben Schiene mit dem Oslo-Abkommen zwischen Israelis und Palästinensern sowie mit dem jordanisch-israelischen Friedensvertrag fortgeführt worden. Noch ist es undenkbar, dass Israels Nachbarn Ägypten, Jordanien oder Syrien wieder aktiv in den Konflikt eingreifen. Im Falle eines Irak-Krieges könnte sich das schnell ändern.
      Das Drehbuch für die unkontrollierbare Eskalation des Nahost- Konfliktes liegt in Bagdad in der Schublade – und besonders beängstigend ist, dass offenbar auch der israelische Premierminister Ariel Scharon nach demselben Drehbuch zu agieren gedenkt. Bei einem amerikanischen Angriff wird Saddam alles daran setzen, Israel in den Krieg hineinzuziehen, um damit eine Solidarisierung der arabischen Bruderstaaten zu provozieren. Im Golfkrieg von 1991 war das misslungen. Amerika hatte damals die Araber in die Anti-Bagdad- Allianz eingebunden. Dieses Bündnis hielt, weil Israel stillhielt, selbst als irakische Scud-Raketen in Tel Aviv einschlugen.
      Nun aber gibt es keine Allianz der Araber mit den Amerikanern. Im Gegenteil: Obwohl Saddam keine wirklichen Freunde hat in der Region, wurde Washington aller Orten gewarnt vor einem Irak-Abenteuer. Vor allem aber hat Israels Regierungschef Scharon – nicht klug, aber glaubhaft – versichert, dass ein Angriff aus Bagdad heute mit aller Härte vergolten würde. Im schlimmsten Fall könnte auf einen irakischen Angriff mit biologischen oder chemischen Waffen eine atomare Antwort Israels folgen. Ein Kassandra-Ruf? Gewiss. Aber eine Katastrophe im Konjunktiv, die mit ins Kalkül gehört.

      Klugheit statt Kraft
      Wenn Israel in den Krieg eintritt, würde dies die arabischen Massen derart aufpeitschen, dass die moderateren Regime der Region zum Krieg gedrängt – oder hinweggefegt – würden. Zerschellen würde an einer Irak-Intervention auch das nach dem 11. September geschmiedete Anti-Terror- Bündnis. Dessen größter Erfolg war die Einbindung der islamischen Staaten – und damit die Negation des viel beschworenen Kampfes der Kulturen. Dass dann eben doch dieser Kulturenkampf droht, dürfte nirgends deutlicher werden als in Saudi-Arabien.Die Ölmonarchie mag hochverdächtig sein als Heimat Osama bin Ladens und Förderer des radikalen Islam. Wer jedoch verhindern will, dass dieser Schlüsselstaat zur Beute unberechenbarer Fundamentalisten wird, muss das janusköpfige Königshaus einbinden. Washington hat hier in den letzten Monaten mehr als einen Fehler gemacht – zum Beispiel mit der fatalen Ignoranz gegenüber der saudischen Nahost-Friedensinitiative. Ein Irak-Krieg wäre ein Fehler zu viel.
      Anders als 1990/91 bei der Besetzung Kuwaits hat Saddam den Amerikanern nun auch keinen akuten Kriegsgrund geliefert. Deshalb schlägt Washington die Ablehnung selbst jener „uneingeschränkt solidarischen“ Verbündeten entgegen, die bislang immer mitmarschiert waren – auf dem Balkan beim notwendigen Kampf gegen Völkermord und systematische Vertreibung, und in Afghanistan gegen den nachweislich bedrohlichen Al-Qaida-Terror sowie die Taliban-Komplizenschaft. Das von der Bush-Regierung nun für eine mögliche Irak- Intervention propagierte Prinzip des Präventivkrieges wirkt bestenfalls wie die vorgeschobene Rechtfertigung zur Begleichung einer alten Rechnung. Schlimmstenfalls ist es das neue Programm eines Hegemon, der sich jenseits des Völkerrechts seine eigenen Regeln und Gesetze maßschneidert.
      Allzu viel also spricht gegen einen Krieg im Irak. Auf der anderen Seite jedoch ändert all das nichts daran, dass von Saddam Hussein eine Gefahr ausgeht, vor der die Welt nicht kapitulieren darf. Der Mann ist skrupellos und brutal, er unterdrückt sein Volk, er strebt nach Massenvernichtungswaffen und ist bereit, sie einzusetzen. Ein Ende dieses Regimes wäre ein Segen. Doch dieses Ende lässt sich angesichts der damit verbundenen Gefahren eben kaum mit einem Knall bewerkstelligen. Möglich ist jedoch dauerhafter und starker Druck: durch intelligente Sanktionen, durch Waffenkontrolle so rigide wie möglich und auch durch gezielte Luftschläge gegen Waffenfabriken. Es geht um Eindämmung, nicht um die Beseitigung dieser Gefahrenquelle. Für Kraftmeier mag das unbefriedigend sein. Doch gefragt ist neben Kraft auch Klugheit.


      Hussein hat aus dem letzten Krieg mit tötlicher Sicherheit seine Lehren gezogen. In dieser Beziehung ist er den israelischen, bzw amerikanischen Betonschädeln hoffnungslos überlegen. Drecksaumäßig!



      Kein Veto Chinas gegen Irak-Krieg
      Chinas Staats- und Parteichef Jiang Zemin will die guten Beziehungen zu den USA nicht mit Differenzen in der Irak-Frage belasten. Die US-Regierung kommt Peking entgegen, indem sie eine ostturkestanische Gruppe zu Terroristen erklärt

      aus Peking GEORG BLUME

      Wo China in der Irak-Frage steht, ist eigentlich klar: "Die Anwendung von Gewalt oder die Drohung mit Gewalt ist nicht hilfreich bei der Lösung des Irak-Problems", sagte Außenminister Tang Jiaxuan beim Empfang seines irakischen Amtskollegen Naji Sabri Ahmed am Dienstag in Peking. Doch merkwürdig: Statt Chinas Opposition zu einem US-Krieg gegen den Irak propagandistisch unters Volk zu bringen, berichten die offiziellen Medien dieser Tage fast nur über die Vorbereitungen für den Ende Oktober geplanten Staatsbesuch von Staats- und Parteichef Jiang Zemin in den USA.
      Zeitgleich zur Visite des irakischen Außenministers weilte auch US-Vizeaußenminister Richard Armitage in Peking. Und wenn nicht alles täuscht, signalisierte der Trubel um Armitage und die öffentliche Nichtbeachtung des irakischen Gasts, dass China bei einem US-Angriff gegen den Irak kein Veto im Weltsicherheitsrat einlegen wird. Seit Monaten schon drückt sich Chinas Diplomatie vor der Irak-Frage. Als kürzlich die Außenminister Pekings und Moskaus im südostasiatischen Ölsultanat Brunei über die Lage am Golf sprachen, hieß es, beide Länder messen dem Weltsicherheitsrat eine führende Rolle bei der Lösung des Irak-Problems bei. Dort haben China und Russland ein Vetorecht. Doch Chinas Regierung glaubt den eigenen Worten nicht. Sonst hätte sie, meinen westlichen Diplomaten, die US-Drohungen gegen den Irak längst mit einer Vetodrohung im Sicherheitsrat kontern müssen.
      Grund für die Zurückhaltung sind die verbesserten Beziehungen zwischen Peking und Washington. Seit dem 11. September haben die USA zumindest vorübergehend ihr Interesse verloren, China zum "Rivalen" (Colin Powell im Januar 2001) aufzubauen - zum Nutzen Pekings. So haben die USA jetzt die in China verbotene "Ostturkestanische Islamische Bewegung" auf ihre Liste terroristischer Gruppen gesetzt. Damit erkennt Washington zum Entsetzen von Menschenrechtsorganisationen erstmals Pekings Kampf gegen uigurische Separatisten in Chinas Westprovinz Xinjiang an. Zuvor hatte US-Präsident George W. Bush stets betont, China dürfe den Anti-Terror-Krieg nicht zum Vorwand für die Unterdrückung islamischer Minderheiten nutzen.
      Im Gegenzug erließ Peking neue Exportbestimmungen für Raketentechnologie, um zu verhindern, dass von den USA als feindlich betrachtete Staaten wie Nordkorea, Iran und Irak in den Besitz chinesischer Waffentechnologie kommen.
      Wo Chinas außenpolitische Prioritäten heute liegen, zeigt die Verschiebung des alle fünf Jahre stattfindenen KP-Parteitages auf den 8. November - kurz nach dem USA-Besuch von Parteichef Jiang. Da er auf dem Parteitag voraussichtlich abtreten wird, erscheint seine USA-Reise darauf ausgerichtet, den Interessenausgleich mit Amerika zum Teil seines persönlichen Vermächtnisses zu machen. Vor diesem Hintergrund wäre Irak für Jiang nebensächlich.
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      schrieb am 30.08.02 10:54:29
      Beitrag Nr. 317 ()
      Mehr Sträflinge als Studenten

      Thomas Pany 30.08.2002
      Die Zahl der Afro-Amerikaner in US-Gefängnissen hat sich in den letzten zwanzig Jahren verfünffacht


      Wie eine Studie herausfand, die in der New York Times veröffentlicht wurde, übersteigt die Zahl der inhaftierten Afro-Amerikaner die Anzahl derjenigen, die in amerikanischen Hochschulen eingeschrieben sind.

      Während die Zahlen von 1980 noch ein deutliches Übergewicht von immatrikulierten afro-amerikanischen Studenten (463.000) gegenüber den inhaftierten (143.000) ausweisen, lässt sich der aktuellen Vergleich dieser Zahlen - 791.600 Gefängnisinsassen gegenüber 603.032 Studenten - als signifikanter Wechsel in der amerikanischen Politik gegenüber der schwarzen Bevölkerung lesen.

      Die Ergebnisse der Studie zeigen deutlich, dass die Politik bei weitem mehr in die Strafgerichtsbarkeit investiert hat als in die Ausbildung und Erziehung dieser Bevölkerung
      Todd Clear, Professor am John Jay College of Criminal Justice in Manhattan

      Die Experten sind sich noch uneins über die Gründe für diesen schnellen und dramatischen Anstieg der inhaftierten Afro-Amerikaner. Da die Hälfte der Insassen von 1990 bis zum Jahr 2000 wegen Gewaltverbrechen hinter Gittern saßen und nur 20% wegen Verbrechen in Zusammenhang mit Drogen, scheidet die oft angeführte Erklärung, die Zahlen seien auf den wachsenden Anteil von Afro-Amerikanern im Drogenhandel zurückzuführen, aus.

      Der amerikanische "Gefängnisbau-Boom" der letzten zwei Jahrzehnte gilt bei den meisten Experten als Hauptursache für die hohe Zahl der Gefängnisinsassen. Laut amerikanischen Behörden hat sich die Gesamtzahl der Inhaftierten von 502.000 im Jahr 1980 auf über 2 Millionen im Jahr 2000 vervierfacht.
      Avatar
      schrieb am 30.08.02 10:57:42
      Beitrag Nr. 318 ()
      Cruise Missiles in falschen Händen

      Dirk Eckert 30.08.2002

      Während US-Konzerne ausliefern, warnt das Pentagon vor Verbreitung

      US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld sorgt sich über die Verbreitung von Marschflugkörpern, den so genannten Cruise Missiles, und Unbemannten Flugkörpern (UAV), da die Waffen gegen die USA gerichtet werden könnten. Die Rüstungsindustrie hat andere Sorgen: Der Verkauf von UAVs geht den US-Konzernen in Asien zu langsam. Mit den High-Tech-Geräten will die amerikanische Industrie viel Geld verdienen.


      mehr dazu:

      http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/13169/1.html
      Avatar
      schrieb am 30.08.02 11:08:56
      Beitrag Nr. 319 ()
      WASHINGTON rtr In den USA waren Ende vergangenen Jahres 6,6 Millionen Menschen im Strafvollzug, also entweder im Gefängnis oder auf Bewährung und unter Auflagen auf freiem Fuß. Damit waren so viele Menschen wie nie zuvor mit dem Gesetz in Konflikt gekommen, wie aus einem am Sonntag veröffentlichten Bericht der Regierung hervorgeht. Betroffen war etwa jeder 32. Erwachsene in USA. Die Zahlen zeigten, dass das Justizsystem als Mittel eingesetzt werde, um auf soziale Probleme zu reagieren, sagte Marc Mauer von der Forschungsgruppe Sentencing Project, die sich für Alternativen zu Gefängnisstrafen einsetzt. Ende vergangenen Jahres lebten dem Regierungsbericht zufolge in den USA fast 4 Millionen Menschen unter Bewährungsaufauflagen, das waren 2,8 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Die Zahl der Inhaftierten stieg um 1,1 Prozent auf 1,3 Millionen, was aber immerhin der geringste Anstieg in drei Jahrzehnten war. Der Staat mit den meisten Häftlingen und Bewährungsstrafen war Texas.

      Obercowboys Land
      Avatar
      schrieb am 30.08.02 15:44:57
      Beitrag Nr. 320 ()
      Der 11. September: In Washington führen die Falken Regie
      Viele US-Regierungen hatten ihre Kämpfe zwischen Verteidigungs- und Außenminister, die Rivalität zwischen beiden Häusern ist legendär. Nie zuvor dürfte allerdings ein Pentagon-Chef das Gerangel gegen seinen Kollegen im State Department so schnell und klar gewonnen haben wie Donald Rumsfeld nach den Terrorattacken am 11. September gegen Colin Powell.

      Von Hubert Wetzel, Berlin

      "Unsere Außenpolitik wird derzeit vor allem im Pentagon gemacht", beklagt ein ranghoher US-Diplomat. Mit der Einschätzung ist er nicht allein. Experten sind sich einig, dass Rumsfeld politisch der große Gewinner des 11. Septembers ist, Powell - zumindest bisher - der Verlierer. Zusammen mit US-Vizepräsident Dick Cheney "hat Rumsfeld alles im Griff", sagt James Lindsey von der Denkfabrik Brookings in Washington.
      Vor dem Terrortag sah das noch anders aus. Rumsfelds ehrgeizige Armeereform war ins Stocken geraten, seine forsche Art hatte Kongress und Generalität verärgert. Im Sommer 2001 war Rumsfeld politisch angezählt. Er werde abtreten oder gefeuert, so das Gerücht. Außenpolitische Konkurrenz machten Powell damals Cheney und US-Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice, beide Befürworter einer starken US-Interessenpolitik.
      Dann kam der Afghanistan-Krieg. Powell schmiedete dafür noch die internationale Anti-Terror-Koalition - dann übernahm Rumsfeld das Ruder. Bisher hat er es nicht mehr losgelassen, seit dem Blitzerfolg gegen die Taliban hat er seinen Griff eher verstärkt. Vor allem die Nahost- und Irak-Politik der USA tragen derzeit seine Handschrift.
      Dass Rumsfeld mit Powell über Kreuz liegen würde, war von Anfang an klar. Zwar sind manche Differenzen eher Stil- als Inhaltsfragen. Doch während Powell dem internationalistischen, transatlantischen Flügel der Republikaner angehört, der Allianzen als Stärkung für Amerika sieht, steht Rumsfeld dem Flügel der stahlharten Interessenpolitiker nahe. "In Rumsfelds Augen engen Verbündete Amerika ein, sie beschneiden den Handlungsspielraum der USA", sagt Lindsey. Ein europäischer Diplomat drückt sich schärfer aus. "Rumsfeld ist ein echter Unilateralist", sagt er.

      Spott über Powell
      Der Unterschied ist an einem Satz von Rumsfeld abzulesen: "Die Mission bestimmt die Koalition, nicht umgekehrt", sagte er zu Kriegsbeginn - eine Äußerung, die dem Multilateralisten Powell so nie über die Lippen gekommen wäre. "Powell ist der beste Botschafter der EU in Washington", sagt ein amerikanischer Diplomat.
      In der Irak-Frage trennt den Falken Rumsfeld und den Moderaten Powell neben Ideologie auch Persönliches: Rumsfeld hat nie ein Schlachtfeld gesehen, Powell war Soldat in Vietnam, darunter in der Einheit, die (vor seiner Ankunft) das Massaker in My Lai verübte. Damals, schreibt Powell, habe er sich entschlossen, später niemals "einen halbherzigen, aus unausgegorenen Gründen geführten Krieg mitzutragen". "Powell weiß, wie die ungewollten Kriegsfolgen aussehen", sagt ein Mitarbeiter.
      Doch Experten sehen Rumsfelds schnellen Machtgewinn auch als Zeichen, dass die Balance ebenso rasch zurückkippen kann. "Die Lage kann sich schnell ändern", sagt Jeff Gedmin, Direktor des Aspen Institute Berlin. "Eine Regierungszeit ist kein Sprint, sondern ein Marathonlauf."
      Diplomaten im State Department, wo der Minister extrem beliebt ist, sind überzeugt, dass Powell kämpfen wird. "Er wird noch einige Schlachten gewinnen", sagt ein Mitarbeiter. Der Frust schwingt in den Worten dennoch mit. "Noch etwas, das wir Osama Bin Laden zu verdanken haben", sagt er. Einen Rücktritt von Powell schließt er allerdings aus. "Powell hat Vietnam durchgestanden, ohne seine Ehre zu verlieren. So einer kapituliert nicht."
      Avatar
      schrieb am 31.08.02 16:19:57
      Beitrag Nr. 321 ()
      "Wir verteidigen nicht nur die USA oder Europa, .."


      ".. wir verteidigen die Zivilisation selbst .. die Zi-vi-li-sa-tion .. Zi-vi-li-sa-tion .. Zi-vi-li-sa-tion .. Zi-vi-li-sa-tion .."





      Avatar
      schrieb am 31.08.02 17:24:17
      Beitrag Nr. 322 ()
      2U Ricet sich am Riemen und Condoleezza hat eine Ficktion. Mehr! :D:D


      Irak bereitet sich auf US-Militärschlag vor
      Die irakische Armee verstärkt nach Erkenntnissen der US-Regierung ihre Verteidigungsanlagen um Bagdad. Angesichts eines möglichen US-Angriffs auf den Irak bemühten sich die EU-Außenminister am Samstag intensiv um eine geschlossene Haltung.


      Wie am Freitag aus US-Regierungskreisen verlautete, werden die Stellungen für Panzer, Artillerie und Soldaten in Bagdad ausgebaut. Schweres Gerät werde dezentral gelagert, und Flugabwehrstellungen würden verlegt, um die irakische Hauptstadt besser zu schützen. "Es handelt sich um die größte Verteidigungsvorbereitung seit der Operation Desert Storm" während des Golfkriegs 1991, sagte ein Mitglied der Regierung von US-Präsident George W. Bush, das nicht genannt werden wollte.
      Irak nehme die Angriffsdrohungen der USA "sehr, sehr ernst", sagte der Regierungsbeamte weiter. Bagdad selbst werde von drei Panzerdivisionen der Staatschef Saddam Hussein treu ergebenen Republikanischen Garde verteidigt. Jede Division verfüge über 10.000 bis 15.000 Mann. In der Stadt seien weitere paramilitärische Einheiten stationiert. Saddam Hussein hat angekündigt, einen möglichen Kampf mit US-Streitkräften in den Städten seines Landes austragen zu wollen. US-Militärexperten sehen darin einen möglichen Nachteil für die US-Streitkräfte, deren hochtechnologisches Gerät besser für einen Flächenkampf gerüstet sei.

      © 2002 Financial Times Deutschland



      Der einflussreichste schiitische Geistliche im Libanon hat am Freitag Moslems und Araber vor Geldanlagen in den USA gewarnt und zum Abzug von Anlagegeldern aus den USA aufgerufen.

      Reuters BEIRUT. Investitionen könnten durch neue US-Gesetze eingefroren oder beschlagnahmt werden, sagte Scheich Mohammad Hussein Fadlallah bei einem Freitagsgebet. Deshalb sollte arabisches und islamisches Geld aus den USA abgezogen werden.
      Fadlallah sagte, Hintergrund eines eventuellen US-Angriffs auf den Irak sei der Wunsch der USA, sich die Vorherrschaft über Öl zu sichern. Amerikanische Aktionen würden sich nicht auf den Irak beschränken.
      Fadlallah ist der frühere geistliche Führer der radikal-islamischen Hisbollah-Organisation.
      Avatar
      schrieb am 31.08.02 17:49:29
      Beitrag Nr. 323 ()
      George W. Bush - kleiner Mann, große Worte ..

      "Ich habe in der Vergangenheit gute Entscheidungen getroffen. Ich habe in der Zukunft gute Entscheidungen getroffen."

      - George W. Bush -





      Yo, ma boy!
      Avatar
      schrieb am 01.09.02 18:22:11
      Beitrag Nr. 324 ()
      Angst vor langem Krieg am Golf


      Die Unterstützung in der US-Bevölkerung für eine militärische Intervention im Irak schwindet nach einer neuen Umfrage dramatisch. Während im Dezember noch 70 Prozent der Befragten für einen Krieg gegen Saddam Hussein waren, befürworten jetzt nur noch 51 Prozent einen Militärschlag gegen Bagdad, wie eine repräsentative Umfrage im Auftrag des Nachrichtensenders CNN und des Magazins „Time“ am Sonntag ergab. Die Umfrage zeige außerdem, dass die Bevölkerung der Meinung sei, dass die USA zwar das moralische Recht hätten, den irakischen Diktator zu stürzen, dass sie aber einen langen Krieg und wirtschaftliche Folgen fürchteten.

      CNN berichtete, dass Washington angesichts dieser Zahlen eine Kampagne beschlossen habe, um die amerikanische Öffentlichkeit von der Notwendigkeit einer Intervention zu überzeugen. In diesem Zusammenhang müssten auch die Reden von Vizepräsident Dick Cheney verstanden werden, der sich in den vergangenen Tagen massiv für einen Sturz Saddams eingesetzt hatte.

      01.09.02, 15:15 Uhr
      focus.de
      Avatar
      schrieb am 01.09.02 22:13:20
      Beitrag Nr. 325 ()
      Langer, langer, langer Krieg


      "Amerika wird in Afghanistan ein Fiasko erleben"
      Interview mit dem russischen Ex-Verteidigungsminister Igor Rodionow über den Kampf gegen den Terrorismus und über die Nato-Erweiterung


      DIE WELT: Die USA und einige europäische Staaten agieren seit mehreren Monaten in Afghanistan. Sie waren in den achtziger Jahren dort Befehlshaber der 40. Armee. Wie beurteilen Sie die Situation?

      Igor Rodionow: Ich glaube, jedes Land, das sich in Afghanistan einmischt, wird ein totales Fiasko erleben. Die Afghanen akzeptieren keinerlei Gewalt eines anderen Staates. In ihrer komplizierten Stammesstruktur gab es auch eine zentrale Macht nur immer symbolisch, und dann nur in wenigen Städten.

      DIE WELT: Kein Erfolg also für den Anti-Terror-Einsatz?

      Rodionow: Ich befürworte die amerikanische Politik des Anti-Terror-Kampfes nicht, auch nicht den Versuch, Russland mit einzubinden. Ich lehne die Bush-Losung "Wer nicht mit uns ist, ist gegen uns" ab. Vielmehr sollte man herausfinden, was es mit dem Terrorismus auf sich hat, seine Wurzeln in der Ökonomie suchen. Warum greifen einige Länder und Organisationen zum Terror? Der Hauptgrund liegt meiner Meinung nach darin, dass Amerika zur Weltherrschaft strebt und versucht, anderen seine Lebensweise und sein System aufzudrängen. Russland sollte sich nicht ins Kielwasser dieser Politik begeben.

      DIE WELT: Gegen wen muss sich Russland heute Ihrer Meinung nach verteidigen?

      Rodionow: Vor allem die Nato mit den USA an der Spitze ist der Gegner. Kein Feind, aber ein potenzieller Gegner, solange Russland nicht Mitglied der Nato ist. Denn wenn in unserem Lande soziale Prozesse ablaufen sollten, die der Nato und den USA nicht gefallen, dann könnten sie präventive Maßnahmen unter Anwendung ihrer Streitkräfte einleiten. Dort ist man daran interessiert, dass Russland der Rohstofflieferant bleibt, der es heute schon ist.

      DIE WELT: Während der Präsidentschaft Wladimir Putins beobachten wir eine deutliche Annäherung Russlands an den Westen. Wie beurteilen Sie das als Militär?

      Rodionow: Ich sehe das positiv. Doch Russland ist eine einzigartige eurasische Zivilisation. Unser Staatssymbol ist der zweiköpfige Adler: Ein Kopf schaut nach Westen, der andere nach Osten. Deshalb muss Russlands Politik ausgewogen sein. Die Beziehungen zum Westen dürfen nicht zum Nachteil unseres Verhältnisses zum Osten entwickelt werden. Und umgekehrt. Ich bin ein Anhänger der Idee von der multipolaren Welt. Niemand darf anderen Staaten seinen Willen diktieren. Es kann doch nicht sein, dass die USA, in denen nur fünf Prozent der Weltbevölkerung leben, 40 Prozent des Naturreichtums verbrauchen.

      DIE WELT: Präsident Putin sagte kürzlich, das russische Offizierskorps dränge ihn förmlich in Richtung Westen.

      Rodionow: Das glaubt Putin doch selbst nicht. Die Offiziere sorgen sich dermaßen um ihr Überleben, dass ihnen der Sinn nicht einmal danach steht. Sehr viele beschäftigen sich überhaupt nicht mit politischen Fragen. Dabei hat Russland durchaus Interessen in Regionen, in die möglicherweise schon bald die Nato eindringen kann: im Baltikum, in Kaliningrad, in der Ukraine, in allen ehemaligen Unionsrepubliken hat Russland nationale Interessen, denn dort leben unsere Landsleute, die vor Diskriminierung geschützt werden müssten.

      DIE WELT: Aber auch die anderen haben ihre nationalen Interessen, die Esten beispielsweise. Was macht Russland, wenn sie in die Nato eintreten?

      Rodionow: In den internationalen Beziehungen wie im persönlichen Leben verhandelt man nur mit dem Gleichrangigen, dem Gleichstarken. Doch wenn man sich in einem solchen Zustand wie Russland befindet, dann wird der Verhandlungsprozess nur noch imitiert. Wir verstehen sehr gut, warum man uns als achtes Mitglied in die Gruppe der führenden Industriestaaten aufgenommen hat: Wir sind ein großes Land mit Atomwaffen, großen natürlichen Ressourcen, einem großen militärischen und ökonomischen Potenzial. Doch wenn alles Öl und Gas aus dem Lande herausgepumpt sein wird, wenn Russland sich einfach in einen geografischen Ort verwandelt, wird es nirgendwohin mehr eingeladen, dann rechnet niemand mehr mit uns.

      DIE WELT: Um die Nato-Osterweiterung ist es still geworden. Interessiert das nur noch ein paar übrig gebliebene Militärs?

      Rodionow: Das ist die Folge des Informationskrieges, dem schon die UdSSR zum Opfer fiel. Der Informationskrieg wird auch heute fortgesetzt, indem unserer Gesellschaft der Gedanke eingeimpft wird, die Nato sei eine Wohltat. Mir scheint dagegen, dass die Nato Russland irgendwann einmal dazu benutzen könnte, damit in China das geschieht, was in der Sowjetunion geschah.

      DIE WELT: Sie waren Kritiker der Abrüstungsverträge aus der Gorbatschow-Zeit. Was halten Sie von dem kürzlich von Putin und Bush unterzeichneten Vertrag über die weitere Reduzierung strategischer Waffen?

      Rodionow: Ich war immer ein Anhänger einer Verringerung der Atomwaffen, aber nicht solcher Diktate wie Start I und Start II, die den Amerikanern einseitige Vorteile einräumen. Ich habe Jelzin damals gedrängt, unsere Nuklearwaffen einseitig zu reduzieren, dabei aber die schlagkräftigsten zu behalten - die verbunkerten Satan-Raketen mit Mehrfachsprengköpfen. Das war der Grund, warum die Amerikaner meine Absetzung als Verteidigungsminister betrieben haben. Der neue Vertrag ist sehr wenig konkret, ich verstehe ihn einfach nicht.

      DIE WELT: Russlands Generalstabschef Anatoli Kwaschnin nannte die Lage der russischen Streitkräfte kürzlich "überkritisch". Hat Kwaschnin übertrieben?

      Rodionow: Wenn ein Offizier keine angemessene Besoldung erhält, beginnt er darüber nachzudenken, wie er zu Geld kommen kann, um seine Familie zu ernähren. Der Dienst wird zur Imitation, denn er denkt nur darüber nach, wo er etwas verdienen kann. Massen von Offizieren arbeiten nebenher in kommerziellen Strukturen - was laut Gesetz eigentlich verboten ist. Oder sie unterschlagen Munition, Waffen, Militäreigentum. Sie verkaufen es auf dem Schwarzmarkt oder verbinden sich mit Kriminellen. Es gibt viele Verbrechen, Selbstmorde. Die Armee zerfällt.

      DIE WELT: Aber in letzter Zeit bekommen die Offiziere, zumindest hat Präsident Putin das gesagt, regelmäßig ihr Geld?

      Rodionow: Ja, aber die Bezüge für die unteren Offiziersränge liegen weiterhin unter dem Existenzminimum. Schauen Sie, was ich als ehemaliger Verteidigungsminister und Armeegeneral bekomme: 4252 Rubel für meinen Ministerrang plus weitere Zulagen für Dienstzeit und den militärischen Rang. Insgesamt 8245,79 Rubel, also rund 275 Euro! Es gibt russische Staatsbedienstete, die 10 000 Dollar im Monat erhalten, das ist doch nicht normal! Kürzlich fragte ich Landarbeiter in Tscheboksary nach ihrem Verdienst. 200 Rubel sagten sie, aber wann sie die zum letzten Mal bekommen haben, wusste keiner mehr. Menschen werden wie Vieh behandelt, so kann es keine Eintracht in der Gesellschaft geben.

      DIE WELT: Besteht die Gefahr, dass die Streitkräfte außer Kontrolle geraten könnten?

      Rodionow: Eine hungrige, unzufriedene Armee ist für den eigenen Staat immer gefährlicher als ein möglicher Gegner. Sie verwest. Unser Staat ist in hohem Maße kriminell, die Armee befördert das. Bei der Suche nach persönlichem Wohlergehen begehen die Offiziere Verbrechen, um zu überleben. Die Armee wird zum Bestandteil krimineller Strukturen, stellt der kriminellen Welt Kader zur Verfügung. Es gibt zahlreiche Beispiele dafür, dass Mörder und Banditen in ihrem früheren Leben Offizierskader waren.

      DIE WELT: Inzwischen hat sich die Lage der Armeeangehörigen etwas verbessert . . .

      Rodionow: Ja, aber Kampfausbildung, Übungsflüge, Ausfahrten aufs Meer, Übungen auf dem Polygon oder im Schulungszentrum - das alles geht gegen null. Die Technik ist veraltet und wird so gut wie nicht erneuert. Dabei veraltet gerade die Militärtechnik sehr schnell. Doch die Rüstungsbetriebe arbeiten entweder gar nicht oder produzieren, was ihnen selbst nützlich scheint. Die Fähigkeit des Landes, die Wirtschaft im Ernstfall für militärische Aufgaben zu mobilisieren, ist geschwunden.

      DIE WELT: Aber der russische Staat hat kein Geld, um alle Forderungen des Militärs zu erfüllen.

      Rodionow: Damit bin ich nicht einverstanden. Geld ist vorhanden. Jeden Monaten fließen nicht weniger als zwei Milliarden Dollar in westliche Banken, jedes Jahr 20 bis 30 Milliarden. Das entspricht nahezu einem ganzen Jahresbudget! Das alles entgeht dem Staat. Der Oberkommandierende, der Präsident des Landes, muss den politischen Willen entwickeln, um Geld für die Armee zu finden.

      Jelzins alter Kämpe
      Die russische Armee zerfällt, ist von Korruption, Kriminalität und Geldmangel bedroht, während die Nato und die Vereinigten Staaten vor der Tür stehen. Igor Rodionow, unter Präsident Boris Jelzin von 1996 bis 1997 Verteidigungsminister und heute als Abgeordneter für die kommunistische Partei in der Duma, ist tief besorgt.
      Rodionow, der Afghanistan-Kämpfer, betrachtet den Westen noch immer als potenziellen Gegner, befürwortet aber zugleich eine Annäherung. Die Ansichten des 66-Jährigen können als repräsentatives Stimmungsbild innerhalb des russischen Offizierskorps gelten.

      Mit Igor Rodionow sprach unser Moskau-Korrespondent Manfred Quiring



      Kameradenmord
      Acht russische Grenzsoldaten im Kaukasus wurden nicht, wie zunächst vermutet, von tschetschenischen Rebellen, sondern von ihren eigenen Kameraden umgebracht. Zwei Soldaten gestanden, die Grenzer erschossen zu haben, weil sie sich für Schikanen rächen wollten. (ap)



      Die US-Truppen haben in Al Qaidas neuer Hochburg keine Chance
      Al Qaida wurde umbenannt. Jetzt heißt sie Fath-e-Islam, auf Deutsch "Sieg des Islam"

      Von Sophie Mühlmann

      Berlin - Al Qaida, "die Basis", gibt es nicht mehr. Dabei ist die Terrororganisation weit davon entfernt, endgültig zerschlagen worden zu sein. Sie wurde nur umbenannt. Jetzt heißt sie Fath-e-Islam, auf Deutsch "Sieg des Islam". Ihr Anführer Osama Bin Laden, so berichtet die Zeitschrift "Asia Times", sei ebenfalls lebendig. Selbst sein wahrscheinlicher Aufenthaltsort sei bekannt: Kunar in der Grenzregion im Nordosten Afghanistans. Die Bedeutung dieser Provinz sei den USA wohl bekannt, heißt es weiter, doch Kunar sei uneinnehmbar.
      Die Provinz ist paschtunisches Stammesgebiet. Die dortigen Fürsten sind alle ultrakonservativ und antiamerikanisch. Die Al Qaida profitiert hier von der allgemeinen Auflehnung gegen die amerikanische Präsenz und baut in der Provinzhauptstadt Asadabad ihr Netzwerk weiter aus. Schon unmittelbar nach dem Sturz der Taliban hatten Experten Kunar als größtes Hindernis auf dem Weg zum endgültigen Sieg gegen Al Qaida bezeichnet, hier werde "die letzte große Schlacht" stattfinden, eine Schlacht, die für die US-Truppen fatal ausgehen könnte.
      Diese haben in Afghanistan bereits eine Reihe empfindlicher Niederlagen erlitten. Die Operation Anaconda im vergangenen März, die bisher größte Offensive im Anti-Terror-Krieg, ist im Prinzip gescheitert: Der Großteil der Taliban und Al-Qaida-Kämpfer konnte entkommen. Der Widerstand gegen die Amerikaner, besonders im Osten des Landes, ist stark. Große Teile der paschtunischen Bevölkerung hassen die tadschikischen Dominanz in der Hauptstadt Kabul. Dass die USA die Zentralregierung unterstützen, treibt viele in die Arme des Feindes.
      Am vergangenen Wochenende zum Beispiel rückten Hunderte von US-Spezialeinheiten mit Kampfhubschraubern und Regierungstruppen auf Zormat in der östlichen Provinz Paktia vor. Sie durchsuchten jedes einzelne Haus und fanden doch nichts weiter als eine Handvoll Gewehre. Die Al-Qaida-Kämpfer, in diesem Fall Tschetschenen, waren längst geflüchtet. Das Muster ist immer das Gleiche: Lokale Stämme warnen die Al Qaida, sie verstecken sich in den Bergen oder unter der Bevölkerung, schlüpfen ins Niemandsland des Grenzstreifens und kehren dann zurück, wenn die Luft wieder rein ist. Der US-Kommandeur der Operation in Zormat, James Huggins, musste sein Scheitern offiziell eingestehen: "Es war mir klar, dass es an jedem einzelnen Ort, den wir aufgesucht haben, im Voraus Warnungen gegeben hat."
      Schlimmer noch: Die Zahl der amerikanischen Opfer nimmt zu. Auf den Basaren in der Grenzregion steigt das Angebot an Nachtsichtgeräten, M-16-Sturmgewehren und hochwertigen Trekkingstiefeln - amerikanische Kampfausrüstung, den gefallenen US-Soldaten gestohlen. In Kunar, der unzugänglichsten aller Regionen, würden die Opferzahlen, so ein Kenner der Region, noch drastischer ausfallen.
      Ein weiterer Feind der USA hält sich in dieser Provinz auf: Gulbuddin Hekmatjar. Ein erklärter Gegner der Zentralregierung in Kabul und berüchtigter Befürworter einer islamischen Revolution. Hekmatjar verfügt über ein umfassendes Waffenarsenal, unter anderem über mindestens 80 Stinger-Rakten. "Asia Times" zitiert einen afghanischen Informanten: "Hekmatjar hatte bei der Loja Dschirga im Juni 319 Abgeordnete auf seiner Seite. Außerdem kontrolliert er vier Gouverneure." Der gefährliche Einfluss des Warlords ist ebenso wenig zu unterschätzen wie seine dubiosen Ziele.
      Geheimdienstquellen zufolge gab es Anfang August ein heimliches Treffen in Kunar. Einer der Ehrengäste war Hekmatjar. Nun, so schreibt "Asia Times", versucht jeder einzelne Geheimdienst dieser Erde fieberhaft herauszufinden, wer sonst noch alles dabei war.


      Schweigen
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      schrieb am 02.09.02 03:11:09
      Beitrag Nr. 326 ()
      SPIEGEL ONLINE - 30. August 2002, 13:32
      URL: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,211376,00.html
      Die neue Weltordnung im Zeichen des Terrors

      Imperium Americanum

      Von Severin Weiland

      Nach dem 11. September wurde eine globale Allianz gegen den Terror beschworen. Doch die USA nutzen das Bündnis unverhohlen, um ihre Vorherrschaft auszubauen. Das imperiale Gehabe der Supermacht erzeugt weltweit Widerstand und Instabilität.


      Präsident Bush und Verteidigungsminister Rumsfeld: Den Krieg zum Feind tragen.


      Berlin - Für die Taxifahrer, die vor dem Hotel Pinara in Bischkek auf Touristen warten, war der 11. September kaum mehr als ein Tag wie jeder andere. Ein mühseliges Warten auf die wenigen Gäste, die sich in die Hauptstadt Kirgisiens im Herzen Zentralasiens verirren. Das war ein paar Monate später ganz anders.

      Denn seit Dezember stellt das Land den USA und verbündeten Staaten der Anti-Terrorallianz den internationalen Flughafen "Manas" zur Verfügung. Seitdem können sich die örtlichen Taxifahrer über mangelnde Auslastung nicht beklagen. Männer mit kurzen Haarschnitten, mal in Uniform, mal in Zivil logieren im Pinara-Hochhaus im Süden der Stadt.

      Die Anwesenheit der GIs in der früheren Sowjetrepublik ist eines der stärksten Anzeichen dafür, wie weit der 11. September das Koordinatensystem der Welt verändert hat. Zentralasiatische Staaten wie Kirgisien, Usbekistan oder Kasachstan sind aus ihrer Randlage herausgetreten - nun dienen sie den USA und der Anti-Terrorallianz als Basislager im Kampf gegen die Taliban und al-Quaida. Der Nutzen ist gegenseitig: 7000 Dollar, heißt es inoffiziell, fließen für jeden Start und jede Landung in die kirgisische Staatskasse.

      Der 11. September ermöglichte neue Konstellationen

      Der globale Kampf der Terroristen, er findet seine Entsprechung in der globalen Antwort der einzigen Supermacht USA: Abkommen über neue Stützpunkte, die Entsendung von Militärberatern, Terrorspezialisten, Zoll- und Verwaltungspersonal, Finanz- und direkte Militärhilfen, offene und verdeckte Operationen. Ganze Regionen erhalten neues Gewicht: Pakistan ist ein mehr oder weniger gefährdetes Halbprotektorat, Ostafrika und seine Seegebiete werden von einer internationalen Streitmacht kontrolliert.

      Nicht, dass an dieser Politik der Absicherung von US-Interessen irgendetwas neu wäre. Mit ähnlichen Methoden wurde auch während des Kalten Krieges operiert. Neu ist allerdings, in welcher Offenheit und gegen welch geringen Widerstand die US-Regierung ihre Politik durchsetzen kann. So kommen etwa die mächtigen "Galaxy"-Transporter, die auf dem kirgisischen Flughafen "Manas" aufsetzen, direkt vom US-Stützpunkt in Frankfurt am Main - noch bis zum Sommer vergangenen Jahres ein undenkbarer Vorgang.

      Doch seit dem 11. September ist nichts mehr undenkbar. Oder, wie es der Historiker Karl Schlögel unlängst formulierte: "Die Welt, die ein halbes Jahrhundert im Gleichgewicht des Schreckens verharrt und ihren Frieden gefunden hatte, hat Platz gemacht einem Puzzle, von dem nicht klar ist, wie es sich neu ordnen könnte." Stimmt dieses Bild aber noch? Sind nicht gerade die USA dabei, die Welt neu zu vermessen, mit Washington als Zentrum eines neuen, amerikanischen Imperiums? Mit Randstaaten, die von der Anbindung an die wirtschaftlich und technologisch stärkste Macht zu profitieren hoffen?


      Alleingänge der USA

      Kirgisiens Präsident Askar Akajew: Der Druck Russlands reichte nicht aus, die USA fern zu halten.


      Seitdem US-Präsident George W. Bush im Weißen Haus regiert, spüren jene Kritiker Aufwind, die seit langem vor einem unilateralistischen Kurs der Supermacht warnen. Beispiele für das zunehmend imperiale Gehabe finden sich zuhauf: Die USA ratifizierten bis heute nicht das Statut des Internationalen Strafgerichtshofs, weil sie fürchten, ihre in internationalen Einsätzen stehenden Soldaten könnten von Dritt-Welt-Ländern grundlos beschuldigt und in Schauprozessen vorgeführt werden; Bush benannte mit Iran, dem Irak und Nordkorea drei "Schurkenstaaten" zur "Achse des Bösen", weil sie an chemischen, biologischen und nicht zuletzt nuklearen Waffen bastelten. Und schließlich verkündete der Mann aus Texas sein Ziel, Saddam Hussein zu stürzen. Das dürfte, nach allem, was führende Männer aus seinem Umkreis in den vergangenen Wochen erklärt haben, wohl nur noch eine Frage der Zeit sein.

      Inneramerikanische Debatte über das Imperium

      Kein Zweifel: Die USA lassen den Rest der Welt ihre Stärke stärker denn je spüren. In den intellektuellen Zirkeln Amerikas hat die Debatte um die Vormacht längst begonnen. "An American Empire?" lautete das Titelbild der jüngsten Ausgabe des "Wilson Quarterly". Imperium, so heißt es im Vorwort, sei einmal ein Schimpfwort gegen die USA gewesen, doch seit Afghanistan und dem Krieg gegen den Terrorismus fragten sich auch andere, "ob Imperium nicht das richtige Wort ist, um die Rolle der Vereinigten Staaten in der Welt zu beschreiben".

      Unbefangen bekennen sich manche Amerikaner zur neue Rolle. Richard Haas, einer der Berater von US-Außenminister Colin Powell, meinte im "New Yorker", er würde sein 1997 erschienenes Buch "Der widerstrebende Sheriff" heute anders benennen: Das Wort "widerstrebend" striche er einfach. Das britische Magazin "Economist" widmete dem Thema Supermacht USA jüngst eine ganze Ausgabe. Tenor: Wenn ein anderes Land die Führungsrolle der Welt hätte, gebe es "viel mehr Grund zur Sorge". Doch es gibt auch andere Stimmen.

      Der liberale Historiker Immanuel Wallerstein meint, Amerikas haben den Zenit seiner Machtausdehung bereits überschritten. Die Fülle der Aufgaben überfordere das Land. Wallerstein fragt sich besorgt: "Werden die Vereinigten Staaten lernen, langsam zu verblassen, oder werden sich die US-Konservativen dagegen wehren und so aus einem langsamen Niedergang einen raschen und gefährlichen Absturz machen?"

      Europa ist keine Gegenmacht

      Wie auch immer die Entwicklung in den nächsten Jahren sein mag - die Fakten des Jahres 2002 widersprechen der Annahme, die USA seien ein Imperium in der Sterbephase. Washington mischt weltweit mit - die Europäische Union als Gegenpol ist dagegen nichts weiter als die Vision eines Gegenmodells. Ein vielstimmiger Chor streitet darum, ob Europa nun rüstungstechnisch den Wettkampf mit den USA aufnehmen oder sich lieber auf die Prinzipien der Koexistenz und des Ausgleichs besinnen sollte. Die viel gelobte Afghanistan-Konferenz in Petersberg bei Bonn demonstrierte Europas Stärke und Schwäche zugleich: Die Schlacht konnte nicht verhindert, aber nach dem Sieg immerhin ein Ausgleich der verfeindeten Kräfte erreicht werden.

      Ähnliches könnte sich auch nach einem Sieg der USA im Irak abspielen. Die Europäer wären für den Wiederaufbau, Infrastruktur und Demokratiebildung zuständig. Eine Zwei-Klassen-Ordnung bildet sich immer deutlicher heraus: Dort die USA als militärische Ordnungsmacht, hier die Europäer als Aufräumtruppe und Reparaturbetrieb.
      Eine Allianz der sichtbar Ungleichgewichtigen - vielleicht ist das die Aussicht, auf die sich Europa nach dem 11. September für einen langen Zeitraum einzustellen hat.

      Warum auch nicht, fragen sich selbst erfahrene und den Amerikanern wohl gesonnene Staatsmänner. Altkanzler Helmut Schmidt brachte seine Sorge auf folgende Formel: Weil die Europäische Union möglicherweise noch einmal 50 Jahre bis zur Vollendung brauche, müssten die Europäer sich unterdessen "nicht von Amerika bevormunden lassen". Der Rat des Sozialdemokraten: "Wir müssen keineswegs jedweder außenpolitischen Wendung der USA folgen, so auch nicht unter Druck, künftig wieder mehr Geld für Rüstung auszugeben."

      Die Schwäche der EU fördert die Stärke der USA

      G-8 Gipfel Kanada: Russlands Präsident Putin will den Westen nicht verlieren.


      Militärisch sind die Europäer den Amerikanern ohnehin hoffungslos unterlegen - sie verfügen weder über die Luftraumkapazitäten zum Transport schwerer Waffen noch über die Satelliten, die für einen weltweiten Einsatz ihrer Streitkräfte notwendig wären. Die Schwäche der Europäer macht die amerikanische Seite zusehends immun gegen Vorwürfe und Vorhaltungen, sie würden es am nötigen weltpolitischen Fingerspitzengefühl fehlen lassen. Auf der Münchener Sicherheitskonferenz im Februar diesen Jahres ließen die amerikanischen Vertreter, sowohl Republikaner wie auch Demokraten, keinen Zweifel an der Unterlegenheit des alten Kontinents.


      Wollten die USA den Irak angreifen, so werden sie es wohl auch ohne die Zustimmung der Europäer tun. Die Hardliner in Bushs Regierung wie Vize-Präsident Dick Cheney lassen keinen Zweifel daran, dass es nur noch um den Sturz des Regimes von Saddam Hussein geht. Das "ob" scheint schon abgehakt zu sein. Sie wollen die Regeln des neuen Kampfes bestimmen - wenn nötig, gegen das Völkerrecht. Uno-Kontrolleure würden nur die "trügerische Hoffnung" nähren, dass der Diktator "wieder unter Kontrolle ist", meinte Cheney jüngst. Damit düpiert die US-Regierung nicht nur ihre Verbündeten in Europa - für die eine Rückkehr der Inspektoren Vorrang hat. Sie erklärt de facto das Völkerrecht für ein historisches Relikt.

      Doch Washington bestimmt das Tempo - und damit auch die Richtung des Anti-Terrorkampfes. Schon geistert ein altes Schlagwort durch die außenpolitischen Amtsstuben: Präventivkrieg. Nach den Terrorangriffen auf New York und Washington erkannte der Uno-Sicherheitsrat den USA das Recht auf Selbstverteidigung zu. Doch wie dehnbar ist solch eine völkerrechtliche Kategorie? In der Bush-Regierung, sagt Bruno Schoch von der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK), werde zurzeit versucht, das "Recht auf Selbstverteidigung in eine Präventivstrategie umzudeuten".


      Um dem Einsatz furchtbarer Waffen durch andere zuvorzukommen, müssten die USA den Krieg zum Feind bringen, heißt die Devise Cheneys. Das Risiko, untätig gegenüber dem Irak zu bleiben, sei größer, als etwas unternehmen, so der US-Vizepräsident in seiner programmatischen Rede vor Veteranen. Der Vorstoß Cheneys zielt innenpolitisch auf die Zwischenwahlen im November - nach außen hin wirkt er wie die Vollendung der amerikanischen Strategie nach dem 11. September. Schon im Juni 2002 hatte Bush vor Angehörigen der US-Militärakademie West Point verkündet: "Wenn wir warten, bis die Bedrohung eintritt, warten wir zu lang." Nur Handeln gewähre Sicherheit. Und, tönte Bush: "Diese Nation wird handeln."

      Präventivkrieg als neue Nato-Strategie?

      Was sich schemenhaft in den ersten Monaten nach den Anschlägen abzeichnete, wird nun offenbar zum neuen Instrument der US-Außenpolitik. "Hinter den Kulissen", glaubt Reinhard Mutz vom Hamburger Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik in Hamburg, werde bei der Nato in Brüssel bereits an einem neuen Konzept für einen Präventivkrieg gearbeitet. Im Herbst, beim Gipfel in Prag, könnte das Bündnis dann dem Konzept folgen. Möglicherweise.
      Möglicherweise aber auch nicht. Denn noch ist nicht ausgemacht, ob die amerikanischen Politiker und vor allem ihre Wähler vor dem Preis eines Irak-Krieges zurückschrecken. Die Herrscher in Saudi-Arabien, der Präsident von Ägypten warnen vor dem Aufruhr der arabischen Massen - eine Warnung, die sich allerdings in den Tagen des Golfkrieges 1991 als übertrieben erwies. Cheney ist auf jeden Fall überzeugt, die irakischen Massen würden den Fall ihres Diktators ebenso freudig begrüßen wie die Afghanen die Vertreibung der Taliban. Vielleicht ist die Sorge der arabischen Führer auch eine andere: Sollten die USA sich zu einem grundlegenden Wandel entschließen und den Irak in eine parlamentarische Demokratie verwandeln, hätte dies wohl Auswirkungen auf die zumeist autoritären Herrschaftsformen in den Anrainerstaaten.



      Der Streit über einen Kampf gegen den Irak offenbart freilich die Instabilität der neuen Weltordnung in Zeichen des Terrors - auch und gerade in Deutschland. Die rot-grüne Regierung hielt lange Zeit eisern an der bekundeten Solidarität mit der Anti-Terror-Allianz fest - bis zwei Dinge zusammenfielen: der Wahlkampf und die immer entschiedeneren Töne aus der US-Administration, mit aller Macht Saddam Hussein zu beseitigen. Nun ist die Regierung Schröder unvermutet in die Rolle eines Fürsprechers europäischer Sorgen geraten. Die Allianz gegen den Terror sei das eine, ein Krieg gegen den Irak das andere, heißt es in Berlin. Die feine Unterscheidung zeigt: Die Absetzbewegung hat längst begonnen.

      Eine Allianz auf Zeit


      Dabei schien es nach dem 11. September, als würde die Welt zusammenrücken. Der Kanzler und sein Außenminister proklamierten in den ersten Stunden nach den Terrorangriffen die "uneingeschränkte Solidarität" mit dem gedemütigten Freund in Übersee. Auch die traditionellen Konkurrenten der USA, Russland und China, gesellten sich überraschend schnell zur Anti-Terror-Koalition.

      Doch die Allianz der einst verfeindeten Staaten war nur auf Zeit angelegt. Misstrauisch beäugte Wladimir Putin, wie zentralasiatische Republiken die Südostenflanke Russlands zum Aufmarschgebiet amerikanischer Truppen machten. Erst nachdem sein Protest keinen Widerhall fand und es lediglich im Falle Kirgisiens gelang, das Flugabkommen zu verzögern, nahm der russische Präsident die neue Machtbalance hin. Nur mit, nicht gegen den Westen, so seine Ahnung, gelingt der Anschluss Russlands an das 21. Jahrhundert.

      Der Westen dankte es Putin mit großer Rücksichtnahme. Als der russische Präsident im Winter 2001 im Bundestag zu den Abgeordneten sprach, verstummten die rot-grünen Kritiker weitestgehend. Das Vorgehen der russischen Armee in Tschetschenien - es wird nun weniger laut als noch vor dem 11. September beklagt. Ein halbes Jahr später stieg Russland gar zum Vollmitglied im Club der G-8-Wirtschaftsmächte auf.

      Washingtons Ziel, die Länder der "Achse des Bösen" zu isolieren, geht gleichwohl nicht auf. Unlängst kritisierte der US-Botschafter in Moskau die nuklare Exportpolitik Russlands. Doch Putin ließ sich nicht davon abhalten, Iran die Fertigstellung eines bestehenden und den Bau fünf weiterer Atomkraftwerke zuzusichern. Auch Nordkoreas Staatschef wurde mit dem Angebot der wirtschaftlichen Zusammenarbeit in Russland mit offenen Armen empfangen.

      Asien als Machtraum


      Wie Russland, so sieht sich auch China, die aufstrebende Macht im asiatisch-pazifischen Raum, ungeachtet des Lobes der US-Regierung für ihren Einsatz im Anti-Terrorkampf, neuerdings einem Gürtel von Verbündeten Amerikas gegenüber. Zwar halten US-Experten die Politik Bushs im asiatischen Raum für unklar, eine Strategie sei nicht erkennbar. Doch gelang es nach dem 11. September der US-Regierung in einer beispiellosen Anstrengung, mit einer Reihe asiatischer Staaten Abkommen zu schließen. Militärberater sind heutzutage sogar in Indien stationiert, das traditionell gute Beziehungen zu Moskau pflegt. Andere Staaten wie Indonesien und Philippinen sollen offiziell helfen, den islamischen Terrorismus einzudämmen. Ost-Timor, erst kürzlich in die Unabhängigkeit entlassen, könnte ein US-U-Boot-Stützpunkt werden.

      Doch oft genug war und ist die Anti-Terror-Allianz nur ein Instrument, um wirtschaftliche Interessen gleich mit abzusichern. Als die US-Menschenrechtsgruppe "International Labours Rights Fund" kürzlich die Klage indonesischer Dorfbewohner gegen den US-Ölmulti Exxon Mobil vertrat, funkte das US-Außenministerium dazwischen. Die Dorfbewohner hatten dem Energiekonzern vorgeworfen, sich zum Komplizen von Morden, Folterungen und Vergewaltigungen in der Umgebung einer Gasförderanlage im Norden der indonesischen Insel Acehs gemacht zu haben. Die US-Regierung intervenierte - nicht nur, weil das Verfahren die Beziehungen zum Anti-Terror-Verbündeten Indonesien zu belasten drohte. Es habe zudem die Gefahr bestanden, so das US-Außenministerium, dass chinesische Unternehmen den Markt besetzt hätten, wenn Exxon Mobil verdrängt worden wäre.
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      schrieb am 02.09.02 20:44:34
      Beitrag Nr. 327 ()
      Kämpfen für Nashville
      VON STEFAN KORNELIUS

      Es war kein Zufall, dass der amerikanische Vizepräsident seine Kriegsgrund-Rede in Nashville und vor der Versammlung der Veteranen des Landes hielt. Hier in Tennessee und vor den Soldaten vergangener Kriege würde sich klären lassen, ob die USA einen Militärschlag gegen den Irak führen können. In Washington, das weiß Dick Cheney, verglühen seine Argumente wie Leuchtspurmunition am Himmel. Wenn das Hinterland aber seiner Logik erläge, wenn der Widerstand in Washington unter dem Druck der Volksstimmung brechen würde, dann könnte es sein, dass sich der Krieg nicht mehr aufhalten lässt.

      Die Welt wird also nahezu einflusslos Zeuge einer inneramerikanischen Auseinandersetzung, die einen schlecht begründeten, gefährlichen und wenig kalkulierbaren Krieg in einer der labilsten Regionen der Erde zur Folge haben kann. Da mag sich ein Gerhard Schröder aufplustern, und da mag ein Edmund Stoiber schwitzen vor Angst und Zorn – der deutsche Wahltag spielt keine Rolle bei der Terminplanung des US-Vizepräsidenten. Entschieden wird in Nashville, Tennessee, in der Mitte Amerikas.

      Diese Logik lässt sich geradewegs aus der außenpolitischen Doktrin herleiten, wie sie in Washington derzeit Konjunktur hat. Obwohl der Präsident noch den Anschein der Distanz und Unentschlossenheit vermittelt: Tatsächlich schenkt Bush die Gunst den Bellizisten in seiner sicherheitspolitischen Umgebung, deren neo-imperialistisches und hegemoniales Credo Tradition hat in der republikanischen Partei. Zu den wichtigsten Leitsätzen dieser Denkschule gehören: Amerikanische Interessen stehen über allem; amerikanische Grundsätze werden obsiegen; und internationale Bindungen behindern die Durchsetzung amerikanischer Interessen, weil sie konsensgesteuert sind und damit Kompromisse erfordern.

      Rückzug und Angriff in einem, die Besinnung auf die heile, amerikanische Welt mit ihren Werten und die Forderung nach bedingungsloser Gefolgschaft auf dem Globus – diese politische Pirouette ist typisch für den Hegemon mit seiner isolationistischen Tradition. Die moderate, multilaterale Denkschule – in der Regierung nur noch verkörpert von Außenminister Colin Powell – dringt nicht mehr durch. Es bleibt als letztes und wichtigstes Korrektiv der amerikanische Wähler. Ihm gegenüber ist der Präsident verpflichtet wie ehedem. Ohne die Mehrheit in der eigenen Bevölkerung kann auch George Bush keinen Krieg führen.

      Die amerikanische Bevölkerung ist außenpolitisch entwöhnt wie selten zuvor in der Geschichte des Landes. Die komplexen Argumente für und wider einen Präventivschlag gegen den Irak dringen nicht durch. Nun also trug der Vizepräsident die Botschaft zu den Veteranen – mit der Absicht, die Saat auszubringen.

      Cheney führt allerdings auch schon ein Rückzugsgefecht. Die Öffentlichkeit in den USA ist im Dauerfeuer der Kriegsrhetorik nach dem 11. September müde geworden. Die Finanz- und Firmenkrisen der vergangenen Monate haben sie zusätzlich ausgezehrt. Mehr als ein Al-Qaida-Video schockiert sie ihre monatliche fondsabhängige Rentenprognose. Bush wird mit dem misstrauisch beäugten Großkapital assoziiert wie nicht einmal sein Vater vor ihm. Und im November wird der Kongress gewählt: Die Demokraten haben gute Chancen, die Mehrheit im Senat auszubauen und das Repräsentantenhaus zu gewinnen.

      Bush, Präsident von Gnaden des Obersten Gerichts, muss fürchten, dass die Wähler mit ihrem Bedürfnis nach Kontrolle und Ausgewogenheit seine Macht eindämmen wollen. Zwar zweifelt niemand an Bushs Führungsstärke in Fragen der nationalen Sicherheit, wohl aber in Fragen der Ökonomie. Die Spätsommeroffensive Cheneys soll diese Stimmung beeinflussen und dem Land den starken Führer für die sicherheitspolitische Krise anempfehlen. Der 9/11-Bonus soll Bush und in seinem Kielwasser die Republikaner über die November- Wahlen retten. Die Demokraten haben indes nicht das Bedürfnis, das Thema Stärke, Krieg und Sicherheit zu bespielen, also halten sie sich mit ihrer Irak- Kritik zurück. Sie werden gewinnen, wenn die Sorge über den Geldbeutel, nicht die Angst vor Saddam, die Menschen bedrückt.

      Nicht alles ist Wahlkampf in Amerika, aber spätestens ab dieser Woche wird Wahlkampf alles sein, wenn der Kongress aus der Sommerpause zurückkehrt. Die Welt darf sich auf ein schrilles Getöse einstellen – und sollte dabei nicht die Nerven verlieren. Cheney hat den Kriegsgrund zwar vor den Wählern ausgebreitet, aber auch er blieb mehr im Emotionalen stecken. Noch nutzt die US-Regierung das generelle Unbehagen im Land gegenüber allen mit Terror nur halbwegs assoziierten Staaten. Im letzten Entscheidungsdruck wird aber auch Amerika nicht in ein Kriegsabenteuer taumeln, wenn die Argumente unschlüssig und die Bedrohung nicht spürbar ist. Schon schwindet die Zustimmung für einen Irak-Krieg, und sie zerfällt vollends, wenn die Verbündeten von der Seite weichen. Entschieden wird am 6. November, wenn der Kongress gewählt ist. Bush muss dafür sorgen, dass ihm dann noch ein Notausgang offen steht. Denn wenn Cheney noch viele dieser Reden hält, bleibt dem Präsidenten nur die Wahl zwischen Krieg und einer verheerenden außenpolitischen Niederlage.
      Avatar
      schrieb am 03.09.02 22:27:14
      Beitrag Nr. 328 ()
      finance online-Nachricht Montag, 02.09.2002, 13:10 (vgl. auch #324) Im Oktober sind dann 115% dafür und im November 120% dagegen. Trau dich Amerika! :D

      LA Times: Mehrheit der Amerikaner unterstützt Sturz von Saddam Hussein
      Nach einer aktuellen Umfrage der Los Angeles Times würde die Mehrheit der Amerikaner eine militärische Aktion zum Sturz des irakischen Diktators Saddam Hussein unterstützen.

      Von bundesweit insgesamt 1.372 im letzten Monat befragten Erwachsenen würden demnach 59 Prozent einen Militärschlag befürworten. Lediglich 29 Prozent würden dieses Vorhaben nicht unterstützen. 12 Prozent der Befragten hatten hierzu keine klare Meinung.
      Einen Bodenangriff gegen den Irak würden sogar 64 Prozent unterstützen, wenn Präsident George W. Bush einen solchen befehlen würde. 28 Prozent stimmten gegen diese Variante.
      In weiteren Ergebnissen der Umfrage wurde festgestellt, dass 60 Prozent der Meinung sind, Bush ziehe eine militärische Intervention in Betracht, da er in Hussein eine Bedrohung der US-Sicherheit sehe. Zudem bringen 79 Prozent der Befragten Hussein mit der Terrororganisation al-Qaida in Verbindung, die am 11. September die Anschläge auf das World Trade Center und das Pentagon eingeleitet hatten. Schließlich erwarten 77 Prozent einen Militärschlag im nächsten Jahr.



      Auf dem Weg zur Bananenrepublik
      von ANDREAS ZUMACH

      Präsident Bush erwägt eine Kriegsführung gegen den Irak auch ohne die seit Ende des Vietnamkrieges gesetzlich vorgeschriebene Ermächtigung durch den US-Kongress. Der Grund für den Verzicht auf Demokratie bei der folgenreichsten Entscheidung, die die Regierung eines Landes überhaupt treffen kann, ist offensichtlich: Bush kann sich der Zustimmung des Kongresses noch weniger sicher sein als sein Vater am 12. Januar 1991: Schon damals war die Mehrheit vor allem im (republikanisch beherrschten) Senat mit 52 zu 47 Stimmen denkbar knapp. Und auch diese knappe Mehrheit erreichte Vater Bush nur mit der Lüge, die nach dem irakischen Einmarsch in Kuwait Anfang August 1990 verhängten Wirtschaftssanktionen des UNO-Sicherheitsrates seien "wirkungslos", militärische Maßnahmen daher "unverzichtbar".
      Eine im Dezember 1990 erstellte Studie des CIA, die das Gegenteil feststellte und bei konsequenter Fortführung der Sanktionen den Abzug der irakischen Besatzungstruppen nach spätestens vier Monaten voraussagte, hielt der Präsident damals gegenüber dem Kongress geheim. Ein derartiges Manipulationsinstrument steht Sohn Bush in der aktuellen Situation nicht zur Verfügung. Zudem ist die Skepsis gegen einen Irak-Krieg inzwischen selbst unter den Republikanern größer als im Januar 91. Auch verfügen sie nicht mehr über die Mehrheit im Senat. Daher benutzt die Bush-Administration jetzt auch innenpolitisch dasselbe völkerrechtswidrige Argumentationsmuster wie bislang schon außenpolitisch: Der Irak betreibe eine "ständige Verletzung" der Waffenstillstandsresolution des UNO-Sicherheitsrats, mit der der Golfkrieg im März 91 beendet wurde. Deshalb seien auch die USA und die anderen Mitglieder der damaligen Kriegskoalition gegen Irak nicht mehr an den Waffenstillstand gebunden und - ohne erneute Mandatierung - durch den Sicherheitsrat zur "Wiederaufnahme" des damals lediglich "unterbrochenen" Krieges befugt. Und für diesen Krieg liege ja die Ermächtigung des US-Kongresses vor. Die USA würden zu einer Bananenrepublik, sollten sich die Parlamentarier in Washington diese Entmachtung durch die Exekutive gefallen lassen.
      Avatar
      schrieb am 05.09.02 11:37:14
      Beitrag Nr. 329 ()
      Gut 50 Jahre nach dem letten Mal werden wohl wieder Völkerrechtswidrige Angriffe auf andere Staaten von Deutschem Boden aus geführt werden....


      Schröder ringt um Lufthoheit

      Wende in der Irakdebatte: Der Bundeskanzler will nicht ausschließen, dass die USA den deutschen Luftraum und ihre hiesigen Stützpunkte für einen Angriff auf den Irak nutzen dürfen. Auskunftssperre im Außen- und Verteidigungsministerium


      BERLIN taz Bundeskanzler Gerhard Schröder hat gestern erstmals erkennen lassen, dass das Nein seiner Regierung zu einem US-Angriff auf den Irak Grenzen hat. In der militärisch bedeutsamen Frage, ob die USA ihre Luftwaffenstützpunkte in Deutschland für den Angriff nutzen dürfen, lehnte Gerhard Schröder gestern jede Festlegung ab. Damit behält sich die Bundesregierung vor, den USA einen Überflug deutschen Territoriums zu gestatten. Ein deutsches Nein würde die ohnehin angespannten Beziehungen zu den USA weiter belasten. Ein Ja käme einer massiven, wenn auch überwiegend passiven Unterstützung der amerikanischen Kriegsvorbereitungen gleich.

      Anders als die weitgehend symbolische Frage einer Bundeswehrbeteiligung berühren die Überflugrechte den Kern jeder Irakoperation. Das Pentagon hatte deutlich gemacht, dass es deutsche Soldaten bei einem Kampfeinsatz für entbehrlich hält. Die Nutzung der Flugbasen auf deutschem Boden gilt dagegen als wesentlich für die Planung eines Militärschlags. "Vor allem die Stützpunkte Ramstein und Frankfurt sind Drehkreuze für die Amerikaner", sagte Otfried Nassauer vom Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit der taz.

      Nachdem der US-Botschafter in Deutschland, Dan Coats, gestern erneut seine Besorgnis über das Verhältnis zwischen Berlin und Washington äußerte, möchte der rot-grüne Regierungsapparat jeden weiteren Streit vermeiden. So hatte der SPD-Bundestagsabgeordnete Gert Weisskirchen erklärt, die USA hätten ein Recht auf die Nutzung der Basen :eek: , das ihnen nicht verwehrt werden könne. Ein Experte der renommierten Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in Berlin widerspricht. "Die Bundesregierung hat das Recht, den USA die Nutzung der Basen und des Luftraums zu verbieten", sagte Klaus Schwarz der taz, "es ist die übliche Praxis: man muss gefragt werden, man muss zustimmen."

      Die Regierung selbst zeigte sich gestern an einer Klärung wenig interessiert. Obwohl Schröders Pressekonferenz nach der Kabinettssitzung ausdrücklich außenpolitischen Fragen gewidmet war, wehrte der Kanzler mehrere Nachfragen zu den US-Stützpunkten ab. Gleichzeitig wurde im Bundesministerium der Verteidigung und im Auswärtigen Amt eine Auskunftssperre verhängt. In den Pressestäben beider Ministerien wurden die Mitarbeiter angewiesen, selbst Auskünfte zu den Verträgen zu verweigern, die die Nutzung der Basen regeln.


      Grund für die Zurückhaltung der Behörden könnten bereits laufende Operationen der US Air Force sein. "Aus Ramstein und Frankfurt habe ich seit Wochen Meldungen, dass es ein verstärktes militärisches Transportaufkommen gibt", so Nassauer. "Als logistische Drehscheibe spielt die Bundesrepublik eine erhebliche Rolle", glaubt auch SWP-Mitarbeiter Schwarz. Nassauer zufolge starten die US-Streitkräfte mit Transportmaschinen der Typen C-17 und Galaxy. Mögliche Ziele wären die Türkei und der Nordirak, der als Ausgangspunkt für einen Angriff auf den Irak dienen solle. PATRIK SCHWARZ

      nachrichten SEITE 2, ausland SEITE 10
      taz Nr. 6845 vom 5.9.2002, Seite 1, 103 TAZ-Bericht PATRIK SCHWARZ
      Avatar
      schrieb am 05.09.02 11:45:36
      Beitrag Nr. 330 ()
      Zu diesem brisanten Thema möchte ich daran erinnern, daß die USA im Vietnam-Krieg eine ganze Reihe von explizit neutralen Staaten (u.a. Kambodscha, Laos, u.a. ) hemmungslos als Stützpunkte und Aufmarschgebiete nutzten, um ihren völkerrechtswidrigen Krieg zu führen.

      WAs mit den neutralen Ländern geschah, ist leider nur zu gut bekannt!

      Als typischen Beispiel sollte die "Affäre der Mayaguez" genügen, in denen sich die USA über alle einfachsten tregeln des Völkerrechts hinwegsetzten und ein befreudetes, aber neutrales Land in Schwierigkeiten brachte.




      Der Kanzler schweigt zum Angriffskrieg

      Bislang war die Sache für den Bundeskanzler einfach. Mit der Ablehnung eines Irakkrieges hatte Gerhard Schröder ein paar womöglich entscheidende Prozentpunkte für die Wahl am 22. September geholt, ohne viel zu riskieren. Zwar führte die Ablehnung eines Irakkrieges zu leichter Verstimmung auf der anderen Seite des Atlantiks, aber wirklich aufregen musste sich in Washington niemand. Denn das Pentagon plant den Einsatz deutscher Truppen nicht ein. Auch eine finanzielle Unterstützung wie im Golfkrieg 1991 erwarteten die USA diesmal nicht. Selbst auf die immer noch in Kuwait stationierten Fuchs-Spürpanzer könnte das US-Militär verzichten.

      An einem Punkt aber würden die Pentagon-Planer tatsächlich nervös: wenn ihnen die Nutzung von Stützpunkten in der Bundesrepublik und die Überflugrechte über deutschem Territorium verwehrt würden. Dazu hat der Kanzler bislang geschwiegen. Dabei wird diese Art der Unterstützung diesmal besonders wichtig sein, weil die USA möglichst unabhängig von den arabischen Nachbarn des Irak agieren wollen. Statt von Saudi-Arabien aus könnten die meisten Bomber problemlos auch von den US-Basen in Rheinland-Pfalz aus starten. Der Nachschub für den Aufmarsch läuft schon jetzt auch über deutsche Flughäfen. Für die Bundesregierung wird es deshalb schwierig werden, ihre halbherzige Haltung gegenüber den US-Plänen als konsequent darzustellen.

      Entweder folgt Schröder dem Bundestagspräsidenten Wolfgang Thierse und bezeichnet den Krieg gegen den Irak als das, was er ist: als Angriffskrieg. Dann wäre jede Unterstützung für die USA ein Verstoß gegen die Verfassung, denn das Grundgesetz verbietet eindeutig die Vorbereitung eines Angriffskrieges und die Teilnahme daran. Schließt sich die Bundesregierung aber der Auffassung von Thierse an, dann muss sie jenseits juristischer Debatten gegenüber der US-Regierung zumindest deutlich machen, dass sie eine Nutzung deutscher Basen für den Angriffskrieg gegen Irak als größten denkbaren Affront betrachtet.

      Oder aber Schröder lenkt doch noch auf die Linie Tony Blairs ein, der wie Bush einen Präventivkrieg gegen Irak wegen dessen Entwicklung von Atom-, Chemie- und Biowaffen für geboten hält. Denkbar wäre dies, denn bislang lehnt der Kanzler nach eigenen Angaben einen Irakkrieg nur ab, weil er dadurch die vermeintliche Antiterrorkoalition gefährdet sieht und Konzepte für den Nahen Osten nach dem Krieg vermisst. Schröder hat also genug Spielraum, um seine Haltung zu ändern. Den Angriffskrieg - in Washington auch Präventivkrieg genannt - würde er damit legitimieren.

      ERIC CHAUVISTRÉ

      taz Nr. 6845 vom 5.9.2002, Seite 1, 70 Kommentar ERIC CHAUVISTRÉ, Leitartikel
      Avatar
      schrieb am 05.09.02 11:48:51
      Beitrag Nr. 331 ()
      Clintons späte Einsicht

      Expräsident Clinton: Lösung des Nahostproblems wichtiger als Krieg gegen Irak.
      Israel deportiert zwei Palästinenser in den Gaza-Streifen

      WASHINGTON/JERUSALEM rtr/ap/dpa Der frühere US-Präsident Bill Clinton hält eine Lösung des Nahostkonfliktes für dringlicher als ein Vorgehen gegen den Irak. Die irakische Frage sei "nicht so brennend wie die Notwendigkeit, den Friedensprozess im Nahen Osten wieder in Gang zu bringen und die Gewalt zu stoppen." Das "Problem Irak" müsse angegangen werden, "aber das bedeutet nicht zwangsläufig eine Invasion", erklärte der Vorgänger von George W. Bush in einer US-Fernsehsendung.

      George Bush selbst will laut Regierungskreisen in dieser Woche dem Kongress ein Hilfspaket in Höhe von 1 Milliarde Dollar für Israel, die Palästinenser sowie für die Sicherung der US-Flughäfen zur Abstimmung vorlegen. Das Paket enthalte 200 Millionen Dollar Finanzhilfe für Israel, hieß es. Israel erhält derzeit jährlich US-Hilfen von 3 Milliarden Dollar und hatte um zusätzliche 800 Millionen Dollar gebeten. 50 Millionen Dollar will Bush nach Regierungsangaben für humanitäre Hilfe in den Palästinensergebieten bereitstellen.
      Die Verkehrssicherheitsbehörde, die die US-Flughäfen überwacht, soll 600 Millionen Dollar erhalten. Mitte August hatte Bush dem Kongress seine Zustimmung zu einem großen Hilfspaket in Höhe von 5,1 Milliarden Dollar verweigert. Er hatte dies mit unnötigen Ausgaben im Paket begründet und jetzt ein eigenes gekürztes vorgelegt.

      Israel hat gestern zwei Geschwister eines palästinensischen Selbstmordattentäters deportiert. Intissar und Kifah Adschuri durften zehn Minuten Abschied von ihren Familien im Westjordanland nehmen, bevor sie von einem Militärkonvoi in den Gaza-Streifen gebracht wurden. Der Oberste Gerichtshof in Israel hatte die Ausweisung am Vortag gebilligt.:eek: Nach palästinensischen Angaben sollen sie in einem Hotel wohnen.

      Der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon erklärte sich unterdessen einem Zeitungsbericht zufolge bereit, Gespräche mit den Palästinensern wiederaufzunehmen. Das wäre laut Beobachtern eine Kehrtwende in Scharons bisheriger Strategie.

      taz Nr. 6845 vom 5.9.2002, Seite 2, 69 Agentur

      taz muss sein
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      schrieb am 05.09.02 12:01:18
      Beitrag Nr. 332 ()
      Die mildestmögliche "Strafe" für einen mutmaßlichen Mörder, der einfach zuviel weiß: Er verliert nach einem Jahr der Ermittlungen seinen Job, es gibt keinerlei Anklage.


      gestern wurde in einer guten Sendung im ZDF nochmals gezeigt, wie extrem schwierig die Herstellung von WAffenfähigen BAkterien und VIren ist.

      es handelt sich um exclusives Wissen der USA und Russlands.

      Wer also von Irakischen B-WAffen redet, der betreibt schlichte US-Kriegspropaganda.
      Allerdings sollte sich die Welt einmal fragen, warum die USA mit Hochdruck die Entwicklung von biologischen ANGRIFFSWAFFEN betrieben hat und weiter betreibt.

      Die Überlegungen sollten dabei nicht auf direkte Vernichtung von Menschen, sondern eher auf die Vernichtung der Lebensbedingungen durch gezielte Provokation von Mißernten und MAssenhaftem Sterben von landwirtschaftlichen Betrieben focussieren. Die ungewollte Einsaat von genmanipulierten Pflanzen zur Kriegführung (z.B. Pestizid-unempfindliches Unkraut etc. ) z.B. durch Flugzeuge oder "Hilfslieferungen" ist eine der vielen Möglichkeiten.

      Anders sieht die SAche bei C-WAffen aus.
      Allerdings hätte Sadam Hussein ohne US-Hilfe und später großzügige US-Toleranz von MAssenmorden an Irakis und Kurden hier nichts zuwege gebracht.


      ANTHRAX-BRIEFE

      US-Forscher gefeuert

      Der der Versendung von Milzbrand-Briefen verdächtigte US-Biowaffenexperte Hatfill ist endgültig von seinem Posten an der Universität von Louisiana gefeuert worden. Es sei im "besten Interesse" der Hochschule, das Arbeitsverhältnis zu beenden, so der Uni-Kanzler.
      (afp)

      taz Nr. 6845 vom 5.9.2002, Seite 2, 12 Zeilen (Agentur)
      Avatar
      schrieb am 05.09.02 12:06:48
      Beitrag Nr. 333 ()
      Nur ein Brite ist für Bush

      Bei einer Debatte im Europaparlament lehnen fast alle Redner einen Angriffskrieg gegen den Irak
      ab und fordern die US-Regierung auf, endlich einen Dialog mit der Europäischen Union zu beginnen

      aus Brüssel DANIELA WEINGÄRTER

      Deutschland isoliere sich mit seiner Irak-Position innerhalb der EU, sagte der US-Botschafter in Deutschland, Daniel Coats, gestern einer Nachrichtenagentur. Das mag für den Kreis der Regierungschefs gelten. Im Europaparlament jedoch zeigte sich gestern: Einen Angriffskrieg zur Beseitigung des Hussein-Regimes halten fast alle Redner quer durch die Parteien für völkerrechtswidrig. Bushs Pläne könnten die Antiterrorkoalition spalten und alle Chancen für einen Frieden in Palästina verbauen.

      Zwar stützte der konservative britische Abgeordnete Charles Tannock die Linie seines sozialistischen Premiers Tony Blair. Er erinnerte daran, dass niemand im EU-Parlament eine UN-Resolution gefordert habe, als es darum ging, Serbien zu bombardieren. Saddam Husseins Verbrechen seien zudem schlimmer als die von Serbenführer Milosevic. Mit dieser Meinung blieb Tannock aber ziemlich allein.

      George Bush sei kein Winston Churchill, auch wenn sein Verteidigungsminister das behaupte, sagte Graham Watson, der britische Vorsitzende der Liberaldemokraten im Europaparlament. "Die historische Lektion lautet: Churchill erkannte die nationalsozialistische Bedrohung zu einem frühen Zeitpunkt. Er zog eine Linie in den Sand, und als sie überschritten wurde, handelte er mit moralischer Autorität und internationaler Unterstützung. Die britische Grüne Caroline Lucas sagte: "Wir können internationales Völkerrecht nicht durchsetzen, indem wir internationales Völkerrecht verletzen."

      Ähnlich argumentierten mehrere sozialdemokratische Redner. Der konservative Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, der Deutsche Elmar Brok, sagte: "Im Gegensatz zu vielen meiner Kollegen halte ich Präventivkriege für erlaubt. Aber die Beweislage muss zeigen, dass das Risiko für die Völkergemeinschaft ohne Krieg höher wäre als mit." Die US-Regierung bleibe diese Beweise schuldig.

      Die meisten Redner kritisierten das Fehlen der Bereitschaft Amerikas zum Dialog mit der Europäischen Union. Wie der außenpolitische Vertreter Javier Solana verwahrten sich auch die Abgeordneten dagegen, dass getrennte Absprachen mit einzelnen Unionsmitgliedern getroffen werden. "Wir Europäer sind Multilateralisten, weil wir die Erfahrung gemacht haben, dass Multilateralismus funktioniert", hatte Solana gegenüber der Berliner Zeitung erklärt.

      Zu Beginn der Debatte hatte EU-Außenkommissar Chris Patten betont, dass es keine Beweise für die Entwicklung von Massenvernichtungswaffen im Irak gebe. Eine möglichst breite Koalition müsse Druck auf Hussein ausüben, die Waffeninspektoren wieder ins Land zu lassen. Es gebe wohl niemanden hier im EP, der diese Forderung nicht unterstütze. Ein Bruch zwischen dem Westen und der islamischen Welt müsse aber vermieden werden. "Intelligente Sanktionen" gegen den Irak, wie sie der UN-Sicherheitsrat im vergangenen Mai beschlossen habe, seien der richtige Weg, sagte Patten. Sie könnten Saddam militärisch bremsen, ohne die Zivilbevölkerung weiter zu schädigen. Seit dem Golfkrieg sei die EU mit 270 Millionen Euro der größte Geber im Irak.

      taz Nr. 6845 vom 5.9.2002, Seite 10, 105 Zeilen (TAZ-Bericht), DANIELA WEINGÄRTER
      Avatar
      schrieb am 05.09.02 12:10:36
      Beitrag Nr. 334 ()
      PROTESTE GEGEN IRAK-FELDZUG

      Großdemos in Washington und San Francisco

      Washington - Unter Führung des früheren US-Justizministers Ramsey Clark wollen Gegner eines amerikanischen Militärschlags gegen Irak in Washington mobil machen. Für den 26. Oktober kündigten sie Großdemonstrationen in der Hauptstadt und in San Francisco an.
      Clark, der in den 60er Jahren das Justizressort leitete, forderte wegen der Folgen für die Zivilbevölkerung erneut ein Ende der Uno-Sanktionen gegen Irak. "Der Krieg gegen Irak dauert bereits mehr als zwölf Jahre an", sagte er. "Dutzende Menschen werden dabei jeden Tag getötet."


      spiegel.de
      Avatar
      schrieb am 05.09.02 12:15:38
      Beitrag Nr. 335 ()
      Unbedingt die intellektuellen Fehlleistungen von George "Strohdumm" Bush
      genießen:

      http://www.focus.de/G/GE/ge.htm?bild_tmp=5&snr=1554&streamsn…
      Avatar
      schrieb am 05.09.02 12:17:51
      Beitrag Nr. 336 ()
      Larry Hagman (J.R. Ewing aus "Dallas") in der "Süddeutschen Zeitung" über den US-Präsidenten:


      "Während der Idiot Reagan gefährlich, aber nicht eigentlich dumm war, sieht die Sache bei George W. Bush schon anders aus: Das Land wird von einem Menschen regiert, der gefährlich und dumm ist. Bush fällt komplett aus dem Rahmen dessen heraus, was Sie und ich unter einem sozialisierten Menschen verstehen. Er kann nicht reden. Er kann nicht lesen. Er ist Legastheniker. Und jetzt kommt das Beste: Er ist unser Präsident."
      Avatar
      schrieb am 05.09.02 16:25:12
      Beitrag Nr. 337 ()
      Die USA drohen der Bundesrepublik unverholen:



      „Zweifel an Enge der Beziehung“



      Der heftige Widerstand von Rot-Grün gegen einen Militärschlag gegen Irak führt zu erheblichen Spannungen zwischen den USA und Deutschland. Der amerikanische Botschafter in Berlin warnte am Mittwoch vor einer Verschlechterung der Beziehungen zwischen beiden Staaten.

      Die rot-grüne Regierung ziehe „voreilig“ Schlüsse zu den Irak-Plänen von US-Präsident George W. Bush, sagte Daniel Coats der Nachrichtenagentur dpa. „Der absolute Widerstand“ gegen eine Beteiligung an einer Militäraktion gegen Irak sende eine Botschaft nach Amerika, dass die Unterstützung doch nicht so stark sei wie erhofft, so der Diplomat. Es gebe „gewisse Zweifel an der Enge der Beziehung“.
      Deutschland drohe sich mit seiner Position außerdem in der Europäischen Union zu isolieren.

      Absage an Bush

      Zuvor hatte Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) bekräftigt, dass er die deutsche Beteiligung an einer Intervention selbst im Falle eines UN-Mandats ablehnt. „Es bleibt dabei: Unter meiner Führung wird sich Deutschland an einer Intervention im Irak nicht beteiligen.“

      Ein Angriff auf den Irak könne die internationale Anti-Terror-Koalition erschüttern, sagte Schröder. Außerdem fehle eine Konzeption für das „Danach“, für eine politische Neuordnung im Nahen Osten. In der „Rheinischen Post“ bekräftigte der Kanzler, dass es auch keine deutsche Beteiligung im Falle eines UN-Mandats geben werde.

      Auch für Außenminister Joschka Fischer (Grüne) äußerte sich kritisch zu einem möglichen Militärschlag. Eine militärische Intervention in Irak stelle „das größte Risiko seit dem Vietnam-Krieg“ dar, sagte er der „Mittelbayerischen Zeitung“.

      Fischer betonte, über den „furchtbaren Gewaltherrscher“ Saddam Hussein und sein Bedrohungspotenzial gebe es keine neuen Erkenntnisse. Die USA müssten die Folgen eines Militärschlags gegen Irak bedenken: „Wenn Amerika einen Regimewechsel militärisch erzwingt und in Bagdad sitzt, beginnt es ja erst richtig.“ Die US-Truppen müssten für einen langen Zeitraum im Irak bleiben, um Frieden und Stabilität zu gewährleisten.

      04.09.02, 18:30 Uhr focus.de
      Avatar
      schrieb am 05.09.02 16:25:50
      Beitrag Nr. 338 ()
      Die USA drohen der Bundesrepublik unverholen:



      „Zweifel an Enge der Beziehung“



      Der heftige Widerstand von Rot-Grün gegen einen Militärschlag gegen Irak führt zu erheblichen Spannungen zwischen den USA und Deutschland. Der amerikanische Botschafter in Berlin warnte am Mittwoch vor einer Verschlechterung der Beziehungen zwischen beiden Staaten.

      Die rot-grüne Regierung ziehe „voreilig“ Schlüsse zu den Irak-Plänen von US-Präsident George W. Bush, sagte Daniel Coats der Nachrichtenagentur dpa. „Der absolute Widerstand“ gegen eine Beteiligung an einer Militäraktion gegen Irak sende eine Botschaft nach Amerika, dass die Unterstützung doch nicht so stark sei wie erhofft, so der Diplomat. Es gebe „gewisse Zweifel an der Enge der Beziehung“.
      Deutschland drohe sich mit seiner Position außerdem in der Europäischen Union zu isolieren.

      Absage an Bush

      Zuvor hatte Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) bekräftigt, dass er die deutsche Beteiligung an einer Intervention selbst im Falle eines UN-Mandats ablehnt. „Es bleibt dabei: Unter meiner Führung wird sich Deutschland an einer Intervention im Irak nicht beteiligen.“

      Ein Angriff auf den Irak könne die internationale Anti-Terror-Koalition erschüttern, sagte Schröder. Außerdem fehle eine Konzeption für das „Danach“, für eine politische Neuordnung im Nahen Osten. In der „Rheinischen Post“ bekräftigte der Kanzler, dass es auch keine deutsche Beteiligung im Falle eines UN-Mandats geben werde.

      Auch für Außenminister Joschka Fischer (Grüne) äußerte sich kritisch zu einem möglichen Militärschlag. Eine militärische Intervention in Irak stelle „das größte Risiko seit dem Vietnam-Krieg“ dar, sagte er der „Mittelbayerischen Zeitung“.

      Fischer betonte, über den „furchtbaren Gewaltherrscher“ Saddam Hussein und sein Bedrohungspotenzial gebe es keine neuen Erkenntnisse. Die USA müssten die Folgen eines Militärschlags gegen Irak bedenken: „Wenn Amerika einen Regimewechsel militärisch erzwingt und in Bagdad sitzt, beginnt es ja erst richtig.“ Die US-Truppen müssten für einen langen Zeitraum im Irak bleiben, um Frieden und Stabilität zu gewährleisten.

      04.09.02, 18:30 Uhr focus.de
      Avatar
      schrieb am 06.09.02 01:29:57
      Beitrag Nr. 339 ()
      heute hat es jemand in einer TV-Diskussionsrunde sehr schön zusamengefasst:

      "Ein Krieg der USA gegen den Irak wäre ein Kroeg gegen die Vereinten NAtionen"

      Zudem hat ein Ex-UN-Kontrolleur in einer Phoenix-sendung nochmals darauf hingewiesen, daß
      der Irak

      1) Noch vor 3 Jahren bescheinigt bekam, keinerlei Massenvernichtungspotential zu besitzen

      2) Die WAffeninspekteure nicht - wie oftmals in der Presse behautet wurde - aus dem Irak herausgeworfen wurden, sondern offiziell abgezogen wurden

      und
      3) die Schätzungen von mehr als 1 Mio durch die UN-Wirtschaftssanktionen verursachter Toten ausgehen.

      Der UN-Beobachter: "Damit haben wir noch nicht darüber geredet, unter welchen Umständen die Überlebenden mittlerweile leben müssen."

      Nicht die Bundesregierung, sondern die USA isolieren sich endgültig in der Völkergemeinschaft:




      Angriff von allen Seiten


      Großdemonstration, schlechte Umfragewerte und eine nörgelnder Ex-Präsident: George W. Bush verliert für seine Irak-Pläne immer mehr an Rückhalt.

      In einer am Donnerstag veröffentlichten Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Pew sagten nur noch 60 Prozent der 1001 Befragten, sie seien mit der Amtsführung George W. Bushs einverstanden. In anderen Umfragen liegt dieser Wert ebenfalls um die 60. Im Januar hatten noch 80 Prozent erklärt, sie stimmten der Politik Bushs zu.

      Der frühere Präsident Jimmy Carter erklärte, ein allein geführter Krieg sei keine Lösung. Carter schrieb in einem Kommentar in der „Washington Post“, statt eines militärischen Alleingangs der USA sollten sich besser die Vereinten Nationen gemeinsam für eine Wiederaufnahme der UN-Waffeninspektionen in Irak einsetzen. Kongressmitglieder beider Parteien kritisierten, Bush habe in seiner Ansprache am Mittwoch kaum überzeugende Argumente für einen Militäreinsatz geliefert.

      Gegner eines Militäreinsatzes kündigten für den 26. Oktober eine Großdemonstration unter Führung des früheren US-Justizministers Ramsey Clark an. Clark forderte mit Verweis auf die Folgen für die Zivilbevölkerung erneut ein Ende der UN-Sanktionen gegen Irak.


      05.09.02, 18:13 Uhr
      (Quelle: ap)
      Avatar
      schrieb am 06.09.02 01:39:07
      Beitrag Nr. 340 ()
      Das Staunen über patriotische Gefühle weicht dem Zweifel an der amerikanischen Politik

      Das Dilemma der amerikanischen Politik seit dem 11. September
      / Von Hans Ulrich Gumbrecht


      Ground Zero, Schauplatz des Ungeheuren, der Ort, von dem man noch Monate nach dem 11. September 2001 nur in etwas verschwommen religiösen Begriffen sprechen konnte, ist inzwischen Teil der alltäglichen Geographie von New York geworden. Die beiden Worte werden jetzt als ein Name für eine Sehenswürdigkeit wie "Strawberry Fields" oder "Penn Station" gebraucht. Ein Bauzaun ist an der Südseite von Ground Zero so eingerichtet worden, daß die Touristen im Vorbeigehen einen Blick werfen können - auf eine ratlose Baustelle. Einige hundert Meter weiter hat die Stadtverwaltung wohl im vergangenen Herbst die schon damals welken Blumensträuße, die improvisierten Inschriften und all die anderen Zeichen des unbegriffenen Abschieds sammeln lassen und wie eine kleine Opernkulisse drapiert.

      Die Dinge sind längst von einer grau-schwarzen Schmutzschicht überzogen. Irgendwann hat man den richtigen Zeitpunkt versäumt, diese Sammlung abzuräumen, deren affektive Energie längst verstrahlt ist. Aber gerade deshalb kann sich auch niemand der Suggestion entziehen, sie als eine Allegorie auf das Jahr danach aufzufassen, ebenso wie die kleinen Flaggen, die als verblassende Erinnerung noch an vielen Autos wehen, oder die Flaggen als Sticker, die damals eifrig auf die Helme der Baseball- und Footballspieler geklebt wurden und die sich nun nicht mehr beseitigen lassen. Vor einem Jahr dachten alle, daß die Welt sich auf einen Schlag und für immer verändert hatte. Heute ist dieses Gefühl nicht viel mehr als eine vergangene Zukunft, vielleicht sogar eine gestrandete Zukunft, die nicht zu einer konturierten Gegenwart geworden ist. Das eben macht die verschmuddelte Trauerkulisse und die nicht mehr abziehbaren Stickers zu Allegorien auf das vergangene Jahr.

      Niemand spricht davon, aber in den Vereinigten Staaten erinnern wir uns mittlerweile mit Wehmut an jene bis dahin nicht vorstellbaren Tage innerer Solidarität, an eine Solidarität, die aus gemeinsamer Erschütterung und dem Erlebnis der Erniedrigung kam. Dieser Welle der Solidarität, auf deren Höhepunkt die Worte "United We Stand" nicht wie ein republikanischer Wahlslogan klangen, kam eine Welle internationaler Teilnahme entgegen, wie sie die Vereinigten Staaten noch nie erlebt hatten, weil das Land seit dem achtzehnten Jahrhundert kaum je in der Rolle des Opfers gewesen war. Selbst einige Intellektuelle gaben damals zu, daß sie überrascht, ja beeindruckt waren von der Ruhe und Umsicht der ersten Reaktionen und Entscheidungen der Regierung. Jedenfalls wirkten die militärischen Aktionen in Afghanistan plausibel, und wir waren erleichtert, daß das Land nicht, wie vor fünfzehn Jahren für die Sowjetunion, zu einem neuen Vietnam wurde.

      Dann hat sich offenbar ein Umschwung ereignet, den nur wenige sofort bemerkten, mit dessen Folgen heute aber jeder Amerikaner leben muß, wenn er das Land, und sei es nur für einige Tage, verläßt. Ob man es "Antiamerikanismus" nennen will oder nicht, die Stimmung gegenüber den Vereinigten Staaten ist heute weltweit und mit verschiedenen regionalen Varianten gereizter als irgendwann im zwanzigsten Jahrhundert. Niemand weiß, wie es dazu kam. Ist das vereinte Europa vielleicht in seinem schon immer etwas narzißtischen Selbstbild von der Einsicht verletzt worden, daß es ohne militärische Macht auf weltpolitische Entscheidungen keinen wirklichen Einfluß nehmen kann? War es nicht eine europäische Utopie, den weltpolitischen Schiedsrichter zu spielen, ohne sich die Hände mit der Pragmatik der Macht zu beschmutzen?

      Trotz aller Koalitionsrhetorik macht es die gegenwärtige amerikanische Regierung ja nur zu deutlich - viel deutlicher als Clinton -, daß sie bestimmte Ziele auch ohne Zustimmung der Alliierten verfolgen will. Nun ist aber die Stimmung in Europa - zunächst noch gegen den Widerstand einiger hartnäckig proamerikanischer Politiker - umgeschlagen von einer selbstverständlichen Solidarität mit den Vereinigten Staaten in eine allgemeine Solidarität mit den Machtlosen der Welt. Wolken von Moral und sanfter Friedensgestimmtheit umgeben die neue Solidarität, aus der beispielsweise eine von Bombenattentaten unbeeindruckte kollektive Sympathie mit den Palästinensern entstanden ist. Denn wer, wie Israel und die Vereinigten Staaten, seinen Gegnern militärisch überlegen ist, hat, so scheint man selbstgerecht zu schließen, die Legitimität seiner Position schon verspielt. Daß Europa die militärische Stärke (und politische Härte) fehlt, um eine weltpolitische Rolle zu spielen, bedeutet aber keineswegs, daß die amerikanische Regierung ihre weltpolitische Rolle zu spielen imstande ist, für die sie die militärischen Voraussetzungen mitbringt.

      Wie der Abschiedsmüll an Ground Zero und wie die Stickers auf den Footballhelmen hat auch das Gesicht von Bin Ladin seit dem vergangenen Winter, als die Zeitungsleser täglich auf die poetische Formel stießen, er sei mit seinen Getreuen wohl "über verschneite Pässe aus der Bergfestung Bora-Bora" entkommen, viel von seiner bedrohlichen Energie verloren. In den darauf folgenden Monaten der Beruhigung und Ernüchterung scheinen das Weiße Haus und das Pentagon versäumt zu haben, mittels infrastruktureller Maßnahmen die Bedrohung durch zukünftige Katastrophen zu reduzieren. Nach Ansicht von Fachleuten müßten dies in erster Linie gesetzgeberische Initiativen oder auch neue Strategien der Geheimdienste sein. Aber was die erwünschte Wirkung haben würde, ist bisher immer noch nicht klar.

      In dieser Situation einer wohl objektiv gefährlichen Stagnation hat die amerikanische Regierung angekündigt, sie plane ihren nächsten Krieg als Präventivkrieg gegen den Irak. So ist wiederum die irritierende Tatsache unübersehbar, daß keine andere Nation und keine internationale Institution den Präsidenten der Vereinigten Staaten davon abhalten kann, eine solche Ankündigung Wirklichkeit werden zu lassen - und die Stimmen der Moral und des bedingungslosen Friedens haben lauteren Protest erhoben als je zuvor. In der Tat läßt sich die Vermutung nicht abweisen, daß das Überleben der Regierung Bush bei den nächsten Wahlen so gut wie sichergestellt wäre, wenn sie sich noch einmal zum Gewinner eines Krieges erklären könnte, und daß der Blick dieser Regierung vielleicht deshalb auf den Irak als potentiellen Kriegsgegner gefallen ist, weil die Politik des Irak mit texanischen Öl-Interessen in Konflikt steht.

      Aber nehmen wir einmal an (und wer sollte den Gegenbeweis liefern?), im Zusammenspiel zwischen der Waffenindustrie und den Führungskadern des Irak liege tatsächlich die höchste Bedrohung für das Überleben der Menschheit - würde ein gewonnener Krieg gegen den Irak die derzeitige Politik der Vereinigten Staaten rechtfertigen? Gewiß, Präsident Bush, seine Minister und Berater würden in besserem Licht erscheinen. Aber ihre Fähigkeit, weltpolitisch zu handeln, hätten sie damit noch nicht unter Beweis gestellt. Denn nicht anders als ihre Gegenspieler unter der Flagge der internationalen Friedenssolidarität hüllen sie ihre Ziele in einen Nebel von Moral, anstatt sie durch konkrete Interessen zu begründen. Die irakische Regierung soll als Gelenk einer "Achse des Bösen" gestürzt werden, weil ihr Führer angeblich "ein neuer Hitler" ist und weil ihr Waffenpotential "die Menschheit" bedroht.

      Weltpolitisch handeln hieße dagegen, nur scheinbar paradox, daß sich die amerikanische Regierung von Fall zu Fall darauf konzentrieren würde, die eigenen nationalen Interessen zu erkennen und zu formulieren. Inwiefern bedroht das irakische Waffenpotential die Vereinigten Staaten? Und erst wenn auch die Regierungen der anderen Nationen statt im Namen der Menschheit im Namen ihrer eigenen Interessen sprechen und handeln würden, könnte man politisch beurteilen, ob gewisse Maßnahmen tatsächlich unter Berufung auf die Menschheit durchgeführt werden sollten. Das Problem der moralisierenden Menschheitsdiskurse ist, daß sie es nicht zulassen, konkrete Interessengegensätze und Interessenkonvergenzen zu identifizieren. Das Aufeinanderprallen des europäischen und des amerikanischen Moraldiskurses kann auf beiden Seiten nur Irritation und Gesten leerer Entrüstung hervorrufen.

      Weltpolitik wäre die Vertretung nationaler Interessen in Abstimmung und Konflikt mit den Interessen anderer Nationen. Dazu würde natürlich auch gehören, militärische Stärke auszuspielen. Doch ein Krieg für "unendliche Gerechtigkeit" oder ein bedingungsloser Frieden aus Angst vor dem Krieg sind keine politischen Ziele. Schließlich setzt Weltpolitik auch die Fähigkeit voraus, langfristige nationale Interessen zu unterscheiden vom naheliegenden Wunsch einer Regierung, die nächsten Wahlen zu gewinnen. Roosevelts Politik vermittelte der Welt den Eindruck, daß für ihre Entscheidungen langfristige nationale Interessen ausschlaggebend waren.


      "Ich staune über meine patriotischen Gefühle", hatte Hans Ulrich Gumbrecht am 15. September 2001 an dieser Stelle geschrieben. Heute vermißt er die Solidarität mit Amerika, aber auch eine klare Definition amerikanischer Interessen. Auch der junge israelische Historiker Gadi Taub schildert einen Verlust: Dem Schock folgte kein entschlossenes Handeln der Amerikaner in Nahost.

      Frankfurter Allgemeine Zeitung, 06.09.2002, Nr. 207 / Seite 35
      Avatar
      schrieb am 06.09.02 01:45:54
      Beitrag Nr. 341 ()
      Irak
      Nato-Kreise: Keine Beteiligung an Präventivangriff


      5. Sep. 2002 Bei der Nato wird jede Beteiligung an einem Präventivangriff auf Irak ausgeschlossen. Offensivangriffe liefen den Gründungsprinzipien der Allianz zuwider, verlautete am Donnerstag aus Bündniskreisen in Brüssel. Auch eine Erweiterung des nach dem 11. September erklärten Bündnisfalls auf einen Irak-Angriff wurde ausgeschlossen.


      Ein Mitglied der britischen Regierung wies zugleich Vermutungen zurück, mit einem Militäreinsatz gegen Irak sei in nächster Zeit zu rechnen. „Aktionen stehen weder unmittelbar bevor noch sind sie unvermeidlich", sagte Robin Cook, der als Fraktionsvorsitzender der Regierungspartei im Unterhaus dem Kabinett angehört.

      Kontrolle könnte militärisch erzwungen werden

      Amerikas Präsident George W. Bush hatte am Mittwochabend eine diplomatische Initiative bei den Vereinten Nationen (UN) angekündigt. Die USA bereiteten einen Vorschlag vor, die Rückkehr der Waffeninspektoren der UN notfalls militärisch zu erzwingen, hieß es in Regierungskreisen. Demnach würden die Inspektoren Geleitschutz erhalten, der ihnen den Weg in vermutete Produktionsstätten von Massenvernichtungswaffen, falls nötig, frei schießen soll. Diese Idee stoße in Washington allgemein auf Zuspruch.

      Auf die Beweise kommt es an

      In diplomatischen Kreisen Brüssels hieß es, die USA könnten vielleicht doch versuchen, die Unterstützung der Nato zu erhalten. „Wenn man beweisen könnte, dass der irakische Präsiden Saddam Hussein den Startknopf für eine biologische Waffe in den nächsten 20 Sekunden drückt, könnte man vielleicht einen Einsatz rechtfertigen“, sagte der Vertreter eines europäischen Landes.

      Bush hat angekündigt, die Gründe für seine Irak-Politik am 12. September der UN vorzutragen. Kongressmitglieder beider Parteien kritisierten, Bush habe in seiner Ansprache am Mittwoch kaum überzeugende Argumente für einen Militäreinsatz geliefert.

      Araber unterstützen Rückkehr der Waffenkontrolleure

      Die Türkei warnte unterdessen davor, dass die gesamte vorderasiatische Region ins Chaos stürzen werde, sollten sich die USA für einen Angriff entscheiden.

      Die Staaten der Arabischen Liga verständigten sich am Donnerstag auf eine ablehnende Haltung gegen einen möglichen Angriff auf Irak. Die Bedrohung der Sicherheit Iraks komme einer Bedrohung der Sicherheit der gesamten arabischen Staaten gleich, hieß es in einer Erklärung zum Abschluss einer Außenministertagung der Arabischen Liga in Kairo.

      Der Generalsekretär der Arabischen Liga, Amr Mussa, sagte, die Liga sei bemüht, „eine militärische Konfrontation oder einen Militäreinsatz zu vermeiden, weil wir glauben, dass sonst im Nahen Osten die Hölle los sein wird“. Er bekräftigte die Unterstützung für eine Rückkehr der Waffenkontrolleure, die Irak 1998 verlassen hatten.


      Text: Reuters
      Avatar
      schrieb am 06.09.02 01:48:14
      Beitrag Nr. 342 ()
      Auswärtiges Amt lässt US-Botschafter antreten

      Berlin - Wegen seiner Kritik an der deutschen Haltung in der Irak-Frage ist US-Botschafter Daniel Coats ins Auswärtige Amt geladen worden. Das verlautete am Donnerstagabend aus Regierungskreisen. Das Gespräch mit Staatssekretär Gunter Pleuger habe am Mittwoch in sachlicher Atmosphäre stattgefunden. Über die Inhalte hätten beide Seiten Stillschweigen vereinbart, hieß es weiter. Auch ein Sprecher der US-Botschaft bestätigte das Treffen.
      Die "Financial Times Deutschland" berichtete außerdem, dass Coats die Haltung der Bundesregierung erläutert worden sei. Im Verhältnis zweier befreundeter Staaten gelte es als ungewöhnlich, wenn ein Botschafter zum Gespräch geladen werde. Coats sei jedoch nicht einbestellt worden, schreibt die Zeitung weiter.
      Avatar
      schrieb am 06.09.02 01:53:32
      Beitrag Nr. 343 ()
      Von wegen "Deutschland isoliert sich"


      KRITIK AN IRAK-PLÄNEN

      Bush büßt Sympathien der Amerikaner ein

      George W. Bush wird auch in den USA immer mehr wegen seiner Irak-Politik kritisiert. Bei einer Umfrage unter amerikanischen Bürgern sank zudem die Zustimmung für die Amtsführung des Präsidenten.


      Irak-Intervention: Deutsch-amerikanische Beziehungen belastet


      New York - Bei einer Befragung des Meinungsforschungsinstituts Pew antworteten nur noch 60 Prozent der 1001 angesprochenen Amerikaner, dass sie mit der Amtsführung Bushs einverstanden seien. In anderen Umfragen liegt dieser Wert ebenfalls um die 60. Im Januar hatten noch 80 Prozent erklärt, sie stimmten der Politik Bushs zu. In seiner republikanischen Partei war der Rückgang für Bush am geringsten: Der Zustimmungswert sank von 95 auf 83 Prozent. Bei den Demokraten stürze sie von 69 auf 39 Prozent ab. Bei sich als unabhängig bezeichnenden Befragten fiel sie von 79 auf 65 Prozent.

      Eine Zustimmungsrate von insgesamt 61 Prozent hatte Bushs Vorgänger Bill Clinton auf dem Höhepunkt des Lewinsky-Skandals im September 1998. Auch damals reagierten die Befragten je nach Parteienpräferenz sehr unterschiedlich.

      Auch bei amerikanischen Politikern schwindet die Zustimmung für die Pläne Bushs, Iraks Präsidenten Saddam Hussein aus dem Amt zu jagen. Ein allein geführter Krieg sei keine Lösung, sagte der frühere Präsident Jimmy Carter. In einem Kommentar in der "Washington Post" schrieb Carter, statt eines militärischen Alleingangs der USA sollten sich besser die Vereinten Nationen gemeinsam für eine Wiederaufnahme der Waffeninspektionen im Irak einsetzen. Kongressmitglieder beider Parteien kritisierten, Bush habe in seiner Ansprache am Mittwoch kaum überzeugende Argumente für einen Militäreinsatz geliefert. Gegner eines Militäreinsatzes kündigten eine Großdemonstration unter Führung des früheren US-Justizministers Ramsey Clark an.

      "Unilaterales Handeln hat sehr, sehr düstere Folgen für unser Land", warnte der demokratische Mehrheitsführer im Washingtoner Senat, Tom Daschle. Das letzte Mal, dass die USA alleine zu den Waffen griffen, war im Spanisch-Amerikanischen Krieg 1898.

      Auch die neuseeländische Regierung sprach sich gegen einen Irak-Einsatz ohne Uno-Mandat aus. Bislang liege noch kein klarer Beweis dafür vor, dass Bagdad Massenvernichtungswaffen besitze, sagte Außenminister Phil Goff im Parlament in Wellington. Ein amerikanischer Alleingang werde die internationale Koalition gegen den Terror schwächen.

      Die Staaten der Arabischen Liga verständigten sich am Donnerstag auf eine ablehnende Haltung gegen einen möglichen US-Angriff auf den Irak.
      Wie der sudanesische Außenminister Mustafa Osman Ismail nach einer nicht-öffentlichen Sitzung vor dem Abschluss zweitägiger Beratungen in Kairo mitteilte, wird in einer einstimmigen Resolution bekräftigt, "dass alle arabischen Staaten gegen jeglichen Angriff sind - sei es gegen Irak oder einen anderen arabischen Staat".

      Sollte der Irak wegen des Streits um die Rüstungsinspektionen angegriffen werden, werde im Nahen Osten "die Hölle los sein", sagte der Generalsekretär der Arabischen Liga, Amr Mussa. Allerdings signalisierte Mussa, dass die arabischen Nachbarn Iraks die Forderung nach einer Rückkehr der UN-Rüstungsinspektoren unterstützen.
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      schrieb am 06.09.02 01:56:43
      Beitrag Nr. 344 ()
      bush nervt schröder

      Mit Wut und Frust zur Emanzipation

      Was lange unter der Oberfläche gärte, ist zum lautstark geführten Schlagabtausch geworden. Über den drohenden Irakkrieg ist das Verhältnis zwischen der deutschen und der US-amerikanischen Regierung so schlecht wie nie zuvor seit Ende des Zweiten Weltkrieges. In gänzlich undiplomatischer Sprache haben Bundeskanzler Gerhard Schröder und US-Botschafter Dan Coats bereits ihre geringer werdende politische Wertschätzung ausgedrückt. Eine Fortsetzung steht zu erwarten.


      Kommentar
      von BERND PICKERT

      Spätestens seit dem Amtsantritt George W. Bushs stimmen die europäischen Regierungen - und hier insbesondere die deutsche - in immer weniger Fragen mit den USA überein. Die rot-grüne Bundesregierung kann es sich tatsächlich zugute halten, die Europäische Union sehr klar geführt und gegen die USA in Stellung gebracht zu haben, zuletzt etwa beim Internationalen Strafgerichtshof, wo sie ein Ausnahmerecht für die USA ablehnt. In Europa isoliert, wie US-Botschafter Coats behauptet, hat sie sich nicht.

      Doch die Wut und der Frust der Verhandler über immer neue Sabotage aus Washington blieb bislang hinter den Kulissen. Jetzt bricht sich an der Irak-Frage der Konflikt öffentlich Bahn. Dass es sich dabei - auch - um Wahlkampf handelt, kann niemand bestreiten. Interessant ist daran, dass sich in dem Jahr seit dem 11. September offenbar auch die öffentliche Wahrnehmung der USA in Deutschland deutlich geändert hat. Nicht die Verkündung uneingeschränkter Solidarität soll den Wahlkämpfern Punkte bringen, sondern die lautstarke Aufkündigung derselben in der Irak-Frage.


      Schon einmal, vor 20 Jahren, hat das Verhältnis zu den USA einer SPD-geführten Bundesregierung zu schaffen gemacht. Damals ging es um die Raketenstationierung, den Nato-Doppelbeschluss. Die SPD unter Helmut Schmidt war intern zutiefst gespalten und verlor bald die Regierungsmacht, die Grünen wurden groß und Helmut Kohl Kanzler. Der Konflikt aber berührte das amtliche deutsch-amerikanische Verhältnis nicht. Noch tief im Kalten Krieg gefangen, war ein offener Dissens der westdeutschen Regierung mit Washington nicht denkbar.

      Das ist heute anders. In den letzten Jahren ist die deutsche Beteiligung an Kriegen immer auch mit dem Argument begründet worden, Deutschland müsse sich durch auch militärisches Engagement außenpolitisch emanzipieren. Es scheint, dass immerhin das erreicht worden ist. Wenigstens bis zum 22. September.

      taz Nr. 6846 vom 6.9.2002, Seite 1, 85 Zeilen (Kommentar), BERND PICKERT,
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      schrieb am 06.09.02 02:01:56
      Beitrag Nr. 345 ()
      Grobes Poltern, hin und her
      In bisher nicht gekannter Schärfe kritisieren sich US- und deutsche Offizielle wegen der jeweiligen Haltung zum Irak. USA sehen Deutschland in der EU isoliert, Fischer betont Einklang mit den europäischen Partnern
      BERLIN taz Die Wortwahl ließ an Schärfe und Ironie kaum zu wünschen übrig: Natürlich genieße ein amerikanischer Botschafter Meinungsfreiheit, auch in Deutschland, ätzte Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye. Er reagierte damit auf ungewöhnlich undiplomatische Äußerungen des US-Boschafters Daniel Coats, der angesichts der erklärten Absicht des Kanzlers, unter seiner Führung werde sich Deutschland auch bei einem UN-Mandat nicht an einer Intervention im Irak beteiligen, "gewisse Zweifel an der Enge der Beziehung" zu den USA geäußert hatte. Deutschland, so Coats, isoliere sich damit sogar innerhalb der Europäischen Union.

      Das war am Mittwoch. Am Donnerstag legte der Bundeskanzler noch ein bisschen nach. In einem Interview der New York Times blieb Schröder in der Sache hart und forderte von den USA im Übrigen "echte Konsultationen", nicht nur einen Anruf Bushs zwei Stunden vor dem Angriff mit der Ankündigung "Wir gehen rein". Er antwortete damit indirekt auch dem Unions-Kanzlerkandidaten Edmund Stoiber, der, bei grundsätzlicher Gleichheit der Ansichten um Unterscheidung zum Kanzler bemüht, Schröder der Arroganz bezichtigte, weil der sich nicht selbst um ein Gespräch mit Bush bemühe.


      Zwar ist die Diskussion über einen Kriegseinsatz gegen den Irak nicht die erste und beileibe nicht die einzige Frage, bei der die rot-grüne Bundesregierung und die Regierung Bush weit auseinander liegen. Weder in den bald zwei Jahren seit Bushs Amtsantritt noch in den fünfeinhalb Jahrzehnten seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges aber haben Deutsche und US-amerikanische Regierungsoffizielle so offene Kritik aneinander geübt.

      So verwundert es nicht, dass sich auch Außenminister Joschka Fischer gestern zur Klarstellung genötigt sah: Keineswegs, so Fischer im dpa-Gespräch, ginge die Bundesregierung auf Konfrontationskurs zu den USA. Die USA seien "für Frieden und Stabilität der Welt unverzichtbar" und außerhalb Europas der wichtigste Bündnispartner. In der Sache allerdings widersprach der Außenminister: Keineswegs sei Deutschland innerhalb der EU isoliert, vielmehr habe er beim EU-Außenministertreffen letzte Woche "sehr große Zustimmung gefunden".

      Tatsächlich sind es innerhalb der EU noch immer lediglich Großbritannien und Spanien, die eher zu den Unterstützern gerechnet werden können. Während die britische Regierung im Einklang mit den USA ankündigte, Beweise für die Existenz von Massenvernichtungswaffen in irakischer Hand vorlegen zu wollen, sagten die Regierungen Frankreichs und Deutschlands, ihnen lägen keinerlei Hinweise auf eine akute Bedrohung durch den Irak vor.

      Und selbst die Türkei, sonst stets einer der US-hörigsten Verbündeten innerhalb der Nato, geht auf Distanz: Ein Angriff auf den Irak würde die gesamte Region ins Chaos stürzen, sagte Außenminister Sükrü Sina Gürel laut der Brüsseler Zeitung La Libre Belgique.
      Die US-Luftwaffenbasis Incirlik im Süden der an den Irak angrenzenden Türkei wäre für einen Angriff von strategischer Bedeutung.

      Doch auch wenn die deutsche Regierung sich im Recht wähnen und die vorsichtige Kommunikationswende der Bush-Regierung durchaus als Erfolg der Skeptiker gewertet werden darf: In den nächsten Tagen dürfte in Berlin verbale Abrüstung auf der Tagesordnung stehen. Klare Worte können im Wahlkampf durchaus Punkte bringen, anhaltendes außenpolitisches Gepolter allerdings birgt Gefahren. Im Innern, wohlgemerkt: In Washington, wo die politische Klasse selbst mitten im Wahlkampf steht, kann Schröder durchaus mit Verständnis rechnen. Im Wahlkampf sagt man eben so manches. BERND PICKERT

      taz Nr. 6846 vom 6.9.2002, Seite 3, 123 Zeilen (TAZ-Bericht), BERND PICKERT
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      schrieb am 06.09.02 02:12:49
      Beitrag Nr. 346 ()
      5. September 2002, 02:04, Neue Zürcher Zeitung


      Ermahnungen des EU-Parlaments an Amerika
      Angriff auf den Irak nur mit Uno-Mandat

      uth. Strassburg, 4. September

      Der Vorsitzende der europäischen Sozialisten, Enrique Baron Crespo, hat im Rahmen einer Parlamentsdebatte über den Irak in Strassburg erklärt, niemand wolle das Regime in Bagdad verteidigen, aber ein einseitiges gewaltsames Eingreifen der USA im Irak werde die politischen Probleme in der Region eher verschärfen als sie lösen. Der Redner drückte damit die Stimmung in fast allen Fraktionen des EU-Parlaments aus. Er ermahnte den amerikanischen Präsidenten, an die Politik seine Vaters zu denken, der sich auf eine breite Koalition und ein Uno-Mandat bei seinem Eingreifen gegenüber dem Irak hatte stützen können. Zuvor hatte der für die Aussenpolitik zuständige britische EU-Kommissar Chris Patten eingeräumt, dass sich die Krise bald verschärfen könne. Es stehe ausser Frage, dass Bagdad keine der neun Resolutionen des Uno-Sicherheitsrates eingehalten habe und insbesondere nicht bereit sei, mit den Waffeninspektoren ohne Vorbedingungen zusammenzuarbeiten.

      Nach einem Bericht vom Januar 1999, führte Patten weiter aus, bestehe der begründete Verdacht, dass im Irak Massenvernichtungswaffen vorhanden seien. Allerdings gebe es keine eindeutigen Beweise. Einerseits warnte Patten vor einer sich öffnenden Kluft zwischen der EU, den USA und den Ländern des Nahen Ostens. Auf der andern Seite wich der Kommissar der Frage aus, ob ein Militärschlag gerechtfertigt sein könnte. Er erinnerte vielmehr daran, seit dem Westfälischen Frieden gelte im Völkerrecht, dass sich kein Staat militärisch in die Angelegenheiten anderer Staaten einmischen dürfe. Anderseits sei es fraglich, ob diese Maxime heute noch Gültigkeit haben könne. Man sei sich einig, dass es eine Legitimation für militärische Einsätze in einem anderen Land geben müsse. Aber gelte dies auch beim Vorhandensein von Massenvernichtungswaffen? Vor diesem Hintergrund sei nur auf eine enge Zusammenarbeit der EU und der USA in den kommenden Monaten zu hoffen.

      Der Vorsitzende der christlichdemokratischen Fraktion, Hans-Gert Pöttering, betonte, wer Krieg verhindern wolle, müsse verhindern, dass Saddam Hussein chemische oder atomare Waffen besitze. Hier gelte es, zusammen mit den Vereinigten Staaten eine gemeinsame Position zu finden. Für die Liberalen forderte der britische Liberale Graham Watson darüber hinaus die Aufstellung einer breiten Koalition mit der arabischen Welt. Der niederländische Abgeordnete Lagendijk sah für die Grünen Trost in der Feststellung: «Die USA werden zwar ohnehin tun, was sie möchten. Glücklicherweise wissen sie aber noch nicht ganz, was sie möchten.»
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      schrieb am 07.09.02 13:13:12
      Beitrag Nr. 347 ()
      Ein FAZ-Artikel über den Statthalter des US-Protektoriats namens Deutschland:


      Bushs Mann in Berlin ist nicht zum Leisetreten da

      Von Eckart Lohse und Klaus-Dieter Frankenberger


      BERLIN, 6. September. Als die amerikanische Regierung sich im vorigen Jahr entschloß, den früheren Senator Daniel Coats als Botschafter nach Deutschland zu schicken, wurde der Bundesregierung schnell klar, wer da die Koffer packte. Sechs Wochen bevor der Anwalt, der für das Amt des Verteidigungsministers unter dem neuen Präsidenten Bush gehandelt worden war, seinen Posten in Berlin antrat, gab Coats vor dem außenpolitischen Ausschuß des amerikanischen Senats eine Kostprobe seines Selbstbewußtseins ab. Nach allerlei Beteuerungen zum guten deutsch-amerikanischen Verhältnis, das so bleiben solle, verpaßte er seinem zukünftigen Gastgeber quer über den Atlantik eine schallende Begrüßungsohrfeige. Wenn die Deutschen ihre zentrale Rolle in der Nato behalten wollten, dann müßten sie mehr als Rhetorik liefern. In Amerika sorge man sich, so fuhr Coats fort, daß Deutschland wegen seines "abnehmenden" Verteidigungshaushalts seine internationale Rolle nicht mehr angemessen wahrnehmen könne.

      Die amerikanische Botschaft in Berlin verbreitete das Protokoll der Ausschußsitzung unaufgefordert in voller Länge. Im Bundesverteidigungsministerium wurde hilflos darauf hingewiesen, daß der Haushalt nicht abnehme, sondern stabil sei. Ein Sprecher Bundeskanzler Schröders äußerte damals, es sei "erstaunlich", daß ein Botschafter sich schon vor seinem Amtsantritt in die innenpolitische Debatte des Gastlandes einmische. Man werde Coats über "geeignete Kanäle" ein entsprechendes Signal zukommen lassen.


      Coats stammt aus einer Gegend der Vereinigten Staaten, in der tiefe Religiosität, der Glaube an den ewigen Wert der Familie und, natürlich, Patriotismus nicht für unanständig oder überholt gehalten werden: aus dem Mittleren Westen. Dort hat ein Traditionsstrang der Republikanischen Partei seine Wurzeln, die einen bestimmten Politikertypus hervorgebracht haben. Er verbindet konservative Festigkeit in den Wertefragen mit Mißtrauen gegen die Großbürokratien des Wohlfahrtsstaates und einer großen Unterstützungsbereitschaft für Amerikas Verteidigung, ohne dabei wie Republikaner im Süden und Südwesten zur Konfrontation zu neigen.

      Es ist kein Zufall, daß Coats 1980 in Indiana den Wahlkreis Dan Quayles übernahm, der später unter dem älteren Bush Vizepräsident werden sollte. Das ist auch deshalb bezeichnend, weil personale Kontinuitäten politische Affinitäten widerspiegeln: Coats steht in Habitus und Grundüberzeugungen dem Vater des gegenwärtigen Präsidenten vermutlich näher als dem Sohn. Dem Repräsentantenhaus gehörte er von 1981 bis 1989 an; womit er auffiel, waren sein - vergeblicher - Kampf für die Zulassung von Schulgebeten und, auch das nicht untypisch für die Region, sein Eintreten für Konsumentenbelange.

      Als Senator, wiederum Quayle folgend, mußte er zwangsläufig den Horizont erweitern: als Mitglied des Streitkräfte- und des Geheimdienstausschusses. Schon dadurch wurde Coats ein Verfechter einer starken Nato, dem es nicht fernlag, Amerikas Verbündete daran zu erinnern, daß Stärke und Zusammenhalt des Bündnisses auch von ihren Beiträgen abhingen. Das war das Motiv, das er nach der Nominierung zum Botschafter in Berlin wiederaufnahm.

      Die Regierenden an Rhein und Spree waren zwar gewohnt, daß Washington keine Leisetreter schickt. Dieser Botschafter versprach allerdings eine besondere Portion Selbstbewußtsein mitzubringen. Sehr genau wurde beobachtet, daß hier kein gelernter Botschafter kam, sondern ein republikanischer Politiker ohne Erfahrung im auf Geschmeidigkeit ausgerichteten diplomatischen Geschäft. Daß Coats nicht über Deutschkenntnisse verfügte, war da nur noch eine Fußnote. Die müßte bis heute nicht wesentlich umgeschrieben werden. Noch im März sagte Coats, es sei zwar bestimmt ein Nachteil, daß er so wenig Deutsch spreche, aber in seinem Alter (er war damals 58 Jahre alt) sei es nun mal schwer, eine Fremdsprache zu erlernen. Außerdem wollten seine deutschen Gesprächspartner lieber ihr Englisch ausprobieren, als ihm beim Deutschlernen zu helfen.

      Doch anders als es der holprige Anlauf hatte vermuten lassen, begann anschließend eine alles in allem reibungslose Beziehung. Das hatte viel mit der Weltgeschichte zu tun. Der neue amerikanische Botschafter trat seinen Posten am 7. September vorigen Jahres an. Vier Tage später geriet das Verhältnis Amerikas zu seinen Verbündeten und damit auch zu Deutschland schlagartig in ein neues Licht. Coats erlebte aus nächster Nähe, wie Schröder am Abend des 11. Septembers, als auch Berlin unter dem Schock der Terroranschläge von New York und Washington stand, Amerika "uneingeschränkte Solidarität" versprach. Ein Jahr später erinnern sich Teilnehmer an ein sehr intensives Gespräch des neuen Botschafters mit Außenminister Fischer in dessen Büro am Werderschen Markt gleich nach dem 11. September, in dem es natürlich im wesentlichen um die Terroranschläge ging.

      Fischers Verhältnis zu Coats sollte ein entspanntes werden. Als die beiden sich einmal zufällig in einem Berliner Restaurant begegneten, scherzten sie und tauschten Nettigkeiten aus. Die regelmäßigen Begegnungen finden protokollgerecht eine Ebene tiefer statt. Coats pflegt sich mit Fischers Staatssekretär Pleuger und dem amerikaerfahrenen außenpolitischen Berater Schröders Kastrup zu treffen. Mit dem Bundeskanzler kam es zu gelegentlichen Begegnungen, nicht zu gezielten Aussprachen. Lange hatte die deutsche Seite am Verhalten von Coats nichts auszusetzen.

      Die Wende kam im Frühsommer dieses Jahres. Angesichts der für die SPD niederschmetternden Umfrageergebnisse entschieden die Wahlkampfstrategen der Bundesregierung, allen voran der SPD-Vorsitzende und Bundeskanzler Schröder selbst, die noch nebulösen Pläne Washingtons für einen Irak-Feldzug zum Gegenstand einer antiamerikanischen Wahlkampagne zu machen. Das wurde auch von Coats genau wahrgenommen. Noch Mitte Juni hatte der Botschafter in einem langen Gespräch mit der "Stuttgarter Zeitung" auf die Frage, warum der Kampf gegen den Terror in Europa eine kleinere Rolle spiele als in Amerika, geantwortet: "Einige in Europa unterschätzen die Bedrohung." Doch fügte er hinzu, damit meine er nicht die Regierungen. Mit Blick auf Deutschland sagte er: "Ich erlebe nach wie vor große Solidarität seitens der Regierung, von den verschiedenen Parteien und ich denke auch von der großen Mehrheit der Bevölkerung."

      Je mehr sich aber Schröder und Fischer öffentlich gegen einen Irak-Feldzug, ganz gleich unter welchen Vorzeichen, festlegten, desto mehr stieg Coats` Bedarf, ein klärendes Gespräch mit seinen Gastgebern zu führen. Dazu kam es Anfang August im Kanzleramt. Diesmal war nicht nur Kastrup, sondern mit Kanzleramtschef Steinmeier einer der engsten Vertrauten des Bundeskanzlers anwesend. Coats machte die amerikanische Haltung klar, Steinmeier die deutsche. Eine Annäherung in der Sache gab es nicht. Zum offenen Eklat kam es eine Woche später, nachdem das Treffen öffentlich bekannt geworden war, vor allem aber, nachdem Regierungssprecher Heye mit einem Anflug von Herablassung mitgeteilt hatte, Coats sei bloß gekommen, um sich die Haltung Deutschlands erklären zu lassen. Seine eigene oder die Amerikas habe er nicht vorgetragen. Als der Botschafter das vernahm, fühlte er sich offenbar in seiner Bedeutung als wichtigster Repräsentant der Weltmacht Amerika in Deutschland herabgewürdigt. Im Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung stellte er Heyes Schilderung als falsch dar und sagte, er sei ins Kanzleramt gegangen, gerade um die amerikanische Haltung vorzutragen. Coats kritisierte Schröders Wortwahl zur amerikanischen Irak-Politik ausdrücklich.

      Der Streit eskalierte, weil beide Seiten nicht einmal rhetorisch weichen wollten. Sowohl im Kanzleramt als auch im Auswärtigen Amt ist zu spüren, für wie unangemessen man es hält, daß ein Botschafter den Regierungschef des Gastlandes öffentlich tadelt. Zwar hatte Coats anfangs gesagt, er sei auf eigene Initiative ins Kanzleramt gegangen, habe das lediglich mit Washington abgesprochen. Doch entstand im weiteren Verlauf des Streits zumindest nicht der Eindruck, als werde er von seiner Regierung gebremst. Immerhin haben sich führende Repräsentanten der amerikanischen Regierung noch nicht in den öffentlichen Schlagabtausch eingeschaltet. Noch wird der Krieg der Worte ausschließlich über den Botschafter ausgetragen.


      Mit der Zuspitzung des Streits begannen allerdings auch erste Versuche der Eindämmung. Nachdem Coats jetzt vor einer Verschlechterung der deutsch-amerikanischen Beziehungen gewarnt hatte, lud Pleuger ihn zu einem Gespräch ein, das dem Vernehmen nach in guter, nach offizieller Diktion immerhin in "sachlicher" Atmosphäre verlief. Außenminister Fischer wird am Mittwoch sogar für wenige Stunden nach New York fliegen, um an der Gedenkfeier am 11. September teilzunehmen.

      Und auch Schröder scheint nicht letzte Brücken abbrechen zu wollen. Erst am Freitag wurde bekannt, daß er dem amerikanischen Präsidenten schon Ende August einen persönlichen Brief schickte, in dem er Bush die weitere Unterstützung im Kampf gegen den internationalen Terror zusicherte. Coats schließlich hatte bei seiner jüngsten Kritik an der Bundesregierung die Hoffnung geäußert, daß es nach der Bundestagswahl in Deutschland und der Kongreßwahl in Amerika wieder zu einer konstruktiven Diskussion komme.

      Frankfurter Allgemeine Zeitung, 07.09.2002, Nr. 208 / Seite 3
      Avatar
      schrieb am 07.09.02 19:35:15
      Beitrag Nr. 348 ()
      Ein türkischstämmiges Elternpaar aus Köln will sein Baby Osama bin Laden nennen und scheitert damit beim zuständigen Standesamt. Das berichtet der Kölner Express am Donnerstag. Die Behörde habe die Namensgebung abgelehnt, da sich die Assoziation mit dem gleichnamigen weltweit gesuchten Terroristen geradezu aufdränge und der Name auch in der Türkei nicht gebräuchlich oder zulässig sei. Ein Vorschlag zur Güte: Soll das Kind doch Saddam Hussein heißen. :rolleyes:
      Avatar
      schrieb am 07.09.02 20:06:44
      Beitrag Nr. 349 ()
      :rolleyes: ja geht`s ned a bisserl konspirativ?
      wosama hätte einen standesbeamten in bayern bestimmt nicht aufmerken lassen.
      Avatar
      schrieb am 07.09.02 20:35:38
      Beitrag Nr. 350 ()
      # 349

      :laugh:
      Avatar
      schrieb am 08.09.02 10:59:07
      Beitrag Nr. 351 ()
      In der vergangenen NAcht (leider nach Mitternacht) wurde z.B. von Phoenix ein sehr aufschlussreicher Bericht geendet, der kritische US-Intellektuelle zu Wort kommen ließ. U.A. Chomsky, den Sprecher der US-( Gerichts)Verteidiger-Organisation, Journalisten, NGO´s.

      Die Menge der Kritischen Bürger dort ist keineswegs gering und mittlerweile merken viele, daß der 11. 9. zum Anlaß genommen wurde, alle Bürgerrrechtler massiv zu gängeln und die Bürgerrechte in einem geradezu totalitären Ausmaß zu beschneiden. Allmählich erwachen die zunächst höchst einseitig patriotischen Bürger und reiben sich die Augen.

      Unglaublich, was der Rechtsanwalt und Sprecher der Verteidiger da über den PAtriot-Act und vo allem über die nicht gesetzlich, sondern per ministerieller Verfügung angeschafften Bürgerrechte sagte:

      Das FBI kann ohne konkreten verdacht in Abwesenheit des Bürgers ohne richterliche Verfügung in seine Wohnung eindringen und sie durchsuchen/verwanzen. der Bürger erfährt nicht einmal davon! Man muss lediglich einen Richter INFORMIEREN, ohne Info an den Bürger oder daß der Richter dasstoppen könnte.

      DAs gleiche gilt für Abhören, Kontrolle des Internet-verkehrs, Computer-Cracken.

      Menschen können ohne jeden HAftbefehl und konkreten Verdacht inhaftiert werden, sie dürfen oft nicht einmal einen Anwalt oder die Familie informieren.

      Es besteht die laut dem Rechtsanwalt standardmäßig genutzte Möglichkeit, jemanden als angeblich "wichtigen Zeugen" ohne jegliche Angabe zu der Tat, auf welche man sich bezieht, auf unbestimmte zeit ohne irgendwelche Bürgerrechte zu inhaftieren, ohne irgendwelche Möglichkeit für den Bürger, nach draussen zu kommunizieren.

      Lediglich die allerschlimmsten Eingriffe in die Bürgerrechte sind aufgrund von Widerstands der Opposition auf vier ( !) Jahre begrenzt worden; sie müssen dann erneut bestätigt werden.

      Eine Journalistin:

      "Die Geheimdienste und das FBI haben gnadenlos versagt - und jetzt belohnen wir sie, indem wir ihnen alle MAcht ohne jede Kontrolle geben; dasist unglaublich!"

      Viele US-Bürger sprechen inzwischen von einer erneuten McCarthy-Ära und erinnern sich an die dunklen zeiten, in denen sogar Martin Luther King noch nach dem Erhalt des Friedensnobelpreises durch die geheimdienste ins Zwielicht gebracht werden sollte, an die MAssen-deportationen japanischer Staatsangehöriger während des 2. Weltkrieges, an die Deportationen von Ausländern in den 20er Jahren.



      Die USA sind auf dem schlimmsten Weg in den Totalitarismus.
      Avatar
      schrieb am 08.09.02 11:59:45
      Beitrag Nr. 352 ()
      Topstorys
      Jetzt ist alles erlaubt
      Martin Kilian

      Amerikas Regierung redet vom Kampf gegen den Terror. In Wahrheit wird die Tragödie vom 11. September auch für knallharte Interessenpolitik genutzt.


      Der Tod erreicht Amerika: New York am 11. September 2001.
      Who the fuck knocked our buildings down?...
      America, together we stand, divided we fall.
      Mr. Bush, sit down, I am in charge of the war!
      «Rules», Wu-Tang Clan

      Wer zum Teufel hat unsere Gebäude zerstört?... Amerika, zusammen sind wir stark, wenn wir nicht eins sind, sind wir schwach. Mr. Bush, setzen Sie sich, ich führe den Krieg!

      Der Tod hatte Amerika überfallen. In Manhattan riss er ein monströses Loch auf. Ihn künftig abzuwehren, wurden in Washington Barrikaden errichtet: Um das Aussenministerium, um den Kongress. Da der Tod nicht nur Flugzeuge pilotiert, sondern auch Lastwagen steuert, sind die Strassen um das Weisse Haus für Lastwagen gesperrt worden. Dem Tod wird mit Geigerzählern gewehrt. Oder in Labors, wo seine Viren und Bakterien untersucht werden. In den Gepäckstücken amerikanischer Flugreisender wird ihm ebenso nachgespürt wie in Frachtcontainern.

      Octavio Paz, den es stets verwunderte, wie wenig Bedeutung Amerika dem Tod beimass und wie geflissentlich es im Gegensatz zu Mexiko den Tod verneinte, war bereits verstorben, als der Tod Amerika an einem strahlend blauen Septembermorgen überfiel. «Der Tod war ein Ausländer; wir wollten nichts von ihm wissen», bekennt der amerikanische Schriftsteller Mark Slouka.

      Amerika müsse «zur Normalität» zurückfinden, wiederholte der Präsident in den Tagen nach dem Erscheinen des Todes. Konsumieren und reisen sollten die Amerikaner, damit der Dreimonatstakt der Wirtschaft nicht ins Stottern geriet. Inzwischen hat die ablenkende Kraft alltäglicher Pop- und Medienkultur den Tod verdrängt. Amerika amüsierte sich, als Tonya Harding und Paula Jones mit Boxhandschuhen aufeinander losgingen. Oder wartete mit Spannung auf Neues von Eminem. Das amerikanische Leben sei «ein potentes Lösungsmittel», erkannte der Philosoph George Santayana. Die Zeit, seit der Tod Amerika besuchte, gibt ihm Recht. Zumindest an der Oberfläche. Zwar wurden Helden verehrt und Denkmäler errichtet. Zwar gab es sinnstiftende Reden, voll gestopft mit poetischen Bildern, prächtigen Metaphern und frommen Beschwörungen Gottes. Das amerikanische Leben aber, dieses herrliche Panoptikum von Optimismus und Beharrlichkeit, Ablenkung, Neuerfindung und kakofonischem Lärm, nahm seinen Lauf.

      Doch unter dem Furnier, abseits der Geschäftigkeit des Alltags, rumort es. Bereits im Moment der Heimsuchung dämmerte der Nation, dass die Welt sie eingeholt hatte, obwohl sie doch nie Teil dieser Welt hatte sein wollen. Gleichzeitig rief sie sich dröhnender als jemals zuvor zu, wie einzigartig und einmalig sie sei. Mehr denn je möchte sie Reagans «Stadt auf dem Hügel» sein, ein Leuchtturm des Heils zudem, dessen Strahlen der Welt den Weg weisen sollen.

      Nun wird sich das Land der Amnesie, das selten nur und ungern zurückblickt, an den Tag des Todes erinnern. Trivialisieren wird man ihn und kommerzialisieren. Man werde zum Jahrestag des Horrors ein «emotionales Bad» einlaufen lassen, versprach Tom Brokaw, der Nachrichtenmoderator des Fernsehsenders NBC. Aus dem 11. September wird mithin der «elfte September», ein Datum in Anführungszeichen.

      Bündnispartner als Statisten

      Der «elfte September» sei das «grösste Medienereignis der Weltgeschichte» gewesen, behauptete die Verwaltung der Stuyvesant High School in New York – weil der Tod ausnahmsweise nach Amerika gekommen war, nicht nach Ruanda oder Kosovo oder Simbabwe oder Osttimor oder Tschetschenien. Respektlos hatte sich der Tod ins Land Gottes aufgemacht, auf dessen Geldscheinen zu lesen ist: «Auf Gott vertrauen wir». Dessen Präsidenten Gott bei der Ableistung ihres Amtseides anrufen. Und dessen Schulkinder täglich bekennen: «Eine Nation unter Gott».

      Dennoch hatten die Mörder unter Berufung auf ihre Version Gottes gewagt, sich an Amerika zu vergreifen. Vielleicht hatten sie kalkuliert, die Nation durch ihr Verbrechen in die Welt befördern zu können. Aber Amerika hat sich seither noch weiter von der Welt entfernt, thront noch höher über ihr und trotzt ihr erst recht. Und der Präsident, ein evangelikaler Moralist, entwickelte sich sogar zum bekennenden Manichäer. Auf den Schwingen biblischer Offenbarung simplifizierte er, bis nur noch zwei Kategorien übrig blieben: das Gute und das Böse. Was manchmal grau war, glänzte fortan schwarz oder weiss, womit es mühelos begreifbar wurde.

      Nichts gibt es daran zu deuteln, auch wenn Aussenminister Colin Powell bisweilen versucht, die ärmliche Palette mit neuen Farbtönen zu beleben. Auch von ihm lässt sich die Riege der Manichäer nicht dreinreden. Im Wissen, Opfer zu sein, zieht die Administration des evangelikalen Moralisten mit Volldampf in den permanenten Krieg. Und wer Bedenken anmeldet, wird überfahren. «Wir haben Ihr Buch gelesen, und niemand wird uns sagen, wo wir bomben können und wo nicht», bügelte ein hoher Pentagon-Offizieller den ehemaligen Nato-Oberbefehlshaber und General a. D. Wesley Clark ab. Er hatte den alliierten Luftkrieg gegen Slobodan Milosevic geleitet. Nachdem der Tod Amerika besucht hatte, missfiel Clarks Attitüde. Seine Sünde war, gegen Alleingänge und für Alliierte zu plädieren.

      Gegen den Tod wie gegen die Mörder aber möchten der Präsident und sein Kriegsrat allein kämpfen. Mano a mano. Bündnispartner werden allenfalls als Statisten geduldet. Sogar ihre Hilfsangebote werden ausgeschlagen, da sie, die Liliputaner, dem amerikanischen Gulliver vielleicht Fesseln anlegen würden. Den Bündnispartnern winkt nur eine Aufgabe: Nach den Etappen des Krieges dürfen sie den Frieden sichern. Sie sammeln nach der Parade des Elefanten den Kot ein.

      The sky was falling and streaked with blood
      I heard you calling me, then you
      disappeared into the dust...
      «Into the fire», Bruce Springsteen

      Der Himmel stürzte ein und war blutbefleckt. Ich hörte, wie du mich riefst, dann verschwandest du im Staub...

      Zwölf Monate nach dem Massenmord, nach unzähligen Terrorwarnungen und gelegentlicher Angst vor der Wiederkehr des Todes geht die Nation einigermassen gelassen ihren Geschäften nach. Die Bauindustrie boomt. Der Technologiesektor liegt am Boden. Der Aktienmarkt wackelt. Aber Amerika bleibt eine Verheissung. Gott lebt, obschon sich die Zahl der Kirchenbesucher wieder verringert hat. Und der amerikanische Patriotismus pendelte sich auf hohem Niveau ein.

      Trotzdem sind die Zeiten brandgefährlich. Die Bürgerschaft, seltsam entrückt, schaut zu, wie für den endlosen Krieg des evangelikalen Moralisten – der Krieg werde seine Amtszeit gewiss überdauern, sagt er – mobilisiert wird. Die besten Streitkräfte der Welt bringen sich in Stellung. Gewaltige Nachschubströme ergiessen sich in abgelegenste Orte mit exotischen Namen. Die Entscheidung, wie wann und wo geschossen und gebombt wird, liegt nur beim Präsidenten. Ob Saddam oder sonst wer angegriffen wird oder nicht, hängt keineswegs vom Willen der gewählten Vertretung des Volks ab, da Amerika seine Kriege in flagranter Missachtung der Verfassung nicht erklärt. Der Kongress, dem dieses Recht zusteht, darf debattieren und eine Resolution verabschieden, bevor er das Kapitol räumt – eine gefährliche Abdankung.

      Der gestaltlose Krieg

      Denn der Krieg gegen den Terror gleicht einer Blankovollmacht: endlos, amorph, angeschoben von Furcht und Zorn und klandestinen Beweggründen und unablässig auf der Suche nach seiner Begründung – warum Saddam und nicht die Saudis, warum eine irakische Nuklearbedrohung und keine pakistanische?{ Ein Fall für den britischen Staatsphilosophen Thomas Hobbes: Wo der Naturzustand, wo die Zivilisation?

      Der Krieg gegen den Terror kommt ähnlich gestaltlos daher wie Lyndon Johnsons Krieg gegen die Armut. Oder Nixons und Reagans und George Bushs und Clintons Krieg gegen Drogen (Jimmy Carter führte ihn nur bedingt, was ihn ehrt). Informationen über den Krieg werden schärfstens kontrolliert, doch schwelt im Halbdunkel der Verschleierung der Verdacht, unter dem Deckmantel des Terrorkriegs schwinge sich Amerika zum ersten postmodernen Empire empor: ohne Territorialansprüche und dennoch global. Beispiellos ist Amerikas militärische Macht, gemästet von einem Militärbudget, das die Gesamtausgaben der folgenden vierzehn Nationen übersteigt.

      Doch Macht kommt nicht nur aus Gewehrläufen. Die amerikanische Stellung in der Welt, mahnt der Harvard-Aussenpolitiker Joseph Nye die Administration des evangelikalen Moralisten, beruhe ebenso «auf der weichen Macht unserer Kultur und Werte und auf einer Politik, die andere davon überzeugt, sie seien konsultiert und ihre Interessen berücksichtigt worden».

      Der Besuch des Todes in New York aber ist zum Vorwand für Alleingänge und Selbstherrlichkeit geworden. Oder wie es einer der intellektuellen Vordenker der Politik des Alleingangs, der Kolumnist Charles Krauthammer, formuliert: Die Europäer dürfen «uns den Mantel halten, aber unsere Hände lassen wir uns nicht binden».

      Hinter solchen Aussprüchen versteckt sich ein bedenklicher Umstand: Erstmals in der jüngeren amerikanischen Geschichte regieren hartgesottene Falken die Nation. Selbst in der Reagan-Ära dominierten sie nicht derart. Manipulieren sie den unerfahrenen Präsidenten? Blickt er durch? Ist er einer der Ihren? Als Aussenminister Colin Powell, die Taube im Kabinett des evangelikalen Moralisten, unlängst daran erinnert wurde, dass frühere Aussenminister einmal die Woche eine Stunde Zeit mit dem Präsidenten zur Erörterung aussenpolitischer Fragen verbrachten, antwortete Powell: «Was würde ich mit den restlichen 55 Minuten anfangen?»

      Schon vor dem Besuch des Todes hatten sich Allmachtsfantasien der Falken bemächtigt. Im Frühling 2001 belehrte Harold Rhode, damals «Islam-Berater» von Verteidigungsminister Donald Rumsfeld, den saudischen Aussenpolitiker Adel al-Jubeir über die kernige Weltsicht der neuen Regierung. Dies und das werde sich ändern, kündigte Rhode im Befehlston an und setzte dem schmächtigen Saudi sodann den Finger auf die Brust: «Sie werden keine Wahl haben.»

      Ganz einfach pro-amerikanisch

      Seither werden Verträge gekündigt und torpediert, die Alliierten übergangen, die Bündnispartner notfalls gedeckelt. «Das war der glücklichste Moment meiner Dienstzeit», beschrieb der einflussreiche Falke und Aussenamtsstaatssekretär John Bolton die Verweigerung der amerikanischen Unterschrift unter den Vertrag zur Errichtung des Internationalen Gerichtshofes. Und siehe, in welcher Gesellschaft sich die USA bei ihrer Ablehnung des Gerichts befinden: Irak, Iran, Pakistan, Indonesien und so weiter.

      Ebenfalls abgelehnt, nicht ratifiziert oder torpediert: das Protokoll über den Einsatz von Kindern in bewaffneten Konflikten, die internationale Konvention gegen die Diskriminierung von Frauen, die Uno-Konferenz gegen den Handel mit Schusswaffen, der Anti-Raketenabwehrvertrag, der Vertrag zum Verbot von Landminen, die Kioto-Vereinbarung gegen Klimaerwärmung. Und angesichts der Milzbrandanschläge in Washington und andernorts am erstaunlichsten: das Genfer Protokoll gegen biologische Waffen. Auch hierbei befindet sich die Administration des evangelikalen Moralisten in bemerkenswerter Gesellschaft: China, Russland, Pakistan, Kuba, Iran.

      Unilateral? Gewiss nicht, denn «unsere Politik ist ganz einfach pro-amerikanisch», rechtfertigt John Bolton die Politik der Verweigerung. «Im Moment bauen die Vereinigten Staaten ihre Allianzen ab; unilaterales Handeln, Triumphalismus, der Glaube an amerikanische Einzigartigkeit und – oftmals – ganz einfach Arroganz markieren unsere Politik», beklagt Leon Fuerth, vormals Sicherheitsberater des Vizepräsidenten Al Gore. Wer nicht für uns ist, ist gegen uns, schnarren die Herren der Welt.
      Stets ist ihr Krieg ein gerechter und dazu anästhesierend, weil zumeist über weite Entfernungen und aus der Luft geführt. Aus der Distanz betrachtet, gleicht ihr Krieg einem schmerzlosen und präzisen chirurgischen Eingriff. Wer der Elektronik zum Trotz umkommt, wird unter der Rubrik Kollateralschaden abgehakt.

      Präventive Vernichtung

      Seit dem sinnlosen Gemetzel des Vietnamkrieges ist unbedingt erforderlich, der Nation den Krieg als antiseptisches Videospiel zu verabreichen. Nicht amerikanische Einheiten jagten deshalb bei Tora Bora den Bösen, sondern afghanische Stammeskrieger. Der Böse, so heisst es, habe sie bestochen und sei über die Grenze nach Pakistan entkommen. Ihn «tot oder lebend» auszuschalten, war immerhin oberstes Kriegsziel des Präsidenten. Aber nicht einmal der Böse schlechthin war das Leben amerikanischer Soldaten wert.

      Die Befreiung Afghanistans mitsamt der Hatz auf den Bösen gehört jedoch bereits der Vergangenheit an. In seiner Rede vor der Militärakademie in West Point entwarf der Präsident den Krieg der Zukunft, aggressiv und präventiv, um jegliche Bedrohungen im Keim zu ersticken. «Wir befinden uns in einem Konflikt zwischen Gut und Böse, und Amerika wird das Böse beim Namen nennen», sagte er. Künftig wird das Böse präventiv vernichtet werden. Wer möchte dagegen argumentieren und sich womöglich dem Vorwurf aussetzen, er verteidige das Böse?

      We get mean and feel
      that living isn’t worth much
      and it’s either them or us.
      «It hit home», Suzanne Vega

      Wir werden gemein und spüren, dass das Leben nicht viel wert ist, und es geht nur um eins: wir oder sie.

      Jede Ausnahmesituation zaubert ihre Helden und Entertainer hervor. Verteidigungsminister Donald Rumsfeld mutierte zum Star, weil bei seinen Pressekonferenzen im Pentagon mit Ironie überspielt wird, dass Rumsfeld nichts sagt. Wie sein Vorgesetzter, der Präsident, schätzt Rumsfeld Geheimnisse. Was nicht bekannt ist, entgeht kritischer Prüfung und muss sich vor keiner Öffentlichkeit beweisen. Krieg heisst die Lippen fest zu schliessen. Was du nicht weisst, macht dich nicht heiss.

      Sicherlich sollte verborgen bleiben, dass es beim teuersten Kriegsmanöver der amerikanischen Streitkräfte, wo «blau» für Amerika stand und «rot» für Saddam, zum Eklat kam. Weil der General a. D. Paul Van Riper, Befehlshaber von «rot», die amerikanische Flotte versenkte und das Manöver vorübergehend abgebrochen werden musste. Und weil Van Riper – damit das erwünschte Ergebnis eintrat – derart die Hände gebunden wurden, dass er zurücktrat. Das Manöver sei «fast vollkommen so angelegt worden, dass die amerikanische Seite gewinnt», schäumte der General.


      Es riecht nach Weltherrschaft

      Aber Misserfolge bei Manövern würden die Krieger gegen den Terror nur unnötig belasten. Auch könnte die auf militärische Allmacht eingestimmte öffentliche Meinung Schaden nehmen. Nein, der Generalstabsplan gegen den Tod sieht nur Erfolge vor. Zumal er ja den Grossmut der Falken bezeugt, da er die Welt von einem Übel befreit. Die Begünstigten indes verharren in Skepsis, ja in Undankbarkeit. Ihr Argwohn wächst, je entschlossener der evangelikale Moralist die Spreu vom Weizen trennt.

      Noch ist nicht vergessen, dass aus der Pentagon-Schreibstube der Smarties, die jetzt den Krieg gegen den Terror planen, vor zehn Jahren ein bemerkenswertes strategisches Dokument ans Tageslicht befördert wurde. Für das Papier zeichneten Dick Cheney, damals Chef des Pentagons, sowie eine Gruppe von Denkern um den jetzigen stellvertretenden Verteidigungsminister Paul Wolfowitz verantwortlich. Nie wieder werde Amerika einen Rivalen wie die soeben implodierte Sowjetunion dulden, postulierten die Verfasser. Ob Europa oder wer auch immer: Es gelte, amerikanische Überlegenheit festzuschreiben.

      Das Papier, weil nach Weltherrschaft riechend, detonierte mit Getöse und wurde eilends eingestampft. Nun flattert es in Neuauflage lustig über dem Krieg gegen den Terror, eine verfrühte Blaupause für die rigorose Durchsetzung amerikanischer Interessen. Denn im Nebel des evangelikalen Moralismus werden die Konturen des Wunschtraums der Falken sichtbar: unangefochten agieren zu können, amerikanischen Reichtum zu mehren und die Macht des benevolentesten Hegemons der Menschheitsgeschichte zu verewigen.

      Öl für die Benzinschlucker der Konsumgesellschaft wird gebraucht, desgleichen Kapital zur Begleichung der horrenden Handelsdefizite. Ein Weltfinanzsystem zu amerikanischen Bedingungen, bitte. Und eine Globalisierung nach Washingtoner Vorgaben. Widerstand ist zwecklos. «Amerika besitzt und wird auch weiterhin eine militärische Stärke jenseits aller Herausforderungen besitzen und die destabilisierenden Wettrüsten vergangener Perioden damit zwecklos machen», intonierte der Präsident bei seiner Rede in West Point.

      Huckepack auf dem Rücken des Krieges gegen das Böse wird also der Feldzug für die Interessen der Nation und ihr Modell der Zukunft erkennbar. Einwänden wird mit der Moralkeule begegnet: Nicht Berlin oder Paris oder Peking besuchte der Tod, sondern Manhattan und Washington. Also reiten die Rächer im Kostüm der Helfer der Menschheit in die Steppen Zentralasiens und den Dschungel Kolumbiens, in die Wüsten des Jemen sowie – demnächst! – die Betonburgen von Bagdad.

      «Die Förderung der Demokratie, der Menschenrechte, der wirtschaftlichen Entwicklung und des Aufbaus von Nationen sind sicherlich wünschenswerte Ziele, aber ihre Priorität hat nachgelassen», deutet Morton Abramowitz, ein Mitarbeiter Ronald Reagans, die Zeichen der Zeit.

      In Usbekistan kungelt der evangelikale Moralismus daher ungeniert mit dem Regime des düsteren Islam Karimow, in Pakistan wird der Autokrat Muscharraf hofiert, in Indonesien das mörderische Militär. Bei seinen Seminaren für Studenten aus Drittweltländern schlägt dem amerikanischen Menschenrechtler und Demokratieverfechter Jeffrey Goldfarb längst die Reaktion der Geprellten entgegen: Antiamerikanismus sei manchen Streitern für Demokratie «zum Prinzip» geworden und «unglücklicherweise» nur allzu gut zu verstehen.


      Schliesslich kennt der Krieg gegen Terror keine Schweine; er kennt nur Freunde und Feinde und bändelt mit fast jedem Schurken an, dessen Immobilie sich im grossen Puzzle amerikanischer Geopolitik für Flugplätze, Seehäfen und Stützpunkte eignet.

      Hinter der Berufung auf radioaktive Terrorsprengsätze und anonyme Anthrax-Briefe wird somit ein Kalkül sichtbar, das Amerikas Ideale zwangsläufig besudelt und seiner unwürdig ist. «Wer hat Amerika gestohlen?», wollte vor vier Jahrzehnten der Beat-Poet Lawrence Ferlinghetti wissen.

      Erneut ist sie aktuell geworden, die Frage Ferlinghettis. Auch wenn die Kriegerkultur fast immer von denjenigen artikuliert wird, die nie in Kriegen fochten. «Ziemlich interessant» sei, «dass alle Generäle es auf die eine Art sehen, und die anderen, die niemals einen Schuss abgefeuert haben und unbedingt in den Krieg ziehen wollen, es auf eine andere Art sehen», sagt der Ex-General und Nahostvermittler Anthony Zinni mit Blick auf den kommenden Irak-Feldzug – und hat sie alle im Visier, vom Präsidenten abwärts.

      Die Verschwörung zum Glück

      Immerhin bewahrten die Zivilisten die Uniformierten vor den klammen Fingern des bald impotenten Internationalen Gerichtshofes. Per Gesetz erhielt der Präsident das Recht, amerikanische Krieger «mit allen notwendigen und angemessenen Mitteln» aus den Klauen des Gerichts zu befreien – Halali zum Luftangriff auf Den Haag?

      Wer zukünftig amerikanische Militärhilfe möchte oder Washingtons Fürsprache, soll nun bilaterale Verträge unterzeichnen, die der Jurisdiktion des Internationalen Gerichtshofs Grenzen setzen.
      Der Nato-Kandidat Rumänien hat bereits unterschrieben, andere werden folgen. Ausgerechnet jener Gerichtshof, der die Osama Bin Ladens und die Saddams dieser Welt an den Pranger stellen könnte, wird so entkernt – um zu verhindern, dass jemals amerikanische Soldaten belangt werden könnten. Unamerikanisch? Unamerikanisch! Schliesslich hat keine Nation mehr zur Entwicklung internationaler Rechtsnormen beigesteuert als Amerika!

      Es war Harry Truman, der anlässlich der Gründung der Vereinten Nationen die «fundamentale Philosophie unserer Feinde, nämlich dass Macht Recht schafft», aus der Welt verbannen wollte.

      No one has the answer
      but one thing is true
      You’ve got to turn on evil
      when it’s coming after you
      «Let’s Roll», Neil Young

      Niemand kennt die Antwort, aber eins ist sicher: Du musst dich dem Bösen stellen, wenn es hinter dir her ist.

      Amerika sei «eine breite Verschwörung, um dich glücklich zu machen», befand John Updike, ein wenig spöttisch vielleicht. Recht hat er allemal: Die Nation wandelt auf dem Pfad ewiger Selbstverbesserung, ein staunenswerter Hort von Pragmatikern, deren Verfassung – einmalig! – jedem das Recht auf die Verwirklichung seines Glücks einräumt. Selten zeigte sich die Grösse Amerikas eindrücklicher als in den ersten Wochen nach dem Besuch des Todes: Muslimen wurde im Allgemeinen mit Toleranz begegnet, vom Präsidenten bis zu den Bürgermeistern diverser Städte wurde gemahnt, keine Rache zu nehmen. Bigotterie wurde im Keim erstickt, und sorgsam suchte das Land nach einer gebührenden Antwort auf den Besuch des Todes.

      Dem Schrecken begegnete Amerika grossmütig und grosszügig, wodurch einmal mehr der Glaube wuchs, unvergleichlich und einzigartig zu sein. «Vom Verstand her weiss ich, dass Amerika nicht besser ist als jedes andere Land, emotional aber weiss ich, dass es besser ist als alle anderen Länder», bekannte Sinclair Lewis. Weil das beste Land nur das Allerbeste für sich und den Rest der Menschheit anstrebt, sind seine Motive, so die offizielle Washingtoner Leseart, stets lauter.

      Diese Versicherung wird freilich nicht überall goutiert, weshalb der Antiamerikanismus auf dem Vormarsch ist. Nach dem Besuch des Todes schrumpfte der Antiamerikanismus zunächst; Solidarität mit Amerika lebte auf, und eine Welle der Zuneigung ergoss sich über die gebeutelte Nation. «Wir sind jetzt alle Amerikaner», schrieb Le Monde.

      Doch in weniger als einem Jahr hat die Administration des evangelikalen Moralisten den guten Willen verspielt. Selbst in Grossbritannien, dem treuesten amerikanischen Verbündeten, lebt der Antiamerikanismus auf. Und Tony Blairs Mitarbeiter beklagen sich hinter verschlossenen Türen bitter über die Arroganz ihrer Washingtoner Freunde.

      Trotz allem von dieser Welt

      Die Nation grübelt unterdessen. Warum hassen sie uns? Obschon wir die Opfer sind! Die Welt versteht uns nicht! In derartigen Sätzen spiegelt sich die Ratlosigkeit vieler Amerikaner und zugleich ein Ahnen, dass die Motive des evangelikalen Moralisten und der Falken vielleicht suspekt sind und der Krieg gegen Terror Gefahr läuft, zu einem unkontrollierbaren Ungetüm zu werden, ja zum Vehikel für grandiose Grossmannssucht.

      Gleich einem Tor zum Hades markiert in Manhattan das Loch den Massenmord. Amerika indes schwappt von Feinden wie Verbündeten kolossales Misstrauen entgegen. «Rund um die Welt, von Westeuropa bis in den Fernen Osten, sehen viele die Vereinigten Staaten als arrogant, heuchlerisch, selbstabsorbiert, nur auf ihren Vorteil bedacht und voller Verachtung für andere», warnte kürzlich das renommierte Council on Foreign Relations in einer Studie und empfahl eine Public-Relations-Kampagne zur Aufbesserung des amerikanischen Image. Meinungsumfragen im Ausland und amerikanische Radio- und Fernsehprogramme sollen abhelfen.

      Radio Sawa sendet bereits Pop für die arabische Welt, weitere Programme sind geplant.
      Damit aber ist nichts gewonnen; ein Marketingfeldzug für die Marke «Amerika», um Marktanteile gegen das Böse zu gewinnen, muss unweigerlich scheitern, wenn Realität und Fiktion aufeinander prallen. Schliesslich kann der iranische Hiphop-Fan Amerika trotz Hiphop hassen.

      Gespenst Antiamerikanismus

      Sich dem Gespenst des Antiamerikanismus entgegenzustellen, verlangte stattdessen eine ehrliche Rechenschaft über Ziele und Sinn des endlosen Krieges, es verlangte nach amerikanischem Zuhören und nach einem klaren Bekenntnis zu Menschenrechten und Demokratisierung – auch wenn Stützpunkte in den Usbekistans der Welt verloren gingen.

      Instinktiv weiss Amerika, dass es aller Unvergleichlichkeit und Einzigartigkeit zum Trotz von dieser Welt ist. Ob es die Regierung des evangelikalen Moralisten weiss, steht auf einem anderen Blatt. Entschlossen arbeitet sie an allerlei Kriegsplänen, während ihr Justizminister mit den Rechten der Bürger hantiert, als sei er Big Brother.

      Der Justizminister John Ashcroft, ein Moralist der fundamentalistischen Sorte, möchte unbedingt, dass die Amerikaner einander beschnüffeln. Er buchtet amerikanische Bürger ohne Rechtsbeistand und Anklage ein.

      Er denkt über die Schaffung von Internierungslagern für eine vermeintliche fünfte Kolonne nach. Er will abhören, abfangen, sich überall einklinken. Kritiker der Regierung «helfen nur den Terroristen» und versorgten «Amerikas Feinde mit Munition», ereiferte er sich vor dem Kongress.


      Missbrauch des Sterbens

      Von Kafkas «Prozess» hat John Ashcroft anscheinend noch nie gehört. Wie in der Aussenpolitik drängt sich auch in der Innenpolitik der Verdacht auf, der Besuch des Todes in New York und Washington werde missbraucht – als sei das sinnlose Sterben von Tausenden doch nicht so sinnlos gewesen, da es den Herren Washingtons erlaubt, endlich weit auszuholen.

      Eine Schattenregierung abseits der verfassungsrechtlich vorgeschriebenen Präsidentennachfolge wurde installiert. Kritische Anmerkungen zum Vorgehen des evangelikalen Moralisten und seiner Wesire wurden von seinen Parteigängern als Verrat gedeutet und Studenten der Ohio State University mit Zwangsexmatrikulation bedroht, wenn sie während einer Rede des Präsidenten zu demonstrieren wagten.

      «Hinter verschlossenen Türen stirbt die Demokratie», warnte vor kurzem der Bundesrichter Damon Keith und schmetterte das Ansinnen des Justizministers nach geheimen Anhörungen über das Schicksal terrorverdächtiger Immigranten ab.

      weltwoche.ch
      Avatar
      schrieb am 08.09.02 12:14:55
      Beitrag Nr. 353 ()
      Skulls, Bones & Bush

      Mathias Bröckers 26.09.2001
      The WTC Conspiracy IX

      Einer der Klassiker der modernen Konspirologie, die Veröffentlichungen des britischen Historikers Antony Sutton über den "Skull & Bones"-Geheimorden der Yale-University3 , verdient angesichts der aktuellen Weltlage einen neuen Blick. Schließlich sind nicht nur der alte, sondern auch der amtierende Präsident Bush "Bonesmen" - wie es schon ihre Großväter und Großonkels waren. Und so viele weitere Mitglieder der Ostküsten-WASP(White-Anglo-Saxon-Protestant)-Elite in einflussreichen Positionen der US-Außen- und Finanzpolitik, dass Sutton zu dem Schluss kommen konnte, dass "Skull & Bones"-Leute sowohl die Nazis in Deutschland als auch die Kommunisten in Osteuropa zuerst finanziell aufbauten, um sie dann in der "großen Synthese" des Zweiten Weltkriegs und des anschließenden Kalten Kriegs wieder zu demontieren...

      Suttons Enthüllungen über "The Order", wie er die elitäre "Schädel&Knochen"-Loge nennt, sind teilweise in rechtsgerichtete Theorien einer "jüdischen Weltverschwörung" in Fortschreibung der "Protokolle der Weisen von Zion" aufgenommen worden, obwohl das Suttons Intentionen gar nicht entspricht und er das Gegenteil belegt, nämlich den rassisch-elitären, "blaublütigen", anti-jüdischen, anti-farbigen Charakter der 1832 gegründeten Bruderschaft, deren Kern stets von den reichen Familien des Neuengland-Adels gebildet wird und der allenfalls Alibi-Mitglieder anderer Nationen oder Religionen aufnimmt.

      Großvater Prescott Bush, initiiert 1917, wird gerühmt, eine der wichtigsten Trophäen des Klubs gestohlen und in den Tempel entführt zu haben: den Schädel des Apachen-Häuptlings Geronimo. Mag man solcherlei Scherze vielleicht als reaktionären Grufti-Hokuspokus abtun - und die überlieferten Rituale der Bruderschaft mahnen eher an Harry Potter, als an finsteren Okkultismus -, wurde dennoch Bonesman Bush später, als Geschäftsführer der "Union Banking Corp." und der Hamburg-Amerika-Linie, einer der wichtigsten Finanziers und Unterstützer der Nazis.4

      Dass die deutsche SS Totenkopf und Knochenkreuz der "Skull & Bones" in ihr Ordenssymbol übernahm wird Bush und seinem Partner Harriman, initiiert 1913, gefallen haben - wie viele anderen US-Investoren unterstützten sie die deutschen Nazis nicht heimlich, sondern so offen, dass der deutsche US-Botschafter William E. Dodd 1937 einem Reporter der "New York Times" mitteilt:


      "A clique of U.S. industrialists is hell-bent to bring a fascist state to supplant our democratic government and is working closely with the fascist regime in Germany and Italy. I have had plenty of opportunity in my post in Berlin to witness how close some of our American ruling families are to the Nazi regime.... "


      Die Bonesmen hatten sich mit Hitler einen netten Hurensohn herangezüchtet. Schon vor der Machtübernahme hatte die US-Botschaft Anfang der 30er Jahre nach Washington Fragen nach dem finanziellen Hintergrund von Hitlers aufwendigem Wahlkampf und der Bewaffnung seiner Privatarmee von 300.000 Braunhemden gekabelt. Den Mitarbeitern war aufgefallen, dass die SA mit Waffen aus amerikanischer Produktion ausgestattet war. Der deutsche Stahlmagnat Fritz Thyssen hat später zugegeben, in das Hitler-Projekt seit 1930 investiert zu haben - seine Vermögensverwalter und Banker in dieser Zeit: Bush und Harriman.

      Aus der Garde von Präsidenten, Ministern, Großbankern und Industriellen der "Skull & Bones"-Bruderschaft ragt als besonderer Kopf Henry Stimson auf, initiiert 1888, bis zu seinem Tod 1950 Minister unter 7 Präsidenten. Er wurde nicht aufgrund seiner Herkunft, sondern wegen seiner Leistungen in die Bruderschaft aufgenommen und hat dies später als "prägendes Erlebnis seines Lebens" bezeichnet. Als Kriegsminister Roosevelts war "The Colonel" einer der Architekten des 2. Weltkriegs und des anschließenden Kalten Kriegs. Wir sind ihm schon im Zusammenhang mit dem Pearl-Harbor-Fake begegnet, der initiiert wurde, um der US-Bevölkerung den Krieg schmackhaft zu machen. Am Tag des Angriffs, dem 7. 12. 1941, notierte Stimson in sein Tagebuch:
      "Als die ersten Nachrichten kamen, dass Japan uns angegriffen hatte, war mein erstes Gefühl Erleichterung, dass die Unentschiedenheit vorüber war und dass die Krise auf eine Art gekommen war, die alle unsere Leute vereinigen würde. Dies blieb mein dominierendes Gefühl trotz der Nachrichten der Katastrophen, die sich schnell entwickelten. Weil ich glaube, dass dieses Land nichts zu fürchten hat, wenn es einig ist..."


      Vor einer Katastrophe fürchtet es den Bonesman nicht, denn was sind ein paar tausend Matrosen, wenn man "hinterher nichts mehr zu fürchten" und eine große Synthese bereit hält. Laut seiner Biographen war Stimson ohnehin der Meinung, Amerika sollte einmal pro Generation einen Krieg führen, weil dies den Zusammenhalt der Nation stärken würde und moralisch als auch wirtschaftlich reinigende Funktion hätte. Bevor George Bush 1991 die Entscheidung traf, gegen Saddam Hussein zuzuschlagen, soll er sich nach einem Bericht der "Washington Post" über die Feiertage mit der gerade erschienen Biographie eines seiner wahren Helden zurückgezogen haben: "The Colonel - Life and Wars of Henry Stimson".5

      Die Mentalität der S&B-Brüder geht nicht nur von einer Überlegenheit der weißen Rasse aus, sondern auch von ihrem Recht, als elitäre Ritter dieser Rasse die Geschicke der Menschheit zu kontrollieren. Ihre Philosophie entspricht nach Sutton der hegelianischen: Man konstruiere sowohl die These als auch die Antithese und mache sich in diesem "konstruktiven Chaos" durch die Synthese zum Herrn der Situation. Phänotypisch macht Sutton dies an den Aktivitäten von Averell Harriman fest, der als Partner von Prescott Bush über die "Union Banking" einerseits die Nazis mitfinanzierte, andererseits mit seiner "Garanty Trust Company" aber auch die Aufrüstung der Sowjetunion unterstützte - wie Bonesbruder Stimson in Sachen Kriegsführung beriet er in Sachen Finanzen insgesamt 6 US-Präsidenten.

      Die Art, wie George Bush dann 1991 im Geiste von Stimson den Golfkrieg einfädelte und führte - Irak blieb staatlich als Drohung und potentielle Anti-These weiterhin intakt, die Scheichtümer im Golf, die OPEC und die ölabhängigen Verbündeten (Japan, Deutschland) sind jedoch seitdem in Sachen Öl von den USA abhängig - verlief ganz im Sinne des "konstruktiven Chaos". Dass Bush sich seinen netten kleinen Kolonialkrieg für die kuwaitischen Geschäftsfreunde - mit seiner ersten, von Vater Prescott und verschiedenen Bonesbrüdern finanzierten Ölfirma hatte Bush die erste Off-Shore-Pumpanlage für Kuwait gebaut - dann auch noch mit 40 Milliarden Mark von Japan und Deutschland bezahlen ließ, deutet an, was auf die künftige "Koalition" zukommt: die "Beute" bleibt unter anglo-amerikanischer Kontrolle, die Kosten aber wird die Koalition übernehmen müssen.

      Auch wenn Georg W. seine "Skull & Bones"-Mitgliedschaft stets heruntergespielt und sich gegen die elitären Ostküsten-Snobs als echter Cowboy zu gerieren versucht hat, so griff er stets, wenn`s drauf ankam, auf die Verbindungen und das Geld der Elite-Mafia zurück.6 Jetzt in Kriegszeiten wird er allemal auf seinen Vater und die alten S&B-Haudegen von der Trilateralen Kommission, dem Council on Foreign Relations und des Manhattan Institute hören. Die werden ihm auch geraten haben, das in Palästina köchelnde Chaos ruhig noch brodeln zu lassen, erstmal ausgiebig Urlaub zu machen und den von Ladin und anderen Fanatikern lange angekündigten Knall in aller Ruhe abzuwarten ...

      Dass Israels Premier Sharon sich auch gegen den Druck der USA konstant weigert, in Verhandlungen mit Arafat zu treten, spricht Bände: er traut den Totenkopf-Rittern aus dem Weißen Haus, dem Rockefeller-Mob mit seinem rassistischen, tendenziell nazi-freundlichen, anti-semitischen, pro-arabischen, öl- und macht-interessierten Hintergrund keinen Zentimeter über den Weg. Dies spricht meines Erachtens auch gegen alle Spekulationen, die den israelischen Mossad als geheimen Initiator des WTC-Anschlags ins Spiel bringen. An einem derartigen Machtzuwachs für Bush und seine Hintermänner kann Israel nicht gelegen sein (genauso wenig wie dem kleinen New Yorker Juden an dem Popularitätsgewinn von Rudolph "Gestapo" Giuliani, der sich mit seiner Zero Tolerance Politik diesen Beinamen in den vergangenen Jahren redlichst erworben hat)7 . Ins Bild passt dagegen, dass die Warnungen einer Mossad-Delegation vor einem Großanschlag von Bushs Geheimdienstleuten als hysterisch abgetan wurden ...

      Es geht nicht darum, mit diesen Hinweisen den WTC-Anschlag nun als "Skull & Bones"-Verschwörung zu identifizieren - für eine Einschätzung der Akteure auf der Weltbühne ist es aber auch nicht ganz unwichtig, ihren familiären und ideologischen Hintergrund zu kennen, zumal wenn dieser traditionsgemäß in der Mitgliedschaft im einflussreichsten Geheimbund der Vereinigten Staaten besteht.

      Antony Sutton, der Professor an der renommierten Stanford-University war, haben seine Veröffentlichungen über die Aktivitäten der Bruderschaft seine Karriere gekostet. Nachdem er in einer dreibändigen Studie die Aufrüstung der Sowjetunion durch amerikanische Technologie und Finanzen aufgezeigt und sich über das "Warum?" gewundert hatte, waren ihm von einem anonym gebliebenen Bonesman zwei Bände mit Dokumenten über den Orden zugespielt worden. Seitdem sind die illustren S&B-Mitglieder und ihre suprematistische Ideologie überhaupt erst bekannt - Professor Sutton konnte fortan freilich nur noch in Kleinverlagen publizieren. Jetzt ziehen die Knochenmänner wieder in den Krieg und Papa Bushs alte Garde sitzt an den Schalthebeln. Dass sie es bei einer Strafaktion gegen die Taliban und der Jagd auf Ibn Ladin belassen ist unwahrscheinlich - ihre Tradition spricht einfach dagegen.


      http://www.heise.de/tp/deutsch/special/wtc/9643/1.html
      Avatar
      schrieb am 08.09.02 12:19:02
      Beitrag Nr. 354 ()
      Interview
      «Es wird mit der Atombombe enden»
      David Signer und Armin Guhl

      Der Friedensforscher Johan Galtung erklärt, warum Amerika im Kampf gegen das Böse bis zum Äussersten gehen wird und weshalb George W. Bush und Osama Bin Laden einander ähneln.


      «Die Amerikaner wollen Saudi-Arabien als Öllieferanten und als Militärbasis aufgeben und durch den Irak ersetzen»: Johan Galtung.
      Herr Galtung, morgen fliegen Sie nach Sri Lanka, um zwischen Konfliktparteien zu vermitteln. Was ist das für ein Gefühl: zu wissen, da am Tisch sitzt jemand, der ist für Morde und Gräuel verantwortlich?
      Niemals moralisieren. Die Grundthese ist immer: Alles wäre vermeidbar, wenn man nur schon vorher den Konflikt ernst genommen hätte. Natürlich hat immer der andere Schuld. Also frage ich am Anfang, wie die eine Konfliktpartei die andere sieht. Und am Ende kommt die peinliche Frage: Was glauben Sie, wie Ihr Gegenüber Sie betrachtet? Dann heisst es meistens: Ja, da gibt’s ganz viel Propaganda. Aber es ist eigentlich erstaunlich, wie kurz diese Phase ist.

      Was hilft, um die Situation zu entkrampfen?
      Humor ist sehr wichtig. Und Metaphern. Statt die Lage in Sri Lanka zu analysieren, etwas über Nordirland sagen. Und dann kommt immer der Punkt, wo jemand sagt: Das ist interessant, könnten Sie das etwas näher erklären. Meistens meldet sich dann der Amateurpsychologe zu Wort und sagt: Ja, aber die sind völlig anders als wir. Ich präsentiere oft Schweizer Lösungen. Ja, die Schweizer, heisst es dann, die sind eben nicht so heissblütig wie wir. Aber eigentlich weiss jeder, dass es nicht darum geht.

      Die erste Voraussetzung aber ist wohl, dass sich die Konfliktparteien an einen Tisch setzen.
      Nein, die Diplomaten machen immer den gleichen Fehler: Sie wollen die gegnerischen Parteien um einen einzigen Tisch setzen. Das geht nur, wenn sie alle gut vorbereitet und bereits auf einer "höheren Ebene" sind, auch geistig. Konfliktlösung hat mit Kreativität zu tun, und niemand ist kreativ, wenn er einem Mörder gegenüber sitzt, und zwar dem Mörder seiner Verwandten, Nachbarn. Dann verlangt man von ihm, kreativ zu sein, während sein Blut kocht? Das geht nicht.

      Konkret: Wie würden Sie einen Krieg zwischen Amerika und dem Irak vermeiden?
      Es ist immer eine Frage der Zielsetzungen der verschiedenen Parteien. Die Ziele des Iraks sind einfach. Sie haben mit Grenzziehungen gegenüber Kuwait und Iran zu tun, mit der gemeinsamen Ausbeutung der Ölfelder, mit der Devisenlage nach dem Krieg 1980-1988. Wenn man über das Verbrechen der Besetzung Kuwaits - damals 19. Provinz des Iraks, der Teil des Osmanischen Reichs war - durch britische Truppen am Ende des 19. Jahrunderts gesprochen hätte, hätte man auch viele Probleme nicht gehabt.

      Welche Interessen hat Amerika?
      Meine These ist, dass es den Amerikanern darum geht, ein Land zu finden, das Saudi-Arabien ersetzen kann. Die USA werden Saudi-Arabien aufgeben und es als Feind verstehen. Wenn 19 Araber, 15 von ihnen aus Saudi-Arabien, am 11. September das World Trade Center und das Pentagon in den USA angreifen, dann könnte es sein, dass das etwas mit Saudi-Arabien und diesen Gebäuden zu tun hat. Diese These findet man auch in der Weltwoche nicht. Sie ist zu klar und zu einfach.

      Sie glauben also, dass Saudi-Arabien hinter den Anschlägen steckt?
      Nein, der Wahhabismus. Er ist die Staatsreligion in Saudi-Arabien, sehr fundamentalistisch und dem Puritanismus auf amerikanischer Seite sehr ähnlich. Das hat mit Tiefenkultur zu tun. Aber das eigentliche Problem ist der Vertrag zwischen den USA und Saudi-Arabien von 1945. Er ist den meisten unbekannt. Dort steht, dass die USA Zugang zu den Ölquellen haben, im Gegenzug garantieren sie der Herrscherfamilie den Schutz gegen Opposition. Denn die al-Sauds wussten: Was wir jetzt mit dem schwarzen Gold tun, ist mit dem Wahhabismus nicht vereinbar. Sie haben die Bevölkerung bestochen, und es hat funktioniert. Bis zum 11. September. Niemand in den USA hat verstanden, dass es eine grausame Beleidigung für den Glauben dieser Leute war. Denn der Wahhabismus ist asketisch, geistig, nichtmaterialistisch: Geld zerstört die Verbindung zu Allah. Die Wahhabiten verbieten jegliche Ausschmückung der Moscheen. Und nun kam im Kielwasser des Öls all dieses Geld. Jetzt hat das Königshaus ein grosses Problem: Ist es auf der Seite der Amerikaner oder des Wahhabismus? Um zu überleben, ist es plötzlich ganz wichtig geworden zu zeigen, dass sie gute Wahhabiten sind. Sie sagten den USA kurz nach dem 11. September: Raus. Die Amerikaner waren empört und überrascht. Und versuchten den Medien weiszumachen, dass es nicht wahr war. Es war aber wahr. Meine These ist also: Der Irak ist ein Ersatzland für Öl und Militärbasen.

      Er kann aber vom Ölvolumen her nie Saudi-Arabien ersetzen.
      Doch. Die Ölvorräte in Saudi-Arabien scheinen zur Neige zu gehen.

      Die Argumentation der USA, Saddam Hussein halte Massenvernichtungsmittel bereit, sei eine Gefahr für den Weltfrieden...
      ...ist falsch. Sie haben etwas gehabt, aber das ist alles zerstört. Die USA haben den Irak ja selber mit "kritischem Uran" bombardiert, und das ist Massenvernichtung. Es geht um das, was die Psychologen "Projektion" nennen.

      Projektion?
      Das Problem sind nicht die Massenvernichtungswaffen. Die USA haben eine Liste von Grundsätzen. Die ist lang und nicht öffentlich. Man muss zum Beispiel wissen, was JCS 570/2 ist.

      Was ist das?
      Ja, sehen Sie. Das ist die strategische Bibel der USA von 1944. Sie skizziert die Weltordnung nach dem Zweiten Weltkrieg, und alles, was dort steht, haben sie umgesetzt.

      Wollen Sie damit sagen, dass sich an der Zielsetzung der amerikanischen Aussenpolitik seit sechzig Jahren nichts geändert hat?
      Überhaupt nichts. Alles nur eine Frage von Gelegenheit und Möglichkeit. Die geopolitische Doktrin der USA seit Anfang des Jahrhunderts lautet: Wer Osteuropa beherrscht, beherrscht Zentralasien, wer Zentralasien beherrscht, beherrscht Eurasien. Und wer Eurasien beherrscht, beherrscht die Welt. Die Welt beherrschen bedeutet zweierlei: den Welthandel kontrollieren und militärisch dominieren. Dafür standen das World Trade Center und das Pentagon. Die amerikanische These, die Anschläge hätten sich gegen die westliche Zivilisation gerichtet, ist nicht stichhaltig. Es ging ganz konkret gegen die ökonomische und die militärische Dominanz Amerikas.

      Also kein Kampf der Kulturen?
      Die Amerikaner sind überzeugt, sie seien von Gott auserwählt und die USA seien ein gelobtes Land. Gegen dieses gelobte Land Gewalt auszuüben, ist ein Verbrechen gegen Gott. Bisher haben dies nur zwei Mächte gewagt: die Japaner und die Terroristen. Bei Japan endete es mit zwei Atombomben, deshalb ist es wahrscheinlich, dass es auch diesmal mit Atombomben enden wird. Mit göttlichen Waffen.


      Atombomben gegen den Irak?
      Nein. Wenn die Amerikaner einen Verdichtungspunkt finden, die Quelle des Übels, könnten sie sie einsetzen. Nicht weil es militärisch effektiv ist, sondern psychologisch. Das Fegefeuer. Für die Amerikaner war, noch vor Hiroshima und Nagasaki, klar, dass Japan kapituliert hatte. Sie hatten nicht Rache im Sinn, sondern Strafe. Das ist die amerikanische Tiefenkultur: Wir sind so hoch oben, so nahe bei Gott, dass die normalen Gesetze der Menschheit nicht auf uns anwendbar sind. Internationale Gesetze? Ja, aber nur wenn sie unseren Zielen dienen. Uno-Truppen sind Feiglinge. Denn die eigentliche militärische Arbeit besteht darin zu töten, und das machen wir.

      Wenn Sie amerikanischer Präsident wären, was hätten Sie am 12. September gemacht?
      Ich hätte Larry King gebeten, eine Stunde mit Bin Laden zu verbringen. Dann hätte CNN seine Partner von Al-Dschasira angerufen, um die geeignete Grotte zu finden... Kein Witz. Larry King hat ein ausserordentliches Talent. Wobei: Vielleicht wären zwei Sendungen besser. Zuerst Larry mit Georgie, dann Larry mit Ossi. Und dann sagt Larry zu Georgie: Ossi hat jetzt das und das gesagt. Direkt wäre es vielleicht nicht gegangen.

      Sie vermuten Bin Laden hinter den Anschlägen?
      Bin Laden hat den bekannten Text verfasst, in dem steht, jetzt seien endlich die Amerikaner gedemütigt worden, nachdem mehr als achtzig Jahre lang die Muslime gedemütigt worden seien. 1916/17 waren die schlimmsten Jahre in der arabischen Geschichte. (Das Sykes-Picot-Abkommen von 1916, in dem England und Frankreich ihre Interessesphären im Nahen Osten absteckten, wurde von den Arabern als Verrat empfunden, weil es ihre Hoffnung auf Unabhängigkeit enttäuschte; die Balfour-Deklaration von 1917 ebnete den Weg zur Gründung des Staates Israel, A.d.R.). Aber ich glaube nicht, dass die Anschläge von Bin Laden organisiert wurden. Er war selber überrascht. Die 19 Attentäter hatten das organisiert. Experten in Ägypten und Pakistan meinen, dass es al-Qaida gar nicht gebe. Sie sei in Washington erfunden worden. Die Amerikaner bräuchten so ein Phantombild.

      Die USA haben aber nicht sofort zurückgeschlagen, sondern erst mal Allianzen gebildet.
      Die Entscheidung war sofort klar. Aussenminister Colin Powell sagte: "We are going to identify al-Qaeda and crush it." Die Uno ist nur aus einem Grund interessant: Legitimierung. Ausserdem braucht die Kriegsvorbereitung Zeit. Der Krieg gegen Saddam wird wahrscheinlich im Oktober losgehen.

      Dass sich eine Nation nach einem Terroranschlag militärisch wehrt, ist doch legitim.
      Ich verstehe es völlig. Aber es wird nichts lösen. Es wird weitere Gegenschläge provozieren, schlimmer als am 11. September.

      Die USA sollen noch die andere Wange hinhalten?
      Ach, überlassen Sie das den Christen! Ich mache sehr konkrete Vorschläge. Gewalt schafft Gegengewalt...

      ...aber ist oft die einzige Option. Siehe Hitler.
      Falsch, es gab eine wunderbare Option: die Revision des Versailler Vertrags. Man hätte nicht das ganze deutsche - und nur das deutsche - Volk bestrafen sollen. Diesen Fehler hat man 1945 ja auch nicht wiederholt. Was die Ablehnung des Versailler Vertrags betrifft, hatte Hitler die Unterstützung der Deutschen, in den andern Punkten, etwa der Judenvernichtung, nicht.

      Aber hatte man 1939 noch Alternativen? Oder am 11. September?
      Nein, 1939 nicht mehr. Am 11. September auch nicht. Aber im Mai vergangenen Jahres wäre noch vieles möglich gewesen. Ich habe damals sechs Punkte vorgeschlagen: 1. Truppen raus aus Saudi-Arabien. Das wäre vielleicht eine annehmbare Entschuldigung gewesen für die Demütigung. 2. Ja zu einem palästinensischen Staat. Über Details hätte man nachher reden können. 3. Herausfinden, was die eigentlichen Zielsetzungen des Iraks sind. 4. Einen Dialog mit Chatami im Iran. 5. Keinen Krieg gegen Afghanistan, um Ölquellen zu erobern und eine Militärbasis zu haben, weil dies genau das Bild bestätigt, das die Araber von den Amerikanern haben. 6. Versöhnung zwischen Amerikanern und arabischen Opferländern, und zwar nach dem Vorbild der Deutschen. Die haben das nach dem Krieg meisterhaft gemacht. Wenn man von den sechs Vorschlägen drei im Mai realisiert hätte, hätte es keinen 11. September gegeben.

      Sie geben fast alle Schuld Amerika, aber das Land hat doch der Welt auch viel gebracht: Freiheit, es ist die älteste Demokratie...
      Klar gibt es innerhalb der USA eine gewisse Demokratie. Ich habe acht Jahre dort gelebt. Das heisst aber nicht, dass die Amerikaner auch auf der Weltbühne demokratisch sind. Sie haben keinen Respekt vor der Uno oder vor einem internationalen Gerichtshof. Demokratie bedeutet nicht nur Wahlen, sondern auch Respekt und Dialog. Gemeinsam neue Lösungen finden. Wann haben die USA einen Dialog mit al-Qaida zu führen versucht?

      Aber Sie sagen selber, das waren 19 Individuen, Selbstmordattentäter. Kann man mit solchen Leuten einen Dialog führen?
      Vielleicht nicht mit den 19, aber mit ihren Familien, den Angehörigen, Nachbarn. Stattdessen bestätigt Washington jeden Tag die Annahmen der Fundamentalisten. Am 30. Mai unterzeichneten die USA einen Vertrag mit Turkmenistan über eine Pipeline. Es geht um Öl aus Nordafghanistan und Kandahar. Damit werden alle Vorurteile bestätigt.

      Aber es ist doch gut, dass die Taliban gestürzt wurden, auch wenn es nur ein Nebeneffekt war.
      Ja. Aber dann gäbe es viele Regimes, die man wegbomben müsste. Und es war vielleicht nicht mal im Interesse Afghanistans. Man sollte die Taliban weiterhin in die nationale Regierung einbinden. Eine hundertprozentige Taliban-Regierung ist schrecklich. Aber eine ganz ohne sie ist auch keine Lösung. Es gibt bessere, gewaltfreiere Methoden, eine Regierung abzulösen. Erinnern Sie sich an die Montagsdemonstrationen in der DDR. Ich bin nicht aus moralischen Gründen gegen Bombardieren; es funktioniert nicht, es ist dumm.

      Sie gehen davon aus, dass jeder Mensch für gute Argumente zugänglich ist?
      Nein, aber oft gibt es ein Umfeld, das zugänglich ist. Ich habe Tausende Vermittlungsdialoge geführt. Meine Erfahrung ist, dass es in jedem Menschen etwas gibt, worauf man bauen kann.

      Kommen Sie oft selber in die Schusslinie?
      Manchmal bin ich überrascht, dass ich überlebt habe. Ich bin 71, guter Gesundheit, man hat mich bis heute nicht vergiftet. Ich bekomme manchmal böse Briefe, aber das ist nicht so schlimm. Ich versuche einfach, lösungsorientiert zu arbeiten. Ich glaube, dass es Lösungen gibt. Meistens ist das für die Leute eine gute Nachricht, weil sie glauben, es gebe keine Alternativen mehr.

      Wie zum Beispiel in Israel.
      Auch da gibt es eine Lösung, allerdings keine bilaterale. Dafür gibt es zu viel Hass, Leiden, Blut. Aber es könnte eine Lösung geben unter Einbezug der Nachbarländer. So wie es keine Lösung hätte geben können nur zwischen Deutschland und Frankreich, aber zusammen mit andern europäischen Ländern ging es. Bilateralen Hass abbauen in multilateralem Umfeld. Ich habe diese Ansicht die letzten Jahre oft eingebracht, und ich glaube, sie reift langsam. Vielleicht ist es in fünf Jahren so weit.

      Warum sollte der Stärkere nachgeben?
      Weil er in Wirklichkeit der Schwächere ist. Er sieht nur stark aus. Hätte Bush nach dem 11. September gesagt: Offenbar haben wir die religiösen Gefühle vieler Menschen in Saudi-Arabien beleidigt, und hätte er die amerikanischen Truppen aus Saudi-Arabien zurückgezogen, hätte ihn die ganze arabische Welt umarmt. Und er hätte fünzig Milliarden Dollar gespart. Aber Bush hat nicht das persönliche Format hierfür. Er ist ein Instrument.

      Der Ölindustrie?
      Es ist komplizierter und hat wieder mit der Tiefenkultur zu tun. Für Bush war der Terrorschlag ein "cultural assault", ein Angriff auf die amerikanische Kultur. Bush ist davon überzeugt, dass die Amerikaner eine kulturelle Botschaft haben. Sie in die Welt zu tragen, ist seine eigentliche Mission. Öl und Militär sind nur Nebensachen, bequem für die Marxisten und die realpolitische Analyse. Aber die kulturelle Analyse bringt uns weiter.

      Was ist denn die Tiefenkultur der Deutschen?
      Die hat sich verändert, bis zu einem bestimmten Punkt. "Am deutschen Wesen soll die Welt genesen" war ein Ausdruck dafür. Die Ausstrahlung. Dass in der Gesellschaftsstruktur und in der Persönlichkeit etwas eingebaut sei, was für die Welt ein Geschenk sei. Deshalb müssten die Deutschen oben sein. Diese Einstellung gab es schon lange vor Hitler. Zur Kaiserzeit, etwa ab 1200. Heute ist es anders.

      Aber Schröder spricht neuerdings vom "deutschen Weg".
      Das macht mir Angst. Ich möchte gerne einen menschlichen Weg finden. Ich sage immer: Ich finde es wunderbar, wenn die Deutschen auf der Suche nach einem Sinn sind. Wenn sie ihn gefunden haben, dann wird es ernst. Dann glauben sie daran.

      Was uns noch mehr interessieren würde: die Tiefenkultur der Schweizer...
      ...lässt sich thesenartig in einem Satz zusammenfassen: "Wir sind ein Sonderfall, wir stehen ganz ausserhalb der Welt, und deswegen sind wir nicht nachahmbar." Darum sind die Schweizer auch nicht so gute Botschafter für die Welt. Ich glaube, dass die Schweiz eine Menge gute Lösungen gefunden hat. Aber warum machen sie nicht mehr daraus? Weil sie denken, dass dies nichts für andere Leute ist. Ich schlug einmal bei einer Konferenz vor, Kosovo als unabhängiges Land mit einem oder zwei serbischen Kantonen zu konzipieren. Man könnte alles zweisprachig anschreiben, wie die viersprachig beschrifteten Milchkartons in der Schweiz. Als Beispiel zeigte ich eine Schweizer Zehnernote. Die Leute hatten keine Ahnung, dass so etwas überhaupt existiert und möglich ist. Kein Schweizer ist da gewesen, um ihnen zu sagen: Wir haben ein Modell, das interessant ist. Interessant auch für Afghanistan mit seinen zwölf Nationen.

      Und dennoch haben Sie gewisse Sympathien für den schweizerischen Sonderweg.
      Wenn man eine alternative Politik hat, muss man dafür einstehen. Das kann man auch in der EU. Aber dann muss man sagen: Ja, wir möchten Mitglied sein, und wir würden gerne Folgendes bewirken. Die Schweiz sagt das nie. Stattdessen fordert sie, den Gütervekehr von der Strasse auf die Schiene zu verlegen, aber das betrifft ja nur die Schweizer. Deswegen sind sie keine guten Demokraten, denn Demokratie ist Dialog, und da muss man reden.

      Die Schweizer sind keine guten Demokraten?
      Gegenüber der EU. Ich sähe beispielsweise gerne, dass die Regierung sagen würde: Wir haben Volksentscheide in der Schweiz, Initiativen und Referenden. Ist die EU dazu bereit?

      Das ist aber nicht der Grund, warum Sie in Frankreich wohnen und nicht in der Schweiz?
      Ich schaue die Schweiz gern an. Aber man sieht besser, wenn man ein bisschen ausserhalb ist.

      Wie steht es denn mit der Lernfähigkeit von Nationen?
      Es ist tragisch, aber es scheint, dass es meist nur über Katastrophen geht. Es ist ja genau dasselbe mit den Individuen. Sie kommen zum Therapeuten, wenn sie eine schlimme Krise erlebt haben. Es wäre aber nicht schlecht, wenn sie früher kommen würden.

      Welches Land gehört denn Ihrer Ansicht nach vor allem auf die Couch?
      Heute wären die USA der Hauptkandidat. Es müsste also eine ganz grosse Couch sein. Aber ich glaube auch, dass die USA die Fähigkeit haben umzudenken. Nicht heute, aber vielleicht morgen. Ich könnte mir vorstellen, dass ein Präsident kommen wird, der sagt: "Americans, I have an important message tonight: Wir sind nicht allein, aber meistens sind wir selber daran schuld, wenn wir Probleme haben."

      Mit welchem Menschen würden Sie jetzt am liebsten eine Stunde verbringen?
      Mit Bush und Bin Laden. Ich lehne beide als Fundamentalisten ab, sie haben dieselbe Tiefenkultur. DMA, wie ich das nenne: Dualismus, Manichäismus, Armageddon. Dualismus: Die Welt ist zweigeteilt. Manichäismus: Es gibt die Bösen und die Guten. Armageddon: Das kann nur mit einer Endschlacht entschieden werden.

      Bei welchem der beiden hätten Sie mehr Hoffnung auf ein gutes Gespräch?
      Also, der Intelligentere ist bestimmt Bin Laden. Wenn Intelligenz eine Zugangstür ist, könnte ich diese Tür öffnen. Auch bei Bush gäbe es etwas: das Amerikanische. Ich könnte ihn fragen: Wäre es nicht besser für Amerika, sich durch Demokratie und Dialog auszuweisen? Wie zum Beispiel mit einer Initiative für ein Uno-Parlament. Eine Stimme pro Million Einwohner. Das heisst 270 Stimmen für die USA, aber 1250 Stimmen für die Chinesen. Es wäre problematisch, aber die Welt würde die USA umarmen.

      Und die Amerikaner hätten nichts mehr zu sagen. Einmal umarmt, und das wäre das Ende.
      Nein, sie hätten immer noch 270 Stimmen. Sie könnten sich gut vorbereiten, und das machen sie ja auch häufig, wenn sie gut arbeiten.

      Und Sie glauben, Bush würde sagen: Yes, Mister Galtung, you are right?
      Die Frage war nur, mit wem würde ich gerne zusammentreffen... Im Übrigen bin ich nicht davon überzeugt, dass der Weg über Bush oder Bin Laden gehen muss.

      Sie sind Optimist. Aber wenn man wie Sie davon ausgeht, dass Bush und Bin Laden Brüder im Geiste sind, was das Ziel der Endschlacht angeht - da müsste man doch verzweifeln.
      Oder die beiden analysieren. Es geht jetzt eine Welle von Kritik am Fundamentalismus durch die arabische Welt, weil die Araber zu Recht sagen: Die verbreiten ein schlechtes Bild des Islams in der Welt. Ich erwarte jetzt dieselbe Bewegung in den USA, gegen den amerikanischen Fundamentalismus. Das kommt. Da bin ich zuversichtlich.
      weltwoche.de
      Avatar
      schrieb am 09.09.02 09:37:51
      Beitrag Nr. 355 ()
      Ist der Neubau eine Atomfabrik oder eine Hundehütte?

      Blair und Bush reden von Beweisen für ein neues Atomwaffenprogramm des Irak. Die Internationale Atomenergie-Organisation hat aber nur ein neues Gebäude gesichtet


      BERLIN taz "Ich weiß nicht, was wir noch für Beweise benötigen", sagte der US-Präsident bei einem gemeinsamen Pressetermin mit Tony Blair in Washington, nachdem er mit dem britischen Premie Pläne für einen Krieg gegen Irak erörtert hatte. Blair hatte zuvor auf einen Zeitungsbericht verwiesen, wonach die Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) Bauaktivitäten an einer ehemaligen Atomwaffenanlage im Irak beobachtet hat.

      "Wir brauchen nur auf den Bericht der IAEO zu schauen, der zeigt was an den ehemaligen Atomwaffenarealen passiert", sagte Blair nach dem Gespräch mit Bush. Die Bedeutung des Berichts der IAEO liege darin, dass er auf die "wahre Herausforderung" verweise, der man sich nun stellen müsse. Bagdad entwickele nicht nur chemische und biologische Waffen, es besitze auch die Fähigkeit zum Bau von Atomwaffen.

      Die Gefahr der Herstellung von ABC-Waffen sei eine Herausforderung für die "gesamte internationale Gemeinschaft".

      Bei der IAEO in Wien konnte man die weitreichende Interpretation des Zeitungsberichts nicht nachvollziehen. "Wir haben keine Beweise für irgendwelche atomaren Aktivitäten des Irak", sagte ein Sprecher der UN-Sonderorganisation gestern der taz.

      Die Information basiere auf der Auswertung einer kommerziellen Satellitenaufnahme durch die IAEO, die Präsenz eines neuen Gebäudes stelle aber überhaupt keinen Beleg für irgendetwas dar. "Es könnte eine Atomanlage sein, aber auch eine Hundehütte", sagte der Sprecher weiter.
      Nur durch eine Wiederaufnahme von Inspektionen wäre die IAEO in der Lage, daraus Schlussfolgerungen für das zu ziehen, was sich auf dem Boden abspielt.

      Die neuen Spekulationen über ein irakisches Atomwaffenprogramm erinnern an die Zeit vor dem Golfkrieg 1991. Nach der Invasion des Irak in Kuwait war die Unterstützung für einen Krieg in der US-Bevölkerung und vor allem im Kongress zunächst weit geringer als heute. Die Regierung von George Bush senior stellte daraufhin in der Öffentlichkeit die Verhinderung einer irakischen Atombombe als Kriegsziel in den Vordergrund. Die geschätzten Vorlaufzeiten in den regierungsamtlichen Verlautbarungen über den Status des Programms verkürzten sich daraufhin dramatisch. Die Schätzungen regierungsunabhängiger Beobachter in den USA schwankten damals zwischen wenigen Monaten und mehreren Jahren.

      Während Präsident Bush nach dem Treffen mit Blair zu suggerieren schien, der Irak könne nur wenige Monate vom Bau einer Atombombe entfernt sein, hält sich sein Außenminister mit Spekulationen zurück. Colin Powell, während des Golfkriegs 1991 Stabschef der US-Streitkräfte, wollte sich am Wochenende nicht öffentlich festlegen, wie er das angebliche irakische Atomwaffenprogramm einschätzt. Man könne darüber debattiereen, ob der Irak "ein Jahr, fünf Jahre, sechs Jahre oder neun Jahre" brauchen werde, um eine Atombombe zu entwickeln, sagte Powell in einem Interview mit der BBC. Powell beschränkte sich auf den unverfänglichen Hinweis, die Herrschenden in Bagdad würden "immer noch nach dieser Technologie streben". ERIC CHAUVISTRÉ

      taz Nr. 6848 vom 9.9.2002, Seite 3, 86 Zeilen (TAZ-Bericht), ERIC CHAUVISTRÉ
      Avatar
      schrieb am 09.09.02 19:54:30
      Beitrag Nr. 356 ()
      Saddams prall gefülltes Waffenarsenal
      Der irakische Diktator besitzt 4000 Tonnen chemische und fast 40.000 Liter biologische Waffen. WELT am SONNTAG erfuhr vorab, was Bush und Blair der Welt demnächst mitteilen werden

      Von Gordon Thomas

      George W. Bush und Tony Blair machen ernst. Sie haben von ihren Geheimdiensten genaue Orts- und Mengenangaben über die ABC-Waffenproduktion Saddam Husseins. Mit diesen Informationen wollen sie die wichtigsten Staats- und Regierungschefs in diesen Tagen auf ihre Angriffslinie einschwören. Die PR-Kampagne zielt auf die Köpfe, nicht auf die Herzen. Sie begann am vergangenen Mittwoch in Washington.

      US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld hatte eine handverlesene Gruppe von Senatoren und Kongressabgeordneten in einen Konferenzraum des Pentagon gebeten. Diese waren die Ersten außerhalb der engsten Regierungskreise, die detailliert über das Waffenarsenal des irakischen Diktators Hussein informiert wurden. Das sind an Biowaffen:

      * 30.000 Liter Botulinumtoxin, ein tödliches biologisches Gift

      * und die unglaubliche Menge von 6000 Litern Milzbrand-Sporen (Anthrax).

      Das Chemiewaffen-Arsenal Saddams umfasse:

      * sechs Tonnen VX-Nervengas

      * Bestände der Giftgase Sarin, Soman und Tobun sowie eine ganze Reihe von Kontaktgiften wie Senfgas.

      * Auch verfüge der Diktator über genug Chlor, um jede Armee am Vorstoß auf Bagdad hindern zu können.

      Die Grenzen im Osten und Süden des Landes habe er mit chemischen Minen dichtgemacht.

      Rumsfeld weiter: "Als Trägersysteme dieser Waffen besitzt der Irak Lkws montierte Abschussrampen und Raketen aus chinesischer Produktion. Rund die Hälfte der 200 irakischen Kampfjets kann mit Raketen mit chemischen oder biologischen Sprengköpfen ausgerüstet werden. Außerdem tragen diese Tanks unter den Tragflächen, die die tödlichen Mikroorganismen aufnehmen können und über den feindlichen Truppen abwerfen."

      Diese Waffen hätten zwei Hauptziele: Die momentan 8000 US-Soldaten in Kuwait und den Staat Israel. Genauso wie Amerika über einen Präventivschlag nachdenkt, tut das der Irak. Und auch Israel. Die israelischen Generäle wissen, dass Saddam Scud-Raketen in den Wüsten im Westen des Irak stationiert hat - nur wenige Flugminuten von Tel Aviv entfernt. Diese könnten leicht mit biologischen oder chemischen Waffen ausgerüstet werden. Außerdem deuten alle Geheimdienstberichte darauf hin, dass Saddams Wissenschaftler aus der ehemaligen Sowjetunion und Nordkorea fieberhaft daran arbeiten, innerhalb eines Jahres zumindest eine Atombombe vom Hiroshima-Kaliber fertig zu stellen.

      Über eine Stunde lang legte Rumsfeld seinen Zuhörern diese Informationen dar. Vor knapp einem Jahr war genau dieser Konferenzraum bei dem Anschlag auf das Pentagon teilweise zerstört worden. Jetzt wohnten die Politiker der Beschreibung einer noch viel größeren Bedrohung bei. Die Örtlichkeit dieser Offenbarung wird ihren Schock über das Gehörte wohl nur noch verstärkt haben. Auf Satellitenbildern von Amerikas "Himmelsspionen" der National Security Agency zeigte Rumsfeld die chemischen und biologischen Waffenfabriken des Irak, die sich "nahezu alle" entweder in den Vororten von Bagdad oder im Umkreis von 30 Kilometern um die Hauptstadt befinden. Auch die meisten Nuklearanlagen liegen ganz in der Nähe, einige aber auch entlang der Ufer des Euphrat, bis hinauf in den Norden des Irak nach Mosul, wo sich die Al-Jizira-Atomfabrik befindet.

      Der wichtigste Komplex steht bei Tuwaitha, südlich von Bagdad, wo Saddams Regime nach eigenen Angaben 18 Tonnen leicht angereichertes oder deaktiviertes Uran für "medizinische Zwecke" lagert. Laut Rumsfeld ist dies nichts als ein "Ablenkungsmanöver". Von hochrangigen irakischen Deserteuren wie dem früheren Geheimdienstmann Wafic Samarai wisse der Auslandsgeheimdienst CIA schon seit einiger Zeit, dass die Wissenschaftler in Tuwaitha den Deckmantel der Medizin nur vorschieben würden und vom Bau einer funktionierenden Atombombe nicht mehr weit entfernt seien.

      Ein Schlüssel hierzu ist das Umfunktionieren von medizinischen Geräten: Irak besitze ein Dutzend "Lithotripter", Apparate, die normalerweise in Krankenhäusern zum Zertrümmern von Nierensteinen innerhalb des menschlichen Körpers verwendet werden. Daraus seien Zünder für Atombomben gebaut worden. Tests in Tuwaitha und Mosul hätten gezeigt, dass sich hiermit die Implosionsschockwellen erzeugen lassen, die im Augenblick der Detonation die kritische Masse in einer Atombombe zur Kettenreaktion zwingen.

      Vor dem letzten Golfkrieg in den neunziger Jahren verkaufte China Bagdad auch große Mengen der speziellen Lithiumverbindung, die eine der wichtigsten Komponenten einer Atombombe darstellt. Dieses Material verschwand nach dem Krieg einfach, bevor die UN-Inspektoren seiner habhaft werden konnten. Gleichzeitig kehrten die chinesischen Nuklearwissenschaftler, die sich während der gesamten Dauer des Krieges im Irak aufgehalten hatten, nach Peking zurück. Irakische Dissidenten allerdings sagen aus, diese Wissenschaftler seien jetzt wieder in Bagdad.

      "Amerika hat die nuklearen Fähigkeiten des Irak in die Steinzeit zurückgebombt", hatte sich George Bush senior seinerzeit gebrüstet. Sein Sohn weiß, dass die Wahrheit anders aussieht, und erzählt es so wie Rumsfeld inzwischen fast jedem, der es hören will. Sowohl in Tarmiya als auch in Al-Jizira sei in den letzten drei Jahren mit Hilfe nordkoreanischer Maschinerie fieberhaft daran gearbeitet worden, die Voraussetzungen zur Herstellung von angereichertem, nuklearwaffenfähigem Uran zu schaffen. Im Al-Furat-Komplex, südlich von Bagdad, benutzten andere Wissenschaftler andere Methoden - mit dem gleichen Ziel.

      Als die Teilnehmer der Geheimkonferenz im Pentagon am Mittwoch schließlich in den Schein der Abendsonne hinaustraten, war die Welt für sie dunkler und bedrohlicher geworden. "Tatsachen", sagte ein Senator zu einem Abgeordneten, "kann man nicht ignorieren."

      Während US-Präsident Bush mit Hilfe des britischen Premiers Tony Blair die Front gegen Saddam Hussein offenbar erfolgreich aufbaut, droht von einer anderen Seite Ungemach. Nach Angaben der CIA kam das spaltbare Nuklearmaterial, das der Irak von den Nordkoreaner bekommen hat, möglicherweise ursprünglich aus China, einem weiteren Unterstützer des Irak: Unter anderem hat Peking Saddam auch mit einem hochmodernen Glasfasernetz ausgerüstet, das die Effizienz der irakischen Luftabwehr maßgeblich steigern wird.

      Bis jetzt hat sich George W. Bush mit seinen Äußerungen hinsichtlich dieser Aktivitäten Chinas bemerkenswert zurückgehalten - genau wie damals sein Vater, als sich die USA 1990 auf den unmittelbar bevorstehenden ersten Krieg mit dem Irak vorbereiteten. Damals wie heute wartete die Welt auf den unvermeidlichen Beginn des Krieges, während die Hoffnung auf seine Vermeidung stetig schwand. Damals wie heute versandeten nach und nach die letzten diplomatischen Bemühungen. Und damals wie heute spielte China eine Schlüsselrolle. Als ständiges Mitglied des UN-Sicherheitsrats war Chinas zumindest passive Unterstützung der amerikanischen Politik ungemein wichtig. Damals unterstützten die Chinesen die USA, wenn auch nur widerstrebend. Genau das ist der Hauptunterschied zur Situation heute: In den vergangenen zehn Jahren spielte China die wichtigste Rolle bei der Unterstützung des Irak, hauptsächlich durch seinen treuen Vasallen Nordkorea. Bis jetzt hält Bush Peking aus seiner "Achse des Bösen" heraus. Aber wie lange noch? China nahm sich viel Zeit, um die Anschläge des 11. September 2001 öffentlich zu verurteilen. Umso schneller war das Land dafür mit Protesten gegen den jetzigen Angriff auf den Irak bei der Hand. Zurzeit kann niemand sagen, wie China darauf reagieren wird. Aber es gibt Anzeichen. In einem Bericht an Bush schrieb der Direktor der CIA, George Tennet: "Bis spätestens 2015 wird China mindestens zehn, wahrscheinlich aber eher einige dutzend Atomraketen auf uns gerichtet haben."

      Gordon Thomas ist Geheimdienst-Spezialist und Autor des Buches "Die Mossad-Akte".
      Avatar
      schrieb am 09.09.02 23:40:12
      Beitrag Nr. 357 ()
      Golfkrieg-Syndrom belastet Kriegspläne
      Während Washington einen erneuten Schlag gegen Iraks Diktator Saddam Hussein erwägt, sind die Wunden aus dem Golfkrieg von 1991 noch lange nicht verheilt. Das Golfkrieg-Syndrom gibt weiter Rätsel auf.

      Von Nancy Dunne

      Zum Ende des Golfkriegs von 1991 vernichteten US-Truppen irakische Munitionslager in Khamisiyah, doch die Depots enthielten nicht wie erwartet nur konventionelle Munition, sondern auch das Nervengas Sarin und andere chemische Waffen.
      Die Rauchfahnen aus den zerstörten Depots zogen weit über die irakische Wüste. Dabei wurden Schätzungen zufolge bis zu 100.000 US-Soldaten kleinen Dosen tödlicher Chemikalien ausgesetzt. Erst fünf Jahre später bestätigte der US-Geheimdienst CIA die Ereignisse und musste sich daraufhin von Kriegsveteranen den Vorwurf gefallen lassen, man habe das ganze vertuschen wollen.
      Während der Bodenoffensive der USA und ihrer Verbündeten in Irak starben 148 US-Soldaten, 467 wurden verletzt. Doch die Freude über die verhältnismäßig geringe Zahl der Opfer legte sich rasch, denn nach ihrer Rückkehr begannen viele der Soldaten über massive Erschöpfung, Gelenkschmerzen, Sehstörungen, Hautausschlag, schwere Kopfschmerzen und Gedächtnisverlust zu klagen. Insgesamt 57 Symptome wurden schließlich unter dem Namen Golfkrieg-Syndrom zusammengefasst. Auch britische und kanadische sowie einige französische Soldaten sind davon betroffen.

      Einsatz biologischer und chemischer Waffen möglich
      Diese Erfahrung spielt eine nicht unerhebliche Rolle, während die Militärstrategen des Pentagon über einen zweiten Krieg gegen Iraks Diktator Saddam Hussein nachdenken. Die neue Kriegsführung mit "klugen" Bomben und hochmoderner Technik hat dazu geführt, dass im Golfkrieg und in Afghanistan wenig Amerikaner ums Leben kamen. Dennoch ist ein Szenario nicht ausgeschlossen, bei dem viele US-Soldaten einem Feind gegenüber stehen, der wahrscheinlich biologische und chemische Waffen besitzt.
      "Inzwischen erwarten die Menschen schon beinahe, dass niemand getötet wird, wenn wir in den Krieg ziehen", sagt Dr. Michael Kilpatrick von der Gesundheitsbehörde des Pentagons. "Aber Krieg ist noch immer gesundheitsgefährdend."
      Das zeigt nicht zuletzt das Golfkrieg-Syndrom. Obwohl inzwischen über 200 Mio. $ an Forschungsgeldern ausgegeben wurden, sind sich amerikanische Wissenschaftler immer noch nicht einig, was die Grundursache für viele der Krankheiten angeht. Die meisten Regierungsstudien fanden nicht einmal Beweise dafür, dass die im Golfkrieg aufgetretenen Gefahren tatsächlich zu den beschriebenen Symptomen führten.

      Keine klare Diagnose
      Dennoch haben laut Veteranenorganisationen ein Jahrzehnt nach Kriegsende immer noch etwa 22.000 Soldaten ein Krankheitsbild, für das es keine klare Diagnose gibt. Die Dunkelziffer könnte noch höher sein. "Das Problem besteht darin, dass das Militär miserable Unterlagen führt", sagt der Senatsdiener Martin Gensler, der sich ausgiebig mit der Thematik befasst hat. "Schwer zu sagen, wo die Geheimhaltung aufhört und die Unfähigkeit beginnt."
      Im Pentagon hat man Besserung gelobt. Vor Beginn neuer Kämpfe sollen rund 1000 Bakteriologen, Biologen, Labortechniker und andere Spezialisten mit modernsten Geräten das mögliche Einsatzgebiet auf ansteckende Krankheiten und Gift- und Kampfstoffe hin kontrollieren. Jeder Kampfeinheit sollen Spezialisten zur Seite stehen.
      Während des Golfkriegs wurden Soldaten gegen Milzbrand-Erreger und Botulismus geimpft, aber niemand hielt fest, wem was verabreicht wurde. Künftig sollen alle Impfungen in der Krankenakte des Soldaten festgehalten werden.

      Bessere Aufklärung angestrebt
      Auch die Aufklärung soll verbessert werden. Beim Golfkrieg waren die Anweisungen unzureichend. "Einige Leute nahmen Pillen gegen tödliche Nervengase und bekamen dadurch Krämpfe", sagt Kilpatrick. "Sie sollten die Mittel nur einige Tage nehmen, aber manche haben sie über Monate hinweg genommen."
      Die Bemühungen des Pentagons um bessere Arbeit werden gerade bei den Veteranen mit viel Skepsis aufgenommen. Das Verteidigungsministerium "versucht nur, sich von der PR-Katastrophe nach dem Golfkrieg zu erholen", sagt Gensler. "Sie haben nach anderen Kriegen nicht gerade großartige Arbeit geleistet, warum sollte es dieses Mal besser werden?"
      "Unsere Truppen werden verseucht und krank zurückkommen", befürchtet Joyce Riley von der Organisation der Golfkrieg-Veteranen.


      Irakis sind dagegen natürlich resistent. Logisch.
      Avatar
      schrieb am 10.09.02 18:05:03
      Beitrag Nr. 358 ()
      Die Achse des Guten
      VON WOLFGANG KOYDL

      Was geschieht eigentlich, wenn George W. Bush Recht behält? Was, wenn Saddam Hussein wirklich Nervengas besitzt, Biowaffen und demnächst Nuklearsprengköpfe? Und was passiert, wenn Washington triumphiert über den Despoten und in Bagdad, Basra und Kirkuk die Menschen jubelnd die amerikanischen Befreier feiern? Tony Blair, ja, der wäre fein raus. Der Briten- Premier hat den US-Präsidenten ja soeben erneut seiner unverbrüchlichen Nibelungentreue versichert. Andere freilich kämen in Erklärnöte. Frankreichs Chirac zum Beispiel, oder auch Bundeskanzler Schröder. Sie müssten ihren Wählern dann vielleicht erklären, warum deutsche und französische Unternehmen bei der Auftragsvergabe für den Wiederaufbau des Irak zu kurz gekommen sind.

      Aber so weit ist es ja noch nicht, und vielleicht wird es auch gar nicht so weit kommen. Schließlich gibt es viele gute Argumente, die gegen einen überstürzten Angriff auf Bagdad sprechen. Freilich gibt es mindestens ebenso viele Gründe, mit denen sich die Forderung nach einem raschen Regimewechsel an Euphrat und Tigris untermauern lässt. Sie sind meist besser, aber in Europa werden sie kaum erwähnt.

      Dabei geht es um eine kühne Vision: die Vision eines neu gestalteten Nahen Ostens, in dem Demokratie, Pluralismus und Wohlstand herrschen. Die Araber sollen endlich teilhaben an den Verheißungen der modernen Welt, und der Sturz Saddams soll nur die Initialzündung sein für dieses Feuerwerk umwälzender Veränderungen. So jedenfalls stellen es sich Bush und seine Berater vor.

      Phantastereien, Träume, Wunschdenken? Europäer und Araber jedenfalls schwanken zwischen Hohn und Horror bei diesem als blauäugig und gemeingefährlich empfundenen Szenario. Weiß denn nicht jeder, dass der Islam nicht reformierbar ist? Widersetzen sich nicht die Muslime selbst allen Reformen? Wozu, bitte, sollte man es überhaupt versuchen? Die Antwort ist einfach: Weil sich sonst überhaupt nichts verändern wird in der gefährlichsten Ecke der Welt; und weil noch jede große Veränderung mit einer Vision begonnen hat. Denn Visionen sind keine Tagträume. Visionen sind Versuche, Realpolitik in die Zukunft zu projizieren.

      Amerika versteht sich oft besser darauf als Europa – manchmal selbst um den Preis der Lächerlichkeit. Oder hatte man Ronald Reagan nicht verlacht, als er Michail Gorbatschow aufrief, die Mauer einzureißen. Dann verschwand die Mauer. Aus der Vision war Realität geworden. Heute sind Visionen nirgendwo dringender nötig als im Nahen Osten, wo seit fünf Jahrzehnten alles beim Alten geblieben ist: dieselben Konflikte, dieselben Regime, dieselben untauglichen Lösungen für dieselben Probleme. Der Kommunismus ist zerfallen, Demokratie und Marktwirtschaft haben weltweit triumphiert – aber zwischen Marokko und dem Iran haben die Völker nicht davon profitiert.

      Ein Irak-Feldzug, sagen Kritiker, würde den Nahen Osten destabilisieren. Aber vielleicht ist es gerade das, was die Region braucht. Denn Stabilität war ihr Fluch, war der Vorwand, nichts zu ändern an den eingefahrenen Machtverhältnissen, am bequemen Status quo. Schuld daran waren auch die Amerikaner, die es sich nicht verderben wollten mit den Potentaten am Golf, die ihnen billig das Erdöl lieferten und gleichzeitig im Pentagon die teuren Waffen orderten.

      Doch der 11.September 2001 hat Kungelei und Kumpanei zerstört. Seit dem Angriff auf Amerika ist klar geworden, dass es gerade diese verhängnisvolle Stabilität im Nahen Osten ist, welche Hass und Verzweiflung schürt. Im orientalischen Überschwang hat Amr Moussa, der Generalsekretär der arabischen Liga, davor gewarnt, dass ein amerikanischer Angriff auf den Irak „das Tor zur Hölle“ aufstoßen würde. Aber der Ägypter weiß wohl nicht, dass die Mehrzahl seiner arabischen Landsleute – im Jemen wie in Jordanien, in Ägypten wie in Algerien – ohnehin schon lange in einer Hölle leben: in einer Hölle des Elends und der Bevormundung, ohne jede Perspektive.

      Auf diesem Boden gedeihen Selbstmordattentäter, die mit einem Bombengürtel um den Leib Busse und Restaurants in Israel in die Luft sprengen, und jene, die mit einer gekaperten Boeing ins World Trade Center rasen. Es sind Menschen, die hassen, Menschen, die nichts zu verlieren haben, Menschen ohne Zukunft.

      Bush will das ändern, und der Sturz Saddams soll der erste Dominostein sein, der andere Diktaturen kippen lässt. Aber warum? Hat Bush plötzlich ein Herz für die Araber? Nein. Washington handelt egoistisch: Bush will Sicherheit für Amerika, Arbeitsplätze für Amerika, und Energie für Amerika. Und er will rechtzeitig alle Lunten im Nahen Osten austreten, bevor andere aufstrebende Mächte wie China um dessen Ressourcen buhlen.

      Uneigennützig haben die USA nie gehandelt, genauso wenig wie andere Großmächte. Aber das Genie Amerikas lag stets darin, eigene Interessen mit dem Wohlergehen anderer zu verknüpfen. So funktioniert die Achse des Guten: Wenn Amerika floriert, geht es auch anderen prächtig: Die Welt hat davon profitiert – mit Hotdogs und mit Hamburgern ebenso wie mit Pluralismus und parlamentarischer Demokratie. Vielleicht werden bald auch die Araber alle diese Früchte genießen. Wenn Bush Recht behält.


      Keine Angst, ich bin noch heil. ;)


      Iran hat für den Fall eines amerikanischen Militärangriffs gegen den Irak eine zentrale Behörde für etwaige irakische Kriegsflüchtlinge eingerichtet.

      dpa/HB TEHERAN. Wie die amtliche iranische Nachrichtenagentur Irna unter Berufung auf das Einwanderungsamt am Dienstag meldete, gehören der Zentralstelle Beamte des Außen-, Innen- und Gesundheitsministeriums sowie Vertreter des Roten Kreuzes und der Polizei an.
      Der Uno-Hochkommissar für Flüchtlinge (UNHCR) habe sich bereit erklärt, mit der neuen Behörde zusammenzuarbeiten, sagte der Leiter des Einwanderungsamtes, Ahmad Husseini.
      Iranische Regierungsvertreter wiederholten jedoch, dass möglichen irakischen Kriegsflüchtlingen nicht erlaubt werde, nach Iran zu kommen. Sie würden vielmehr in Pufferzonen innerhalb des Iraks untergebracht, wo dann Lager errichtet werden.
      Avatar
      schrieb am 10.09.02 18:39:01
      Beitrag Nr. 359 ()
      Ja, genau,die USA hatten schon immer tolle Visionen:

      z.B. wie man Vietnam mal eben "demokratisiert".
      Oder Chile.
      Oder Honduras.
      Oder Equador.
      Oder Argentinien.

      Oder auch Gaskrieger und Angriffskrieger Sadam Hussein stärkt (bis 1990)

      Oder wie man Osama Bin LAden richtig ausbildet.

      Oder wie man kyoto torpediert.

      Oder wie man einen internationalen Gerichtshof verhindert.

      Oder - wie man im eigenen Lande praktisch sämtliche Persönlichkeitsrechte der Bürger abschafft.

      Oder wie man Minderjährige Straftäter hinrichtet.

      Wirklich überzeugend - starke Visionen!
      Avatar
      schrieb am 11.09.02 03:02:55
      Beitrag Nr. 360 ()
      Die lästigen Bürgerrechte
      Seit dem 11. September versucht die Bush-Regierung, verfassungsgemäße Grundrechte auszuhebeln: Verdächtige können ohne Anwalt unbegrenzt festgehalten werden, Bürger sollen Bürger bespitzeln

      von MICHAEL STRECK

      Die Freiheit ist ein kostbares Gut in den USA. In kaum einem anderen Land ist das Konzept der Freiheit so untrennbar mit der Staatsbürgerschaft verbunden. Jeder Versuch, sie einzuschränken, stößt auf energischen Widerstand. Dennoch hat die Bush-Administration seit dem 11. September erschreckende Vorstöße in dieser Richtung unternommen in der Hoffnung, der Eindruck der Terroranschläge habe den Widerstand geschwächt. "Bush und Justizminister Ashcroft gehen rücksichtslos über Bürgerrechte hinweg", ist das Fazit einer Studie des liberal-konservativen Cato-Instituts in Washington.

      Gefährlicher Rechtsweg

      Bestes Beispiel ist der Beschluss der Regierung, so genannten "feindlichen Kämpfern" - eine Gefangenen-Kategorie, die von der Bush-Regierung während des Militäreinsatzes in Afghanistan erfunden wurde - verfassungsgemäße Grundrechte zu verweigern. Sie erhalten keinen Zugang zu einem Anwalt und können ohne Anklage unbegrenzt festgehalten werden. Der Präsident hat sogar zwei US-Staatsbürgern diesen Status zugesprochen: Yaser Esam Hamdi, einem in Louisiana geborenen Taliban-Kämpfer, der nun in einem Militärgefängnis in Virginia sitzt, und Jose Padilla, einem in Chicago verhafteten Amerikaner, der einen Anschlag in den USA mit einer "Dirty Bomb" vorbereitet haben soll.

      In beiden Fällen versucht die US-Regierung zivile Gerichtsverfahren zu vermeiden. Sollte sie sich damit durchsetzen, kann sie "feindliche Kämpfer" hinter Gitter bringen und muss sich nicht mehr mit komplizierten Verfahren herumschlagen.

      Ein ähnliches Verlangen, rechtliche Verpflichtungen zu ignorieren, zeigt die Regierung bei Auslieferungsverfahren. Werden mutmaßliche Terroristen in einem anderen Land festgenommen, überstellt der CIA sie gern in Staaten wie Ägypten oder Jordanien, wo sie mit Methoden verhört werden können, die in den USA selbst illegal sind, wie zum Beispiel Folter.

      Der anfängliche Widerstand der Regierung, die mittlerweile rund 600 Gefangenen auf dem kubanischen Militärstützpunkt Guantánamo als Kriegsgefangene gemäß der Genfer Konvention zu behandeln, war ein weiterer Versuch, lästige Rechtsnormen auszuhebeln. Noch deutlicher wird dies jedoch in Bushs Anweisung, Militärtribunale zu errichten, um mutmaßliche Terroristen anzuklagen. Dieser Schritt offenbart ein tief greifendes präsidentielles Misstrauen in das US-Justizsystem. Zudem verleiht es dem Präsidenten eine unangefochtene Autorität, jene zu benennen, die vor Militärtribunalen angeklagt werden.

      Der Buchhändler informiert

      Bürgerrechtler beklagen überdies die Geheimhaltungspolitik der Regierung. Die Cato-Studie wirft der Regierung geheime Vorladungen, Verhaftungen, Prozesse und Deportationen vor. Die Organisation Human Rights Watch berichtete, dass rund 1.200 Menschen ohne US-Staatsbürgerschaft im Zusammenhang mit Untersuchungen zu den Terroranschlägen klammheimlich verhaftet worden seien. Die Unschuldsvermutung werde verdreht: Das Justizministerium behielt sie so lange in Haft, bis es entschied, dass sie keine Verbindungen zu Terrorgruppen hatten. Viele seien anschließend ausgewiesen worden.

      Alarmierend ist auch die weit reichende Dimension der Antiterrormaßnahmen. Das FBI verfolgte und befragte bislang willkürlich über 5.000 Muslime und Amerikaner arabischer Herkunft und muss sich ethnische Diskriminierung vorwerfen lassen. Das Terrorinformationsprogramm Tips will Millionen von Bürgern animieren, Nachbarn und Geschäftskunden auszuspionieren. Neue Gesetze erlauben der Polizei, vertrauliche Daten aus Unternehmen und Universitäten anzufordern. Selbst Bibliotheken und Buchläden sollen über ihre Kunden Auskunft geben.

      Viele Bürgerrechtler glaubten bislang, die USA hätten ihre Lektionen aus der Geschichte gelernt. Niemand bestreitet mehr, dass es ungerechtfertigt war, Amerikaner japanischer Abstammung während des Zweiten Weltkrieges zu internieren oder in der McCarthy-Ära eine Hexenjagd auf vermeintliche Kommunisten zu veranstalten. Vergleichbares geschehe nicht mehr, wurde gehofft. Die Hoffnung könnte enttäuscht werden.


      taz Nr. 6850 vom 11.9.2002, Seite 23, 139 TAZ-Bericht MICHAEL STRECK

      taz muss sein
      Avatar
      schrieb am 12.09.02 10:23:30
      Beitrag Nr. 361 ()
      Hier der neueste Einblick in die wirre Psyche von
      George Nobrain Bush:

      Wenn die anderen nicht die HAcken zusammenschlagen, sind sie alle überflüssig.
      Im Grunde nur ein konsequentes Weiterdenken des Polit-terrorismus der USA, was die Völkergemeinschaft anbelangt.
      Nach der Ausserkraftsetzung von Bürgerrechten, der Genfer Konvention, Der B- und C- WAffen-Kontrollabkommen, des Kyoter Abkommens, des Internationalen Gerichtshofes ist die Beendung der Existenz der unbequemen UNO nur logisch.

      Größenwahn pur!




      BUSH-REDE VOR DER UNO

      "Sie werden sich in ihren Sitzen winden"


      Uno-Generalsekretär Kofi Annan hat die USA indirekt vor einem Alleingang im Konflikt mit dem Irak gewarnt. US-Präsident George W. Bush, der am Nachmittag der Vollversammlung die Leviten lesen will, machte schon mal seine Position deutlich: Wenn die Uno nicht gegen Saddam Hussein marschiere, sei sie überflüssig. :eek:

      Kofi Annan: Warnung an Bush


      New York - Selbst für die "mächtigsten Staaten" sei internationale Zusammenarbeit wichtig, heißt es in Annans Rede zur heutigen Eröffnung der Uno-Vollversammlung. Der Text der Ansprache wurde entgegen den Gepflogenheiten vorab veröffentlicht. "Wenn Staaten sich zur Anwendung von Gewalt entschließen, um allgemeinere Bedrohungen des Weltfriedens und der Sicherheit zu begegnen, gibt es keinen Ersatz für die einzigartige Legitimität, die die Vereinten Nationen verleihen", so Annan.
      Bushs Reaktion ließ nicht lange auf sich warten: US-Regierungskreisen zufolge will er in seiner Rede vor der Uno-Vollversammlung die Welt mit klaren Worten zu einem Vorgehen gegen den Irak auffordern. Er werde die Uno warnen, sie könne bedeutungslos werden, wenn sie keine Maßnahmen ergreife. In diesem Fall könnten die USA eigenständig handeln.


      Bush will der Uno die Leviten lesen: Delegierten werden sich "in ihren Sitzen winden"


      Ob Bush dies explizit so darstellen werde, sei jedoch nicht klar. Bei seiner Rede vor der Vollversammlung in New York würden sich einige der anwesenden Staats- und Regierungschefs "in ihren Sitzen winden", verlautete aus den US-Kreisen. Bush wolle deutlich machen, dass Iraks Präsident Saddam Hussein der gefährlichste Diktator einer gefährlichen Welt sei. "Er wird alle seine Gründe darlegen", hieß es. "Die Uno ist ignoriert worden, und das ist ein Problem für die Vereinten Nationen."

      Das US-Präsidialamt kündigte zudem die Veröffentlichung einer 22 Seiten starken Liste über die Missachtung von Uno-Resolutionen durch den Irak an. Bush wirft Saddam vor, nach Massenvernichtungswaffen zu streben, und hat einen Machtwechsel im Irak zu einem Ziel seiner Regierung erklärt - notfalls auch durch einen militärischen Alleingang.

      Zahlreiche Staaten haben sich gegen einen Militäreinsatz im Irak ohne ein Uno-Mandat ausgesprochen. Deutschland hat eine Beteiligung der Bundeswehr an einem Militärschlag auch mit einem Mandat ausgeschlossen. Iraks Regierung verweigert Uno-Waffeninspektoren die Einreise, die feststellen sollen, ob das Land über Massenvernichtungswaffen verfügt. Dies war nach dem Golfkrieg 1991 von der Uno angeordnet worden.

      (Quelle: focus.de)
      Avatar
      schrieb am 12.09.02 10:42:58
      Beitrag Nr. 362 ()
      11-9

      "Die meisten US-Bürger wissen fast nichts vom Rest der Welt. Sie klammern sich an das simple Weltbild von Gut und Böse - den abscheulichsten aller Bushismen."

      Mahir Ali, Iraq Daily vom 11. 9. 2002

      taz Nr. 6851 vom 12.9.2002, Seite 4, 6 Zeilen (Dokumentation), Mahir Ali, Zitat
      Avatar
      schrieb am 12.09.02 10:44:54
      Beitrag Nr. 363 ()
      Die akute Bedrohung muss es einfach geben

      Taktik bestimmt das Spiel mit den angeblichen Beweisen für irakische Massenvernichtungswaffen(programme)


      NEW YORK taz Der Chef der UNO-Waffeninspektionsgruppe für Irak (Unmovik), Hans Blix, hat Spekulationen und Behauptungen der Bush-Administration und diverser Medien über neue Beweise für irakische Atomwaffenprogramme zurückgewiesen.

      Nach einer Unterrichtung des UNO-Sicherheitsrates bestätigte Blix am Dienstag zwar die Existenz von Aufnahmen kommerzieller Satelliten, die zeigen, dass Irak auf dem Gelände verschiedener ziviler Atomanlagen Gebäude wiederaufgebaut hat, die vermutlich durch britisch-amerikanische Luftangriffe im Dezember 1998 zerstört wurden. Aber das sei "nicht dasselbe, als wenn man sagt, da sind Massenvernichtungsmittel", betonte Blix. Wenn er entsprechende Beweise hätte, hätte er diese dem Sicherheitsrat vorgelegt. Seriöse Feststellungen über eine Existenz irakischer A-, B-, C-Waffen oder über entsprechende Rüstungsprogramme seien nur nach erneuten Inspektionen möglich.

      Die New York Times hatte am Freitag über die Bilder berichtet - ohne Angaben, wann in den knapp vier Jahren seit Abzug der Waffeninspekteure die Aufnahmen gemacht wurden und welche Atomanlagen-Gelände im Irak sie zeigen. Der Informant der Zeitung - einer der 15 Mitarbeiter der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEO), die für die Überwachung von Iraks zivilem Atomprogramm verantwortlich sind - hatte dazu keine Angaben gemacht. Ähnlich undetailliert war ein auf Angaben eines Washingtoner Regierungsvertreters basierender Bericht der New York Times vom Sonntag über angebliche Bemühungen Bagdads, auf dem internationalen Markt Spezialteile für eine Urananreicherungsanlage zu kaufen. Nach Erscheinen der beiden Artikel sprachen Mitglieder der Bush-Regierung von "neuen Beweisen" oder "Erkenntnissen" über irakische Atomwaffenprogramme.

      Am Montag veröffentlichte das Internationale Institut für Strategische Studien (IISS) auf Basis einer Studie mit ausschließlich seit Jahren bekannten Informationen die "Vermutung", Saddam Hussein könne innerhalb einiger Monate über Atomwaffen verfügen, wenn es ihm gelänge, aus dem Ausland angereichertes Uran oder Plutonium zu beschaffen. Prompt sprach der britische Premierminister Tony Blair von einem Warnruf "von größter Bedeutung". Nach Informationen der taz aus dem IISS erfolgte die Veröffentlichung der Studie zum jetzigen Zeitpunkt auf Wunsch der Londoner Regierung.

      Für die nächsten Tage und Wochen ist mit weiteren Veröffentlichungen zu rechnen, die eine akute Bedrohung durch irakische Massenvernichtungswaffen(programme) ebenso belegen sollen wie eine Verbindung zwischen Bagdad und den Terroranschlägen vom 11. September. Für beides habe die Bush-Administration "erdrückende Beweise", erklärte ein Regierungsbeamter aus der Umgebung von US-Vizepräsident Cheney Anfang September gegenüber der taz. Nach Vorlage dieser Beweise würden auch Deutschland und andere Verbündete, die militärische Maßnahmen gegen Irak derzeit noch ablehnen, ihre Haltung ändern, zeigte sich der Regierungsbeamte überzeugt.

      Der demokratische US-Senator Richard Durbin kritisierte am Dienstag, dass die Bush-Administration selbst dem Geheimdienstausschuss des Kongresses bis heute keine Einschätzung der angeblichen Massenvernichtungskapazitäten Iraks vorgelegt habe. ANDREAS ZUMACH

      taz Nr. 6851 vom 12.9.
      Avatar
      schrieb am 12.09.02 19:10:08
      Beitrag Nr. 364 ()
      Ja, genau, Stalin und Hitler hatten auch Visionen! Und Rußland hat sie heute noch.


      Auch der Kreml geht jetzt auf Distanz zu Saddam
      Für seine Irak-Pläne braucht der amerikanische Präsident Verbündete nicht nur in der Nato. Entscheidend ist auch die Haltung der Mitglieder des Uno-Sicherheitsrates, vor allem Russlands und Chinas. Beide lehnen zwar einen militärischen Angriff auf Irak ab, scheinen allerdings bereit zu sein, flexibel und pragmatisch zu entscheiden.


      mth/mbr/mg DÜSSELDORF. Nach der Rückkehr von Premier Tony Blair aus Washington wartet man in Großbritannien auf eine Londoner Doppelstrategie. Die britische Regierung wird in den nächsten Wochen damit beginnen, Skeptiker im eigenen Land und die internationale Partner vor allem im Uno-Sicherheitsrat zu überzeugen. Ein umfassendes Irak-Dossier mit Beweisen für die Umtriebe Iraks soll noch vor dem Laborparteitag Ende September veröffentlicht werden. Schon heute wird das „International Institute for Strategic Studies“ in London Einzelheiten über das irakische Nuklearwaffenprogramm veröffentlichen. Am Dienstag muss Blair auf dem Kongress des britischen Gewerkschaftskongress TUC vor den schärfsten Kritikern seiner Irak-Politik sprechen. Anfang Oktober wird er in Moskau mit dem russischen Präsidenten Putin zusammentreffen.

      Kremlchef Wladimir Putin ist nach einem Telefonat mit US-Präsident Bush möglicherweise doch von seiner bisherigen Irak-Position abgerückt. Jedenfalls wurde vereinbart, dass US-Emissäre in Moskau jetzt weiter verhandeln. Damit sollen die Russen mit ins Boot geholt werden für einen US-Angriff auf Bagdad. Zumindest soll sich der Kreml der Stimme enthalten im Uno-Sicherheitsrat. „Saddam wird aufgegeben“, titelte bereits die einflussreiche „Iswestija“.

      Der Kremlchef hat gegenüber Bush zwar „ernsthafte Zweifel in der Berechtigung und der juristischen Untermauerung der Gewaltanwendung gegen den Irak“ geäußert und „politisch-diplomatische Anstrengungen“ zur Lösung der Krise verlangt. Doch Russland ist von Saddam abgerückt, genau so wie Moskau zuvor von Palästinenser-Führer Jassir Arafat. Denn ein Kreml-Emissär hat in den USA erstmals einen Vertreter des oppositionellen irakischen Volkskongresses getroffen. Damit habe „eine neue Etappe im Irak-Spiel begonnen“, meint die „Iswestija“. Es werde jetzt „ernsthaft über eine Alternative zu Hussein nachgedacht“.

      Verständlich wird der Kursschwenk, da der frühere Hauptgegner eines Militärschlags gegen Saddam – Russland – der Hauptnutznießer einer Militäraktion werden könnte: Moskau profitiert als inzwischen größter Ölexporteur der Welt schon jetzt vom auf Grund der Kriegsangst stark gestiegenen Rohölpreis. Aber Russland ist auch der größte Wirtschaftspartner des Irak – geplant sind Projekte in der Ölindustrie, bei Transport- und Infrastruktur-Programmen für gesamt 40 Mrd. $. Deshalb hat Moskau ein Interesse: Es möchte die Zusage Bushs, dass die Nach-Hussein-Ordnung diese ökonomischen Interessen Russlands berücksichtigt, dass auch eine neue Führung in Bagdad die Milliarden-Schulden gegenüber Moskau tilgt und nicht US-Konzerne den Russen die lukrativen Öl-Lizenzen zwischen Euphrat und Tigris wegschnappen. Sollte dies zugesichert werden, könnte sich der Kreml im Uno-Sicherheitsrat zumindest der Stimme enthalten, was Washington freie Hand ließe.

      Zudem braucht der Kreml den Fall der Uno-Sanktionen gegen den Irak, er ist also an einer schnellen Lösung interessiert. Sonst stehen seine Milliarden-Deals mit Bagdad nur auf dem Papier. Ein Aufkündigen der Anti-Terror-Front mit den USA hätte für Russland zudem möglicherweise gewaltige Einbrüche seiner Öl-Exporte zur Folge: „Moskau muss wissen, dass die Freundschaft mit Amerika mehr wert ist als die mit dem Irak“, hatte US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld kürzlich bereits orakelt.

      Chinas Medien berichteten so gut wie nichts über den Anruf des US-Präsidenten bei Chinas Staatspräsident Jiang Zemin. „Beide Seiten tauschten Ansichten über internationale und regionale Angelegenheiten aus und diskutierten die Entwicklung der bilateralen Beziehungen“, hieß es in der Volkszeitung, dem Propagandaorgan der KP, lapidar. China gibt bislang nicht zu erkennen, ob es bei einer eventuellen Abstimmung im Uno-Sicherheitsrat ein Veto gegen einen Angriff auf den Irak einlegen würde.

      Chinas Position zu einer Attacke auf den Irak ist seit längerem bekannt. Der Konflikt zwischen Washington und Bagdad über Iraks Waffenprogramme müsse friedlich beigelegt werden, und zwar durch die Vereinten Nationen. Der Irak „soll die Rückkehr der Uno-Inspektoren nach Bagdad akzeptieren“, fordert Außenamts-Sprecher Kong, und fügt hinzu: „Im Gegenzug müssen die Souveränität und die territoriale Integrität von Staaten voll respektiert werden“. Wie China im Falle eines Angriffs von US-Streitkräften auf den Irak reagieren würde, gibt Peking bislang ebenfalls nicht zu erkennen.

      Irak ist nach den Worten des ehemaligen amerikanischen Uno-Waffeninspekteurs Scott Ritter keineswegs in der Lage, Massenvernichtungswaffen herzustellen. „Die Wahrheit ist, dass Irak keine Bedrohung für seine Nachbarn darstellt und nicht auf eine Art und Weise handelt, die irgendjemand außerhalb seiner Grenzen gefährdet“, sagte Ritter am Sonntag in Bagdad, wo er sich auf Einladung der irakischen Regierung aufhält und vor Abgeordneten und Journalisten sprach. Der Regierung in Bagdad empfahl er, die Uno-Waffeninspekteure wieder ins Land zu lassen und eng mit ihnen zusammenzuarbeiten. Damit würden die USA „mit ihren Kriegsdrohungen gegen Irak allein stehen. Dies wäre der beste Weg, einen Krieg zu verhindern“, sagte Ritter.


      Es macht keinen Sinn, Blödheit mit Dummheit zu bekämpfen! Das hat auch Schröder schon mitbekommen.
      Avatar
      schrieb am 12.09.02 19:45:13
      Beitrag Nr. 365 ()
      Das wird ein großartiges Trio mit märchenhafter "Zusammenarbeit gegen Terrorismus"

      Man schließt ein Abkommen auf gegenseitige Toleranz und Totschweigen der jeweiligen Menschenrechtsverletzungen.

      Die USA, Rußland und China dürfen nach Herzenslust über andere Völker herfalen.

      USA über Irak, ggf. auch Saudi-Arabien.
      Rußland über Tschetschenien, ggf auch BAltikum
      China darf nach Herzenslust Tibetaner unterwerfen.

      DAs ganze heißt dann "Enduring FuckThem"
      Avatar
      schrieb am 14.09.02 18:15:03
      Beitrag Nr. 366 ()
      Das sind nur Momentum-Trades, wobei die Geschicktesten das beste Geschäft machen.


      George und Georgien

      Die Krise spitzt sich zu, da spricht aus Washington die Stimme der Besonnenheit: Eine einseitige Militäraktion komme nicht in Frage, verkündet das Außenministerium, nur Verhandlungen brächten eine Lösung. Nicht um George Bushs möglichen Krieg gegen den Irak geht es, sondern um Wladimir Putins Angriff auf Georgien. Russlands Präsident droht mit einem militärischen Eingreifen, weil sich im dortigen Pankisi-Tal „tschetschenische Banditen und internationale Terroristen“ eingenistet hätten.
      Bomben aufs Pankisi-Tal wären nach Putins Darstellung Schläge im weltweiten Anti-Terror-Kampf. Die Urheber der bisher nicht aufgeklärten Anschlagsserie auf russische Wohnhäuser und selbst Drahtzieher der Terrorangriffe auf Amerika vermutet Putin in der angeblichen Räuberhöhle Pankisi-Tal. Russische Militäraktionen dort wären nach Putins Lesart also nicht nur durch das Selbstverteidigungsrecht gedeckt, sondern auch durch die Anti-Terror-Resolution der Vereinten Nationen.
      Den Amerikanern zeigt die Pankisi-Krise einmal mehr, wie leicht im Gewirr zu vieler Koalitionäre die Orientierung verloren geht. Russland ist ein Verbündeter im Anti-Terror-Kampf, Georgien auch. Zudem fällt es den USA immer schwerer zu erklären, warum sie gegen Bedrohungen notfalls einseitig vorgehen wollen, anderen solchen Selbstschutz aber nicht zugestehen. Dennoch: So verständlich die russische Forderung ist, Georgien müsse endlich gegen die Kämpfer im Pankisi-Tal vorgehen – einen Krieg rechtfertigt sie nicht. Der Irak taugt nicht als Präzedenzfall. Nur verwirrte russische Nationalisten vergleichen Georgiens Präsidenten Eduard Schewardnadse mit Saddam Hussein. dbr


      PS: D.T. wurde in die Ecke gestellt, weil er auf einem Xylophon rumgeklimpert hat. :D
      Avatar
      schrieb am 14.09.02 18:39:07
      Beitrag Nr. 367 ()
      gewinnix.
      andersrum wird ein schuh draus. d.t. wurde in die ecke gestellt, weil das xylophon mal wieder sein vorwiegend anal geprägtes vorzugsspielchen gespielt hat und sein melodeichen gar wohlig in den ohren einiger erscheinungsformen der spielwiese von w:o angekommen ist.

      gar mancher verlässt halt sein kinderstübchen nie und übers xylophonspiel gerät nicht jeder hinaus :laugh: oskar der trommler hätte angesichts der ungezogenheiten der regler-buben und ihres pfleglings wahrscheinlich ein paar festerscheiben zersungen :laugh::laugh::laugh:
      Avatar
      schrieb am 14.09.02 21:03:31
      Beitrag Nr. 368 ()


      Ich bin auch asozial.
      Du solltest mit Deinen Kräften besser haushalten. Möglicherweise kann das den Anarchisten in Dir vor dem Schwächetod bewahren.

      Taktieren ist doch hier momentan brandaktuelles Thema. Deep Thought ist vorläufig abgemeldet und was passiert?


      "Den Sieg der Freiheit sichern"
      Der US-Präsident wünscht sich die Herrschaft der Freiheit in der Welt – Ein Gastbeitrag

      Von George W. Bush


      Von Washington – Die Angriffe des 11. September haben unsere Nation in Schrecken und in den Kriegszustand versetzt. Sie offenbarten die Brutalität unserer Feinde und die Bedrohung unseres Landes. Sie stellten die Charakterstärke unseres Volkes unter Beweis. In einem Augenblick der Prüfung wurde der Geist der Männer und Frauen in New York, im Pentagon und an Bord von Flug 93 zum Geist unseres Landes.

      Im schrecklichen Licht dieser Ereignisse ist auch Amerikas Rolle in der Welt klarer geworden. In dieser großen Tragödie erkennen wir auch große Möglichkeiten. Wir müssen die Weisheit und den Mut haben, diese Möglichkeiten zu ergreifen. Amerikas größte Möglichkeit besteht darin, weltweit ein Kräftegleichgewicht zu schaffen, das die Freiheit fördert. Wir werden unsere Position noch nie da gewesener Stärke und unseren Einfluss einsetzen, um eine internationale Ordnung und eine Atmosphäre der Offenheit zu schaffen, in der Freiheit und Fortschritt in vielen Nationen gedeihen können.

      Eine Welt des Friedens und wachsender Freiheit dient Amerikas langfristigen Interessen, entspricht unseren Idealen und einigt unsere Verbündeten. Wir dienen diesem Frieden, indem wir der Gewalt durch Terroristen und Regime, die sich außerhalb des Gesetzes stellen, widerstehen und zuvorkommen. Wir erhalten diesen Frieden, indem wir gute Beziehungen zwischen den Großmächten der Erde schaffen, und wir erweitern diesen Frieden, indem wir auf allen Kontinenten freie und offene Gesellschaften fördern.

      Die Verteidigung des Friedens ist ein schwerer Kampf von unbestimmter Dauer. Zusammen mit unseren Alliierten nehmen wir überall in der Welt die terroristischen Netzwerke ins Visier, machen die Planung, Ausbildung und Finanzierung des Terrors zunichte. Zusammen mit unseren Alliierten müssen wir uns auch der wachsenden Bedrohung durch Regime stellen, die den Terror unterstützen, chemische, biologische und atomare Waffen anstreben und Raketen bauen. Hier könnte Untätigkeit zur Katastrophe führen. Wir müssen den Terroristen und ihren Verbündeten jenes Zerstörungspotenzial vorenthalten, das ihrem Hass entspricht. Gleichzeitig haben wir die beste Gelegenheit seit Generationen, eine Welt zu schaffen, in der die großen Mächte friedlich zusammenarbeiten, statt sich ständig auf den Krieg vorzubereiten.

      Vor allem das 20. Jahrhundert wurde von einer Serie zerstörerischer nationaler Rivalitäten geprägt, die auf der ganzen Erde Schlachtfelder und Friedhöfe hinterließen.

      Der Wettbewerb zwischen großen Nationen ist unvermeidlich, der bewaffnete Konflikt jedoch nicht. Der 11. September hat klarer als je zuvor gezeigt, dass die Großmächte auf der gleichen Seite stehen, vereint durch die gemeinsame Gefahr des Terrors und des Chaos, unterwegs zu gemeinsamen Zielen. Die Vereinigten Staaten, Japan und unsere Freunde im Pazifik, unsere Verbündeten in der Nato und ganz Europa teilen den tiefen Glauben an die menschliche Freiheit. Russland befindet sich in einer hoffnungsvollen Übergangsphase. Das Land strebt nach einer besseren Zukunft auf der Basis der Demokratie und der Marktwirtschaft und ist ein wichtiger Partner im Krieg gegen den Terror.

      Die Führer Chinas entdecken gerade die wirtschaftliche Freiheit als Quelle des Wohlstands. Mit der Zeit werden sie bemerken, dass die gesellschaftliche und politische Freiheit die Quelle nationaler Größe ist. Amerika unterstützt weiterhin die Entwicklung der Demokratie und die wirtschaftliche Öffnung in Russland und China, denn gemeinsame Grundsätze bringen echte Freundschaft und echten Frieden.

      Die Interessen- und Wertegemeinschaft der Großmächte bildet die Grundlage für Frieden und Sicherheit weltweit. In der Vergangenheit ergriffen die rivalisierende Großmächte bei vertrackten regionalen Konflikten Partei, vertieften dadurch die Widersprüche und machten es noch schwerer, ja beinahe unmöglich, eine Lösung zu finden. Heute bilden wir vom Mittleren Osten bis nach Südasien breite Koalitionen, um den Friedensdruck zu verstärken. Amerika braucht Partner, um den Frieden zu erhalten, und wir werden mit jeder Nation zusammen arbeiten, die ebenfalls dieses edle Ziel verfolgt.

      Während wir den Frieden bewahren, bietet sich uns die Gelegenheit, die Vorzüge der Freiheit und der Entwicklung jenen Nationen zu bringen, in denen sie heute fehlen. Wir wollen einen gerechten Frieden, bei dem anstelle von Unterdrückung, Ressentiment und Armut die Hoffnung auf Demokratie, Entwicklung, freie Märkte und freien Handel herrscht.

      Besser als früher begreifen wir, dass schwache Staaten, wie etwa Afghanistan, den Weltfrieden ernsthaft gefährden können. Die Armut allein macht keinen Menschen zum Terroristen und Mörder. In vielen Ländern aber bilden Armut, Korruption und Unterdrückung eine giftige Mischung. Das Ergebnis sind schwache Regierungen, die weder Gesetz und Ordnung durchsetzen noch ihre Grenzen sichern können und terroristischen Netzwerken oder Drogenkartellen schutzlos ausgeliefert sind.

      Amerika stellt sich der Herausforderung globaler Armut. Der freie Markt und der freie Handel haben ihre Fähigkeit unter Beweis gestellt, ganze Gesellschaften aus der Armutsfalle zu heben. Die USA arbeiten mit ihren Handelspartnern auf der ganzen Erde daran, eine Welt zu schaffen, die durch den uneingeschränkten freien Handel ihren Wohlstand mehrt.

      Durch das "Millennium Challenge Account" werden die Vereinigten Staaten mehr Entwicklungshilfe an solche Nationen leisten, deren Führer gerecht regieren, in ihr eigenes Volk investieren und die wirtschaftliche Freiheit fördern. Wir werden weiterhin führend sein im Kampf gegen AIDS und andere Krankheiten, die einen so schrecklichen Blutzoll fordern.

      Amerika stellt sich auch auf die Seite jener tapferen Männer und Frauen, die Menschenrechte und demokratische Werte einfordern, von Afrika über Südamerika und Asien bis hin zur islamischen Welt. Mit unserer Diplomatie, unserer Entwicklungshilfe, unseren internationalen Sendern und unseren Beiträgen zur weltweiten Entwicklung des Schulwesens werden wir die Mäßigung, die Toleranz und die unverzichtbaren Bedingungen menschlicher Würde fördern: den Rechtsstaat, die Beschränkung der Macht der Exekutive, die Achtung der Würde der Frau, das Privateigentum, die Freiheit der Rede und die Gleichheit vor dem Gesetz.

      Der Terrorismus ist nicht nur eine Herausforderung für die Welt, sondern lässt einige grundlegende Werte deutlicher hervortreten. Jede Nation steht vor der Wahl zwischen der Veränderung im Rahmen der Gesetze und der chaotischen Gewalt; zwischen freudloser Anpassung und einer offenen, kreativen Gesellschaft; zwischen der Feier des Todes durch Mord und Selbstmord und der Verteidigung des Lebens und seiner Würde.

      Viele Regierungen sehen sich jetzt gezwungen, ihre Duldung des Fanatismus und ihre Unterstützung von Hasspropaganda zu überdenken. Auch freie Nationen sind gezwungen worden, sich zu fragen, ob sie für die Freiheit einstehen wollen - festzustellen, ob ihr Einsatz für die Freiheit lediglich eine kulturelle Konvention ist oder Ergebnis der universellen Forderungen des Gewissens und der Moral.

      Volk und Regierung Amerikas geben auf die Herausforderung unserer veränderten Welt eine sehr bestimmte Antwort. Wir werden unsere Gesellschaft gegen jede Bedrohung verteidigen, heute und in Zukunft. Und wir sind entschlossen, für die Werte einzustehen, denen unsere Nation ihre Geburt verdankt.

      Wir glauben, dass jeder Mensch in jeder Kultur Anspruch hat auf Freiheit und Achtung seiner Menschenrechte. Wir glauben, dass der vorsätzliche Mord an unschuldigen Zivilisten und die Unterdrückung der Frau überall und zu allen Zeiten Unrecht sind. Wir weigern uns, die Aggression und die Brutalität böser Menschen zu ignorieren oder zu beschwichtigen.

      Zu allen Zeiten wurde die Freiheit durch Krieg und Terror bedroht, durch den Konflikt willensmächtiger Staaten und die Pläne von Tyrannen in Frage gestellt, durch Armut und Krankheit auf die Probe gestellt. Seit dem 11. September begreifen wir die Dringlichkeit dieser Fragen - und die neuen Möglichkeiten des Fortschritts besser als davor.

      Heute hält die Menschheit den Schlüssel zum Sieg der Freiheit über ihre uralten Feinde in der Hand. Die Vereinigten Staaten begrüßen die ihnen zufallende Verantwortung, diese große Mission anzuführen.
      Avatar
      schrieb am 14.09.02 21:37:21
      Beitrag Nr. 369 ()
      @gewinnnix #368: Wo hast Du denn das her??? Da hätte ich gerne eine Quellenangabe - Danke
      Avatar
      schrieb am 14.09.02 22:37:43
      Beitrag Nr. 370 ()
      Die Welt, irgendwann in der vergangenen Woche.
      Avatar
      schrieb am 14.09.02 23:45:37
      Beitrag Nr. 371 ()
      Danke! Bei http://www.diewelt.de in die Suche "Gastbeitrag" eingeben... da findet man dann auch Beiträge wie "Die Globalisierung ist eine grosse Chance für Entwicklungsländer" ... schauder
      Avatar
      schrieb am 15.09.02 10:30:20
      Beitrag Nr. 372 ()
      Sag mal, wurdest Du nicht wegen einer Sache wie..........


      Was wirklich geschah
      Die Twin Towers durch Flugzeuge zerstört? Nie im Leben. Klaus Fuchs kann es beweisen. Und ein paar tausend andere Verschwörungstheoretiker auch.

      Von Mareen Linnartz

      Klaus Fuchs sagt, sein ungutes Gefühl habe sich eingestellt, als er keine Antworten bekam auf die Fragen, die sich ihm stellten. Warum, beispielsweise, seien bei den Aufräumarbeiten auf Ground Zero keine Wrackteile der Flugzeuge gefunden worden? "Ich bitte Sie, das waren zwei Boeings! Und da soll nichts davon übrig geblieben sein?" Er schüttelt den Kopf. Und dann die Absturzstelle des Flugzeuges in Pennsylvania, in dem die Entführer von Passagieren überwältigt worden sind, "angeblich", wie Klaus Fuchs betont: "Da sind nur so Blechschnipsel übrig geblieben, mehr nicht. Ist das normal?" Er klickt die Maustaste seines Computers. An die Wand projiziert erscheinen Bilder anderer Flugzeugunglücke. Reste der Tupolew, die im Juli über dem Bodensee mit einer anderen Maschine zusammenstieß. Klick. Die Unglücksstelle des Airbus, der im vergangenen November kurz nach dem Start über New York zerbarst. Klick. Die Trümmer des Wohngebiets in Amsterdam, in das vor zehn Jahren eine Boeing raste.

      "Sehen Sie", seine Stimme wird ein wenig schrill, "da sieht man ein Heck, einen Flügel, man sieht etwas, das an ein Flugzeug erinnert. Und in Pennsylvania?" Seine Miene bekommt einen triumphierenden Ausdruck: "Geschredderte Bierdosen- schnipsel." Nein, an die offizielle Version glaubt Klaus Fuchs schon lange nicht mehr. Und deswegen hat er eine eigene Theorie entwickelt, die belegen soll, was wirklich an jenem 11. September vor einem Jahr geschah. In Kurzform lautet sie: Es sind keine Flugzeuge ins World Trade Center geflogen. Und die Maschine über Pennsylvania ist abgeschossen worden, und zwar von "militärischen Spezialisten".

      Klaus Fuchs glaubt das wirklich. Und er ist nicht allein. Denn der 11. September hat wie kaum ein anderes Datum die Phantasie derjenigen beflügelt, die gerne daran glauben, dass geheime Mächte im Spiel sind: Die der Verschwörungstheoretiker. Im Internet, in dem sich gerne all diejenigen austauschen, die sich mit ihrer Meinung in den Massenmedien nicht wieder finden, gibt es inzwischen 100 000 Webseiten nur zu einem Thema: Was geschah wirklich am 11. September? Die einen vermuten den CIA hinter den Anschlägen. Schließlich brauchte die US-Regierung einen Vorwand, um Afghanistan zu bombardieren, durch das sie schon seit längerem eine Öl-Pipeline bauen wollen. Andere schreiben die Anschläge dem britischen Geheimdienst zu, der als Marionette des Rothschild-Clans den amerikanischen Clan der Rockefellers empfindlich treffen wollte. Und wieder andere verweisen auf die Quersumme des Anschlagdatums: 23. 11 plus 9 plus 2 plus 1. Die 23 ist so etwas wie die heilige Zahl der Verschwörungstheorie, seit Robert Anton Wilson in seinem Roman "Illuminatus!" eine Verbindung des berüchtigten Geheimbundes der Illuminaten mit eben jener Zahl herstellte. Wenn man will, findet sich die 23 überall: Im Zeitpunkt der Ermordung des schwedischen Ministerpräsidenten Olof Palme (23. 23 Uhr), im vollständigen Namen Bill Clintons (23 Buchstaben), in der Quersumme des Datums des Anschlags von Tim McVeigh auf das FBI-Gebäude in Oklahoma (19.4.), sogar auf dem Trikot des Basketball-Superstars Michael Jordan. Und dann gibt es natürlich auch jene Seiten, auf denen ernsthaft behauptet wird, Osama Bin Laden sei beim Burger-Essen in Salt Lake City gesichtet worden. All diesen Verschwörungstheorien, ob absurd oder weniger absurd, ist eines gemein: Sie bauen Ängste ab. Denn Verschwörungstheorien haben den unschlagbaren Vorteil, höchst komplexe und für manche verwirrende Begebenheiten auf ein sehr einfache und banale Weise zu erklären. Sie liefern eine klare Antwort. Eine vermeintliche Wahrheit. So war es also wirklich. Nun ergibt alles einen Sinn. Jetzt wissen wir, was die Welt im Innersten zusammenhält.

      Klaus Fuchs will sich absetzen von jenen, die, geplagt von diffusen Ängsten und Ungewissheiten, nun die abwegigsten Theorien verbreiten. Er sagt, er sei kein Spinner, keiner von denen, die einfach etwas behaupten, "was sie nachher nicht beweisen können". Seine Erkenntnisse, da ist er sich sicher, würden jeder "wissenschaftlichen Überprüfung" standhalten. Aber weil er weiß, dass seine Sicht der Dinge bislang nicht die Sicht der Mehrheit ist, bittet er um Anonymität, schließlich arbeite er in einer "sensiblen Branche". Klaus Fuchs hat im echten Leben eine Management-Consulting-Firma und ist Dozent an einer Universität in einer deutschen Großstadt. Er hat einen Doktor in Philosophie. Er wirkt seriös, wie er an diesem schwülen Nachmittag dasitzt, graues Hemd zu schwarzer Hose, gelbe Krawatte. Auf dem riesigen ovalen Konferenztisch in seinem Büro hat er Getränkeinseln drapiert, an der Wand hängt ein Matisse-Druck. Eine geordnete Welt, in der sich trotzdem irgendwann nach jenem 11. September die Gewissheit breit gemacht haben muss, dass nicht alles so ist, wie es scheint. Dass das Offensichtliche zu offensichtlich ist. Die Attentäter? Die sind nach Klaus Fuchs` Geschmack ja viel zu schnell identifiziert worden. "Wie beim Kennedy-Mord: Da brauchte man auch schnell einen Schuldigen." Der Anschlag? "Die Türme sind gesprengt worden. Das sieht man doch. So sauber, wie die in sich zusammengefallen sind." Und warum soll das nicht auch mit Flugzeugen gehen? Er lacht auf: "14 Tonnen Sprengstoff hätten sie gebraucht! Das schafft doch kein normales Flugzeug!" Nein, er weiß es besser. Er hat den unverstellten Blick auf die Geschehnisse. Den Fernsehaufnahmen der Anschläge, sagt er, habe er sich "bewusst" nicht ausgesetzt. "Diese Bilder haben hypnotische Wirkung". Und diese Bilder, da ist er sicher, lügen.

      Klaus Fuchs saß im Auto, als er von der Katastrophe erfuhr, und er sagt, sie hätte ihn nicht sonderlich erschüttert. "Nicht mehr als jeden anderen Menschen auch." Es hätten sich einfach Ungereimtheiten ergeben, im Gespräch mit Freunden, und denen sei er nachgegangen. Er neige nicht zur Panik, er sei ein rationaler Mensch. Klaus Fuchs sieht sich vordergründig auch eher als Ermittler, der sich "ähnlich wie Miss Marple oder Sherlock Holmes" erst mal den Tatort, also die Bilder vom Einsturz der World Trade Centers, anschaue, um dann zu endgültigen Schlüssen zu kommen. Wer nun das Flugzeug über Pennsylvania abgeschossen und das World Trade Center zum Einsturz gebracht habe, will er deswegen "zum gegenwärtigen Zeitpunkt" nicht sagen - "da müsste ich jetzt spekulieren und das will ich nicht". Er möchte lieber bei den Fakten bleiben. Also wirft er mit Hilfe seiner Power-Point-Präsentation Bilder, Zeichnungen, physikalische Berechnungen an die Wand und rattert dazu seine Erkenntnisse herunter: "Jeder seriöse Stahlbauingenieur wird ihnen zu den Türmen sagen: Die Kiste kann nicht brennen. Auch nicht durch explodierende Benzintanks." "Was die behaupten, ist ungefähr so, als würden die plötzlich sagen, Wasser koche bei 80 Grad. Da könnten Sie jedes Kochbuch wegschmeißen." "Sehen Sie die Einschlaglöcher? Viel zu klein für ein Flugzeug. Das muss etwas anderes sein." Auf einmal springt er auf, bei dem Einwand, die Flugzeuge seien doch nachweislich entführt und gesehen worden. Er zeigt mit dem Finger auf einen Ausschnitt einer Videoaufnahme, auf dem ein Flugzeug auf den Südturm zufliegt: "Sehen Sie die Streifen? Das sind Schnitte. Ganz einfach zu manipulieren. Kann jeder, der ein wenig über Videotechnik Bescheid weiß." Und die zahlreichen Augenzeugen? "Kennen Sie einen Augenzeugen? Ich meine persönlich? Nein?" Aber wo sind dann die entführten Maschinen hin? "Abgeschossen. Wie über Pennsylvania. Zu Pulver geworden und ins Meer gerieselt." Er macht ein zufriedenes Gesicht. Er hat auf alles eine Antwort. Das macht Verschwörungstheorien ja so attraktiv: Sie funktionieren immer. Sie folgen einer inneren Logik, die zwar nicht unbedingt bewiesen werden, die aber auch nicht widerlegt werden kann.

      Und sollten doch ernsthafte Zweifel aufkommen, kann man so reagieren wie Andreas von Bülow, unter Helmut Schmidt Minister für Forschung und Technik und Autor des Buches Im Namen des Staates über die Machenschaften der Geheimdienste. Der antwortete im Januar in einem Interview mit dem Tagesspiegel auf die Frage, ob er ein Verschwörungstheoretiker sei: "Ja ja. Das ist der Spott derer, die gerne der amtlich verlautbarten Linie folgen." Zuvor hatte er kundgetan, die Ereignisse des 11. Septembers passten genau "in das Konzept der Rüstungsindustrie, der Geheimdienste, des gesamten militärisch-industriellen-akademischen Komplexes". Von Bülow hatte sich damit eines Modells bedient, dem sich Verschwörungs- theoretiker gerne anschließen: Auf der einen Seite die Unwissenden, von Medien und offiziellen Statements verblendeten, auf der anderen sie selbst, die über ein Geheimwissen verfügen.

      Klaus Fuchs zumindest sagt, die Ermittlungen seien für ihn vorerst abgeschlossen. Die wichtigsten Fragen seien beantwortet, und außerdem habe er ja auch noch ein "normales Leben", da könne er sich nicht ständig den Ereignissen des 11. September widmen. Nun harrt er der Dinge. "Höchstens fünf Jahre", da ist sich Klaus Fuchs sicher, "wird die offizielle Geschichte noch halten. Die Fakten sprechen einfach dagegen." Dann wird er bekommen, wonach er sich so sehnt: Recht.

      An dieser Stelle gibts beim Original Links zu Internetseiten mit Verschwörungstheorien


      .........vorübergehend aus dem Verkehr gezogen?
      Avatar
      schrieb am 15.09.02 15:12:02
      Beitrag Nr. 373 ()
      Aus dem Verkehr gezogen wurde ich seinerzeit wegen Werbung für einen Autor namens Mathias Bröckers. Dieser wird in Deinem Artikel nicht erwähnt.

      Im Übrigen ist dieser Artikel hier einfach nur schlecht! Wie kann man unter der Überschrift "Was wirklich geschah" behaupten, es seien keine Flugzeug ins WTC geflogen??? Mit derartigem Geschreibsel macht man nur die Bemühungen derjenigen zunichte, denen an einer Aufklärung der offenen Fragen gelegen ist. Das will der Autor ganz offensichtlich auch - sonst würde er nicht an Schluß den guten (!) Andreas von Bülow derartig verreissen...
      Avatar
      schrieb am 15.09.02 16:57:14
      Beitrag Nr. 374 ()
      Test.
      Avatar
      schrieb am 15.09.02 22:51:47
      Beitrag Nr. 375 ()
      bestanden :)


      washington: pentagon dementiert abba-besuch bei saddam
      Pentagon-Berater Richard Perle hat Medienberichte dementiert, wonach die USA Informationen über ein Treffen zwischen der schwedischen Popgruppe Abba und dem irakischen Staatschef Saddam Hussein haben. Entsprechende Zitate von ihm seien "nicht korrekt" wiedergegeben worden, teilte Perle gestern mit. Er habe von einem Treffen des Terroristen Atta mit Saddam Hussein gesprochen. Zwar sei nach Ansicht des Pentagon Abba für einige Terrorakte in der Geschichte der modernen Musik verantwortlich, bislang jedoch deute nichts auf eine Verbindung der Popgruppe mit dem irakischen Diktator hin. In Bagdad erklärte ein Sprecher des irakischen Ministeriums für Volksentspannung daraufhin am Montag, dass Abba mit ihren schlichten Melodien Saddam Hussein manch schöne Feierabendstunde geschenkt hätten. Saddam werde deshalb auch diese Optionen zur Festigung seiner Macht wahrnehmen. Der Ministeriumssprecher prangerte zugleich "die US-amerikanische Propaganda gegen unsere schwedischen Freunde" an, wie es hieß.


      War nett, sich mit Dir zu unterhalten, @hawkhead.
      Avatar
      schrieb am 15.09.02 23:12:34
      Beitrag Nr. 376 ()
      :laugh:
      Avatar
      schrieb am 15.09.02 23:16:02
      Beitrag Nr. 377 ()
      @ gewinnix


      :laugh:

      bitte, bitte poste diesen wunderbaren text aus # 375 in meinem neuen Thread. der passt phantastisch!

      :laugh:



      P.S.: Sonst poste ich ihn mit zitat ;)

      Gruß

      ein :laugh:ender

      D.T.
      Avatar
      schrieb am 15.09.02 23:25:00
      Beitrag Nr. 378 ()
      zu spät.

      jetzt hab ich diese tolle satire gepostet (mit Quellenangabe)

      DAnke, so habe ich lange nicht mehr gelacht.... ;)
      Avatar
      schrieb am 16.09.02 00:06:29
      Beitrag Nr. 379 ()
      Osama und Bin Laden

      Von Gerhard Seyfried & Mathias Bröckers
      George Wilhelm Bush zugeeignet


      Dies sind Osama und Bin Laden,
      zwei Zwerge, hier auf krummen Pfaden
      und auf dieser schiefen Bahn
      marschierten sie von Jugend an.
      So kamen sie zu einer Sekte,
      die sich im Gebirg versteckte,
      im hintersten Afghanistan,
      die betete Mord und Totschlag an!

      Die Männer hatten Angst vor Frauen
      und wagten nicht, sie anzuschauen.
      Drum hüllten sie die Weibersleute
      in Felle, Säcke oder Häute.
      Sie spielten lieber mit Gewehren,
      mit Dolchen, Messern oder Speeren
      um damit Fremde umzubringen
      die nicht das Lob auf Allah singen.

      Ei, rief Osama, hier ists gut!
      Hier ist es heilig, hier fließt Blut!
      Da kann man noch zum Helden werden,
      wo geht das sonst noch, hier auf Erden!
      Ja, pflichtet ihm Bin Laden bei,
      wenns schießt und kracht macht mich das high!
      Doch vom Mullah kam ein Dämpfer:
      Ihr seid zu klein für Gotteskämpfer!

      Da zog Osama seine Zwille
      und schoß dem Mullah durch die Brille.
      Die Taliban war’n starr vor Staunen,
      dann aber hörte man sie raunen:
      Welch ein Schuß! Und durch die Brille!
      Das kann nur eins sein: Gottes Wille
      Als man die Tat dem Imam steckte
      nahm er sie auf in seine Sekte.

      Wie einst im Asssassinen-Orden
      lernen sie perfekt zu morden.
      Dafür heißt es hart trainieren!
      Schießen, stechen, massakrieren,
      nur unterbrochen vom Gebet,
      wenn man um Gottes Gnade fleht.
      Fünfmal am Tage schrillt der Wecker:
      Zeit für das Gebet nach Mekka!

      Bald tönt es durch den Hindukush:
      Die neuen Superhelden - Tusch!
      die sind Osama und Bin Laden
      im heil’gen Krieg von Gottes Gnaden!
      Klein von Wuchs, doch große Krieger,
      in jeder Art von Wettkampf Sieger!
      Bald dringt die Heldenkunde schon
      zu Onkel Sam nach Washington.

      Der Onkel hörts und denkt sich: Hey!
      Das wär was für die CIA!
      Die heil’gen Krieger aufzurüsten,
      zu bewaffnen und dann müßten
      wir sie nur auf die Russen hetzen,
      die Afghanistan besetzen!
      Auf allen Straßen, Wegen, Pisten
      wimmelts dort von Kommunisten!

      Gesagt, getan! Die beiden Krieger
      lernen bald schon, große Flieger
      mit High Tech aus der Luft zu holen!
      Nicht nur mit Messern und Pistolen,
      mit Profi-Technik stehn sie da
      geliefert von den USA
      die fördern so den Heil‘gen Krieg
      für den globalen Wirtschafts-Sieg.(1)

      Wenn ihr es schafft uns zu erlösen
      von Iwan und dem Reich des Bösen,
      werd ich euch das reich entlöhnen
      wie bei meinen eignen Söhnen!
      Sprach Onkel Sam und schickt sie los.
      Die Kleinen fühl`n sich mächtig groß!
      In jahrelanger wilder Schlacht
      ward der Iwan platt gemacht.

      Stolz schwoll den Beiden da die Brust!
      Doch umso schlimmer war der Frust,
      denn statt dem versprochnen Lohn
      von Onkel Sam im Pentagon,
      warf dieser beide einfach raus
      und lachte sie dazu noch aus:
      Fuck off, you dirty Muslim-Zwerge!
      Verpißt euch! Ab in eure Berge!

      Die Beiden werden bleich vor Wut:
      Was sie da hören, klingt nicht gut!
      Sie stampfen wütend mit den Füßen:
      Weh, Onkel Sam! Das wirst du büßen!
      Kein Christenhund spricht ohne Schaden,
      so mit Osama und Bin Laden!
      So schworen sie in dieser Sache
      dem guten Onkel böse Rache.

      Sie heckten aus, au wei, oh weh,
      den Anschlag auf das WTC!
      Und die Moral von diesem Drama
      um Bin Laden und Osama:
      Wer Terror nutzt zu eignem Zwecke
      bringt letztlich sich auch selbst zur Strecke.





      (1) Die erste Welt-Djihad-Konferenz fand in New York statt, in 30 US-Büros wurden Kämpfer für den heiligen Krieg akquiriert (Quelle: Der Spiegel/15.9.01), 6 Mrd. US- $ wurden in die Aufrüstung der Mujahedin investiert (Quelle: CNN)


      Copyright: Seyfried & Bröckers, Berlin Zeichnung: G.Seyfried
      Avatar
      schrieb am 16.09.02 17:22:11
      Beitrag Nr. 380 ()
      Das ist aber ein derbes Gedicht.


      Noch einer aus der Musiktruhe: :D

      Während zur Zeit weltweit zum Krieg geblasen wird, findet ein bedeutender deutscher Krieg immer noch zu wenig Beachtung: der schreckliche, grausame und menschenverachtende "Trompeterkrieg" (dpa) zwischen der Feld-, Wald- und Wiesentröte Stefan Mross und dem Trompeterrechtler Malempre, der dem Volksmusiker vorwirft, Ohrenvernichtungsmittel einzusetzen. Werden sich die beiden Pfeifen demnächst gegenseitig wegblasen? Wann greift die UNO ein? Die Welt zittert.



      Hilflos gegenüber Bushs Ultimatum
      Die arabische Welt ist zu schwach, als dass sie ihre Zukunft selbst bestimmen könnte

      Von Heiko Flottau

      Wie versteinert schauen die Regenten in Riad und Kairo, Damaskus und Amman auf die Kriegspläne, die ihr langjähriger Beschützer in Washington schmiedet. Die Lizenz zum Angriff auf den Irak, die Präsident George Bush fordert, wird von der Arabischen Liga artig mit den Worten kommentiert, die Einbeziehung des Weltsicherheitsrates sei begrüßenswert. Und unterwürfig fast „gratulierte“ (so schrieb eine Kairoer Zeitung) Hosni Mubarak George Bush zum Engagement, das dieser für die Gründung eines palästinensischen Staates an den Tag lege.

      Wie viele andere Länder stehen auch die arabischen Staaten dem amerikanischen Ultimatum hilflos gegenüber. Aber die arabische Welt hätte allen Grund gehabt, sich des Problems Saddam Hussein anzunehmen. Denn ebenso wie die Terroristen der Hamas verzerrt die Figur des irakischen Herrschers das Bild, das die Araber und der Islam abgeben.

      Aber Arabien hat sein ureigenes Problem nicht gelöst. Einige Gründe dafür sind verständlich. Wer dem notleidenden irakischen Volk durch Spenden oder durch Abschluss von Handelsverträgen helfen will, kommt um Kontakte mit dem Regime in Bagdad nicht herum. Andere Begründungen für die politische Abstinenz sind problematischer. Der ewige Hinweis auf die Tatsache, dass auch Israel Massenvernichtungswaffen besitze, ist zwar richtig, lenkt aber vom Problem ab.

      Ariel Scharon, der von vielen Arabern als Kriegsverbrecher charakterisiert wird, kann, immerhin, morgen abgewählt werden. Saddam Hussein dagegen ist schon 23Jahre an der Macht.

      Der Hauptgrund, warum man Saddam Hussein gewähren ließ, ist anderswo zu suchen: Zwar kann man keinem Herrscher Arabiens nachsagen, er regiere so wie Saddam Hussein. Doch wer selbst nur mit dünner demokratischer Legitimation amtiert, kann gegenüber dem Kollegen jenseits der Grenze nicht mit dem Argument kommen, dieser sei ein Diktator und müsse abtreten.

      Auch entwicklungspolitisch haben arabische Staaten immer noch wenig zu bieten. Eine Studie der UN-Entwicklungsorganisation UNDP ergab, dass Arabien in seinem Bildungsstandard teilweise auf das Niveau Schwarzafrikas abgesunken ist. In Ägypten, dem an kulturellen Traditionen wohl reichsten arabischen Land, herrscht intellektuelle Stagnation. In Syrien lässt die alte Garde Oppositionelle ins Gefängnis werfen. Nur in den Golfstaaten gibt es politische Bewegung: Immer mehr Menschen fordern dort demokratisch legitimierte Regierungen. Wer aber, insgesamt gesehen, so wenig vorzuweisen hat, darf sich nicht wundern, wenn er weltpolitisch immer mehr aufs Abstellgleis geschoben wird. Amerika macht immer deutlicher Front gegen arabische Führer, die ihm nicht mehr genehm sind: Saddam Hussein ist der erste, Jassir Arafat der zweite, und vielleicht ist der Syrer Baschar al-Assad der nächste. Auch das saudische Königshaus könnte bei seinem langjährigen amerikanischen Schutzherrn in Ungnade fallen. Möglicherweise aber kaufen sich die Saudis, wie es ihre Art ist, wieder einmal frei. Die libanesische Zeitung As-Safir jedenfalls behauptet, die Saudis hätten mit den USA vereinbart, die Hälfte der Kosten eines Irak-Krieges zu tragen.

      Viele arabische Politiker kritisieren lautstark Amerikas Alleingänge in der Weltpolitik. Doch wegen ihrer inneren Schwäche können sie ihre Argumente nicht mit einer selbstbewussten Politik untermauern. 1991 waren sie weder in der Lage, Saddam Hussein von einem Angriff auf Kuwait abzuhalten, noch ihn aus Kuwait zu vertreiben. Konsequenzen sind daraus bis heute nicht gezogen worden. Länder wie Kuwait, Katar, Bahrain und womöglich auch Jordanien müssen sich als amerikanisches Aufmarschgebiet zur Verfügung stellen. Wer, wie die arabische Welt, sein Schicksal selbst bestimmen will, muss stark sein. Der Weg dorthin ist immer noch lang und steinig. Und deshalb kann ein Präsident wie George Bush den Nahen Osten nach Belieben gängeln.



      Washington (dpa/Reuters) – Saudi-Arabien hat seinen Widerstand gegen einen Militärschlag gegen den Irak aufgegeben. Das ließ Außenminister Prinz Saud Al Feisal in einem Interview mit dem US-Fernsehsender CNN durchblicken. Auf die Frage, ob Saudi-Arabien den USA die Nutzung des Prinz-Bin-Sultan-Stützpunktes südöstlich von Riad erlauben würde, sagte Prinz Saud: „Wenn alle Länder im Nahen Osten zustimmen, und überall anderswo, wenn es eine Entscheidung des UN-Sicherheitsrates gibt, sind alle verpflichtet, mitzumachen“. Saudi-Arabien hatte sich bisher strikt gegen einen Militärschlag ausgesprochen.

      US-Präsident George W. Bush hat unterdessen erneut betont, dass die USA notfalls auch ohne internationale Unterstützung gegen den Irak vorgehen würden. Die UN verdienten eine Chance, ihre Bedeutung unter Beweis zu stellen und Rückgrat zu zeigen, sagte Bush. Er fügte jedoch hinzu: „Täuschen Sie sich nicht: Wenn wir (die USA) uns des Problems annehmen müssen, dann werden wir das tun.“ Italiens Ministerpräsident Silvio.......
      u.s.w. blablabla
      Avatar
      schrieb am 16.09.02 22:30:51
      Beitrag Nr. 381 ()
      WASHINGTON, 15. September (afp). US-Präsident George W. Bush hat den nach den Anschlägen vom 11. September verhängten Alarmzustand in den USA um ein weiteres Jahr verlängert. Die Maßnahme gebe den Ministern für Verteidigung und Verkehr erhöhte Vollmachten, sagte Ari Fleischer, der Sprecher des Weißen Hauses, in Washington. Dies betreffe vor allem die Ermächtigung, Reservisten von Armee und Küstenwache einzuberufen.

      http://home.earthlink.net/~ynot/bushcart.gif
      Avatar
      schrieb am 18.09.02 00:25:04
      Beitrag Nr. 382 ()
      henry kissinger und seine machenschaften - eben im orb
      Avatar
      schrieb am 18.09.02 00:32:14
      Beitrag Nr. 383 ()
      die cia putscht u.a. auf bitten der katholischen kirche :laugh::laugh::laugh:
      Avatar
      schrieb am 18.09.02 00:36:53
      Beitrag Nr. 384 ()
      ich kann nur immer wieder für alle interessierten auf zusammenhänge hinweisen, die jeder kennen müsste:

      http://home.t-online.de/home/Jens_Kroeger/vatican.html
      Avatar
      schrieb am 18.09.02 00:44:48
      Beitrag Nr. 385 ()
      eine neue operation der befriedung... ein massaker von oben. wir sind seit jahren im neusprech angelangt.
      Avatar
      schrieb am 18.09.02 01:06:52
      Beitrag Nr. 386 ()
      könnte einer einen link zu dieser sendung, die um o.16 uhr orb begann, hier reinstellen? es ging um henry kissinger und seine aussenpolitischen zynismen, die ihm schliesslich den friedensnobelpeis eingebracht haben :mad:
      Avatar
      schrieb am 18.09.02 01:09:49
      Beitrag Nr. 387 ()
      antigone,

      einen Link zu einer Sendung habe ich auch nicht gefunden. Allerdings einen Hinweis zu dieser Serie.

      http://www.orb.de/fernsehen/teaser.jsp?key=T_Machtmenschen
      Avatar
      schrieb am 18.09.02 07:27:32
      Beitrag Nr. 388 ()
      Ich möchte jetzt kurz etwas "in eigener Sache"
      mitteilen.

      Einigen habe ich das Folgende bereits per Board-Mail zukommen lassen, aber den unbekannten passiven Usern, die meine Threads mitlasen, möchte ich das auch mitteilen:


      Bitte nicht wundern.....

      .....wenn ich demnächst relativ wenig - vielleicht auch immer weniger, möglicherweise auch garnicht mehr hier im Board poste.

      Ich habe hier eine Reihe netter und intelligenter Leute kennengelernt, das habe ich sehr genossen, aber es passierte auch genau das Gegenteil.

      Ich werde nicht eine totale Auszeit, aber zumindest eine sehr deutliche Reduktion der Boardaktivitäten vornehmen.

      Anlaß waren einige heftige persönliche Beleidigungen meiner Person und eine schwachsinnige Sperrung, Ärger über einige MODs -
      Ursache ist aber eher die Tatsache, daß ich der Meinung bin, zuviel Zeit hier zu verschwenden.

      Ich bin - wie immer mehr User - zunehmend vom Board enttäuscht.

      Da ich keine Inszenierung möchte, habe ich nicht wie andere einen "Abschieds-Thread" aufgemacht, sondern möchte mich einfach nur bei einigen netten Usern, die meine Threads anklicken, verabschieden.

      es kann ja sein, daß ich wieder Lust am posten bekomme, aber im Moment ist mir nicht mehr danach.

      Gruß

      D.T.


      P.S.: Es wäre ein gewisser minimaler Anstand, wenn der eine User jetzt KEINEN Kommentar abgibt, da ich ihn auch nicht erwähnt habe.

      ich bitte sogar sehr darum.
      Avatar
      schrieb am 18.09.02 07:30:28
      Beitrag Nr. 389 ()
      Tiefer Denker

      Unser Dank wird Dir ewig nachschleichen :D
      Avatar
      schrieb am 18.09.02 08:07:13
      Beitrag Nr. 390 ()
      Avatar
      schrieb am 18.09.02 09:11:11
      Beitrag Nr. 391 ()
      Gehts wieder besser? @Aragorn987 schrieb das mit der Überqualifikation. Da hatte ich mich verflogen.


      Saddams Bluff?
      Der amerikanische Ex-Waffeninspektor Scott Ritter vertritt unter Experten eine Außenseitermeinung: Der Irak habe so gut wie keine ABC-Waffen


      Der frühere UN-Inspektor und Marineoffizier Scott Ritter war gerade in Bagdad und hat Saddams Regime beschworen, die Inspekteure wieder ins Land zu lassen, um einen Krieg zu vermeiden. Mit Ritter sprach David Wallis.


      DIE WELT: Vizepräsident Dick Cheney hat gesagt, "die Risiken, untätig zu bleiben, sind weit größer als die Risiken, aktiv zu werden". Ist das wahr?

      Scott Ritter: Ich bin in Sachen Irak keine Friedenstaube, eher ein Falke. Aber ich kenne den Irak besser als so ziemlich jeder andere in den USA. Die Politik der Regimebeseitigung wird einfach nicht funktionieren. Man sagt uns, dass der Irak eine Gefährdung der nationalen Sicherheit der USA darstellt. Dass diese Gefahr von irakischen Massenvernichtungswaffen ausgeht. Dass Saddam ein Förderer des Terrors ist - darum sollten wir nicht herumsitzen und warten, bis er uns angreift.
      Das klingt logisch. Ich würde das hundertprozentig unterstützen, wenn irgendetwas davon wahr ist. Die Waffeninspekteure haben 90 bis 95 Prozent des irakischen Massenvernichtungspotenzials vernichtet. Es gibt fünf bis zehn Prozent, von denen wir einfach nicht wissen, wie sie beschaffen sind. Die Hinweise für Bemühungen des Irak zur Wiederbeschaffung sind ohne weiteres auszumachen, nicht nur vom US-Geheimdienst, auch von Israel, Frankreich, Deutschland, Großbritannien. Aber keine Nation hat glaubwürdige Beweise dafür erbracht, dass der Irak seine Waffen wiedererlangt hätte.

      DIE WELT: Aber versucht Saddam nicht alles, um an Massenvernichtungswaffen zu kommen?

      Ritter: Er ist ein Überlebenskünstler. Daher weiß er, dass Massenvernichtungswaffen selbstmörderisch sind. Saddam ist kein Psychopath, er ist ein kalter, berechnender Stammesführer. Es ist aber so, dass die sunnitischen Stämme keine homogene Einheit sind. Erinnern Sie sich an die Szene aus "Der Pate", als Don Corleone mit all den Familien am Tisch sitzt? Man denkt: "Was für eine schöne italienische Familie, sie lieben einander." Aber sie bekämpften sich, töteten, erdolchten, hassten sich, bis eine Familie als dominante daraus hervorging. Saddams Stamm ist als der dominante hervorgegangen, er regiert aus dieser Stellung heraus. Er verhält sich auf eine Art, die wir im Westen vielleicht psychopathisch finden, aber im Irak verhält er sich als siegreicher Stammesführer.

      DIE WELT: Gibt es eine Waffe, die der Irak hatte oder vielleicht hat, die Ihnen den Schlaf raubt?

      Ritter: Das Gefährlichste, was der Irak je hätte haben können, war eine Atomwaffe. Die Atomwaffe, die der Irak zu bauen versuchte, konnte nicht mit Bomben oder Raketen transportiert werden. Es war ein großer, unförmiger Apparat, den sie verstecken wollten, um ihn dann explodieren zu lassen und der Welt zu erzählen, dass sie eine Atomwaffe haben. Das haben sie nie erreicht. Was biologische Waffen betrifft, so hat der Irak nie die Mittel beherrscht, um Milzbranderreger sprühfähig zu machen. Es in trockenes Pulver zu verwandeln. Was sie produzierten, war Rohmaterial. Bei chemischen Waffen haben sie nicht die Fähigkeit, präzise Nebelsprays zu produzieren, um ein tödliches Gift über einem größeren Gebiet zu verteilen. Ob ich gut schlafe? Da können Sie drauf wetten.

      DIE WELT: Warum scheint es dann so, als ob die USA diesen Krieg weiter vorantreiben?

      Ritter: Bei diesem Krieg geht es um politische Ideologie. Die Neokonservativen - Donald Rumsfeld, Paul Wolfowitz und andere - haben eine Politik des Unilateralismus angenommen, indem sie die amerikanische Stärke nutzen, um die Weltherrschaft zu erreichen. Sie haben so oft gesagt: "Wir müssen Saddam beseitigen", dass ihnen keine andere Möglichkeit bleibt, als Saddam zu beseitigen.

      DIE WELT: Angenommen, es gibt einen militärischen Sieg der USA, welche Schritte muss Amerika dann unternehmen, um den Irak danach zusammenzuhalten?

      Ritter: Wenn Saddam seine Städte mit seiner Republikanischen Garde sichert, besonders im sunnitischen Kernland, wird der Kampf dem in Grosny gleichen. Die Russen hatten keine andere Wahl, als die Stadt dem Erdboden gleichzumachen. Das ist die Art von Kampf, von der wir hier reden. Und wenn Saudi-Arabien uns nicht unterstützt, reden wir von einer Invasion über einen einzigen Korridor: Kuwait.

      DIE WELT: Und wie ist es mit dem Zugang über die Türkei?

      Ritter: Es ist geographisch unmöglich, Bagdad vom Norden aus zu erreichen. Man muss 250.000 Soldaten entsenden. Der amerikanischen Bevölkerung muss man einen massiven Krieg verkaufen. Die Bush-Administration verkauft keinen massiven Krieg, sie verkaufen den Krieg als Fertiggericht. In fünf Minuten steht das Essen auf dem Tisch. Nichts an diesem Krieg ist wie ein Fertiggericht. Wir könnten gewinnen, aber wir werden Zehntausende Iraker töten.

      DIE WELT: Werden die Iraker auf Bagdads Straßen tanzen, wenn die USA Saddam stürzen?

      Ritter: Nein, seit dem Golfkrieg ist er beliebter als jemals zuvor. Saddam hat die Sanktionen gegen den Irak auf zynische Art und Weise zum eigenen politischen Vorteil genutzt, indem er die Schuld von sich weg und auf die USA geschoben hat. Die Iraker, die ungeheuerliches Leid erfahren haben, mögen Saddam Hussein nicht, doch sie unterstützen ihn und sein Regime, denn uns mögen sie noch weniger.
      Avatar
      schrieb am 18.09.02 10:36:27
      Beitrag Nr. 392 ()
      Komm, überlegs Dir noch mal. Etwas Medizin gefällig?


      Cäsar W.
      Aus der Provinz Germania


      Heiner Geißler ist so einer, dem man immer anmerkt, welche Bücher er gerade gelesen hat. Meist ist es etwas über griechische Philosophen, und dann zitiert er Weisheiten von Diogenes. Vielleicht hat auch dieser Fraktionsvorsitzende, den man im Gegensatz zu Geißler vorstellen muss, Ludwig Stiegler, ein Buch gelesen. Vielleicht Asterix. Wie sonst hätte er diesen Satz über George W. Bush sagen können, der benehme sich, "als sei er der Princeps Caesar Augustus und Deutschland die Provinz Germania". Der Kanzler rügt ihn, und die FAZ findet einen Historiker, der an dem Satz eine "ungenaue Vorstellung vom augusteischen Prinzipat" kritisiert. Der Wissenschaftler braucht viel Platz, um seine feinsinnigen Unterscheidungen auszubreiten. Deshalb hat es wohl nicht mehr zu einem Lob gereicht. Zum Lob für George W. Bush, der Amerikas Staatsfeind Nummer eins mit dem Satan verglich. Da gibt es nichts zu kritisieren. Alles passt. Osama bin Laden ist ein gefallener Engel, und deshalb müssen die USA, denen er früher ja mal nützlich war, der Himmel sein, und ihr Präsident Gott. Oder Gottkaiser. Und Washington ist Rom. Quod erat demonstrandum! Stiegler hat Recht.
      MARKUS BRAUCK
      Avatar
      schrieb am 18.09.02 17:50:35
      Beitrag Nr. 393 ()
      Noch`n Bush


      Dass George W. Bush Abneigungen gegen Saddam Hussein hat, ist bekannt. Sein Vater, der frühere US-Präsident George Bush, fand für den irakischen Diktator jetzt aber noch martialischere Worte als sein Sohn.

      Washington - "Ich hasse Saddam Hussein", sagte Bush senior in einem Interview mit dem amerikanischen TV-Sender CNN. "Ich hasse nicht viele Leute. Ich hasse nicht leicht, aber ich denke, er ist einer von ihnen", erklärte der frühere US-Staatschef weiter. Saddam Hussein sei "brutal. Er setzt Giftgas gegen sein eigenes Volk ein. Er ist nicht zu retten."
      Bush senior führte 1991 den Golfkrieg gegen Saddam Hussein. Aber er bereue es nicht, dass die Truppen nicht versucht hätten, den irakischen Diktator in Bagdad zu stellen. Denn diese Mission wäre erfolglos gewesen. Die eigentliche Aufgabe, Kuwait zu befreien, sei erfüllt worden.
      Nach wie vor habe er für Saddam Hussein "nichts als Hass in seinem Herzen." Saddam Hussein habe eine Menge Probleme, aber "Unsterblichkeit" gehöre nicht dazu, fügte der frühere US-Präsident sarkastisch hinzu.
      Was jetzt mit Saddam Hussein geschehen müsse, will Bush senior ganz seinem Sohn überlassen: "Das ist nicht mein Problem, sondern das des amerikanischen Präsidenten."



      "Wenn es passiert, sagen wir willkommen"
      Mit Galgenhumor, Geduld, aber auch mit wachsender Angst erwarten die Iraker einen Angriff der USA

      Von Birgit Kaspar

      Monoton surren die primitiven Ventilatoren an den Decken in dem Teehaus in Downtown Bagdad. Sie schaffen ein wenig Erleichterung bei immer noch 45 Grad Celsius im Schatten. Ältere Männer in weißen, langen Gewändern, den Dish-Dashes, sitzen an hölzernen Tischen und spielen Backgammon. Einige beschränken sich auf die Zuschauerrolle und schmauchen ihre Wasserpfeife in diesem von Neonlicht erleuchteten Raum mit kahlen Wänden. Die meisten sehen müde aus. Sie warten darauf, dass die Zeit vergeht.

      Einer blickt auf. Er hoffe, dass es keinen Angriff gebe, sagt er. "Aber selbst wenn, es wird schon nichts passieren. Die irakische Führung unter Saddam Hussein ist stark und weise. Möge Gott ihn schützen." Nein, Angst habe er keine. Seinetwegen sollten die UN-Waffeninspekteure zurückkehren, das sei wahrscheinlich die Lösung des Problems, so der Mitsechziger, dessen dunkelbraunes, schmales Gesicht von tiefen Falten durchzogen ist. Seinen Namen möchte er lieber nicht nennen. Der Mann neben ihm betont, die ganze Propaganda um einen Militärschlag interessiere ihn nicht. Trotzdem lege er zu Hause in bescheidenem Maße Vorräte an. "Dies ist ein Notfall", erläutert er. "Aber wir sind vorbereitet. Es gibt genügend Nahrungsmittel, Benzin, alles. Wir sind keine schwache Nation. Es wird eine Attacke geben, dafür sorgen die Amerikaner. Und wenn es eben passiert, dann sagen wir ‚willkommen`."

      Ohne Mikrofon, im privaten Gespräch und ohne den obligatorischen Begleiter des Informationsministeriums hört man auch andere Stimmen. Ein Iraker sagt, die Stimmung sei wie vor dem Golfkrieg. Ein anderer beschreibt das Lebensgefühl als eine endlose Warteschleife: erst das Warten auf das Ende der Sanktionen, jetzt wieder warten auf den nächsten US-Angriff.

      Professor Wamid Nathmi, Politologe an der Universität Bagdad, ist der Meinung, dass die Iraker, ob sie es nun aussprechen oder nicht, Angst haben. "Man könnte sogar sagen, manche haben Panik. Vor allem wegen des pausenlosen Geredes über den Einsatz von Atombomben seitens der Israelis und von nichtkonventionellen Waffen seitens der Amerikaner." Andererseits dürfe man nicht vergessen, dass die Iraker seit 1980 fast ununterbrochen im Krieg lebten, sie seien in gewisser Weise daran gewöhnt und setzten deshalb ihr normales Leben fort.

      Auf dem populären Shorja-Markt herrscht reges Treiben. Junge Männer ziehen ihre Holzkarren, beladen mit Tomaten, Gurken, Mehl, Gewürzen oder Konservendosen, durch die engen Gassen. Trotz des Totalembargos der UNO gegen den Irak kann man hier alles erwerben, was das Herz begehrt. Vorausgesetzt, man kann es sich leisten. Der Schmuggel mit den Nachbarstaaten macht`s möglich. Das Geschäft sei im Prinzip immer besser geworden, räumt Haidar, ein Parfumhändler, ein. Aber diesen Monat sei es schwierig. "Die Menschen haben Angst vor einem Militärschlag. Sie wissen nicht, was am Ende dabei herauskommt. Deshalb haben sie weniger gekauft." Auch der Import sei komplizierter, denn die Zwischenhändler sorgten sich, dass sie im Kriegsfalle die Schulden nicht mehr eintreiben könnten.

      Das Leben für die Bürger Bagdads ist in den letzten beiden Jahren durch die Ausweitung der Schmuggelwirtschaft etwas einfacher geworden. Auf den Straßen der Hauptstadt, die zuvor rollenden Autofriedhöfen glichen, sind jetzt zahlreiche Neuwagen zu sehen. Abends drängeln sich die Menschen in den beliebten Eisdielen, und am Wochenende macht sich so manche Familie mit den Kindern auf in einen der Vergnügungsparks. Doch Carel de Rooy, Chef des Kinderhilfswerkes Unicef in Bagdad, warnt davor, daraus falsche Schlüsse zu ziehen. "Es gibt umfangreiche Bauvorhaben in der Stadt, die Gehälter der Bauarbeiter sind gestiegen, etwas von dem Geld muss nach unten durchgesickert sein. Aber es ist ganz klar, dass dies in keiner Weise den Verhältnissen in den achtziger Jahren nahe kommt."

      Damals gab es eine breite Mittelschicht im Land, das Gesundheitswesen und das Ausbildungssystem galten als vorbildlich in der arabischen Welt, denn immerhin ist der Irak mit den zweitgrößten weltweit nachgewiesenen Erdölreserven eigentlich ein reiches Land. Doch während des Golfkriegs wurde ein großer Teil der Infrastruktur zerstört, und das von der UNO verhängte Totalembargo zwang die Wirtschaft sowie die irakische Zivilbevölkerung endgültig in die Knie.

      Das 1996 mit der UNO vereinbarte "Öl für Lebensmittel"-Abkommen, das dem Irak erlaubt, sein Erdöl zu exportieren, um für den Erlös unter den strengen Kontrollen der Vereinten Nationen humanitäre Güter ins Land zu bringen, brachte den Menschen ein wenig Erleichterung. Es sicherte zumindest die von der Regierung monatlich verteilten Nahrungsmittelrationen.

      Dem Regime in Bagdad geht es allerdings derzeit, nach den Drohungen von US-Präsident Bush, in erster Linie ums eigene Überleben. Zwar gibt es auch im Irak genügend Stimmen, die sich eine andere Regierungsform, mehr Freiheiten und mehr Demokratie wünschten - politische Beobachter sprechen von rund 60 Prozent der 24 Millionen Iraker. Dennoch - einen Einmarsch der Amerikaner sehnten die meisten nicht herbei, so der Politologe Wamid Nathmi: "Ich denke, jeder Iraker, sogar die, die gegen den Präsidenten und gegen das Regime sind, jeder weiß, dass das bevorstehende amerikanische Abenteuer nichts mit Menschenrechten und Demokratie zu tun hat. Denn das kann nicht durch einen Krieg oder durch zwölf Jahre Sanktionen, unter denen die Zivilisten leiden, erreicht werden."

      Birgit Kaspar ist Nahost-Korrespondentin des ARD-Hörfunks.
      Avatar
      schrieb am 18.09.02 22:30:19
      Beitrag Nr. 394 ()
      Der saudi-arabische Regent, Kronprinz Abdullah, arbeitet an einer einheitlichen Politik der arabischen und islamischen Staaten. Die irakische Zustimmung zu neuen UN-Waffeninspektionen geht auch auf seinen Einsatz zurück.

      Abdullah ist der älteste von 37 Söhnen des Königs Fahd Ibn Abdul Aziz al-Saud. Seit sieben Jahren führt er die Regierungsgeschäfte, nachdem König Fahd einen Schlaganfall erlitten hatte und nicht mehr amtsfähig ist. Er ist, der Tradition gemäß, der Thronfolger. Damit beginnen seine Probleme.
      Der Kronprinz ist wohl 1923 geboren - genaue Daten gibt es nicht -, kann aber mit fast achtzig Jahren trotz asketischer Lebensführung nicht mehr mit einer langen Amtszeit rechnen. Zudem hat er sich einiger Rivalen zu erwehren. Sein 76 Jahre alter Halbbruder Sultan, Verteidigungsminister und designierter zweiter Thronanwärter, und dessen sieben Brüder berufen sich auf die Abstammung von der "richtigen" Mutter. Das Nachfolgerecht machen sie, die Sudeiris, dem Kronprinzen nicht streitig, die dem Königshaus nahe stehenden islamischen Führer (Ulema) werden kaum opponieren, aber die Sudeiris bestehen auf der Bestätigung Sultans als nächstem Kronprinz. Damit würden einige Halbbrüder beider Prinzen übergangen.
      Die Sudeiris berufen sich auf die lange währende Zusammenarbeit mit den USA, während in früheren Zeiten Abdullah als Freund Großbritanniens galt. In der Weltpolitik spielt die britisch-amerikanische Konkurrenz keine Rolle mehr. In Saudi-Arabien aber hat sie Spuren hinterlassen.
      Abdullahs Machtposition beruht zum einen auf seinem Ansehen als ungewöhnlich unbestechlicher Angehöriger der Familien-Elite. Er ist unter noblen Beduinen erzogen worden, hat deren Lebensweise und ethische Grundsätze verinnerlicht und tritt so bescheiden auf, dass ihm der Rolls-Royce (Zulassungsnummer: 001) verziehen wird. Zudem gebietet er über die 35 000 Mann starke Palastgarde. Sie gilt als zuverlässiger als die Armee und die fast zehnmal stärkeren Sicherheitskräfte, die von Prinz Najef, einem der Sudeiri-Brüder, befehligt werden.
      Der Kronprinz hat mit seinem Nahost-Friedensplan Anfang des Jahres zweifellos an Statur gewonnen. Der Plan, der den Rückzug Israels auf die Grenzen von 1967 vorsieht, wurde im März vom Arabischen Gipfel abgesegnet. Israel und den USA gefiel er durchaus nicht, und George Bush ließ sich im Mai im texanischen Crawford auch nicht für ihn begeistern. "Der Präsident hört höflich zu und debattiert höflich, aber er ist nicht gut über die wirkliche Lage in der Region informiert", befand Abdullah hinterher. "Vor allem die Bedingungen, unter denen das palästinensische Volk leidet, kennt er nicht." Später schob er noch das Kompliment nach, Bush verfüge über "noble Qualitäten". Eine wunderbare Freundschaft zwischen dem arabischen Nationalisten und dem Chef der USA hat sich aber wohl nicht entsponnen. gro



      Die USA schenkten der Türkei wegen ihrer Unterstützung im Kampf gegen den Terrorismus 200 Millionen Dollar. Mit dem Geld sollen laut Wirtschaftsministerium Schulden getilgt werden. Die Türkei führt das Kommando der internationalen Schutztruppe in Afghanistan. (dpa)
      Avatar
      schrieb am 18.09.02 22:33:42
      Beitrag Nr. 395 ()
      ist gewinnix = deep thought


      ??
      Avatar
      schrieb am 18.09.02 22:45:14
      Beitrag Nr. 396 ()
      gewi3nix :p
      Avatar
      schrieb am 19.09.02 08:16:18
      Beitrag Nr. 397 ()
      Aus Erfahrung gerüstet
      Wie Israel sich auf einen zweiten Golfkrieg vorbereitet

      Von Rolf Paasch (Jerusalem)

      Israel gibt sich wohl gerüstet. "Wir sind gut vorbereitet, sowohl in Bezug auf eine defensive wie auf eine offensive Reaktion, wenn sie denn nötig wird", fasste Generalstabschef Moshe Yaalon am Wochenende den Stand der israelischen Militärplanung für den Falle eines erneuten Golfkrieges zusammen. Während das Verteidigungsministerium Sonderschichten bei der Produktion von Gasmasken anordnet und die Zeitungen des Landes mit Enthüllungen über die Anlage von Not-Friedhöfen Auflage machen, hält sich die Regierung unter Premier Ariel Scharon mit Aussagen zu einem Militärschlag gegen Saddam Hussein merklich zurück.

      Wie während des ersten Golfkrieges, als 39 irakische Scud-Raketen in Israel niedergingen, ist sich die israelische Regierung auch diesmal der Gefahr bewusst, mit allzu forschen Äußerungen und Aktionen die Koalitionsbildung und Kriegführung der USA zu beschädigen. Im Januar 1991 hatten die Scud-Raketen im Raum Tel Aviv 240 Israelis verwundet und eine Person getötet. Doch Premier Yitzhak Schamir ließ sich nicht zu einer Vergeltungsaktion provozieren. Die Allianz der USA mit den arabischen Nationen war ihm wichtiger. Bisher hat der jetzige Premier Ariel Scharon nicht angedeutet, dass er in einem möglichen Golfkrieg II anders reagieren wird. Auch wenn der Einsatz biologischer und chemischer Waffen durch Bagdad diesmal wahrscheinlicher ist als vor einem Jahrzehnt. Die Zeitung Haaretz zitierte am Wochenende sogar westliche Geheimdienstler mit ihren Befürchtungen, Saddam Hussein könnte seine letzten Tupolev-Kampfbomber für Selbstmord-Attacken gegen Israel mit "schmutzigen radioaktiven" Bomben ausrüsten.

      Trotz solcher Horror-Szenarien scheint sich die Regierung Scharon ganz auf die USA zu verlassen und unterstützt deren Kurs gegenüber den UN in jeder Hinsicht. Auf Saddam Husseins neuestes Angebot, Waffensinspekteure ins Land zu lassen, reagierte Außenminister Schimon Peres genauso skeptisch wie die Regierung Bush. Solche Inspektoren seien nur im Umgang mit "ehrlichen Leuten" von Nutzen, erklärte Peres in New York.

      Allein eine längere Vorwarnzeit im Falle eines Angriffs haben sich die Israelis von der Regierung Bush erbeten, die US- Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice auch umgehend versprach. Die jüngsten Luftangriffe US-amerikanischer und britischer Kampfbomber auf Raketenstellungen und Kommandozentralen im Westen Iraks, so ließ Washington verlauten, seien bereits Vorbereitungen zum Schutze Israels gegen mögliche Scud-Attacken. Hinter dem demonstrativen Schulterschluss mit den USA aber hat in Israel längst eine Debatte über den möglichen Preis eines Verzichts auf Vergeltung begonnen. Als kleines Land in der Nachbarschaft undemokratischer, arabischer Staaten gehört präventive Selbstverteidigung zum festen Repertoire israelischer Politik. Die vorsorgliche Zerstörung eines irakischen Atomreaktors im Jahre 1981, aber auch der erfolgreiche Sechs-Tage-Krieg gelten als Beweis für die Notwendigkeit frühzeitigen militärischen Handelns. Dass sich jetzt auch der große Partner USA mit der Bush-Doktrin der Idee präventiver Militärschläge verschrieben hat, registriert man in Israel mit großer Genugtuung.

      Vor allem die Falken unter den Likud-Politikern befürchten aber, dass die Abschreckungskraft Israels leide, wenn man das eigene Drohpotenzial nicht mehr einsetzt. Am Wochenende enthüllte Schamirs damaliger Verteidigungsminister Moshe Arens, dass Israel im ersten Golfkrieg nach drei Wochen eine Militäraktion gegen Saddams Scuds-Rampen vorbereitet hatte, "aber leider nicht ausführte". Und Scharons Herausforderer Benjamin Netanyahu führte unlängst gar den Aufbau der Waffenarsenale in den arabischen Nachbarstaaten auf den israelischen Verzicht auf Vergeltungsschläge zurück.

      Wie oft solche Drohungen im Nahen Osten gefragt sind, beweist der aktuelle Streit um die Nutzung des Grenzflusses Hasbani. Die libanesische Regierung möchte zusätzliches Wasser aus einem Seitenarm des Hasbani ableiten. Die Regierung Scharon sieht dahinter das provozierende Werk der Hisbollah-Freischärler, denen sie im Falle eines Krieges gegen Irak durchaus die Eröffnung einer zweiten Front im Norden Israels zutraut. Während Außenminister Peres in New York die USA um Vermittlung bittet, schlägt der Ex-Chef der israelischen Wasser-Kommission den Einsatz von "ein paar Panzergranaten" zur Lösung des Problems vor.

      Am Ende hält es die Regierung Scharon mit den USA wie die Regierung Bush mit den UN: Man bemüht sich um ein gemeinsames Vorgehen, behält sich aber die Möglichkeit eines Alleingangs vor
      Avatar
      schrieb am 19.09.02 16:22:59
      Beitrag Nr. 398 ()
      Amr Mussa: Die schärfste Zunge der arabischen Welt
      Amr Mussa ist der wohl einzige Politstar Arabiens. Mit seiner aktiven Rolle im diplomatischen Ringen um Irak kann der ehemalige ägyptische Außenminister bei den arabischen Massen erneut punkten. Das angebliche Nachgeben Saddam Husseins sieht Mussa als Erfolg arabischer Diplomatie.

      Von Silke Mertins, Hamburg

      Amr Mussa liebt Zigarren und hasst Widerworte. Unwillig bläst der Chef der Arabischen Liga den Rauch aus und versucht - betont mühevoll - sein explosives Temperament zu zügeln, wenn unwissende Westler ihm zum Nahostkonflikt allzu kritisch daher kommen. "Die israelische Besatzung hat alle die anderen Probleme hervorgerufen", pflegt er in aller Schärfe zu betonen.
      Für seine harte, oft polemische Kritik an Israel verehren ihn die arabischen Massen. Bei seinem ersten Besuch als ägyptischer Außenminister im Nachbarstaat 1994 weigerte er sich, die Holocaust-Gedenkstätte Jad Vaschem in sein Programm aufzunehmen. Begründung: Keine Zeit.
      Mussa ist der vielleicht einzige wirkliche Politstar der arabischen Welt. Er ist so beliebt, dass Ägyptens Präsident Hosni Mubarak ihn 2001 zum Generalsekretär der Arabischen Liga machte - in der Erwartung, dass der 65-jährige Konkurrent im diplomatischen Minenfeld der auf Konsens bedachten Organisation so leise treten muss, dass er nicht länger auffällt. Diese Hoffnung, die auch die Amerikaner teilten, wurde enttäuscht. Mit der Irak-Krise lief der Karrierediplomat wieder zu Höchstform auf.

      Mussa betont Schicksal der Palästinenser
      "Ein Militärschlag gegen Irak würde die Höllentore öffnen", warnte Mussa bereits vor Monaten. Seine immer wieder vorgetragene These, die mittlerweile auch Bundesaußenminister Joschka Fischer teilt: Erst muss den Palästinensern Gerechtigkeit widerfahren, bevor irgendein anderes Problem in Angriff genommen werden kann.
      Im Januar dieses Jahres reiste er nach Bagdad und versicherte dem irakischen Diktator Saddam Hussein, er werde angesichts der drohenden Kriegsgefahr die arabische Solidarität wieder herstellen. In fast allen Gesprächen zwischen irakischen Vertretern und den Vereinten Nationen tauchte immer auch Amr Mussa auf.
      "Ich selbst werde nach Irak reisen, um Gespräche zu führen", kündigte Mussa nach der Rede von US-Präsident George W. Bush vergangene Woche vor den Vereinten Nationen an. Das ist nun nicht mehr nötig. In der Nacht zum Dienstag überreichte Iraks Außenminister Nadschi Sabri bei einem Treffen mit Uno-Generalsekretär Kofi Annan - an dem natürlich auch Mussa teilnahm - einen Brief. Darin erklärt Bagdad seine Bereitschaft, Uno-Inspektoren die Rückkehr zu gestatten.
      "Dieser wichtige Schritt kam als Reaktion der Iraker auf die Bitte der arabischen Staaten", erklärte Amr Mussa selbstbewusst das Einlenken Iraks zum Erfolg arabischer Diplomatie. Damit sei die Krise entschärft, und man müsse sich nun wieder auf anderes konzentrieren: das Schicksal der Palästinenser.


      Ende der Vorort-Berichterstattung.
      Avatar
      schrieb am 19.09.02 18:58:16
      Beitrag Nr. 399 ()
      Bushs Geheimwaffe
      Martin Kilian

      Karl Rove ist Jaguar-Fahrer, Machiavelli-Fan und der wichtigste Berater des US-Präsidenten. Der mächtige Diener seines Herrn tut alles, ihm die Wiederwahl zu sichern.


      11. September 2001: «King Karl» (rechts) ist immer in der Nähe des Präsidenten.
      Sein heller Teint und das schüttere Haar verleihen ihm das Aussehen eines Washingtoner Durchschnittsbürokraten. Doch der Eindruck täuscht: Der texanische Politstratege Karl Rove, 51, ist George W. Bushs engster Mitarbeiter, eine graue Eminenz im Weissen Haus und dazu wichtigster Impresario einer Präsidentschaft, die ohne ihn wahrscheinlich niemals zustande gekommen wäre. «King Karl» tituliert man ihn in Washington, ein wenig spöttisch und doch ehrerbietig, weil Rove dem Dienstherrn so nahe steht, dass manchmal nicht erkennbar ist, wo der Diener aufhört und der Herr beginnt. «Sind Sie George W. Bushs Gehirn?», fragte besorgt der Journalist David Shribman im Boston Globe, als er Roves Rolle ausleuchtete.

      Skrupelloser Grabenkämpfer

      Selten zuvor hat ein Präsidentenberater eine derartige Machtfülle auf sich vereinigt wie Rove; er fungiert als Chef des politischen Büros, Boss des Verbindungsstabs für den Kontakt mit Gouverneuren und der Republikanischen Partei, Vordenker des «Büros für strategische Initiativen» und als George W. Bushs Geheimwaffe im Kongress. Der Jaguar-Fahrer und Machiavelli-Fan, dem sein demokratischer Rivale Paul Begala bescheinigt, ein «brillanter Theoretiker» zu sein, spielt mit der Macht wie andere Leute auf der Orgel.

      Der Chef wäre nicht Chef geworden ohne Kurt Rove, der Bush seit 1973 kennt und seinen Aufstieg inszenierte. Gemeinsam war beiden ein tief sitzender republikanischer Konservatismus und eine instinktive Abneigung gegen den Radau der sechziger Jahre.

      Während George W. Bush jedoch als Bonvivant durchs Leben schlenderte, bastelte Karl Rove bereits eifrig an der eigenen Karriere. Schon in der Schule war ihm Geschichte das liebste Fach; als allererstes Buch las der junge Streber eine Schwarte mit dem bedeutsamen Titel «Grosse Momente der Geschichte». Karl habe stets davon geträumt, «ein wichtiger Präsidentenberater» zu sein, scherzt Bushs Medienexperte Mark McKinnon, der Rove aus gemeinsamen Tagen in Texas kennt. Bevor er seinen Lebenstraum dank Bushs Wahlsieg verwirklichte, verhalf Rove als Stratege und Wahlkampfberater der moribunden Republikanischen Partei in Texas nahezu im Alleingang zu einer politischen Renaissance.

      Zimperlich ging es dabei nicht zu, und hinter vorgehaltener Hand lästern noch heute texanische Demokraten über den Rivalen als «Schmutzmeister» und «Rottweiler». Rove ent- puppte sich als ein skrupelloser Grabenkämpfer, der die Wahlschlachten seiner Klienten bis ins kleinste Detail steuerte – ein pingeliger Politfreak, dem nichts entging. «Seine Wahlkämpfe sind kontrollierte Aggression», sagt der texanische Wahlkampfstratege Bill Miller, ein ehemaliger Konkurrent von Rove. Wenn möglich, versuchte Rove dabei seinen konservativen Prinzipien treu zu bleiben; unterm Strich aber zählte nicht ideologischer Purismus, sondern allein der Sieg.

      Mit George W. Bush, den er Mitte der achtziger Jahre in Austins politische Gesellschaft eingeführt hatte, bot sich für Rove endlich die Chance zum Aufstieg in die erste Liga. Denn Bush, so bekannte Rove rückblickend, war ein «Kandidat und Amtsträger, auf den Hinterzimmerleute wie ich ein Leben lang warten». Konsequent verhalf er Bush dann im Jahr 1998 bei den texanischen Gouverneurswahlen zu einem derart deutlichen Wiederholungssieg, dass Bush fortan als republikanischer Präsidentschaftskandidat gehandelt wurde.

      Die Handschrift des Consigliere

      Der Boss mochte mit den Augen rollen, wenn Rove mal wieder in grossen
      Bögen dachte, ihm Bücher mit hochtrabenden Titeln zuschob oder konservative Intellektuelle zu Vorträgen nach Austin einlud. Als Protagonist des Roveschen Bildungsromans aber entdeckte Bush seinen «mitfühlenden Konservatismus» – eine überaus publikumswirksame Parole, definierte sie Bush doch als echten Konservativen, ohne dadurch Wähler in der politischen Mitte abzuschrecken.

      Macht ist für «King Karl» weder Selbstzweck noch etwas, was er für eigene Ambitionen ergattert: «Mein Job ist es, auf die Dinge zu achten, die seine politische Zukunft beeinflussen», beschrieb der Knappe seine Bereitschaft, dem Ritter ergeben zu dienen. Die Rechnung war ziemlich einfach: Gewann Bush, gewann auch Rove. Und da der Chef bei der Präsidentschaftswahl 2000 unter höchst fragwürdigen Umständen gesiegt hatte, setzt Rove nun alles daran, dem Präsidenten eine unumstrittene Wiederwahl zu sichern.

      Es ist in Washington ein offenes Geheimnis, dass Rove hinter der Entscheidung stand, Schutzzölle auf importiertem Stahl zu erheben; Bush, der Freihändler, hatte sich unter Roves Anleitung zum Protektionisten gewandelt, um stahlproduzierende Staaten wie etwa Pennsylvania bei den Präsidentschaftswahlen 2004 einzusacken. Auch die Lockerung von Umweltauflagen für ältere Kohlekraftwerke trug Roves Handschrift: Staaten wie West Virginia, in denen Kohle gefördert wird, sollen 2004 ebenfalls im Bush-Lager landen.

      «Karl Rove hat einen Freifahrtschein und darf seine Nase überall hineinstecken, wo es ihm angebracht oder notwendig erscheint», bestätigt der republikanische Stratege Ed Gillespie den weiten Radius des Bush-Gehilfen. Als Folge werden viele politische Entscheidungen nach Kurt Roves Vorgaben gefällt. Stammzellenforschung mit Embryonen? Würde die Katholiken verärgern! Vicente Fox als ersten Staatsgast ins Weisse Haus einladen? Kommt bei Latinos glänzend an!

      Längst stochert Rove – manchmal sehr zum Ärger von Aussenminister Colin Powell – auch in der amerikanischen Aussen-politik herum. Nach den Terroranschlägen im September 2001 wurde der Bush-Consigliere zunächst auf Eis gelegt und von den Kriegsberatungen fern gehalten, um ja nicht den fatalen Eindruck zu erwecken, seine wahltaktischen Schlenker verunstalteten den Krieg gegen den Terror. «Der Präsident verbringt viel Zeit in einer Arena, in der ich – wenn überhaupt! – an der Peripherie zu finden bin», machte Karl Rove sich im Herbst 2001 klein.

      Bald aber war es aus mit der Zurückhaltung. Der Feldzug gegen den Terrorismus stehe über parteilichem Gezänk, hatte der Präsident befunden. Auf einer Parteikonferenz im Januar dieses Jahres in Austin dachte Bushs Hausmeier trotzdem laut darüber nach, wie sich der Krieg gegen den Terror zu republikanischem Vorteil ausweiden liesse. Amerika, so Rove, traue der Republikanischen Partei mehr als den Demokraten zu, «die Sicherheit unserer Gemeinden und Familien zu garantieren». Kaum war Roves Rede publik geworden, brach ein Sturm los: In «King Karls» Händen, entrüsteten sich führende Demokraten, mutiere sogar der Krieg gegen den Terror zu einem Prügel gegen die Opposition.

      Ein einfaches Kalkül

      Jüngste Ereignisse belegen diesen Verdacht: Um von der schlappen Wirtschaftslage mitsamt den Wirtschaftsskandalen abzulenken, möchte Rove den geplanten Krieg gegen Saddam Hussein zum Thema der Kongresswahlen im November machen. Deshalb insistiert der Präsident, dass der Kongress noch vor der Novemberwahl eine entsprechende Resolution debattiert und verabschiedet. Den Einwand des demokratischen Mehrheitsführers im Senat, Tom Daschle, man wolle zuerst die Entscheidung des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen abwarten und die Resolution dann nach den Wahlen verfassen, wies Bush in der vorigen Woche scharf zurück. «Mir scheint», sagte der Präsident, «wenn man die Vereinigten Staaten repräsentiert, soll man seine Entscheidung danach treffen, was am besten für die Vereinigten Staaten ist.»

      Dahinter zum Vorschein kommt die Handschrift von Karl Roves: Wird die Novemberwahl zum Referendum über George W. Bush und seine Kriegspläne, gewinnen die Republikanische Partei, der Präsident – und Karl Rove.

      weltwoche.ch
      Avatar
      schrieb am 19.09.02 22:08:17
      Beitrag Nr. 400 ()
      Na wenn das so ist, dann freue dich England! :laugh::laugh:

      weltenherrscher: george w. bush wird könig von england
      George W. Bush sorgt vor für die Zeit danach. Wenn der US-Präsident aus dem Amt scheidet, was spätestens nach zwei Amtszeiten der Fall sein wird, dann will er den Großauftrag der Familiendynastie Bush in die weite Welt tragen. Oder zumindest bis nach Großbritannien. Als nächste Planstelle in der Weltenherrscherrolle der Bushs hat George W. nämlich jetzt den englischen Thron im Visier. US-Ahnenforscher haben nach einem Bericht der BBC eine entfernte Verwandtschaft zwischen George W. Bush und der Familie von Prinzessin Diana nachgewiesen. Danach besteht über einen gewissen Henry Spencer, der im 15. Jahrhundert in der mittelenglischen Grafschaft Northamptonshire lebte, eine Blutverbindung zur Bush-Dynastie. Da George W. nun mit dem Zweiten in der Thronfolge der Windsors, Prinz William, verwandt ist, gibt es Überlegungen im Weißen Haus, die Thronfolge neu berechnen zu lassen und George W. Bush aus Altersgründen auf Platz eins zu hieven. Denn Prince Charles könne man ja sowieso vergessen, hieß es unter Ahnenforschern.


      USA planen offenbar Militärschlag im Jemen
      Hohe Al-Qaida-Mitglieder sollen ausgeschaltet werden. Keine Auskunft über Beteiligung der deutschen Marine

      Von Evangelos Antonaros

      Athen/Kairo - Noch vor ihrem geplanten Militäreinsatz im Irak haben sich die USA offenbar eine nicht weniger komplizierte Aktion vorgenommen: Im Jemen, dem Armenhaus der arabischen Welt, wollen Militär und Geheimdienst voraussichtlich in den nächsten Tagen massiv gegen das dort vermutete Netzwerk der Al Qaida vorgehen. In den selbst für die Zentralregierung in der Hauptstadt Sana unzugänglichen Wüstengebieten von Maarib und Hadramaut werden einige der gefährlichsten Angehörige der Terrorgruppe von Bin Laden vermutet.

      An der offenbar seit mehreren Monaten unter größter Geheimhaltung vorbereiteten Militäroperation sollen nach amerikanischen Fernsehangaben, die bisher von amtlicher Seite noch nicht bestätigt wurden, Sonderkommandos der Kriegsmarine und Marineinfanteristen teilnehmen. Seit mehreren Monaten sind im arabischen Kleinstaat Dschibuti am Horn von Afrika etwa 800 US-Soldaten - unter ihnen schätzungsweise 400 speziell im Kampf gegen Terroristen ausgebildete Marines - stationiert. Als Basis für die Operation, die nach arabischen Quellen "in den nächsten Tagen" anrollen und nicht all zu lange dauern soll, wird das amerikanische Kriegsschiff USS Bellieu Wood dienen.

      Unklar ist noch, ob und in welchem Umfang die Angehörigen eines deutschen Flottenverbandes mit etwa 1400 Marinesoldaten, der seinen Stützpunkt ebenfalls in Dschibuti hat, an der Aktion beteiligen werden. Die Deutsche Marine stellt seit Mai mit Flottenadmiral Gottfried Hoch den Kommandeur für die von fünf Nationen gebildete Task Force. Da die Deutschen dadurch aktiv in die Terrorismusbekämpfung eingebunden sind, könnte ihnen im logistischen Bereich eine wichtige Rolle zufallen. Unwahrscheinlich ist jedoch nach Angaben von Experten in der Region, dass sie sich direkt an den Säuberungs- und Verhaftungsoperationen auf jemenitischem Boden beteiligen werden.

      Washington hatte die Jemeniten bereits im Dezember massiv unter Druck gesetzt - nach dem kläglichen Versagen der jemenitischen Streitkräfte, den verdächtigen Spitzenterroristen Abu Ali Al Harithi festzunehmen, der als Drahtzieher des Al-Qaida-Anschlages im Oktober 2000 auf das US-Kriegsschiff Cole im Hafen von Aden gilt.

      Die Amerikaner sehen sich zum Handeln gezwungen, weil immer deutlicher wird, dass zahlreiche Al-Qaida-Terroristen aus Afghanistan in den Jemen geflüchtet und bei sympathisierenden Stammesgruppen untergetaucht sind. Auch der kürzlich in Pakistan festgenommene Ramzi Binalshibh stammt aus Jemen. Das FBI hatte im vergangenen Februar eine Liste von 17 mutmaßlichen Terroristen veröffentlicht, die angeblich Anschläge auf US-Ziele im Jemen planten.

      Jemens Staatschef General Ali Abdallah Saleh kooperiert - sehr diskret - mit den Amerikanern. Seit Monaten bilden etwa 50 amerikanische Anti-Terror-Experten Jemeniten für den Kampf gegen Al Qaida aus. Vorsichtig muss Saleh insofern sein, da vor allem in den Wüstengebieten mit Bin Laden und dessen Netzwerk sympathisiert wird. Dank großzügiger US-Finanzhilfe - Washington soll 200 Millionen Dollar überwiesen haben - soll es Saleh nun gelungen sein, die Kooperation von wichtigen Stammesfürsten, vor allem in Maarib und Hadramaut, erkauft zu haben. Ohne deren Mitwirkung hätte Washingtons bevorstehende Geheimoperation kaum Erfolgsaussichten.
      Avatar
      schrieb am 20.09.02 05:46:27
      Beitrag Nr. 401 ()
      hertas feldzug zeigt fundamentale wirkung :D

      USA warnen vor Säbelrasseln
      US-Verteidigungsminister Rumsfeld hat die europäischen Verbündeten vor einem Alleingang gegen den Irak gewarnt. „Krieg löst keine Probleme, jedenfalls keine ganz kleinen“, sagte Rumsfeld vor Zivildienstleistenden in Big Sur. „Es ist immer besser, miteinander zu reden als mit Flächenbombardements Zehntausende von Superschurken zu töten, so sehr sie den Tod auch verdienen – und ich meine damit übrigens ausdrücklich einen langsamen, qualvollen Tod durch neuartige Kampfstoffe.“

      Gestern schon hatte US-Vizepräsident Cheney den britischen Premierminister Blair als „Kriegstreiber“ bezeichnet und bei einem Gottesdienst mit anschließender Lichterkette zu bedenken gegeben: „Auch Saddam Hussein ist ein Geschöpf Gottes, kein sehr gelungenes, zugegeben, aber immerhin ein Mensch wie Du, ich und Präsident Bush irgendwie auch.“

      titanic.de
      Avatar
      schrieb am 20.09.02 07:30:13
      Beitrag Nr. 402 ()
      Kursverfall der Öffentlichkeit: Das Verhältnis von Medien und Politik in den Vereinigten Staaten

      Von Bernd Greiner

      Medien sind auch in den USA zum Blitzableiter eines kollektiven Unwohlseins geworden und treten als die "üblichen Verdächtigen" auf, wenn Schuldige für Missstände gesucht werden. Aber Studien über das wechselseitige Verhältnis von Politik und Medien, von Medien und Gesellschaft sind nach wie vor rar. Ein Defizit, das besonders störend auffällt, wenn man einen von Thomas Jefferson überlieferten Satz ernst nimmt: "Information is the currency of democracy", hatte der Autor der Unabhängigkeitserklärung gesagt und gemeint, dass sich im Zusammenspiel von Medien und Politik der Zustand einer Demokratie zeigt. Die Art und Weise also, wie öffentliche Angelegenheiten zur Sprache gebracht werden und wie Bürger an Entscheidungsprozessen partizipieren.

      Bis in die späten 60er Jahre respektierten Journalisten in der Regel die von der Regierung in Fragen der Außen- und Si-cherheitspolitik praktizierte Geheimhaltung. US-Spitzenpolitiker konnten im Beisein von Korrespondenten freimütig plaudern - weil sie ihnen signalisiert hatten, dass ein falsches Wort nach außen den Verlust des privilegierten Zugangs zum Kreis der Mächtigen bedeuten würde. Diese Hypothek wiegt noch immer schwer. Sobald ein Präsident patriotische Geschlossenheit einklagt und selbstsicher die Richtung vorgibt, kann er der Unterstützung der Medien gewiss sein. Umgekehrt scheinen Reporter ihren politischen Orientierungssinn zu verlieren, wenn aus Washington keine publizistischen Handreichungen geboten werden.

      Während des Golfkrieges ließen sich Kriegsreporter zu Laufburschen des Pentagon machen und akzeptierten Einschränkungen, die zu Zeiten des Vietnamkriegs undenkbar gewesen wären. Mitunter fragt man sich, ob George W. Bush nach dem 11.9. den "Patriot Act" tatsächlich hätte durchsetzen müssen - kann er sich doch auf Wortführer wie Dan Rather von CBS verlassen, der verkündete, es sei nicht seines Amtes, kritische Fragen zu stellen. Statt die Rolle einer "vierten Gewalt" auszufüllen, treten die meisten Medien in Krisensituationen als "vierter Zweig" der Regierung in Erscheinung. Um auf Jefferson zurück zu kommen: Heute lässt sich beobachten, wie Medien die ihnen eigene Währung ruinieren und dem Kursverfall der Demokratie Vorschub leisten.

      Es wäre freilich kurzschlüssig, allein die stilbildende Kraft der Tradition dafür verantwortlich zu machen. Vielmehr hat sich das Verhältnis von Medien und Politik in den letzten drei Dekaden nachhaltig verändert. Der Verfall des Parteiensystems ist der tiefste Einschnitt. Parteien sind als Organe politischer Willensbildung nicht mehr gefragt und aus dem Zentrum der civil society praktisch verschwunden. Ausgerechnet der Versuch, den durch Watergate verursachten Legitimationsverlust aufzufangen, hat diese Entwicklung auf die Spitze getrieben. Die Gesetzgeber wollten damals die Macht der Parteibosse durch eine Neuregelung des Wahlverfahrens brechen: Je mehr Kandidaten sich um ein Amt bewerben könnten, desto transparenter würde das politische Leben.

      Profil statt Partei

      In der Tat nutzten mehr Politiker die Chance für eine von alten Seilschaften unabhängige Kandidatur. Dafür aber reicht weder die finanzielle Kraft noch das logistische Vermögen der Parteien - ganz abgesehen davon, dass viele Kandidaten um eines eigenständigen Profils willen ohnehin Abstand halten. Karrieren wurden fortan von "unternehmerischen Einzelnen" gemanagt, die vor allem an individuellen Profilen bastelten. In den 90er Jahren trat "Image Management" endgültig an die Stelle des "Issue Management", mit dem Lyndon B. Johnson oder Jimmy Carter noch Wahlen gewonnen hatten.

      Dem gestiegenen Bedarf nach individueller Vermarktung entsprach ein optimiertes Angebot elektronischer Medien. Vorab das Fernsehen bietet den größten politischen Gebrauchswert. Im Unterschied zu Zeitungen mit ihrer lokalen Anbindung erreicht es schnell und flächendeckend jede beliebige Klientel. Wenn es darum geht, die "acting skills" genannten Qualitäten kurzweilig herauszustellen, ist dieses Medium unschlagbar. Bill Clinton beispielsweise ignorierte im Wahlkampf 1992 wochenlang die Presse und zog es stattdessen vor, sein telegenes Auftreten für Talk- und Game-Shows zu nutzen.

      Von einer neuen Liaison zwischen Medien und Politik zu sprechen, drängt sich daher auf. Es geht um eine vom Markt dominierte, auf den Markt fixierte Kohabitation. Besonders anhand von Wahlberichten lässt sich beobachten, wie das Zusammenspiel funktioniert. An erster Stelle ist von Trivialisierung zu reden. Und davon, dass die Welt der Politik ein einziges Sportereignis zu sein scheint. Was zählt, ist nicht, wie sich politische Programme auf das Leben der Einzelnen oder die gesellschaftliche Entwicklung auswirken könnten. Gefragt wird nach der Taktik im Spiel: Ist ein Vorschlag geeignet, dem Kandidaten X in der Konkurrenz mit Kandidaten Y einen Vorsprung zu verschaffen? Wer setzt welche Mittel zur Eroberung der "Pole-Position" ein? Der professionelle Ringkampf hat es den Kommentatoren besonders angetan, jener Pseudosport, bei dem es um nichts geht und wo nichts so gemeint ist, wie es vorgetragen wird. Die bloße Vorstellung, ein Politiker könnte meinen, was er sagt, wird wie ein Relikt aus prähistorischer Zeit gehandelt.

      Bill Clintons Scheitern bei der Reform des Gesundheitswesens hängt nicht zuletzt mit dieser Art des Journalismus zusammen - einer von Event zu Event hetzenden Berichterstattung, die keine Zeit zur Meinungsbildung lässt. Nach dem Wahlkampf ist immer vor dem Wahlkampf. Regierungen werden, kaum dass sie im Amt sind, an ihren Aussichten für eine Wiederwahl gemessen. Die schleichende Entwertung der Nachricht ist der von ihrer Trivialisierung geforderte Preis.

      Zweitens, die Emotionalisierung des Politischen. 1988 wollte Garry Hart von der Demokratischen Partei ins Rennen um die Präsidentschaft geschickt werden. Die Washington Post behandelte ihn wie ein für schlechtes Benehmen abzustrafendes Ziehkind ihrer selbst. Wenn er die Bewerbung zurückzöge, ließ man ihm mitteilen, würden keine Informationen über sein außereheliches Liebesleben veröffentlicht. Hart beugte sich, wohl ohne zu wissen, dass er das Opfer einer Kampagne geworden war. In der Post hatten sich leitende Redakteure verständigt, die "funny ones" zu Fall zu bringen - die Unbequemen, soweit nötig, und die Angeschlagenen, soweit möglich.

      Dergleichen ist in der modernen amerikanischen Geschichte ohne Beispiel: Dass Medien sich anmaßen, Strafverfolger und Richter in einem zu sein. Siehe die Hatz auf Bill Clinton während der Lewinsky-Affäre, die mit dem Begriff "sexueller McCarthyismus" treffend beschrieben wurde, ging es doch um eine Mobilisierung von Affekten und obendrein um eine Inszenierung, die in einem grotesken Missverhältnis zum Anlass stand. Im Unterschied zu McCarthys Auftreten scheint dieses Treiben aber kein Ende finden zu können.

      Aufbietung des ewig Gleichen

      Der auf Skandalisierung ausgelegte Journalismus greift umso weiter um sich, je härter die Konkurrenz wird. "Herdenjournalismus" nannte man das bereits in den 60ern. Gleichwohl sollten Trivialisierung und Emotionalisierung nicht nur mit dem Kampf um Marktanteile in Verbindung gebracht werden. Denn jenseits der politischen Ökonomie der Medienwelt steht eine zum Kalkül verkommene Moral vieler Politiker, die sich ebenfalls dem "Infotainment" verschrieben haben. Insofern demokratische Willensbildung das Bemühen voraussetzt, Emotionen durch die Kraft rationalen Argumentierens in Schach zu halten, liegt ein Rückfall in vordemokratische Zeiten vor. Nirgendwo wird dies deutlicher als in der ungezügelten "Hasswerbung", die sich aus dem Fundus der Vernichtungsrhetorik bedient. Gewiss gehört "name-calling" stets zum politi-schen Geschäft. Neu aber ist, dass Wahlkämpfe zu "free fire zones" erklärt werden. Medien und Politik sind in einem Teufelskreis gefangen, der an das Wettrüsten vergangener Tage erinnert: Keine Seite glaubt nachgeben zu dürfen, jeder sucht unter Aufbietung des ewig Gleichen sein Heil in der Flucht nach vorne.

      Den Schaden hat die Demokratie. Seit zwanzig Jahren dokumentieren Meinungsforscher den fortschreitenden Zynismus amerikanischer Bürger. Politiker werden geradezu als Hindernis zur Lösung gesellschaftlicher Probleme wahrgenommen. Wie es scheint, geraten auch die Institutionen - vom Kongress über das Amt des Präsidenten bis zur unabhängigen Justiz --in den Sog der Delegitimierung. Wir erleben eine Massenflucht aus dem öffentlichen Raum, eine auf alle Gruppen und Schichten verteilte Abwendung vom Gedanken der staatsbürgerlichen Teilhabe an gesellschaftlichen Angelegenheiten.

      Diesen Trend belegen auch die Geschäftsdaten der Medien. Die Zahl der täglich zur Zeitung greifenden US-Bürger ist seit 1970 um 22 Prozent gefallen - ein Konsumentenboykott, der sich auch im nachlassenden Interesse an elektronischen Medien äußert. Zurück bleibt fatalistische Resignation. Und eine diffuse Anfälligkeit für populistische Gesten. Ross Perots Wahlkämpfe sind ein Indiz unter vielen. Die Gefahr für die Demokratie als Staatsform und Lebensweise droht weniger von den extremistischen Rändern, sondern von einer für den Extremismus empfänglichen Mitte - von Staatsbürgern, die sich durch ihre Repräsentanten verraten fühlen und diesen Verrat ihrerseits in eine Verachtung des repräsentativen Verfahrens ummünzen.

      Vor einer vordergründigen Medienschelte sei dennoch gewarnt. So wenig Presse, Rundfunk und Fernsehen den an eine demokratische Öffentlichkeit zu stellenden Anforderungen genügen, so sehr sie jedes Bemühen um Reform abprallen lassen - im Grunde spiegeln sie nur eine tiefer liegende Malaise. In den 50er und 60er Jahren kam der Anstoß, Fragen der Außen- und Sicherheitspolitik hinter einer Wand der Geheimhaltung verschwinden zu lassen, nicht von Chefredakteuren und Reportern. In den frühen 70er Jahren waren primär Parteien und Kongress dafür verantwortlich, dass die Chancen einer demokratischen Öffnung des "national security state" verspielt wurden. Und seither haben es fast alle Repräsentanten gesellschaftlichen Lebens versäumt, sich den Grenzen des wirtschaftlichen Fortschritts und den daraus folgenden Zumutungen für das Selbstbild zu stellen. Ein konfliktscheues, stets auf Aussöhnung mit sich selbst bedachtes Kollektiv macht es ihnen leicht. Von den Medien Remedur zu erwarten, hieße, ihren Einfluss zu überschätzen und ihre Rolle obendrein falsch zu verstehen. Sie sind Akteure in einer "Republic of Denial" (Michael Janeway), nicht deren Schöpfer.

      Bernd Greiner ist Leiter des Arbeitsbereichs "Theorie und Geschichte der Gewalt" am Hamburger Institut für Sozialforschung. Der Text ist die überarbeitete Fassung eines Vortrags, den der Autor kürzlich bei den vom Adolf Grimme-Institut veranstalteten "Marler Tagen der Medienkultur" hielt.

      frankfurterrundschau.de
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      schrieb am 20.09.02 07:35:11
      Beitrag Nr. 403 ()
      "Meisterwerk der Desinformation"

      Der Ökonom Fredmund Malik über das amerikanische Wirtschaftswunder der neunziger Jahre als gigantischen Bluff, die Tricks der Statistiker, das falsche Vorbild USA und die neue Nüchternheit in deutschen Unternehmen

      SPIEGEL: Herr Professor Malik, Amerika wird von Bilanzskandalen überrollt, das Vertrauen der Anleger ist erschüttert, die Börsenkurse sind am Boden. Taugt die US-Wirtschaft noch als Vorbild?
      Fredmund Malik
      lehrt seit 1978 in der Schweiz an der Hochschule St. Gallen Betriebswirtschaft mit Schwerpunkt Unternehmensführung. Seit 1984 leitet der gebürtige Österreicher das Management Zentrum St. Gallen. Malik, 58, berät zahlreiche Unternehmen - vor allem deutsche.


      Malik: Amerika ist sicher kein Vorbild mehr und hätte es in den vergangenen Jahren auch nicht sein dürfen. Das Wirtschaftswunder in den Vereinigten Staaten war lediglich ein Medienereignis, ein Meisterwerk der Desinformation. In der ökonomischen Realität hat es nie stattgefunden.

      SPIEGEL: Aber die USA verzeichneten doch hohe Wachstumsraten und enorme Produktivitätszuwächse.

      Malik: Die meisten dieser Zahlen sind falsch. Die Amerikaner haben sich systematisch schöngerechnet.

      SPIEGEL: Meinen Sie damit, die Zahlen wurden gefälscht wie die Bilanzen der Konzerne Enron und Worldcom?

      Malik: Fest steht, dass die Amerikaner seit Mitte der neunziger Jahre ein neues statistisches Verfahren benutzen, das so genannte Hedonic Price Indexing. Es versucht zu berücksichtigen, dass sich die Qualität von Gütern verbessert und sie gleichzeitig billiger werden. So wurden die Zahlen um einen Faktor nach oben korrigiert, der diese Leistung ausdrücken soll. Die Computerinvestitionen in den USA stiegen zum Beispiel von 1995 bis 2000 von 23 auf 87 Milliarden Dollar. Durch den hedonischen Effekt wurden daraus 240 Milliarden Dollar - rein statistisch, nicht real.

      SPIEGEL: Statistiker halten das hedonische Verfahren aber gerade für realitätsnäher. Auch das Statistische Bundesamt wendet es neuerdings an.

      Malik: Ich hoffe, das Amt besinnt sich eines Besseren. Es mag gute Statistik sein, aber es ist miserable Ökonomie. Auf diese Weise zu rechnen ist beinahe so, als würden Autos in Deutschland nicht zu Verkaufspreisen ins Sozialprodukt eingerechnet, sondern mit der PS-Zahl multipliziert. Die Zahlen, die den Boom in den USA belegen sollten, sind jedenfalls mit den deutschen in keiner Weise vergleichbar, sie wurden massiv aufgebläht. Das war ein gewaltiger Bluff.

      SPIEGEL: Wie stark ist denn die amerikanische Wirtschaft tatsächlich gewachsen?

      Malik: Es gab Wachstum im Finanzbereich, allerdings als Folge einer Spekulationsblase, und im Computersektor, wobei dieser Bereich längst nicht so wichtig ist, wie die Medien suggeriert haben. Wenn man diese Effekte ausklammert, dann ergibt sich für die neunziger Jahre realwirtschaftlich Nullwachstum.

      SPIEGEL: Wieso ist dies keinem der renommierten US-Ökonomen aufgefallen?


      Malik: Die interessensneutrale, kritische Überprüfung der Wirtschaft ist, von Ausnahmen abgesehen, nicht gerade die Stärke Amerikas. Die wirklichen Feinde des Kapitalismus sind seine lautesten Befürworter. Ein Teil der Ökonomen wurde sogar bezahlt von den Wall-Street-Firmen. Sie beflügelten einen Börsenboom, der nicht auf Wertschöpfung gestützt war, sondern auf Gier, auf Schulden, auf die Angst, die Chance seines Lebens zu verpassen, und auf systematische Fehlinformationen, wie die Zinkereien der Bilanzen von Unternehmen wie Enron oder Worldcom jetzt zeigen.

      SPIEGEL: Das klingt ja beinahe nach einer Verschwörung.

      Malik: Es bedurfte keiner Verschwörung, es genügte der Zeitgeist: der Glaube an stetig steigende Gewinne, wachsende Produktivität und praktisch ewiges Wachstum. Es war ein sich selbst verstärkender Prozess, der erst zu enormen Höhenflügen führt und dann zum Absturz. Diese Entwicklung ist vergleichbar mit der in den zwanziger Jahren. Damals wurde statt von einer "New Economy" von der "New Era" gesprochen.

      SPIEGEL: Wie konnte es erneut zu einer solchen Fehleinschätzung kommen?

      Malik: Ursache ist ein Neoliberalismus, der mit wirklichem Liberalismus nichts zu tun hat. Liberal zu denken bedeutet keinesfalls, bedingungslos dem Markt zu vertrauen, der angeblich alles zum Besten richtet und stets klüger ist. Tatsächlich läuft der Markt immer nur hinterher: Er sagt uns nicht, wie wir handeln müssen, sondern lediglich, wie wir damals hätten handeln sollen. Der Markt verhindert keine Fehler, er bestraft sie.

      SPIEGEL: Jetzt klingen Sie wie ein Kapitalismuskritiker.

      Malik: Schon große liberale Denker wie Friedrich von Hayek wussten, dass der Markt höchst unvollkommen ist - aber alle anderen Lösungen noch viel schlechter sind. Entscheidend ist vielmehr die Freiheit jedes Einzelnen, sein Wissen und seine Fähigkeiten für seine Ziele und Zwecke verwenden zu dürfen.

      SPIEGEL: Wie sind die Unzulänglichkeiten des Marktes in den Griff zu bekommen?

      Malik: Der Markt bedarf eines präzise durchdachten Regelwerks. Selbst so liberale Ökonomen wie der Nobelpreisträger Milton Friedman wissen, dass eine Rechtsordnung und eine Justiz nötig sind, damit der Markt funktioniert. Auch wer das Konzept des Shareholder-Value propagiert, der das Aktionärsinteresse über alles stellt, darf nicht glauben, dass er damit im Sinne des Liberalismus handelt. Ein Unternehmen hat nicht den Zweck, die Aktionäre reich zu machen.

      SPIEGEL: Sondern?

      Malik: Ein Unternehmen muss die Kunden zufrieden stellen und nicht die Aktionäre.

      SPIEGEL: Die Aktionäre sind immerhin die Eigentümer des Unternehmens. Wieso sollte der Vorstand nicht in ihrem Interesse handeln?

      Malik: Nur ein Unternehmen, das zufriedene Kunden hat, wird auch zufriedene Aktionäre haben - umgekehrt geht die Logik nicht auf. Das Problem ist: Es sind zwei Arten von Eigentum zu unterscheiden. Eigentlich ist der unternehmerisch denkende Eigentümer der Kern einer Aktiengesellschaft. Heute jedoch haben es die Unternehmen mit kurzfristig denkenden Anlegern zu tun, die nicht am Unternehmen, sondern an der Aktie interessiert sind. Sie können ihre Anteile mit einem Telefonanruf oder einem Mausklick verkaufen. Kein Unternehmer kann sich auf diese Weise von seinem Betrieb trennen.

      SPIEGEL: Wollen Sie die Rechte der Aktionäre beschränken?

      Malik: Man muss zumindest darüber nachdenken. Komplett ungeregelte Börsenoperationen sind auch falsch verstandener Liberalismus. Geld zu machen oder Geld zu bewegen ist nicht dasselbe wie eine unternehmerische Leistung zu erbringen. Die US-Firmen haben keine echten Gewinne produziert, sondern im Grunde das Gegenteil: lediglich Geldwerte an den Börsen. Mit dem Shareholder-Value haben die Manager die wahre Aufgabe der Unternehmensführung völlig aus den Augen verloren.

      SPIEGEL: Haben denn die Manager überhaupt eine andere Wahl? Sie werden doch von Fondsverwaltern fortwährend angetrieben, die Gewinne ihrer Unternehmen zu steigern.

      Malik: Ich glaube, der Terror der Finanzanalysten beginnt seine Wirkung zu verlieren. Ich bin fest davon überzeugt, dass ein Rockefeller oder ein Morgan unter den heutigen Bedingungen nicht an die Börse gegangen wäre. Sie hätten sich nicht jeden Tag schon im Frühstücksfernsehen von ziemlich unerfahrenen Kommentatoren sagen lassen wollen, wie sie ihre Firmen führen sollten.

      SPIEGEL: Wenn das amerikanische Modell ausgedient hat, worauf sollen die deutschen Unternehmer dann setzen?

      Malik: Auf die eigenen Stärken. Ich halte die deutsche Wirtschaft für deutlich leistungsfähiger als die amerikanische. Es ist relativ leicht, ein großes Unternehmen in Amerika zu führen bei einem solch riesigen Heimatmarkt von 275 Millionen Menschen. Amerika war nie auf den Export angewiesen. Von Deutschland aus ein Weltunternehmen zu führen, bedeutet eine ganz andere Anforderung an Führung.

      SPIEGEL: Das Vorbild heißt also Deutschland?

      Malik: Ich meine, ja. Tugenden, wie sie Deutschland immer besaß, spielen heute wieder eine wichtige Rolle. Die deutsche Wirtschaft versteht mehr von Kundennutzen und vor allem von Qualität als die meisten anderen Volkswirtschaften. Schauen Sie sich nur die deutsche Automobilindustrie an. Vor zehn Jahren befand sie sich in einem desolaten Zustand, heute ist sie Weltspitze. Es ist bemerkenswert, dass in dieser Branche keine Amerikanisierung des Managements stattgefunden hat.

      SPIEGEL: Mit Ausnahme von DaimlerChrysler.

      Malik: Richtig. Und da ist doch auffällig, dass besonders erfolgreiche Unternehmen wie BMW oder Porsche eigentümerdominiert sind, in diesen Fällen von Familien. Sie sind dem Druck der Börse längst nicht so stark ausgesetzt, sie können langfristiger planen. Es ist auch ein Märchen zu behaupten, jedes Unternehmen brauche die Börse, um an Geld zu kommen. Der Medienkonzern Bertelsmann kann von Glück reden, dass er in letzter Sekunde noch die richtige Entscheidung getroffen und seine gesamte Strategie geändert hat.

      SPIEGEL: Wenn dieser deutsche Weg die bessere Alternative darstellt, wie kommt es, dass die deutsche Volkswirtschaft in puncto Wachstum in Europa den letzten Platz belegt?

      Malik: Bedenken Sie die besonderen Belastungen, die Deutschland in den vergangenen Jahrzehnten zu tragen hatte: den teuren Wohlfahrtsstaat, die oft ungünstigen Wechselkurse, die kämpferischen Gewerkschaften, die Integration Europas und vor allem die Wiedervereinigung. Darum sage ich: Deutschland ist eine Wirtschaft, die ein permanentes Fitnesstraining unter Sonderlasten hinter sich hat.

      SPIEGEL: Aber wieso wurden in Amerika in zehn Jahren mehr als 15 Millionen Arbeitsplätze geschaffen, während in Deutschland die Zahl stagnierte? Ist das auch nur ein Statistiktrick?

      Malik: Diese Zahlen zweifle ich nicht an, ich glaube allerdings, dass sich darunter viele Billigjobs verbergen. Verstehen Sie mich bitte nicht falsch: Die deutsche Wirtschaft --- S.135 hat Probleme, keine Frage, aber welches Land hat keine? Es ist wirklich erstaunlich, mit welcher Bewunderung, ja fast Verklärtheit, hochrangige Manager von der US-Wirtschaft schwärmen und gleichzeitig Deutschland schlecht machen. Diese Volkswirtschaft kann einiges. Sie ist leistungsfähig, und sie kann Probleme besser lösen als jede andere.

      SPIEGEL: Aber ist sie auch fähig, sich zu erneuern? In den traditionellen Bereichen, in der Automobilindustrie oder im Maschinenbau, mag Deutschland Weltspitze sein. Aber wie sieht es in den neuen Industrien aus? In der Informationstechnologie dominieren weltweit doch klar die USA.

      Malik: Ich würde eine Branche wie den Maschinenbau nicht einfach unter "Old Economy" verbuchen. Da gibt es viele Unternehmen, die außerordentlich technologieorientiert sind. Ich gebe allerdings zu, dass Deutschland eine Spur innovativer sein könnte.

      SPIEGEL: Was die US-Wirtschaft ebenfalls auszeichnet, ist ihre Dynamik, ihre Risikobereitschaft, der Mut zu Visionen eben. Mangelt es nicht in Deutschland gerade daran?

      Malik: Bis Anfang der neunziger Jahre stand im Brockhaus unter dem Eintrag "Vision" "Gesichts- oder Sinnestäuschung". Und genau das war es. Der Begriff der Vision hat den Träumern doch nur die Möglichkeit gegeben, sich wichtig zu machen. Viel bedeutsamer wäre es, eine bodenständige Unternehmensstrategie zu entwickeln. Was wir brauchen, ist eine neue Nüchternheit.

      SPIEGEL: Es gibt die Theorie, wonach Phasen der Übertreibung auch ihr Gutes haben. Vor 150 Jahren wurde viel Geld für die Eisenbahn eingesammelt, danach gab es eine hervorragende Infrastruktur. Heute wäre die Ausbreitung des Internets nie so schnell vorangekommen, hätte es nicht diesen Technologie-Hype gegeben.

      Malik: Das mag sein. Aber das würde bedeuten, dass der Mensch nichts dazulernt. Wir dürfen nicht vergessen, dass dem Eisenbahnboom der Wirtschaftskollaps folgte und dass der Börsenboom der späten zwanziger Jahre ebenfalls im Debakel endete.

      SPIEGEL: Sehen Sie jetzt eine ähnliche Gefahr für die USA?

      Malik: Alle Bedingungen sind erfüllt, dass sich die Entwicklung der dreißiger Jahre in ähnlicher Form wiederholt. Es wird vermutlich schlimmer.

      SPIEGEL: Warum sind Sie so skeptisch?

      Malik: In Amerika stehen die Ersparnisse von zwei Generationen im Risiko, in den vergangenen zwei Jahren ist mit fünf Billionen Dollar so viel wie das halbe US-Sozialprodukt vernichtet worden. Noch hoffen die Rentner darauf, dass sich ihre Portefeuilles wieder füllen. Was aber, wenn sie merken, dass die Reserven weg sind? Es wird überall Verzicht geben. Nach der letzten großen Wirtschaftskrise sind den Amerikanern soziale Konflikte erspart geblieben. Ich fürchte, diesmal wird es nicht so glimpflich ausgehen.

      SPIEGEL: Herr Professor Malik, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.

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      Mit freundlicher Genehmigung von Zoom und ProFEiT ;)
      Avatar
      schrieb am 20.09.02 10:45:31
      Beitrag Nr. 404 ()
      Bush und Irak

      Fahrlässige Ermutigung
      Mit jeder Äußerung von Bush oder Rumsfeld wird deutlicher: Die US-Regierung ist von einem Krieg gegen den Irak kaum noch abzubringen. Die Zustimmung des US-Kongresses zu einem Krieg noch vor den Wahlen im November ist dem Präsidenten sicher. Jedes Einlenken der irakischen Regierung weist Bush als hinterhältigen Trick zurück. Der US-Präsident hat sich auf einen Angriff festgelegt. Zögert er jetzt, wäre das sein politischer Untergang. Ohne einen Kriegserfolg kann Bush es kaum wagen, bei den Präsidentschaftswahlen 2004 wieder anzutreten.


      Kommentar
      von ERIC CHAUVISTRÉ

      Der Präsident sitzt in der selbst gebauten Falle. In die haben ihn seine Verbündeten ungehindert hineinlaufen lassen. Führen die USA Krieg gegen Irak, wird dies auch ein Desaster für die europäische, und damit die deutsche, Außenpolitik sein. Nicht wie Stoiber meint, weil die Regierung Schröder zu wenig tut, um dem Irak militärisch zu drohen, sondern ganz im Gegenteil: weil auch die deutsche Regierung nicht früh genug offen gegen die US-Pläne protestierte. Denn auch wenn Bush jetzt kaum noch zu stoppen ist, es spricht einiges dafür, dass es innerhalb des letzten Jahres mehrmals die Chance gab, die US-Regierung davon abzubringen, sich auf einen Irakkrieg festzulegen.

      Spätestens im November 2001 hätten die Verbündeten aufhorchen müssen. Damals setzte Bush erstmals Staaten, die nach Auffassung der USA den Besitz von ABC-Waffen anstreben, mit Staaten gleich, die Terroristen beherbergen. Mitglieder der Bush-Regierung sprachen die Konsequenz öffentlich aus: Der "Krieg gegen den Terror" sollte auch ein Krieg gegen den Irak werden. Die Proteste aus Europas Hauptstädten waren bestenfalls zögerlich. Bush musste zu der Überzeugung gelangen, dass die Verbündeten seine Linie heimlich gutheißen. Im Frühjahr folgte eine zweite Runde der offenen Drohungen durch einflussreiche Bush-Berater. Wieder keine deutlichen Reaktionen, auch nicht aus Berlin. Besser konnte man die US-Regierung nicht zu einem Kriegskurs gegen den Irak ermutigen.

      Jetzt ist es wohl zu spät, um gegenzusteuern. Aber es könnte sich lohnen, aus den Fehlern des letzten Jahres zu lernen. Es wäre hilfreich, kriegerische Sprüche aus Washington künftig ernster zu nehmen und den Mund schon aufzumachen, solange ein Kurswechsel noch möglich ist. Eine Garantie, künftige Kriegspläne der USA abzuwenden, ist das nicht. Aber einen Versuch wäre es wert.

      inland SEITE 8, ausland SEITE 11
      taz Nr. 6858 vom 20.9.2002, Seite 1, 85 Zeilen (Kommentar), ERIC CHAUVISTRÉ, Leitartikel
      Avatar
      schrieb am 20.09.02 11:16:49
      Beitrag Nr. 405 ()
      .




      Aus der Sicht eines US-Amerikaners.....

      Gerhard Schröder war noch viel zu leise: Die Amerikaner lieben deutliche Kritik

      Vom Nachteil, kein Amerikaner zu sein
      / Von Norman Birnbaum


      Angenommen, ein wiedergewählter Kanzler Gerhard Schröder würde dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen den Vorschlag unterbreiten, einen Regimewechsel in den Vereinigten Staaten zu erzwingen - weil die amerikanische Außenpolitik die eines Schurkenstaates sei, weil das amerikanische Wahlsystem einige Grundprinzipien der Demokratie ignoriere und weil der amerikanische Kapitalismus nur durch einen Wechsel zur Sozialen Marktwirtschaft zivilisiert werden könne. 262 Jahre nach der Verkündung der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung, so könnte der Kanzler argumentieren, seien deren Versprechen immer noch unerfüllt. Eine internationale Streitmacht müsse die Vereinigten Staaten vor sich selbst retten. Was würde geschehen?

      Vermutlich würde Edmund Stoiber in einer ersten Reaktion erklären, er stimme im Prinzip zu, müsse Schröder aber vorwerfen, den deutschen Föderalismus nicht energisch genug als Vorbild für eine reformierte amerikanische Verfassung beschworen zu haben. Das Pentagon würde ankündigen, die Zahl der Nachbarschaftsfeste auf den amerikanischen Stützpunkten in Deutschland zu vervielfachen. Das Außenministerium in Washington ließe verlauten, daß die Zusammenarbeit zwischen den beiden Nationen nicht gefährdet sei, da sich Offenheit unter Freunden von selbst verstehe. Nur die eigens aus der Reklameindustrie rekrutierte Medienberaterin von Colin Powell würde deutlicher werden: Es sei klar, daß Schröder die falschen Bücher gelesen habe. Von der israelischen Lobby käme die übliche Reaktion in Form des klassischen Telegramms aus Jerusalem: Fangt an, euch Sorgen zu machen, Details folgen. Und unsere Deutschland-Experten würden wie ein Mann einen einzigen Gedanken verkünden: Schröders Vorschlag ist ein Wahlgeschenk an die Linke.

      Das Problem meines Gedankenspiels besteht darin, daß ungewiß ist, ob sich neben den Genannten irgend jemand in den Vereinigten Staaten um die Initiative des Kanzlers scheren würde. Wir bewohnen einen gewaltigen Kontinent, der die größte geistige Provinz der Welt ist. Nur einer von vier Amerikanern liest regelmäßig eine Tageszeitung, und nur jeder fünfte interessiert sich für Nachrichten aus dem Ausland. Was immer in Deutschland geschehen mag, es wird kaum je die Turbulenzen an der Börse oder einen spektakulären Mordprozeß aus den Schlagzeilen verdrängen. Und wenn sich doch einmal ein Ereignis im Ausland in die Abendnachrichten verirrt, dann bestärkt es nur den in Amerika verbreiteten Eindruck, der Rest der Welt leide vor allem unter einem gewaltigen Nachteil: nicht die Vereinigten Staaten zu sein.

      Was war noch mal in Hambach?

      Das erklärt den Neid, den Groll und das Unverständnis, mit dem immer wieder auf unser bewaffnetes Wohlwollen reagiert wird. Die europäische Vorliebe für Krankenversicherungen, Umweltschutzgesetze, öffentliche Investitionen in Bildung und Verkehr und überhaupt die Zweifel der Alten Welt an der Identität von Markt und Gesellschaft gelten hierzulande als Beweise seltsamer Rückwärtsgewandtheit. Auch die europäische Abneigung gegen die Todesstrafe und der Widerwille gegen den Einsatz militärischer Mittel scheinen von der Unfähigkeit des alten Kontinents zu zeugen, zwischen Dichtung und Wahrheit zu unterscheiden. Daß Europäer wirtschaftliche Risiken scheuen, irritiert zumal amerikanische Ökonomen, die sich lebenslanger Arbeitsplatzgarantien in Universitäten und internationalen Organisationen erfreuen. Die europäische Friedenssehnsucht wird von Schreibtischhelden gerügt, die nie Militärdienst geleistet haben.

      Vor diesem Hintergrund lassen sich die öffentliche Indifferenz in den Vereinigten Staaten gegenüber der Ankündigung der deutschen Regierung besser verstehen, sich nicht an einem Krieg gegen den Irak zu beteiligen - und die heftigen Reaktionen in unserer außenpolitischen Elite. Viele von ihnen scheinen von einer ideologischen Variante des Veitstanzes befallen. Sie sprechen in Orwellscher Einmütigkeit: Schröder biedere sich der Linken an. Er isoliere sich von den anderen Europäern (ein Vorwurf, den vor allem jene erheben, die üblicherweise behaupten, die Europäer könnten sich sowieso nie einigen). Er habe Deutschlands Gewicht in der Welt auf Null reduziert - ein beliebter Hinweis derer, die sich sonst stets über den Irrglauben der Europäer mokieren, sie besäßen irgendeinen Einfluß. Die "Washington Post" deutete an, Schröder fehle es an Mut: Ausweis der amerikanischen Vorliebe, internationale Angelegenheiten als Exerzierplatz männlicher Tugenden zu betrachten. Aber auch die Enttäuschung, die die CDU/CSU bei ihren Freunden in Amerika ausgelöst hat, provozierte betretenes Schweigen. Es war schon schlimm genug, daß Stoiber erklärte, er wolle in der Wirtschaftspolitik keine amerikanischen Verhältnisse. Ein Schock jedoch war es, daß auch er die Solidarität mit Amerika nicht zum Glaubensbekenntnis erhob. Alteingesessene Atlantiker in Washington trauern bereits großen Bayern wie Richard Stücklen nach.

      Viele, die in diesen Chor eingestimmt haben, wissen sehr wenig über Deutschland. Das gilt leider auch für viele unserer Deutschland-Experten. Sie sind von intimen Kenntnissen deutscher Kultur und Geschichte unbelastet. Die meisten von ihnen haben Wirtschaftswissenschaften, Jura oder Politik studiert, wohl auch einige Zeit in Deutschland verbracht, aber sie kennen meist nur ihre deutschen Kollegen. Die wenigsten Amerikaner, die sich mit "internationaler Sicherheitspolitik" beschäftigen, dürften den "Rückversicherungsvertrag" kennen, das Hambacher Fest oder die Bedeutung des Historikerstreits. Kaum einer von ihnen weiß, wer Fritz Fischer war, und die Debatte über die Wiederbewaffnung ist ihnen völlig fremd. Von der Geschichte ihres Heimatlandes wissen sie auch nicht viel mehr. Kurz, sie sind Karrieristen, die nichts so sehr fürchten, wie als Exzentriker verschrieen zu werden. Deshalb bevorzugen sie räumliche Beschreibungen von Politik, in denen es darauf ankommt, in der Mitte zu stehen statt am Rand. Die Kategorien von richtig oder falsch verblassen dagegen.

      Natürlich gibt es Ausnahmen, aber nicht selten sind unsere Generäle nachdenklicher als unsere Professoren. Wohl wahr, es lehren einige glänzende Deutschland-Kenner an unseren Hochschulen. Aber differenziertes Denken ist kein Vorzug im Ringen um Einfluß auf die amerikanische Politik. Solange wir nicht den öffentlichen Raum wieder fruchtbar machen, der von jener Hälfte der Bevölkerung verwüstet worden ist, die nicht wählen geht, so lange wird auch unsere Debatte über auswärtige Politik von den Halbgebildeten beherrscht werden.

      Schröder fehlt ein Weltbild

      Hat nun Schröders Ablehnung einer Invasion im Irak den amerikanischen Kritikern von Bushs imperialen Ambitionen geholfen? Es gibt ja durchaus Kongreßabgeordnete, die erhebliche Zweifel an der Weisheit und Notwendigkeit eines Schlages gegen den Irak haben. Unter ihnen sind viele schwarze Parlamentarier, da deren Wähler, nicht die Stimmberechtigten in den wohlhabenden Vororten, sich um ihre Söhne in der Armee sorgen müssen. Auch Tom Daschle, der Sprecher der demokratischen Mehrheit im Senat, und der demokratische Präsidentschaftskandidat John Kerry aus Massachusetts geben sich bislang skeptisch. Aber alles in allem sind die Demokraten ebenso provinziell wie die Republikaner. Nur sehr wenige der wichtigsten sozialkritischen Abgeordneten pflegen Kontakte mit ihren Kollegen im Deutschen Bundestag. Die SPD ihrerseits hat lange auf "New Democrats" wie Al Gore und Senator Lieberman gesetzt, die freilich in Fragen von Krieg und Frieden mit der Israel-Lobby übereinstimmen. Die jüngste Wende in der innenpolitischen Debatte in Amerika hin zu Fragen von Umverteilung, Regulierung und sozialem Ausgleich hat die SPD jedenfalls überrascht. Es ist aber genau diese Wende, die eine Voraussetzung für die Ablehnung der Außenpolitik der Bush-Regierung ist: Ein sich imperial gerierendes Amerika kann sich weder ökonomisch noch moralisch die soziale Demokratie in der Tradition des "New Deal" leisten.

      Wenn Schröder jetzt kurz vor der Wahl wegen seiner Irak-Politik Opportunismus vorgeworfen wird, so hat er sich das selbst zuzuschreiben. Er hat sich um Politikfelder wie die Bekämpfung der globalen Armut oder den Entwurf einer neuen internationalen Ordnung nicht gekümmert. Sein Widerstand gegen einen Krieg mit dem Irak wäre einleuchtender, wenn er Teil einer schlüssigen Weltsicht wäre. Zur Durchsetzung dieses Weltbildes aber hätte Schröder erheblich größere Anstrengungen unternehmen müssen, die deutsch-französischen Beziehungen zu modernisieren. Und er wäre verpflichtet gewesen, der britischen Labour Party therapeutische Hilfe anzubieten, um Tony Blair von einer englischen Krankheit zu heilen: systematische Heuchelei.

      Schröders Irak-Initiative schließlich hätte auch mehr Resonanz in den Vereinigten Staaten gefunden, wenn ihr ein energischeres deutsches Engagement für eine neue internationale Gesellschaftsordnung vorangegangen wäre. In der amerikanischen Zivilgesellschaft existiert ein breites Spektrum von Gruppen - die katholische und fortschrittliche protestantische Kirchen, säkulare und liberale Juden, Umweltschutz- und Menschenrechts-Aktivisten, Fraueninitiativen, Gewerkschaften - deren Ansichten über Amerikas Rolle in der Welt sich grundlegend von Bushs ängstlichem Triumphalismus unterscheiden. Ein Europa, das sich zu seinen Traditionen bekennen würde, zu den christlich-sozialen wie zu den sozialdemokratischen, würde eine großmütige Außenpolitik befördern. Im vergangenen Jahrhundert, vor allem in den ersten Jahrzehnten, haben wir viel von Europa gelernt. Noch immer gilt: besser spät als nie.

      Schröders Weigerung, sich am Krieg zu beteiligen, ist eine Rückkehr zu den Quellen seines politischen Engagements. Wie die deutsche Öffentlichkeit würde er gut daran tun, die Attacken jener zu ignorieren, deren Geschichtsphilosophie "Ihr seid entweder für uns oder gegen uns" ein Ausdruck geistiger Armut ist. Schröder, wie unvollkommen auch immer, hat seine Schlüsse aus der deutschen Geschichte gezogen. Während ich dies schreibe, versucht der amerikanische Regierungsapparat verzweifelt, das Undenkbare zu verhindern: eine internationale Vereinbarung, die einen Krieg gegen den Irak überflüssig machen würde. Eine neue deutsche Regierung, soviel kann man als Kulturkritiker feststellen, wird daher in Zukunft, wenn sie es ernst meint, häufiger mit den Vereinigten Staaten streiten müssen, nicht weniger. Es ist Schröders Verdienst, nicht vom wahren Schlachtfeld geflohen zu sein.

      Aus dem Amerikanischen von Heinrich Wefing.

      Der Autor, Jahrgang 1926, ist Professor emeritus an der Georgetown University, Washington, D.C. Wir setzen mit seinem Beitrag die Diskussion über Gerhard Schröders Abwendung von der "uneingeschränkten Solidarität" mit den Vereinigten Staaten fort, die Christian Geyer (Feuilleton vom 18. September) eröffnet hat.

      Frankfurter Allgemeine Zeitung, 20.09.2002, Nr. 219 / Seite 39
      Avatar
      schrieb am 20.09.02 18:53:33
      Beitrag Nr. 406 ()
      antigone #403,

      malik war anfang der woche in einem längeren gespräch auf 3sat zu sehen.

      war durchaus sehenswert.
      Avatar
      schrieb am 21.09.02 11:14:28
      Beitrag Nr. 407 ()
      Leider passt das nur zu "gut" in das Gesamtbild:



      Bush erklärt seine neue Strategie

      WASHINGTON dpa Die US-Regierung hat jetzt in einem Dokument die bisherigen Sicherheitsstrategien der Eindämmung und Abschreckung offiziell für "tot" erklärt.

      Sie setzt auf Präventivschläge als Vorbeugung gegen Attacken, während bisher das Prinzip einer abgestuften Antwort auf Angriffe galt.

      Diese neuen Positionen, die sich in den Plänen für einen möglichen Angriff gegen den Irak widerspiegeln, sind in einem Strategiepapier niedergelegt, das Präsident George W. Bush gestern dem Kongress zuleitete.

      Der New York Times zufolge ist das Bush-Papier vom Ton und Inhalt weitaus "muskulöser" als alle Strategiedokumente seit der Reagan-Ära.

      Manche Passagen wurden sogar als aggressiv beschrieben.


      taz Nr. 6859 vom 21.9.2002, Seite 10, 25 Zeilen (Agentur)

      -------------------------------------------------------------
      Woran erinnert mich nur der Begriff des "Ermächtigungsgesetzes" ???? :mad:



      Bush will Ermächtigungsgesetz

      Der US-Kongress soll dem Präsidenten erlauben, im Konflikt mit dem Irak jedes Mittel anzuwenden, das ihm geeignet erscheint.
      Außenminister Powell will Inspekteure erst nach neuer Resolution des Sicherheitsrates ins Land lassen


      BERLIN taz Mit weitgehender Zustimmung haben die Abgeordneten und Senatoren des US-Kongresses auf den Entwurf einer Irakresolution des US-Präsidenten reagiert, die am Donnerstagnachmittag in Washington bekannt geworden war. Darin autorisiert der Kongress jedwede Handlung des Präsidenten, einschließlich der Anwendung von Gewalt, um gegenüber dem Irak die Forderungen der verschiedenen Resolutionen des Weltsicherheitsrates durchzusetzen und die nationalen Sicherheitsinteressen der USA und Frieden und Sicherheit der Region zu verteidigen.

      Wenn der UN-Sicherheitsrat da nicht mitzieht, so war aus dem Weißen Haus zu vernehmen, werde die US-Regierung selbstständig handeln.


      Hans Blix, Chef der UN-Waffeninspekteure, hatte am Donnerstag einen Zeitplan für die Wiederaufnahme der Kontrollen veröffentlicht. Demnach könnte ein erstes Inspektionsteam ab dem 15. Oktober im Irak sein.

      US-Außenminister Colin Powell drängte indessen weiterhin auf eine neue Resolution des UN-Sicherheitsrates. Er kündigte an, die Rückkehr der Inspekteure in den Irak ohne eine solche Resolution blockieren zu wollen. Die Resolution müsse die Androhung harter Strafmaßnahmen enthalten, sollte Irak den Inspekteuren irgendwelche Hindernisse in den Weg legen: "Wir spielen keine Spielchen, wir stehen auch nicht herum und debattieren mit ihnen", sagte Powell vor dem Auswärtigen Ausschuss des Repräsentantenhauses.

      Powell forderte den Kongress auf, zur Unterstützung seiner diplomatischen Bemühungen den Resolutionsentwurf des Präsidenten klar zu befürworten. Das dürfte auch gelingen: Sowohl der demokratische Mehrheitsführer im Senat, Tom Daschle, als auch der demokratische Fraktionschef im Repräsentantenhaus, Dick Gephardt, signalisierten ihre Bereitschaft zur überparteilichen Zusammenarbeit. Es gebe lediglich in einigen Formulierungen einen kleineren Dissens, der aber leicht lösbar sei. So sei es etwa einigen demokratischen Abgeordneten aufgestoßen, dass in der letzten Zeile der Resolution allgemein von der Anwendung von Gewalt zur Wiederherstellung des Friedens und der Sicherheit in der Region die Rede sei: "Das ist vielleicht ein bisschen zu ehrgeizig", sagte etwa der Demokratische Senator Evan Bayh, ein Unterstützer militärischer Gewalt gegen Irak: "Autorisiert das auch eine Invasion im Iran? Was ist mit Syrien? Die sind auch in der Region. Wir sollten konzentriert bleiben."

      BERND PICKERT

      taz Nr. 6859 vom 21.9.2002, Seite 10, 83 Zeilen (TAZ-Bericht), BERND PICKERT
      Avatar
      schrieb am 21.09.02 11:37:27
      Beitrag Nr. 408 ()
      Diesen "Hammer" kann man ruhig zweimal bringen.


      Bush setzt auf "Präventivschläge"
      Neue US-Militärdoktrin: Abkehr vom Abschreckungsprinzip

      Die Verschiebung der US-Militärstrategie vom bisherigen Abschreckungsprinzip zu einer Option des "Präventivschlags" gegen feindliche und terroristische Staaten wird jetzt offiziell. Wie die New York Times berichtete, wollte Präsident George W. Bush noch am Freitag ein Dokument veröffentlichen, in dem die neue Doktrin erstmals ausführlich erläutert und begründet wird.


      WASHINGTON / NEW YORK, 20. September (afp/dpa/FR). Nach Angaben der New Yorker Zeitung erklärt die US-Regierung in dem neuen Strategiepapier die bisherigen Strategien der Eindämmung und Abschreckung offiziell für "tot". Sie setzt nun auf militärische "Präventivschläge" als Vorbeugung gegen feindliche Attacken, während bisher das Prinzip einer abgestuften Antwort auf Angriffe galt. Die neuen Positionen spiegeln sich bereits in den Plänen für einen Angriff gegen Irak wider.
      Der US-Kongress verlangt von jedem Präsidenten ein Sicherheitskonzept. Das Dokument, das die New York Times auf ihrer Internetseite www.nytimes.com unter dem Titel "Bushs Nationale Sicherheitsstrategie" veröffentlichte, ist der Zeitung zufolge vom Ton und Inhalt weitaus "muskulöser" als alle Strategie-Dokumente seit der Reagan-Ära. Manche Passagen werden als "aggressiv" beschrieben.
      So wird in der Vorlage erstmals betont, dass die USA nie wieder zulassen würden, dass ihre militärische Überlegenheit derart in Frage gestellt werde wie im Kalten Krieg mit dem Ostblock. Präsident Bush habe nicht die Absicht, "irgendeiner ausländischen Macht zu gestatten, den riesigen (militärischen) Vorsprung aufzuholen, den die USA seit dem Fall der Sowjetunion aufgebaut" hätten, heißt es. Experten sehen darin eine indirekte Warnung an aufstrebende Mächte wie etwa China.
      Zum Konzept der Abschreckung heißt es, es sei angesichts einer veränderten Welt unmöglich, jene abzuschrecken, "die die USA hassen und alles, was die USA verkörpern". Die USA müssten fähig sein, "Schurkenstaaten" und von diesen unterstützte Terroristen "zu stoppen, bevor sie die USA, unsere Verbündeten und Freunde mit Massenvernichtungswaffen bedrohen oder angreifen können". Die US-Regierung macht auch klar, dass sie von den meisten Verträgen zur Nichtweiterverbreitung von Waffen wenig hält und auf eine Strategie der "Weiterverbreitungs-Abwehr" setzt - etwa in Form zwangsweiser Entwaffnung. Zugleich heißt es, die USA würden "aktiv dazu beitragen, die Hoffnung auf Demokratie, Entwicklung, freie Märkte und freien Handel in jede Ecke der Welt zu tragen".



      Ich kann diesem verkommenen Abschaum nur wünschen, daß er sich sein eh schon vollkommen verkrüppeltes wirtschaftliches Standbein wegschießt!!! Traurig dabei: Der Rest der Welt muß dann hinterher stürzen.
      Avatar
      schrieb am 21.09.02 11:43:03
      Beitrag Nr. 409 ()
      @Deep Thought,

      sind wir wieder dabei das schleichende Gift des antiamerikanismus zu verbreiten!:rolleyes: Hertha Däubler-Gmelin hat es geschafft das zu sagen was der Kanzler in geheimer Runde bereits gesagt hat!:rolleyes:


      Hertha Däubler-Gmelin hat es geschafft das zu sagen was der Kanzler in geheimer Runde bereits gesagt hat!

      Herr Schröder und Herr Fischer sind im herzen Ausländerfeindlich!:mad:
      Avatar
      schrieb am 21.09.02 12:00:32
      Beitrag Nr. 410 ()
      Hallo Albatossa,

      ich bin nicht Deep Thought. Donnerkeil!!

      Wenn Du was sagen möchtest, dann tu das doch. Donnerkeil!!
      Avatar
      schrieb am 21.09.02 12:08:13
      Beitrag Nr. 411 ()
      US-Senator: Gewinnt Schröder, sollten wir über Truppenabzug nachdenken
      Die Atmosphäre in den deutsch-amerikanischen Beziehungen wird immer frostiger. Der einflussreiche US-Senarot Jesse Helmes denkt sogar über das Undenkbare nach: einen Abzug der US-Truppen aus Deutschland.


      dpa WASHINGTON. Der namhafte US-Politiker Senator Jesse Helms tritt dafür ein, dass der Kongress im Fall einer Wiederwahl von Bundeskanzler Gerhard Schröder über einen Truppenabzug aus Deutschland nachdenkt. In einer am Donnerstag in Washington veröffentlichten Erklärung kritisiert der Senator die Haltung Schröders gegen einen Irak-Krieg in scharfer Form und wirft ihm vor, die Beziehungen zu den USA so schwer beschädigt zu haben, dass sie nur schwer zu reparieren seien.
      „Die anti-amerikanische Kampagne von Kanzler Gerhard Schröder stößt mich ab, und ich bin keineswegs der einzige Amerikaner mit solchen Gefühlen“, schreibt Helms, ranghöchster Republikaner im Auswärtigen Senatsausschuss. Im „offensichtlichen zynischen Bemühen“, die Bundestagswahl am Sonntag auf Kosten Amerikas und der NATO zu gewinnen, greife Schröder die USA an.
      „Viele meiner Kollegen auf beiden Seiten (Republikaner und Demokraten) werden die Ergebnisse der Wahl sehr genau verfolgen“, fährt Helms fort, der in wenigen Monaten aus Altersgründen aus dem Kongress ausscheiden wird. Wenn Schröder durch die Amerika-Attacken gewinne und Deutschland sich nicht „den anderen mehr verantwortungsbewussten Führern in Europa“ in einem konstruktiven Dialog über die besten Wege zur Auseinandersetzung mit dem Irak anschließe, „dann muss der Kongress ernsthaft einen Truppenabzug aus Deutschland erwägen“. Die Truppen sollten dann auf dem Territorium von NATO-Partnern stationiert werden, „die die USA unterstützen und im 21. Jahrhundert bedeutend für die Allianz sein wollen“.


      Nimm deine Helden und hau ab!!!
      Avatar
      schrieb am 22.09.02 00:05:50
      Beitrag Nr. 412 ()
      Nach dem inzwischen erfolgten Truppenabzug der UDSSR-Besatzer nun auch ein Angebot der US-Seite... :eek:

      egal, aus welcher Motivation heraus :D das Angebot kommt:

      ZWEI historisch einmalige Chancen in nur wenig mehr als einem Jahrzehnt???? Da heißt es: BEHERZT ZUGREIFEN !!!

      Den unverschämten US-Botschafter in deutschland, der sich Frechheiten rausnimmt, die in jedem anderen LAnd zu schweren Verwicklungen führten, können sie gleich in die Südstaaten reimportieren.

      Gruß

      D.T.
      Avatar
      schrieb am 22.09.02 00:16:34
      Beitrag Nr. 413 ()
      US-DIPLOMATIE

      Demokraten kritisieren Bushs neue Präventivschlag-Doktrin

      Mit Skepsis und Sorge hat die US-Opposition in auf die neue Sicherheitsstrategie von US-Präsident George Bush reagiert, die auf Stärke und vorbeugende Militärschläge setzt.


      Washington - In dem am Freitag vorgelegten, 31 Seiten langen Dokument der US-Regierung werden Eindämmung und Abschreckung offiziell für tot erklärt. Politiker und Fachleute der Demokratischen Partei äußerten nach Medienberichten vom Samstag die Befürchtung, dass andere Staaten wie Russland, nun ebenfalls Präventivangriffe zu ihrer offiziellen Politik machen könnten.
      Der russische Außenminister Igor Iwanow bekräftigte vor der Presse in Washington, dass "jede Gewaltanwendung gegen irgendein Land durch den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen autorisiert werden muss". Alle Länder der Welt sollten dieser Vorgabe der Uno-Charta folgen.


      In der neuen Doktrin wird betont, dass die USA für den Anti-Teror- Kampf ihre militärische Überlegenheit behaupten und Gefahren beseitigen müsse, "bevor sie unsere Grenzen erreichen". Falls nötig würden sie allein handeln und präventiv Gewalt anwenden. Ein hoher Regierungsbeamter erläuterte, dass dies für einen begrenzten Kreis von Problemen gelte. Staaten wie Russland und Indien sollten es nicht als Rechtfertigung für Aggression benutzen. :laugh:

      In dem Dokument heißt es, dass die USA beispiellose Stärke und beispiellosen Einfluss besäßen, aber auch ebensolche Verantwortungen und Verpflichtungen. Sie müssten ihre Stärke einsetzen, um ein Gleichgewicht der Macht zu fördern, das für die Freiheit eintritt. Washington verfolge einen "ganz bestimmten amerikanischen Internationalismus, der unsere Werte und nationalen Interessen Reflektiert". Die USA würden sich stets um internationale Unterstützung bemühen, seien falls nötig aber zum alleinigen Handeln bereit. :laugh: :mad:

      "Die USA müssen und werden die Fähigkeit bewahren, jeden Versuch eines Feindes abzuwehren - sei es eine staatliche oder eine nicht- staatliche Kraft - den Vereinigten Staaten, unseren Verbündeten oder unseren Freunden ihren Willen aufzuzwingen", wird in dem Dokument betont. Der US-Beamte sagte, die USA wollten "den Aufstieg einer gegnerischen militärischen Macht nicht zulassen". Dies bedeute aber nicht, dass nun die Europäer nicht mehr ihre Verteidigungsfähigkeit verbessern sollten und "dass die USA allein militärisch allen anderen hoch überlegen sein wollen".

      Bisher spielte das Prinzip einer abgestuften Antwort auf Angriffe in der US-Sicherheitspolitik die Hauptrolle. In dem Text heißt es zum bisherigen Konzept der Abschreckung und Eindämmung, eine derartige Strategie sei in einer veränderten Welt nicht wirkungsvoll. Es sei unmöglich, jene abzuschrecken, "die die USA hassen und alles, was die USA verkörpern". Die US-Regierung macht auch klar, dass sie von den meisten Verträgen zur Nichtweiterverbreitung von Waffen wenig hält und stattdessen auf eine Strategie der "Weiterverbreitungsabwehr" setzt - etwa in Form zwangsweiser Entwaffnung.


      Spiegel.de



      Die letzten 2 Sätze würde man als Fundamentalistisch brandmarken, wenn... sie nicht von Bush wären..... ;) :laugh:


      So lehnen wir uns jedoch ganz entspannt zurück - es ist ja nur ein Ermächtigungsgesetz, welches sämtliche Menschenrechte, internationale Regeln und Abkommen , auch die Einrichtung der vereinten Nationen, die in den letzten Jahrzehnten zum Schutz vor Leid und Vernichtung geschaffen wurden, ausser Kraft setzt.

      Mehr ja nicht.... :mad:
      Avatar
      schrieb am 22.09.02 16:09:04
      Beitrag Nr. 414 ()
      Der offene Brief an G. W. Bush vom Präsidenten Ledermann von A.R.T.I.S.T., einer Künstlerorganisation:

      Offener Brief an Präsident G. W. Bush - 02.02.2001

      Sehr geehrter Präsident Bush,

      Als jüdischer Sohn eines US-Veteranen, dessen Vater im Zweiten Weltkrieg in Nazi-Deutschland gekämpft hat, bin ich über Ihre Verbindungen zum Dritten Reich, zum Anti-Semitismus und zur Eugenik tief beunruhigt. In zahlreichen Büchern, Zeitungsartikeln und auf Tausenden von Webseiten wird auf diese Verbindungen Bezug genommen.

      Ich selbst habe zwei Jahre lang recherchiert und mich so davon überzeugen können, dass diese Anschuldigungen gegen drei Generationen Ihrer Familie ernst zu nehmen sind. Unter den bekannten Autoren, welche die Bush-Familie in eine direkte Verbindung zu Nazi-Deutschland bringen, ist der frühere Ankläger der Abteilung des US-Justizministeriums zur Verfolgung von Nazi-Kriegsverbrechen, John Loftus, heute Präsident des Florida Holocaust Museums.

      Obwohl ich Sie nicht gewählt habe, und obwohl die Präsidentenwahlen des Jahres 2000 von ihrer Legitimität her fragwürdig waren, erkenne ich Sie als Präsidenten der Vereinigten Staaten an. Daher ist es wichtig, dass Sie selbst auf diese Thematik eingehen.

      Während des Wahlkampfs war auf Ihrer Seite eine konzertierte öffentliche Anstrengung zu beobachten, solchen Gruppen, wie den Afro-Amerikanern und den Behinderten, die Hände zu reichen - eben denen, die von Ihrer Familie in der Vergangenheit zum Ziel von Vernichtungs- und Sterilisationsbemühungen gemacht worden waren. Ich möchte gern glauben, dass diese Anstrengung Ausdruck einer tiefgehenden inneren Veränderung ihrerseits und nicht nur zynische Wahlwerbung gewesen ist, mit der sie die Menschen ihre Familiengeschichte vergessen lassen wollten, oder - schlimmer noch - eine Taktik zur Verschleierung von noch mehr Schrecklichem in der Zukunft.

      Sie geben häufig an, ein Mann des Glaubens zu sein, ein wiedergeborener Christ. Sowohl das Alte als auch das Neue Testament, aus dem Sie täglich lesen, legen großen Wert auf Reue und Vergebung.

      In diesem Zusammenhang wäre es angemessen, dass sie Stellung zu diesen Anschuldigungen beziehen, entweder indem Sie diese zurückweisen oder sie anerkennen, und falls sie zutreffen sollten, sollten sie diese dem Volk gegenüber öffentlich vertreten. Dies könnte eher noch als leere Rhetorik und politische Selbstdarstellung die Heilung hervorbringen, die Sie anstreben.

      Zum Zwecke der Klarheit werde ich einige Einzelheiten der vier hier hauptsächlichen Anschuldigungen auflisten und kurz zusammenfassen, und ich bitte Sie, auf diese Anschuldigungen einzeln zu antworten. Quellenangaben aus Büchern, Zeitungen und Webseiten von Denkfabriken und Stiftungen, die sich mit Ihnen befassen und welche die einzelnen Anschuldigungen belegen, können auf der Webseite und in den Texten gefunden werden, die am Ende dieser Nachricht aufgeführt sind.

      1. DIE BUSH-FAMILIE FINANZIERTE HITLER

      Ihr Großvater Prescott Bush (dessen Portrait nun im Oval Office des Weißen Hauses hängt) und sein Schwiegervater, George Herbert Walker (nach dem Sie benannt sind), waren geschäftsführende Direktoren, Anteilseigner und Vorstandsmitglieder von Brown Brothers Harriman, einst das bedeutendste private Bankhaus Amerikas. In dieser Eigenschaft leiteten sie persönlich einen Verband ineinander verflochtener Unternehmen, einschließlich der Hamburg-Amerika Shipping Line und der Union Banking Corporation. Im Jahre 1942 wurde eine Anzahl dieser Unternehmen zu Frontunternehmen der Nazis erklärt.
      Dies geschah durch die Aufsichtsbehörde für ausländisches Eigentum, welche die Einhaltung des Gesetzes über den Handel mit dem Feind überwachte. Dieses Gesetz war zuvor vom Kongress der Vereinigten Staaten verabschiedet worden.

      Diese Unternehmen fungierten als Kanäle, über die Hunderte Millionen von Dollar an Bargeld und in Form von strategisch bedeutender Kriegsausrüstung nach Nazi-Deutschland und zu IG Farben geschleust wurden, einem Öl-, Chemie- und Munitionskartell, das sich zur Hälfte im Besitz von John D. Rockefellers Unternehmen Standard Oil befand. Diese selbe IG Farben baute und betrieb Auschwitz sowie 40 weitere Sklavenarbeits- bzw. Vernichtungslager.

      Leider wurde diese beschämende Zusammenarbeit nach dem Zweiten Weltkrieg fortgesetzt. Viele der Unternehmen, wie General Motors, Alcoa, Monsanto, sowie die verschiedenen Ölfirmen, welche durch die von Ihnen ernannten Kabinettsmitglieder so überreichlich repräsentiert sind, waren ebenfalls enthusiastische Unterstützer Nazi-Deutschlands und in einer Anzahl von Fällen waren sie direkt in den Betrieb der Sklavenarbeits- bzw. Vernichtungslager der IG Farben, sowie den Holocaust und Eugenikmaßnahmen verwickelt.
      Der Ursprung Ihres Familienvermögens und Ihrer weitreichenden politischen und geschäftlichen Verbindungen können geradezu direkt auf das Dritte Reich zurückgeführt werden.

      2. DIE BUSH-FAMILIE REPRÄSENTIERT DREI GENERATIONEN VON EUGENIKERN

      Während Ihre öffentlichen Erklärungen viele Amerikaner dazu gebracht haben zu glauben, Sie seien prinzipiell gegen Abtreibung und strikt für gleiche Rechte der Minderheiten sowie der körperlich oder geistig Behinderten, so liefert eine nur kurze Recherche Ihres familiären Hintergrundes ein völlig anderes Bild. In enger Zusammenarbeit mit den Familien Rockefeller und Harriman - eine Verbindung, die mit der Finanzierung Hitlers begonnen hat - stand Ihre Familie beinahe 70 Jahre lang an vorderster Front der amerikanischen Eugenikbewegung.

      Ihr Vater und Ihr Großvater waren beide prominent in die Organisation Planned Parenthood (Elternschaftsplanung) verwickelt, dies noch zu einer Zeit, als die Organisation höchst fragwürdig war. Heute gilt Planned Parenthood als Fürsprecherin des Rechtes der Frauen zur freien Wahl. Als Ihr Vater und Ihr Großvater aber in diese Organisation verwickelt waren, stand sie noch in vorderster Linie einer landesweiten Bewegung für die Sterilisierung von Angehörigen der Minderheiten sowie körperlich oder geistig behinderter Menschen. Die Gründerin dieser Organisation, Margaret Sanger, hat in den Dreißiger Jahren Hitlers Rassegesetze begeistert unterstützt und sich bemüht, diese Gesetze überall in den Vereinigten Staaten einzuführen. Beide, Ihr Vater und Ihr Großvater, haben viele Jahre lang versucht, die Vermehrung der Menschen in der Dritten Welt zu begrenzen, weil sie diese Vermehrung als eine Bedrohung für die amerikanische Vorherrschaft ansahen. Zuzeiten, als Ihr Vater Abgeordneter im US-Kongress war, wurde ihm von dessen Kollegen der Spitzname Präser verliehen, weil er wie besessen für eine Begrenzung der Geburtenrate für Minderheiten eintrat.

      Wie auch Sie selber sowie viele Ihrer Berater, so haben auch Ihr Vater und Ihr Großvater dem Pioneer Fund (Pionier-Stiftung) angehört, einer privaten Eugenik-Stiftung mit Sitz in New York, die von Wycliffe Draper gegründet worden war. Draper und weitere Angehörige des Pioneer Fund halfen bei der Abfassung von Hitlers Rassegesetzen sowie von amerikanischen Gesetzen zur gerichtlich angeordneten Zwangssterilisierung, die einstmals in 30 US-Bundesstaaten rechtsgültig waren. Von eben diesen Gesetzen waren Hitlers Rassegesetze - die dann zum Holocaust führen sollten - inspiriert.

      William H. Draper III, ein Verwandter des Pioneer Fund-Gründers Wycliffe Draper und Zweiter Vorsitzender des Kommittees für Spendensammlungen für den Bush-Präsidentschaftswahlkampf im Jahre 1980, war gleichfalls ein führender Vertreter der weltweiten Eugenikbewegung. Dessen Vater, William H. Draper junior, war Direktor der German Credit and Investment Corporation (Deutsche Kredit- und Aufbauanstalt), eines Nazi-Frontunternehmens, mit dem Ihr Großvater Prescott Bush in Verbindung stand.

      Ihr Vater arbeitete als UN-Botschafter zusammen mit William H. Draper III und John D. Rockefeller III an der Ausweitung der Aktivitäten des Office of Population Control at the US Agency for International Development (USAID) (Amt für Bevölkerungskontrolle bei der US-Behörde für internationale Entwicklung). Im Vorwort zu dem 1973 erschienenen Buch World Population Crisis: The United States Response (Weltbevölkerungskrise: die Antwort der Vereinigten Staaten), lobte Ihr Vater die lebenslangen Bemühungen Rockefellers und Drapers um Eugenik.

      Mittlerweile glauben zahlreiche Forscher, die afrikanische AIDS-Epidemie sei auf eine der vielen verdeckten Bevölkerungskontrolltechniken zurückzuführen, die von USAID eingeführt worden sind.

      Als Vorsitzender der Task Force on Earth Resources and Population (Aktionsausschuss für Erdressourcen und Bevölkerung) der Republikanischen Partei ließ Ihr Vater den bekannten Rassen-Wissenschaftler William Shockley vor dem US-Kongress sprechen, damit Shockley für seinen Bonus Sterilization Plan werben konnte. Dieser Plan sah vor, Afroamerikanern, Drogensüchtigen und Behinderten finanzielle Anreize zu bieten, wenn sie sich freiwillig sterilisieren lassen würden, um damit Ausgaben für Wohlfahrtsunterstützung, Sozialleistungen und Kriminalität einzusparen.

      3. MITFÜHLENDER KONSERVATISMUS (compassionate conservatism) ALS NEUE EUGENIKPOLITIK

      Die meisten Amerikaner wissen, dass Sie als Gouverneur von Texas mehr Hinrichtungen verantwortet haben, als irgendein anderer US-Gouverneur oder führender Politiker in der Welt. Hingerichtet wurden auch Frauen, sowie geisteskranke und intelligenzretardierte Häftlinge. Gleichzeitig wies das von Ihnen regierte Texas die im US-Vergleich schlechteste Statistik in Bezug auf Rechtshilfe für Untersuchungshäftlinge auf. Ihr Guiness-Rekord für Hinrichtungen passt zu den auf Eugenik ausgerichteten Bemühungen Ihres Vaters und Großvaters.

      Eine Vielzahl der Mitglieder Ihres Stabs und Kabinetts waren entweder Lobredner Charles Murrays oder sie haben in direkter Verbindung zu diesem gestanden. Charles Murray ist Autor von Bell Curve (Glockenkurve), einem klassischen Eugeniktext, der beweisen will, dass Afroamerikaner genetisch unterwertig sind und also den geringsten Intelligenzqotienten aller Rassen aufweisen würden. Diese schlammige Theorie wird von Murray dann zur Rechtfertigung der Streichung von Wohlfahrtsunterstützung, von affirmative action, von Sozialprogrammen und zum Bau von noch mehr Gefängnissen genutzt - alles Vorstellungen, denen Sie eng verbunden sind. Fast alle Quellenangaben in Bell Curve lassen sich direkt auf den Pioneer Fund zurückführen, einer Eugenik-Organisation mit langjährigen Verbindungen zu Ihrer Familie.

      Zu Ihren Kabinettsvorschlägen und Beratern, die eine entweder organisatorische oder persönliche Verbindung zur Bell Curve haben, gehören Stephen Goldsmith, Tommy Thompson, Elaine Chou, Myron Magnet, Marvin Olasky, Linda Chavez, Karl Rove, Floyd Flake, Spencer Abraham und John Ashcroft. Selbst Ihre Berater in Fragen der Minderheiten besitzen Verbindung zur Bell Curve.

      Ihr Minister für Health and Human Services (Gesundheit und Dienstleistungen am Menschen), Thommy Thompson, stützte als Gouverneur von Wisconsin seine Wohlfahrtsreformen auf Murrays Buch und stellte Murray als Berater an. Ihr Chefberater für Innenpolitik, Stephen Goldsmith, schreibt Murray zu, die gesamte Wohlfahrts-Reformbewegung in den USA aufgebaut zu haben und bei einem Wohlfahrtsseminar am Manhattan Institute stellte er ihn kürzlich als großen Gelehrten vor. Myron Magnet, Autor eines Buches, das Sie angeblich nach der Bibel am stärksten beeinflusst haben soll, findet in beinahe jedem seiner Artikel lobende Erwähnung für Murray.

      Murrays rassistisch belastete Vorstellungen werden auf den Webseiten der Heritage Foundation, der Federalist Society und des Manhattan Institutes ausführlich zitiert und verschwenderisch gepriesen - hier handelt es sich um rechtslastige Denkfabriken, die mit Ihnen und durchgehend allen Ihrer Kabinettsernennungen eng verbunden sind.
      Auf einigen dieser Webseiten wird Murray Hunderte von Malen erwähnt, und dies immer als visionärer und brillanter Denker. Die soeben genannten Organisationen haben in bedeutender und vielfältiger Weise zu Ihrer Präsidentschaft beigetragen, und einige der Obersten Bundesrichter, die zu Ihrem Vorteil entschieden haben, sind dort Mitglieder.

      Die Bell Curve ist am Manhattan Institute entstanden, eben jener Denkfabrik, der sie öffentlich attestiert haben, die Quelle Ihrer politischen Ideen zu sein. Bis auf den heutigen Tag hin steht Murray gemeinsam mit einigen Ihrer engsten Berater auf denselben Rednerlisten.

      Den beiden Altmitgliedern des Manhattan Institute, John J. DiIulio Jr. und Stephen Goldsmith, haben sie soeben die Leitung einer viele Millionen Dollar schweren faith based initiative (von Glauben gestützter Initiative) übertragen, durch welche Sozialleistungen ersetzt werden sollen. Es passt zu den vielen hier in diesem Brief gemachten Angaben, dass der frühere CIA-Direktor William Casey - ein enger Verbündeter Ihres Vaters - Gründer des Manhattan Institutes war, und dass dies derselbe William Casey ist, der in den Jahren nach Ende des Zweiten Weltkrieges damit beschäftigt gewesen ist, Hunderte von in Eugenik verwickelte ehemalige Nazis in die USA zu bringen.

      4. IHRE HOFFNUNG, DAS CHRISTENTUM ZUR DE FACTO OFFIZIELLEN RELIGION DER USA ZU MACHEN

      Sowohl als Gouverneur von Texas als auch als US-Präsident haben sie zahlreiche öffentliche Erklärungen abgegeben, aus denen hervorgeht, das Christentum sei die offizielle Religion dieser Nation, ein Standpunkt, der offensichtlich auch von Ihrem Stab, Ihren Kabinettsmitgliedern und Ihren Beratern geteilt wird. Als Gouverneur führten Sie in Texas einen staatlichen Feiertag ein, den Jesustag. Es lässt sich nicht erkennen, dass sie jemals daran gedacht hätten, auch einen Mosestag, einen Buddhatag oder Mohammedtag einzurichten, obwohl doch viele Bürger Ihres Staates dem entsprechenden Glaubensgemeinschaften angehören.

      Anders als andere US-Präsidenten in der Vergangenheit, haben Sie nicht einen einzigen Angehörigen jüdischen Glaubens in Ihr ansonsten vielfältig zusammengesetztes Kabinett geholt, in dem sich lediglich ein Araboamerikaner, ein Sinoamerikaner, ein Japanamerikaner, ein Afroamerikaner und ein Kubaamerikaner finden lassen.
      Während Ihrer Präsidentschaftskampagne haben Sie öffentlich erklärt, dass nur diejenigen in den Himmel gelangen könnten, die Christus annehmen, was auch bedeutet, dass Angehörige anderer Religionen - speziell Juden - zur Hölle verdammt seien. Genau diese Behauptung hat über Jahrhunderte hinweg dazu gedient, Anti-Semitismus, religiöse Zwangskonversionen und Völkermord zu rechtfertigen. In Frage stehen hier nicht Ihre Glaubensansichten, sondern dass Sie meinten, diese herausstellen zu sollen, als Sie sich um das höchste Amt im Staate beworben haben und obwohl Sie aus der Geschichte wissen, dass dies ein Mittel ist, den Anti-Semitismus zu fördern.

      Während des Präsidentschaftswahlkampfes Ihres Vaters im Jahre 1988 wurde von einer jüdischen Zeitung bekannt gemacht, dass mindestens zehn ehemalige Nazis, darunter einige direkt in den Holocaust verwickelte SS-Vertreter, führende Positionen im Wahlkampfteam Ihres Vaters besetzt haben. Durch öffentlichen Druck wurden sie zum Rücktritt gezwungen, nahmen später jedoch die Zusammenarbeit mit Ihrem Vater wieder auf.

      Wie auch bekannt ist, ist Ihr Vater ein enger Freund, langjähriger Verbündeter und Geschäftspartner der königlichen Familie Saudi-Arabiens.

      Dasselbe gilt für Ihren Vizepräsidenten Dick Cheney. Diese korrupte, heftigst antisemitische Dynastie der Sauds, die in den Zwanziger Jahren von Wallstreet-Partnern aus dem Ölgeschäft Ihres Vaters an die Macht gebracht worden ist, hat zu den begeistertsten Unterstützern Hitlers gezählt.

      Der sogenannte Guru Ihrer Faith-based Initiative, Marvin Olasky, wechselte vom jüdischen zum christlichen Glauben über und versucht aktiv, auch andere Juden zum Glaubenswechsel zu bewegen. Im Unterschied zu einigen der Beteiligten in Ihrer Faith-based Initiative, ist Herr Olasky jedoch ehrlich genug zuzugeben, dass es im Rahmen von sozialen Aktivitäten, die durch Steueraufkommen finanziert sind, zu Bekehrungsbemühungen kommen soll.

      Im Lichte dieser Fakten sowie der jahrzehntelangen finanziellen Bemühungen Ihrer Familie um Nazi-Deutschland, ist es nur fair zu fragen, ob Sie Antisemit sind?

      Herr Präsident, ich habe Verständnis, dass Sie viele wichtige Aufgaben zu erledigen haben. Dennoch erscheint es mir von wesentlicher Wichtigkeit, dass sie diese Frage kurzfristig und bis ins Einzelne vollständig beantworten. Wiederholt haben Sie gesagt, Sie seien einer der Verbindendes und nicht einer der Trennendes sucht; was könnte dann besser helfen, die anhaltenden Zweifel von Millionen von Amerikanern bezüglich Ihrer Person, Ihres Kabinetts und Ihrer Präsidentschaft zu zerstreuen, als eine schnelle Beantwortung der hier gestellten Fragen.

      Das amerikanische Volk wäre sicherlich erleichtert, herauszufinden, dass all diese Anklagen falsch sind, und dass Sie tatsächlich der bescheidene Familienvater und wiedergeborene Christ sind, den uns Ihre Helfer und die Medienunternehmen so nachdrücklich bemüht sind zu zeigen.

      Quellen - neben zahlreichen anderen - in den folgenden Büchern und Artikeln:

      The Secret War Against the Jews, by John Loftus and Mark Aarons, St. Martin`s Press;

      Trading with the Enemy by Charles Higham, 1983; The Splendid Blond Beast: Money Law and Genocide in the Twentieth Century by Christopher Simpson, 1993; Blowback, by Christopher Simpson, Weidenfeld & Nicolson 1988;

      Old Nazis, the New Right, and the Republican Party by Russ Bellant

      Herr Präsident, in Erwartung Ihrer Antwort verbleibe ich

      Hochachtungsvoll

      Robert Lederman,
      President of A.R.T.I.S.T.
      (Artists Response To Illegal State Tactics) (718) 743-3722

      http://www.oldhippie.de/old_hippie_artist_brief.htm
      Avatar
      schrieb am 23.09.02 12:27:16
      Beitrag Nr. 415 ()
      Nach einem Irakkrieg könnten die Karten über die Ausbeutung des zentralasiatischen Öls neu gemischt werden

      BERLIN taz 19.9. Leere Autobahnen, Benzinrationierungen und ein überteuertes Heizöl - all das ist nicht in Sicht, selbst wenn es zu einem Militärschlag der Amerikaner gegen den Irak käme. Das zumindest behaupten die Delegierten der Organisation Erdöl exportierender Länder (Opec), die sich heute im japanischen Osaka zu ihrer Halbjahreskonferenz einfinden. 1973 hatten die arabischen Staaten Öl als Waffe gegen die meisten westlichen Industrienationen eingesetzt, wegen deren Unterstützung für Israel im Jom-Kippur-Krieg.

      Kein Opec-Land will dieses Szenario wiederholen. Dennoch ist die aller sechs Monate stattfindende Tagung diesmal alles andere als eine gewöhnliche Konferenz. Alles dreht sich um den Irak und nicht wie üblich um Prognosen über steigende oder sinkende Erdölnachfrage.

      Die generelle Unsicherheit auf den Ölmärkten ist seit den US-Drohungen gegen Saddam Hussein mit Händen zu greifen - und die Amerikaner versuchen mitzumischen. Zurzeit beträgt die Produktion der elf Opec-Länder offiziell 21,7 Millionen Fass pro Tag, doch haben in jüngster Zeit eine Reihe von Mitgliedern klammheimlich mehr als den ihnen zustehenden Anteil produziert und heimlich Geschäfte mit amerikanischen Firmen abgewickelt. Die Mehrproduktion beträgt derzeit 1,7 Millionen Fass pro Tag oder rund 8 Prozent der zu kompensierenden Menge wegen des Ausfalls des Iraks als Förderland.

      Der weltgrößte Ölproduzent Saudi-Arabien hat sich zwar bereit erklärt, irakische Ausfälle auch weiterhin auszugleichen und in großen Mengen amerikanische Ölkonzerne zu beliefern, doch niemand möchte die Frage beantworten, was passiert, wenn die Erdölraffinerien im Arabischen Golf unter direkten irakischen Beschuss geraten. Dabei ist dies ein durchaus plausibles Szenario im Falle eines US-Schlags gegen den Irak.

      Ein weiteres Szenario, das der Opec zunehmend Kopfzerbrechen bereitet, ist der Umstand, dass Washington nach einem Regimewechsel in Bagdad die irakischen Ölreserven selbst ausbeuten möchte - an der arabischen Welt vorbei. Seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion bemüht sich Washington verstärkt um die indirekte Kontrolle der kaspischen und zentralasiatischen Ölvorkommen. Mit Kasachstan schloss die amerikanischen Firma Chevron einen Exklusivvertrag ab zur Erschließung des angeblich größten bislang unerschlossenen Ölfeldes der Welt, des Tengis-Feldes am Kaspischen Meer. Und mit Aserbaidschan wurde vereinbart, die Erschließung aller drei großen Offshore-Felder vor der kaspischen Küste amerikanischen Konzernen zu überlassen. Der strategisch wichtigste Schritt: Das dort gewonnene Rohöl soll über Pipelines gen Norden geleitet werden, über den georgischen Schwarzmeerhafen Supsa und den russischen Hafen Noworossisk. Irakisches Öl soll dann künftig ebenfalls über diese Pipelineverbindungen in den Westen gelangen.

      Während der Transport des aserbaidschanischen Öls im Sinne der Amerikaner verläuft, kommt die Erschließung des Tengis-Feldes nicht voran. In den letzten Jahren waren es vor allem die Russen, die ihre Monopolposition als Transitland zum offenen Meer und damit zum Weltmarkt verteidigten. Moskau war vor allem verärgert, dass Washington keine russischen Firmen an der Erschließung von Tengis zum Zuge kommen ließ. Nach einem Irakkrieg der Amerikaner - geduldet von Russland - könnten die Karten über die Ausbeutung des zentralasiatischen Öls neu gemischt werden.

      Innerhalb der Opec verfolgt man diese Gedankenspiele mit großer Sorge und bastelt an Gegenstrategien, um zumindest teilweise die Pläne der Amerikaner und Russen zu durchkreuzen. Ein Machtmittel kann die Opec - Voraussetzung ist völlige Geschlossenheit aller Mitglieder - vorerst noch ausspielen: Selbst nach einem Sturz von Saddam würde es noch Jahre dauern, bis amerikanische Konzerne die irakischen Reserven wirtschaftlich ausschöpfen könnten.

      Zu viele Felder liegen im Irak brach, und die Pipelines sind veraltet. Mit Genugtuung nimmt man in Opec-Kreisen zur Kenntnis, dass die USA laut Internationaler Energieagentur (IEA) zurzeit nur noch über "ungemütlich tiefe" Vorräte verfügen. Gleichzeitig steigt zur Wintersaison hin auch der Bedarf an Heizöl. Ferner prognostiziert nicht nur die IEA für 2003 einen weiter steigenden Erdölbedarf. Noch sind die Amerikaner auf Opec-Öl angewiesen, und allein dieses Kartell bestimmt den Preis auf dem Weltmarkt. ROLAND HOFWILER
      Avatar
      schrieb am 23.09.02 18:38:33
      Beitrag Nr. 416 ()
      "Präsident Bush ist ein Mann des Öls und sonst nichts"
      US-Zukunftsforscher Jeremy Rifkin will Konflikte mit islamischen Staaten durch eine Energiewende verhindern: Wasserstoff ist sein Geheimnis für nachhaltigen Erfolg

      Die Europäer müssen sich nach Ansicht des US-Zukunftsforschers Jeremy Rifkin bei der Nutzung erneuerbarer Energien an die Spitze setzen. Sonst würden die schwindenden Ölreserven in den kommenden Jahrzehnten zu schweren Konflikten mit der islamischen Welt führen, wo das verbleibende Erdöl lagert. US-Präsident Bush sei leider zu keiner Änderung seiner gefährlichen Politik bereit, sagt Rifkin. Mit ihm sprach FR-Redakteur Karl-Heinz Karisch.

      FR:
      Mr. Rifkin, warum waren Sie nicht beim Umweltgipfel in Johannesburg, um dort Ihre Vision vorzutragen?

      Jeremy Rifkin: Dort sind viele Umweltschutzverbände vertreten, die sehr kompetent argumentieren. Ich stehe in Kontakt mit einigen und berate sie. In Deutschland möchte ich für meine Vorschläge werben.

      Erhalten Sie dafür politische Unterstützung?

      Im Hintergrund gibt es Bewegung. Die Europäer haben in Johannesburg einen Anteil von erneuerbarer Energie von 15 Prozent bis 2010 weltweit gefordert. Eine solche nachhaltige Gesellschaft ist nur in Kombination mit einer Wasserstoff-Wirtschaft sinnvoll. Mein Gefühl ist, dass Europa die erste Wasserstoff-Supermacht des 21. Jahrhunderts werden könnte. Die Europäer sind in einer besseren Startposition als die USA, weil man hier langfristiger denkt. Politik, Forschungseinrichtungen, Industrie und Umweltbewegung ziehen an einem Strang.

      Ihre Lösung der Energieprobleme erscheint einfach und simpel. Hat Amerika seine Lektion nach dem Öl-Schock von 1973 nicht verstanden?

      Ich liebe mein Land, aber ich teile die Frustration der Europäer über die US-Regierung. Präsident Bush ist ein Mann des Öls und sonst nichts. Bislang ignoriert Washington die Alarmzeichen leider, weil noch genügend Öl aus Russland oder Venezuela fließt. Einfach wird der Umbau der Energiewirtschaft allerdings nicht. Das wird ein harter Kampf um Einfluss zwischen Stromkonzernen und lokalen Anbietern.

      Ihr Buch "Die H2-Revolution" ist jetzt, ein Jahr nach dem Angriff auf das World Trade Center am 11. September, veröffentlicht worden. Viele Ihrer Ideen könnten auch von den Grünen oder aus der Umweltbewegung stammen. Solche Vorschläge sind in den USA von vielen als ein Bündel naiver Ideen abgetan worden. Benutzen Sie den 11. September nun, um den Umbau der Energiesysteme populär zu machen?

      Ich symphatisiere mit Ideen der Grünen, arbeite aber auch mit Sozial- oder Christdemokraten, unterrichte an Bussiness-Schulen und spreche vor Industriellen. Ich weiß, was für eine praktische Umsetzung in den derzeitigen ökonomischen Strukturen notwendig ist. Es muss ein Ausgleich zwischen Konzernen und einzelnen Menschen ermöglicht werden. Nehmen Sie das Internet: Es hatte das Potenzial für dezentrale und demokratische Strukturen. Dann kamen AOL und Microsoft. Dennoch können User auch Produzenten von Informationen sein. Und so wird der Einzelne künftig selbst Energie erzeugen.

      Präsident Bush ist gar nicht zum Umweltgipfel nach Johannesburg gefahren. Offenbar setzen die USA weiter auf Erdöl als Hauptenergiequelle. Langfristig wird befürchtet, dass die Kontrolle über die Ölmärkte nur mit militärischen Mitteln gesichert werden könnte. Viele Europäer sind in Sorge über Bushs Irakpolitik. Sie auch?

      Absolut. George Bush scheint zu einem militärischen Schlag fest entschlossen. Dabei gibt es selbst in seiner Partei und bei seinen Beratern Widerstand gegen einen Krieg. Tatsächlich aber verfügt Irak über die zweitgrößten Ölvorkommen der Welt - nach Saudi-Arabien. Wenn Amerika diese Ölvorräte "befreit", würde die Machtbalance im Nahen Osten völlig verschoben. Ich halte das für gefährlich und den falschen Weg. Die Kassandras sagen, dass wir noch zehn bis 20 Jahre haben, bis die Ölförderung wegen der schwindenden Vorräte zwangsläufig zurückgeht. Optimisten hoffen auf 40 Jahre. Aber was ist das schon? Die Nutzung von Erdgas und Kohle wird das Problem nur kurzfristig lösen. Die Ölpreise werden astronomisch steigen, die globale Erwärmung voranschreiten, das gibt eine gefährliche Mischung.

      Was sorgt Sie am meisten: schwindende Ölvorräte oder wachsender Einfluss der Fundamentalisten in islamischen Staaten?

      Statt in die Türme des World Trade Centers hätten die Terroristen am 11. September auch in Atomkraftwerke fliegen können. Deshalb müssen wir umsteuern. In der Wirtschaft wächst das Bewusstsein, dass mit Sonnenenergie und Wasserstoff die nächste ökonomische Revolution bevorsteht. Eine soziale Vision, die ich seit vielen Jahren verfolge, könnte damit Wirklichkeit werden: eine erneuerbare, dezentrale und demokratische Ökonomie.

      Gilt das für die Industriestaaten oder für die ganze Welt?

      Schauen Sie in die so genannte Dritte Welt. Jeder dritte Mensch auf diesem Planeten hat keine Elektrizität. Die heutige enorme Verschuldung der armen Länder beruht auf Öl. Die Katastrophe begann in den 70er Jahren, als der Preis für ein Fass Öl von drei auf zwölf Dollar stieg. Von jedem Steuer-Dollar, der in der Dritten Welt eingenommen wird, müssen heute 83 Cent allein für Schuld-Zinsen ausgegeben werden. Dezentrale Energieproduktion ist die einzige Chance, um Milliarden von Menschen aus der Armut zu befreien. Bislang beruht alles auf Öl: unsere Wirtschaft, der Treibhauseffekt, die Umweltverschmutzung, der Nahost-Konflikt und auch Osama bin Laden.

      Wenn man Ihrer Analyse folgt, sieht es so aus, als ob wir nicht mehr viel Zeit hätten. Ihre Wasserstoff-Revolution wird aber mindestens zehn Jahre beanspruchen. Was wird bis dahin geschehen? Militärische Auseinandersetzungen drohen weiterhin.

      Wir müssen sofort einen Dialog mit der islamischen Welt beginnen. Die Jugendlichen sind arm, schlecht ausgebildet und sehen ihre Identität durch die Globalisierung bedroht. Die USA sind für sie der Inbegriff des Bösen, zugleich hassen sie ihre eigenen totalitären Regierungen. Für viele junge Moslems ist der Fundamentalismus eine Quelle der Kraft. Wer glaubt, dass auch sie das Öl nicht als politische Waffe einsetzen, ist naiv. Irak hat Kuwait angegriffen, um an dessen Ölquellen zu kommen. Bush will nun Irak angreifen.

      Sehen Sie eine Chance, dass wir in zehn Jahren sagen, der 11. September 2001 war der Wendepunkt in eine bessere Zukunft?

      Das war ein furchtbarer Angriff auf die Menschlichkeit mit vielen unschuldigen Opfern. Es war zugleich eine symbolische Attacke auf die Globalisierung in Gestalt des World Trade Centers. Die Globalisierung ist aber auch das Ergebnis der für unsere derzeitige Wirtschaftsform notwendigen Energie- und Warenströme. Wenige Konzerne kontrollieren diese Ströme. Deshalb kämpfe ich für die Wasserstoff-Gesellschaft. Sie führt zurück zu lokalen Strukturen. Jeder Mensch kann künftig seine eigene Energie erzeugen und verbrauchen. Das ist meine Vision: umweltfreundliche Energieerzeugung durch Sonne, Wasser und Wind, Speicherung von überschüssiger Energie in Form von Wasserstoff, der in Brennstoffzellen an jedem gewünschten Ort wieder Strom und Wärme freigibt. Wird das nicht erkannt, so ist der Weg in politische Instabilität, globale Erwärmung mit allen Klimafolgen und wachsende Umweltverschmutzung vorgezeichnet.


      wow!
      Avatar
      schrieb am 24.09.02 09:28:15
      Beitrag Nr. 417 ()
      SPIEGEL ONLINE - 20. September 2002, 11:28
      URL: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,214901,00.html



      US-Promis gegen Irak-Krieg

      "Nicht in unserem Namen"


      Von Carsten Volkery, New York

      Berühmte Amerikaner, darunter Susan Sarandon, Oliver Stone, Martin Luther King III. und Gore Vidal, rufen ihre Landsleute zum Widerstand gegen die Bush-Regierung auf. In einer ganzseitigen Anzeige in der "New York Times" prangern sie die "neue imperiale Politik" und den "Schleier der Repression" an. ]


      New York - Über 4000 US-Bürger haben den Aufruf mit dem Titel "Nicht in unserem Namen" unterzeichnet. Darunter sind Berufskritiker wie Noam Chomsky, aber auch die Filmregisseure Terry Gilliam und Robert Altman, die Schauspieler Jane Fonda und Danny Glover, die Schriftsteller Kurt Vonnegut und Russell Banks, die Musiker Mos Def und Laurie Anderson, die Professoren Edward Said und Judith Butler sowie namhafte Maler, Tänzer und Theaterleute.

      "Es ist eine breite Koalition aus allen Generationen", sagt Clark Kissinger, einer der Initiatoren. Die Anzeige erschien am Donnerstag auf Seite 15 der "New York Times".


      Opponiert gegen Bush-Pläne: Oliver Stone


      In für Mainstream-Publikationen ungewöhnlich harten Worten attackieren die Autoren US-Präsident George W. Bush. "Die Unterzeichner rufen das Volk der Vereinigten Staaten zum Widerstand gegen die politische Richtung seit dem 11. September 2001 auf", heißt es. Die "höchsten Führer des Landes" verbreiteten "einen Geist der Rache". Sie verfolgten eine "neue offen imperiale Politik" in der Welt und "manipulierten" die Ängste der US-Bürger.

      In Anspielung auf den geplanten Irak-Krieg und weitere mögliche Feldzüge heißt es: "Was für eine Welt wird dies, wenn die US-Regierung einen Blankoscheck dafür bekommt, Spezial-Kommandos, Mörder und Bomben abzuwerfen, wo immer es ihr beliebt?"

      Die Autoren sprechen der Bush-Regierung das Recht ab, im Namen des amerikanischen Volkes zu handeln. "Wir wollen der Welt zeigen, dass in Amerika nicht Einigkeit herrscht", sagt Kissinger. Der 61-Jährige weiß, dass die Kritiker des "Kriegs gegen den Terror" in der Minderheit sind. "Aber das war während des Vietnamkriegs anfangs auch so", sagt er. 1965 hatte er den ersten Protestmarsch nach Washington mitorganisiert.

      Es sei allerhöchste Zeit für Widerstand, behaupten die Autoren. "Zu oft in der Geschichte haben die Menschen so lange gewartet, bis es zu spät war." Provozierend vergleichen sie das Trümmerfeld am "Ground Zero" mit Bagdad, Panama City und Vietnam. Für solche Relativierungen waren einige Intellektuelle nach dem 11. September heftig angegriffen worden. Eine der Betroffenen, Susan Sontag, hat sich diesmal geweigert zu unterschreiben.

      Politiker fehlen völlig auf der Liste. Nur einen demokratischen Ex-Senator, der von 1973 bis 1979 im Amt war, haben die Initiatoren finden können. Nicht mal der Grüne Ralph Nader, sonst ein verlässlicher Manifest-Unterschreiber, scheint sich getraut zu haben. "Die meisten Politiker sind eingeschüchtert", erklärt Kissinger.

      Die Anzeige prangert den "Schleier der Repression" an, den die Regierung über das Land gelegt habe. "Anders denkende Künstler, Intellektuelle und Professoren erleben, dass ihre Ansichten entstellt, attackiert und unterdrückt werden."

      Die Idee zu dem Aufruf entstand gleich nach den Terroranschlägen, als einige Opferfamilien öffentlich klarstellten, Rache sei nicht in ihrem Sinne. Daher stammt der Titel "Nicht in unserem Namen". Die Anzeige sei ein Vehikel, um Unzufriedenheit mit der Regierung loszuwerden, sagt Kissinger. Ziel sei es gewesen, möglichst viele Prominente zu gewinnen. Ein gutes Dutzend habe Textänderungen verlangt, monatelang sei daran gefeilt worden.

      Der Anzeigentext war bereits im britischen "Guardian" im Juni veröffentlicht worden. Auch andere Publikationen in der ganzen Welt, von der kubanischen Castro-Postille "Granma" bis zu saudi-arabischen Blättern, haben die Anzeige teils kostenlos geschaltet. Doch erst die 38.000-Dollar-Anzeige in der "New York Times" erregt die gewünschte Aufmerksamkeit. Pro Minute kommen drei neue Unterschriften auf der Website (www.nion.us) hinzu, sagt Kissinger.

      Nicht zu verwechseln ist die Anzeige mit einem Netzwerk gleichen Namens (www.notinourname.net), das zu Demonstrationen für den 6. Oktober aufruft. Das ist der Jahrestag des ersten Bombenabwurfs auf Afghanistan. Das Netzwerk, das klare Verbindungen zur Antiglobalisierungs-Bewegung hat, plant Kundgebungen in mehreren US-Städten, wo der "Pledge of Resistance" rezitiert worden soll. Der Schwur, eine klare Anspielung auf den "Pledge of Allegiance" (den patriotischen Schwur auf Amerika), beginnt mit den Worten: nicht in unserem Namen.

      Es handele sich um zwei verschiedene Projekte, betont Kissinger. Um möglichst breite Unterstützung zu gewinnen, sei die Anzeige mit keiner bestimmten Protestgruppe assoziiert. Er selbst arbeitet für die Non-Profit-Organisation Refuse and Resist.

      Was den Irakkrieg angeht, gibt Kissinger sich keinen Illusionen hin. "Das Datum steht schon fest." Aber ihnen gehe es nicht um den Irak-Krieg, sondern um den "Krieg gegen die Welt". "Die ganze Richtung stimmt nicht."
      Avatar
      schrieb am 24.09.02 13:21:55
      Beitrag Nr. 418 ()
      IRAK-POLITIK

      Gore greift Bush scharf an

      Der Gegenwind für Präsident George W. Bush in den USA wird stärker. Der unterlegene Präsidentschaftskandidat Al Gore hat nun scharfe Kritik an den Irak-Plänen des Weißen Hauses geübt. Bush habe binnen eines Jahres alle Sympathien der Welt verspielt, er sei dabei, den Status der USA international zu gefährden.

      Washington - Gore warnte, die harte Haltung Bushs bedrohe die internationale Koalition, die nach dem 11. September im Kampf gegen den Terror gebildet wurde. In San Francisco sagte der Vizepräsident unter Bill Clinton, Bushs ständiges Drängen nach einem Miliärschlag gegen den Irak gefährde das Völkerrecht. Der Präsident sei drauf und dran, internationales Recht zu missachten.
      Bush sei dabei, das Ziel aufzugeben, dass Nationen sich an Gesetze halten müssen. Sollte dies Schule machen, könnte jeder Staat sich das Recht nehmen nach Belieben Krieg zu führen.


      Gore, der Bush bei dem Präsidentschaftswahlkampf unterlegen war, ist einer der wenigen oppositionellen Demokraten, die offen Kritik an der Irakpolitik der Bush-Administration üben. Republikaner wiesen Gores Rede als ein Zeichen der Schwäche zurück.

      Die Demokraten sind weiter dabei, eine gemeinsame Haltung zu einer Bush-Resolution zu erarbeiten, in der der Präsident vom Kongress weitgehende Vollmachten für einen etwaigen Militärschlag gegen den Irak verlangt. Die Abgeordnete Nancy Pelosi sagte, es werde wohl zu keiner Gegenresolution kommen, man wolle jedoch etliche Änderungsvorschläge zur Vorlage des Präsidenten einbringen. Zu einer Abstimmung über die Vollmachten des Präsidenten im Kongress könnte es in der kommenden Woche kommen.
      spiegel.de
      Avatar
      schrieb am 24.09.02 17:48:42
      Beitrag Nr. 419 ()
      wer sich einmal amüsieren möchte, der sollte diesen Thraed lesen:

      Thread: ALLERHÖCHSTE GEFAHR FÜR DIE VEREINIGTEN STAATEN!!!!

      .
      Avatar
      schrieb am 24.09.02 20:11:05
      Beitrag Nr. 420 ()
      SPIEGEL ONLINE - 24. September 2002, 15:39
      URL: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,215472,00.html


      Irak-Konflikt

      Chirac kündigt totalen Widerstand an

      Dem Bemühen George W. Bushs und Tony Blairs, möglichst viel Druck auf den Irak auszuüben, ist der französische Staatspräsident Jacques Chirac in die Parade gefahren. Er kündigte an, "totalen Widerstand" gegen die US-Strategie leisten zu wollen.


      Totaler Widerstand: Jacques Chirac in Kopenhagen


      Kopenhagen - Während Blairs Irak-Dossier offenbar dazu beitragen soll, die westliche Welt auf einen Schlag gegen den irakischen Diktator einzustimmen, schlägt Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac ganz andere Töne an. Am Dienstag hat er die USA und Großbritannien vor einem Militärschlag gegen den Irak gewarnt.


      Im Anschluss an den 4. Asem-Gipfels mit 15 EU- und zehn asiatischen Staaten sagte Chirac, ein Krieg gegen den Irak sei nicht unvermeidbar. "Lasst uns dem Frieden eine Chance geben." Im Unterschied zu Blair sagte Chirac vor Journalisten, er habe keine Beweise, dass der Irak Massenvernichtungswaffen habe - lediglich Hinweise.

      Da Krieg stets die schlechteste Lösung sei, werde er "totalen Widerstand" gegen eine neue US-Strategie mit vorbeugenden Militärschlägen leisten. Denn diese könne zu "schlimmsten Exzessen" führen. Chirac wiederholte seine Ansicht, eventuelle Maßnahmen gegen Bagdad müssten vom Weltsicherheitsrat ausgehen, damit Saddam Kontrolleure ins Land lässt.

      Chirac zeigte sich zuversichtlich, dass die EU eine gemeinsame Position im Irak-Konflikt erarbeiten kann. In Richtung Tony Blair sagte er, bei einer weiteren eindeutigen Unterstützung der USA in dieser Frage sei es gut möglich, dass Großbritannien innerhalb der Union allein dastehen werde.

      Auf dem Asem-Gipfel hatte sich Chirac am Montagabend mit dem italienischen Regierungschef Silvio Berlusconi angelegt, weil dieser sich dafür stark machte, mit den Amerikanern einen Regimewechsel in Bagdad herbeizuführen.

      Gipfelteilnehmern zufolge wollte Chirac in Kopenhagen eine Resolution erreichen, in der ein militärischer Alleingang der USA verurteilt würde. Doch Berlusconis Einspruch habe dies verhindert.
      Avatar
      schrieb am 25.09.02 10:29:26
      Beitrag Nr. 421 ()
      Wenn dem so ist, dann hat aber einer ein größeres Problem.


      Umarmungen
      Kann man denn dieser Tage Gerhard Schröder und George W. Bush gleichzeitig wohlwollend auf die Schulter klopfen? Der Brite Tony Blair glaubt, man kann

      Von Peter Nonnenmacher

      Kann man denn dieser Tage Gerhard Schröder und George W. Bush gleichzeitig wohlwollend auf die Schulter klopfen? Der Brite Tony Blair glaubt, man kann. Den gerade wiedergewählten :p deutschen Kanzler empfing Blair gestern in London, um ihn - auch in der Irak-Krise - seiner kameradschaftlichen Verbundenheit zu versichern. Dem US-Präsidenten, der die Deutschen gerade ein bisschen zu isolieren sucht, gelobte der Brite zugleich weitere Gefolgschaft durch einen Parlamentsauftritt, der keinen Zweifel an Blairs Kriegswillen - mit oder ohne UN-Segen - ließ.
      Zwischen Bush und Schröder, zwischen einer ihm applaudierenden Tory-Opposition im Unterhaus und seinen eigenen Hinterbänklern, die wenig Gefallen an seinem Kurs finden, sucht Blair in einem gewagten Balance-Akt die Irak-Kampagne Großbritanniens voranzutreiben. Mit seinem Geheimdienst-Dossier, mit neuer Beschwörung der Gefahr aus Bagdad, mit Drängen auf Aktion und der Rechtfertigung eines eventuellen Alleingangs bereitet der Labour-Premier weiter den Weg für militärische Maßnahmen gegen den "grausamen und sadistischen Tyrannen".
      Mit besänftigenden Worten an die Zweifler, mit neuen Nahost-Initiativen und einem Glas Wein für den geschmähten Teutonen hofft er zugleich, Rebellen in den eigenen Reihen zu entwaffnen und eine skeptische Bevölkerung für die Aktionen zu gewinnen, die ihm selbst wohl unausweichlich scheinen. Wo er am Ende stehen würde, daran lässt Blair keinen Zweifel: Wenn die UN das Irak-Problem nicht zu lösen vermöchten, erklärte er gestern, dann werde man es eben "auf andere Weise" lösen müssen.

      Tja Tony, das mit Stoiber war nix. Voll daneben ist auch vorbei. Paß auf, daß dich deine Landsleute nicht in die Wüste schicken!
      Schröder hat Recht. Hab meine Meinung geändert. Herta her!! :D
      Avatar
      schrieb am 25.09.02 10:43:08
      Beitrag Nr. 422 ()
      Sloterdijk nennt neue Schurken

      WIEN afp Der Philosoph Peter Sloterdijk hat die USA und Israel als eigentliche "Schurkenstaaten" bezeichnet. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) habe mit seiner Distanzierung von Washington bestätigt, dass er der "erste Kanzler der Normalität" sei, sagte Sloterdijk dem österreichischen Magazin Profil. Es sei eine Tugend der Deutschen, dass sie zwischen dem kulturellen System der USA und der Regierung von George W. Bush unterschieden. Das System der USA sei zwar mit dem Europas kulturell verbündet, aber nicht unbedingt die jeweilige US-Regierung, verteidigte Sloterdijk die Äußerungen des Kanzlers zu den Angriffsplänen der USA gegen Irak. Bei Betrachtung der Herkunft von "Schurkenstaat" zeige sich, dass die USA und Israel gegenwärtig solche Staaten seien. Der Begriff stamme vom englischen "rogue state", und "rogue" beschreibe "das wieder ausgewilderte Einzelgängertier, das abseits von der Herde durch den Busch streift".

      taz Nr. 6862 vom 25.9.2002, Seite 2, 32 Zeilen (Agentur)
      Avatar
      schrieb am 25.09.02 11:34:24
      Beitrag Nr. 423 ()
      DIE USA HABEN KEIN RECHT, DIE BELEIDIGTE LEBERWURST ZU SPIELEN

      1 : 1 zwischen Schröder und Bush

      Die US-Regierung schmollt. Wie ein großes Kind, dem der kleine Bruder unter den Augen der Mutti die Schaufel weggenommen hat, verweigern die Herren und Damen um George W. Bush, Donald Rumsfeld, Ari Fleischer und Condoleezza Rice der wiedergewählten deutschen Bundesregierung selbst die einfachsten Höflichkeitsfloskeln zur gewonnenen Wahl. Von außenpolitischer Souveränität der Weltmacht zeugt das nicht, und wichtiger: Mit ihrem Verhalten zeigt die Bush-Regierung überdeutlich, dass sie zu einer Partnerschaft, die nicht auf Gefolgschaft und Gehorsam beruht, nicht in der Lage ist.


      Natürlich war der Hitler-Bush-Vergleich, so ihn denn die scheidende Justizministerin wirklich gebraucht hat, daneben. Nicht mal im kleinen Kreis sollte eine Ministerin solchen Unsinn reden. Bush allerdings kam das wunderbar zupass: Er musste sich nicht mehr für seine Kriegspläne rechtfertigen, sondern konnte den Druck postwendend zurückgeben. Nur: Worüber reden wir hier eigentlich? Immerhin ist das Verhältnis nicht erst seit vergangenem Freitag zerrüttet, sondern spätestens, seit sich die Bundesregierung gegen den Irakkrieg ausgesprochen hat.

      Wer, wie diese US-Regierung, seine Partner seit eineinhalb Jahren in nahezu allen wichtigen politischen Fragen düpiert, hat kein Recht dazu, die beleidigte Leberwurst zu spielen, wenn ihm die eigene Arroganz in Form eines bundesdeutschen Wahlkampfes auf die Füße fällt. Dass die US-Regierung sich offenbar nicht eine einzige Sekunde fragt, warum mit der Kritik an ihrem Verhalten in einem wichtigen Partnerland Wahlen gewonnen werden können, verdeutlicht den Tunnelblick, den sich die US-Regierung im Vollbewusstsein ihrer militärischen Macht inzwischen zugelegt hat.

      Schon lange etwa wäre die Hetze der Scientology-Sekte gegen ihre "religiöse Unterdrückung" und die Unwilligkeit der US-Regierung, solchen Blödsinn klarzustellen, genügend Anlass für eine deutsche Regierung gewesen, beleidigt zu reagieren. Jedenfalls hat Deutschland keinen Grund, jetzt einen Kotau zu vollziehen.
      Natürlich muss eine Situation wiederhergestellt werden, in der beide Seiten miteinander reden können. Und wenn es dazu notwendig sein sollte, dem US-Präsidenten eine Brücke zu bauen, um ihn von seiner gespielten Verletztheit wegen des Hitler-Vergleichs herunterzuholen, dann sollte auch das passieren. Was aber die deutschen Konservativen jetzt herumkreischen, sollte die Regierung an sich abtropfen lassen. Beim Umgangston steht es zwischen Bush und Schröder 1 : 1, und es ist die US-Regierung, die zeigen müsste, dass sie zu echter Zusammenarbeit in der Lage ist.

      Problematisch ist allerdings, dass es trotz weitgehender inhaltlicher Übereinstimmung vieler europäischer Länder bislang nur die Deutschen gewagt haben, einigermaßen Klartext zu reden. Die USA werden nichts unversucht lassen, den anderen EU-Staaten zu zeigen, wie es so einem Aussteiger wie den Deutschen ergeht. Hier muss Außenminister Fischer tatsächlich dringend nacharbeiten - eine schwierige Prüfung. BERND PICKERT

      taz Nr. 6862 vom 25.9.2002, Seite 12, 66 Zeilen (Kommentar), BERND PICKERT
      Avatar
      schrieb am 25.09.02 11:38:05
      Beitrag Nr. 424 ()
      Ministerin für Unaussprechliches
      Clare Short ist die exponierteste Linke in der britischen Regierung - und zugleich aus Überzeugung politisch inkorrekt
      Sie hat es als erstes Regierungsmitglied laut gesagt. "Wir können nicht noch einen Golfkrieg haben", meinte Clare Short am Wochenende in einem TV-Interview. "Das Volk des Irak kann nicht noch mal leiden. Sie haben zu viel gelitten. Es wäre falsch." Kein Regierungsmitglied hatte sich zuvor gegen einen Irakkrieg Großbritanniens ausgesprochen. So richtig überraschend war das nicht, denn die britische Entwicklungsministerin Short ist für ihre scharfe Zunge bekannt. Ihre Kollegin Estelle Morris, Bildungsministerin, sprach für viele, als sie sagte: "Sie hat ihre Ansichten sehr deutlich gemacht und sicherlich werden wir in den nächsten Tagen noch mehr davon hören."

      Laut zu sagen, was andere möglicherweise nicht einmal denken, ist eine Spezialität der Entwicklungshilfeministerin.
      Die gestandene Labour-Linke aus Englands zweitgrößter Stadt Birmingham, Tochter einer irischen Familie, hat sich seit ihrem Einzug ins Parlament 1983 als Abgeordnete für den Wahlkreis Ladywood auf kontroverse Themen spezialisiert. Ihr erster Gesetzentwurf, ein Antrag auf ein Verbot von Nacktfotos in britischen Zeitungen, scheiterte, machte sie aber berühmt und berüchtigt. Das Boulevardblatt News Of The World reagierte mit einem Foto der Ministerin als Mädchen im Nachthemd. Sie beschwerte sich vor dem britischen Presserat - und obsiegte.

      Seither ist Clare Short das bei Labour seltene Phänomen einer linken, populären Frau. Diesen Vorteil spielt sie voll aus: Während andere Labour-Politiker froh sind, einen Posten zu kriegen, leistete sich Short zweimal den Luxus, aus dem Schattenkabinett zurückzutreten - einmal wegen neuer Nordirland-Antiterrorgesetze 1988 und einmal wegen Labours Unterstützung des Golfkrieges 1991. Aber sie überlebte auch, als viele andere Linke nach dem Aufstieg Tony Blairs nicht mehr salonfähig waren. In Blairs Schattenkabinett war sie erst für Verkehr zuständig und dann für Entwicklungspolitik - ein Posten, den sie nach Labours Amtsantritt 1997 auch im richtigen Kabinett bekam.

      Kaum jemand hätte damals darauf gewettet, dass sie das bis heute geblieben ist. Sie hat vieles ausgeprochen, was viele Labour-Politiker denken, aber aus Angst vor den Wählern nicht sagen: Drogenlegalisierung, höhere Steuern für Reiche, Unterstützung für streikende Gewerkschafter, Förderung des fairen Kaffeehandels. Sie hat es abgelehnt, Exportförderung für britische Waren als Teil der Entwicklungszusammenarbeit zu betreiben, wenngleich sie es anscheinend nicht verhindern konnte. Rücksicht nimmt sie allerdings genauso wenig auf die Überzeugungen ihrer linken Kollegen. Bill Clinton sei "unfähig" als Präsident, sagte sie einmal; die UNO sei ein Laden der "anachronistischen Rhetorik und des kurzfristigen Taktierens einer vergangenen Ära". Als sie auf der Karibikinsel Montserrat Opfer eines Vulkanausbruchs besuchte, die sich über mangelnde Hilfe beschwerten, antwortete sie schlagfertig: "Als Nächstes verlangen sie vergoldete Elefanten."

      Immer wieder wurde spekuliert, dass sie entweder aus Ärger über Blairs Politik zurücktritt - oder dass Blair sie aus Ärger über ihre Politik entlässt. Die beiden Spekulationen halten sich so genau die Waage, dass keine von ihnen eintritt. Stattdessen wird Clare Short sogar als künftige Vizepremierministerin gehandelt.

      DOMINIC JOHNSON

      taz Nr. 6862 vom 25.9.2002, Seite 13, 110 Zeilen (Portrait), DOMINIC JOHNSON
      Avatar
      schrieb am 25.09.02 12:38:09
      Beitrag Nr. 425 ()
      SPIEGEL ONLINE - 25. September 2002, 11:51
      http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,215570,00.html

      Irak-Debatte

      US-Demokraten gegen Alleingang Bushs

      In den USA tobt die Debatte um den bevorstehenden Irak-Krieg. Im Kongress ringen Demokraten und Republikaner um eine Resolution, die Präsident George W. Bush den notwendigen Rückhalt, aber nicht zu viel Freiheit im Kampf gegen Saddam geben soll.

      Washington - Die Irak-Politik der Hardliner um US-Präsident Bush ist nicht nur international stark umstritten. Auch innerhalb der USA formieren sich die Fronten. Ex-Vize-Präsident Al Gore hatte am Montag Bush wegen seiner Haltung zum Irak angegriffen. Bei einem Alleingang verspiele der Präsident weiterhin die Sympathien für die Amerikaner in der Welt.

      Auch im Kongress wird der Widerstand gegen die Bush-Politik stärker. Vor allem Politiker der demokratischen Partei sprachen sich am Dienstag gegen einen Alleingang der USA gegen das Land an Euphrat und Tigris aus. "Die zentrale Frage die mir gestellt wird ist: Werden wir allein gehen?", sagte der demokratische Senator Ben Nelson in Washington. Bush ist dazu offenbar bereit. Er hatte den Kongress in der vergangenen Woche aufgefordert, ihm die notwendige Handlungsfreiheiten - auch den Einsatz des Militärs - einzuräumen. Einige
      Demokraten drängen jedoch darauf, dass Bush so lange wartet, bis die Vereinten Nationen Waffeninspektoren in den Irak gesandt haben.

      Die Demokraten wissen inzwischen die Mehrheit des amerikanischen Volkes hinter sich. Jüngste Meinungsumfragen zeigen, dass die Amerikaner keineswegs für ein möglicherweise blutiges Abenteuer im Alleingang bereit sind. Nach einer Umfrage von CBS News unter über 900 Personen sprachen sich zwei Drittel dafür aus, dass sich die USA die Unterstützung der Verbündeten sichern sollten, ehe man losschlage. 68 Prozent der Befragten stimmten danach für den Einsatz der Streitkräfte zum Sturz Saddams. Der Umfrage zufolge glauben auch 78 (vorher 74) Prozent der Amerikaner, dass ein Krieg mit Irak unvermeidlich ist.

      Tom Daschle, demokratischer Fraktionsvorsitzender im Senat, hat die Stimmung im Volk aufgegriffen. Viele Amerikaner seien sehr besorgt, unter welchen Bedingungen die USA in einen Krieg mit Irak zögen. Daschle, der an der Resolution mitarbeitet, sagte: "Es gibt eine Menge Unterstützung für ein multinationales Vorgehen."

      Noch ist unklar, ob es vor den Kongresswahlen am 5. November tatsächlich noch zu einer gemeinsamen Resolution der beiden Kammern Senat und Repräsentantenhaus kommen wird. Anfang Oktober wird sich der Kongress wegen der Wahlen vertagen.

      Der Irak hatte am Dienstag britische Anschuldigungen zurückgewiesen, im Land würden ssenvernichtungswaffen entwickelt. Ein Berater Saddams bekräftigte, dieUno-Waffeni nspektoren erhielten unbeschränkten Zugang in Irak und könnten gehen, wohin sie wollten. Auch die chinesische Regierung hat den Druck auf Saddam erhöht. Peking forderte, der Irak müsse mit Uno-Waffeninspektoren kooperieren, andernfalls werde das Land die Unterstützung gegen einen Angriff der USA verlieren. In einem Leitartikel der amtlichen Zeitung "China Daily" hieß es am Mittwoch, dies sei Saddams letzte Chance, um zu verhindern, dass die USA eine legale Basis für eine Militäroperation erhielten. Wenn Irak den Forderungen der Waffeninspektoren nicht nachkomme, könnte Bush dies zum Anlass nehmen, um den von ihm propagierten Machtwechsel gewaltsam durchzusetzen.

      Am Dienstag hatte China Offenheit für eine neue Resolution der Uno signalisiert, welche von den USA und Großbritannien erarbeitet werden soll, und die den Weg für einen Angriff auf den Irak freimachen soll, sollte der Irak den früheren Uno-Forderungen nicht nachkommen. Das Außenministerium hatte erklärt, man werde eine solche Resolution prüfen. China hat als ständiges Mitglied des Uno-Sicherheitsrates ein Veto-Recht.
      Avatar
      schrieb am 25.09.02 13:08:26
      Beitrag Nr. 426 ()
      #420
      Zu Berlusconi hab ich entsprechendes gefunden. Zu Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac nicht.

      Die Wochenausgabe der Bild-Zeitung heißt: genau!!!
      Was glaub ich auch diesem Revolverblatt.

      Und was hatte ich mich schon gefreut :cry:
      Avatar
      schrieb am 25.09.02 14:59:34
      Beitrag Nr. 427 ()
      http://www.goingpublic.de/news/kolumne/detail.hbs?recnr=7630

      GoingPublic Kolumne 25.09.2002, 14:24  
      Täglich grüßt die WMD - Der ROI dürfte unglaublich sein
      Die fürchterlichen WMDs scheinen gerade dabei, massenhaft Börsenwerte zu vernichten. Ein um’s andere Mal. Es vergeht inzwischen kein Tag mehr, an dem man nicht in aller Naivität die
      Tageszeitung aufschlagen kann, ohne sofort WMDs vorzufinden.
      B&B haben es geschafft. WMDs sind das zentrale Thema. In den Tageszeitungen, an der Börse, einfach überall. Daß die Amerikaner gleich eine leichter zu handhabende Abkürzung gefunden
      haben, ist possierlich. Oder war es Blair? – aber das ist dieser Tage schon kaum noch zu trennen.

      Waren es bis vor kurzem noch die ökonomischen Parameter, um die sich Börsianer den Kopf zerbrechen mußten oder auch Bilanzskandale (WorldCom findet dieser Tage immer wieder mal ein
      paar umgeschichtete Milliarden, von denen noch niemand was wußte), so müssen wir inzwischen schon beim Frühstück über verschiedenen Repro-Viren des Pocken-Erregers lesen und wie sie
      Menschen krankmachen werden. Und das angeblich schon sehr bald, denn SH habe ja gerade nichts besseres zu tun.

      Doch die WMD schlechthin, sozusagen die Mutter aller WMDs, schädigt die Börsen Tag für Tag, mehr und mehr. Inzwischen ist der Preis auf ein neues 20-Monatshoch geklettert, und man
      kann davon ausgehen, daß der Preis weiter zulegt, sollte es zum Schlag gegen SH und seine WMDs kommen. Und mit einiger Sicherheit geht es bei allem sogar um diese WMD.

      Erst beseitigt man den Bösewicht, dann seine WMDs und schließlich schlachtet man seine 100 GigaBarrell an der schwarzen WMD aus. Bei rundgerechnet 20 US-$ pro Einheit macht das die
      unvorstellbare Summe von 2 Bio. US-$. Da können sich die US die Kriegskosten von 0,1 Bio. US-$ locker leisten. Der ROI (Return on Investment) wird gigantisch sein – selbst wenn GWB
      mit seinem russischen Freund VP teilen müssen sollte.

      Die Lehre, die wir daraus ziehen können: Es geht, wie sollte es anders sein, ums Öl. Dabei steigt der Preis nur solange, wie die Unsicherheit über die weitere Entwicklung so groß wie derzeit
      ist. Geht es nach GWB, so werden wir wahrscheinlich bald knöcheltief in irakischem Öl stehen. Daß es ihn jetzt pressiert, ist nur zu verständlich, denn die US-Wirtschaft steht wieder mal oder
      noch immer auf der Kippe. Der Ölpreis muß geflutet werden, so die Logik. Wer benutzt hier also wirklich WMDs (=Weapon of Mass Destruction) für seine Belange?

      Haben Sie Fragen oder Anregungen zu diesem Beitrag? Dann nutzen Sie das askGoingPublic-Board: Stellen Sie GoingPublic Ihre Fragen oder diskutieren Sie die Fragen anderer User!

      Die GoingPublic Kolumne erscheint jeweils montags, mittwochs und freitags in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.
      Avatar
      schrieb am 25.09.02 16:59:19
      Beitrag Nr. 428 ()
      #421, gewinnix, Recht, bevor er noch gefragt wurde ?

      [ Steht man von dem Küchentisch auf und legt sich laut sträubend in die Ecke auf den Boden, bevor die Diskussion beginnt ? ]

      Wollten andere etwa einen Krieg ?

      Auch hier:

      Avatar
      schrieb am 25.09.02 17:05:13
      Beitrag Nr. 429 ()
      An der Ölgeschichte mache ich später weiter.


      Rauflustig

      Donald Rumsfeld

      Die Probleme mit seinen deutschen Amtskollegen fangen für US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld manchmal schon mit deren Namen an.


      Rudolf Scharping etwa war für den notorischen Falken und rhetorischen Scharfschützen im Pentagon zuletzt nur noch "der Deutsche", was ziemlich abwertend klang - und auch so gemeint war. Zuvor hatten die Amerikaner Scharping gut zugeredet, die deutsche Flotte verstärkt vor der afrikanischen Küste patrouillieren zu lassen, und der hatte sich prompt zu der kühnen These verstiegen, Somalia werde der nächste Kriegsschauplatz nach Afghanistan. Rumsfeld reagierte verärgert, obwohl er sich eigentlich freuen müsste: Denn dass sich die USA schon damals systematisch militärischer Nebenaufgaben entledigten, um Kräfte für einen möglichen Schlag gegen Irak freizusetzen, schien zumindest dem damaligen Kollegen in Berlin nicht aufzufallen.

      Nun hat Scharpings Nachfolger Peter Struck für Rumsfeld nicht nur keinen Namen, den man sich merken müsste. Der neue "Deutsche" ist auch niemand, mit dem sich der US-Verteidigungsminister noch unterhalten wollen würde, zumindest nicht beim Nato-Treffen in Warschau. Dabei hätte Rumsfeld auch hier keinen Grund zu Ruppigkeiten: Er war es schließlich, der in Washington den neuen Grundsatz etabliert hat, wonach Ad-hoc-Allianzen "der Willigen" den USA lieber sind als langfristige Bündnisse, in denen man womöglich Rücksicht nehmen muss auf zögerliche Partner. "Die Mission bestimmt die Koalition" - wer nicht will, soll zu Hause bleiben. Ist jetzt aber auch nicht recht.

      In Washington gilt Rumsfeld zwar nicht als intellektueller Vordenker, aber als sichtbarster Kopf und rauflustigster Vertreter der Hardliner in der Regierung, die Präsident George W. Bush nicht erst seit dem 11. September 2001 zu unilateralem Handeln drängen. Vor den Terroranschlägen als Fehlbesetzung abgeschrieben, läuft der 70-Jährige zu Hochform auf, wenn die Truppen in Marsch gesetzt werden. Während des Afghanistan-Feldzuges hat es "Rummy" als verbaler, zuweilen ebenso spritziger wie zynischer "Straightshooter" in den USA zu einer Art Kultstatus gebracht. Der sehnige "Kriegsminister" und fünffache Großvater, der binnen 90 Tagen 111 Pressekonferenzen abhielt, wurde sogar als neues Sexsymbol gefeiert.

      Bedenkenträger, ob die eher zur Vorsicht neigenden eigenen Generäle oder Alliierte in aller Welt, sind dem Macher ein Gräuel. Schon in Afghanistan drängte er seine Kommdandeure, möglichst schnell "Stiefel auf den Boden" zu bringen. Auch in Sachen Irak hätte Rumsfeld gern auf den Umweg über die UN verzichtet. Ein Meinungsbeitrag in der Washington Post, in dem Rumsfeld Anfang September zum Alleingang riet, wurde nach Intervention aus dem Weißen Haus zurückgezogen. ost



      Bei diesem Schmalspurcowboy ist jeder Kommentar überflüssig.
      Sollte der mal auf einer Sondermülldeponie entsorgt werden, dann tut er selbst die noch verseuchen! :eek:
      Avatar
      schrieb am 25.09.02 17:14:55
      Beitrag Nr. 430 ()
      jetzt, 17:15, 20:15, 0:15, 3:15 bei Maischberger (n-tv) :

      Struck und Hamm-Brücher zum Thema US-Beziehungen!
      Avatar
      schrieb am 25.09.02 17:49:15
      Beitrag Nr. 431 ()
      #428
      :confused: meine ursprüngliche Meinung in #364, davor und ff.
      Aus Sicht der Wirtschaft halt.
      Avatar
      schrieb am 25.09.02 18:44:05
      Beitrag Nr. 432 ()
      .

      Ein Interview, welches zeigt, wie rasch die Amis sich mißverstanden fühlen, um Toleranz und Differenziertheit bitten - um dann andersmeinenden einfach das Recht auf Mitsprache und Konsultationen abzuerkennen.

      Zudem auch interessant, den Satz "... hat einen politischen fehler begangen" als PERSÖNLICHE BELEIDIGUNG aufzufassen.

      Die USA - fest in der Epoche des Absolutismus.. :laugh:


      der Schuss des Interviewten geht nach hinten los:




      Sieht Schröder international in einer schwierigen Lage:
      Steven Erlanger von der "New York Times"


      Mittwoch, 25. September 2002
      Der Streit zwischen Bush und Schröder
      Krieg oder Frieden


      Ein möglicher Irak-Krieg ist das beherrschende außenpolitische Thema sowohl in Europa als auch in den USA. Schröders deutliche Worte gegen einen Krieg während des Wahlkampfes und der angebliche Bush-Hitler-Vergleich von Justizministerin Herta Däubler-Gmelin haben die Beziehungen zum Weißen Haus schwer belastet. Steven Erlanger, Deutschland-Korrespondent der New York Times, spricht mit n-tv.de über die Spannungen in den transatlantischen Beziehungen, über Anti-Amerikanismus und über verbale Ausrutscher in der Kriegsdiplomatie.

      n-tv.de: Die deutsch-amerikanischen Beziehungen sind nach Schröders Kritik an einem möglichen Irak-Krieg belastet. Sind die USA nicht bereit, sachliche Kritik von einem ihrer Verbündeten zu akzeptieren?

      Steven Erlanger: Die Vereinigten Staaten haben Kritik von ihren Verbündeten immer akzeptiert - egal ob sie von Großbritannien, Kofi Annan oder anderen kam. Nach Gesprächen mit Vertretern des Weißen Hauses habe ich aber den Eindruck gewonnen, dass einige der Bemerkungen Schröders die US-Administration schwer beleidigt haben. Ein Grund dafür war Schröders persönliche Kritik an Bush. Schröder unterstellte dem Präsidenten, dieser habe einen schrecklichen Fehler in der Irak-Politik begangen, während Bush selber immer wieder betonte, er habe sich noch nicht über das weitere Vorgehen im Irak entschieden. :laugh:Dies hatte Bush dem Kanzler auch persönlich mitgeteilt. Des weiteren war das Weiße Haus über die Rhetorik des Kanzlers wütend. Sätze wie: "Wir werden uns nicht an militärischen Abenteuern im Irak beteiligen " - erweckten den Eindruck die Amerikaner würden zum Spaß in den Krieg ziehen. Dennoch blieb das Weiße Haus aus Rücksicht auf den deutschen Wahlkampf lange ruhig. Aber Däubler-Gmelins Vergleich von Bushs Taktiken mit denen von Hitler war einfach zu viel. Das hat Bush und seine Mitarbeiter persönlich schwer getroffen.

      n-tv.de: Waren die verbalen Misstöne von Däubler-Gmelin und Ludwig Stiegler die ersten Anzeichen eines allmählich wiedererstarkenden Anti-Amerikanismus in der deutschen Sozialdemokratie?

      Erlanger: Nein, Anti-Amerikanismus ist nicht neu. Man begegnet ihm ständig: bei Abendessen, Geburtstagspartys oder wo auch immer. Ich glaube nicht, dass dies wirklich deutsche Gefühle widerspiegelt, für mich ist es eher eine Form von kultureller Kritik, welche irrtümlich die Ansichten zur Politik einer Regierung mit der Einstellung zu einem ganzen Land verwechselt. Es gibt natürlich gute Gründe, Bush oder seine Politik nicht zu mögen. Trotzdem sollte nicht vergessen werden, dass Amerika einer der wichtigsten Freunde Deutschlands ist. Man sollte also zwischen einer Anti-Bush-Haltung und Anti-Amerikanismus unterscheiden. Es ist ein einfacher Mechanismus zu sagen: Die Amerikaner sind ungebildet, kraftprotzend und verstehen nicht wie kompliziert die Welt ist. Aber wer so redet, versteht selber nicht, wie kompliziert und vielschichtig die amerikanische Kultur ist.

      n-tv.de: Hat Schröder wirklich einen irreparablen Schaden für das deutsch-amerikanische Verhältnis angerichtet, wie es ihm die Opposition unterstellt?

      Erlanger: Nein, so schlimm ist es dann auch wieder nicht. Aber der Schaden wird repariert werden müssen. Gefühle sind verletzt worden. Das ist wie bei kleinen streitenden Mädchen in der High School. Ich glaube aber, dass die Bush-Regierung Schröder jetzt nicht mehr vertraut. Sie werden wohl nicht mehr viel auf das hören, was er noch zu sagen hat. Anders ist es bei Colin Powell und Joschka Fischer, die weiterhin ein sehr gutes Verhältnis haben. Beide Regierungen wollen wieder bessere Beziehungen. Es wird also weitergehen, aber die Nähe und das Vertrauen wird fehlen.

      n-tv.de: Welche Rolle könnten die persönlichen Beziehungen zwischen Fischer und Powell spielen?

      Erlanger: Sie sind sehr wichtig. Fischer wird sicher in den nächsten Wochen in die USA kommen. Er wird Fragen im National Press Club beantworten, er wird Fernsehauftritte haben, Reden halten und so weiter. Dies ist die Art und Weise, wie solche Streitigkeiten beigelegt werden. Es wird aber immer schwierig sein, wenn sie in Deutschland eine Links-Regierung und in den USA eine Rechts-Regierung haben. Man muss sich dennoch darüber klar sein: Niemand forderte, deutsche Soldaten in den Irak zu schicken. Schröders Versuch, Stimmen mit Hilfe von Kriegsängsten und Anti-Bush-Parolen zu holen und dabei noch mit dem Satz vom "deutschen Weg" an überwunden geglaubten Nationalismus zu appellieren, war für viele US-Regierungsbeamte einfach nicht zu ertragen. Zwar kritisierte auch Fischer die Positionen der USA, aber seine Rhetorik war deutlich nuancierter und ausgewogener.

      n-tv.de: Warum hat die US-Regierung nicht auf Schröders Entschuldigungsbrief reagiert?

      Erlanger: Für das Weiße Haus war es, wie es der Pressesprecher Ari Fleischer auch sagte, eher ein erklärender Brief als eine Entschuldigung. Das Bedauern war ihnen also nicht deutlich genug. Ich glaube, dass die deutsche Botschaft in Washington Schröder dazu gedrängt hat, einen Brief zu schreiben. Vielleicht war er wirklich nicht überzeugt genug. Die Entlassung von Däubler-Gmelin hilft sicherlich deutlich mehr.

      n-tv.de: Was erwartet die US-Regierung jetzt von Deutschland?

      Erlanger: Ich glaube, sie will einfach, dass Deutschland die Klappe hält und den anderen europäischen Staaten die Irak-Debatte überlässt.



      [Anm: Aha, das ist die US-amerikanischem von Erlanger hier nochmals demonstrierte, beschworene "VIELSCHICHTIGKEIT" !! Verstehe! :laugh: ]

      n-tv.de: Kommt die Kritik aus den USA eigentlich nur von einer einflussreichen Pro-Kriegs-Fraktion im Weißen Haus oder ist sie Ausdruck einer breiten öffentlichen Meinung?

      Erlanger: Die Kritik kommt vor allem aus dem engeren Kreis um George W. Bush. Dabei wäre eine deutsche Ablehnung eines Irak-Krieges gar kein großes Problem. Es geht um die Art und Weise, wie miteinander umgegangen wird. Die Amerikaner wollen sowieso, dass sich die Deutschen mehr um Frieden als um Krieg kümmern. Die derzeitige Krise zwischen den Regierungen wird vorübergehen. Die Irak-Debatte innerhalb der USA wird genauso leidenschaftlich geführt wie in Europa, aber es gibt einen Unterschied. Die Amerikaner denken, sie sind im Krieg. Die Europäer denken, es ist Frieden. Vielleicht sind beide Seiten dabei etwas zu einseitig.

      n-tv.de: Glauben sie, dass Schröder zu seiner Anti-Kriegshaltung stehen wird?

      Erlanger: Das glaube ich nicht unbedingt. Der Kanzler war sehr vorsichtig. Er sagte zwar, er lehnt eine deutsche Beteiligung an einem Krieg im Irak ab, aber das hätte sowieso niemand verlangt. Darüber hinaus sagte der Kanzler, er wird unter den derzeitigen Umständen keinen Irak-Krieg unterstützen. Diese Umstände können sich jedoch ändern, wenn die Geheimdienste wirklich neue Beweise gegen Saddam Hussein vorlegen. In diesem Fall wird er sich wohl kaum den Vereinten Nationen bei der Durchsetzung ihrer eigenen Resolutionen in den Weg stellen. Deutschland wird in einer schwierigen Situation sein. Ab Januar ist Deutschland im Sicherheitsrat der UN und ab Februar hat Deutschland dort vielleicht sogar den Vorsitz. Schröder kann dann nicht mehr sagen, es ist uns egal, was der Sicherheitsrat entscheidet. Niemand möchte einen deutschen Kanzler, der in Fragen von Krieg und Frieden Positionen außerhalb der Europäischen Union, außerhalb der deutsch-amerikanischen Beziehungen und außerhalb der Vereinten Nationen einnimmt.

      (Das Interview führte Stefan Wellgraf.)
      Avatar
      schrieb am 25.09.02 18:53:37
      Beitrag Nr. 433 ()
      Der Spruch von Rumsfeld, welchen Struck offensichtlich nicht verstanden hat, lautet vermutlich sinngemäß folgendermaßen:

      "If you want to get out of a hole, the first thing to do is to stop digging"

      Ich nehme an , alle verstehen den Sinn:

      Man sollte sich halt nicht weiter in ein Loch hineingraben, wenn man hinaus möchte.

      Eigentlich hat sich Rumsfeld damit selber ad absurdum geführt.....


      ist aber nur meine unmaßgebliche Privatmeinung.

      Gruß

      D.T.
      Avatar
      schrieb am 26.09.02 02:49:14
      Beitrag Nr. 434 ()
      USA entwickeln Chemiewaffen

      BERLIN taz Trotz Verbots durch die internationale Chemiewaffen-Übereinkunft von 1993 arbeitet die US-Regierung seit Jahren an der Entwicklung von Chemiewaffen, die den Gegner für eine Zeit außer Gefecht setzen sollen. Zu diesem Schluss kommt eine Recherche der deutsch- US-amerikanischen Nichtregierungsorganisation Sunshine Project, die am Dienstag veröffentlicht wurde. Danach sei eine Sondereinheit des Verteidigungsministeriums seit Jahren damit beschäftigt, Substanzen und Trägersysteme für bewusstseinsverändernde und ruhig stellende Waffen zu entwickeln. So seien etwa Mörsergranaten des Kalibers 81 Millimeter mit einer sedierenden Flüssigkeit und einer Reichweite von rund 2,5 Kilometern entwickelt worden.

      ausland SEITE 11
      taz Nr. 6863 vom 26.9.2002, Seite 1, 27 Zeilen (TAZ-Bericht)

      taz muss sein

      ----------------------------------------------------


      Mein dringender Vorschlag:

      Entwicklung von Bewußtseinserweiternden WAffen durch die Europäer und Abwurf über George NoBrain Bush


      Vielleicht hilft´s.... :D
      Avatar
      schrieb am 26.09.02 09:09:28
      !
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      Avatar
      schrieb am 26.09.02 09:32:16
      Beitrag Nr. 436 ()
      .....Marsch der muslimischen Welt in die Freiheit...

      na denn, auf marsch, marsch... die freiheit kommt daher wie zur kaiserzeit.
      Avatar
      schrieb am 26.09.02 09:55:13
      Beitrag Nr. 437 ()
      Hass über Berlin
      von ANDRÉ PARIS

      "Die Terroristen hassen auch Berlin", erklärte unlängst die Sicherheitsberaterin des US-Präsidenten, Condoleezza Rice, in einem Interview. Prompt kam Cindy Crawford an die Spree und präsentierte ihr neues Parfum. Denn: "Die Terroristen hassen Berlin, London und Paris genauso wie New York und Washington." Genauso? Frau Rice blickte düster drein, als sie dies klarstellte. Dann apodiktisches Kopfnicken. Da gab es keinen Zweifel. "Der Hass muss wohl sehr schlimm sein, wenn Frau Rice so böse guckt, da fragen wir mal lieber nicht nach", dachten sich offenbar die mit dem Interview betrauten Journalisten aus Hamburg und beendeten kurz darauf das Gespräch. Eilig kehrten sie der Kassandra den Rücken und stolperten hüstelnd aus deren Washingtoner Büro, bevor entsprechende Flüche auch über Hamburg, Pirna und Salzgitter ergingen.

      Im Flugzeug nach Hause müssen sie sich dann sehr geärgert haben. Denn welch Aufschwung hätten sie mancher Gemeinde, ja, hätten sie ihrer Heimatstadt, beschert, wenn es im Weißen Haus geheißen hätte: "Die Terroristen, sie hassen Eisenhüttenstadt, Wurzen, Greina, Niederzier. Schlimm steht es auch um Duderstadt, Pausa, Greiz und Ruppertsgrün. Am meisten jedoch hassen sie Oelsnitz und Lichtentanne und zwar, meine Herren, genauso wie London, Paris, Hamburg, New York und Washington!"

      Hätten Gerhard Schröder und Edmund Stoiber die Hass-Gebiete besucht, um "sich selbst ein Bild von der Lage" zu machen? Nein. Wohl eher, um mit den so herzlich Gehassten siegessicher vor Fernsehkameras zu posieren. Und dann ein Sofortprogramm mit Ausgleichszahlungen für nicht oder zu wenig gehasste Gebiete in die Wege geleitet.

      Vor allem aber wäre eine gekommen: Cindy Crawford! Mit ihrem Parfüm: "HATE - der duft einer irren zeit". Besucherstürme, Touristenschwärme, Devotionalien. Die Völker der Welt hätten wallfahren wollen zu den Gehuldigten. Besonders der Mittelstand hätte profitiert.

      Wie nun aber profitiert Berlin von der salbungsvollen Nennung seines Namens in einem Atemzug mit den Metropolen der westlichen Welt? Manch Eingeborener wird gedacht haben: "Nüscht für unjut, dit is ebm Weltstadt." Sonst nichts? Keine Freudentränen, Jubelstürme, Tänze ums Brandenburger Tor? Gab es je eine bessere Gelegenheit, den Fernsehturm zu besteigen, um anderen Bewerbern des Kosmopolitismus eine Nase zu drehen: "Ihr Seefahrer aus Hamburg, die ihr reich seid, jedoch … Ihr adornen Frankfurter, die ihr wohl gebildet scheint, allein … Ihr Münchener möget die äh-loseste Weißwurst euch zurechnen dürfen, gleichwohl … - nur uns zürnt man wie New York, Washington, London und Paris."

      Gab Gregor Gysi zu früh auf? Hätte er den jetzt aufwallenden Hassboom abwarten sollen, um die deutsche Hauptstadt zu nie gekanntem Wohlstand zu führen. Ein Wohlstand, in dem kein Berliner mehr arbeitet. Worauf wartet Berlin? Ist es Eitelkeit, die die Stadt wie eh und je ihre Chancen verschlafen lässt? Fordert der kapitale Hochmut einen intensiveren, einen bedingungslosen, gar unvergleichbaren Hass?

      Die Freude jedenfalls, sie mag so recht nicht aufkommen. Selbst die Berlin Tourismus Marketing GmbH will die Möglichkeiten des Hasspotenzials nicht erkennen: "Wir können nicht ausschließen, dass es mit den Besucherzahlen weiter abwärts geht", ließ ihr Geschäftsführer dieser Tage verlautbaren. Und der Berliner? Er übt sich in bekannter Misanthropie: "Wir hassen uns schon selbst jenuch!", so schreit es stullengedämpft aus biergeblähten Tränensäcken, denen in puncto Hass keiner so schnell etwas vormacht.
      Avatar
      schrieb am 26.09.02 11:18:58
      Beitrag Nr. 438 ()
      Comment
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      Enlist in Schröder`s army
      Germany has shaken off its guilt and accepted its destiny: to be a force for good outside its own frontiers


      Hywel Williams
      Thursday September 26, 2002
      The Guardian

      How should we deal with Germany? The German question is and always will be the story of Europe itself, for the continent`s largest single nation is also its heart and its destiny. Finding an answer has been the diplomatic preoccupation and the political fear driving other Europeans ever since the Hohenstaufen dynasty broke out of Swabia and established an imperial style in the 12th century. Europe`s history is just one long knock-on Teutonic effect.

      It was outsiders - whether impressed or terrified - who framed the German question`s terms. But Germans themselves, from Goethe to Grass, have formulated their own interrogation. There`s an anxiety that haunts the national soul and asks: what does it mean to be a good German? The country has always luxuriated in exploration of national identity - a game which the newly introspective English now play as well.

      At least the general election has thrown up one answer. Goodness here means turning Berlin into a rock on the Bushite path to Baghdad. Gerhard Schröder`s victory re-states the German question as a common and positive European one. His opposition to the American imperial adventurism has brought into focus a strong German identity - one which serves peace not war.

      To the German problem of the 20th century`s first half, the century`s second half threw up another difficulty. The militarism yielded to the disabling guilt of the defeated. De-militarised and then Nato-fied, Germany`s western half went for the gold of an economic miracle - and a quiet democratic dullness. Pacifism became a dominant strand - and this itself built on an old German tradition of quietism in politics. Obedience was owed to the powers that be - meanwhile it was best to lead a quiet life. Order was all. It`s the argument used by Luther when he urged the German princes to put down the peasant`s revolt as ruthlessly as possible.

      Even to Germans themselves the idea that Germany could be a force for good outside her own frontiers seemed suspect. This was a country that - hanging its head in shame - punched way below its weight. Its stance was that of a self-confessed Frankenstein`s monster, which had to ask for its own chains lest it lash out. This view of Germany`s need for self-imposed tutelage was very much that of Helmut Kohl and it worked as one element of that Franco-German motor which was the EU`s rationale.

      Reunification changed everything. On the right the critique now is of Germany`s economic strains - its problems with pensions and restrictive labour laws. But, culturally speaking, Germany has reawakened with a healthy political structure. And it has reclaimed the German liberal tradition in a way that is assertive and purposeful rather than quietist. Germany is now the real challenger to the Blair picture of Europeans as America`s dependent cousins.

      The Mitterand-Kohl partnership was a powerful driving force - and one that saw Britain on the European margins. It was an alliance of two flawed giants who had lived with war. But the Chirac-Schröder relationship has nothing of the same warmth or intensity of purpose. Schröder is strikingly free of war guilt, while Chirac`s readiness to play the American game shows his readiness to embrace the dominant force of the moment.

      Mr Blair will have his war. But those who are sickened by his shallow ease with mass destruction should enrol in Schröder`s army. And, in doing, so we can hark back as well as look forward.

      "How dreadful the state of Paris is! Surely that Sodom and Gomorrah as Papa called it deserves to be crushed": Queen Victoria`s letter to her daughter Vicky, crown princess of Prussia, may not have been in the best of taste as Paris lay crushed by the Prussian army in 1870-1. But it is a reminder of how - until the 20th-century deflection of the current - it was a sense of German affinities that ruled English hearts and minds. France was the country with a tradition of military takeover and political instability, while Prussia was an English-Victorian mirror: Protestant, cultured, industrious. Liberals in particular admired the Bismarckian settlement for its example of an activist state at work with its welfare reforms. It was an admiration that survived the 1871 unification - and the arrival in united Germany of the Catholic south.

      Mr Blair will use all his black arts of persuasion to bring Schröder on board. But Schröder has all the look about him of a landesvater - a politician whose fatherland has found a leader. That slim majority was gained by a kind of magic as he worked the issue of the German flood. And he has became the spokesman for a common European order, one which is now threatened by the Blair-Bush axis. The German question of old has now been replaced by the American question - one unstable empire has displaced another. Mr Blair finds his leader across the ocean; the rest of us will look beyond the Rhine.

      taliesin.hywel@virgin.net
      Avatar
      schrieb am 26.09.02 11:39:48
      Beitrag Nr. 439 ()
      http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,210896,00.html

      26. August 2002
      RUDOLF AUGSTEIN
      Die Präventiv-Kriegstreiber

      Reichlich schizophren, was da jetzt in Washington abläuft: George W. Bush versucht die Welt zu besänftigen, indem er verkündet, ein Angriff auf den Irak stünde nicht unmittelbar bevor. Und dann fügt er in immer gleich lautenden Formulierungen hinzu, ein "Regimewechsel" in Bagdad sei unabdingbar. Ja, wie denn - durch Überredungskunst? Oder glaubt der Mann im Weißen Haus, dass sich Saddam Hussein freiwillig die Kugel gibt, wie es dessen Gast Abu Nidal gerade (nach ausgiebigem Verhör durch den irakischen Geheimdienst) getan haben soll?

      Wenn es kein Mossad- oder CIA-Agent schafft, Saddam auszulöschen, wird schon geballte militärische Gewalt vonnöten sein. Das stellt die Frage nach der Rechtmäßigkeit eines solchen Vorgehens - und ob wir Deutschen uns daran beteiligen sollen. Es wird das Geheimnis der CDU-Opposition bleiben, warum darüber jetzt nicht diskutiert werden sollte. Es muss sogar. Der Ex-Nato-Oberbefehlshaber in Europa, Wesley Clark, schätzt die Wahrscheinlichkeit, dass Bush im nächsten Jahr den Irak angreift, immerhin "auf 70 Prozent".

      Es wäre ein Präventivschlag - völkerrechtlich zu bewerten als "ein verbotener Angriffskrieg und damit ein internationales Verbrechen", wie der Geschichtsprofessor Jörg Fisch von der Universität Zürich in der "Weltwoche" schreibt. Bismarck, gewiss kein Pazifist, hat zeitlebens Präventivkriege entschieden abgelehnt.

      Henry Kissinger, weiß Gott auch keiner, der zu allen Zeiten Frieden um jeden Preis befürwortet hat, schreibt: "Die Ablösung einer fremden Regierung zum Gegenstand militärischer Drohungen und möglicher Interventionen zu machen stellt das gesamte System des Westfälischen Friedens von 1648 in Frage, dessen Grundlage die Nichteinmischung fremder Mächte in die internen Angelegenheiten souveräner Staaten ist."

      Nur eine Form des Krieges ist Einzelstaaten erlaubt: die Selbstverteidigung gegen eine tatsächliche Bedrohung. Bedroht Bagdad die USA?

      Ginge es darum, das Zentrum der Qaida-Organisation anzugreifen, müsste Bush in Pakistan einmarschieren. Wäre das Land mit der aggressivsten fundamentalistischen Religionsdoktrin das Ziel-Land, sollte Bush Saudi-Arabien attackieren. Wäre daran gedacht, eine tatsächliche Atommacht im Nahen Osten auszuschalten, käme als einziger Staat Israel in Frage (vielleicht noch Iran, der jedenfalls näher an der Produktion von Nuklearwaffen ist als der Irak).

      So unvollkommen die Zerstörung aller Waffen durch die Uno-Inspektoren nach dem Kuweit-Krieg gewesen sein mag, Bagdad kann Europa, schon gleich gar nicht die USA derzeit ernsthaft bedrohen.

      Die amerikanische Regierung weiß das. Ihr geht es wohl - neben persönlicher Rache an dem Mann, der Washington so gern demütigt und provoziert - auch um den langfristigen Zugriff auf das Erdöl in der Region. Das macht Hilfskonstruktionen für den geplanten Angriff nötig:Verteidigungsminister Donald Rumsfeld hat Kontakte des Qaida-Netzes zum Irak ausgemacht.

      Allerdings will ihm bei einem solchen Bedrohungsszenario nicht einmal die CIA so recht beispringen. Mehrmals schon winkte der Geheimdienst ab. Die Hinweise für hochrangige Treffen von Irakern und Bin-Laden-Leuten seien dünn, eine Mittäterschaft an den Ereignissen des 11. September so gut wie auszuschließen. Wenn das aber so ist, kann Bagdad nur nach einem förmlichen Uno-Beschluss der Weltstaatengemeinschaft angegriffen werden - Washington scheut diesen Antrag, weil dafür aller Voraussicht nach keine Mehrheit zu bekommen wäre.

      In den USA, immer noch eine Demokratie, haben sich zahlreiche bedeutende Politiker - und Militärs - gegen einen Angriffskrieg ausgesprochen, die Begeisterung der Öffentlichkeit für einen schnellen (und womöglich alleinigen, mithin sehr kostspieligen) Waffengang schwindet.

      In keinem europäischen Staat gibt es derzeit auch nur annähernd eine Mehrheit für einen Krieg gegen den Irak; auch Großbritannien, der traditionell engste Militär-Verbündete Washingtons, sieht Bushs Pläne zunehmend skeptisch.

      Bundeskanzler Schröder hat betont, Deutschland werde keine militärischen "Abenteuer" im Irak mittragen. Da hat er Recht, mögen sich da bei der SPD - `s ist Wahlkampf - auch einige schrille Töne eingeschlichen haben. Besser als das Wischiwaschi und Lasst-uns-das-Vertagen der CDU und ihrer diversen Welt-Außenpolitiker von Schäuble bis zum Kandidaten Stoiber ist das allemal.

      Und wenn Schröders klare Worte den Herrn US-Botschafter in Berlin so erregen, dass der seine Empörung gegenüber ausgesuchten Zeitungen publik machen muss, dann sei`s drum. Washington mag überrascht sein - die US-Regierung macht so indirekt Wahlkampf für den Bundeskanzler. Die in die Öffentlichkeit gespielte US-Demarche mit dem Gestus "Wir sind die Herren der Welt" kann nur der SPD Stimmen bringen.

      Zuverlässige Freunde sind nicht diejenigen, die "uneingeschränkte Solidarität" schwören (eine verfehlte Schröder-Formulierung im Krieg gegen den Terror, welche die Vereinigten Staaten in ihrem Unilateralismus ermutigen musste). Sondern solche, die offen und kritisch ihre Meinung sagen. Vielleicht hätte das in Sachen Irak schon früher einmal getan werden sollen.

      Beispielsweise in den achtziger Jahren, da die Reagan-Regierung Saddam Hussein als ihren Verbündeten betrachtete und nach dem alten Roosevelt-Motto gegenüber geopolitisch nützlichen Gewaltherrschern hätschelte: "Er mag ein Bastard sein, aber er ist unser Bastard."

      Washington belieferte den irakischen Diktator damals bei dessen Angriffskrieg gegen das Ajatollah-Regime in Teheran mit Aufklärungsfotos und half den irakischen Partnern nicht nur mit Waffen, sondern sogar beim Entwurf von Schlachtplänen. Das war bekannt. Was erst letzte Woche publik wurde: US-Nachrichtendienste wussten damals, dass Saddam Hussein Giftgas einsetzen würde.

      Aber geopolitisch war das ja nicht schädlich.
      Avatar
      schrieb am 26.09.02 11:58:53
      Beitrag Nr. 440 ()
      SPIEGEL ONLINE - 26. September 2002, 10:43
      URL: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,215594,00.html

      Massenvernichtungswaffen
       
      Die Doppelmoral der Bush-Krieger

      Von Harald Schumann

      Mit der Gefahr durch ABC-Waffen in der Hand feindlicher Regime rechtfertigt die US-Regierung ihre neue Doktrin des gerechten Präventivkriegs. Doch Washingtons Strategen haben selbst entscheidend zur Aushöhlung der Uno-Verbotskonventionen und zur Verbreitung der Terror-Technologien beigetragen - nicht nur im Irak.


      Berlin - Der Besucher aus dem fernen Amerika schüttelte seinem Gastgeber herzlich die Hand. Dieser gab sich "lebhaft und vertrauensvoll", notierte ein Mitarbeiter der US-Botschaft. Dabei übermittelte der Sondergesandte aus Washington "die Grüße des Präsidenten und brachte seine Freude zum Ausdruck", die Hauptstadt des Gastlandes besuchen zu dürfen. Anschließend sprachen die Partner übers Geschäft und die Verbesserung der Beziehungen zwischen ihren Staaten.

      So schildert ein jüngst vom amerikanischen Magazin "Newsweek" zitiertes Protokoll des US-Außenministeriums jene Begegnung, an die Amerikas Regenten heute nur noch ungern erinnert werden. Denn es war Donald Rumsfeld, heute Chef der gewaltigsten Streitmacht auf Erden, der einst, im Dezember 1983, im Auftrag des damaligen US-Präsidenten Ronald Reagan in Bagdad das vertrauliche Gespräch mit Saddam Hussein suchte.

      In den folgenden acht Jahren, das ergaben Ermittlungen des US-Kongresses, scheuten die Regierungen der Präsidenten Reagan und Bush senior weder Kosten noch Mühe, um dem Despoten von Bagdad in seinem Angriffskrieg gegen den Iran beizustehen. Nach dem Prinzip, `der Feind meines Feindes ist mein Freund`, arrangierten sie nicht nur verdeckte Waffenkäufe über Ägypten sowie die Übergabe von militärisch wichtigen Daten der US-Satellitenaufklärung.

      Saddams Terrorwaffen, made in USA

      Zugleich billigten die US-Behörden auch den Kauf von Ausrüstung und Rohstoffen zur Herstellung biologischer und chemischer Waffen durch das Regime im Irak. So lieferten US-Labors zum Beispiel am 2. Mai 1986 vier Kulturen von Milzbrand- und Botulinus-Bakterien an das Irakische Bildungsministerium, beides Erreger, die der Herstellung von Bio-Waffen dienen können.

      Daneben durfte sich die irakische Atomenergie-Kommission unter den Augen der Exportkontrolleure des Washingtoner Handelsministeriums über mehrere Jahre hinweg in den USA mit Labor-Ausrüstung eindecken. Der Handel mit der Technik für die Massentötung setzte sich sogar noch fort, nachdem Saddam Hussein im März 1988 über 5000 Kurden mit einem Giftgasangriff hatte ermorden lassen. Insgesamt erteilten die US-Behörden nicht weniger als 711 Ausfuhrlizenzen für so genannte dual-use-Güter, die zur Herstellung von Massenvernichtungswaffen benötigt werden.

      "Die Vereinigten Staaten versorgten die Regierung des Irak mit Materialien, die zur Entwicklung des irakischen Chemiewaffen, Biowaffen- und Raketen-System-Programms beitrugen", resümierte der Ausschussvorsitzende, Donald Riegle, im Jahr 1992.

      Heute, fast zwei Jahrzehnte nach Rumsfelds Besuch in Bagdad, stehen er und sein Präsident an der Spitze einer Regierung, die sich anschickt, wegen ebensolcher Waffen einen Präventivkrieg gegen den Irak zu führen. "Wenn die Feinde der Zivilisation offen und aktiv nach den zerstörerischsten Technologien der Welt streben, dürfen die Vereinigten Staaten nicht tatenlos bleiben", konstatiert die am vergangenen Freitag veröffentlichte neue "Nationale Sicherheitsstrategie" der Regierung Bush. Auch wenn "Zeit und Ort der Angriffe durch solche Feinde unsicher" seien, so künden Bushs Strategen, "werden die Vereinigten Staaten, wenn nötig, auch präventiv handeln, um feindliche Akte unserer Gegner zu vereiteln".

      Doch die Gefahren, die Washingtons Falken nun beschwören, um ihren geplanten Bruch mit dem Völkerrecht zu rechtfertigen, haben sie selbst und ihre Vorgänger aktiv mit herbeigeführt - und das keineswegs nur wegen ihrer unheiligen Allianz mit dem Schlächter von Bagdad während der achtziger Jahre. Vielmehr behindern und unterlaufen Amerikas Regierungen seit Jahrzehnten und bis heute Bemühungen der internationalen Staatengemeinschaft, der Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen wirksame Riegel vorzuschieben.

      US-Raketensilo: "Vollständige Abrüstung"Die Politik der Doppelmoral begann schon, da war die Vokabel "Nichtweiterverbreitung" (Nonproli-
      feration) gerade erst geboren. Gegen Ende der sechziger Jahre drängten die damals erst fünf Atommächte (USA, Sowjetunion, China, Frankreich, Großbritannien) unter massivem politischen Druck die übrige Welt zur Unterzeichnung des Atomwaffensperrvertrages, dem mittlerweile 185 Staaten beigetreten sind. Um die atomaren Habenichtse zu ködern, verpflichteten sich die Atomwaffenbesitzer in Artikel sechs des Vertrages zur "generellen und vollständigen Abrüstung" ihrer Atomarsenale "unter strikter und effektiver Kontrolle".

      Zugang zum Club der Unangreifbaren

      Das Versprechen war wegen des Kalten Krieges von Beginn an wenig glaubwürdig. Doch auch nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion übten sich die Atommächte in Ignoranz, allen voran die USA, wo der Kongress im Jahr 1992 sogar den Vertrag über das Ende von Atomwaffen-Tests zurückwies. Diese Verweigerung blieb nicht ohne Folgen. Schwellenländer sahen sich geradezu aufgefordert, sich durch den Aufbau eigener Atomwaffen-Arsenale Zugang zum Club der Unangreifbaren zu verschaffen.

      Folglich rüsteten sich die Inder schon ab 1977 mit Atomwaffen aus, nicht zuletzt unter Verweis auf das Arsenal des großen Nachbarn China. Dem indischen Beispiel folgte irgendwann in den achtziger Jahren Israel, das zwar keinen Demonstrationstest durchführte, über dessen Atomwaffenfabrik in der Negev-Wüste aber ausreichende Belege vorliegen. Und die "islamische Bombe" in den Händen von Saddam Hussein mag zwar durch den Golfkrieg und die anschließende Zerstörung der irakischen Atomlabors verhindert worden sein. Gleichwohl gibt es sie - in Pakistan, dessen Regime 1998 mit einer Serie von unterirdischen Bombentests seine Fähigkeit zum nuklearen Vergeltungsschlag demonstrierte.


      Pakistanische Atom-Rakete: "Islamische Bombe"Insbesondere die Fälle Israel und Pakistan demonstrieren, wie Amerikas Kämpfer gegen die nukleare Bedrohung mit zweierlei Maß messen. Gewiss, Israel ist umgeben von feindlichen Nachbarn, die mit der ultimativen Waffe vor einem erneuten Überfall auf den Judenstaat abgeschreckt werden können. Ähnliche Abschreckung könnte freilich auch ein Beistandsvertrag mit den USA bewirken. So dient das israelische Atomprogramm den Hardlinern der arabischen Welt stets als Rechtfertigung für die Forderung nach eigenen Massentötungswaffen. Trotzdem enthielten sich die US-Regierungen beider Parteien bis heute jeder ernsthaften Kritik an Israels Atombewaffnung.

      Noch absurder ist der amerikanische Umgang mit Pakistan.

      Die Diktatur des Pervez Musharraf darf getrost als Brutstätte des internationalen Terrors bezeichnet werden. Sein Geheimdienst nährte nicht nur die Taliban bis zum abrupten Richtungswechsel nach dem 11.9. 2001. Daneben stützen Musharrafs Schergen auch die Islamisten in Kaschmir und regieren das Land mit brutalen Polizeistaatsmethoden bis zu Folter und Mord. Trotzdem erfreut sich die herrschende Offiziers-Clique in Islamabad der ungeteilten Unterstützung aus Washington, einschließlich großzügiger Milliardenkredite des Internationalen Währungsfonds.

      Im Klartext: Demokratie hin, Menschenrechte her, wer auf Seiten der USA steht, darf sich ungestraft ABC-Waffen verschaffen. Und das eigene Arsenal der Vereinigten Staaten bleibt ohnehin sakrosankt.

      Vor diesem Hintergrund sind die Methoden, mit denen Regierung und Parlament in Washington die Uno-Konventionen gegen die Verbreitung von Bio- und Chemiewaffen sabotieren, wenig überraschend. Gleich zwei mal demonstrierte die Bush-Administration in den vergangenen zehn Monaten, dass sie kein Interesse mehr an solchen Verträgen hat.

      Den ersten Sprengsatz an das Nichtverbreitungs-Regime im Rahmen der Uno legte Vize-Verteidigungsminister John Bolton, der in Washington den irreführenden Titel "Abrüstungsbeauftragter" führt, im vergangenen Dezember persönlich.

      Als die Vertreter der 144 Mitgliedstaaten der Bio-Waffen-Konvention in Genf zusammentraten, um endlich - nach sieben Jahren mühevoller Verhandlungen - ein Protokoll zu verabschieden, das wirksame Kontrollen vorschreiben sollte, ließ Bolton die Konferenz kurzerhand platzen. Die US-Regierung unterstütze dieses Vorhaben nicht mehr, teilte er mit; den verblüfften Diplomaten blieb nichts anderes übrig, als sich um ein Jahr zu vertagen.

      Vergangene Woche ließ Bolton mitteilen, dass seine Regierung an einer Fortsetzung der Verhandlungen kein Interesse mehr hat und alle Ideen für ein Kontroll-Regime gegen Bio-Waffen für "den falschen Ansatz" halte, bei dem zu befürchten sei, "das er grundsätzlich nicht funktioniert". Man könne doch "nicht glauben, dass 150 Länder am Tisch sitzen und von gleich zu gleich verhandeln, wenn einige die Konvention verletzen, über die man redet", erläuterte ein leitender US-Beamter der "Financial Times Deutschland" diese Position. Das sei, "als würden Mafia und Polizei über eine bessere Verbrechensbekämpfung reden."

      Die Biowaffen-Projekte der US-Army

      Erst recht, wenn das Pentagon Teil der Mafia ist. Denn nicht nur der Irak, Israel, Ägypten, China, Indien und Pakistan stehen im Verdacht. Auch die Vereinigten Staaten haben in Sachen Bio-Waffen einiges zu verbergen. So enthüllte die "New York Times" ein Woche vor den Anschlägen vom 11. September, dass die Regierung mindestens drei Projekte verfolge, die, wenn nicht den Paragrafen, so doch dem Sinn der Konvention fundamental widersprächen. Demnach arbeiten Wissenschaftler der US Army an einer Produktionsanlage für Biowaffen, an der Vorbereitung einer Testexplosion einer unvollständig ausgestatten Bakterienbombe und der Entwicklung eines gentechnisch veränderten Milzbranderregers, der gegen die gebräuchlichen Impfstoffe resistent ist.

      Nicht anders halten es die Bush-Krieger mit den chemischen Waffen. Zwar gelang es der Uno im Jahr 1997 die weltweit tätige Kontroll-"Organisation for the Prohibition of Chemical Weapons" (OPCW) zu gründen, deren 200 Inspektoren bis 2012 die Vernichtung aller Chemiewaffen-Bestände überwachen sollen. Doch die im Vertrag vorgesehenen unangekündigten Verdachtskontrollen können ausgerechnet in den USA gar nicht stattfinden. Mehrfach verwehrten US-Behörden den OPCW-Experten den Zugang zu bestimmten Einrichtungen. Und der Kongress verabschiedete dazu ein Gesetz, das es dem Präsidenten erlaubt, die Inspektoren überhaupt abzuweisen, wenn deren Tätigkeit "die Sicherheit der Vereinigten Staaten" gefährde.

      Im April diesen Jahres erzwang die Bush-Regierung schließlich auch noch den Rausschmiss des noch ein Jahr zuvor einstimmig in seinem Amt bestätigten OPCW-Direktors José Bustani. Der 59-jährige brasilianische Diplomat hatte den Fehler begangen, ganz im Sinne seines Auftrages auch Saddam Hussein zur Unterzeichnung des Vertrages zu drängen und damit seinen Kontrolleuren auch im Irak Zutritt zu verschaffen.

      Weil das dem Regime in Bagdad womöglich zusätzliche Legitimation verschafft hätte, stellten die Amerikaner kurzerhand ihre Beitragszahlungen ein und warfen Bustani "Kompetenzüberschreitung" vor. Anschließend schmiedeten sie eine Allianz zur Absetzung des als störrisch und eigensinnig gebrandmarkten Brasilianers, bei der neben den Europäern sogar die Delegierten des pazifischen Zwergstaates Kiribati als Stimmvieh eingespannt wurden. Bustani blieb nach der entscheidenden Abstimmung in Den Haag nur der Protest gegen den seiner Meinung nach "gefährlichen Präzedenzfall", bei dem erstmals auf Druck der USA der Chef einer multilateralen Institution während seiner laufenden Amtszeit davongejagt wurde.

      Es liegt nahe, all diese Widersprüche und Übergriffe der US-Strategen beim Umgang mit Massenvernichtungswaffen achselzuckend als jene Realpolitik anzusehen, wie sie eine komplexe und gewalttätige Welt nun einmal erfordert. Doch gerade die jüngere Geschichte der US-Außenpolitik liefert zahlreiche Belege, dass sie zur Befriedung und Demokratisierung der Menschheit etwa so viel beiträgt wie die gefälschten Bilanzen von Enron und Co. zur Gesundung der amerikanischen Volkswirtschaft. Gleich ob im Falle des Irak oder Saudi-Arabiens, ob bei der UCK-Guerilla im Kosovo oder Afghanistans Gotteskriegern, allzu häufig mündete die US-Realpolitik am Ende im Ruf nach Schutz vor Amerikas Freunden von gestern - und ihren Waffen.

      Die "Selektivität der amerikanischen Politik" beim Umgang mit Massenvernichtungswaffen sei daher selbst ein zentrales Problem bei deren Bekämpfung, warnt Bernd Kubbig, Rüstungsexperte bei der Hessischen Stiftung für Friedens- und Konfliktforschung. Daran werde auch der geplante Krieg gegen den Irak nichts ändern. Zu befürchten sei vielmehr, dass erneut ein "substaatlicher Boden für Terroristen" geschaffen werde. Für deren Zugriff auf die Technologien der Massenvernichtung ist der Weg nur noch kurz.
      Avatar
      schrieb am 26.09.02 12:17:04
      Beitrag Nr. 441 ()
      http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,215702,00.html
       
      SADDAM UND AL-QAIDA
      US-Regierung bastelt an neuer Verschwörungstheorie

      Bei den Vorbereitungen für einen Krieg gegen den Irak vergeht kaum ein Tag ohne neue Spekulationen der Amerikaner über Saddam Hussein, das Terrornetzwerk al-Qaida und ihre weltweiten Verbindungen. US-Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice behauptet nun, Bagdad habe den Terroristen bei der Entwicklung von Chemiewaffen geholfen.

      Washington - Festgenommene hochrangige al-Qaida-Mitglieder hätten ausgesagt, dass der Irak der Terrororganisation von Osama Bin Laden einige Trainings zur Entwicklung von Chemiewaffen ermöglicht habe. "Also ja, es gibt Verbindungen zwischen Irak und al-Qaida", sagte Rice dem US-Fernsehsender PBS. "Wir wissen, dass Saddam Hussein eine lange Vergangenheit mit Terrorismus im Allgemeinen hat", erläuterte Rice. Und es gebe al-Qaida-Personal, das in Bagdad Zuflucht gefunden habe. Zwar wolle man zu diesem Zeitpunkt nicht argumentieren, dass Saddam Hussein irgendwie die Kontrolle darüber gehabt habe, was am 11. September geschehen sei, sagte Rice weiter. "Aber dies ist eine Geschichte, die sich entwickelt, und sie wird klarer und wir erfahren mehr."

      In Warschau hatte zuvor US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld die Verteidigungsminister der Nato über Verbindungen des Irak zu Bin Laden unterrichtet. Die auf Geheimdienstberichten aus den Nato-Ländern basierenden Informationen zeigten klare Verbindungen zwischen Irak und al-Qaida auf, behauptete Rumsfeld.

      Ex-Präsident Carter warnt vor US-Alleingang gegen Saddam

      Wie schon Ex-Vizepräsident Al Gore warnte auch der ehemalige US-Präsident Jimmy Carter die Regierung von George W. Bush davor, den Irak ohne Mandat der Vereinten Nationen anzugreifen. Eine gewaltsame Machtenthebung von Saddam Hussein würde größere Anstrengungen erfordern als der Golf-Krieg gegen Irak 1991 oder der Krieg in Afghanistan, sagte Carter in Atlanta. Dies wäre ein tragischer Fehler für die USA und für den Frieden im Nahen Osten, sagte Carter. Er warnte davor, dass sich die Lage im Nahen Osten weiter destabilisieren könnte und die USA die Unterstützung von Verbündeten verlieren könnten. Carter sagte, er zweifle daran, dass der Irak über Atomwaffen verfüge. Zugleich rief er die Führung in Bagdad auf, die Uno-Resolutionen zu erfüllen. Carter war von 1977 bis 1981 Präsident der USA.
      Avatar
      schrieb am 26.09.02 13:23:20
      Beitrag Nr. 442 ()
      [Quelle: Berliner-Zeitung vom 26.9.2002]

      Sympathie für Bratwurst und Lederhose
      Die US-Zeitungen kritisieren Präsident Bush für seine Haltung im deutsch-amerikanischen Streit

      Eva Schweitzer

      NEW YORK, 25. September. "No more Bratwurst!" (Nie wieder Bratwurst) werde es wohl im Weißen Haus geben, spottete gestern Maureen Dowd, Kolumnistin der "New York Times". Die Herrscher der westlichen Welt, "Condi, Rummi, Cheney" benähmen sich gegenüber Deutschland wie pubertäre 16-Jährige - oder auch wie beleidigte Cheerleader. Da habe sie immer geglaubt, die Bush-Truppe leide unter "Testosteron-Vergiftung", so Dowd, nun zickten die herum wie eine Mädchenclique. Und: Wie komme es, dass die Saudis, die doch dauernd die US-Regierung brüskierten, so viel besser behandelt würden?
      Die gestörte deutsch-amerikanische Freundschaft beschäftigt die amerikanischen Zeitungen seit Tagen. Aber erstaunlicherweise sind es Bush & Co, die dabei gar nicht gut wegkommen. Selbst die Leserbriefe sind ungewöhnlich milde gegenüber den Deutschen und werfen Bush "Arroganz" und "Kriegslüsternheit" vor. Kein Wunder, hat doch Bush für seine Irakpolitik keineswegs die Mehrheit in der Bevölkerung hinter sich.

      Schleunigst Schröder anrufen


      So sind die Zeitungen denn auch mehr bemüht, gute Ratschläge für eine Versöhnung zu erteilen, als Deutschland zu schelten. Das konservative "Wall Street Journal" griff gestern in die gleiche Metaphernkiste wie die Times. Schröder brauche seine Lederhosen erst einmal nicht für einen Besuch auf Bushs Ranch einzupacken, schrieb die Zeitung (unter Verkennung der Tatsache, dass ja eigentlich Stoiber Lederhosen trägt). Aber ansonsten gibt das Journal Entwarnung. "Höchstwahrscheinlich hat Schröder keinen permanenten Schaden am westlichen Bündnis angerichtet", schrieb es bereits am Dienstag, und: "Deutsche sind gegen den Krieg, aber nicht gegen Amerika".

      Auch die US-Regierung habe gute Gründe, ihre Beziehung zu Deutschland zu verbessern, hieß es. Deutschland werde ab Januar einen Sitz im UN-Sicherheitsrat einnehmen; wenn das Land bei der Opposition zum Irakkrieg bleibe, sei das ein Risiko. Zudem werde der deutsche Botschafter bei den UN bald der Vorsitzende des Sanktionskommittees der Vereinten Nationen sein. Zudem gebe es zwei US-Basen in Deutschland, die für den Krieg benötigt werden. Die US-Regierung gehe davon aus, dass sie diese Basen auch dann nutzen könne, wenn sie ohne Mandat der Vereinten Nationen in den Krieg zöge.

      Die "Washington Post" schrieb gestern, der wesentliche Punkt seien nicht atmosphärische Störungen, sondern inhaltliche Differenzen über den Irakkrieg. Schröder verhalte sich so wie Bush selbst: Seine Position verdeutlichen, versuchen, den anderen zu überzeugen, wenn das nicht geht, machen, was er für richtig hält. "Bush hat seine eigene Medizin zu schmecken bekommen", so Gastkommentator Ivo Daalder, der Dozent am Brookings-Institute ist. Bush zahle nun den Preis für seine unilaterale Politik. Bundeskanzler Gerhard Schröder müsse Bush klar machen, dass er gegen dessen Irakpolitik, nicht aber gegen Amerika eingestellt sei. Bush solle Schröder schleunigst anrufen und ihm zum Wahlsieg gratulieren, um die Atmosphäre zu verbessern.

      Auch die "New York Times" hat die US-Regierung ermahnt: "Bush muss begreifen, warum es Deutschland unwohl ist beim Gedanken an diesen Krieg". Schröder habe bereits richtig reagiert, als er Justizministerin Hertha Däubler-Gmelin entlassen habe. Die Times erinnerte an die gemeinsamen Interessen - beispielsweise hätte Deutschland bislang geholfen, einen Handelskrieg um die Stahlzölle zwischen USA und EU zu vermeiden, der die USA bis zu vier Milliarden Dollar kosten kann. Und: "Bush muss verstehen: Wenn er die Welt gegen Saddam Hussein einigen will, dann braucht es bessere diplomatische Fähigkeiten."

      Gestern nun schrieb der Schriftsteller Peter Schneider in der "New York Times": Wenn die US-Regierung entscheide, Krieg gegen Saddam Hussein zu führen, ohne die europäischen Alliierten zu informieren, dann sollten sie auf Widerspruch vorbereitet sein. Und: "Schröder hat eben von amerikanischen Wahlkampagnen gelernt, dass nur derjenige Kanzler wird, der alle Tricks beherrscht."

      Die "New Republik", eine konservative Zeitschrift, kritisiert gar Bush als den allein Schuldigen an dem Zerwürfnis. Bush habe leichtfertig überall Streit angefangen - Kyoto-Protokoll, Pakt gegen biologische Waffen, Internationaler Strafgerichtshof, Stahltarife - und damit Europa verprellt. Diese kleinlichen Zänkereien insbesondere mit Deutschland gefährdeten nun die Koalition gegen den Irak. Auf diese aber sei die USA angewiesen, und zwar nicht wegen der Waffenhilfe - das könne man auch alleine - sondern weil sonst Amerika wieder einmal als Koloss dastünde, der den Planeten regieren will. "Wenn der Krieg als alleinige Unternehmung der USA gesehen würde, wird das langfristig noch größere Feindseligkeit gegen uns provozieren", so die "New Republic". Und, schlimmer noch: "Wenn Europa den Krieg nicht unterstützt, wird es auch nicht bereit sein, für den Wiederaufbau des Irak oder die Friedenstruppe zu bezahlen, und dann bleiben die USA auf einem gewaltigen Schuldenberg sitzen."

      Nun die Hand ausstrecken

      Die "Los Angeles Times" erinnert Bush daran, dass ein Viertel aller Amerikaner deutschstämmig sei, und Deutschland eines der größten Abnehmerländer für US-Produkte. Hunderttausende Deutsche hätten sich nach den Anschlägen vom 11. September am Brandenburger Tor versammelt und ihre Solidarität mit Amerika gezeigt. Zudem betreibe Deutschland 30 Ermittlungen, um den Terroranschlag aufklären zu helfen. Der Rauswurf von Däubler-Gmelin sei Entschuldigung genug, Bush solle nun die Hand ausstrecken. Und Maureen Dowd fragt in ihrer Kolumne für die "New York Times": "Wollen wir die Deutschen wirklich dafür bestrafen, dass sie Pazifisten sind?"
      Avatar
      schrieb am 26.09.02 13:41:22
      Beitrag Nr. 443 ()
      Al Gore: „Weil er Osama nicht kriegen kann“


      Als einer der ersten einflussreichen US-Politiker hat der ehemalige Vizepräsident Al Gore scharfe Kritik an den Irak-Plänen des Weißen Hauses geübt. Gore warnte am Montag (Ortszeit), die harte Haltung von Präsident George W. Bush bedrohe die internationale Koalition, die nach dem 11. September im Kampf gegen den Terror gebildet worden ist.

      Er warf Bush in einer Rede in San Francisco indirekt vor, sich deshalb jetzt ganz auf Saddam Hussein zu konzentrieren, weil es einfacher sei, den irakischen Diktator aufzuspüren als Osama bin Laden. Die USA sollten sich besser darauf konzentrieren, die Schuldigen der Anschläge vom 11. September zu finden, von denen die meisten noch immer nicht gefasst seien.

      Bush sei auch dabei, das Ziel aufzugeben, dass Nationen sich an Gesetze halten müssen, warnte Gore weiter. Wenn andere Nationen sich das selbe Recht zugestehen würden, dann werde das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit aufgegeben und schnell durch eine Schreckensherrschaft ersetzt.


      Gore ist damit einer der wenigen oppositionellen Demokraten, die offen Kritik an der Irak-Politik der Bush-Administration üben. Die meisten Demokraten unterstützen einen möglichen Militärschlag, allerdings wenden sich einige gegen einen Alleingang der USA. Im Rennen um das Weiße Haus war Gore Ende 2000 gegen Bush unterlegen.

      Kein Blankoscheck für Bush

      Der US-Präsident wird für ein Vorgehen gegen Irak vom Kongress voraussichtlich nur eine begrenzte Vollmacht erhalten. Vor allem die Senatoren der Demokratischen Partei hatten am Sonntag (Ortszeit) erklärt, der Auftrag zur Gefahrenabwehr und Wiederherstellung des Friedens müsse klarer definiert werden.

      Die US-Regierung hatte in der vergangenen Woche vorgeschlagen, Bush die Erlaubnis zum Einsatz militärischer Gewalt einzuräumen, „um die Sicherheit in der Region wiederherzustellen“. „Das ist zu weit gefasst“, kritisierte Senator Carl Levin. Der Demokrat sprach sich dafür aus, nicht die ganze Region in den Entwurf aufzunehmen, sondern nur Irak. Dem schloss sich der Vorsitzende des Ausschusses für Auswärtige Beziehungen im Senat, Joseph Biden, an.

      Biden forderte den Präsidenten auf, den Bürgern seine Pläne genauer zu erläutern. „Die Amerikaner sind erwachsen“, sagte er. „Man sagt ihnen, was die Bedrohung ist und sie werden den Präsidenten unterstützen.“ Biden und Levin erklärten, der Präsident müsse eng mit dem UN-Sicherheitsrat zusammenarbeiten, weil dies mehr Unterstützung im Land für den Krieg gegen Irak schaffen könne.

      Vertreter der Republikaner erklärten sich mit einer Änderung des Entwurfs einverstanden. „Dies sind sehr, sehr wichtige Definitionen, weil sie das Land wahrscheinlich in den Krieg führen werden“, sagte Senator Chuck Hagel.

      Das Weiße Haus möchte den Entwurf verabschieden, bevor der Kongress für die Wahl am 5. November in die Pause geht.

      24.09.02, 16:15 Uhr
      (Quelle: ap)
      Avatar
      schrieb am 26.09.02 13:50:03
      Beitrag Nr. 444 ()
      SPIEGEL ONLINE - 26. September 2002, 10:43
      URL: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,215594,00.html



      Massenvernichtungswaffen


      Die Doppelmoral der Bush-Krieger


      Von Harald Schumann

      Mit der Gefahr durch ABC-Waffen in der Hand feindlicher Regime rechtfertigt die US-Regierung ihre neue Doktrin des gerechten Präventivkriegs. Doch Washingtons Strategen haben selbst entscheidend zur Aushöhlung der Uno-Verbotskonventionen und zur Verbreitung der Terror-Technologien beigetragen - nicht nur im Irak.

      Verteidigungsminister Rumsfeld: Geschäfte mit Saddam


      Berlin - Der Besucher aus dem fernen Amerika schüttelte seinem Gastgeber herzlich die Hand. Dieser gab sich "lebhaft und vertrauensvoll", notierte ein Mitarbeiter der US-Botschaft. Dabei übermittelte der Sondergesandte aus Washington "die Grüße des Präsidenten und brachte seine Freude zum Ausdruck", die Hauptstadt des Gastlandes besuchen zu dürfen. Anschließend sprachen die Partner übers Geschäft und die Verbesserung der Beziehungen zwischen ihren Staaten.

      So schildert ein jüngst vom amerikanischen Magazin "Newsweek" zitiertes Protokoll des US-Außenministeriums jene Begegnung, an die Amerikas Regenten heute nur noch ungern erinnert werden. Denn es war Donald Rumsfeld, heute Chef der gewaltigsten Streitmacht auf Erden, der einst, im Dezember 1983, im Auftrag des damaligen US-Präsidenten Ronald Reagan in Bagdad das vertrauliche Gespräch mit Saddam Hussein suchte.

      In den folgenden acht Jahren, das ergaben Ermittlungen des US-Kongresses, scheuten die Regierungen der Präsidenten Reagan und Bush senior weder Kosten noch Mühe, um dem Despoten von Bagdad in seinem Angriffskrieg gegen den Iran beizustehen. Nach dem Prinzip, `der Feind meines Feindes ist mein Freund`, arrangierten sie nicht nur verdeckte Waffenkäufe über Ägypten sowie die Übergabe von militärisch wichtigen Daten der US-Satellitenaufklärung.

      Saddams Terrorwaffen, made in USA

      Zugleich billigten die US-Behörden auch den Kauf von Ausrüstung und Rohstoffen zur Herstellung biologischer und chemischer Waffen durch das Regime im Irak. So lieferten US-Labors zum Beispiel am 2. Mai 1986 vier Kulturen von Milzbrand- und Botulinus-Bakterien an das Irakische Bildungsministerium, beides Erreger, die der Herstellung von Bio-Waffen dienen können.

      Isotopentrennungsanlage im Irak (Satellitenbild, 1999): Technologie aus den USA


      Daneben durfte sich die irakische Atomenergie-Kommission unter den Augen der Exportkontrolleure des Washingtoner Handelsministeriums über mehrere Jahre hinweg in den USA mit Labor-Ausrüstung eindecken. Der Handel mit der Technik für die Massentötung setzte sich sogar noch fort, nachdem Saddam Hussein im März 1988 über 5000 Kurden mit einem Giftgasangriff hatte ermorden lassen. Insgesamt erteilten die US-Behörden nicht weniger als 711 Ausfuhrlizenzen für so genannte dual-use-Güter, die zur Herstellung von Massenvernichtungswaffen benötigt werden.

      "Die Vereinigten Staaten versorgten die Regierung des Irak mit Materialien, die zur Entwicklung des irakischen Chemiewaffen, Biowaffen- und Raketen-System-Programms beitrugen", resümierte der Ausschussvorsitzende, Donald Riegle, im Jahr 1992.


      Heute, fast zwei Jahrzehnte nach Rumsfelds Besuch in Bagdad, stehen er und sein Präsident an der Spitze einer Regierung, die sich anschickt, wegen ebensolcher Waffen einen Präventivkrieg gegen den Irak zu führen. "Wenn die Feinde der Zivilisation offen und aktiv nach den zerstörerischsten Technologien der Welt streben, dürfen die Vereinigten Staaten nicht tatenlos bleiben", konstatiert die am vergangenen Freitag veröffentlichte neue "Nationale Sicherheitsstrategie" der Regierung Bush. Auch wenn "Zeit und Ort der Angriffe durch solche Feinde unsicher" seien, so künden Bushs Strategen, "werden die Vereinigten Staaten, wenn nötig, auch präventiv handeln, um feindliche Akte unserer Gegner zu vereiteln".

      Doch die Gefahren, die Washingtons Falken nun beschwören, um ihren geplanten Bruch mit dem Völkerrecht zu rechtfertigen, haben sie selbst und ihre Vorgänger aktiv mit herbeigeführt - und das keineswegs nur wegen ihrer unheiligen Allianz mit dem Schlächter von Bagdad während der achtziger Jahre. Vielmehr behindern und unterlaufen Amerikas Regierungen seit Jahrzehnten und bis heute Bemühungen der internationalen Staatengemeinschaft, der Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen wirksame Riegel vorzuschieben.


      AP

      US-Raketensilo: "Vollständige Abrüstung"


      Die Politik der Doppelmoral begann schon, da war die Vokabel "Nichtweiterverbreitung" (Nonproli-
      feration) gerade erst geboren. Gegen Ende der sechziger Jahre drängten die damals erst fünf Atommächte (USA, Sowjetunion, China, Frankreich, Großbritannien) unter massivem politischen Druck die übrige Welt zur Unterzeichnung des Atomwaffensperrvertrages, dem mittlerweile 185 Staaten beigetreten sind. Um die atomaren Habenichtse zu ködern, verpflichteten sich die Atomwaffenbesitzer in Artikel sechs des Vertrages zur "generellen und vollständigen Abrüstung" ihrer Atomarsenale "unter strikter und effektiver Kontrolle".

      Zugang zum Club der Unangreifbaren

      Das Versprechen war wegen des Kalten Krieges von Beginn an wenig glaubwürdig. Doch auch nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion übten sich die Atommächte in Ignoranz, allen voran die USA, wo der Kongress im Jahr 1992 sogar den Vertrag über das Ende von Atomwaffen-Tests zurückwies. Diese Verweigerung blieb nicht ohne Folgen. Schwellenländer sahen sich geradezu aufgefordert, sich durch den Aufbau eigener Atomwaffen-Arsenale Zugang zum Club der Unangreifbaren zu verschaffen.


      REUTERS



      Pakistanische Atom-Rakete: "Islamische Bombe"


      Folglich rüsteten sich die Inder schon ab 1974 mit Atomwaffen aus, nicht zuletzt unter Verweis auf das Arsenal des großen Nachbarn China. Dem indischen Beispiel folgte irgendwann in den achtziger Jahren Israel, das zwar keinen Demonstrationstest durchführte, über dessen Atomwaffenfabrik in der Negev-Wüste aber ausreichende Belege vorliegen. Und die "islamische Bombe" in den Händen von Saddam Hussein mag zwar durch den Golfkrieg und die anschließende Zerstörung der irakischen Atomlabors verhindert worden sein. Gleichwohl gibt es sie - in Pakistan, dessen Regime 1998 mit einer Serie von unterirdischen Bombentests seine Fähigkeit zum nuklearen Vergeltungsschlag demonstrierte.

      Insbesondere die Fälle Israel und Pakistan demonstrieren, wie Amerikas Kämpfer gegen die nukleare Bedrohung mit zweierlei Maß messen. Gewiss, Israel ist umgeben von feindlichen Nachbarn, die mit der ultimativen Waffe vor einem erneuten Überfall auf den Judenstaat abgeschreckt werden können. Ähnliche Abschreckung könnte freilich auch ein Beistandsvertrag mit den USA bewirken. So dient das israelische Atomprogramm den Hardlinern der arabischen Welt stets als Rechtfertigung für die Forderung nach eigenen Massentötungswaffen. Trotzdem enthielten sich die US-Regierungen beider Parteien bis heute jeder ernsthaften Kritik an Israels Atombewaffnung.


      AP

      Sitzung des Nationalen Sicherheitsrats in Washington: Kein Interesse an Verträgen


      Noch absurder ist der amerikanische Umgang mit Pakistan. Die Diktatur des Pervez Musharraf darf getrost als Brutstätte des internationalen Terrors bezeichnet werden. Sein Geheimdienst nährte nicht nur die Taliban bis zum abrupten Richtungswechsel nach dem 11.9. 2001. Daneben stützen Musharrafs Schergen auch die Islamisten in Kaschmir und regieren das Land mit brutalen Polizeistaatsmethoden bis zu Folter und Mord. Trotzdem erfreut sich die herrschende Offiziers-Clique in Islamabad der ungeteilten Unterstützung aus Washington, einschließlich großzügiger Milliardenkredite des Internationalen Währungsfonds.

      Im Klartext: Demokratie hin, Menschenrechte her, wer auf Seiten der USA steht, darf sich ungestraft ABC-Waffen verschaffen. Und das eigene Arsenal der Vereinigten Staaten bleibt ohnehin sakrosankt.

      Vor diesem Hintergrund sind die Methoden, mit denen Regierung und Parlament in Washington die Uno-Konventionen gegen die Verbreitung von Bio- und Chemiewaffen sabotieren, wenig überraschend. Gleich zwei mal demonstrierte die Bush-Administration in den vergangenen zehn Monaten, dass sie kein Interesse mehr an solchen Verträgen hat.

      Den ersten Sprengsatz an das Nichtverbreitungs-Regime im Rahmen der Uno legte Vize-Verteidigungsminister John Bolton, der in Washington den irreführenden Titel "Abrüstungsbeauftragter" führt, im vergangenen Dezember persönlich.




      AP

      Vizeverteidigungs
      minister Bolton: "Mit der Mafia verhandeln"


      Als die Vertreter der 144 Mitgliedstaaten der Bio-Waffen-Konvention in Genf zusammentraten, um endlich - nach sieben Jahren mühevoller Verhandlungen - ein Protokoll zu verabschieden, das wirksame Kontrollen vorschreiben sollte, ließ Bolton die Konferenz kurzerhand platzen. Die US-Regierung unterstütze dieses Vorhaben nicht mehr, teilte er mit; den verblüfften Diplomaten blieb nichts anderes übrig, als sich um ein Jahr zu vertagen.

      Vergangene Woche ließ Bolton mitteilen, dass seine Regierung an einer Fortsetzung der Verhandlungen kein Interesse mehr hat und alle Ideen für ein Kontroll-Regime gegen Bio-Waffen für "den falschen Ansatz" halte, bei dem zu befürchten sei, "das er grundsätzlich nicht funktioniert". Man könne doch "nicht glauben, dass 150 Länder am Tisch sitzen und von gleich zu gleich verhandeln, wenn einige die Konvention verletzen, über die man redet", erläuterte ein leitender US-Beamter der "Financial Times Deutschland" diese Position. Das sei, "als würden Mafia und Polizei über eine bessere Verbrechensbekämpfung reden."

      Die Biowaffen-Projekte der US-Army

      Erst recht, wenn das Pentagon Teil der Mafia ist. Denn nicht nur der Irak, Israel, Ägypten, China, Indien und Pakistan stehen im Verdacht. Auch die Vereinigten Staaten haben in Sachen Bio-Waffen einiges zu verbergen. So enthüllte die "New York Times" ein Woche vor den Anschlägen vom 11. September, dass die Regierung mindestens drei Projekte verfolge, die, wenn nicht den Paragrafen, so doch dem Sinn der Konvention fundamental widersprächen. Demnach arbeiten Wissenschaftler der US Army an einer Produktionsanlage für Biowaffen, an der Vorbereitung einer Testexplosion einer unvollständig ausgestatten Bakterienbombe und der Entwicklung eines gentechnisch veränderten Milzbranderregers, der gegen die gebräuchlichen Impfstoffe resistent ist.


      REUTERS

      Milzbrand-Bakterien: Mit der Gentechnik zur perfekten Waffe


      Nicht anders halten es die Bush-Krieger mit den chemischen Waffen. Zwar gelang es der Uno im Jahr 1997 die weltweit tätige Kontroll-"Organisation for the Prohibition of Chemical Weapons" (OPCW) zu gründen, deren 200 Inspektoren bis 2012 die Vernichtung aller Chemiewaffen-Bestände überwachen sollen. Doch die im Vertrag vorgesehenen unangekündigten Verdachtskontrollen können ausgerechnet in den USA gar nicht stattfinden. Mehrfach verwehrten US-Behörden den OPCW-Experten den Zugang zu bestimmten Einrichtungen. Und der Kongress verabschiedete dazu ein Gesetz, das es dem Präsidenten erlaubt, die Inspektoren überhaupt abzuweisen, wenn deren Tätigkeit "die Sicherheit der Vereinigten Staaten" gefährde.

      Im April diesen Jahres erzwang die Bush-Regierung schließlich auch noch den Rausschmiss des noch ein Jahr zuvor einstimmig in seinem Amt bestätigten OPCW-Direktors José Bustani. Der 59-jährige brasilianische Diplomat hatte den Fehler begangen, ganz im Sinne seines Auftrages auch Saddam Hussein zur Unterzeichnung des Vertrages zu drängen und damit seinen Kontrolleuren auch im Irak Zutritt zu verschaffen.

      Weil das dem Regime in Bagdad womöglich zusätzliche Legitimation verschafft hätte, stellten die Amerikaner kurzerhand ihre Beitragszahlungen ein und warfen Bustani "Kompetenzüberschreitung" vor. Anschließend schmiedeten sie eine Allianz zur Absetzung des als störrisch und eigensinnig gebrandmarkten Brasilianers, bei der neben den Europäern sogar die Delegierten des pazifischen Zwergstaates Kiribati als Stimmvieh eingespannt wurden. Bustani blieb nach der entscheidenden Abstimmung in Den Haag nur der Protest gegen den seiner Meinung nach "gefährlichen Präzedenzfall", bei dem erstmals auf Druck der USA der Chef einer multilateralen Institution während seiner laufenden Amtszeit davongejagt wurde.

      Es liegt nahe, all diese Widersprüche und Übergriffe der US-Strategen beim Umgang mit Massenvernichtungswaffen achselzuckend als jene Realpolitik anzusehen, wie sie eine komplexe und gewalttätige Welt nun einmal erfordert. Doch gerade die jüngere Geschichte der US-Außenpolitik liefert zahlreiche Belege, dass sie zur Befriedung und Demokratisierung der Menschheit etwa so viel beiträgt wie die gefälschten Bilanzen von Enron und Co. zur Gesundung der amerikanischen Volkswirtschaft. Gleich ob im Falle des Irak oder Saudi-Arabiens, ob bei der UCK-Guerilla im Kosovo oder Afghanistans Gotteskriegern, allzu häufig mündete die US-Realpolitik am Ende im Ruf nach Schutz vor Amerikas Freunden von gestern - und ihren Waffen.

      Die "Selektivität der amerikanischen Politik" beim Umgang mit Massenvernichtungswaffen sei daher selbst ein zentrales Problem bei deren Bekämpfung, warnt Bernd Kubbig, Rüstungsexperte bei der Hessischen Stiftung für Friedens- und Konfliktforschung. Daran werde auch der geplante Krieg gegen den Irak nichts ändern. Zu befürchten sei vielmehr, dass erneut ein "substaatlicher Boden für Terroristen" geschaffen werde. Für deren Zugriff auf die Technologien der Massenvernichtung ist der Weg nur noch kurz.
      Avatar
      schrieb am 26.09.02 13:53:53
      Beitrag Nr. 445 ()
      SPIEGEL ONLINE - 26. September 2002, 13:13
      URL: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,215730,00.html



      Politische Lösung gefordert

      Putin auf Distanz zu Bush

      Der russische Präsident Putin hat dazu aufgerufen, die Irak-Krise zügig zu lösen - auf der Basis der bestehenden Uno-Resolutionen.

      So freundlich wird es jetzt auch zwischen Bush und Putin nicht mehr hergehen, wie noch im Mai 2002



      Moskau - "Wir bevorzugen eine zügige Lösung auf Basis der bestehenden Uno-Resolutionen und unter Berücksichtigung der Normen und Prinzipien des internationalen Rechts", teilte der russische Präsident Vladimir Putin am Donnerstag über die Irak-Krise mit.

      "Politische und diplomatische Lösungswege" sollten aus seiner Sicht Vorrang erhalten.

      Damit geht Putin noch deutlicher auf Distanz zu den Wünschen der US-Regierung, als in den vergangenen Wochen. US-Präsident George W. Bush möchte mittels einer neuen Irak-Resolution im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen stärkeren Druck auf Iraks Präsident Hussein ausüben um einen Angriff zu legitimieren.
      Avatar
      schrieb am 26.09.02 13:57:39
      Beitrag Nr. 446 ()
      SPIEGEL ONLINE - 26. September 2002, 6:38
      URL: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,215677,00.html



      US-Wahlkampf

      Demokraten nehmen Bush ins Visier


      Demokraten und Republikaner haben in den USA hinter verschlossenen Türen damit begonnen, einen gemeinsamen Beschluss zur Irak-Politik auszuhandeln. Aber am 5. November wird der Kongress neu gewählt, und das führte zu heftigen Wortgefechten beider Lager.


      Washington - Die oppositionellen Demokraten haben Vorbehalte gegen die Formulierung eines Regierungsentwurfs, wonach dem Präsidenten der Einsatz von militärischen Mitteln zugestanden wird, "um internationalen Frieden und Sicherheit in der Region wiederherzustellen". Eine solche Erklärung würde weit über den Irak hinausreichen, wandten angeblich mehrere demokratische Politiker ein. Ein weiterer Diskussionspunkt ist die Frage, inwieweit George W. Bush verpflichtet werden soll, dem Kongress über die Entwicklung in der Irak-Politik regelmäßig zu berichten.

      Das Weiße Haus reagierte unterdessen zurückhaltend auf eine ungewöhnlich scharfe Kritik von Tom Daschle, dem demokratischen Mehrheitsführer im Senat. Er hatte von Bush eine Entschuldigung für die Äußerung verlangt, dass die Demokraten im Senat "nicht an der Sicherheit des eigenen Volkes interessiert" seien. Sechs Wochen vor der Parlamentswahl in den USA warf Daschle Bush vor, "die Rhetorik über Krieg und Leben und Tod zu politisieren". Der Sprecher des Weißen Hauses, Ari Fleischer, sagte, Daschle habe die Äußerungen Bushs falsch wiedergegeben.

      Bush setzte am Abend im Weißen Haus sein Plädoyer für einen Krieg gegen den Irak fort. Er beschuldigte Saddam Hussein, gemeinsame Sache mit der Terror-Organisation al-Qaida zu machen. Auf die Frage nach einem Vergleich zwischen Saddam Hussein und Osama Bin Laden sagte Bush: "Sie sind beide Risiken, sie sind beide gefährlich. Sie arbeiten zusammen. Die Gefahr ist, dass al-Qaida zum verlängerten Arm von Saddams Verrücktheit, seines Hasses und seiner Fähigkeit wird, Massenvernichtungswaffen rund um die Welt zu verbreiten. (...) Man kann nicht zwischen Saddam Hussein und al-Qaida unterscheiden, wenn man über den Krieg gegen den Terrorismus spricht."

      USA begleichen Uno-Schulden

      Das amerikanische Repräsentantenhaus hat unterdessen beschlossen, den Vereinten Nationen die letzten noch ausstehenden Beiträge zu überweisen. Der Beschluss sieht neben der Zahlung von 244 Millionen Dollar an offenen Verbindlichkeiten auch 78 Millionen Dollar an neuen Verpflichtungen vor.

      "Das bedeutet einen Riesenschritt zur Normalisierung unserer Beziehungen zu den Vereinten Nationen", erklärte der demokratische Abgeordnete Tom Lantos. Die Entscheidung sei ein Vertrauensvotum für die Uno. "Es ist jetzt an der Zeit, dass sich die Vereinten Nationen eines solchen Vertrauens als würdig erweisen", sagte Lantos. Dazu gehöre auch ein Uno-Beschluss zur Umsetzung der eigenen Irak-Resolutionen.



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      Die USA lassen aber auch kein fettnäpfchen aus....

      Stimmenkauf auf US-Amerikanisch?
      Avatar
      schrieb am 26.09.02 14:06:26
      Beitrag Nr. 447 ()
      26. September 2002, 02:04, Neue Zürcher Zeitung


      Appell zum Verbot biologischer Waffen
      Das IKRK regt umfassende Kontrollen an
      Das IKRK hat in einem Appell die Staatenwelt vor den Gefahren gewarnt, welche die biologischen Waffen darstellen. Es fordert eine entschiedene Ächtung dieser Waffen sowie Kontrollen der biotechnologischen Betriebe.



      jpk. Genf, 25. September

      Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) hat am Mittwoch in Genf einen Appell zur Bekräftigung des Verbots biologischer Waffen veröffentlicht. In dem Appell fordert das IKRK die Staatengemeinschaft, Militärs, Wissenschafter und die Industrie auf, sich für eine umfassende Ächtung biologischer Waffen und die Bekräftigung der bereits bestehenden Abkommen zum Verbot des Einsatzes, der Herstellung und der Verbreitung biologischer Waffen einzusetzen. In dem Appell, der zuvor von IKRK-Präsident Jakob Kellenberger bei einer zweitägigen Konferenz in Montreux vorgestellt worden war, fordert die humanitäre Institution die internationale Gemeinschaft zudem zur Verabschiedung einer umfassenden politischen Erklärung gegen biologische Waffen in nächster Zukunft auf.

      Biotechnologie und Waffenproduktion
      In dem Appell ruft das IKRK die internationale Gemeinschaft eindringlich zum Handeln auf. Wenn die in den letzten Jahren erzielten und in nächster Zukunft erwarteten Fortschritte im Bereich der Biotechnologie für militärische oder terroristische Zwecke missbraucht würden, bestehe eine grosse Gefahr für die Menschheit, heisst es in dem Appell weiter. Besondere Gefahr drohe, wenn es gelingen sollte, die Konsistenz biologischer Kampfstoffe zu verbessern, so dass diese leichter transportiert und wirkungsvoller eingesetzt werden könnten, erklärte der Leiter der IKRK-Abteilung für Minen und Waffen, Peter Herby, an einer Pressekonferenz. Die Möglichkeit der synthetischen Herstellung von Erregern sowie die Fortschritte der Biotechnologie bei der Beeinflussung physischer und psychischer Prozesse erhöhten das Gefahrenpotenzial durch die biologischen Kampfstoffe zusätzlich. Der Appell richtet sich deshalb nicht nur an die Regierungen, sondern auch an die biotechnologische Industrie sowie die in diesem Bereich tätigen Wissenschafter. Um Missbräuche zu verhindern, fordert das IKRK die Ausarbeitung einer Art von Verhaltenskodex für Forscher und die Leiter der betreffenden Unternehmen. Forschungsprogramme in kritischen Bereichen sollten zudem künftig von unabhängiger Seite überprüft werden können.

      Der Appell erfolgt nur wenige Wochen vor der Wiederaufnahme der Verhandlungen für die Schaffung eines Zusatzprotokolls zur Konvention zum Verbot biologischer Waffen. Diplomatische Beobachter gehen davon aus, dass die USA wie bereits im vergangenen Jahr die Verabschiedung des Protokolls verhindern und die Verhandlungen deshalb erneut für ein weiteres Jahr eingefroren werden. Vertreter Washingtons hatten das vorgesehene Protokoll im letzten Jahr als sinnlos bezeichnet. Anscheinend hat aber auch die amerikanische Industrie für Biotechnologie Bedenken gegen die nach Verabschiedung des Protokolls mögliche Inspektion ihrer Betriebe.

      Ablehnende Amerikaner
      Der Appell des IKRK stellt einen Versuch dar, die Verhandlungen für die Vereinbarung zusätzlicher Mechanismen zur Kontrolle der Biotechnologie neu zu lancieren. Alle vom IKRK in dem Appell vorgesehenen Massnahmen sind allerdings rechtlich nicht bindend, und deren Wirksamkeit wäre im Vergleich zu dem Zusatzprotokoll deshalb viel geringer. Bei der Konferenz von Montreux liessen die Vereinigten Staaten anscheinend bereits erkennen, dass sie von der IKRK- Initiative nicht begeistert sind.
      Avatar
      schrieb am 26.09.02 15:26:03
      Beitrag Nr. 448 ()
      Ich will auch mal!


      SPIEGEL ONLINE - 26. September 2002, 10:43
      http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,215594,00.html" target="_blank" rel="nofollow ugc noopener"> http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,215594,00.html

      Massenvernichtungswaffen

      Die Doppelmoral der Bush-Krieger

      Von Harald Schumann

      Mit der Gefahr durch ABC-Waffen in der Hand feindlicher Regime rechtfertigt die US-Regierung ihre neue Doktrin des gerechten Präventivkriegs. Doch Washingtons Strategen haben selbst entscheidend zur Aushöhlung der Uno-Verbotskonventionen und zur Verbreitung der Terror-Technologien beigetragen - nicht nur im Irak.


      Berlin - Der Besucher aus dem fernen Amerika schüttelte seinem Gastgeber herzlich die Hand. Dieser gab sich "lebhaft und vertrauensvoll", notierte ein Mitarbeiter der US-Botschaft. Dabei übermittelte der Sondergesandte aus Washington "die Grüße des Präsidenten und brachte seine Freude zum Ausdruck", die Hauptstadt des Gastlandes besuchen zu dürfen. Anschließend sprachen die Partner übers Geschäft und die Verbesserung der Beziehungen zwischen ihren Staaten.

      So schildert ein jüngst vom amerikanischen Magazin "Newsweek" zitiertes Protokoll des US-Außenministeriums jene Begegnung, an die Amerikas Regenten heute nur noch ungern erinnert werden. Denn es war Donald Rumsfeld, heute Chef der gewaltigsten Streitmacht auf Erden, der einst, im Dezember 1983, im Auftrag des damaligen US-Präsidenten Ronald Reagan in Bagdad das vertrauliche Gespräch mit Saddam Hussein suchte.

      In den folgenden acht Jahren, das ergaben Ermittlungen des US-Kongresses, scheuten die Regierungen der Präsidenten Reagan und Bush senior weder Kosten noch Mühe, um dem Despoten von Bagdad in seinem Angriffskrieg gegen den Iran beizustehen. Nach dem Prinzip, `der Feind meines Feindes ist mein Freund`, arrangierten sie nicht nur verdeckte Waffenkäufe über Ägypten sowie die Übergabe von militärisch wichtigen Daten der US-Satellitenaufklärung.

      Saddams Terrorwaffen, made in USA

      Zugleich billigten die US-Behörden auch den Kauf von Ausrüstung und Rohstoffen zur Herstellung biologischer und chemischer Waffen durch das Regime im Irak. So lieferten US-Labors zum Beispiel am 2. Mai 1986 vier Kulturen von Milzbrand- und Botulinus-Bakterien an das Irakische Bildungsministerium, beides Erreger, die der Herstellung von Bio-Waffen dienen können.

      Daneben durfte sich die irakische Atomenergie-Kommission unter den Augen der Exportkontrolleure des Washingtoner Handelsministeriums über mehrere Jahre hinweg in den USA mit Labor-Ausrüstung eindecken. Der Handel mit der Technik für die Massentötung setzte sich sogar noch fort, nachdem Saddam Hussein im März 1988 über 5000 Kurden mit einem Giftgasangriff hatte ermorden lassen. Insgesamt erteilten die US-Behörden nicht weniger als 711 Ausfuhrlizenzen für so genannte dual-use-Güter, die zur Herstellung von Massenvernichtungswaffen benötigt werden.

      "Die Vereinigten Staaten versorgten die Regierung des Irak mit Materialien, die zur Entwicklung des irakischen Chemiewaffen, Biowaffen- und Raketen-System-Programms beitrugen", resümierte der Ausschussvorsitzende, Donald Riegle, im Jahr 1992.

      Heute, fast zwei Jahrzehnte nach Rumsfelds Besuch in Bagdad, stehen er und sein Präsident an der Spitze einer Regierung, die sich anschickt, wegen ebensolcher Waffen einen Präventivkrieg gegen den Irak zu führen. "Wenn die Feinde der Zivilisation offen und aktiv nach den zerstörerischsten Technologien der Welt streben, dürfen die Vereinigten Staaten nicht tatenlos bleiben", konstatiert die am vergangenen Freitag veröffentlichte neue "Nationale Sicherheitsstrategie" der Regierung Bush. Auch wenn "Zeit und Ort der Angriffe durch solche Feinde unsicher" seien, so künden Bushs Strategen, "werden die Vereinigten Staaten, wenn nötig, auch präventiv handeln, um feindliche Akte unserer Gegner zu vereiteln".

      Doch die Gefahren, die Washingtons Falken nun beschwören, um ihren geplanten Bruch mit dem Völkerrecht zu rechtfertigen, haben sie selbst und ihre Vorgänger aktiv mit herbeigeführt - und das keineswegs nur wegen ihrer unheiligen Allianz mit dem Schlächter von Bagdad während der achtziger Jahre. Vielmehr behindern und unterlaufen Amerikas Regierungen seit Jahrzehnten und bis heute Bemühungen der internationalen Staatengemeinschaft, der Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen wirksame Riegel vorzuschieben.

      US-Raketensilo: "Vollständige Abrüstung"Die Politik der Doppelmoral begann schon, da war die Vokabel "Nichtweiterverbreitung" (Nonproli-
      feration) gerade erst geboren. Gegen Ende der sechziger Jahre drängten die damals erst fünf Atommächte (USA, Sowjetunion, China, Frankreich, Großbritannien) unter massivem politischen Druck die übrige Welt zur Unterzeichnung des Atomwaffensperrvertrages, dem mittlerweile 185 Staaten beigetreten sind. Um die atomaren Habenichtse zu ködern, verpflichteten sich die Atomwaffenbesitzer in Artikel sechs des Vertrages zur "generellen und vollständigen Abrüstung" ihrer Atomarsenale "unter strikter und effektiver Kontrolle".

      Zugang zum Club der Unangreifbaren

      Das Versprechen war wegen des Kalten Krieges von Beginn an wenig glaubwürdig. Doch auch nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion übten sich die Atommächte in Ignoranz, allen voran die USA, wo der Kongress im Jahr 1992 sogar den Vertrag über das Ende von Atomwaffen-Tests zurückwies. Diese Verweigerung blieb nicht ohne Folgen. Schwellenländer sahen sich geradezu aufgefordert, sich durch den Aufbau eigener Atomwaffen-Arsenale Zugang zum Club der Unangreifbaren zu verschaffen.

      Folglich rüsteten sich die Inder schon ab 1977 mit Atomwaffen aus, nicht zuletzt unter Verweis auf das Arsenal des großen Nachbarn China. Dem indischen Beispiel folgte irgendwann in den achtziger Jahren Israel, das zwar keinen Demonstrationstest durchführte, über dessen Atomwaffenfabrik in der Negev-Wüste aber ausreichende Belege vorliegen. Und die "islamische Bombe" in den Händen von Saddam Hussein mag zwar durch den Golfkrieg und die anschließende Zerstörung der irakischen Atomlabors verhindert worden sein. Gleichwohl gibt es sie - in Pakistan, dessen Regime 1998 mit einer Serie von unterirdischen Bombentests seine Fähigkeit zum nuklearen Vergeltungsschlag demonstrierte.


      Pakistanische Atom-Rakete: "Islamische Bombe"Insbesondere die Fälle Israel und Pakistan demonstrieren, wie Amerikas Kämpfer gegen die nukleare Bedrohung mit zweierlei Maß messen. Gewiss, Israel ist umgeben von feindlichen Nachbarn, die mit der ultimativen Waffe vor einem erneuten Überfall auf den Judenstaat abgeschreckt werden können. Ähnliche Abschreckung könnte freilich auch ein Beistandsvertrag mit den USA bewirken. So dient das israelische Atomprogramm den Hardlinern der arabischen Welt stets als Rechtfertigung für die Forderung nach eigenen Massentötungswaffen. Trotzdem enthielten sich die US-Regierungen beider Parteien bis heute jeder ernsthaften Kritik an Israels Atombewaffnung.

      Noch absurder ist der amerikanische Umgang mit Pakistan.

      Die Diktatur des Pervez Musharraf darf getrost als Brutstätte des internationalen Terrors bezeichnet werden. Sein Geheimdienst nährte nicht nur die Taliban bis zum abrupten Richtungswechsel nach dem 11.9. 2001. Daneben stützen Musharrafs Schergen auch die Islamisten in Kaschmir und regieren das Land mit brutalen Polizeistaatsmethoden bis zu Folter und Mord. Trotzdem erfreut sich die herrschende Offiziers-Clique in Islamabad der ungeteilten Unterstützung aus Washington, einschließlich großzügiger Milliardenkredite des Internationalen Währungsfonds.

      Im Klartext: Demokratie hin, Menschenrechte her, wer auf Seiten der USA steht, darf sich ungestraft ABC-Waffen verschaffen. Und das eigene Arsenal der Vereinigten Staaten bleibt ohnehin sakrosankt.

      Vor diesem Hintergrund sind die Methoden, mit denen Regierung und Parlament in Washington die Uno-Konventionen gegen die Verbreitung von Bio- und Chemiewaffen sabotieren, wenig überraschend. Gleich zwei mal demonstrierte die Bush-Administration in den vergangenen zehn Monaten, dass sie kein Interesse mehr an solchen Verträgen hat.

      Den ersten Sprengsatz an das Nichtverbreitungs-Regime im Rahmen der Uno legte Vize-Verteidigungsminister John Bolton, der in Washington den irreführenden Titel "Abrüstungsbeauftragter" führt, im vergangenen Dezember persönlich.

      Als die Vertreter der 144 Mitgliedstaaten der Bio-Waffen-Konvention in Genf zusammentraten, um endlich - nach sieben Jahren mühevoller Verhandlungen - ein Protokoll zu verabschieden, das wirksame Kontrollen vorschreiben sollte, ließ Bolton die Konferenz kurzerhand platzen. Die US-Regierung unterstütze dieses Vorhaben nicht mehr, teilte er mit; den verblüfften Diplomaten blieb nichts anderes übrig, als sich um ein Jahr zu vertagen.

      Vergangene Woche ließ Bolton mitteilen, dass seine Regierung an einer Fortsetzung der Verhandlungen kein Interesse mehr hat und alle Ideen für ein Kontroll-Regime gegen Bio-Waffen für "den falschen Ansatz" halte, bei dem zu befürchten sei, "das er grundsätzlich nicht funktioniert". Man könne doch "nicht glauben, dass 150 Länder am Tisch sitzen und von gleich zu gleich verhandeln, wenn einige die Konvention verletzen, über die man redet", erläuterte ein leitender US-Beamter der "Financial Times Deutschland" diese Position. Das sei, "als würden Mafia und Polizei über eine bessere Verbrechensbekämpfung reden."

      Die Biowaffen-Projekte der US-Army

      Erst recht, wenn das Pentagon Teil der Mafia ist. Denn nicht nur der Irak, Israel, Ägypten, China, Indien und Pakistan stehen im Verdacht. Auch die Vereinigten Staaten haben in Sachen Bio-Waffen einiges zu verbergen. So enthüllte die "New York Times" ein Woche vor den Anschlägen vom 11. September, dass die Regierung mindestens drei Projekte verfolge, die, wenn nicht den Paragrafen, so doch dem Sinn der Konvention fundamental widersprächen. Demnach arbeiten Wissenschaftler der US Army an einer Produktionsanlage für Biowaffen, an der Vorbereitung einer Testexplosion einer unvollständig ausgestatten Bakterienbombe und der Entwicklung eines gentechnisch veränderten Milzbranderregers, der gegen die gebräuchlichen Impfstoffe resistent ist.

      Nicht anders halten es die Bush-Krieger mit den chemischen Waffen. Zwar gelang es der Uno im Jahr 1997 die weltweit tätige Kontroll-"Organisation for the Prohibition of Chemical Weapons" (OPCW) zu gründen, deren 200 Inspektoren bis 2012 die Vernichtung aller Chemiewaffen-Bestände überwachen sollen. Doch die im Vertrag vorgesehenen unangekündigten Verdachtskontrollen können ausgerechnet in den USA gar nicht stattfinden. Mehrfach verwehrten US-Behörden den OPCW-Experten den Zugang zu bestimmten Einrichtungen. Und der Kongress verabschiedete dazu ein Gesetz, das es dem Präsidenten erlaubt, die Inspektoren überhaupt abzuweisen, wenn deren Tätigkeit "die Sicherheit der Vereinigten Staaten" gefährde.

      Im April diesen Jahres erzwang die Bush-Regierung schließlich auch noch den Rausschmiss des noch ein Jahr zuvor einstimmig in seinem Amt bestätigten OPCW-Direktors José Bustani. Der 59-jährige brasilianische Diplomat hatte den Fehler begangen, ganz im Sinne seines Auftrages auch Saddam Hussein zur Unterzeichnung des Vertrages zu drängen und damit seinen Kontrolleuren auch im Irak Zutritt zu verschaffen.

      Weil das dem Regime in Bagdad womöglich zusätzliche Legitimation verschafft hätte, stellten die Amerikaner kurzerhand ihre Beitragszahlungen ein und warfen Bustani "Kompetenzüberschreitung" vor. Anschließend schmiedeten sie eine Allianz zur Absetzung des als störrisch und eigensinnig gebrandmarkten Brasilianers, bei der neben den Europäern sogar die Delegierten des pazifischen Zwergstaates Kiribati als Stimmvieh eingespannt wurden. Bustani blieb nach der entscheidenden Abstimmung in Den Haag nur der Protest gegen den seiner Meinung nach "gefährlichen Präzedenzfall", bei dem erstmals auf Druck der USA der Chef einer multilateralen Institution während seiner laufenden Amtszeit davongejagt wurde.

      Es liegt nahe, all diese Widersprüche und Übergriffe der US-Strategen beim Umgang mit Massenvernichtungswaffen achselzuckend als jene Realpolitik anzusehen, wie sie eine komplexe und gewalttätige Welt nun einmal erfordert. Doch gerade die jüngere Geschichte der US-Außenpolitik liefert zahlreiche Belege, dass sie zur Befriedung und Demokratisierung der Menschheit etwa so viel beiträgt wie die gefälschten Bilanzen von Enron und Co. zur Gesundung der amerikanischen Volkswirtschaft. Gleich ob im Falle des Irak oder Saudi-Arabiens, ob bei der UCK-Guerilla im Kosovo oder Afghanistans Gotteskriegern, allzu häufig mündete die US-Realpolitik am Ende im Ruf nach Schutz vor Amerikas Freunden von gestern - und ihren Waffen.

      Die "Selektivität der amerikanischen Politik" beim Umgang mit Massenvernichtungswaffen sei daher selbst ein zentrales Problem bei deren Bekämpfung, warnt Bernd Kubbig, Rüstungsexperte bei der Hessischen Stiftung für Friedens- und Konfliktforschung. Daran werde auch der geplante Krieg gegen den Irak nichts ändern. Zu befürchten sei vielmehr, dass erneut ein "substaatlicher Boden für Terroristen" geschaffen werde. Für deren Zugriff auf die Technologien der Massenvernichtung ist der Weg nur noch kurz.
      Avatar
      schrieb am 26.09.02 15:28:34
      Beitrag Nr. 449 ()
      Hossa!!
      Welch ein Spaß



      US-WAHLKAMPF

      Demokraten nehmen Bush ins Visier

      Demokraten und Republikaner haben in den USA hinter verschlossenen Türen damit begonnen, einen gemeinsamen Beschluss zur Irak-Politik auszuhandeln. Aber am 5. November wird der Kongress neu gewählt, und das führte zu heftigen Wortgefechten beider Lager.



      Washington - Die oppositionellen Demokraten haben Vorbehalte gegen die Formulierung eines Regierungsentwurfs, wonach dem Präsidenten der Einsatz von militärischen Mitteln zugestanden wird, "um internationalen Frieden und Sicherheit in der Region wiederherzustellen". Eine solche Erklärung würde weit über den Irak hinausreichen, wandten angeblich mehrere demokratische Politiker ein. Ein weiterer Diskussionspunkt ist die Frage, inwieweit George W. Bush verpflichtet werden soll, dem Kongress über die Entwicklung in der Irak-Politik regelmäßig zu berichten.
      Das Weiße Haus reagierte unterdessen zurückhaltend auf eine ungewöhnlich scharfe Kritik von Tom Daschle, dem demokratischen Mehrheitsführer im Senat. Er hatte von Bush eine Entschuldigung für die Äußerung verlangt, dass die Demokraten im Senat "nicht an der Sicherheit des eigenen Volkes interessiert" seien. Sechs Wochen vor der Parlamentswahl in den USA warf Daschle Bush vor, "die Rhetorik über Krieg und Leben und Tod zu politisieren". Der Sprecher des Weißen Hauses, Ari Fleischer, sagte, Daschle habe die Äußerungen Bushs falsch wiedergegeben.

      Bush setzte am Abend im Weißen Haus sein Plädoyer für einen Krieg gegen den Irak fort. Er beschuldigte Saddam Hussein, gemeinsame Sache mit der Terror-Organisation al-Qaida zu machen. Auf die Frage nach einem Vergleich zwischen Saddam Hussein und Osama Bin Laden sagte Bush: "Sie sind beide Risiken, sie sind beide gefährlich. Sie arbeiten zusammen. Die Gefahr ist, dass al-Qaida zum verlängerten Arm von Saddams Verrücktheit, seines Hasses und seiner Fähigkeit wird, Massenvernichtungswaffen rund um die Welt zu verbreiten. (...) Man kann nicht zwischen Saddam Hussein und al-Qaida unterscheiden, wenn man über den Krieg gegen den Terrorismus spricht."

      USA begleichen Uno-Schulden

      Das amerikanische Repräsentantenhaus hat unterdessen beschlossen, den Vereinten Nationen die letzten noch ausstehenden Beiträge zu überweisen. Der Beschluss sieht neben der Zahlung von 244 Millionen Dollar an offenen Verbindlichkeiten auch 78 Millionen Dollar an neuen Verpflichtungen vor.

      "Das bedeutet einen Riesenschritt zur Normalisierung unserer Beziehungen zu den Vereinten Nationen", erklärte der demokratische Abgeordnete Tom Lantos. Die Entscheidung sei ein Vertrauensvotum für die Uno. "Es ist jetzt an der Zeit, dass sich die Vereinten Nationen eines solchen Vertrauens als würdig erweisen", sagte Lantos. Dazu gehöre auch ein Uno-Beschluss zur Umsetzung der eigenen Irak-Resolutionen.


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      Avatar
      schrieb am 26.09.02 15:31:43
      Beitrag Nr. 450 ()
      #448 hatte ich schon in #440 - es gibt aber Dinge, die kann man nicht oft genug... ;)
      Avatar
      schrieb am 26.09.02 16:35:41
      Beitrag Nr. 451 ()
      Ohh, manchmal bin ich schusselig. :rolleyes:

      Wo die Unordnung herrscht, muss der Wille hinein. Der Wille schafft Licht, Licht schafft Klarheit, Klarheit schafft Ordnung. Ordnung ist die Sauberkeit des Raums in den Linien des Vollzugs von links und rechts Klarschiff. Was vorne ist, muss oben bleiben. Was unten bleibt, muss dunkel werden. Die Dunkelheit ist das Haus des Irrtums, dieser Dachkammer der Falschheit, jenes Schnürbodens voller schiefer Wände aus Lug und Trug. Unordnung macht die Räume eng, die Ordnung aber schreitet geradeaus. Sie beut die Hilfe der sauberen Hand über die Brücke des gesetzten Rechts zum Zweck der Ordnung im Staate ratzfatz. Darum kann nur in der Ordnung die Ordnung bestehen sapperlot.
      Avatar
      schrieb am 26.09.02 19:05:41
      Beitrag Nr. 452 ()
      von gestern aber immer noch aktuell ;)

      http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/13314/1.html

      Krieg und Sicherheit als Wahlkampfthemen der US-Regierung

      Florian Rötzer   25.09.2002

      Dabei kränkelt nicht nur die Wirtschaft und wachsen die Staatsschulden, auch die Armut nimmt in den USA zu

      Im Wahlkampf um den Kongress versuchen US-Regierung und Republikaner möglichst den (teuren) Kampf gegen den Terrorismus, einen möglichen Krieg gegen den Irak und die Sicherheit im eigenen Land im Vordergrund zu halten. Das soll die eigene Macht stärken und, ziemlich durchsichtig, von anderen Themen wie beispielsweise der Wirtschaftspolitik und der kränkelnden Ökonomie ablenken, auch wenn die Folgen der Kriegsdiskussion sich bereits in steigenden Rohölpreisen und sinkenden Aktienkursen niedergeschlagen haben. Jetzt kommt auch noch die Meldung hinzu, dass die Armut in den USA wieder zunimmt, während das Einkommen der Haushalte landesweit abnimmt.


         
      Foto: Census Bureau  
         
      Nach neueren  Umfragen scheinen die US-Bürger zwar den Kurs der US-Regierung gegen den Irak zu unterstützen, nicht notwendigerweise aber auch die Absicht von Präsident Bush und seinen Falken, möglicherweise einen Krieg auch alleine ohne Zustimmung der UN zu führen. Die Opposition, vom alles beherrschenden Kriegsthema an die Wand gedrückt, könnte aber genau darin erfolgreich sein, die Zustimmung zu einem militärischen Eingreifen von einem Beschluss der UN nach oder während der Waffeninspektionen abhängig zu machen.

      Allerdings werden um den Irak bereits weiter amerikanische Truppen zusammen gezogen und verlangt die Bush-Regierung möglichst umgehend einen Beschluss des US-Kongresses, der dem Präsidenten möglichst weitegehende Freiheit lassen würde, wie er das Vorgehen der UN und des Irak, die Ergebnisse von Waffeninspektionen und die Gefährlichkeit interpretiert, um einen Krieg zu starten. In dem Resolutionsentwurf der Regierung werden weder genaue Bedingungen für einen Kriegsbeginn angegeben, noch wurden militärische Aktionen auf den Irak beschränkt.

      Möglicherweise aber hat, wie Le Monde  suggeriert, der Irak-Krieg unter der Hand bereits begonnen. Mitte September  berichtete US-Verteidigungsminister Rumsfeld, dass die britischen und amerikanischen Flugzeuge, die die Flugverbotszonen im Süden und im Norden des Irak kontrollieren, angeblich wegen zunehmender "Provokationen" schon seit einiger Zeit auch allgemein die mobilen und stationären Luftverteidigungsanlagen des Irak bombardieren. Die Ausschaltung von Luftabwehr- und Kommunikationssystemen ist natürlich auch eine Vorbereitung für einen Angriff, der zunächst wie in den Kriegen aus der Luft erfolgen soll.

      Wie die Washington Post akribisch  notiert, nehmen die Erwähnungen der Wirtschaftspolitik in den Reden von Bush stetig ab. Unlängst auf die Wirtschaftsprobleme, steigenden Ausgaben und zunehmende Verschuldung angesprochen,  äußerte sich Bush nur in der altbekannten Weise, dass er optimistisch sei und überdies eine marode Konjunktur von der Clinton-Regierung übernommen habe: "Well, I`m optimistic because, one, I`m optimistic about America in general. I mean, the American people are resilient, they`re strong, we`ve got the best workers in the world, inflation is down, interest rates are low. So when you combine the productivity of the American people with low interest rates and low inflation, those are the ingredients for growth."

      Der neueste  Bericht des Statistischen Büros dürfte allerdings für die Bush-Regierung auch nicht hilfreich sein, denn die Ergebnisse könnten die durch die Anschläge und den Krieg gegen den Terrorismus entstandene nationale Einheit etwas mehr ins Wanken bringen. Danach stieg der Anteil der Amerikaner, die in Armut leben, im letzten Jahr das erste Mal seit neun Jahren wieder um 0,4 Prozent auf 11,7 Prozent an, während das Einkommen der Mittelklasse-Haushalte erstmals seit der letzten Rezession im Jahr 1991 um 2,2 Prozent zurückgegangen ist. Zudem wachse die Kluft zwischen den Reichen und den Armen weiter.

      Als arm gilt ein US-Bürger, wenn er als alleinstehender unter 9.000 Dollar im Jahr verdient. Eine vierköpfige Familie ist arm, wenn sie mit 18.000 Dollar auskommen muss. Zwar waren früher mehr Menschen arm, doch nach der Abnahme der Armutszahlen in den 90er Jahren scheint sich ein neuer Trend durchzusetzen, nämlich dass Armut mehr und mehr auch die weiße, nicht-lateinamerikanische Bevölkerung trifft. Unter den Weißen nahm der Anteil der Armen um 7,4 Prozent auf über 15 Millionen zu, während bei den Schwarzen der Anteil bei 22,7 % oder bei den Latinos bei 21,4 % konstant blieb. Insgesamt gelten jetzt 32,9 Millionen Menschen und 6,8 Millionen der Haushalte als arm. Die stärkste Zunahme der Armut erfolgt in den städtischen Gebieten, vor allem in den Vororten, und im Süden der USA.

      Die geringeren Einkommen betreffen, abgesehen vom Nordosten der USA, das ganze Land und alle Bevölkerungsschichten. Während jedoch das Einkommen der reichsten 5 Prozent der Haushalte im letzten Jahr geringfügig anstieg, fiel es im Durchschnitt ab. Das reichste Fünftel der Gesellschaft erhielt die Hälfte des Gesamteinkommens (1985: 45 Prozent), das ärmste Fünftel hingegen gerade einmal 3,5 Prozent (1985: 4 Prozent, 2000: 3,6 Prozent).
      Avatar
      schrieb am 27.09.02 19:39:34
      Beitrag Nr. 453 ()
      Das Gehirn des Präsidenten
      Der konservative Bill Kristol denkt für George W. Bush

      Von Malte Lehming

      Im Verdacht, eine Leseratte zu sein, steht der amerikanische Präsident nicht. Lieber spaziert er mit der Kettensäge auf seiner Ranch herum oder spielt Golf mit dem Vater. Nimmt der mächtigste Mann der Welt trotzdem ein Buch zur Hand, wird die kleine Sensation von den Reportern des Weißen Hauses sofort registriert. In diesem Jahr schmökert Bush in dem neuesten Buch eines neokonservativen Haudegens namens Eliot A. Cohen. Es heißt Supreme Command. Die Botschaft lautet: Ein Präsident, der Krieg führen will, darf nicht auf seine Generäle hören. Cohen befürwortet, im Gegensatz zu vielen Militärs aus dem Pentagon, einen Feldzug gegen den Irak. Interessant ist auch die Empfehlung auf der Rückseite des Wälzers: "Wenn ich Präsident Bush ein einziges Buch ans Herz legen dürfte, dann wäre es dieses." Unterzeichnet von William "Bill" Kristol, dem Chefredakteur des konservativen Wochenmagazins The Weekly Standard.

      Um Kristol ranken sich Legenden. Ebenso wie sein Vater, Irving Kristol, der Begründer des Neokonservativismus, gilt der 49-Jährige heute als führender Kopf der amerikanischen Rechten. Er ist der Strippenzieher, der Stratege, der Einflüsterer. Sein Einfluss auf die Bush-Regierung scheint schier unbegrenzt. Die Washington Post wittert um ihn eine "riesige, neokonservative Verschwörung". Für die New York Times hat er einem "neuen Moralismus" zum Durchbruch verholfen. Abtreibung, Legalisierung der Homosexualität und Forschung an embryonalen Stammzellen lehnt Kristol strikt ab. In der Außenpolitik fordert er den gewaltsamen Sturz von Saddam Hussein, die uneingeschränkte Solidarität mit Israel und einen knallharten Kurs gegenüber China.

      Wenn Bill Kristol sich heute räuspert, entsteht daraus morgen die offizielle Regierungslinie, heißt es - halb kritisch, halb respektvoll - in Washington. Kein Wunder: Der ehemalige Bürochef von US-Vizepräsident Dan Quayle hat erstaunlich viele buddies im Weißen Haus. Drei Redenschreiber von Bush und Dick Cheney haben früher für Kristol gearbeitet.

      Wer den klugen, kleinen Mann in seinem Büro beim Weekly Standard besucht, muss sich zunächst einer Charme-Offensive erwehren. Kristol doziert nicht, er wirkt nicht messianisch. Seine Argumente artikuliert er mit sanfter Stimme, auf Einwände geht er ruhig ein. "Demokratie für den Irak, Demokratie für den ganzen Nahen Osten - das ist meine Vision", sagt er.

      Was die Amerikaner nach dem Zweiten Weltkrieg in Europa und Asien taten, müssten sie heute wieder versuchen. "Der 11. September hat uns deutlich zu verstehen gegeben, dass wir die muslimische Welt von der Demokratisierung nicht ausnehmen dürfen.

      Der 11. September hat den intellektuellen Außenseiter ins politische Rampenlicht katapultiert. Unmittelbar nach den Anschlägen verfasste Kristol einen offenen Brief an den US-Präsidenten. Der Kampf gegen den Terror, hieß es darin, müsse an vielen Fronten geführt werden. Gegen die Taliban in Afghanistan, gegen Saddam Hussein im Irak, gegen die vom Iran und Syrien unterstützte Hisbollah, gegen die palästinensische Autonomiebehörde. Selbstverständlich ginge das alles nicht, ohne den Verteidigungsetat massiv zu erhöhen.

      Unterschrieben ist der Brief von fast allen amerikanischen Interventionisten, Demokraten wie Republikanern, darunter Francis Fukuyama, Jeffrey Gedmin, Robert Kagan, Jeane Kirkpatrick, Charles Krauthammer, Martin Peretz, Richard Perle, Norman Podhoretz, Leon Wieseltier. Auch der Name von Gary Bauer ist vermerkt. Der 55-jährige Bauer ist die Schlüsselfigur der christlichen Rechten. Mit Kristol, dem jüdischen Intellektuellen aus New York, ist er seit Jahren bestens befreundet. Gemeinsam arbeiten sie an einem Project for the New American Century. Dessen Vorsitzender? William Kristol.

      Wundert es Kristol, dass er mit nichts als einer Zeitschrift und ein paar guten Verbindungen einen solchen Einfluss gewonnen hat? "Ach, das ist ein Mythos", sagt Kristol und lehnt sich lachend in seinen Stuhl zurück. "Aber ich freue mich, dass Sie ihn verbreiten. "


      Stark, oder?!?!
      Avatar
      schrieb am 28.09.02 08:34:27
      Beitrag Nr. 454 ()
      AMERIKANISCHE IRAK-DEBATTE

      Immer mehr Gegenwind für Bush


      Immer mehr Prominente der US-Demokraten stellen sich gegen die Irak-Politik von Präsident George W. Bush. Ex-Präsident Jimmy Carter, Ex-Vizepräsident Al Gore haben sich bereits dagegen ausgesprochen, nun lehnte Senator Edward Kennedy einen Krieg gegen den Irak ab.

      Washington - Beobachter schätzten eine Rede Kennedys als die bisher schärfste eines demokratischen Kongressmitglieds gegen den Irak-Kurs Bushs ein. Kennedy forderte, die USA müssten zuerst alle möglichen diplomatischen Mittel ausschöpfen, bevor sie das Land mit Krieg überziehen. Höchstes Ziel müsse es sein, Waffeninspekteure in den Irak zurückzubringen.
      Der Senator sagte deutlich, Bush habe mit seinen Argumenten für einen Krieg bisher nicht überzeugen können. Der Präsident habe es bisher auch versäumt, die "Kosten in Form von Blut und Geld" darzulegen, die ein Krieg bringen würde. Kennedy warnte weiter, dass ein in die Enge getriebener Saddam Hussein nichts mehr zu verlieren hätte und alle ihm zur Verfügung stehenden Waffen benutzen könnte.

      Saddams erstes Ziel könne Israel sein, das im Fall einer Attacke wahrscheinlich zurückschlagen würde - "möglicherweise mit Nuklearwaffen". Damit bestünde die Gefahr einer unkalkulierbaren Eskalation im Nahen Osten.
      Avatar
      schrieb am 28.09.02 08:39:26
      Beitrag Nr. 455 ()
      USA: Ultimatum gegen Irak
      Washington und London verlangen vom UN-Sicherheitsrat Frist zur Androhung von Gewalt gegen Saddam Hussein. USA locken China, Russland und Frankreich mit Ölkonzessionen nach dem Krieg


      GENF taz Die USA und Großbritannien wollen bei den Vereinten Nationen ein Ultimatum gegen den Irak durchsetzen, damit die UN-Waffeninspekteure wieder ihre Suche nach Massenvernichtungswaffen fortsetzen können. Die fünf ständigen Mitglieder des UNO-Sicherheitsrates sind jedoch auch nach über einwöchigen Konsultationen ihrer UNO-Diplomaten immer noch weit von der Einigung auf eine neue Irakresolution entfernt.

      Nach Informationen der taz aus diplomatischen Kreisen stößt der von den USA und Großbritannien in der Nacht zum Freitag unterbreitete Entwurf bei Russland, China und Frankreich insbesondere in einem Punkt auf entschiedenen Widerstand: Washington und London wollen Bagdad nicht nur eine auf Ende November/Anfang Dezember datierte Frist für die Wiederzulassung ungehinderter UNO-Rüstungsinspektionen setzen. Zudem sollen mit derselben Resolution zugleich militärische Maßnahmen für den Fall angedroht werden, dass Bagdad diese Frist verstreichen lässt. Abgelehnt werden von Moskau, Peking und Paris auch zusätzliche Auflagen und Bedingungen für die Rüstungsinspektionen. Dazu zählt der Wunsch Washingtons und Londons nach einem militärischen Begleitschutz für die UN-Inspekteure.

      Konsens zwischen den fünf ständigen Ratsmitgliedern besteht bislang nur über die Forderung an Irak, die Ratsresolution 687 vollständig zu erfüllen. Mit dieser Resolution hatte der Rat nach dem Golfkrieg im Jahre 1991 die Verschrottung aller Massenvernichtungswaffen und ballistischen Raketen unter internationaler Kontrolle angeordnet.

      Nach taz-Informationen aus UN-Kreisen bemüht sich die Bush-Administration auch mit wirtschaftlichen Angeboten um eine Zustimmung Russlands, Chinas und Frankreichs zu dem Resolutionsentwurf. Die Ölkonzerne dieser drei Länder sollen an den Ölverträgen beteiligt werden, die die USA nach einem Sturz Saddam Husseins und der Installation einer US-freundlichen Regierung in Bagdad abschließen wollen.

      Am Freitag bemühte sich der stellvertretende US-Außenminister Marc Grossman in Paris um eine Zustimmung Frankreichs zu dem amerikanisch-britischen Resolutionsentwurf. Heute wird Grossman in Moskau erwartet. Mit der chinesischen Regierung bestehen bislang nur telefonische Kontakte. Die ursprünglich für diese Woche angekündigte Einbringung eines Resolutionsentwurfes in den Sicherheitsrat wird nun in New York frühestens für kommenden Montag erwartet.

      Ab 1. Januar 2003 wird Deutschland dem Sicherheitsrat für zwei Jahre als nichtständiges Mitglied angehören. Neben Deutschland wählte die UNO-Generalversammlung am Freitag erwartungsgemäß auch Spanien, Angola, Pakistan und Chile in den Rat. ANDREAS ZUMACH

      brennpunkt SEITE 3, meinung SEITE 12
      taz Nr. 6865 vom 28.9.2002, Seite 1, 95 Zeilen (TAZ-Bericht), ANDREAS ZUMACH
      Avatar
      schrieb am 28.09.02 08:41:21
      Beitrag Nr. 456 ()
      Damit dürfte endgültig klar sein:

      Die USA wollen sich der Bodenschätze eines fremden Landes bemächtigen und verschachern bereits - im Kolonialstil - die Besitztümer eines anderen Volkes.

      Wer jetzt noch glaubt, es gehe den USA um Menschenrechte, dem ist nicht mehr zu helfen.
      Avatar
      schrieb am 28.09.02 09:08:18
      Beitrag Nr. 457 ()
      interview

      WIE ERKLÄREN SIE SICH DIE ANSCHLÄGE DES 11. SEPTEMBER ... UND WARUM WOLLEN US-POLITIKER DEN IRAK ANGREIFEN, JOHAN GALTUNG?

      Johan Galtung nimmt kein Blatt vor den Mund. Der Krieg gegen den Terror sei für die US-Regierung nur ein Vorwand, meint der renommierte Friedens- und Konfliktforscher. Früher musste der Kommunismus für Interventionen der Supermacht herhalten, jetzt soll der Terrorismus die Lücke füllen. Laut Galtung machen die USA einen Riesenfehler in ihrer Propaganda: Sie ignorieren, dass es Ursachen gibt für die Gewaltspirale. Er hofft, dass die EU eine Mittlerrolle zwischen USA und arabischer Welt spielen kann, und begrüßt das Nein des Bundeskanzlers zu einem Krieg gegen Irak
      "Kanzler Schröder ist der einzige Proamerikaner"



      "Kanzler Schröder ist der einzige Proamerikaner"

      Interview SVEN HANSEN

      taz: Herr Galtung, ist ein Krieg gegen Irak schon beschlossen?

      Johan Galtung: Die Regierungen der USA und Großbritanniens wollen den Krieg. Der wohl einzige Weg, ihn noch zu verhindern, wäre, wenn alle Verbündeten dazu nein sagten. Für einen totalen Alleingang hat die US-Regierung nicht den Mut, weil sie Probleme mit ihrer eigenen Bevölkerung fürchen muss. Wie viele Menschen die USA im Irak töten, spielt für diese Geofaschisten keine Rolle. Ich benutze den Ausdruck ganz bewusst: Die USA sind ein geofaschistisches Land. Es ist auf der Weltebene faschistisch, obwohl es zu Hause demokratische Züge hat. Es ist ein Fehler zu glauben, bei Demokratie im Inland gibt es keinen Faschismus. Ich sehe Faschismus als Gewaltfrage: also bereit zu sein, eine beliebige Menge von Leben zu opfern zur Erreichung politischer Ziele; zu sagen, es gibt etwas Höreres als menschliches Leben. Die Schätzungen der von den USA weltweit getöteten Menschen seit dem Zweiten Weltkrieg schwanken zwischen 12 und 16 Millionen. Schon die niedrigere Zahl reicht mir für mein Urteil. Bei allen US-Interventionen geht es darum, das eigene ökonomische System zu befördern.


      Was halten Sie von dem Argument des US-Vizepräsidenten Dick Cheney, der meint, im Falle des Irak nichts zu tun wäre gefährlicher als anzugreifen?

      Das gilt für an die 60 Länder, die auf Washingtons Liste derer stehen, die angeblich Terroristen beherbergen. Deshalb ist es ein gefährliches Argument. Cheney kann immer sagen, der Geheimdienst hätte herausgefunden, dass ein Nuklearwissenschaftler aus Russland vor zwei Monaten mit einem Koffer reiste und niemand wisse, was in dem Koffer sei. Genauso kann er immer sagen, es fehle hochangereichertes Uran irgendwo in Kasachstan. Denn bestimmt fehlt dort irgendetwas. Gerade weil das Argument immer gilt, besagt es nichts. Man muss doch klare Beweise haben, bevor man mehrere hunderttausend Iraker tötet. Beim letzten Golfkrieg starben 320.000 Iraker: 180.000 Zivilisten und 140.000 Militärs.

      Warum wollen US-Politiker Irak angreifen?

      Sie haben Probleme mit Saudi-Arabien und brauchen hierfür Ersatz - sowohl für das Öl wie für die US-Stützpunkte.


      Irak hat viel weniger Öl als Saudi-Arabien.

      So wenig ist es nicht, zumal die Vorräte in Saudi-Arabien zur Neige gehen. Dazu kommt selbstverständlich das Öl in der Umgebung vom Kaspischen Meer. Die Militärbasen sind für Zentralasien, denn das ist das wichtigste Gebiet für die USA - sowohl für die Politik wie für die Ölversorgung.

      Warum ist Zentralasien politisch wichtig?

      McKinders berühmte geopolitische These von 1902 lautet: Wer Osteuropa beherrscht, beherrscht Zentralasien. Wer das beherrscht, beherrscht die "Weltinsel" Eurasien. Wer Eurasien beherrscht, beherrscht die Welt.

      Aus Ihrer Sicht war der Krieg gegen den Terror ohnehin nur ein Vorwand, während die Kontrolle der Region das eigentliche Ziel war. Hier hatten die USA doch gewisse Erfolge.

      Der Kampf gegen al-Qaida war ein Misserfolg, aber im Hinblick auf die zwei klassischen Ziele - Öl und Basen - scheint der Krieg bis heute ein Erfolg zu sein. Die Ölleitung von Turkmenistan durch Afghanistan nach Pakistan wurde am 30. Mai vereinbart. Ein Mitglied der afghanischen Loja Dschirga, der großen Ratsversammmlung, hat mir Folgendes erzählt. Das letzte Angebot des US-Konzerns Unocal in den Ölverhandlungen betrug 43 Prozent des Gewinns für Unocal und 57 Prozent für die beteiligten Länder. Die argentinische Ölgesellschaft Bridas verlangte in ihrem Angebot für sich nur 22 Prozent. Die Taliban nahmen dieses Angebot an, die Amerikaner waren wütend. Daraufhin sendete CNN, der Kanal des State Departement, am nächsten Tag lange Berichte über Menschenrechtsverletzungen der Taliban.

      Das US-Außenministerium bestimmt, was CNN sendet?

      Ich sage nicht, dass die US-Regierung ganz CNN kontrolliert, sondern nur, dass sie einen Draht hat. US-Journalisten nennen das Patriotismus und empfinden das nicht als Zensur oder Eingriff. Sie sind stolz darauf. Man muss trennen zwischen der lokalen Demokratie, die in den USA gut und stark ist, und der Demokratie auf nationaler Ebene, die mit Ausnahme der letzten Wahl so schlecht nicht ist, und international, wo den USA demokratische Prinzipien egal sind. Deshalb ihr mangelnder Respekt für die UNO. Und gegenüber al-Qaida galt doch nur, die Organisation zu zerstören.


      Wie erklären Sie sich die Anschläge vom 11. September?

      Es gibt eine Gewaltspirale und eine Vergeltungsspirale. Man kann doch nicht unentwegt Gewalt ausüben, ohne dass zurückgeschlagen wird. Das war am 11. September der Fall. Die USA versuchen das zu ignorieren - als ob es keine Ursache gebe, sondern nur das Böse schlechthin.

      Der 11. September war eine Gegenreaktion?

      Ja. Damit verteidige ich aber die Anschläge in keinster Weise. Die Militärinvention der USA folgte auf dem Fuß. Es gab drei Phasen der US-Interventionen. Die erste erfolgte in Ostasien, in Korea und Vietnam, die zweite in Lateinamerika - das waren meist nicht so viele Bombardements, aber auch da gab es einen 11. September: 1973 in Chile. Der Putsch gegen Allende wurde von den USA und dem Kriegsverbrecher Henry Kissinger organisiert. Und dann die dritte Phase in Westasien. Dort haben die USA den Islam unterschätzt. In der ersten Phase ging es meist gegen Buddhisten: Die haben eine ganz andere Einstellung zur Gewalt. In der zweiten Phase ging es gegen Katholiken: Die glauben, das stärkste Land sei das am meisten vom lieben Gott auserwählte. Dort haben die USA noch eine gewisse Autorität wie einst Spanien. Diese beiden Voraussetzungen sind in Westasien nicht vorhanden. Dort gab es eine Reaktion. Die hat etwas mit Gewalt zu tun, aber auch mit Beleidigung religiöser Gefühle vor allem der Wahhabiten, also der Anhänger der Staatsreligion in Saudi-Arabien. Die sind wie die Puritaner in den USA und glauben auch, es gehe um Auserwähltsein, um ein heiliges Land, um Gehorsamkeit und einen grausamen Dualismus: Entweder bist du für mich oder gegen mich.

      Ein Kampf zweier Kulturen, die sich für auserwählt halten?

      Nein, die These vom Kampf der Kulturen ist idiotisch, ein Etikettenschwindel. Denn das Buch vom "Clash of Civilisations" hat fast nichts mit Zivilisation zu tun. Der Titel hätte "Clash of Regions" lauten müssen, denn Huntington analysiert acht Regionen politisch, militärisch und ökonomisch, aber nicht zivilisatorisch. Hätte er vom Kampf der Kulturen geschrieben, hätte er seine eigene Kultur analysiert. Doch das wagt er nicht, nicht von Harvard aus, der Denkschule der Puritaner, die 1635 als theologische Fakultät gegründet wurde. Jetzt haben wir einen Kampf der Fundamentalisten. Zwei Fundamentalismen nehmen uns in die Zange: Auf der einen Seite die Wahhabiten, auf der anderen die Puritaner und Marktfundamentalisten. Dort sind die Auserwählten die Unternehmen, und das Heilige Land ist der Markt. Es geht um Gewinne und Verluste, und das Armageddon heißt Pleite.

      Was haben die Attentäter vom 11. September mit der Staatsreligion in Saudi-Arabien zu tun?

      15 der 19 mutmaßlichen Attentäter waren Saudis. Es ging am 11. September um ganz bestimmte Gebäude. Da frage ich mich, was Saudi-Araber gegen diese Gebäude haben? Beleidigung der Religion, einer Religion mit Askese, wo die Einhaltung der religiösen Sitten unmöglich ist unter dem Joch des schwarzen Goldes. Und dazu gibt es Mohammeds These, es dürfe keine zweite Religion in diesem Land geben. Doch dann gibt es dort zahlreiche Ölingenieure, Geschäftsleute, Militärs - eine klare Beleidigung.

      Der 11. September war eine Auflehnung gegen die Herrschaft des Geldes in Saudi-Arabien?

      Es ging um mehr als Geld, denn auch das Pentagon wurde angegriffen. Es ging auch um die Anwesenheit von US-Soldaten in Saudi-Arabien, wobei das militärische Element weniger wichtig ist als die christliche Religion der Soldaten.

      Der kürzlich verhaftete mutmaßliche "20. Attentäter", Ramsi Binalshibh, sagte, das in Pennsylvania abgestürzte vierte Flugzeug hätte ins Capitol fliegen sollen.

      Das glaube ich nicht. Die Anschläge vom 11. September zielten nicht gegen die amerikanische Zivilisation und Demokratie. Denn dann hätte man auch die Freiheitsstatue, Hollywood oder den US-Heldenfriedhof Arlington angegriffen.

      Das World Trade Center in New York und das Pentagon in Washington sind aber doch zentrale Symbole.

      Ja, für die wirtschaftliche und militärische Gewalt. Da sind sie sogar wichtige Instrumente. Aber wenn die Amerikaner sagen: Das ist unsere Kultur, würde ich sagen: Nein. Ich liebe Amerika, finde dort viele wunderbare Sachen und nicht nur ökonomische und militärische Durchdringung. Die Amerikaner machen hier einen Riesenfehler in ihrer Propaganda. Sie versuchen nicht zu verstehen, dass es ein klares Nein zu dem gibt, was sie Globalisierung nennen.

      Sie werfen den USA vor, al-Qaida nur zerstören zu wollen. Kann man mit Terroristen einen Dialog führen?

      Sie meinen mit Bush? Ich finde das schwierig. Aber dann führt man einen Dialog nicht mit Bush, sondern eben mit Leuten aus seinem Umfeld und dasselbe mit Bin Laden. Terroristen und Staatsterroristen sind für mich dieselben Faschisten, die Menschenleben opfern zur Durchsetzung politischer Ziele. Ob Täter eine Uniform tragen oder nicht, ist für die Opfer egal. Immer wenn ein direkter Dialog schwierig ist, gibt es im Umfeld die Möglichkeit dazu.

      Wo würden Sie in den USA ansetzen?

      Zum Beispiel bei einem Assistenten des Vizeaußenministers. Man findet immer jemanden. Wichtig ist, dass da Ideen hochkommen.

      Wer wäre bei al-Qaida ansprechbar?

      Es ist doch naiv, bei al-Qaida von einer Pyramide auszugehen, an deren Spitze Bin Laden steht mit viel Geld. Ich bin nicht überzeugt, dass dieses Feindbild zutrifft. Es geht doch mehr um Hass gegen die US-Außenpolitik und um Zellen, die sich selbst organisieren und durch Glauben koordiniert sind. Es gibt in der muslimischen Welt viel Opposition gegen die Fundamentalisten. Es gibt aber auch einige, die dazwischen stehen. Und mit denen führe ich sehr gute Dialoge.

      Wie bewerten Sie die neue Nationale Sicherheitsstrategie der USA, nach der Washington sich das Recht herausnimmt, beim Verdacht auf die Produktion von Massenvernichtungswaffen präventiv anzugreifen?

      Das ist die Selbstausstellung einer Blankovollmacht. Sie ermöglicht Bush, überall anzugreifen, wo er eingreifen möchte. Beweise wird er nicht auf den Tisch legen. Denn er wird immer sagen: Alles geheim, weil sonst die Agenten gefährdet würden. So neu ist diese Strategie aber nicht. Wenn wir die 67 US-Interventionen seit 1945 betrachten, wurde schon öfter so vorgegangen. Bush möchte jetzt den Terorismus in die Liste der Vorwände aufnehmen. Früher musste der Kommunismus für Interventionen herhalten, jetzt soll der Terrorismus die Lücke füllen.

      Gibt es einen Zielkonflikt zwischem dem Krieg gegen den Terror und einem Krieg für einen Regimewechsel im Irak?

      Die US-Politik ist leicht zu verstehen, wenn man sich die langfristigen Ziele vergegenwärtigt. Der Krieg gegen den Terror ist ein Alibi. Die wirklichen Zielsetzungen sind, einen Ersatz für Saudi-Arabien zu finden, wobei ein Krieg gegen Saudi-Arabien eines Tages auch nicht auszuschließen ist. Es geht darum, Ölfelder in einem Protektorat zu kontrollieren, wie dies Großbritannien 1898 mit Kuwait vorgemacht hat. Das Ziel eines Falken wie Wolfowitz [stellvertretender US-Verteidigungsminister; d. Red.] ist ein Regimewechsel in allen 22 arabischen Ländern.

      Wird es im UN-Sicherheitsrat einen Kuhhandel mit Russland und China geben, um einen Angriff auf Irak zu legitimieren?

      Es sieht nach einem Kuhhandel aus, das Öl zu teilen, also dass die USA ein Ölangebot machen. Es gab ja schon einen Ölvertrag zwischen Russland und Irak. Frankreich möchte auch etwas abhaben. Es hat eine gewisse Panik in den USA ausgelöst, dass das Öl einfach verschwinden könnte, so dass man schnell handeln muss. Gerüchteweise soll auch Chinas staatliche Ölgesellschaft involviert sein. Damit wäre Pekings Enthaltung im UN-Sicherheitsrat möglich. Aber jetzt hat ja Saddam Hussein die Inspekteure eingeladen.
      Meine These zu Saddam und dem Irak ist, dass auch sie einen Krieg wünschen, obwohl sie wissen, dass sie verlieren. Das hat mit drei beduinischen Grundwerten zu tun: Ein Krieg, den man allein gegen eine Übermacht führt, bietet die Möglichkeit, Mut, Ehre und Würde zu zeigen.

      Wird Irak versuchen, Israel in den Konflikt hineinzuziehen?

      Der große Satan heißt USA, und der kleine ist der Nachbar. Es gibt Größenwahn bei den Irakis, sie sehen sich als die neuen Saladins, als Eroberer Jerusalems von den Christen. Saladin war Kurde. Für Iraks Größenwahn ist Israel eigentlich zu klein, deshalb braucht man die USA als Hauptfeind.


      Beim letzten Golfkrieg feuerte Irak Raketen auf Israel, das damals nicht zurückschoss. Wie wird sich Israel jetzt verhalten?

      Der Plan ist, dass Scharon zwei Millionen Palästinenser über den Jordan abschiebt, also eine mögliche Verwirrung durch den Irakkrieg ausnutzt, um die Palästinenser loszuwerden. Das dürfte mit Washington abgesprochen sein. Irak möchte die arabische Nation sein, die noch dagegenhält.

      Warum bezeichnen Sie das Regime von Saddam Hussein nicht als faschistisch? Immerhin griff der zweimal Nachbarländer an und setzte Giftgas gegen die eigene Bevölkerung ein.

      Das sind "kleine Sachen". Als England 1922 Gas gegen Irak eingesetzte, war das auch eine "kleine Sache" und nicht faschistisch. Den Ausdruck benutze ich für große Verbrechen.

      Wo ziehen Sie die Grenze?

      Ich weiß nur, dass sich die USA jenseits dieser Grenze befinden. Beim Krieg gegen den Iran ist Saddam Hussein den USA in die Falle gegangen, weshalb ich ihn nicht nur als böse ansehe, sondern auch als dumm und naiv. Psychologisch hat er sich jetzt teilweise gegen seine eigene Dummheit und Naivität gewandt nach dem Motto: "Ich werde mich nie mehr von den USA in etwas hineinlocken lassen." Der damalige Krieg war schlecht für den Irak und den Iran.

      Saddam war auch beim letzten Golfkrieg dumm, als er seine Truppen konzentrierte und sie so zum leichten Ziel für die US-Luftwaffe machte.

      Das hat er dieses Mal selbst gesagt und hinzugefügt, nächstes Mal werde er seine Soldaten von Haus zu Haus kämpfen lassen. Jeder Iraker hat ein Gewehr oder ein Messer. Für diese Häuserkämpfe möchten die Amerikaner gern Schiiten und Kurden einsetzen, doch die sind nicht so begeistert. Wer an Washington glaubt, kennt die Geschichte nicht. Die Afghanen haben das jetzt gelernt. Es wird keinen Marshall-Plan für ihr Land geben. Bush versprach zwar keine blühenden Landschaften, aber doch etwas Ähnliches.


      Wer schädigt die UNO mehr: der Irak, der UNO-Resolutionen missachtet, oder die USA, die drohen, auch ohne UN-Mandat Krieg zu führen?

      Das Land, das die Vereinten Nationen am meisten beschädigt, ist Israel. Alles, was Bush in seiner Rede vor der UNO gesagt hat, trifft zehnmal mehr auf Israel als auf Irak zu: Massenvernichtungswaffen usw. Diese Ungleichbehandlung beschädigt die UNO. Ich bin gegen den Fundamentalismus, zu glauben, dass man auserwählt ist. Der einzige Weg ist Gleichbehandlung.


      Bundeskanzler Schröder lehnt eine deutsche Beteiligung an einem Irakkrieg auf jeden Fall ab, auch bei einem UN-Mandat. Was halten Sie davon?

      Das ist wunderbar. Schröder hat gesagt, und ich hatte das auch schon mal geschrieben: Ein Freund ist derjenige, der dir sagt, wenn du auf Abwegen bist. Ein Feind ist derjenige, der zu allem applaudiert, auch zu völlig irrsinnigen Sachen. Bush hat zwei merkwürdige Freunde: Aznar und Berlusconi. Die kommen beide von faschistischen Zweigen ihrer Parteien mit alten faschistischen Traditionen. Ich warne vor solchen Freunden und sage: Kanzler Schröder ist der einzige Proamerikaner in dieser Bande. Ich hätte seine Äußerungen aber auch gern von seinem Außenminister Joschka Fischer gehört.

      In Asien wird Europa als potenzielles Gegengewicht zu den USA gesehen. Ist da was dran?

      Es stimmt, dass die EU ein Gegengewicht sein könnte, aber nicht mit Armeen und Flugzeugen. Da sie zwischen der arabischen Welt und den USA steht, könnte die EU hier eine Vermittlerrolle spielen. Die EU kann auch im Nahen Osten helfen. Eine Lösung wäre, was die Europäische Gemeinschaft in den Fünfziger- und Sechzigerjahren gemacht hat: Die Nachbarländer haben zu Deutschland gesagt: Komm zu uns. Du bist grausam, aber deswegen musst du in der Familie sein. Sie haben es geschafft.

      Die USA bekamen nach dem 11. September sehr viel internationale Unterstützung für den Krieg gegen den Terror, weil sie da Opfer waren. War das ein Fehler?

      Es ging alles sehr schnell. Das Mitgefühl mit den Amerikanern war ja berechtigt. Aber eine gewisse Klassensolidarität hat auch eine Rolle gespielt. Am 11. September und direkt danach wusste man ja nicht, wer dahinter steckte. Inzwischen weiß man, dass es mit den USA zu tun hatte und mit Saudi-Arabien. Dann gab es Widerstand gegen die Politik der USA. Ich habe die Medienberichterstattung um den 11. September 2001 analysiert. Damals gab es sehr viel über Terrorismus, jetzt, ein Jahr danach, wird fast nur noch über die USA berichtet. Sie werden jetzt für problematisch gehalten. Ich möchte, dass man die Augen in beiden Richtungen offen hat.

      taz Nr. 6865 vom 28.9.2002, Seite 4-5, 597 Zeilen (Interview), SVEN HANSEN
      Avatar
      schrieb am 28.09.02 09:45:43
      Beitrag Nr. 458 ()
      Ich möchte hier einen Text hereinstellen, der in der Diskussione etwas untergangen ist und der zeigt, daß es sogar in Deutschland noch kritische Intellektuelle gibt.




      Schröders Differenz oder Die Stimme Europas

      Über die Selbstbehauptung des Westens - und über die Verwandlung der deutschen öffentlichen Meinung in ein Kriechtier / Von Peter Sloterdijk


      In der aktuellen Ausgabe der österreichischen Magazins "Profil" hat der Karlsruher Philosoph Peter Sloterdijk ein umstrittenes Interview gegeben. Als er die zoologische Metapher vom "rogue state" (Schurkenstaat) erläuterte und dabei Sender und Adressaten des Begriffs vertauschte, indem er ihn auf die USA anwendete, klingelten im deutschen Feuilleton die Alarmglocken. Sloterdijk erläutert im Folgenden seine Thesen zum europäisch-amerikanischen Verhältnis, zum "deutschen Weg" und zur insektomorphen Reaktion der Medienöffentlichkeit. FR

      Wir erleben heute, gleichzeitig mit der langen, vom chronischen Misstrauen induzierten Talfahrt der Börsenkurse, eine Hochkonjunktur des strategischen Denkens. In jedem Artikelschreiber, der sich an die Aufgabe macht, die Situation der Welt nach dem fatalen Septembertag zu kommentieren, ist ein Feldherr erwacht, der von der Anhöhe seines Schreibtischs herab die Front beobachtet und die Entfaltung der Truppen im Gelände referiert. Mit einem Mal sind auch die geistigen Funktionen der Nation den Gesetzmäßigkeiten der Lagebesprechung eingeordnet; es scheint, als ob unter allen Redegattungen nur noch eine dem Geist der Stunde angemessen sei - die der Tagesbefehle und des strategischen briefing. Dass unter solchen Umständen die Differenzierungen notleidend werden und die Nuancen sterben, wird niemanden wundern, der über die Schicksale des freien Gedankens und seiner Sprache in kriegerischen Zeiten reflektiert. Vereinfache dich und ergreife Partei! lautet der Imperativ im Felde. Wer dem nicht Folge leistet und an kampfunbrauchbaren Unterscheidungen, lästigen Komplexitäten und zögernmachenden Einsichten in Ambivalenzen der eigenen wie der fremden Stellung festzuhalten sich einfallen lässt, riskiert das Schicksal, von den Vereinfachern auf den Hügeln kurzerhand dem feindlichen Lager zugerechnet zu werden. Wer in Zeiten wie den unseren an die Notwendigkeit eines dritten Gesichtspunkts oder an die Freiheit der objektivierenden Untersuchung erinnert, kann darauf rechnen, von den Feldpredigern auf ihre schwarzen Listen gesetzt zu werden. Kein noch so großer, noch so integrer Name ist vor den polemischen Manichäern sicher - selbst Günther Grass, konnte man neulich lesen, habe schließlich die Maske des Biedermanns abgeworfen und sich in seinem wahren Sein bloßgestellt: ein bundesdeutscher Dorian Gray, außen der alterslose Sozialdemokrat, innen der zersetzte Antiamerikaner.

      Ein semantischer Weltbürgerkrieg

      Die Hochkonjunktur des Strategizismus ist unvermeidlich auch eine der ungenauen Kollektivnamen. Unter den Ungenauigkeiten, die seit dem 11. September die Sprachspiele der veröffentlichten Meinung bestimmen, ist ohne Zweifel die geläufigste zugleich die schädlichste: Es ist jene, die das Weltschlachtfeld einteilt in ein angreifendes terroristisches Außen und ein angegriffenes friedliebendes Innen, welch letzteres unter inklusiven Titeln wie die "zivilisierte Welt", die "Gesamtheit der Demokratien" oder kurzerhand "der Westen" vorgestellt wird. Wenn man uns durch den Mund von Leitartiklern, Innenministern und Philosophen des engagierten Lebens seit einem Jahr Einberufungsbefehle zum Wehrdienst im semantischen Weltbürgerkrieg zustellt, so geschieht dies immer unter Hinweis auf ein umfassendes westliches Wir, das naturgemäß nicht anders könne, als auf den einseitigen und unmotivierten Angriff der Nihilisten mit der Aufstellung einer koordinierten Abwehrreihe zu antworten. Die Argumente der Männer auf den Hügeln klingen so alarmierend, dass man meint, der Westen, bisher ein Bündel aus träumerischen Pazifisten, müsse tatsächlich in letzter Minute aus dem Schlaf gerissen werden, bevor die Neo-Assassinen im Garten stehen und uns mit gestohlenen Dolchen die Kehle durchschneiden; nur eine rasch etablierte Weltvolksfront der Demokratien unter US-amerikanischer Führung könne die islamfaschistische Angriffswelle in letzter Minute zum Stehen bringen. Im Rückblick auf die große Agitation des letzten Jahres konnte sogar der Eindruck entstehen, erst dieser unvermutete Angriff von außen, der aus den Tiefen eines bösen Mutwillens kommend auf unsere Grenzen prallte, habe "dem Westen" ein Gefühl für seine Einzigkeit zurückgegeben - und seine Anrufbarkeit unter seinem wahren Namen wiederhergestellt. Seit die Türme in sich zusammenfielen, heißt den Westen Westen nennen ihn als Wehrgemeinschaft zusammenfassen und ihn als kreuzzugsfähige Einheit unter eine gemeinsame Fahne rufen, die bis auf weiteres wie die sternengesprenkelte aussieht.

      Nun stellen sich beim Vernehmen dieses Rufs Schwierigkeiten ein. Sind es Hörfehler beim Empfänger, sind es Codierungsfehler beim Sender - jedenfalls haben sich schon bald nach der Ausgabe der ersten Tagesbefehle aus dem Hauptquartier Verständigungsprobleme manifestiert. Man konnte das scheinbar eindeutige Signal aus Washington "Achse des Bösen" auf dieser Seite des Atlantiks nicht klar entschlüsseln - die europäisch geeichten Systeme antworteten fast ausnahmslos mit der Rückmeldung: "unverständliche Botschaft", "falscher Codename" oder "unzulässiger Befehl". Auch als aus der Zentrale jüngst die Weisung kam: "den Präventivkrieg als zulässige Option annehmen", fielen die europäischen Empfänger für eine Weile in Schweigen oder reagierten mit Antworten wie "mit uns nicht durchführbar". Ohne die Fakten zu überanstrengen, darf man dies als einen Hinweis darauf lesen, dass sich unter dem Wesensnamen "der Westen" ein größeres Maß an Diversität verbirgt als die inklusiven Sprachspiele der Mobilisateure sichtbar werden lassen. Der Westen - um dessen Selbstbehauptung es zu gehen scheint - zerfällt für heute und alle Zukunft unweigerlich zumindest in den Ersten Westen jenseits des Atlantiks, von dem die imperialen Akzente der Gegenwart ausgehen, und den Zweiten Westen, den wir Europäer bilden und der weiter nach einer politischen Form sucht, die seinem ökonomischen Schwergewicht entspräche, (um für den Augenblick von dem Dritten Westen nicht zu sprechen, zu welchem all die Länder des Ostens und Südens rechnen, die nach unserem Vorbild das Zugleich von politischer Demokratie, kapitalistischer Wirtschaftsweise und konsumistischer Lebensform versuchen).

      Nachdem das Wahlkampfgetöse vom deutschen Herbst 2002 vorübergezogen ist, stehen die Chancen besser - wenn auch nicht sehr gut -, dass man bei der Sichtung von jüngeren Politiker-Worten die Irak-Thesen des Bundeskanzlers als die bemerkenswertesten Äußerungen der letzten Zeit erkennen wird. Dabei geht es nicht so sehr darum, dass die deutsche Gesellschaft nach wie vor ein dankbarer Resonanzkörper für antibellizistische Töne ist - eine Feststellung, die den Deutschen keine Unehre macht, obschon die Autoren auf den Hügeln grollen. Vielmehr wird man Gelegenheit finden, gelassen zu bemerken, dass Gerhard Schröder, als er ein wenig vom deutsch-amerikanischen Porzellan zerschlug, als einziger unter den europäischen Staatsmännern einem wohlverstandenen europäischen Imperativ entsprochen hatte. Es ist und bleibt sein Verdienst, die partielle Nicht-Identität der Interessen des Ersten Westens mit denen des Zweiten unmissverständlich artikuliert zu haben. Dass er dabei keine diplomatische Kreide gefressen hatte, kann sich auf längere Sicht als sinnvolle Provokation herausstellen. Dieses harte Berliner "Mit-uns-nicht" - gleichgültig was in der Pragmatik des kommendes Jahres daraus wird - hebt nicht so sehr eine deutsch-amerikanische, sondern eine europäisch-amerikanische Differenz ins Profil. Deren Offenhaltung und Klärung wird für beide Seiten von Bedeutung sein. In diesem Sinn muss man gerade in dem Undiplomaten Schröder einen legitimen Sprecher des europäischen Typs von Westlichkeit sehen. Auch Schröders für manche Bedenkenaussteller und hysterische Historiker ärgerliche Wort vom "deutschen Weg" wird erst durch sein ruhiges, immanent europäisches Format verständlich. Es stammt, wie jeder weiß, von einem Mann, der weder Chauvinist noch Anti-Amerikaner ist, sondern ein Politiker, der trotz langjährigem Aufenthalt in politischen Milieus noch immer zwischen einem Land und den Kapricen einer Regierung unterscheiden kann.

      Eben hier fangen die deutschen Sondersorgen an. Durch die Medien unseres Landes läuft dieser Tage eine (wie üblich) durch Selbstgleichschaltung gesteuerte Welle der nachträglichen Entrüstung über Schröders angeblich ungedeckten Alleingang in der Irak-Affaire. Es ist, als habe man einen Politiker beim Unterscheiden ertappt - und wolle ihn für diese unbefugte Ausübung von Urteilskraft im Amt zur Rechenschaft ziehen. Dabei wird ein Vorwurf erhoben, der seiner Machart nach für eine der interessantesten, wenn auch gefährlichsten Mutationen im Argumente-Haushalt der zeitgenössischen politischen Kultur zeugt: Ich spreche konkret von der Behauptung, der Kanzler habe an der kollektiven Stimmungsbörse spekuliert und mit seinen spitzen Thesen gegen den Irak-Krieg der USA aus einem dumpfen Fundus an Anti-Affekten geschöpft - und dabei Stimmen dazugewonnen! Was an diesem Argument, von dem wenig erhellenden Inhalt abgesehen, bemerkenswert ist, zeigt sich in seiner groben und raffinierten Bauweise. Mit ihm dringt eine neue Form von Psychoanalyse ins Feuilleton und den Leitartikel ein, diesmal ganz ohne Couch und freie Assoziation, gestützt nur auf die Deutungshoheit des Analytikers. In dem neuen Setting - von einer schlechten Literaturwissenschaft eine Generation lang an Dichtertexten vorexerziert - übt der Tiefen-Leitartikler die Deutungsvollmachten aus, die ihm durch das so schlichte wie effektvolle Instrument in die Hand gelegt werden. Dem Anwender des Schemas steht es frei, die Meinungen beliebiger Personen auf ein unbewusstes oder halbbewusstes Sinn-Plasma zurückzuführen, von dem man - wie beim Original-Unbewussten der Wiener Psychoanalyse - die Annahme macht, es dränge von sich her auf eine Wiederkehr im Manifesten.

      Aber wie es dort eine Traumzensur und erst recht eine Filterung unbewusster Vorstellungen durch das wache Ich gibt, soll es nun bei dem neu festgestellten politischen Unbewussten der Deutschen eine parlamentarische Zensur geben und erst recht eine Klartextzensur, die dafür sorgt, dass nichts von dem, was es in der Tiefe denkt, auf der Druckplatte erscheint. Damit entsteht, vorsichtig gesprochen, demokratietheoretisch eine prekäre Situation. Wenn die Demokratie auf der Unterstellung der Freiheit von Meinungsäußerung beruhte, war damit auch beschlossen, dass man sich im politischen Raum explizit auf das Ausgesprochene beschränkt - in der Annahme, dass die extensiv ausgeübte Redefreiheit die Entwicklung unterirdischer Blasen von Ungesagtem überflüssig macht.

      Kultur des verschärften Verdachts

      In der aktuellen Kultur des verschärften Verdachts wird mehr und mehr davon ausgegangen, dass Sprecher im semantischen Bürgerkrieg nicht sagen, was sie meinen - oder was es in ihnen meint. Infolgedessen ist ein Tiefenfeuilleton vonnöten, das uns darüber aufklärt, was da hinter den Äußerungen der Redner hervorkriecht - : Abkömmlinge eines in der Latenz angesammelten Sinn-Plasmas, das überall mitredet und das Entscheidende besagt. Die eigentliche Meinung ist also etwas, das heute wesenhaft nur in einem kriechenden Modus ans Tageslicht gelangt, zum einen, weil Indirektheit zum Stil des Unbewussten gehört, zum anderen, weil das politische Unbewusste oder Verhohlene zugleich das Unkorrekte, Giftige, Unzulässige ist, das, von taktlosen Direktausbrüchen abgesehen, nur im Modus des Aussickerns und Hervorkriechens aus seiner Verborgenheit treten kann. Die primären versteckten Plasmen, die von der neuen Sicker-Analyse nachgewiesen werden, sind unvermeidlich Antifeminismus, Antiamerikanismus, Antisemitismus. Eine schlimme Trinität, von der die Experten behaupten, auch sie bilde im Grunde eine Einheit. Im Fall Schröders scheint die Diagnose klar: Indem er sich von der Irak-Politik der USA distanzierte, hat er zahllosen Einzelnen Gelegenheit geboten, ihrem antiamerikanischen Unbewussten Ausgang zu geben. Da krochen - glaubt man den diplomierten Analytikern der deutschen Seele - Millionen kleiner Meinungsreptilien aus ihren Schlupflöchern hervor und ringelten sich für ein paar schamlose Minuten in der Sonne.

      Vergleichbares meinten vor wenigen Monaten gewisse Leser von Martins Walsers Roman Tod eines Kritikers zu beobachten, in dem vorgeblich antisemitische Untertöne vernehmlich werden, wenn man nur genug von dem, was dasteht, abstrahiert; der österreichische Lyriker Robert Schindel reimte im Zenith des Konflikts um Walser ein paar Verse im Stil des wackeren Hans Sachs, in denen er sein zur Diagnose erhöhtes Gefühl festhielt, da krieche das "Reptil Judenhass" durch ein Buch ans Freie. Als Sachbehauptung von Grund auf falsch, ist Schindels Formulierung als Metaphernschöpfung ein fabelhafter Treffer: Nie zuvor ist das aktuelle Paradigma des Meinungsstreits in Deutschland so luzide ins Bild gefasst worden. Wir haben es auf breiter Front mit einer Reptilisierung der öffentlichen Meinung zu tun - und mit einer Vorverlegung der politischen Diskussion aus den Parlamenten ins Entlarvungsfeuilleton.

      Es ist Zeit, den Tatsachen ins Gesicht zu sehen: In der Korrektheitsepoche hat jede "eigentliche Meinung" von sich her die Struktur eines abgedrängten Hintergedankens; naiv, wer weiter glaubt, Meinungen seien darauf angelegt, ausgesprochen zu werden; immerhin gehört es zu ihrer Natur, aus Löchern zu kriechen, wo sie gelauert haben, oder aus dem bekannten Schoß, fruchtbar noch. Der Ärger mit diesen eigentlichen Meinungen ist allein, dass sie nur vertreten werden können, indem man behauptet, ein anderer habe sie, vertrete sie aber nicht. So ist der Krieg, der große Vereinfacher, der alles verwirrt, in den deutschen Köpfen angekommen. Da aber der Mensch ein meinendes Tier ist, wird auch hierzulande das Meinungsleben irgendwie weitergehen. Schon sind unzählige in die Meinungslosigkeit ausgewichen - und entwickeln Hintergedanken über jene, die in den meinenden Berufen tätig sind. Für die geschichtlich Interessierten wird man demnächst im Nachtprogramm Filme von westlichen Menschen zeigen, die sorglos wie Verbrecher sagten, was sie über Frauen, Amerikaner und Juden dachten. Die sorglosesten unter diesen westlichen Menschen von einst, wird man erstaunt bemerken, werden Juden, Amerikaner und Frauen gewesen sein, wir werden Heimweh nach ihnen haben und wünschen, wir hätten in ihrer Zeit gelebt.

      Von Peter Sloterdijk ist zuletzt erschienen "Luftbeben. An den Wurzeln des Terrors" (Suhrkamp 2002). Der erste Band seines "Sphären"-Projekts (Suhrkamp 1998, 1999) ist kürzlich in Frankreich erschienen und hat ein großes Echo ausgelöst.



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      Copyright © Frankfurter Rundschau 2002
      Dokument erstellt am 26.09.2002 um 21:06:11 Uhr
      Erscheinungsdatum 27.09.2002
      Avatar
      schrieb am 30.09.02 10:30:57
      Beitrag Nr. 459 ()
      Ob man wirklich in den Krieg ziehen muss, um von der Staatskrise und andern innenpolitischen Problemen, die man nicht löste, abzulenken?




      HINTERGRUND: Wall Street in schlimmster Verfassung seit 1937

      Die Wall Street befindet sich in der schlimmsten Verfassung seit Jahrzehnten. Die Angst vor einem Irak-Krieg geht um, die Ölpreise sind hoch. Zudem bleibt die US-Konjunktur hinter den Erwartungen zurück: Prominente Großkonzerne geben Gewinnwarnungen heraus, Massenentlassungen sind keine Seltenheit. Darüber hinaus erschüttert eine Serie von Buchfälschungs-, Analysten- und anderen amerikanischen Firmenskandalen das Vertrauen der Anleger.


      Der Dow-Jones-Index liegt momentan mit 7.701,45 Punkten fast auf dem niedrigsten Stand seit vier Jahren. Das Börsenbarometer brach am vergangenen Freitag um 295 Punkte oder 3,70 Prozent ein. Der Dow fiel im September um 11,1 Prozent. Das war der stärkste September-Kursverlust seit 1937. Im dritten Quartal hat der Dow 16,7 Prozent an Wert verloren. Das war der schlimmste Dreimonatsabschnitt seit dem Börsenkrach von 1987. Seit Jahresanfang ist der Dow um 23,15 Prozent eingebrochen.

      8 BILLIONEN DOLLAR VERLUST

      Seit Beginn der dramatischen Wall-Street-Baisse im Frühjahr 2000, dem längsten Einbruch seit den dreißiger Jahren, haben die amerikanischen Aktien einen beispiellosen Gesamtverlust von acht Billionen Dollar verbucht. Seit Jahresbeginn hat der-In Wilshirex-5000 dex, der die Kursentwicklung fast aller US-Aktien repräsentiert, allein 2,8 Billionen Dollar an Wert eingebüßt.

      Der NASDAQ-Index notiert nur noch mit 1.199,16 Punkten gegenüber 5.048,62 Punkten am 10. März 2000. Das entspricht einem Absturz von nicht weniger als 76 Prozent in zweieinhalb Jahren. Der NASDAQ-Index befindet sich etwa auf dem tiefsten Niveau seit sechs Jahren. Die elektronische NASDAQ-Börse, der zweitgrößte Wertpapiermarkt der Welt, ähnelt damit in seiner katastrophalen Kursentwicklung fast dem Neuen Markt in Deutschland.

      Besonders schwer waren die Kurseinbrüche in der Telekom-Branche. Telekomaktien haben seit Beginn dieses Jahres weitere 51,60 Prozent an Wert verloren. Technologiewerte verloren 48,30 Prozent und Industrieaktien 30,71 Prozent.

      BESSERUNG NICHT IN SICHT

      Eine Besserung ist nicht in Sicht, weil die verzweifelten Anleger in großem Stil aussteigen und auch die Investmentfonds unter Milliardenabzügen ihrer Anteilseigner leiden. Die Unternehmensgewinn-Prognosen werden ständig nach unten reduziert.

      Das US-Wirtschaftswachstum dürfte in diesem Jahr etwa 2,5 Prozent erreichen, und die Arbeitslosenquote von derzeit 5,7 Prozent auf 6 Prozent steigen. Die Unternehmen investieren nicht und entlassen weiter Mitarbeiter, um Kosten zu sparen und um ihre Gewinne aufzubessern. Zur Zeit deutet somit kaum etwas auf eine baldige und nachhaltige Besserung der desolaten Wall-Street-Situation hin./br/DP/ar

      --- Von Peter Bauer, dpa ---



      29.09.2002 - 14:27
      Quelle: dpa-AFX
      Avatar
      schrieb am 30.09.02 10:37:44
      Beitrag Nr. 460 ()
      Widerstand gegen neue Irakresolution

      Amerikanisch-britischer Entwurf für verschärfte UN-Resolution stößt im Sicherheitsrat der UNO auf Ablehnung


      GENF taz Das Drängen der USA und Großbritanniens auf eine neue scharfe UN-Resolution gegen den Irak stößt im Weltsicherheitsrat weiterhin auf Ablehnung. Intensive Bemühungen amerikanischer und britischer Diplomaten, Frankreich, Russland und China für die ultimative Androhung militärischer Gewalt zu gewinnen, brachten am Wochenende kein Ergebnis. Der Irak wies den amerikanisch-britischen Entwurf einer UN-Resolution als inakzeptabel zurück.

      "Eine neue Resolution ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht erforderlich, Vorrang hat die schnelle Wiederaufnahme von Rüstungsinspektionen im Irak auf der Basis bestehender Resolutionen",
      erklärte der russische Außenminister Iwanow nach Gesprächen mit Gesandten, die die USA und Großbritannien nach Moskau und Paris geschickt hatten. Ähnlich hatte sich zuvor bereits der chinesische Premierminister Zu geäußert. Die französische Regierung wäre lediglich zu einer Resolution bereit ohne die von Washington und London verlangte Androhung militärischer Maßnahmen, betonte ein Sprecher von Präsident Chirac. Washington und London verlangen eine automatische Ermächtigung zur Kriegsführung für den Fall, dass Bagdad die neue Resolution nicht innerhalb von sieben Tagen nach ihrer Verabschiedung akzeptiert sowie verbotene Rüstungsprogramme offen legt und innerhalb von weiteren 23 Tagen den Inspekteuren der UN-Waffenkontrollkommission ungehinderten Zugang gewährt.

      Ein deutscher Diplomat in den USA kritisierte, eine neue Resolution müsse "eine reale Option für Bagdad enthalten und nicht eine Nulloption, die darauf angelegt ist, so schnell wie möglich militärische Maßnahmen zu ergreifen".

      In London demonstrierten am Wochenende mehr als 150.000 Menschen gegen einen Irakkrieg, in Rom rund 50.000. Tausende demonstrierten auch in Spanien und in Australien. In Washington, San Francisco, Denver und anderen US-Städten fanden ebenso Antikriegsproteste mit mehreren tausend Teilnehmern statt. ANDREAS ZUMACH

      ausland SEITE 11
      taz Nr. 6866 vom 30.9.2002, Seite 1, 70 TAZ-Bericht ANDREAS ZUMACH
      Avatar
      schrieb am 30.09.02 10:39:09
      Beitrag Nr. 461 ()
      Der Euphrat fließt durch Texas

      WASHINGTON dpa US-Panzerverbände haben im Bundesstaat Texas ein groß angelegtes Manöver begonnen, das nach Informationen der Washington Post als Training für die Überquerung des Euphrat im Irak dient. Seit einer Woche donnerten die M1-Panzer der 1. Cavalry Division der Armee über die staubige Steppe in der Nähe von Ford Hood und übten die Überquerung von Flüssen, schrieb das Blatt. Ein Sprecher der Armee in Ford Hood unweit der Ranch von Präsident George W. Bush bestritt in der gestrigen Ausgabe der Zeitung , dass es einen Zusammenhang mit einem möglichen Irak-Einsatz gebe. Im Pentagon erklärten dagegen Militärberater, im Gegensatz zum Golfkrieg würde die US-Armee diesmal bis nach Bagdad vordringen. Und da stelle der Euphrat das größte Problem für die gepanzerten US-Verbände dar. Sobald der Fluss überwunden sei, könnten die Iraker nichts mehr gegen US-Streitkräfte unternehmen.

      taz Nr. 6866 vom 30.9.2002, Seite 2, 32 Zeilen (Agentur)
      Avatar
      schrieb am 30.09.02 11:01:03
      Beitrag Nr. 462 ()
      Schröder taktiert nicht

      Der Bundeskanzler hat die Kriegsrhetorik gegen den Irak verweigert. Sein Fehler
      war nur, dies vor der Wahl als "deutschen Sonderweg" erscheinen zu lassen
      Das 20. Jahrhundert war das Jahrhundert überbordender staatlicher Gewalt, zweier Weltkriege und eines vorher nie gekannten Staatsterrors. Die ersten Jahrzehnte des 21. Jahrhunderts werden geprägt sein durch viele Formen entstaatlichter, privatisierter und kommerzialisierter Gewalt. Der Terror des Gewaltmultis Bin Laden, Drogenhändler, Börsenspekulant, Hobbytheologe und Kriegsherr, ist eine Facette dieser privatisierten Gewalt und nur für uns die gefährlichste. Symmetrische Kriege zwischen Staaten, im 20. Jahrhundert perfektioniert, also der Kampf zwischen vergleichbaren Armeen, Schiffs- oder Luftflotten, kommt aus der Mode. In Europa sind solche Kriege nicht mehr möglich.

      Schon der zweite Golfkrieg war asymmetrisch. Auf einen gefallenen Amerikaner kamen mehr als 600 getötete Irakis. Noch asymmetrischer war, was im Kosovo und in Afghanistan geschah. Hier handelte es sich eher um Bestrafungen, Exekutionen als um das, was wir bislang Krieg nannten.

      Asymmetrische Kriege sind eine Versuchung für Staaten, die damit ihre Interessen durchsetzen können, ohne größere Opfer an eigenen Bürgern befürchten zu müssen. Aber asymmetrische Kriege erzeugen bei den Unterlegenen, Hilflosen, Gedemütigten, die den ungleich stärkeren Feind gar nicht zerreichen können, den Eindruck eines unfairen Kampfes und damit ein hohes Maß an Verbitterung, Groll und Rachsucht. Sie können sich dann in jene Kampfesweise flüchten, die ganz und gar asymmetrisch ist: den Terror. Sie behaupten und glauben es auch, ihr krimineller Terror sei auch nicht unfairer als ein asymmetrischer Krieg.

      In jedem Fall ist der Terror durch asymmetrische Kriege - und andere können sich westliche Demokratien kaum leisten - nicht auszurotten. Er wird dadurch eher gestärkt, bestätigt und manchmal auch produziert. Daher haben viele von Anfang an Präsident Bush widersprochen, als er den "Krieg gegen den Terrorismus" proklamierte, und zwar den Krieg bis zum Sieg. Man mochte dies als typisch amerikanische Rhetorik abtun, es mit dem "War on Aids" oder dem "War on Poverty" vergleichen. Es war aber eine folgenreiche Rhetorik.

      Denn wenn man einer mächtigen Nation lange genug suggeriert, sie sei "at war", dann wird die Schwelle zum wirklichen Krieg gegen einen Staat immer flacher, schließlich kaum noch erkennbar. Was für die meisten Europäer ein völkerrechtswidriger Akt wäre, der Angriff auf den Irak unabhängig davon, was UN-Inspekteure an Waffen finden und zerstören können, ist für die meisten Amerikaner, keineswegs für alle, nur Ausfluss, Konsequenz, Etappe, Fortsetzung eines längst stattfindenden Krieges.

      Der deutsche Bundeskanzler hat die Kriegsrhetorik des US-Präsidenten nicht mitgemacht.
      Vielen ist dies nicht aufgefallen, sie haben sich an das Wort von der "uneingeschränkten Solidarität" gehalten, es begrüßt oder verdammt. Aber was jetzt zum Konflikt wurde, war von vornherein angelegt. Schon in einem Gespräch im Dezember 2001 hat Schröder klar gemacht, dass er keinem Irakkrieg zustimmen werde, solange es keine Beweise für Saddams Zusammenspiel mit al-Qaida gebe. Seither haben ihm radikale Kriegsgegner in trauter Eintracht mit der Union Wahltaktik vorgeworfen. Das passt zum deutschen Bild vom Politiker als einem gerissenen und skrupellosen Machtmenschen, das oft linke Pazifisten mit rechten Stammtischhelden verbindet. Doch die Woche nach der Wahl dürfte gezeigt haben: Schröder und Fischer meinen es ernst.

      Erstaunlich, mit wie wenig Selbstachtung in der deutschen Öffentlichkeit die Spannungen zwischen Washington und Berlin abgehandelt werden. Natürlich gäbe es ein einfaches Mittel, die alte Harmonie herzustellen: die Bereitschaft, den Kurs der Hardliner in Washington brav zu unterstützen, also etwas zu tun, was sogar im US-Kongress nicht mehr geschieht.

      Aber wer in Deutschland will das eigentlich? Nicht einmal Edmund Stoiber. Was man dem Bundeskanzler anlasten kann, ist nicht seine klare Position in Sachen Irak, sondern allenfalls, dass diese Position zeitweise, und das unmittelbar vor der Wahl, als deutscher Sonderweg erschien, obwohl sie dies zu keinem Zeitpunkt war. Jetzt kommt es darauf an, eine klare Antwort der Europäer auf die neue Militärdoktrin der USA zu formulieren. Dabei können Schröder und Fischer die Federführung getrost den Franzosen überlassen. Denn die Strategie des "preemptive strike", des präventiven Zuschlagens, wann und wo immer die Hegemonialmacht dies für angebracht hält, ist für Frankreich niemals annehmbar.

      Die Zerwürfnisse des Herbstes 2002 lassen sich durch den Realitätssinn beider Seiten ziemlich rasch überwinden. Bleiben dürfte, dass die Deutschen in Washington nie mehr als die europäischen Musterschüler gelten werden. Das hat nicht nur Nachteile. Es könnte Europa zugute kommen.

      Denn im letzten Jahrzehnt war es oft die Bundesrepublik Deutschland, die einer Emanzipation Europas innerhalb der Nato im Wege stand. Der Unilateralismus der kräftigen Ellbogen, der zur Popularität der Bush-Regierung im Innern beiträgt, wird die Europäer zwingen, sich zusammenzuraufen und eigene Positionen gemeinsam zu verfechten. Dabei mit Fingerspitzengefühl - gegenüber Paris wie gegenüber Washington - mitzuwirken, dürfte eine Kernaufgabe der nächsten vier Jahre sein.

      Der Terror der Islamisten ist nicht das apokalyptische Tier aus dem Abgrund, sondern die für uns im Westen gefährlichste Form entstaatlichter Gewalt. Wo aber Privatleute das staatliche Gewaltmonopol herausfordern, sind Polizei, Geheimdienste und Justiz gefordert. Das Militär kommt erst ins Spiel, wo die Kräfte der Polizei offenkundig überfordert sind.

      Militäraktionen gegen Terroristen sind nur dann zu rechtfertigen, sie sind auch nur so lange produktiv, wie sie als erweiterte Polizeiaktion interpretiert werden können. Die Beseitigung des - mit al-Qaida vielfach verflochtenen - Taliban-Regimes ließ sich noch in diesem Sinn deuten. Tatsächlich haben nicht einmal die anfechtbaren Luftangriffe aus großer Höhe zur Solidarisierung mit den Taliban geführt.

      Ein - notwendig asymmetrischer - Krieg gegen den Irak ließe sich aber auch bei großzügigster Auslegung nicht als erweiterte Polizeiaktion gegen Terroristen verstehen. Sogar wenn er nicht zum Sturz prowestlicher arabischer Regierungen führen sollte, müsste er den Groll der meisten Araber und vieler nicht arabischer Muslime gegen den Westen weiter vertiefen. Das aber nährt den Terror.

      US-amerikanische Außenpolitik ist in einem Ausmaß, das Europäer sich kaum vorstellen können, ein Reflex der Innenpolitik. Nur innenpolitischer Widerstand könnte Bush vom Krieg abhalten. Aber in der inneramerikanischen Debatte ist es keineswegs gleichgültig, wie die wichtigen Verbündeten votieren. Daher ist Schröders Nein weder unbegründet noch folgenlos.
      ERHARD EPPLER

      taz Nr. 6866 vom 30.9.2002, Seite 13, 241 Zeilen (Kommentar), ERHARD EPPLER, taz-Debatte
      Avatar
      schrieb am 30.09.02 18:14:01
      Beitrag Nr. 463 ()
      Die Ölgeschichte aus #416


      Vorteil für Russland
      Im Irak hat die US-Ölindustrie schlechte Karten

      Von Thomas Fischermann

      Für die amerikanische Ölindustrie waren die Jahre des Irak-Embargos frustrierend. Sie musste zusehen, wie die Konkurrenz aus Russland, Westeuropa oder China ihr eine Geschäftschance nach der nächsten wegschnappte. Beim Kauf von Öl, beim Bau von Anlagen, beim Verlegen von Pipelines. Würde das anders, wenn nicht mehr Saddam Hussein das Land beherrschte?
      "Amerikanische Ölfirmen würden im Irak gern mitmischen", erklärt ein hochrangiger Washingtoner Regierungsbeamter. Die Ölförderer locken die reichlichen Ölvorräte; die Anbieter von Pumpen, Röhren und Elektronik wissen um den gigantischen Investitionsrückstand in Saddam Husseins Reich. "Wenn der Irak wieder offen für Konsortien ist, werden die Amerikaner liebend gern einsteigen", sagt auch Friedemann Müller, Energieexperte der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in Berlin.
      Branchenkenner bezweifeln indes, dass ausgerechnet US-Unternehmen den Zuschlag für den Wiederaufbau bekämen. Unternehmen wie TotalElf Fina aus Frankreich oder die russische Lukoil unterhalten nämlich bereits traditionelle Geschäftsbeziehungen in den Irak und haben Vorverträge über die Erschließung von Ölfeldern in der Tasche - zugleich hat der Irak gegenüber Russland Schulden in Höhe von sieben bis acht Milliarden US-Dollar aufgetürmt. Politisch gesehen "ist eine führende Rolle Russlands bei der Wiedererschließung der irakischen Ölfelder ganz sicher eines der Zugeständnisse, das George W. Bush bei einem Krieg an die Russen machen müsste", glaubt deshalb James L. Williams, Chef der Beratungsfirma WTRG Economics in Arkansas. Genau das veranlasst den Insider auch zu der These, dass "unterm Strich in der US-Ölindustrie niemand an einem Krieg interessiert" sei.
      Womöglich bieten sich den Amerikanern ja anderswo Chancen. Selbst in Saudi-Arabien sind mittlerweile viele Förderanlagen so heruntergekommen, dass etliche Scheichs darüber grübeln, ob es richtig war, die Ölanlagen nur national zu finanzieren und nicht in ausländische Hände geraten zu lassen. Jetzt ist wieder von Direktinvestitionen die Rede - und von Deals wie "Investitionen gegen Öl".

      (c) DIE ZEIT 39/2002
      Avatar
      schrieb am 01.10.02 10:19:30
      Beitrag Nr. 464 ()
      .


      Die EU knickt in Sachen Internationaler Gerichtshof ein und redet sich die Niederlage zum Triumph hoch...

      Einer der schwärzesten Tage für die Menschenrechte - ein Land, welches einen internationalen Gerichtshof, welcher einzig die Menschenrechteund Völkerrecht als Grundlage seiner Rechtsprechung hat, als "potentiell willkürlich" ansieht - wie abenteuerlich diese absurde Argumentation doch ist....


      Damit ist klar:

      Es gibt zweierlei Recht:
      Das derjenigen, die US-Amerikaner oder Israelis sind - und das Recht der anderen Menschen.
      Wie groß das vertrauen in die Rechtsprechung der USA ist, zeigt die Vergangenheit, auch die jüngere.
      Wer im Dienst der USA stand, konnte bereits in der Vergangenheit Menschenrechte mit Füßen treten - jetzt ist das erstmals als "Sonderrecht" auch noch abgenickt.


      Die angebliche "Einschränkung" auf "lediglich" Soldaten und Diplomaten ist scheinheilig: US-Touristen begehen wohl nur wenige Menschenrechtsverletzungen...

      DAmit sind wohl kaum "die USA in den Gerichtshof integriert" , sondern eher der Gerichtshof in das Belieben der US-Politik integriert.



      SPIEGEL ONLINE - 01. Oktober 2002, 7:39
      URL: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,216325,00.html
      Weltgericht

      USA setzen Sonderrechte durch

      Die Europäische Union hat ihren langen Widerstand aufgegeben und den USA Sonderrechte zur Umgehung des Internationalen Strafgerichtshofs (ICC) eingeräumt. Großbritannien und Italien waren zuvor aus der Ablehnungsfront ausgeschert.


      Internationaler Strafgerichtshof in Den Haag: Ausnahmen für die Amerikaner


      Brüssel - Erst vor wenigen Tagen hatte es in der EU geheißen, eine Immunität für US-Bürger sei nicht vereinbar mit den Statuten des Weltgerichts. Nun stimmten die EU-Außenminister dennoch entsprechenden bilateralen Sonderabkommen mit den USA zu, allerdings unter hohen Auflagen.

      "Wir hätten uns eine klare Ablehnung der Abkommen gewünscht, aber dank der Grundsätze sind wir da sehr nahe dran", sagte Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne). Großbritannien und Italien hatten zuvor bereits erklärt, ein Sonderabkommen mit den USA schließen zu wollen und damit die bislang starre europäische Ablehnungsfront aufgeweicht.

      Nach den EU-Prinzipien muss ein Land bereits bestehende Abkommen mit den USA überprüfen und klären, ob eine Regelung zum ICC notwendig ist. So regeln Truppenstationierungsabkommen oder Auslieferungsabkommen in vielen Fällen bereits, ob eine Person an die USA überstellt werden muss. Will ein Land dennoch eine gesonderte Regelung mit den USA zum ICC schließen, besteht die EU auf mehreren Regeln.

      Zunächst soll eine generelle Straffreiheit ausgeschlossen werden. Personen, die nicht an den ICC ausgeliefert werden, müssen in den USA vor Gericht gestellt werden. Zudem sollen nur US-Bürger vom ICC ausgenommen werden, die im Auftrag der Regierung im Ausland sind, also Soldaten und Diplomaten. Die Ausnahme soll nicht für Bürger des Landes gelten, das das Abkommen mit den USA geschlossen hat.

      Ein Sonderabkommen Deutschlands mit den USA schloss Fischer aus. "Die Milosevics und Pinochets von morgen werden zur Rechenschaft gezogen", betonte der Außenminister. Der amtierende EU-Ratsvorsitzende und dänische Außenminister Per Stig Möller sagte, der Gerichtshof werde mit dem EU-Beschluss nicht geschwächt. Ziel der EU sei aber, "die USA in den Gerichtshof zu integrieren".

      Die USA hatten den Vertrag zur Errichtung eines Uno-Gerichtshofs für Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit unter US-Präsident Bill Clinton 1998 zwar unterzeichnet. Sein Nachfolger George W. Bush lehnte eine Ratifizierung jedoch mit der Begründung ab, dass US-Friedenssoldaten dann willkürlichen Strafverfolgungen ausgesetzt sein könnten. Dennoch nahm der Gerichtshof am 1. Juli in Den Haag seine Arbeit auf. Seitdem versucht Bush, mit bilateralen Abkommen US-Bürgern Immunität zu verschaffen.

      Bislang haben zwölf Staaten ein Abkommen mit den USA unterzeichnet, darunter auch der EU-Beitrittskandidat Rumänien sowie Israel. Die EU-Kommission sieht darin einen Verstoß gegen das Statut des Gerichtshofs. Auch die Vereinten Nationen haben dies wiederholt kritisiert.

      Unterdessen gab es am Montag in Brüssel keine Anzeichen, dass sich die EU-Staaten auf eine gemeinsame Position im Irak-Konflikt verständigen könnten. Fischer bekräftigte die Weigerung Deutschlands, sich an einem möglichen Angriff zu beteiligen. Auch habe die Bundesregierung bislang keine Erkenntnisse, dass Irak Kontakte zu der Terror-Organisation al-Qaida habe.
      Avatar
      schrieb am 01.10.02 10:46:28
      Beitrag Nr. 465 ()
      .

      Ein Finger wird den USA nicht reichen

      Die EU - international einst der Vorreiter für einen effektiven Internationalen Strafgerichtshof (ICC) mit uneingeschränkter Zuständigkeit - ist umgefallen. Daran ändern alle Versuche nichts, den Beschluss der 15 Außenminister zu Sonderabkommen mit den USA schönzureden: Der ICC kann nun umgangen werden.


      Kommentar
      von ANDREAS ZUMACH

      Bundesaußenminister Fischer unterstrich zwar, wie wichtig es ihm sei, dass die EU in dieser Frage zusammengeblieben ist. Aber warum eigentlich? Wo der gestrige Beschluss doch ausdrücklich jedem der 15 EU-Mitglieder freistellt, ob es ein Sonderabkommen mit Washington abschließt oder nicht. Die Möglichkeit zu einer öffentlichen, klaren und endgültigen Absage an das völkerrechtswidrige Ansinnen der Bush-Administration hatten die 13 Regierungen, die sich bis dato bei den EU-internen Beratungen gegen derartige Abkommen ausgesprochen hatten, auch vor dem gestrigen Beschluss schon.

      Die kleine Schweiz, das schwache Jugoslawien und Norwegen haben in den letzten Wochen vorgemacht, dass Courage und Souveränität gegenüber den großen, mächtigen USA möglich sind. Auch die beiden EU-Staaten Großbritannien und Italien, die zum Abschluss von Sonderabkommen mit den USA bereit waren, hatten diese Möglichkeit bereits vor dem gestrigen Beschluss. Mit der hoch gelobten "Gemeinsamkeit" der EU ist also überhaupt nichts gewonnen.

      Im Gegenteil: Diese Entscheidung der EU sendet ein fatales Signal an den "Rest" der Welt. Die -neben den 15 EU-Mitgliedern - übrigen 135 Staaten, die das Statut des ICC unterschrieben oder bereits ratifiziert haben, werden jetzt unter noch stärkeren Druck der USA geraten, Sonderabkommen abzuschließen. Und die Gefahr wächst, dass China und andere große Länder, die das Statut des ICC ablehnen, sich durch diesen Erfolg der USA gegenüber der EU ermutigt fühlen und ihrerseits nun ebenfalls Ausnahmeregeln für ihre an UNO-Missionen beteiligte StaatsbürgerInnen verlangen.

      Zugleich ist auch für die EU das Thema mit dem gestrigen Beschluss der Außenminister keineswegs erledigt. Das zeigen die ersten unzufriedenen Reaktionen aus Washington. Die EU hat den kleinen Finger gegeben und damit signalisiert, dass die ehedem von ihr formulierten unverrückbaren Prinzipien für einen ICC eben doch nicht so ehern sind. Das macht Hunger nach mehr. Die USA fordern weiterhin die ganze Hand und werden sie -Finger für Finger - wohl auch bekommen.

      taz Nr. 6867 vom 1.10.2002, Seite 1, 85 Zeilen (Kommentar), ANDREAS ZUMACH, Leitartikel

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      Extrawurst für die USA

      EU billigt Regelung, mit der die Vereinigten Staaten den Internationalen Gerichtshof umgehen wollen. USA wollen ihre Diplomaten und Soldaten der internationalen Gerichtsbarkeit entziehen


      GENF ap/taz Die Europäische Union stimmt bilateralen Sonderabkommen mit den USA zur Umgehung des Internationalen Strafgerichtshofs (ICC) unter hohen Auflagen zu. Darauf verständigten sich die EU-Außenminister gestern in Brüssel. Der deutsche Außenminister Joschka Fischer betonte: "Wir hätten uns eine klare Ablehnung (der Abkommen) gewünscht, aber dank der Grundsätze sind wir da sehr nahe dran." Großbritannien und Italien hatten zuvor bereits erklärt, ein Sonderabkommen mit den USA schließen zu wollen.

      Dass auch Deutschland ein solches Abkommen mit den USA anstrebt, schloss Fischer aus. Die Bedeutung des Strafgerichtshofs hob der Minister hervor: "Die Milosevics und Pinochets von morgen werden zur Rechenschaft gezogen." Der EU-Ratsvorsitzende und dänische Außenminister Per Stig Möller betonte, der Gerichtshof werde mit dem EU-Beschluss nicht geschwächt. Viele der US-Sorgen könnten auf Grundlage bereits bestehender Abkommen gelöst werden. Ziel der EU sei aber, "die USA in den Gerichtshof zu integrieren".

      Die USA hatten den Vertrag zur Errichtung eines UN-Gerichtshofs für Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit unter dem früheren US-Präsidenten Bill Clinton 1998 zwar unterzeichnet. Sein Nachfolger George W. Bush lehnte eine Ratifizierung jedoch ab. Begründung: US-Friedenssoldaten könnten willkürlichen Strafverfolgungen ausgesetzt sein. Dennoch nahm der Gerichtshof am 1. Juli in Den Haag seine Arbeit auf. Seitdem versucht Bush, in bilateralen Abkommen US-Bürger von der Gerichtsbarkeit herauszunehmen.

      Nach den von der EU aufgestellten Prinzipien muss ein Land zunächst bereits bestehende Abkommen mit den USA überprüfen und klären, ob eine Regelung zum ICC notwendig ist. Will ein Land dennoch eine gesonderte Regelung mit den USA zum ICC schließen, besteht die EU auf mehreren Prinzipien. Zunächst soll eine generelle Straffreiheit ausgeschlossen werden. Personen, die danach nicht an den ICC ausgeliefert werden, müssen in den USA vor Gericht gestellt werden. Zudem sollen nur US-Bürger von der Gerichtsbarkeit des ICC ausgenommen werden, die im Auftrag der Regierung im Ausland sind, also Soldaten und Diplomaten. Schließlich soll die Ausnahme nicht für Bürger des Landes gelten, das das Abkommen mit den USA schließt.

      Erste Reaktionen aus Washington auf den EU-Beschluss waren nach Angaben aus diplomatischen Kreisen eher abweisend. So bestünden die USA weiter darauf, dass alle US-Bürger von der Gerichtsbarkeit des ICC ausgenommen würden, und wollten die Strafverfolgung mutmaßlicher Verbrecher nicht garantieren.
      taz Nr. 6867 vom 1.10.2002, Seite 1, 91 TAZ-Bericht


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      . September 2002, 16:40, NZZ Online


      EU billigt ICC-Sonderabkommen mit USA im Grundsatz
      Hohe Hürden gesetzt
      Die Europäische Union (EU) billigt bilaterale Sonderabkommen mit den USA zur Umgehung des Internationalen Strafgerichtshofs (ICC) im Grundsatz, hat dafür aber hohe Hürden gesetzt. Darauf verständigten sich die EU-Aussenminister am Montag in Brüssel.



      (Reuters/ap) Die EU schliesst Abkommen ihrer Mitgliedsstaaten mit den USA über den Schutz von amerikanischen Bürgern vor dem Internationalen Strafgerichtshof nicht aus, knüpft sie jedoch an strenge Bedingungen. Die EU-Aussenminister einigten sich am Montag in Brüssel auf eine Kompromissformel, nach der die EU-Staaten Ausnahmeabkommen nur abschliessen, wenn der Beschuldigte dann in den USA vor Gericht gestellt wird und wenn es sich um entsandtes Personal (Diplomaten und Soldaten) handelt.

      Grossbritannien und Italien hatten dies in der Vergangenheit erwogen. Wünsche der USA nach vollständiger Immunität für amerikanische Bürger wären nach dem EU-Kompromiss nicht möglich. Der Internationale Gerichtshof soll unter anderem Kriegsverbrechen und Völkermord verfolgen, wenn dies vor anderen Gerichten nicht möglich ist. Während die amerikanische Regierung unter Präsident Bush den Gerichtshof generell ablehnt, zählen die EU-Staaten zu seinen wichtigsten Unterstützern.

      Ringen um Kompromiss
      Der EU-Kompromiss sieht vor, dass die EU-Staaten erst an einem Kriterienkatalog prüfen sollen, ob gesonderte Abkommen mit den USA überhaupt nötig sind. Falls sie ein solches Abkommen abschliessen wollen, dann soll dieses nur für in ihre Länder entsandtes amerikanisches Personal gelten. Damit dürften Privatpersonen auch weiterhin an den Strafgerichtshof ausgeliefert werden, sagten Diplomaten. Zudem soll sicher gestellt sein, dass Betroffene dann in den USA vor Gericht gestellt werden.

      In informellen Kontakten mit der EU sollen die USA diese beiden Bedingungen bislang abgelehnt haben. Um diesen Kompromiss hatten die EU-Staaten lange gerungen. Grossbritannien habe sich für eine weniger strikte Formulierung stark gemacht, berichteten EU-Diplomaten. Deutschland habe dagegen die Latte möglichst hoch hängen wollen.

      Bislang haben zwölf Staaten ein Abkommen mit den USA unterzeichnet, darunter auch der EU-Beitrittskandidat Rumänien sowie Israel, Osttimor, Afghanistan, Honduras, Usbekistan, Tadschikistan, Mauretanien, die Dominikanische Republik, Palau, die Marshall-Inseln und Mikronesien. Die EU-Kommission sieht darin einen Verstoss gegen das Statut des Gerichtshofs. Auch die Vereinten Nationen haben dies wiederholt kritisiert. Der ICC hatte am 1. Juli in Den Haag seine Arbeit aufgenommen.


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      EU caves in to Washington over international criminal court

      Ian Black in Brussels
      Monday September 30, 2002
      The Guardian

      The EU is ready to agree a deal with the US giving American citizens a degree of immunity from prosecution by the new International Criminal Court, having been persuaded by Britain to step back from its hardline opposition to prevent a transatlantic row.
      Its foreign ministers, meeting in Brussels today, are expected to set out the conditions in which separate immunity arrangements can be concluded for Americans.

      Human rights groups and the Council of Europe urged the EU not to take this step.

      The court, which is due to begin work in the Hague next year, was created as a permanent institution to try individuals for genocide, war crimes and other human rights abuses.

      Washington has refused to back the court, fearing its people could become targets for politically motivated charges. It is far from clear whether it will find the new EU position acceptable.

      "This is as far as we can go," a Brussels diplomat said last night.

      The row about the court has added to the strain caused by Iraq and trade disputes, and underlined the gap between American unilateralism and the EU`s multilateral approach to international issues.

      It has also shown how hard it is to square EU aspirations for a common foreign and security policy with the reality that member states often differ on fundamental issues.

      Under the compromise, individual EU members may sign immunity agreements with the US but must respect the ICC statute.

      The US will have to guarantee that there would be no impunity for crimes by promising that Americans accused of abuses will be tried in their own country. It will also have to drop its demand for blanket exemptions.

      Human Rights Watch accused Britain of slavishly torpedoing a united EU position.
      Avatar
      schrieb am 01.10.02 11:42:52
      Beitrag Nr. 466 ()
      Dank an stirner für den Hinweis auf dieses Interview:


      In einem Interview äußerst sich Noam Chomsky zur Frage, warum die USA gehaßt werden.
      Aus: SZ vom 1.10.02 (der Text ist gekürzt)

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      Maschinen, die Macht ausüben

      Der amerikanische Linguist und Politikkritiker Noam Chomsky über die Weisheit des Militärs, die Gründe des Hasses auf die USA und politische Vergesslichkeit




      An der U-Bahn-Haltestelle Kendall in Boston sind die großen Namen des Massachusetts Institute of Technology (MIT) verewigt: Physiker, Chemiker, Informatiker. Dazwischen steht auch Noam Chomsky mit seinem grundlegenden linguistischen Werk „Strukturen der Syntax“ (1957), denn die gesamte moderne Linguistik geht auf Chomsky und seine Forschungen zur Sprache zurück. Seit den 60er Jahren ist der inzwischen 73-jährige Sprachwissenschaftler außerdem bekannt und sogar berüchtigt als Kritiker der amerikanischen Interventionspolitik von Vietnam bis zum Irak. Antiimperialisten, Globalisierungskritiker und Ökologen berufen sich auf Chomsky, der so eloquent vor der amerikanischen Weltbeherrschung zu warnen versteht. Überraschenderweise ist Chomsky aber kein Sektierer, sondern ein höflicher, gebildeter und immer pädagogisch argumentierender Gelehrter. Er ist Mitinitiator des Antikriegs-Aufrufs „Nicht in unserem Namen“. Auf Deutsch sind zuletzt erschienen die Bücher „Profit over People. Neoliberalismus und globale Weltordnung“ und „War Against People. Menschenrechte und Schurkenstaaten“ (Europa-Verlag).


      ......................



      SZ: Reden wir also vom kommenden Krieg. Die New York Times arbeitet seit Monaten gegen den Krieg im Irak.
      Chomsky: Die sind nicht gegen den Krieg.
      SZ: Sie wenden „verfassungsrechtliche Gründe“ ein.
      Chomsky: Die kümmern sich nicht um die Verfassung, das taten sie noch nie. Aber viele sind nervös wegen der furchterregenden Leute, die die Führungsmannschaft in Washington in der Hand haben. Die New York Times und viele andere haben Angst, dass die USA deshalb in ernsthafte Schwierigkeiten geraten könnte. Sie wollen, dass es funktioniert. Sie sind nicht dagegen, solange wir keinen Schaden davon tragen.
      SZ: Sogar der Kolumnist George F. Will wendet sich gegen einen Krieg, der nicht förmlich erklärt wird.
      Chomsky: Will ist ein Rechtsausleger. Das einzige grundsätzliche Argument gegen den Krieg habe ich von Dick Army gehört, der Mehrheitsführer im Repräsentantenhaus ist und politisch noch rechts von George F. Will steht. Army sagt, dass wir kein Land sein wollen, das ohne den geringsten Vorwand einen Angriffskrieg gegen ein anderes Land führt.
      SZ: Er ist also aus ästhetischen Gründen dagegen.
      Chomsky: Nein, aus Prinzip. Es sind die gleichen Gründe, die uns gegen die russische Invasion in Afghanistan aufstehen ließen. Es ist falsch, sagt Army, einen Angriffskrieg zu führen, der nicht der Selbstverteidigung dient. Wir wollen keine Kriegsverbrecher sein, keine Nazis. Aber man muss bis zur äußersten Rechten gehen, um so etwas zu hören.
      SZ: Warum kommt diese Opposition diesmal von rechts?
      Chomsky: Es gibt viele altmodische Konservative, die nicht davon begeistert sind, wie die Regierung die staatliche Gewalt überdehnt. Diese versucht einen überaus mächtigen Staat mit quasi-faschistischer Tendenz zu schaffen, und sowas mögen Konservative nicht. Sie wollen keinen Staat, der so mächtig ist, dass er ohne Mandat operiert und tut, wonach ihn gerade gelüstet.

      SZ: Aber so ist der Staat seit Thomas Hobbes definiert.
      Chomsky: Der Staat vielleicht, aber das widerstrebt den Konservativen.
      SZ: Von den Demokraten hört man nichts. Ist denn Außenminister Colin Powell neuerdings der Oppositionsführer?
      Chomsky: Das ist die Medieninszenierung. Haben Sie den geringsten Anhaltspunkt dafür, dass Powell eine Taube ist?
      SZ: Aber warum schweigt er?
      Chomsky: Viele Leute schweigen. Sie wollen nicht als unpatriotisch gelten.
      SZ: Mit guten Gründen. Vor einem Jahr standen alle wie ein Mann hinter der Regierung.
      Chomsky: Die Intellektuellen vielleicht, die sind immer servil gewesen, aber nicht die Öffentlichkeit. Die Öffentlichkeit zeigte eine sehr komplexe Reaktion: Viele empfanden den Anschlag vom 11.9. als Weckruf. Sie begannen sich um das zu kümmern, was die USA in der Welt anstellen. Die Frage, die sich jeder stellte, lautete: Warum hassen sie uns?
      SZ: Also gut, warum hassen die Fundamentalisten die USA?
      Chomsky: Natürlich ist das eine dumme Frage, denn die meisten Araber sind pro-amerikanisch und lieben alles, was aus Amerika kommt. Sie hassen nicht uns, sondern die amerikanische Politik. Warum hassen sie uns? Eisenhower, Kennedys Vorgänger, stellte genau diese Frage im Jahr 1958 vor dem Nationalen Sicherheitsrat. Die Antwort: Die arabische Welt nimmt wahr, dass die USA brutale, korrupte Regimes unterstützen und Demokratie und Entwicklung verhindern. Die Menschen wissen, dass wir es tun, weil wir das Öl im Nahen Osten kontrollieren wollen. Gute Antwort, allerdings bereits 44 Jahre alt.

      SZ: Seitdem gab es diverse Kriege im Nahen Osten, der Schah wurde gestürzt und Saddam Hussein kam an die Macht, aber die USA sind dort noch immer so beliebt wie in den 50ern.
      Chomsky: Hass passt halt nicht in das Bild vom noblen, gutmütigen Staat voller guter Absichten, der vielleicht manchmal einen Fehler macht.
      SZ: Auf der Medienseite der New York Times stand gerade, dass Saudi-Arabien Millionen für eine Werbekampagne ausgeben will, um sein Image aufzubessern.
      Chomsky: Saudi-Arabien ist die extremste, die fundamentalistischste Gesellschaft auf der ganzen Welt, aber ist das etwa neu? Jetzt allerdings ist es zum Thema geworden, weil 15 der Leute, die sich mit einem Passagierflugzeug in das World Trade Center gestürzt haben, aus Saudi- Arabien kommen. Genau davon war 1958 im Nationalen Sicherheitsrat die Rede: Warum hassen sie uns? Weil wir solche Diktaturen aufbauen und unterstützen. Weil die USA Saudi-Arabien unterstützten und sich dieser Zögling immer gut benahm, stellte sich nie die Frage nach dem Warum.
      SZ: Und jetzt wird ein unbotmäßiger Zögling wie der Irak zum Problem.
      Chomsky: Wenn der Zögling gegen die Regeln verstößt, sieht die Lage anders aus; dann kann man ihn angreifen. Natürlich ist Saddam Hussein ein großer Verbrecher. Aber worin bestehen die Verbrechen von Saddam Hussein? Die schlimmsten beging er doch, als er der große Freund von Margaret Thatcher, Ronald Reagan und George Bush senior war. Sie wussten Bescheid. Das Massaker von Halabja fand im März 1988 statt, als Saddam Hussein fünftausend Kurden vergiften ließ. Aber er stand auf unserer Seite, und darum kam es nicht so drauf an. Im Dezember 1989 überstimmte der erste Präsident Bush sein eigenes Kabinett, um Saddam neue Kredite zu bewilligen. Anfang 1990, ein paar Monate vor der Invasion in Kuweit, schickte George Bush eine hochrangige Senatsdelegation, angeführt von Bob Dole, dem späteren Präsidentschaftskandidaten, in den Irak, um diesem Monster seine herzlichen Grüße ausrichten zu lassen und ihm zu bestellen, dass er sich nicht um die Kritik kümmern solle, die er möglicherweise von amerikanischen Reportern zu hören bekomme. In so hohem Ansehen stand er, dass er sogar ein US-Kriegsschiff angreifen und 35 amerikanische Matrosen umbringen konnte. Das einzige andere Land, das mit so etwas durchkommt, ist Israel. Heute heißt es: Wie können wir einen Mann dulden, der sein eigenes Volk vergast hat? Tut mir Leid: Sie haben ihn toleriert, als er es getan hat, und alle haben ihn mit Dual-Use- Technologie versorgt, die der Massenvernichtung dienen sollte: die USA, Großbritannien, Frankreich.

      SZ: Wir wollen die deutsche Wertarbeit nicht vergessen.
      Chomsky: Saddam Hussein war damals viel gefährlicher als heute. Er ist noch immer schlimm genug, aber zumindest ist er durch die Flugverbotszonen eingeengt. Wenn Tony Blair und der jüngere Bush jetzt erklären, wir können diesen Kerl nicht am Leben lassen, der sein eigenes Volk mit chemischen Waffen umbringt, dann steht vielleicht jemand auf und ruft: Aber das hat er doch mit unserer Hilfe getan!
      Interview: Willi Winkler
      Avatar
      schrieb am 01.10.02 17:26:48
      Beitrag Nr. 467 ()
      Galileo und GPS
      ... an der "United States Mission to the European Union"
      Das Pentagon übte seit Wochen Druck auf Europa aus, um die europäischen Regierungen von "Galileo" abzubringen. Die Europäer haben dennoch am 26. März 2002 beschlossen, ihr Satelliten-gestütztes Navigationssystem in den Orbit zu bringen. Argument der US-Amerikaner: Galileo sei ein Sicherheitsrisiko für die US-Streitkräfte im Krisenfall, weil es möglicherweise ihr militärischen GPS überlagere.




      Die Europäische Kommission zu Galileo

      Für die Europäer ist "Galileo" der Schlüssel zur weltraumgestützten Infrastruktur des 21. Jahrhunderts, unabhängig vom US Militär. Sicherheitsfragen in Sachen Galileo müssen aber auch an Europa gestellt werden. Es ist auch höchste Zeit. Zu lange haben die europäischen Zauderer das Projekt verhindert. Denn, wenn die Europäer nicht bis 2004 wenigstens eine funktionierende Erprobungsvariante im All haben, gehen die für "Galileo" beantragten Frequenzen an die Amerikaner.



      Das GPS-System wird von US-Militär betrieben und steht zum Teil auch zivilen Nutzern zu Verfügung. Doch eben nicht immer. In Krisensituation wird es für alle anderen einfach gesperrt, damit die US Streitkräfte ihre eigenen GPS-gesteuerten Raketen ins Ziel zu bringen.

      Im US - Verteidigungsministerium löste deshalb die Idee der Europäer, ein unabhängiges Navigationssystem zu bauen, erhebliche Befürchtungen aus. In seinem Brief an die europäischen Regierungen und an die EU hieß es Anfang Dezember: "Jedes Galileo-Signal auf der selben Frequenz wie unser militärisches GPS-Signal würde es uns im Krisenfall erschweren, GPS zu nutzen und sicher zu sein, dass feindliche Streitkräfte davon ausgeschlossen sind."




      "Mehr Fahrkomfort mit den GPS-Satelliten"
      Die Amerikaner wollen verhindern, dass zum Beispiel ihre Stützpunkte am Mittelmeer mit satellitengeleiteten Raketen angegriffen werden. Die Waffen sind auf dem Weltmarkt vorhanden. Die Satelliten-Navigation aber hatten die Amerikaner bisher unter ihrer alleinigen Kontrolle.


      "GPS ist sehr stark militärisch genutzt", schildert Alexander Radwan vom Europäischen Parlamen", "und hier gibt es gewisse Vorbehalte, dass Galileo künftig von potenziellen Terroristen und anderen Angreifern genutzt werden kann. Und diese Befürchtungen muss man ernst nehmen." Darauf sei auch eingegangen worden:"Es besteht die Möglichkeit, diese Frequenzen abzuschalten, dass es nicht genutzt wird. Man muss auch klarmachen, Galileo ist nicht primär ein Konkurrenzmodell zu den Amerikanern in militärischer Hinsicht; hier wollen wir Kompatibilität, hier wollen wir Zusammenarbeit mit den Amerikanern."


      "Interoperabilität“ heißt das Ziel der Europäer, der Nutzer würde dann überhaupt nicht merken, welches System, ob GPS oder Galileo, er gerade nutzt. Und das könnte auch den Amerikanern Vorteile bringen. Denn GPS ist gegenüber Galileo völlig veraltet. Eine Studie hat vor einigen Wochen sogar die große Verwundbarkeit der amerikanischen Technik aufgezeigt. Hier bei der Europäischen Kommission geht Verhandlungsleiter Heinz Hilbrecht davon aus, die technischen Probleme in Zukunft so zu lösen, dass beide Systeme davon profitieren.


      "Als ich im Washington war, und denen gesagt habe, dass es auch aus Sicherheitsgründen nach dem 11. September ein Interesse daran hätten, ein zweites, redundantes System zu haben, habe ich einige Amerikaner nicken sehen", erinnert sich Heinz Hilbrecht von der Europäischen Kommission." Das ist mein Anlass auf Optimismus, dass jetzt, nachdem die Entscheidung gefallen ist, dass dann auch Pragmatismus einkehrt bei den Amerikanern, dass man auch die Vorteile zweier Systeme sieht."


      Diese Woche waren versöhnlichere Töne von US-Regierungsstellen zu vernehmen. In der US-Botschaft bei der EU geht man davon aus, das die amerikanischen Befürchtungen in nächsten Verhandlungsrunden auszuräumen sein könnten, so Botschafter Steven M. Mouton:


      "Ich glaube schon, dass die EU für die notwendige Sicherheit sorgt und dass beide Systeme nebeneinander funktionieren können, vielleicht sogar besser zusammen als getrennt voneinander.“ Jetzt wurde bekannt, dass die neue Version GPS schon 2009 und nicht erst 2011 am Markt sein soll - welch ein Zufall.




      27.03.2002
      nano onlinemp
      Avatar
      schrieb am 02.10.02 09:17:41
      Beitrag Nr. 468 ()
      DEUTSCH-AMERIKANISCHES VERHÄLTNIS

      Rumsfeld-Berater fordert Schröders Rücktritt

      Berlin - Der US- Verteidigungsexperte Richard Perle hat Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) wegen der deutschen Irak-Politik zum Rücktritt aufgefordert. "Es wäre das beste, wenn er zurücktreten würde", sagte der Berater von US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld dem "Handelsblatt". "Ich habe niemals erlebt, dass das Verhältnis zu einem engen Verbündeten so schnell und so schwer beschädigt worden ist wie durch den Wahlkampf von Schröder."

      Der Kanzler hatte eine Beteiligung Deutschlands an einem Irak- Krieg auch mit einem Uno-Mandat ausgeschlossen und war damit auf Konfrontationskurs zu US-Präsident George W. Bush gegangen. Perle warf Schröder vor, für einen Wahlsieg am 22. September "um jeden Preis" um Stimmen gekämpft zu haben. Dabei habe er die Rolle der USA bei der Befreiung Deutschlands von den Nationalsozialisten ebenso ignoriert wie Amerikas Beitrag beim Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg und bei der Wiedervereinigung. "Der Kanzler hat dies alles aus dem Fenster geworfen", kritisierte Perle.

      Vor diesem Hintergrund sei Berlins Chance auf einen ständigen Sitz im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen "für eine Generation" zurückgeworfen worden.


      spiegel.de


      Ach - und das entscheiden nur die USA?

















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      IRAK-KONFLIKT

      USA rufen zur Ermordung Saddams auf

      Trotz großer Fortschritte bei den Verhandlungen zwischen den Vereinten Nationen und dem Irak lassen die USA nicht locker. Sie beharren auf einer neuen Resolution der Uno. Der Sprecher des Weißen Hauses in Washington rief die irakische Bevölkerung zum Mord an Saddam Hussein auf.



      Washington - Ausgelöst wurde Ari Fleischers Äußerungen über eine Ermordung Saddams durch die Frage der Kriegskosten. Der Sprecher des Weißen Hauses erklärte, ein Mordattentat auf Staatschef Saddam Hussein wäre billiger als ein Krieg. Die Kosten eines Feldzuges wollte er keine Angaben machen, da US-Präsident George W. Bush noch keine Entscheidung über das weitere Vorgehen getroffen habe. Fleischer sagte: "Der Preis einer Gewehrkugel wäre deutlich niedriger, falls es die irakische Bevölkerung selbst in die Hand nehmen würde."
      Es gebe Alternativen zu einem Angriff auf den Irak, sagte Fleischer: "Das irakische Volk und das irakische Militär können dabei helfen, das Problem zu lösen." Auf die Frage, ob dies eine Aufforderung an die Iraker sei, Saddam Hussein zu erschießen, sagte Fleischer: "Ein Wechsel des Regimes ist das Ziel, in welcher Form auch immer." Bush habe bereits mehrfach betont, dass die militärische Option für ihn nicht erste Wahl sei.

      Außenminister Colin Powell machte in Washington klar, dass die USA Waffeninspekteure nicht ohne eine neue Uno-Resolution in den Irak zurückschicken werden. "Wir glauben nicht, dass sie unter dem alten Inspektionsvereinbarungen gehen sollten", sagte Powell. Powell reagierte damit auf die Vereinbarung zwischen den Vereinten Nationen und dem Irak in Wien, wonach ein Vorauskommando unter Führung von Hans Blix schon in zwei Wochen in Bagdad eintreffen soll. "Blix sollte neue, klare Instruktionen durch eine neue Uno-Resolution bekommen", sagte der Außenminister, dessen kurzfristig angesetzter Auftritt vor der Presse von Reportern als äußerst ungewöhnlich bezeichnet wurde. "Die haben uns die Schwierigkeiten eingebrockt", sagte Powell mit Blick auf den Irak.


      spiegel.de
      Avatar
      schrieb am 02.10.02 09:27:01
      Beitrag Nr. 469 ()
      Im Gegensatz zu Bush handelt es sich bei Schröder um einen SICHER mit Stimmenmehrheit und ohne WAhleingriffe gewählten Repräsentanten eines Staates.

      Wollte ich nur mal in Erinnerung bringen....
      Avatar
      schrieb am 02.10.02 14:31:58
      Beitrag Nr. 470 ()
      SPIEGEL ONLINE - 02. Oktober 2002, 13:03
      http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,216556,00.h…

      Protest-Essay

      Schriftstellerin Roy kritisiert die Kriegspolitik der USA

      Die indische Schriftstellerin Arundhati Roy hat erneut die Politik der USA kritisiert. In einem polemischen Essay geißelte die Autorin die Doppelmoral der Amerikaner, die ihrer Meinung nach das Gedenken an die Opfer vom 11. September zur Durchsetzung eines Präventivkriegs gegen den Irak missbrauchen.

      Frankfurt/Main - In einem Beitrag für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" ("FAZ") schrieb die Romanautorin am Mittwoch, der amerikanische Kapitalismus werde aus dem gleichen Grund scheitern wie die Sowjetunion: "Zu wenige Leute konnten zu viel Macht an sich reißen." Wenn die US-Regierung sich zu einem Krieg gegen den Irak entschließen sollte, würde dies die Trauer um die Opfer der Terroranschläge vom 11. September für
      politische Zwecke missbrauchen.

      "Krieg ist nur eine brutale Entweihung des Gedenkens", schrieb Roy in ihrem Beitrag mit dem Titel "Wie man einen Krieg verkauft". Wenn die USA wegen irakischer Massenvernichtungswaffen das Recht auf einen Präventivkrieg beanspruchten, "so wäre jede Atommacht berechtigt, einen Präventivschlag gegen eine andere zu führen. Indien könnte Pakistan angreifen oder umgekehrt." Kritik an den Plänen der US-Regierung werde jedoch
      pauschal als Antiamerikanismus verurteilt.

      Die Autorin des Bestseller-Romans "Der Gott der kleinen Dinge" hatte vor einem Jahr ebenfalls in der "FAZ" eine heftige Diskussion über die Politik der USA nach den Terroranschlägen ausgelöst. Damals hatte die Autorin die Rhetorik der US-Regierung unter dem Titel "Wut ist der Schlüssel" als töricht und arrogant verurteilt. Jetzt schrieb sie dazu, sie habe sich geirrt. "Tatsächlich handelt es sich um eine raffinierte Werbekampagne für einen irrigen, gefährlichen Krieg."


      htttp://www.faz.net/s/RubC5E71B8A7A9111D4AE800008C7F31E1E/Do…






      http://www.faz.net/IN/Intemplates/faznet/default.asp?tpl=faz…

      Lebenslinie der Macht

      Geld für den Kaukasus, Kontrollverlust für Moskau:
      Gewinner und Verlierer der neuen Ölleitung von Baku
      nach Ceyhan / Von Rainer Hermann

      ISTANBUL, 1. Oktober. Nach dem 11. September 2001
      haben die Vereinigten Staaten erstmals für den Kaukasus und
      Zentralasien eine kohärente Strategie entwickelt. In der
      ölreichen Region verfolgt Washington zwei Ziele. Zum einen
      sollen kaspisches Öl und Gas die Abhängigkeit des Westens
      von den arabischen Opec-Staaten verringern; zum anderen will
      Washington eine Destabilisierung der Region, die überwiegend
      von Muslimen bewohnt ist, durch Islamisten verhindern. Um
      dies zu erreichen, bauen die Vereinigten Staaten ihre Präsenz im
      russischen Hinterhof aus. Moskau akzeptiert dies, weil
      Washington im Gegenzug einen steigenden russischen Anteil
      am Weltenergiemarkt ermöglicht.

      Aus der Zeit vor dem 11. September 2001 hat Washington
      lediglich ein strategisches Ziel übernommen: Iran darf kein
      Baustein im entstehenden "Energiekorridor Ost-West" werden.
      Den jüngsten Erfolg feierte Washington am 18. September, als
      in der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku der Grundstein für
      eine 1750 Kilometer lange Ölleitung gelegt wurde, die über
      Georgien an den türkischen Mittelmeerhafen Ceyhan verlaufen
      wird. Nach dreißig Monaten Bauzeit soll durch sie, unter
      Umgehung Rußlands und Irans, jeden Tag eine Million Faß (je
      159 Liter) nach Ceyhan gepumpt werden. Das entspricht fast
      der Opec-Förderquote von Libyen.

      Unter allen möglichen Wegen für den Ölexport Aserbaidschans
      war die Trasse von Baku nach Ceyhan die längste gewesen, die
      technisch anspruchsvollste und die teuerste. Ein Faß
      aserbaidschanisches Öl, das über Ceyhan nach Rotterdam
      gelangt, kostet bereits zehn Dollar: Eine Hälfte davon entfällt
      auf die relativ hohen Förderkosten, die andere auf Leitungs-
      und Transitgebühren. Lange haben die in Aserbaidschan tätigen
      Ölmultis die Trasse Baku-Ceyhan als unwirtschaftlich
      abgelehnt. Dennoch setzte sie sich durch - aus
      geostrategischen Gründen und weil der Ölkonzern BP, der
      Führer im aserbaidschanischen Förderkonsortium AIOC, die
      Vorkommen, die für eine Rentabilität der Ölleitung nötig sind,
      mit unter 4,5 Milliarden Faß als niedriger angab.

      Von dieser neuen Verbindung profitierte als erstes
      Aserbaidschan. Durch die Ausschöpfung der Leitung und den
      gleichzeitig anlaufenden Verkauf von Erdgas aus dem
      Schah-Deniz-Feld will die Kaukasus-Republik jedes Jahr zehn
      Milliarden Dollar erlösen. Ebenfalls gewinnt die Türkei, die
      einen erheblichen Teil des Öls abnimmt und so ihre
      Abhängigkeit von der Opec reduziert. Zudem nimmt die Türkei
      für den Transit für ein Faß Rohöl 1,50 Dollar ein. Vor allem
      aber wertet sie ihre Position als wichtigste Durchgangsstation
      für Kohlenwasserstoffe vom Kaspischen Meer nach Europa
      auf. Die großen Ölleitungen werden in der Zukunft die
      Lebenslinien der wirtschaftlichen und politischen Macht sein.

      Von der Leitung von Baku über Tiflis nach Ceyhan profitiert
      auch Georgien, an dessen Stabilität die Vereinigten Staaten und
      die Türkei ein gestiegenes Interesse haben. Außerdem sichert
      sich die verarmte Republik Zugang zu preiswertem Öl und
      nimmt für ein Faß Rohöl Transitgebühren von 0,43 Dollar ein.
      Das entschädigt Georgien dafür, daß sich die AIOC nicht für
      den georgischen Schwarzmeerhafen Supsa entschieden hat.
      Sein "frühes" Öl hatte das Konsortium von April 1999 an über
      Supsa exportiert. Auf die diskutierte Vervierfachung der
      Leitungskapazität auf 600 000 Faß hat die AIOC aber
      zugunsten der Route nach Ceyhan verzichtet.

      Verlierer des "großen Spiels" sind Rußland, Armenien und Iran.
      Befürchtet wird, daß die Umgehung des ressourcenarmen
      Armeniens und der wachsende Reichtum Aserbaidschans die
      Spannungen im Kaukasus wieder anfachen könnte, vor allem
      wenn Moskau die armenische Armee wie in der Vergangenheit
      mit Waffen ausstattet. Denn nur schwer findet sich Rußland
      damit ab, daß die neue Ölleitung die amerikanischen
      Verbündeten Türkei, Georgien und Aserbaidschan aufwertet,
      sich der Ölexport der früheren Sowjetrepubliken aber immer
      mehr seiner Kontrolle entzieht.

      Moskau verliert damit gegenüber den jungen Republiken im
      Kaukasus und in Zentralasien einen entscheidenden
      wirtschaftlichen und politischen Hebel. Die Duma hat der
      größten russischen Ölgesellschaft Lukoil untersagt, sich mit
      einem Anteil von 7,5 Prozent an dem Konsortium zum Bau der
      Ölleitung von Baku nach Ceyhan zu beteiligen. Mit dieser
      Beteiligung wollte sich Lukoil auch eine neue lukrative
      Einnahmequelle sichern, die sich dem festen Griff des
      russischen Fiskus entzieht. Rußland hatte in dem "großen Spiel"
      der Verteilung der Kohlenwasserstoffe um das Kaspische Meer
      vergeblich versucht, sein Transitmonopol zu verteidigen.
      Aserbaidschan macht für sein Verhalten auch wirtschaftliche
      Gründe geltend. Die staatliche Ölgesellschaft Socar hatte im
      vergangenen Jahr an den russischen Schwarzmeerhafen
      Novorrossiysk 50 000 Faß am Tag geliefert, beklagte sich aber
      über überzogene Gebühren und die Vermischung seines
      hochwertigen Öls mit minderwertigem Öl.

      Novorrossiysk bleibt aber als Verladeort für zentralasiatisches
      Öl wichtig. Kasachstan könnte zwar die neue Leitung
      Baku-Ceyhan mitbenutzen und damit erstmals Öl exportieren,
      ohne den Weg über Rußland nehmen zu müssen. Die
      zentralasiatische Republik hat aber ihren Frieden mit der
      Dominanz Rußlands gemacht und will ihr Öl über
      Novorrossiysk exportieren. Seit vergangenen Oktober ist die
      "Caspian Pipeline" von dem kasachischen Ölfeld Tengiz nach
      Novorrossiysk in Betrieb. Nach ihrem Endausbau werden
      amerikanische Ölmultis jeden Tag 1,34 Millionen Faß dorthin
      pumpen. Zudem haben sich Kasachstan und Rußland im Juni
      über den Transport weiterer 350 000 Faß am Tag über
      russisches Territorium verständigt.

      Der große Verlierer ist Iran. Kasachstan spricht zwar mit
      Teheran über eine Ölleitung mit einer Kapazität von einer
      Million Faß am Tag. Aufgrund des amerikanischen "Iran and
      Libya Sanctions Acts" wird sich indes kein Ölmulti finden, der
      den Plan unterstützt. Schmerzhaft ist für Iran auch, daß die
      Türkei am 24. Juni ihren Bezug von iranischem Gas eingestellt
      hat. Isoliert wird Iran zusätzlich, indem Rußland die Verträge
      mit Iran zur Aufteilung des Kaspischen Meers von 1920 und
      1941 übergeht und mit den Anrainern bilateral über die
      Ausbeutung der Bodenschätze verhandelt.

      Aufgrund der Schwächung im Norden nähert sich Iran
      politisch wieder den Nachbarn im Süden an, vor allem
      Saudi-Arabien. Saudi-Arabien beunruhigt, daß Rußland den
      Anteil am Weltölmarkt anpeilt, den einst die Sowjetunion
      gehalten hatte. Damit überstiege die russische Fördermenge die
      von Saudi-Arabien und Iran zusammen. Das in die Defensive
      gedrängte Saudi-Arabien versucht daher, zumindest seine
      innerarabische Stellung zu stärken. Ein Indiz dafür sind die
      Gespräche Riads mit dem Jemen über den Bau einer Ölleitung
      durch den Hadramaut ans Arabische Meer, ein anderes die
      Verhandlungen mit Jordanien über die Wiedereröffnung der
      1990 geschlossenen Ölleitung nach Jordanien. Auch
      Afghanistan geht in dem Energiekorridor nicht als Sieger
      hervor. 1997 hatte der amerikanische Ölmulti Unocal ein
      Konsortium für eine Ölleitung von Turkmenistan über
      Afghanistan nach Pakistan gebildet. Bereits ein Jahr später zog
      sich Unocal aufgrund der Instabilität wieder zurück. Eine
      Chance auf eine Wiederbelebung dieses Projekts besteht auch
      nach dem Sturz der Taliban nicht. Rußland und Indien haben
      sich dagegen ausgesprochen, ferner fehlt in Afghanistan zum
      Bau einer großen Ölleitung die Infrastruktur.

      Dagegen baut Rußland seine Stellung im europäischen
      Energiemarkt aus. In Europa, das derzeit drei Viertel seiner
      Energie aus den Opec-Staaten bezieht, wird mit der Umstellung
      der Stromerzeugung auf Gas und den schwindenden Reserven
      in der Nordsee die Abhängigkeit gegenüber Rußland zunehmen.
      In dem neu erschlossenen sibirischen Gasfeld Zapolyarnoye
      will Gasprom, das bereits 40 Prozent des europäischen
      Gasbedarfs deckt, mehr fördern als der größte Gasmarkt
      Europas, Deutschland, verbraucht. Allein aus dem Feld könnte
      Gasprom jedes Jahr zehn Milliarden Dollar einnehmen. Die
      Bedeutung der russischen Ölindustrie nimmt auch auf dem
      Balkan wieder zu. Die Vereinigten Staaten haben ihre
      Opposition gegen eine Verknüpfung der Ölleitungen Rußlands
      und Kroatiens aufgegeben. Im vergangenen April haben deren
      Öltransportgesellschaften, Janaf und Transneft, ein Protokoll
      zur Verbindung ihrer Netze unterzeichnet. Rußland kann damit
      über die Druschba-Leitung, die einst die Sowjetunion zur
      Versorgung ihrer osteuropäischen Satellitenstaaten gebaut
      hatte, Rohöl nach nur geringen Investitionen an den
      kroatischen Tiefseehafen Omisalj pumpen. Von dort können
      große Tanker das Rohöl bis in die Vereinigten Staaten
      befördern. Ferner könnte über diese Leitung der Balkan mit
      russischem Öl versorgt werden. Dort haben die russischen
      Ölfirmen Lukoil und Yukos bereits Anteile an Raffinerien
      erworben. Damit wird die Opec auch Marktanteile in
      Südosteuropa verlieren. Auch das entspricht der Strategie
      Washingtons.

      Frankfurter Allgemeine Zeitung, 02.10.2002, Nr. 229 / Seite 3
      Avatar
      schrieb am 03.10.02 20:05:28
      Beitrag Nr. 471 ()
      Begierde Washingtons nach Öl aus Afrika wächst
      Edward Royce, der Vorsitzende des Afrika-Ausschusses im US-Repräsentantenhaus hatte kürzlich erklärt, Öl aus Schwarzafrika solle nach den Anschlägen vom 11. September Priorität erhalten.

      Von WOLFGANG DRECHSLER, SABINE HAUPT, Handelsblatt

      KAPSTADT/DÜSSELDORF. Die winzige westafrikanische Inselrepublik São Tome and Principe wird neuerdings hofiert. Präsident Fradique de Menezes gehörte vor kurzem zu zehn west- und zentralafrikanischen Führern, die von US-Präsident George W. Bush zu einer Audienz im Weißen Haus empfangen wurden. Die zehn Ländern teilen eine große Gemeinsamkeit: Sie sind Ölproduzenten oder verfügen über größere Ölvorkommen.
      Die frühere portugiesische Kolonie São Tomé and Principe ist für Washington nicht nur wegen der noch ungenutzten Ölreserven in ihren Territorialgewässern interessant. Präsident De Menezes verriet kürzlich, sein Land habe mit den USA eine Übereinkunft über den Bau eines Marinestützpunktes auf São Tome getroffen. Dabei soll es sich um einen Hafen für Flugzeugträger und Patrouillenboote handeln. Offenbar hat De Menezes damit mehr enthüllt als den Amerikanern recht ist. Washington hat bislang diese Pläne bislang weder bestätigt noch dementiert. Allerdings befürworten US-Militärexperten seit längerem den Bau einer solchen Basis in der Region.
      Edward Royce, der Vorsitzende des Afrika-Ausschusses im US-Repräsentantenhaus hatte kürzlich erklärt, Öl aus Schwarzafrika solle nach den Anschlägen vom 11. September Priorität erhalten. Gegenwärtig importieren die USA rund ein Viertel ihres Erdöls aus Saudi-Arabien. Schwarzafrika, allen voran Nigeria und Angola, liefern heute rund 15 %. Bis im Jahr 2015 soll es bereits die Hälfte des Bedarfs sein, geht es nach einer im Auftrag der US-Regierung verfassten Studie der African Oil Policy Initiative Group (AOPIG).
      Für Washington ist die Neuausrichtung auf Afrika, parallel zu den Bemühungen um die Ölschätze rund um das Kaspische Meer, folgerichtig: Die Region liegt näher an den USA, der Öltransport verbilligt sich. Zudem fühlt sich Washington von Afrika ideologisch nicht bedroht, es dürfte selbst auf lange Sicht kaum Anlass zu einem Boykott geben. ,,Ein Saddam Hussein und sein Bedrohungspotenzial ist in Afrika nur schwer vorstellbar“, meint Royce. In diese Kerbe schlägt auch Nic Borain, Analyst der Johannesburger HSBC-Niederlassung: ,,Je mehr Öl auf dem Markt ist, das nicht von der Opec gefördert wird, desto besser für den Westen – und für Afrika“, meint Borain.
      Obwohl die US-Regierung ihren Handel mit dem schwarzen Kontinent an die Demokratisierung geknüpft hat, werden die erdölreichen Staaten Afrikas unabhängig von ihren Reformen hofiert. Ganz obenan steht Nigeria, das nach Angaben der Petroleum Finance Company seine Produktion bis 2007 von derzeit 2,2 Mill. Barrel auf mehr als 3 Mill. Barrel am Tag ausbauen will.
      Damit würde Nigeria allerdings das gerade erst wieder bestätigte Förderlimit der Opec brechen. Nigeria ist das einzige afrikanische Opec-Mitglied. Allerdings wird seit längerem über einen Rückzug des westafrikanischen Staats aus dem Kartell spekuliert. Gegenwärtig rangiert Nigeria unter den international größten Förderländern auf Rang elf. Die Qualität seines Öls ist hoch – zwei Drittel fallen in die Kategorie ,,schwefelarm“ und die Produktionsbedingungen sind trotz des tropischen Klimas und der verheerenden Infrastruktur vergleichsweise gut. Der Ölkonzern Shell beziffert die Förderkosten auf 4 $ per Barrel. Zum Vergleich: In der Nordsee kalkulieren die Konzerne mit teils doppelt so hohen Kosten.
      Für die Ölförderung vor der Küste von Angola, werden noch höhere Kosten kalkuliert. Dennoch plant auch Angola, seine Tagesproduktion in zehn Jahren von 650 000 Barrel auf 2 Mill. Barrel zu verdreifachen. Und auch der Tschad wird rund 225 000 Barrel am Tag produzieren, sobald die 3,7 Mrd. $ teure Ölpipeline durch Kamerun in 2004 fertig gestellt ist. Für die Menschen in den Förderländern hat sich der Ölboom allerdings kaum ausgezahlt: Ein Gutteil der Gewinne ist an den Staatskassen vorbei in die Taschen korrupter Autokraten geflossen.


      Gestern ARD gegen 23:00 Uhr: Scholl-Latour zu Gast bei Friedman.
      Thema: Wie der Thread hier.
      Das war eine wirklich überragende Veranstaltung.
      Unglaubliches Wissen, gepaart mit Klugheit hat nicht nur Friedman, sondern auch das Thema beherrscht.
      Avatar
      schrieb am 05.10.02 09:14:56
      Beitrag Nr. 472 ()
      Treibstoff des Krieges
      Die Ölreserven in irakischem Boden sind bereits verteilt - die USA profitieren davon nur, wenn es zum Krieg kommt

      Von Karl Grobe

      Mit Erdöl fängt man Verbündete. Die Washingtoner Regierung sondiert, antichambriert und agitiert seit Monaten mit diesem Mittel in den Hauptstädten der anderen vier ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats, um ihnen die Zustimmung zum Krieg gegen Irak entweder ganz abzuringen oder doch wenigstens den Verzicht auf ein Veto schmackhaft zu machen. Das Angebot ist einfach: Wer sich nicht gegen die Kriegspolitik der Bush-Regierung wendet, bekommt danach seinen Anteil am irakischen Nachkriegs-Naphtha. Es ist auch eine Drohung: Wer nicht mitspielt, hat hinterher das Nachsehen.
      Nicht ganz unauffällig hat aber Bagdad Gegenminen gelegt. Die irakische Regierung - oder die staatliche Ölgesellschaft - hat Verträge mit diversen russischen, französischen, chinesischen und anderen Firmen abgeschlossen oder bis zur Unterschriftsreife vorbereitet. In Kraft treten sie im Frieden, das heißt: sobald die UN-Sanktionen gegen Irak gefallen sind und das Regime sich gegen auswärtige Anfeindungen behauptet hat. Es liegt auf der Hand: Bei diesem Deal sind die weltmarktbeherrschenden Konzerne mit nordamerikanischem Hauptquartier nicht dabei. Was weder ihr Interesse an irgendwelchen Kompromissen mit dem Regime Saddam Husseins noch ganz allgemein die Friedensliebe der Bush-Regierung fördert.
      Kommt es aber zum Krieg und können die USA danach ein ihnen genehmes oder höriges Machtgefüge einsetzen, so verfallen Saddams Verträge selbstredend. Die Ölscheichs mit Familiennamen, die so ähnlich wie Exxon oder Chevron klingen, verteilen die Kriegsbeute unter sich, abzüglich der Anteile für ihre dann regierenden irakischen Vertragspartner. So wird der fossile Energierohstoff zum Kriegs-Treibstoff.
      Es geht um nicht gerade den geringsten Preis. Nur im Boden Saudi-Arabiens liegt mehr Rohöl als unter dem Iraks. Die Suche nach dem begehrtesten Energierohstoff der Weltwirtschaft hat dabei die westlichen Wüsten und Steppen Iraks noch gar nicht recht erreicht. Die Produktion ist seit dem zweiten Golfkrieg gedrosselt; dem Bagdader Regime ist es durch verschiedene Resolutionen des UN-Sicherheitsrates verboten, mehr zu verkaufen, als es das "food-for-oil"-Programm zulässt. Der Erlös wird zudem zum Abtragen der Kriegsschulden im Ausland einbehalten.
      Freilich, geschmuggelt wird in reichem Maß. Was daran verdient wird, geht nicht in die offiziellen Staatskassen. Für die Reparatur der Anlagen beispielsweise im grenznahen Rumaila-Feld bleibt da wenig. In der Region möchte Lukoil in den nächsten 23 Jahren 3,5 Milliarden Dollar investieren. Lukoil, in hartem Konkurrenzkampf mit der anderen russischen Großfirma Jukos, ist ein Faktor der Moskauer Innenpolitik. Jukos möchte übrigens gern im irakischen Kurdistan nach Öl bohren. An Zentral-Irak ist Norinco höchst interessiert. Norinco ist ein Faktor der chinesischen Innenpolitik. Die französische Unternehmensgruppe Total-Fina-Elf hat sich - für den Friedensfall - sehr umfangreiche Schürfrechte an noch anderen Orten gesichert. Sie verfallen, wenn Frankreich für die US-Irak-Politik votiert, droht Bagdad seit fast zwei Jahren. Dass solche Interessen hier und da politische Wirkung zeigen, ist wohl keine falsche Annahme.
      Ist alles verteilt? Der von Washington unterstützte Irakische Nationalkongress (INC) will nichts von diesen Abkommen gelten lassen; erst eine vom Volk gewählte Regierung könne über die Erdölpolitik des Landes entscheiden, sagen INC-Sprecher. Wobei fraglich ist, ob erstens eine solche Regierung auf dem Spielplan steht und ob zweitens die US-Konzerne (und möglicherweise die ihrer Verbündeten) schon ganz andere Zusagen in der Tasche haben. Man darf das wohl als gegebene Tatsache voraussetzen; alles andere wäre ein Zeichen wirtschaftspolitischer Naivität. Die zu unterstellen, wäre wiederum unrealistisch.
      In den Führungsetagen sind gewiss auch weiter ausgreifende Überlegungen der Washingtoner Rechten eifrig gelesen worden, Überlegungen in Bezug auf die ganze Region. Ein Sieg der Demokratie - was immer dann so genannt wird - in Irak würde die Oppositionen in Saudi-Arabien und den Vereinigten Emiraten beflügeln, erläutern Denkfabriken, die unter anderem Vizeverteidigungsminister Paul Wolfowitz mit Ideenrohstoff versorgen. Der Schluss, dass die arabische Halbinsel dann als Zulieferer für die weltrekordmäßig öldurstige US-Wirtschaft zurückfallen könnte, liegt auf der Hand und wird auch ausgesprochen. Andere Rechte wie Vizepräsident Richard Cheney und schließlich auch die Präsidentenfamilie Bush waren ausführlich im Ölgeschäft tätig und kennen die Usancen, was ihr waches Interesse an den Herrschaftsverhältnissen in Bagdad vielleicht hinreichend erklärt.
      Nach einem längeren Krieg wird wohl nicht mehr viel zu verteilen übrig sein. Drei Monate Krieg und fünf Jahre Besatzung - so hat der US-Haushaltsexperte Kent Conrad vorgerechnet - würden 272 Milliarden Dollar kosten. Der Preis für den Wiederaufbau ist darin nicht enthalten. Beides zahlen freilich nicht die Konzerne, auch wenn sie derzeit für ein Fass Rohöl einen Krisenzuschlag von fünf Dollar berechnen. Und auf die Vernichtung, die über ein Volk hereinbricht, wenn der Krieg allgemein wird, verschwenden Ölwirtschaftsexperten kaum Gedanken.



      PARIS/OSAKA dpa Der Energieverbrauch wird nach jüngsten Prognosen in den kommenden Jahrzehnten weltweit weiter dramatisch wachsen. Im Jahr 2030 benötigten die Menschen zwei Drittel mehr Energie, vor allem Öl, Gas und Kohle. Zu diesem Ergebnis kommt die Internationale Energie-Agentur (IEA) in ihrer Studie "Welt-Energie-Ausblick 2002". Zwar werde es an fossilen Brennstoffen keinen Mangel geben, doch die Abhängigkeit von den Opec-Staaten im Nahen Osten und Russland verschärfe sich noch, sagte IEA-Chef Robert Priddle. Besorgt äußerte er sich darüber, dass der Ausstoß des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) um 70 Prozent zunehmen werde. Erdöl wird dem Bericht zufolge mit Abstand wichtigster Energieträger bleiben. Noch vor 2010 werde Erdgas die Kohle als zweitwichtigste Energiequelle verdrängen. Regenerative Energien würden von jetzt 2 auf 4 Prozent im Jahr 2030 steigen, der Anteil der Atomkraft von 7 auf 5 Prozent zurückgehen.

      http://www.iea.org/newsroom/weo2002_highlights.pdf
      Avatar
      schrieb am 05.10.02 16:42:05
      Beitrag Nr. 473 ()


      :D
      Avatar
      schrieb am 05.10.02 17:10:33
      Beitrag Nr. 474 ()
      Die Aktion "Nicht in unserem Namen" wurde analog zu der in USA nun auch hier von Klaus Staeck ins Leben gerufen. Mehr dazu mit link zur Stimmabgabe hier: Thread: Jetzt auch bei uns: Nicht in unserem Namen!
      Avatar
      schrieb am 05.10.02 17:32:48
      Beitrag Nr. 475 ()
      DER SPIEGEL 41/2002 - 07. Oktober 2002
      URL: http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,217017,00.html


      Naher Osten

      Geschacher vor der Schlacht

      Noch ehe ein erster Schuss überhaupt gefallen ist, rangeln russische, französische und amerikanische Firmen um eine Neuaufteilung des künftigen Ölgeschäfts mit dem Irak. Das ölreiche Russland will zusammen mit den USA die Macht des Opec-Kartells brechen.





      DER SPIEGEL

      Treibstoff der Weltwirtschaft


      Der Schatz liegt 700 Meter tief in fünf gigantischen Salzdomen und einem aufgegebenen Salzbergwerk. Ingenieure haben ziemlich gleichmäßige Kavernen in die Gesteinsschichten geschlagen. Dann floss das Öl über Pipelines herein, welche die unterirdischen Kammern mit den Ölterminals im Golf von Mexiko verbinden. Je nach Bedarf kann der stille, schwarze Meeresspiegel erhöht oder gesenkt werden.

      Dass die Vereinigten Staaten über eine ansehnliche strategische Ölreserve von 700 Millionen Barrel in den tiefen Tanks von Texas und Louisiana verfügen, rückt immer dann ins Bewusstsein der Öffentlichkeit, wenn ein Krieg bevorsteht. In diesen Tagen fallen etliche Tanker auf, die ihre Ladung in die Vorratslager pumpen, bis sie randvoll sind - auch ein Zeichen für Vorkehrungen zu einem Angriff auf Saddam Hussein. Sollte die Ölzufuhr vom Persischen Golf abebben oder gar abbrechen, kommt der unterirdische Vorrat zum Einsatz. Die USA könnten so im Notfall 100 Tage lang sieben Millionen Barrel - das ist der tägliche Ausstoß Saudi-Arabiens - auf den Markt bringen.

      Die Notwendigkeit für einen erneuten Golfkrieg gegen Saddam Hussein beschwört Präsident George W. Bush schon seit Monaten. "Wir werden den Frieden und die Sicherheit Amerikas nicht diesem grausamen und gefährlichen Menschen überlassen", steigerte er seine Rhetorik in der vorigen Woche in einem neuen Crescendo. Einmütig wird der US-Kongress dem Präsidenten in dieser Woche wohl die Vollmacht für einen Angriff erteilen. Und unablässig drängten die USA und Großbritannien auf eine neue, verschärfte Resolution im Weltsicherheitsrat, bevor die Rüstungsinspektoren ihre Arbeit in Bagdad aufnehmen können.

      Doch im Nahen Osten geht es nicht nur um Saddam Hussein und um eine - möglicherweise demokratische - Neuordnung der Region unter der Hegemonie der Vereinigten Staaten. Es geht darüber hinaus - nicht zuerst, aber auch nicht zuletzt - um den Rohstoff Öl, auf den die meisten fortgeschrittenen Industriegesellschaften nach wie vor angewiesen sind.

      Öl ist die Ware, deren Preis das Opec-Kartell seit 30 Jahren wesentlich mitbestimmt. Am Öl hängen aber auch der Wohlstand und die Stabilität der fragilen Golfstaaten, die auf halbem Weg zwischen Moderne und Tradition stecken geblieben sind - und das Selbstbewusstsein der arabischen Welt gegenüber dem überlegenen Westen.

      Der Irak ist reich an diesem schwarzen Gold. Das Land verfügt über ein Potenzial von 112,5 Milliarden Barrel; lediglich Saudi-Arabien kann mehr fördern. Doch anstatt die Ressourcen seines Landes auszuschöpfen, führte Saddam Hussein in den achtziger Jahren erst Krieg gegen Iran und überfiel dann 1990 das kleine Kuweit. Jedes Mal ging es ihm um noch mehr Öl und um die Vormachtstellung am Persischen Golf sowie die führende Rolle innerhalb der Opec, die er Saudi-Arabien abjagen wollte. Vater Bush schickte 1991 amerikanische Streitkräfte, um genau das zu verhindern. Der Golfkrieg um Kuweit war ein Ölkrieg.

      Fast zwangsläufig keimt auch diesmal der Verdacht, dass Öl für Amerika wieder der wirkliche Grund und das Massenvernichtungspotenzial des Irak nur ein Vorwand für einen neuen Golfkrieg ist, zumal herausgehobene Vertreter der Washingtoner Regierung langjährige Erfahrungen im Öl-Business haben: George W. Bush besaß, einigermaßen erfolglos, eine kleine Förderfirma; Vizepräsident Richard Cheney war fast fünf Jahre lang Vorstandsvorsitzender von Halliburton und beklagte als Chef dieses Dienstleistungsunternehmens für die Ölindustrie die Uno-Sanktionen gegen den Irak; Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice saß im Aufsichtsrat von ChevronTexaco, nach ihr wurde sogar ein Tanker benannt.

      Amerikanischen Firmen ist es kraft Gesetz derzeit untersagt, Geschäfte mit dem Regime Saddam zu betreiben. Da sind die Riesenunternehmen ExxonMobil und ChevronTexaco schon eine Runde weiter; sie verhandeln präventiv mit dem Irakischen Nationalkongress, der bekanntesten Oppositionsgruppe im Exil, aus der nach Vorstellung der US-Regierung ein neues Regime in Bagdad hervorgehen könnte. Schon jetzt führt der Kongressvorsitzende Ahmed Schalabi gerne Gespräche über die industrielle Infrastruktur der Nach-Saddam-Ära.

      Ölinteressen sind aber nicht das Monopol der USA. Wie es der Zufall will, unterhalten die drei im Irak-Konflikt eher gemäßigten Vetomächte im Sicherheitsrat, die Amerika für eine kompromisslose Uno-Resolution gewinnen will, umfassende Geschäftsbeziehungen mit dem Irak. Der französische Großkonzern TotalFinaElf schloss mit dem Herrscher am Tigris einen Vorvertrag über die Erschließung der Madschnun-Felder, unter denen Experten rund 20 Milliarden Barrel vermuten. Auch chinesische Firmen drängen auf den irakischen Markt, um den gewaltig steigenden Energiebedarf des Riesenreichs zu decken.

      Besonders hart verhandelt Russland um den Zugang zu irakischem Öl. Dem Chef des Moskauer Ölkonzerns Lukoil, Wagit Alekperow, versicherte Präsident Wladimir Putin, Öl habe die höchste Priorität bei den Verhandlungen mit den USA um die Uno-Resolution. Der Kreml-Chef garantierte Alekperow, dass sein Unternehmen auch nach einem Sturz Saddam Husseins Zugang zum Ölfeld von West-Kurna erhalten würde, für das es schon jetzt eine Konzession hat und dessen Kapazität auf bis zu 15 Milliarden Barrel geschätzt wird. Auch die Konkurrenzfirma Slawneft bemüht sich um einen Einstieg in das Geschäft.

      Der Irak gilt schon lange als Goldgrube. Zwei Kriege und ein Diktator standen der systematischen Erschließung der enormen Ressourcen, die dem Land Reichtum bescheren könnten, jedoch im Wege. Jetzt hat das Geschacher begonnen: Eine neue Regierung, die Amerika und dem Westen notgedrungen Zugeständnisse machen müsste - wäre das der ersehnte Anfang der großen Bonanza? Und was kann ein Krieg für die Opec und die Weltwirtschaft bedeuten?

      Derzeit nimmt der Ölpreis den Ausbruch der Feindseligkeiten schon vorweg. Er stieg seit der "Achse des Bösen"-Rede des US-Präsidenten im Januar fast unaufhörlich. Nach einem milden Winter hatte er bei 17 Dollar gelegen; Mitte September übersprang er die 30-Dollar-Marke. Sie gilt Industriestaaten als Schmerzgrenze, denn von dort an tragen die Energiekosten zur Rezession bei. Der hohe Preis enthalte "eine Art Angstprämie" von drei bis fünf Dollar, sagt der amerikanische Historiker Daniel Yergin, weil die Nachfrage vor Kriegen zunehme.

      Der Ausbruch eines Irak-Kriegs würde den Ölpreis mit großer Wahrscheinlichkeit hochschnellen lassen - voraussichtlich auf 35 bis 40 Dollar. Das wäre eine schwere Bürde für die Weltwirtschaft, die seit anderthalb Jahren in der Dauerkrise steckt. Die vor allem in Amerika angeschlagene Auto- und Flugzeugbranche stünde vor bedrohlichen Problemen. Für die Industriestaaten ist ein Barrelpreis von allenfalls 18 bis 25 Dollar erträglich.

      Der saudi-arabische Scheich Ahmed Saki al-Jamani, der Erfinder und meisterliche Manipulator der Opec in den sechziger und siebziger Jahren, sieht die Lage allerdings noch viel dramatischer. Er hält 100 Dollar pro Barrel für wahrscheinlich, falls die Vereinigten Staaten im Nahen Osten Ernst machen. In seinem tiefschwarzen Szenario greift nämlich Saddam Hussein, sein Ende vor Augen, die Ölfelder in Kuweit und Saudi-Arabien an und lässt sie in Brand setzen, worauf die Erdölproduktion entscheidend reduziert wird und der Weltmarkt zusammenbrechen könnte.

      Eine schwache Ahnung seiner destruktiven Energien hatte der Tyrann vom Tigris bereits geliefert, als seine Armee auf dem Rückzug aus dem besetzten Kuweit die Erdölanlagen in Flammen aufgehen ließ.

      Pessimisten wie Jamani finden Gehör, weil nicht einmal der amerikanische Präsident vorgibt, genau zu wissen, über welche Waffen Saddam verfügt, geschweige denn welche Gegenmaßnahmen er nach einem Angriff auf Bagdad ergreifen könnte. Die Optimisten hingegen fassen jetzt schon den Nachkriegs-Irak ins Auge - ein freies Land für jede Menge Geschäfte, um die sich Konzerne aller Kontinente reißen.

      Nach mehr als 20 Jahren Krieg und Mangelwirtschaft sind die Produktions-, Verarbeitungs- und Transportanlagen der irakischen Erdölindustrie in jammervollem Zustand. In der Raffinerie in Daura rosten altertümliche Kessel und Rohre vor sich hin, das Isoliermaterial bröselt, Dichtungen sind leck. Auch die Computersteuerung ist längst defekt. Denn die Genehmigung für elektronische Bauteile muss der Uno-Sanktionsausschuss erteilen. Das aber dauert, weil in New York der Verdacht besteht, solche Computerteile könnten auch in der Rüstungsindustrie Verwendung finden.

      Das enorme Potenzial des Irak ist niemals nur annähernd erkundet worden. Saddam versteht Öl als politische Waffe. Er verknappte die Produktion im April aus Solidarität mit den Palästinensern und reinvestierte nur den geringsten Teil der Exporteinnahmen in die Ölindustrie, die so allmählich verkommt. In den besten Zeiten des Irak kamen 3,5 Millionen Barrel am Tag auf den Markt, derzeit liegt die Förderung im Öl-für-Nahrungsmittel-Programm der Vereinten Nationen bei gut einer Million.

      Noch beziehen die Vereinigten Staaten gut 20 Prozent ihres Importöls aus dem Persischen Golf. Der größte Teil kommt aus Saudi-Arabien, ein kleiner Teil groteskerweise über Umwege auch aus dem Irak - Schurken-Öl. Die im Ölgeschäft erfahrenen Protagonisten im Weißen Haus fordern deshalb schon seit langem eine Ausweitung der Bezugsquellen, um Risiken zu minimieren. Schon jetzt erhalten die USA mehr Öl vom Nachbarn Kanada als aus Saudi-Arabien. Lobbyisten drängen die US-Regierung außerdem, den ölreichen Golf von Guinea vor der Küste Afrikas offiziell zu einer Zone strategischen Interesses zu erklären.

      Doch vor allem in Zentralasien und Russland ist das Große Spiel um das Öl neu belebt worden. US-Energieminister Spencer Abraham gehörte vorletzte Woche zu den Ehrengästen, die in Sangatschal in Aserbaidschan den ersten Spatenstich für die Pipeline über Tiflis ins türkische Ceyhan vornehmen durften. Kosten: drei Milliarden Dollar. In Kasachstan schloss der US-Konzern ChevronTexaco gerade einen Exklusivvertrag mit der Regierung für das Tengis-Feld, angeblich das größte unerschlossene Vorkommen auf Erden.

      Russland, selbst ein hoch ambitionierter Ölexporteur, musste ohnmächtig zusehen, wie die ehemaligen Sowjetrepubliken mit westlichen Konzernen große Deals besiegeln. Präsident Putin setzt deshalb alles daran, den Anschluss zu wahren. Seine Abgesandten, darunter Wirtschaftsminister German Gref, präsentierten vorige Woche auf einer russisch-amerikanischen Expertenkonferenz in Houston ein hübsches Lockangebot: Moskau und Washington könnten gemeinsam, zumal wenn der Irak erst einmal befreit ist, die Vormachtstellung der Opec brechen.

      Davon träumen Amerikaner und Europäer seit der ersten Ölkrise 1973, als das Kartell erstmals seine Macht unter Beweis stellte und den Barrel-Preis vervierfachte. US-Handelsminister Donald Evans bestätigte deshalb seinen russischen Gesprächspartnern eine "strategische Rolle bei der Ausweitung der Bezugsquellen für die weltweite Ölversorgung".

      Russlands Energieminister Igor Jussufow trug vor, die Ölindustrie seines Landes benötige Investitionen in Höhe von einer Milliarde Dollar jährlich, um die Produktion nachhaltig zu steigern. Immerhin ist die amerikanische Export-Import-Bank nun bereit, Lukoil und anderen Mineralölfirmen Kredite zu gewähren, damit sie in Amerika Ausrüstungen und Dienstleistungen kaufen können. Bis zum Ende des Monats werden die Russen in diesem Jahr 18,4 Millionen Barrel Rohöl an den einstigen Gegner im Kalten Krieg geliefert haben.

      Doch um die Macht der Opec zu brechen, reichen solche Mengen bei weitem nicht. Deshalb wird das strategische Interesse der Supermacht USA am Persischen Golf trotz der Anziehungskraft der anderen Ölregionen noch lange nicht erlahmen. Denn die reichsten Ölvorkommen weltweit schlummern heute wie gestern im Nahen Osten.

      GERHARD SPÖRL
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      schrieb am 05.10.02 17:39:53
      Beitrag Nr. 476 ()
      Interview mit Scott Ritter, USA


      konkret: Nach wochenlangem Reden vom Krieg hat Präsident George W. Bush vor den Vereinten Nationen endlich die amerikanische Irakpolitik erklärt. Können Sie jetzt wieder ruhig schlafen?


      Ritter: Wären die USA ernsthaft um die Waffenkontrolle und Abrüstung des Iraks bemüht, dann hätte Präsident Bush mit einer mutigen und starken Rede vor den Vereinten Nationen wirkliche Führungsqualitäten beweisen können. Aber weil Bush weniger an der Entwaffnung des Iraks als am Sturz von Saddam Hussein interessiert ist, hat er in Wahrheit keine Kooperation angeboten. Er wollte der Vollversammlung seine politischen Ziele diktieren. Damit riskiert er die Zerstörung der Vereinten Nationen, die über ein halbes Jahrhundert die internationale Zusammenarbeit garantiert haben. Dies ist ein historisch entscheidender, ein sehr gefährlicher Augenblick. Wie soll ich da gut schlafen können?
      konkret: Andererseits scheinen Geheimdienstberichte aus London Saddams Kontakte mit Al Qaida zu beweisen. Die Internationale Atomenergiebehörde in Wien hält Nuklearwaffen im Irak nicht mehr für ausgeschlossen. Das Internationale Institut für Strategische Studien (IISS) malt ein wahres Horrorszenario über die Massenvernichtungswaffen des Iraks. Und Sie stellen dem Iraker einen Persilschein aus.

      Ritter: Ich habe nie behauptet, daß Saddam Hussein ungefährlich ist. Aber insgesamt haben die UN-Waffeninspektoren, allen Hindernissen zum Trotz, den Irak entwaffnet. Das Problem war die Vorgabe des Weltsicherheitsrats von einhundert Prozent Entwaffnung vor der Aufhebung der Sanktionen.

      konkret: Und dieser Nachweis war unmöglich?

      Ritter: Wir wußten noch nicht einmal mit Sicherheit, ob es die vermeintlich noch fehlenden zehn Prozent überhaupt gab. Bagdad hat das immer geleugnet.

      konkret: Und das haben Sie geglaubt?

      Ritter: Nein. Wir haben uns nur noch intensiver mit Saddam Husseins geheimen internen Machtstrukturen beschäftigt. Obwohl die UN-Resolutionen uns das Recht dazu gaben, blockierte der Irak von da an die Inspektionen, weil diese Recherchen angeblich nichts mehr mit der Suche nach Massenvernichtungswaffen zu tun hatten.

      konkret: Damit wäre das Mißtrauen der USA gerechtfertigt?

      Ritter: Warten Sie. Die USA haben das Wissen der UN-Waffeninspektoren über die geheimen Strukturen des Iraks mißbraucht, um den Widerstand gegen Saddam Hussein zu schüren und einen Putsch zu inszenieren. Aber der Sicherheitsrat hat den Sturz Saddam Husseins oder die Destabilisierung des Iraks nie autorisiert.

      konkret: Immerhin hat Bagdad Sie und Ihre Truppe rausgeworfen!

      Ritter: Falsch. Washington provozierte mit besonders aggressiven Inspektionen einen Konflikt, für den der Irak dann zur Strafe bombardiert wurde. Kein Wunder, daß Bagdad uns seitdem nur noch als außenpolitische Werkzeuge Amerikas betrachtete und die Inspektoren nicht mehr ins Land zurück ließ.

      konkret: Haben Sie als amerikanischer Spion im Irak operiert?

      Ritter: Ich habe das Mandat des Sicherheitsrats nie verletzt. Und als ich das nicht mehr garantieren konnte, bin ich gegangen.

      konkret: Wie kam es dazu?

      Ritter: Unter der Bedingung, daß sie unser Wissen nie für ihre eigenen Zwecke nutzen würden, halfen Geheimdienste verschiedener Länder uns bei der Auswertung der Informationen.

      konkret: So naiv können Sie doch nicht gewesen sein!

      Ritter: Anders als die USA haben sich Länder wie Deutschland, Frankreich und sogar Israel strikt daran gehalten.

      konkret: Und was Sie damals zusammentrugen, plus die Hinweise auf die neuesten Gefahren, läßt Washington jetzt wieder von einer neuen irakischen Gefahr reden.

      Ritter: Nur daß ich bis heute keinen überzeugenden Beweis dafür gesehen habe, daß der Irak nach dem Abzug der Inspektoren den Bau biologischer, chemischer und nuklearer Waffen wiederaufgenommen hat. Wissen Sie, anders als George W. Bush habe ich für mein Land gekämpft. Darauf bin ich stolz. Aber von daher weiß ich auch, daß Krieg eine zu ernste Angelegenheit ist, um ihn auf der Grundlage von Spekulationen zu beginnen.

      konkret: Alles nur Spekulationen?

      Ritter: Fangen wir vorne an. Saddam Hussein ist ein weltlicher Diktator, der den islamischen Fundamentalismus seit dreißig Jahren bekämpft. Osama Bin Laden hält Saddam für einen Apostaten. Es ist absurd zu glauben, daß diese beiden Männer sich gegen die Vereinigten Staaten verbünden könnten.

      konkret: Die Internationale Atomenergiebehörde argumentiert mit Fakten.

      Ritter: Wenn Sie den Bericht der IAEO aufmerksam lesen, dann steht da drin, daß der Irak keine nuklearen Waffenkapazitäten hat. Die IAEO hat die falsche Interpretation des Weißen Hauses öffentlich dementiert.

      konkret: Papiere aus dem Internationalen Institut für Strategische Studien (IISS) gelten in der Regel als zuverlässig. Auch das IISS warnt vor einer atomaren Bedrohung durch Saddam Hussein.

      Ritter: Der IISS-Bericht basiert nicht auf Fakten, sondern auf Spekulationen. Schon die Wahl der Worte ist bezeichnend. Der Irak "könnte bald Atomwaffen haben", heißt es da. Oder der Irak "könnte dies machen" oder "würde vielleicht" jenes tun. Alles unbewiesene Hypothesen, die um so gefährlicher sind, als sie von Washington als angeblich bewiesene Wahrheiten verbreitet werden.

      konkret: Und Ihre Behauptungen sind keine Spekulationen?

      Ritter: Die UN-Waffeninspektoren hatten bis 1996 zwischen 90 und 95 Prozent der irakischen Programme für Massenvernichtungswaffen zerstört. Allein für das Atomwaffenprogramm müßte Bagdad Milliarden-Dollarbeträge investieren, um auf den Stand von 1991 zurückzukehren. Das würde entdeckt werden. Aber nicht alles Nuklearmaterial, das angeblich im Besitz des Iraks war, wurde gefunden. Material übrigens, dessen Existenz für uns nie gesichert war. Der IISS-Report geht jetzt einfach davon aus, daß Bagdad dieses Material noch hat. Und das gleiche gilt für die angeblichen chemischen und biologischen Waffen. Ich weiß genug von der Materie, um die Quellen zu kennen, die benutzt wurden. Es ist die Art, wie die Autoren zu ihren Ergebnissen kommen, die mir Angst macht.

      konkret: Warum?

      Ritter: Da ist etwa Kay Taylor, der Leiter des Washingtoner Büros des IISS und wie ich ein ehemaliger UN-Waffeninspektor. In einem Radiointerview sprach er von einer kleinen Impfstoffabrik, in der das Regime kleine Mengen von Botulinum hergestellt haben soll. Angeblich ist dort auch das Anthrax-Labor von Saddam Hussein angesiedelt. Das Problem ist nur: Taylor behauptet, daß diese Fabrik, die von den Waffeninspektoren zerstört und inzwischen wiederaufgebaut wurde, heute wieder biologische Kampfstoffe herstellt. Er hat zugegeben, daß er dies nicht mit Sicherheit weiß. Ihm genügt es, daß die Iraker theoretisch dazu in der Lage sein könnten.

      konkret: Und die chemischen Waffen?

      Ritter: Die angebliche Produktion des gefährlichsten Nervengifts VX in kristalliner Form haben wir nie beweisen können. Wir haben Tabun und Sarin gefunden. Beide Kampfstoffe verlieren selbst unter perfekten Lagerbedingungen in fünf Jahren ihre Wirkung. Wir haben die irakischen Tabun- und Sarinfabriken zerstört. Und selbst wenn es da einen nicht entdeckten Rest chemischer Waffen gab, wäre der heute wertlos. Das würde übrigens so ähnlich auch für biologische Kampfstoffe gelten.

      konkret: Aber könnte es nicht sein, daß der Irak heimlich die Produktion solcher Waffen wiederaufgenommen hat?

      Ritter: Bis 1998 haben die UN-Inspektoren keinen solchen Versuch des Iraks entdeckt, die Chemiewaffen-Produktion wieder zu beginnen. Daß wir uns da recht verstehen: Ich teile die Sorgen, daß etwa Düngemittelfabriken ohne die dauernde Kontrolle der UN-Inspektoren schnell wieder umgerüstet werden könnten. Aber wir können doch nicht einen Krieg beginnen, weil wir glauben, daß der Irak etwas getan haben könnte. Bush muß beweisen, daß genau das geschehen ist.

      konkret: US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld behauptet steif und fest, daß die nötigen Beweise im Besitz Washingtons sind. Angeblich hat Saddam Hussein seine Waffenfabriken in den Untergrund verlegt.

      Ritter: Das ist dummes Geschwätz. Bis 1998 war ich persönlich für die Suche nach solchen Einrichtungen verantwortlich. Ich hatte spezielle Radaranlagen, mit denen man durch die Erdoberfläche schauen kann. Mit mir arbeiteten von der CIA ausgebildete Geophysiker. Wir haben nicht eine einzige solche Anlage gefunden. Es gibt sie einfach nicht.

      konkret: Nur dummes Zeug?

      Ritter: Muß ich deutlicher werden? Ich glaube, daß Donald Rumsfeld die Öffentlichkeit belügt.

      konkret: Ein schwerer Vorwurf!

      Ritter: Es ist unmöglich, Fabriken tief in den Untergrund zu bauen, ohne daß unsere Satelliten das entdecken. Rumsfeld ist von der Idee besessen, Saddam Hussein beseitigen zu müssen. Das ist verantwortungslos. Es verletzt alle Prinzipien, für die dieses Land einsteht. Schon allein deshalb müßte er zurücktreten!

      konkret: Präsident Bush scheint seinem Verteidigungsminister aber zu glauben.

      Ritter: Und damit bleiben nur zwei Alternativen. Entweder hat Rumsfeld neben dem Kongreß auch den Präsidenten belogen. Oder der ist sein Komplize bei dem Ganzen.

      konkret: Welchen Grund sollte die Administration haben, ohne Not einen Krieg loszutreten?

      Ritter: Ganz einfach. Die Neo-Konservativen um Bush haben zuviel politisches Kapital in die Beseitigung Saddam Husseins investiert, als daß sie da jetzt noch rauskönnten. Ich kann es nicht akzeptieren, daß wir unsere Soldaten gefährden, eine ganze Region destabilisieren und der irakischen Bevölkerung noch mehr Leid zufügen sollen, nur weil das irgend jemandem gerade in die politische Agenda paßt!

      konkret: Um das zu verhindern, waren Sie kürzlich zu Gesprächen im Irak. Was haben Sie den Vertretern des Regimes gesagt?

      Ritter: Daß sie keine Alternative haben, als die UN-Waffeninspektoren ohne jede Bedingung wieder ins Land zu lassen, wenn sie als Nation nicht vernichtet werden wollen.

      konkret: Das Wort "bedingungslos" dürfte in Bagdad kaum Begeisterung ausgelöst haben.

      Ritter: Immerhin haben sie versprochen, noch einmal darüber nachzudenken. Es gab ja auch eine gute Nachricht.

      konkret: Welche?

      Ritter: Wenn der Irak die Inspektoren wieder ins Land läßt, dann wollen einige Staaten wie Kanada, Südafrika und Belgien eine Rolle als ehrbare Vermittler oder, wenn Sie so wollen, als Kontrolleure übernehmen. Diese Staaten würden dafür sorgen, daß die Waffeninspektoren nicht mehr wie früher das Mandat der Vereinten Nationen verletzen und den Irak ausspionieren. Kurz und gut, ich habe dem Regime einen Ausweg gezeigt, mit dem einerseits der Krieg vermieden und zugleich die Würde und Souveränität des Iraks gewahrt werden könnte.

      konkret: So einfach wäre es, den Krieg zu vermieden?

      Ritter: Ich habe es den Irakern immer wieder gesagt: Erlaubt den UN, eure Entwaffnung zu zertifizieren - und Washingtons Politik wird zusammenbrechen. Ich glaube, daß sie das verstanden haben. Aber natürlich liegt die letzte Entscheidung bei Saddam Hussein. Der Ball liegt jetzt in seiner Spielhälfte.

      konkret: Wie hat Washington auf Ihre Reise reagiert?

      Ritter: Deren Strategie ist es, mich zu ignorieren. Bushs Berater Richard Perle hat öffentlich gesagt, daß jede Auseinandersetzung mit meinen Positionen mich nur glaubwürdiger machen würde.

      konkret: Auch weil Sie vor einem militärischen Abenteuer warnen?

      Ritter: Wenn die irakische Armee sich einer offenen Schlacht stellen würde, würden etwa 250.000 Soldaten reichen. Aber um Saddam Hussein und sein Regime aus Bagdad zu vertreiben, bräuchte man wohl viermal so viel. Wissen Sie, was es dann bedeuten würde, den Nachschub und die Verbindungswege zur Front zu sichern? Im Norden müßten die Kurden ruhig gehalten werden, damit die Türken nicht eingreifen. Die Westgrenzen müßten kontrolliert werden, damit der Irak keinen Angriff auf Israel starten kann.

      konkret: Die offizielle Rede ist von höchstens 130.000 Soldaten.

      Ritter: Ein klares Rezept für eine Katastrophe. Denn aus der Luft allein ist das nicht zu machen. Den nächsten Irakkrieg werden Bodentruppen gewinnen müssen. Aber die Politik hat den Militärplanern die Zügel aus der Hand genommen. Außenminister Colin Powell verletzt seine eigene Doktrin, daß die USA nur Kriege führen sollen, für die zu kämpfen es lohnt. Und dann auch nur mit erdrückender Übermacht. Nichts davon scheint mehr zu gelten.

      konkret: Wieviel Zeit bleibt den Irakern noch, sich zu entscheiden?

      Ritter: Nicht mehr viel. So, wie Präsident Bush redet, glaube ich nicht, daß der irakischen Regierung mehr als ein paar Wochen bleiben. Ich schäme mich, dies so sagen zu müssen. Aber es ist meine Regierung, die mit ihrer unilateralen Politik den internationalen Frieden und die Sicherheit gefährdet. Und die riskiert, daß ein Drittweltstaat den USA kräftig in den Hintern tritt.

      Mit Scott Ritter sprach Johannes von Dohnanyi. Er hat zusammen mit Germana von Dohnanyi das Buch "Schmutzige Geschäfte und heiliger Krieg. Al-Quaida in Europa" veröffentlicht (Pendo Verlag).
      Avatar
      schrieb am 07.10.02 08:19:45
      Beitrag Nr. 477 ()
      Sonntag, 6. Oktober 2002
      Aufträge für Boeing & Airbus
      China Airlines kauft ein

      Gute Nachrichten für Boeing und Airbus: China Airlines will offenbar 22 Jets kaufen. Dies berichtet die Zeitung "China Times Express". Konkret gehe es um vier Boeing 747-400 Frachtjets und sechs Boeing 747-400 Passagierjets, sowie 12 Airbus-Passagierflugzeuge des Typs A330-300. Der Vertrag mit einem Volumen von rund vier Mrd. US-Dollar solle noch vor Ende des Monats unterzeichnet werden.

      Ursprünglich wollte die taiwanesische Fluggesellschaft 16 Maschinen kaufen und hatte aus Kostengründen zunächst Airbus-Flugzeuge bevorzugt. Mit Verweis auf die engen politischen und militärischen Verbindungen zwischen Taipeh und Washington hatten die Vereinigten Staaten die taiwanesische Regierung jedoch dazu gedrängt, die Fluggesellschaft auch zum Kauf von Maschinen des US-Flugzeugbauers Boeing zu bewegen.
      Avatar
      schrieb am 07.10.02 18:01:10
      Beitrag Nr. 478 ()
      Da "denkt" der Chef mal kurz nach und fertig ist das Geschäft. :D

      http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,216261,00.html


      FBI überwacht hunderte Moslems
      WASHINGTON, 6. Oktober (afp/ap). Auf der Suche nach Al-Qaeda-Mitgliedern, die in den USA leben, spioniert die Bundespolizei FBI in den Vereinigten Staaten hunderte Menschen aus, überwiegend moslemische Männer. Wie die Zeitung New York Times am Sonntag berichtete, überwacht das FBI rund um die Uhr Telefongespräche, E-Mail- und Internet-Kontakte, Kreditkartengebrauch, Reisen und Besuchsgewohnheiten der Betroffenen. Zudem versuche das FBI, deren Freunde und Verwandte als Informanten zu gewinnen.
      Bürgerrechtsgruppen sowie arabisch-stämmige und moslemische US-Bürger zeigten sich empört. Die Überwachungen führten zu Vorverurteilungen. Von einer Hexenjagd sprach das Islamische Zentrum in Portland, nachdem Justizminister John Ashcroft am Freitag vier weitere Festnahmen wegen des Verdachts terroristischer Verschwörung gemeldet hatte. Er sagte, die Behörden hätten eine mutmaßliche Al-Qaeda-Zelle zerschlagen.
      Ein US-Gericht in Alexandria verurteilte den "amerikanischen Taliban" John Walker Lindh zu 20 Jahren Haft. Der so genannte Schuhbomber Richard Reid bekannte sich vor einem Gericht in Boston schuldig, einen Bombenanschlag auf ein Flugzeug versucht zu haben.
      Avatar
      schrieb am 08.10.02 16:35:04
      Beitrag Nr. 479 ()
      Krieg noch vor Weihnachten?
      Die USA drängen auf Truppenaufmarsch in der Türkei

      Nach Informationen einer türkischen Zeitung haben die USA Ankara darum gebeten, mit Bodentruppen über die Türkei auf den Irak marschieren zu dürfen. Die Stationierung der Soldaten soll schon Anfang Dezember beendet sein, so dass die Türkei noch vor Weihnachten mit einem Angriff rechnet.

      Aufmarsch bis zum 5. Dezember
      Die Tageszeitung "Sabah" berichtet, das Pentagon habe am letzten Freitag eine solche Anfrage an den türkischen Generalstab gerichtet. Die Vereinigten Staaten wollen ab sofort Truppen in der Türkei stationieren und dafür drei Luftawaffenstützpunkte nutzen. Die Kriegsvorbereitungen sollen bis zum Ende des islamischen Fastenmonats Ramadan am 5. Dezember abgeschlossen sein.

      UN-Mandat ist für Türkei unerlässlich
      Bei "Sabah" heißt es weiter, dass die türkische Regierung noch keine Entscheidung getroffen habe. Über die Ergebnisse eines am Freitag spontan einberufenen "Irak-Gipfel" ist offenbar Stillschweigen vereinbart worden. Gestern sei daraufhin US-Botschafter Robert Pearson ins Außenministerium gekommen, um der Anfrage Nachdruck zu verleihen. Die Türkei habe dabei als Voraussetzung genannt, dass der US-Angriff auf den Irak durch ein UN-Mandat und internationales Recht gedeckt sei.

      Türken wollen Macht der Kurden eindämmen
      Außerdem stellt sie noch drei weitere Bedingungen, die die Ausbreitung des kurdischen Einflusses auf irakischem Gebiet verhindern sollen. Der US-Botschafter versicherte, dass man auf keinen Fall die Erlaubnis zur Gründung eines kurdischen Staates geben werde.

      t-online.de

      auf die opposition im irak wollte man sich doch stützen. wiederholt sich die geschichte? läuft man ein zweites mal ins messer?
      Avatar
      schrieb am 08.10.02 17:01:27
      Beitrag Nr. 480 ()
      8. Oktober 2002, 16:33, NZZ Online


      Russland lehnt Vorschlag der USA für neue Resolution ab
      Keine Zustimmung im Sicherheitsrat
      Die Rede des amerikanische Präsidenten Bush, in der er für einen kompromisslosen Kurs gegen Saddam Hussein warb, ist auf geteiltes Echo gestossen. Russland lehnte den Vorschlag der USA für eine neue Resolution im Uno-Sicherheitsrat ab. Man werde keinen Entwurf unterstützen, der ohnehin unerfüllbare Forderungen enthalte.

      (afp/Reuters/dpa) Russland hat sich am Dienstag zu einer neuen Irak-Resolution des Uno-Sicherheitsrates bereit erklärt, den Vorschlag der USA aber abgelehnt. Der Entwurf aus Washington enthalte von vornherein nicht erfüllbare Forderungen sagte der russische Vize-Aussenminister Fedotow nach Angaben der Agentur Interfax in Moskau.

      Russland könne als ständiges Mitglied des Sicherheitsrates keiner neuen Irak-Resolution zustimmen, die die automatische Anwendung von Gewalt billige. Russland befürworte den französischen Entwurf, wenngleich man weiterhin keine unbedingte Notwendigkeit für eine neue Irak-Resolution sehe. «Die internationalen Waffeninspektionen in Irak sollten so schnell wie möglich beginnen, dafür bräuchte man vom juristischen Standpunkt her keine zusätzlichen Beschlüsse», betonte Fedotow.

      Irak drängt zu Rückkehr der Inspektoren
      Der irakische Waffenexperte Hosam Mohammed Amin, der zur irakischen Delegation bei den Gesprächen mit Uno-Chefinspektor Hans Blix in Wien gehört hatte, sagte, die Iraker hätten ihre Vorbereitungen für die Rückkehr der Kontrolleure bereits abgeschlossen. Blix hatte am vergangenen Wochenende erklärt, die Wiederaufnahme der Abrüstungskontrollen in Irak werde notfalls verschoben, bis sich der Sicherheitsrat auf eine neue, schärfere Irak- Resolution geeinigt habe.

      ....
      Avatar
      schrieb am 08.10.02 18:12:50
      Beitrag Nr. 481 ()
      Die Befreiung der Kurden war nur solange als Vorwand nützlich, als man ( =USA, = UNO ) mit Sicherheit nicht zu seinem Wort stehen musste.
      jetzt, wo es um die evtl. Freiheit es kurdischen Volkes geht, wird das Scheinargument auch als solches Sichtbar.
      Die USA, denen es doch angeblich so sehr um Menschenrechte geht, arbeiten jetzt HAnd in Hand mit dem Folter-Regime der Türkei zusammen, die sogar die kurdische Sprache über JAhrzehnte verbot.

      In Deutschland hat es wegen einer Lieferung von ein paar Schützenpanzern aus DDR_Beständen damals zu recht Ärger gegeben.

      Jetzt unterstützen sich die Türkei und die USA gegenseitig tatkräftig bei der Unterdrückung des kurdischen Volkes...


      Die US-Amerikaner haben doch nach dem 11.9. so weinerlich gefragt, wieso alle in der Welt die US-Regierung bzw. den Staat USA so hassen?

      Genau DAS ist es, die verlogene US-Aussenpolitik, deren einzige Konstante die des sicheren Verrats vorgeblich angestrebter Freiheit für unterdrückte Völker ist.
      Hier wird vermutlich nur ein Unrechtsregime (Sadam Hussein) durch ein anderes ersetzt...


      Krieg noch vor Weihnachten?

      Die USA drängen auf Truppenaufmarsch in der Türkei

      Nach Informationen einer türkischen Zeitung haben die USA Ankara darum gebeten, mit Bodentruppen über die Türkei auf den Irak marschieren zu dürfen. Die Stationierung der Soldaten soll schon Anfang Dezember beendet sein, so dass die Türkei noch vor Weihnachten mit einem Angriff rechnet.



      Aufmarsch bis zum 5. Dezember
      Die Tageszeitung "Sabah" berichtet, das Pentagon habe am letzten Freitag eine solche Anfrage an den türkischen Generalstab gerichtet. Die Vereinigten Staaten wollen ab sofort Truppen in der Türkei stationieren und dafür drei Luftwaffenstützpunkte nutzen. Die Kriegsvorbereitungen sollen bis zum Ende des islamischen Fastenmonats Ramadan am 5. Dezember abgeschlossen sein.

      UN-Mandat ist für Türkei unerlässlich
      Bei "Sabah" heißt es weiter, dass die türkische Regierung noch keine Entscheidung getroffen habe. Über die Ergebnisse eines am Freitag spontan einberufenen "Irak-Gipfels" ist offenbar Stillschweigen vereinbart worden. Gestern sei daraufhin US-Botschafter Robert Pearson ins Außenministerium gekommen, um der Anfrage Nachdruck zu verleihen. Die Türkei habe dabei als Voraussetzung genannt, dass der US-Angriff auf den Irak durch ein UN-Mandat und internationales Recht gedeckt sei.

      Türken wollen Macht der Kurden eindämmen
      Außerdem stellt sie noch drei weitere Bedingungen, die die Ausbreitung des kurdischen Einflusses auf irakischem Gebiet verhindern sollen. Der US-Botschafter versicherte, dass man auf keinen Fall die Erlaubnis zur Gründung eines kurdischen Staates geben werde.


      t-online.de
      Avatar
      schrieb am 08.10.02 18:13:59
      Beitrag Nr. 482 ()
      Oh, sorry, sehe erst jetzt, daß Antigone es bereits gepostet hat... :O
      Avatar
      schrieb am 08.10.02 18:46:21
      Beitrag Nr. 483 ()
      d.t.,

      von einem eigenen kurdenstaat hätten die kurden am allerwenigsten. das einzige was den irak wirtschaftlich wieder auf die beine bringen kann (unabhängig davon wer regiert) ist reichlich fliessendes öl. und das liegt nicht im kurdengebiet!
      Avatar
      schrieb am 08.10.02 19:24:45
      Beitrag Nr. 484 ()
      USA drängen EU zu Aufnahme der Türkei
      Die USA erhöhen den Druck auf die EU, der Türkei einen Termin für den Beginn von Aufnahmeverhandlungen zu nennen, anstatt neue Bedingungen festzulegen.

      Von Judy Dempsey, Brüssel, und Christian Thiele, Berlin

      "Es vergeht kaum eine Woche, in der Washington die Europäische Kommission und die Mitgliedsstaaten nicht auffordert, der Türkei eine mögliche EU-Mitgliedschaft in Aussicht zu stellen", sagt ein europäischer Diplomat. Die Türkei ist ein enger Verbündeter Washingtons und hätte vor allem bei einem Irak-Krieg eine Schlüsselstellung. Die EU sieht in der Türkei aber noch nicht die Kriterien für die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen erfüllt. Zudem fürchten die EU-Regierungen, dass ein konkretes Beitrittsangebot an die Türkei die demnächst anstehenden Abstimmungen über die Aufnahme von zehn neuen EU-Staaten in Ost- und Mitteleuropa gefährden könnte.
      "Wir zögern nicht, unsere Position zur Situation im östlichen Mittelmeer mit allen unseren Verbündeten und Freunden zu diskutieren", sagt Botschafter Tom Weston, Zypern-Sondergesandter aus Washington und Kenner der Region. "Wir haben unseren Verbündeten und Freunden unsere Ansicht sehr stark und mit sehr viel Nachdruck dargelegt."
      Die US-Regierung ist besorgt, dass Brüssel nach der für Mitte 2004 vorgesehenen EU-Erweiterung von 15 auf 25 Mitglieder für längere Zeit keine weiteren Staaten aufnehmen könnte. "Die Europäer sollten anerkennen, dass eine stabile, wirtschaftlich florierende und demokratische Türkei, die ihren festen Platz in der EU hat, auch für sie von Vorteil ist", sagt ein US-Diplomat.

      Massiver Druck
      Der Nato-Staat erhielt 1999 den Status eines Beitrittskandidaten zur EU, nachdem die damalige US-Außenministerin Madeleine Albright während des Helsinki-Gipfels massiven Druck auf die EU-Staaten ausgeübt hatte. Am Mittwoch legt die Europäische Kommission ihren Fortschrittsbericht über die 13 Beitrittskandidaten vor. Bis zum Gipfeltreffen der EU in Kopenhagen im Dezember, wo die Staats- und Regierungschefs offiziell über die Erweiterung beschließen wollen, dürfte der Druck aus Washington noch zunehmen.
      In dem Bericht wird die Kommission zu der Einschätzung kommen, dass zehn Staaten bis zum Kopenhagen-Gipfel ihre Beitrittsverhandlungen abgeschlossen haben könnten. Rumänien und Bulgarien sollen in der nächsten Runde dabei sein. Offen bleibt jedoch weiterhin ein Verhandlungstermin für die Türkei. Man habe auch nicht vorgehabt, der Türkei einen Termin zu nennen, da das Land die Kriterien noch nicht erfüllt, hieß es aus der Kommission. In den Kriterien werden Bedingungen für den Beginn der Aufnahmeverhandlungen definiert - unter anderem die Einhaltung der Menschenrechte, ein bestehender Rechtsstaat und das Verbot von Folter.
      US-Diplomat Weston wird sich am Mittwoch in Brüssel aufhalten. Er sagte, er hoffe, dass die EU-Kommission trotzdem die türkische Regierung für die radikalen Reformen loben werde, die im erst August eingeführt wurden. So wurde unter anderem die Todesstrafe abgeschafft.
      "Die Türkei hat dank dieser Reformen erstaunliche Fortschritte gemacht", sagt Weston. Diese Entwicklung habe alle überrascht und sei ein Zeichen der Bemühungen, die Kriterien zu erfüllen. "Das sollte man der Türkei anrechnen. Ich vertraue darauf, dass die Kommission eine objektive und gerechte Analyse zur Türkei vorlegen wird."

      Wichtiger Verbündeter
      Ankara ist für Washington in mehrerlei Hinsicht ein wichtiger Partner: als einziger Nato-Staat und - abgesehen von Israel - einzige Demokratie in der Region einerseits; wegen der Nähe zu Irak und wegen der US-Flugbasen andererseits. Mit der neuen Pipeline, die Öl aus dem Kaspischen Meer in die Türkei transportieren soll, eröffnet Ankara den USA außerdem eine Alternative zu den Rohstoffvorkommen am Golf.
      Die Kommission und die meisten Mitglied-Staaten der EU haben jedoch unabhängig von den bisherigen Reformen schwere Bedenken dagegen, einem muslimischen Staat einen Termin für den Beginn der Verhandlungen zu geben. "Viele Mitglieder sehen die EU als einen christlichen Klub", sagt ein Kommissionsbeamter. "Außerdem wären die Kosten für einen Beitritt der Türkei enorm. Im Jahr 2020 wäre die Türkei mit 85 Millionen Menschen der bevölkerungsreichste Staat der EU."
      Mit ihrer personalintensiven und in weiten Teilen ineffizienten Landwirtschaft könnte die Türkei schwerlich in die derzeitigen Programme der EU-Agrarpolitik integriert werden. Außerdem könnte eine Konkretisierung der türkischen EU-Kandidatur die Ratifizierung der anstehenden Beitritte erschweren.
      In Brüssel und in den Hauptstädten will man daher Ankara derzeit keine konkrete Beitrittshoffnung machen. Andererseits könnte eine allzu schroffe Zurückweisung Ankaras die Anhänger eines EU-orientierten Reformkurses in der Türkei schwächen und den Nationalisten bei der anstehenden Parlamentswahl in die Hände spielen.

      © 2002 Financial Times Deutschland
      Avatar
      schrieb am 08.10.02 20:17:49
      Beitrag Nr. 485 ()
      @ ospower

      Stimmt, daher sind die Kurden in dem Spiel wohldieeinzigen, denen es nicht um Öl, sondern um Freiheit geht... ;)

      # 484 wird ein teil des schäbigen Abkommenszwischen der Türkei und den USA sein:

      Wieder einmal fördern die USA einen Stat, in dem nach Lust und LAune gefoltert wird und in dem Menschenrechtsverletzungen an der ATgesordnung sind..

      und nachher fragen die USA erneut verschnupft, wieso denalle gegen sie seinen... wo sie doch nur den EU-Beitritt erzwingen wollen, der explizit wegen der Folterpraxis verweigert wird...

      Die spinnen, die Amis....

      Im Übrigen... es ist eine absolute Dreistigkeit, daß sich die Amis in innere Angelegenheiten der EU einmischen. :mad:

      Diese A.....öcher
      Avatar
      schrieb am 08.10.02 20:19:35
      Beitrag Nr. 486 ()
      IRAK-KONFLIKT

      Raffarin findet Bushs Politik "simpel"

      Mit beißendem Spott kommentierte der französische Premierminister Jean-Pierre Raffarin die Irak-Politik von US-Präsident George W. Bush. Die Vision vom Krieg des Guten gegen das Böse sei "zu simpel".


      Paris - Bei der Irak-Debatte der Pariser Nationalversammlung griff Raffarin Bush und dessen Vorstellung von der "Achse des Bösen" ungewöhnlich scharf an. Der Premier zitierte den französischen Schriftsteller René Char: "Das Böse kommt immer von weiter her, als man denkt, und stirbt nicht unbedingt auf jener Barrikade, die man ihm zugedacht hat."

      Raffarin wies zudem auf historisch begründete Unterschiede zwischen den USA und Europa hin: "Die jungen Länder haben die Tendenz, die Geschichte der alten Länder falsch einzuschätzen." So deutlich war zuletzt der sozialistische Außenminister Hubert Védrine der früheren Regierung Lionel Jospin von Washington abgerückt. Zu einem möglichen Krieg gegen den Irak meinte der Regierungschef, ein Waffengang dürfe niemals eine Zweckmäßigkeit oder aus den Umständen abgeleitete Wahl der Mittel sein, sondern nur der Schlusspunkt eines Prozesses.

      Raffarin nannte den Irak eine potenzielle Gefahr für seine Nachbarn, stufte Gewalt gegen Bagdad aber als letztes Mittel ein. "Neben der Gefahr der Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen geht es hier um den Uno-Sicherheitsrat, den der Irak zu lange auf die Probe gestellt hat", erklärte Raffarin. Die Vereinten Nationen müssten, sofern der Irak bei den geforderten Waffenkontrollen nicht vollständig einlenke, das weitere Vorgehen festlegen, "ohne dabei eine Option auszuschließen". Raffarin bekräftigte damit die Pariser Haltung, die Uno entscheiden zu lassen.

      ....

      spiegel.de
      Avatar
      schrieb am 08.10.02 20:26:29
      Beitrag Nr. 487 ()
      #484,

      was würde ihnen diese freiheit nützen? von wessen almosen sollen sie leben?

      ein eventuelles auseinanderbrechen des irak halte ich für eines der grössten risiken beim derzeitigen krieg.

      und wenn die us dies verhindern, dann spricht zumindest dies für sie.
      Avatar
      schrieb am 08.10.02 20:31:20
      Beitrag Nr. 488 ()
      antigone,

      bush hat doch heute schon einen schritt zur französischen position getan. simple positionen können auch schon mal zu konstruktiven lösungen führen, was nicht heisst, dass sie das auch zwangsläufig müssen.

      schröders politik ist demgegenüber noch simpler. so simpel, dass ihm in zukunft keiner mehr zuhört.
      Avatar
      schrieb am 08.10.02 20:32:24
      Beitrag Nr. 489 ()
      Im Moment leben sie teilweise leider davon, Rauschgift anzubauen, mit dem unsere Kinder abhängig gemacht werden.. :mad:

      Aber Du bist doch nicht so naiv, zu glauben, daß ein ungeteilter Irak nach SAdam Hussein die Kurden auch nur im Entferntesten am Öl teilhaben ließe, oder?? :confused:

      DAs scheint doch bereits beschlossenen sache zu sein..

      Im Übrigen fand ich bereits vor ein paar TAgen den ersten Hinweis in der Tagesschau darauf, daß die US-Propaganda jetz die Kurden gezielt in die Nähe von extremisten rückt - der erste Schritt, die in ihrer Opferrolle für die US-Politik mittlerweile nicht mehr nötigen Kurden zu diskreditieren...

      Die US-Propaganda ist derart primitiv, die werden in einem Jahr behaupten, die Kurden hätten gemeinsame sache mit Al Quaida und Sadam Hussein gemacht...

      DAs Schlimme. Es werden viele Amis auch noch glauben... :mad:
      Avatar
      schrieb am 08.10.02 20:34:42
      Beitrag Nr. 490 ()
      ospower
      deswegen gilt aber noch nicht: je simpler desto konstruktiver bzw. jeder simpel ein konstruktiver ;)
      Avatar
      schrieb am 08.10.02 20:58:12
      Beitrag Nr. 491 ()
      d.t.

      ich weis auf jeden fall, dass sie in einem eigenen staat GARANTIERT nichts vom irakischen öl hätten. alles andere wird sich weisen.

      antigone,

      hat auch niemand behauptet. auf jeden fall aber sind die usa eine funktionierende demokratie, in denen auch ein "simpler simpel" keine alleingänge durchziehen kann, zumindest nicht über längere zeit.

      ich halte ihn gewiss auch nicht für nen intelektuellen (um´s mal freundlich zu formulieren), aber mehr unfug als schröder hat er bisher auch noch nicht geredet.
      Avatar
      schrieb am 08.10.02 21:21:57
      Beitrag Nr. 492 ()
      #489

      "die us-propaganda" kann "so primitiv" sein, weil die einwohner dort -und auch zunehmend hier-schon soweit zu bloßen objekten gemacht worden sind, wie es eine gewisse offenbahrung verlangt.

      d.h., sie sind ihres verstandes, ihrer begriffe, der denkgesetze, soweit beraubt worden, daß sie nicht mehr in zusammenhängen denken können.

      maßstäbe reimen sich nur noch auf cola und mac.

      die wallstreetgesteuerten medien auch hierzulande haben bei uns demnächst für gleichstand gesorgt.
      pisa sagt uns, daß die kinder gelesenes nicht mehr verstehen.
      sie können nichts mehr assoziieren.

      (schon in den 70er jahren mußten die panzerbetriebsanleitungen für us-soldaten auf comic umgestellt werden.)

      wenn ihr den kern der absichten der hier postenden wahrheitsministerialen wirklich realisiert, werden dieserhalb keine fragen mehr offenbleiben.
      Avatar
      schrieb am 08.10.02 21:26:19
      Beitrag Nr. 493 ()
      ospower
      wars meine äußerung zu schroeder, die dich zum vergleich drängt? :laugh:
      was immer. bush war und ist eine marionette im dienste ganz anderer mächte, insofern hast du recht.
      was an seiner installation demokratisch ist, muss dir ein anderer beantworten.
      Avatar
      schrieb am 08.10.02 21:40:11
      Beitrag Nr. 494 ()
      antigone,

      demokratisch, weil jeder, der ihn nicht wollte nen anderen hätte wählen können.

      die kennedy wahl lief übgrigens auch nicht anders.

      ... jaja, die "bösen dunklen mächte"

      natürlich wirken da auch unterschiedliche lobbyisten und unterschiedliche denkschulen ein, von denen ich auch einige für gefährlich halte. die kontrollieren sich aber auch gegenseitig und keiner von denen wird soweit gehen können, die usa mit samt dem westen vor die wand zu fahren.

      .... kennedy war mal nahe dran!
      Avatar
      schrieb am 08.10.02 21:54:20
      Beitrag Nr. 495 ()
      wenn du an die art von demokratie glauben willst, ospower, o.k. glaube hilft gelegentlich gegen alles mögliche bessere wissen ;)


      Eliot Weinberger
      übersetzt von Peter Torberg

      STAATSSTREICH OHNE BLUTVERGIESSEN
      Ein Romanautor schreibt mir: "Ist Dir schon aufgefallen, daß alle nur mit sarkastischem Unterton ein ‘Gutes Neues Jahr’ wünschen?" In den Stellenanzeigen der New York Review of Books sucht ein Akademikerpaar "im Gefolge der Bundeswahlen" nach Arbeitsmöglichkeiten im Ausland. Eine Washingtoner Bankangestellte, die ich nur flüchtig kenne, fragt mich, welche Zigarettenmarke ich bevorzuge; sie hat beschlossen, wieder mit dem Rauchen anzufangen. Freunde, denen ich auf der Straße begegne, sind nicht verärgert, sie wirken eher wie betäubt: Monatelang auf der Insel CNN gestrandet, dämmert ihnen nun langsam, daß keine Rettung naht. Die Vereinigten Staaten von Amerika haben gerade ihren ersten Staatsstreich erlebt.

      Zwar floß kein Blut dabei, und die Panzer umstellten auch nicht das Weiße Haus, doch ist "Staatsstreich" keineswegs eine Übertreibung. In diesem Land, das sich selbst als Leuchtfeuer der Demokratie begreift, wurde Unrecht zu Recht erklärt, fand eine korrupte Machtergreifung statt. Lassen Sie mich kurz rekapitulieren:

      Al Gore erhielt 540.000 Stimmen mehr als George W. Bush. Präsidentschaftswahlen werden allerdings nach dem archaischen System des Wahlmännergremiums entschieden, in das jeder Bundesstaat Repräsentanten entsendet, die dem Willen der Wähler jenes Staates entsprechend abstimmen, und fast immer geschieht dies auf der Grundlage: Der Sieger kriegt alles. Das Wahlmännergremium, eine Erfindung des 18. Jahrhunderts, war ein bei Niederschrift der amerikanischen Verfassung in letzter Minute eingefügtes Zugeständnis an die Sklavenhalter im Süden. Die Repräsentanten wurden nach Bevölkerungszahlen zugeteilt; Sklaven durften natürlich nicht wählen, doch wurden sie bei der Berechnung zu Dreifünftel-Menschen erklärt; so erhöhte sich die Bevölkerungszahl der Sklavenstaaten und deren Anteil an Repräsentanten. Außerdem glaubte man damals (eine Überlegung, an die heute niemand mehr denkt), eine Elite respektabler Wahlmänner schlösse die Möglichkeit aus, daß von einer unberechenbaren Bevölkerung ein ungeeigneter Kandidat gewählt würde. Die Gründerväter brachten, so scheint es, nur eine begrenzte Begeisterung für Demokratie auf.

      Wie jedermann nur zu gut weiß, ging das Rennen letzten November so knapp aus, daß der Wettstreit um das Wahlmännergremium von den Stimmen des Staates Florida abhing. Der Staat wird von George W. _Bushs Bruder regiert; die Legislative ist in einem überwältigenden Maße republikanisch; der Innenminister, der zugleich die Oberaufsicht über die Wahlen hat, war zugleich stellvertretender Vorsitzender der republikanischen Wahlkampagne in Florida.

      Der Staat Florida ist seit langem berüchtigt für seine Korruption, und der technische Ablauf der Abstimmung sah von Wahlkreis zu Wahlkreis anders aus. Reiche weiße Gemeinden, die vermutlich eher für Bush stimmten, verfügten über moderne Wahlmaschinen. Schwarze Gemeinden – und Bush erhielt landesweit noch weniger schwarze Stimmen als selbst Reagan – hatten nur veraltete Maschinen, die Zehntausende von Stimmen nicht auszählten. In einem besonders bizarren Fall stellten Tausende jüdischer Pensionäre, von denen einige den Holocaust überlebt haben, fest, daß sie wegen eines schlecht gestalteten Wahlzettels aus Versehen für Pat Buchanan gestimmt hatten, Kandidat einer unbedeutenden Partei, der sich bewundernd über Adolf Hitler ausgelassen hatte.

      Als die Wahlzettel von den Maschinen ausgezählt worden waren, hatte Bush mit einem Vorsprung von 547 von etwa sechs Millionen Stimmen gewonnen. Bei fast allen Wahlen führt ein derart knapper Vorsprung automatisch zu einer Nachzählung. Da die älteren Maschinen für ihre Ungenauigkeit berüchtigt sind – selbst ihr Erfinder hielt fest, daß sie einen Fehlerquotienten von drei bis fünf Prozent aufweisen –, werden diese Nachzählungen normalerweise von Hand vorgenommen.

      Der republikanische Innenminister weigerte sich, eine solche Nachzählung von Hand anzuordnen, und die von Republikanern beherrschte Legislative Floridas erklärte die Wahlen für gültig. Nach mehreren Wochen des Taktierens und Lavierens erreichte die Wahlkampagne Gores endlich das Oberste Gericht Floridas, das eine erneute Stimmenauszählung anordnete. Ohne Unterlaß behaupteten Republikaner im hysterischen Surrealismus der rund um die Uhr berichtenden Nachrichtenkanäle, daß die Demokraten die Wahlen "stehlen" würden und daß Menschen die Stimmen nicht so "objektiv" auszählen könnten wie Maschinen – dabei ist die Auszählung per Hand in Bushs Heimatstaat Texas und in den meisten anderen Staaten üblich. Noch unheimlicher war allerdings die Praxis der Republikaner – im Stil der indischen Kongreßpartei oder der mexikanischen PRI zu Amtszeiten – gedungene Demonstranten herbeizukarren, die die Nachzählungen störten. Sie waren im Hilton untergebracht, und während eines extra organisierten Thanksgiving Diners sang ihnen Wayne Newton, regierender König von Las Vegas, etwas. Die Demonstrationen waren derart gewalttätig, daß das Wahlbüro in Miami-Dade County, Ort größter Hoffnungen auf weitere Stimmen für Gore, geschlossen werden mußte.

      Es war allen klar, daß Gore die Nachzählung für sich entscheiden würde – um mindestens zwanzigtausend Stimmen, so die Schätzung des konservativen Miami Herald. Also wandten sich die Republikaner an das Oberste Bundesgericht. Die nach den Gesetzen des Bundesstaates Florida vorgeschriebene Frist zur Wahl der Repräsentanten zum Wahlmännergremium endete am 12. Dezember. Am 9. Dezember – als nach endlosen Anwaltsschlachten endlich ein System zur korrekten Stimmenauszählung erdacht war – unterbrach das Oberste Gericht alle weiteren Aktionen für die Dauer der Verhandlungen auf Grundlage der verstörenden Feststellung, daß eine erneute Zählung der Stimmen Bush "irreparablen Schaden" zufügen würde, da es seinen Sieg in Zweifel ziehen könnte (der irreparable Schaden für Gore war keiner Rede wert). Das Abstimmungsergebnis lautete fünf zu vier.

      Die Richter und Richterinnen des Obersten Gerichts werden auf Lebenszeit berufen; sieben der neun Amtsinhaber sind von republikanischen Präsidenten berufen worden. Sandra Day O’Connor hat öffentlich kundgetan, daß sie gern in Ruhestand treten wolle, dies aber nicht tue, falls ein Demokrat zum Präsidenten gewählt würde. Die Gattin von Clarence Thomas, eines weiteren Richters, arbeitete bereits in Bushs Übergangsteam und interviewte Bewerber für die Stellen in der neuen Verwaltung. Der Sohn von Anthony Scalia (ebenfalls Richter am Obersten Gericht) war Partner in der Anwaltskanzlei, die Bush vor Gericht vertrat. Zudem hatte Gore im Verlaufe der Wahlkampagne versprochen – ohne zu ahnen, daß genau diese Personen die Wahl zu entscheiden haben würden –, daß er keine Richter wie die halsstarrig rechtsgerichteten Thomas und Scalia ins Amt berufen würde; Bush hatte geäußert, sie seien genau die Sorte Richter, die er haben wolle – schließlich hatte sein Vater sie ernannt.

      Am 12. Dezember um zweiundzwanzig Uhr entschied das Gericht in einer Entscheidung mit einer Stimme Mehrheit gegen eine Neuauszählung, aus drei Gründen: 1. Es waren nur noch zwei Stunden bis zum Ablauf der Frist – dank ihres eigenen Zögerns –, also war es zu spät; 2. das Oberste Gericht Floridas hatte in Sachen einer Wahl in Florida nichts zu entscheiden; 3. die neuerliche Zählung der Stimmen war verfassungswidrig, da die verschiedenen Abstimmungsverfahren und die verschiedenen Arten, sie auszuzählen, dem 14. Zusatz zur Verfassung widersprachen, der allen Bürgern "gleichen Schutz" garantiert. Obwohl die politische Schieflage und Verlogenheit dieser Gründe offensichtlich war, war Bush nun legal und unwiderruflich Präsident der Vereinigten Staaten geworden.

      Diese Entscheidung führte zu einem praktischen Dilemma. Jede Gemeinde in den Staaten wählt anders, es gibt verschiedene Wahlzettel und verschiedene Maschinen. Zu behaupten, daß diese Unterschiede verfassungswidrig seien, würde den Weg bereiten, jede zukünftige regionale und nationale Wahl im Lande in Frage zu stellen. So entschied das Gericht erstaunlicherweise, daß dieser Verfassungsbruch nur dieses eine Mal und nur auf die Wahl in Florida zutraf.

      Worum es im Kern ging, formulierte Richter John Paul Stevens in seiner Minderheitsmeinung: "Auch wenn wir niemals mit absoluter Gewißheit erfahren werden, wer die diesjährigen Präsidentschaftswahlen gewonnen hat, so steht doch eindeutig fest, wer sie verloren hat. Es ist das landesweite Vertrauen in dieses Gericht als unabhängiger Hüter des Rechts." Bis zum 12. Dezember hatten die Amerikaner blindes Vertrauen in das Oberste Gericht: Ganz gleich wie korrupt oder fehlgeleitet die Exekutive oder Legislative auch war, die über allem stehende Interessenfreiheit der Justiz würde auf jeden Fall Bestand haben. Diese flagrante Politisierung des Obersten Gerichtes stellt den größten Schock des Systems seit Watergate und Nixons Amtsniederlegung dar. Welche Auswirkungen das hat, bleibt abzuwarten.

      Aufstieg

      Es gibt Staatsstreiche, die von mächtigen Personen geführt werden, um selbst an die Macht zu kommen, und solche, bei denen mächtige Interessengruppen eine Galionsfigur installieren. Bei der amerikanischen Variante geht es offenkundig um letzteres. Wenn man George W. Bushs bisherige Amtstätigkeit betrachtet, so ist er der am wenigsten qualifizierte Mensch, der jemals Präsident geworden ist. Den Großteil seines Lebens hat er so verbracht, wie es typisch ist für eine uns aus spätpubertären Tagen vertraute Art: der böse reiche Junge, der andauernd mit neuen Ideen für eine Party oder einen üblen Scherz ankommt. Enkel eines bekannten Senators und Botschafters; Sohn eines Kongreßabgeordneten, Botschafters, CIA-Chefs, Vizepräsidenten und Präsidenten. Die guten Kontakte seiner Familie brachten ihn nach Yale und Harvard, wo er seine Zeit unter anderem mit solchen Aktivitäten verbrachte, wie neu aufgenommene Mitglieder seiner Studentenverbindung persönlich mit einem heißen Eisen zu brandmarken. Während des Vietnamkriegs verschaffte ihm sein Vater einen Posten in einer Wochenendreservetruppe der Air Force, bei der er gar nicht erst erschien. Die Familie sicherte ihm Millionenkredite von reichen Freunden, um damit Geschäfte zu machen, die samt und sonders den Bach hinuntergingen.

      Der Erfolg stellte sich erst ein, als sein Vater Präsident wurde. Eine Gruppe von texanischen Millionären beschloß, ein mittelmäßiges Baseballteam zu kaufen, und sie setzten gerissen den Sohn des Präsidenten als Generalmanager dieses Teams ein. Seine Aufgabe bestand darin, den Staat Texas dazu zu bringen, dem Team ein Stadion zu bauen, und zwar auf Kosten der Steuerzahler. Bush hatte Erfolg damit; ein luxuriöses Stadion wurde gebaut; die Leute kamen, um sich das Team anzuschauen, und nach ein paar Jahren wurde die Mannschaft für ein Vermögen weiterverkauft. Zum allerersten Mal hatte Bush selbst Geld verdient, und zwar gleich Millionen. In der Zwischenzeit hatte er seinen lebenslangen Exzessen mit Alkohol und Drogen abgeschworen und, wie man so sagt, Jesus Christus in sein Herz gelassen. Sein Auftreten in der Welt des Baseballs, seine neuentdeckte Abstinenz und Gläubigkeit überzeugten seine Drahtzieher, daß er sich um das Amt des Gouverneurs von Texas bewerben solle. 1994 wurde er in ein Amt gewählt, das ihm dank der Eigenheiten des texanischen Rechts wenig mehr als symbolische Macht verlieh, einzigartig unter allen Gouverneursposten.

      Bush ist wahrscheinlich nicht so dumm, wie es unermüdlich von den Cartoonisten und Fernsehkomikern dargestellt wird – auf einer der im Augenblick populärsten Seiten im Internet, bushorchimp.com, werden Fotos von Bush neben die von Schimpansen gestellt –, doch er ist sicherlich der am wenigsten interessierte Mensch auf Erden. Was bisher über ihn bekannt geworden ist, besteht aus dem, was er nicht tut. Er liest keine Bücher, geht nicht ins Kino, schaut nicht fern und hört sich keine Musik an. Trotz seines Reichtums beschränken sich seine bisherigen Auslandsreisen auf einen Strandurlaub in Mexiko und eine kurze Dienstreise nach Saudi-Arabien. Während der fünf Wochen dauernden Auseinandersetzung um die Wahlergebnisse blieb Bush auf seiner Ranch, wo er keinen Fernseher hat. Mit anderen Worten: Bush war die einzige Person in den Vereinigten Staaten, die von den Feinheiten der nicht enden wollenden Geschichte nicht wie hypnotisiert war. Wie bei einem chinesischen Kaiser bestand Bushs Informationsquelle allein in dem, was ihm seine Bonzen zutrugen.

      Er geht um zehn Uhr zu Bett und hält einen langen Mittagsschlaf; er hat stets sein Schlummerkissen bei sich. Er spielt gern Solitaire auf dem Computer, dazu ein Spiel namens Video Golf; seine Lieblingsspeise ist ein Erdnußbuttersandwich. Als Gouverneur las er niemals Akten, sondern ließ sich von Assistenten vortragen; Details langweilen ihn. Seine Schwierigkeiten mit der englischen Sprache sind legendär, und es gibt eine täglich aktualisierte Website seiner verstümmelten Sätze, deren unbeabsichtigter Humor großteils nicht übersetzbar ist. Eine Journalistin hat mal darüber spekuliert, ob er nicht vielleicht eine ernsthafte Leseschwäche habe (Bush erwiderte darauf – und dies ist kein Witz, sondern eine belegte Anekdote: "Diese Frau, die da sagt, ich hätte Dyslexie, also, die habe ich noch nie interviewt!" )

      Doch fast die Hälfte aller Wähler (vierundzwanzig Prozent der möglichen Wähler, denn nur fünfzig Prozent gingen zur Wahl) haben für ihn gestimmt, was weniger Bushs Fähigkeiten als Gores Unbeholfenheit zu verdanken ist. In einem neurotischen Anfall von Starrsinn beharrte Gore darauf, sich von Clinton als Person zu trennen – auch wenn sich nun wirklich niemand vorstellen konnte, daß er seine eigenen Monicas unterm Tisch hocken hätte – und nutzte die acht ökonomisch fetten Jahre Clinton/ Gore nicht für sich. Zudem gab er sich nicht damit ab, Bush mit den weniger populären Seiten der Republikanischen Partei in Verbindung zu bringen, wie zum Beispiel die fortgesetzten Untersuchungen gegen Clinton und die Absetzungsanhörungen – ein sechs Jahre währender Zeitlupenstaatsstreich, der letztlich scheiterte. Am Ende ging es bei den Wahlen nur noch darum, wer als der Nettere ankam. Gore führte sich auf wie ein sehr nervöser Kindergartenleiter, der Ruhe bewahren will, und Bush einfach nur als der nette Kerl, der das Bier zur Party mitbringt.

      Interessen

      Der letzte zutrauliche Hinterwäldler als Präsident, Ronald Reagan, war in seiner Liebedienerei gegenüber dem, wie Eisenhower es nannte, "militärisch-industriellen Komplex" geradezu servil. Steuern auf Unternehmen und Wohlhabende waren verschwindend gering, Verteidigungsausgaben stiegen in astronomische Höhen, das Land verplemperte seinen Überschuß, bis es Schulden in Billionenhöhe hatte. Die Mittelschicht verarmte, und die Armen wurden immer verzweifelter. Bush jedoch ist Teil einer neuen Machtstruktur, einer, die vielleicht noch furchterregender ist: der militärisch-industrielle- christlich-fundamentalistische Komplex.

      Allen, gleich ob links oder rechts, ist klar, daß der unwichtigste Mann der neuen Regierung George W. Bush heißt. Seine Unwissenheit in allen Dingen des Regierens und der Welt ist so umfassend, daß er vollkommen von den Ratschlägen derjenigen in den Spitzenpositionen abhängig sein wird. Viele von ihnen stammen aus dem Pentagon. Dick Cheney, sein Vizepräsident – allgemein als der mächtigste Vize aller Zeiten angesehen – war während des Golfkriegs Verteidigungsminister unter Bush senior. General Colin Powell, der Außenminister, ist ein charismatischer Mann mit der rührenden persönlichen Lebensgeschichte desjenigen, der sich aus der Armut erhebt – doch sollte dabei nicht vergessen werden, daß er dabei half, das Massaker von My Lai während des Vietnamkriegs zu vertuschen, daß er die Contras in Nicaragua beaufsichtigte und sowohl die Invasion Panamas als auch den Golfkrieg leitete. (Seine Berufung in das Amt stellt zudem einen Bruch mit dem ungeschriebenen Gesetz dar, daß Außenministerium und Pentagon, also Diplomatie und Militär, voneinander getrennt bleiben sollten, um sich gegenseitig zu kontrollieren.) Donald Rumsfeld, der Verteidigungsminister, ist ein alter Kalter Krieger, der dieses Amt schon in den Siebzigern unter Gerald Ford innegehabt hat und wohl aus dem künstlichen Tiefschlaf geholt worden ist. Er ist bekannt für seinen Widerstand gegen jede Art von Waffenkontrolle und für seine Begeisterung für die Kriegführung im Weltall.

      Ihre Hauptanliegen werden darin bestehen, das science-fiction-hafte Star-Wars-Verteidigungssystem Ronald Reagans wiederaufleben zu lassen (gegen wen es gerichtet sein soll, ist allerdings unklar), und, was ebenso erschreckend ist, in den Irak zurückzukehren. In ihren Kreisen wird der Golfkrieg als Niederlage betrachtet, weil er nicht mit der Ermordung Saddam Husseins endete. Bush muß seinen Vater rehabilitieren, Cheney und Powell sich selbst. Am ersten Tag der Präsidentschaft Bushs fanden sich auf den Titelseiten der Zeitungen bereits wieder Geschichten von der erneuten Produktion von "Massenvernichtungsmitteln" im Irak. Die einzigen nicht mit Hintergedanken lancierten Meldungen sind die von Erdbeben und Flugzeugabstürzen; alles andere wird immer von irgend jemandem erfunden. Geht es mit der Wirtschaft wieder bergab, womit durchaus zu rechnen ist, dann wird eine Rückkehr in den Irak sicher die willkommenste Ablenkung bieten.

      Clintons Wirtschaftsfreunde stammten zumeist von der Wall Street oder aus Hollywood; seine letzte Handlung als Präsident bestand darin, eine lange Liste von Schreibtischtätern zu begnadigen. Zumindest waren seine Wirtschaftsverbündeten ökologisch korrekt. Bushs kapitalistisches Universum, das sind die Öl-, Chemie- und Autokonzerne. Cheney tauschte seinen Ruf aus den Zeiten Bush seniors gegen den Aufsichtsratsvorsitz einer Ölgesellschaft ein (die verlor unter seiner Ägide ein Vermögen, deshalb zahlte sie ihm letztes Jahr 45 Millionen Dollar, um ihn endlich loszuwerden; ein ‘goldener Fallschirm’, um es einmal charmant auszudrücken). Bushs Stabschef – derjenige also, der die Terminpläne macht und den Zugang zum Präsidenten kontrolliert – war vorher Washingtons Hauptlobbyist von General Motors gegen staatliche Auto-Abgasnormen.

      Clinton hatte ein Moratorium gegen die wirtschaftliche Ausbeutung von bundeseigenem Territorium ausgerufen und mehrere Millionen Acre Land zu geschützter Wildnis erklärt. Bush hat bereits verlautbaren lassen, daß er beabsichtige, dieses Land wieder für Bergbau und Ölbohrungen freizugeben, vor allem in Alaska (selbst sein loyaler Bruder kämpft gegen seine Pläne, vor den Stränden Floridas Ölbohrtürme zuzulassen). Während Bushs Amtszeit als Gouverneur von Texas, als er eine Politik der freiwilligen Einhaltung von Abgasvorschriften verfolgte, entwikkelte sich Houston zur Stadt mit der höchsten Luftverschmutzung in den Vereinigten Staaten – es bedarf keiner weiteren Erwähnung, daß die Schwerindustrie sich keinerlei Mühe gab, sich daran zu halten. Gayle Norton, die neue Innenministerin, weigerte sich als Justizministerin von Colorado, Umweltverschmutzer unter Anklage zu stellen, setzt sich vehement dafür ein, in den Nationalparks Bergbau und Ölbohrungen zu erlauben, und ist Feuer und Flamme dafür, daß die Umweltschutzauflagen nur freiwillig eingehalten werden sollen; sie glaubt nicht, daß die globale Erwärmung von Menschen gemacht ist, und sie ist bizarrerweise dagegen, Gesetze zum Verbot von Blei in Farben zu erlassen. Die neue Chefin der Umweltschutzbehörde ist die ehemalige Gouverneurin von New Jersey, dem nach Texas am stärksten verschmutzten Staat, wo sie sich ebenfalls für die Freiwilligkeit der Umweltgesetze verwendete. Die neue Arbeitsministerin ist gegen Gewerkschaften, gegen Mindestlöhne und Arbeitsplatzsicherheitsvorschriften. Der neue Energieminister, ein ehemaliger Senator, hatte erfolglos versucht, ein Gesetz zur Auflösung des Energieministeriums einzubringen.

      Überzeugungen

      Dies alles ist schon schlimm genug, doch erinnert das an die Reagan-Bush-Ära, als, um nur ein Beispiel zu nennen, die Person, die verantwortlich war für den Schutz bedrohter Tierarten, ein Großwildjäger war, dessen Büro mit den Schädeln der exotischen Tiere geschmückt war, die er geschossen hatte. Neu in der Bush-Ära ist die Macht der christlichen Rechten.

      Während des Wahlkampfs trat Bush unter dem Slogan Compassionate Conservatism an, etwa "Mitfühlender Konservatismus". Im allgemeinen verstand man darunter, daß er sich als Fiskalkonservativer mit sozialem Herz darstellen wollte. Nicht ein einziges Mal gingen die großen Medien auf die Bedeutung dieses Begriffs ein. Er wurde von einem gewissen Marvin Olasky geprägt, einem ehemals jüdischen Kommunisten, der sich zu einem born-again Christian, einem wiedererweckten Christen entwickelte, Herausgeber eines fundamentalistischen Wochenmagazins ist und Autor von Compassionate Conservatism, The Tragedy of American Passion und solchen Machwerken wie Prodigal Press: The Anti-Christian Bias of the Media und Telling the Truth: How to Revitalize Christian Journalism. Olasky ist Bushs, nun, sagen wir mal "Vordenker", und seine Vision vom mitfühlenden Konservatismus stellt ein sehr spezifisches Programm dar: Regierungsgelder, die dazu bestimmt sind, den Armen, Kranken, Analphabeten oder Drogensüchtigen zu helfen, sollten an private christliche Wohltätigkeitsorganisationen weitergereicht werden. Allerdings qualifizieren sich nicht alle – darunter auch einige der bekanntesten – für diese Gelder. Die einzigen Organisationen, die diese Steuergelder erhalten sollen, sind jene, bei denen den Hilfesuchenden Kirchgang und Bibelstudium vorgeschrieben sind. Bush versuchte, in Texas ein solches Programm durchzusetzen, wurde dort aber letztlich von den Gerichten ausgebremst. In der ersten Woche seiner Präsidentschaft hat er bereits ähnliche Pläne angekündigt. Als Mann, der öffentlich kundgetan hat, daß jene, die nicht an Jesus glauben, zur Hölle fahren werden, ist es für ihn nur natürlich, zu übersehen, daß die Trennung von Kirche und Staat zu den Fundamenten der amerikanischen Regierung gehört.

      Während des Wahlkampfes versuchte er seine fundamentalistischen Verbindungen im Hintergrund zu halten und sprach von sich als "Einigender, nicht Trennender". Allerdings hielt er voller Freude eine Rede in einem Evangelikal-College der Bob Jones University, wo Studenten rausgeschmissen werden, wenn sie mit einer Person anderer Rasse ausgehen, und dessen Gründer den Katholizismus als "Religion des Antichristen und als satanisches System" bezeichnete.

      Kaum war Bush Präsident geworden, legte er alle Kreidefresserei schleunigst ab. Seine Amtseinführung war in ihrer besonderen Erwähnung von Jesus Christus statt eines ökumenischen Gottes in gewisser Weise einzigartig. Zum Justizminister, dem wichtigsten innenpolitischen Posten im Kabinett – demjenigen, der alle Bundesrichter und Staatsanwälte ernennt und dafür verantwortlich ist, Bürgerrechte, Umweltschutz- und Antitrustgesetze durchzusetzen – bestellte er den ehemaligen Gouverneur und Senator John Ashcroft, der regelmäßig in Zungen redet (ebenso wie Richter Clarence Thomas, das einzige schwarze Mitglied einer ansonsten rein weißen Pfingstgemeinde) und eine tragende Säule der Bob Jones University ist. Bei seiner Wahl zum Senator vor sechs Jahren goß sich Ashcroft Speiseöl über den Kopf, um sich so im Stile der biblischen Könige selbst zu salben. Vergangenen November wurde er bei der Wiederwahl demütigenderweise von einem Toten geschlagen – sein Gegner war wenige Wochen zuvor bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen.

      Ashcroft, der als das rechteste Mitglied des Senats bekannt war – rechter noch als der berüchtigte Jesse Helms –, hat sich gegen jede Form der Empfängnisverhütung ausgesprochen, gegen die Aufhebung der Rassenschranken in den Schulen, gegen öffentliche Förderung der Künste, gegen Umweltschutzvorschriften, gegen Atomtestsperrverträge, gegen den rechtlichen Schutz von Frauen oder Homosexuellen, gegen Regierungshilfe für Minderheiten und gegen Gesetze gegen Alkohol am Steuer. Er glaubt, daß der Mord an einem Arzt, der Abtreibungen durchführt, eine zu rechtfertigende Tötung ist.

      Ashcroft ist nicht nur gegen jede Form von Waffenkontrolle, er ist auch mit einer Organisation namens Gunowners of America verbunden, die glaubt, daß alle Lehrer Waffen tragen sollten, um mit widerspenstigen Schülern fertig zu werden. Solche Ansichten sind im Bush-Team durchaus nicht extrem, und dies in einem Land, in dem die Haupttodesursache bei Kindern Schußverletzungen sind, die meisten durch Unfälle. Als Kongreßabgeordneter stimmte Vizepräsident Cheney gegen ein Gesetz, das Plastikwaffen untersagt, die jeden Flughafenmetalldetektor passieren – ein Gesetz, das selbst von der National Rifle Association befürwortet wurde. Vor ein paar Jahren erklärte Tom DeLay, ein ehemaliger Kammerjäger in Texas, der nun der einflußreichste Mann im Kongreß ist, nach dem Schulmassaker an der Columbine High School in Colorado: "Was erwarten Sie, wenn diese Kinder in die Schule gehen und dort erzählt bekommen, daß sie von einer Horde Affen abstammen?"

      Das bizarrste ist vielleicht, daß sowohl Ashcroft als auch Innenminister Norton wie besessen davon sind, die Niederlage des Südens im Amerikanischen Bürgerkrieg zu rächen. Ashcroft hat u.a. mit einem Neokonföderierten-Magazin namens Southern Partisan zu tun, das den Glaubenssatz vertritt, die Rassen hätten zu Zeiten der Sklaverei am besten miteinander gelebt und "Neger, Asiaten, Orientalen, Hispanos, Latinos und Osteuropäer [verstünden] von Natur aus nichts von Demokratie." Das Magazin produziert unter anderem ein T-Shirt mit einem Bild von Abraham Lincoln und den Worten Sic Semper Tyrannis, ein Ausspruch, den John Wilkes Booth tat, als er Lincoln erschoß. Ein solches T-Shirt trug Timothy McVeigh an dem Tag, als er das Regierungsgebäude von Oklahoma City in die Luft jagte.

      Ashcroft ist derjenige, der für die Einhaltung der Gesetze in den Vereinigten Staaten zuständig ist. Ein Oberstes Bundesgericht, das seit dem 19. Jahrhundert nicht mehr so offen politisch war, wird verantwortlich für die letztgültige Auslegung dieser Gesetze sein. Der Präsident ist nur eine lächelnde Stoffpuppe, der umgeben ist von erfahrenen und intelligenten Militärs, Industriellen und christlichen Fundamentalisten, die zusammen mit einer republikanischen Mehrheit im Kongreß und ohne Gericht, das sie aufhalten könnte, im Prinzip tun und lassen können, was sie wollen. Die Vereinigten Staaten sind leider kein von Bergen umschlossenes Land im Himalaja oder in den Anden. Ein Erdbeben hier erschüttert die ganze Welt.

      lettre52/2001
      Avatar
      schrieb am 08.10.02 21:57:56
      Beitrag Nr. 496 ()
      glaubensfragen überlass ich dir, antigone

      Avatar
      schrieb am 08.10.02 22:10:07
      Beitrag Nr. 497 ()
      ospower.
      meinte ich doch: du glaubst, dass du weißt :)
      Avatar
      schrieb am 09.10.02 00:09:44
      Beitrag Nr. 498 ()
      junge welt 09.10.2002

      Irak als Schicksalsfrage

      Ex-Generalsekretär Boutros-Ghali fürchtet Untergang der Vereinten Nationen

      Der ehemalige Generalsekretär der Vereinten Nationen, Boutros Boutros-Ghali sieht das Ende der Weltorganisation besiegelt, sollten die USA ohne die Zustimmung des UN-Sicherheitsrats gegen Irak in den Krieg ziehen. Nach Ansicht von Boutros-Ghali, erklärter Gegner eines solchen Angriffes, ist die UN an einem Scheideweg angelangt. Washington werde versuchen, aus seiner wirtschaftlichen und militärischen Überlegenheit Kapital zu schlagen, um das internationale Forum in eine Art Außenstelle der amerikanischen Außenpolitik zu verwandeln.

      »Die militärische Option (im Irak) wird die Probleme der weltweiten Unsicherheit und des Terrorismus nicht lösen«, gab sich der ehemalige UN-Generalsekretär überzeugt. Sollte Washington aber ohne den Beistand des UN-Sicherheitsrats gegen den Irak vorgehen, stehe den Vereinten Nationen das gleiche Schicksal bevor wie dem Völkerbund. Die 1919 im Versailler Vertrag gegründete UN-Vorgängerin sei unfähig gewesen, den Zweiten Weltkrieg zu verhindern und aus diesem Grund gescheitert, erläuterte Boutros-Ghali kürzlich auf einem Seminar, zu dem der internationale Journalistenverein in Den Haag geladen hatte.

      Der Ägypter Boutros-Ghali hatte die Vereinten Nationen von 1992 bis 1996 geführt. Er ist der einzige UN-Chef in der Geschichte der Weltorganisation, dem wegen des Widerstands Washingtons keine zweite Amtszeit vergönnt war.
      Avatar
      schrieb am 09.10.02 00:21:18
      Beitrag Nr. 499 ()
      Vor "negativen Auswirkungen auf die öffentliche Meinung" warnte der türkische Außenminister Sükrü Sina Gürel, falls deutlich werde, dass die EU-Chefs in Kopenhagen wieder nicht sagen, wann Verhandlungen beginnen. Zu Hause muss Gürel genauso um seinen Einfluss fürchten wie sein nach Europa orientierter Vorgänger Ismael Cem, dessen Partei wohl an der Zehnprozenthürde scheitern wird.

      Die innenpolitische Lage in der Türkei rührt die EU wenig. Nur der Druck aus den USA hindert sie daran, noch offener zu sagen, dass sie Verhandlungen am liebsten auf unbestimmte Zeit verschieben würden. Eine stabile, wirtschaftlich florierende und demokratische Türkei sei für alle von Vorteil, mahnte der US-Diplomat Tom Weston kürzlich in Brüssel. Die USA wollen einen der wichtigsten Verbündeten gegen den Irak bei Laune halten. DPS

      taz Nr. 6873 vom 9.10.2002, Seite 5, 76 Zeilen (TAZ-Bericht), DPS
      Avatar
      schrieb am 09.10.02 00:21:46
      Beitrag Nr. 500 ()
      wie bei telepolis üblich mit vielen Querverweisen im Origininaltext:

      http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/13377/1.html

      Gerechtigkeit im befreiten Irak

      Florian Rötzer 08.10.2002

      Da der Internationale Strafgerichtshof von der US-Regierung boykottiert wird, sucht sie
      jetzt nach einer Möglichkeit, nach dem Sieg Hussein und andere Kriegsverbrecher vor
      Gericht zu stellen

      Nachdem die Bush-Regierung mit allen Konsequenzen nicht nur den Beitritt zum
      Internationalen Strafgerichtshof verweigert, sondern auch versucht, durch bilaterale
      Abkommen mit einzelnen Staaten für alle US-Bürger und Bürger befreundeter Staaten
      Immunität zu garantieren, und mit dem "American Servicemembers` Protection Act" sogar
      mit militärischer Gewalt gegen den ICC droht, entsteht im Fall Irak eine Lücke. So wie
      mit (angeblichen) al-Qaida-Mitgliedern und Taliban-Kämpfern wird man mit Hussein und
      anderen Angehörigen des Regimes nicht mehr verfahren können ( Das Recht auf
      Willkür im Krieg). Sollten diese bei einem Krieg in Gefangenschaft geraten, so müsste zu
      ihrer Verurteilung ein Verfahren vor einem Gericht stattfinden, um nicht den Vorwurf der
      Willkür Tür und Tor zu öffnen.


      While there are many dangers in the world, the threat from Iraq stands alone - because it
      gathers the most serious dangers of our age in one place.... By its past and present actions, by
      its technological capabilities, by the merciless nature of its regime, Iraq is unique.
      Präsident Bush am 7.10.2002


      Eigentlich haben die Amerikaner mit den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen nach der Niederschlagung
      des Nazi-Deutschlands eine vorbildliche Konsequenz für einen vollzogenen "Regimewechsel" vollzogen,
      wie die Bush-Regierung dies auch völkerrechtlich fragwürdig nun ziemlich unverhohlen unter dem
      Deckmantel der angeblichen Entwaffnung und der Durchsetzung der UN-Resolutionen mit dem Irak machen
      will. Die Nürnberger Prozesse leiteten die Geburt eines neuen Völkerrechts ein, das nicht sehr konsequent,
      aber doch direkt zu den Ad-hoc-Tribunalen für Jugoslawien und Ruanda und schließlich zur Einrichtung des
      Internationalen Strafgerichtshofs. Im Unterschied zu den anderen nichtpermanenten Gerichtshöfen soll dieser
      allerdings nur zuständig sein, wenn die nationale Rechtssprechung schwere Straftaten (Kriegsverbrechen,
      Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit) nicht wirklich verfolgen kann und will.

      So problematisch die bislang äußerst lückenhafte Verfolgung von Kriegsverbrechen bislang gewesen ist, so
      hat die US-Regierung mit dem Rückzug aus dem Statut von Rom und dem Versuch, sich durch bilaterale
      Verträge Immunität zu sichern, doch das selbst in Gang gesetzte neue Völkerrecht untergraben. Das ist umso
      bedenklicher, als die Bush-Regierung nunmehr vermehrt eine mögliche Entmachtung des Diktators durch
      einen Krieg mit oder ohne Unterstützung der UN auch mit den Menschenrechtsverbrechen im
      Unrechtssystem zu legitimieren sucht.

      Schwere Kriegsverbrechen und Vergehen gegen die Menschlichkeit sind Hussein in der Tat reichlich
      vorzuwerfen. Allerdings werfen Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty oder Human Rights Watch
      der US-Regierung und anderen westlichen Ländern schon seit Jahren vor, bislang auch vor den Vergehen
      vor dem Golfkrieg die Augen geschlossen zu haben. So geschahen die Angriffe mit chemischen Waffen
      gegen iranische Soldaten und gegen irakische Dörfer, bei denen 1988 Zehntausende von Menschen
      umkamen, noch zu der Zeit, als Hussein ein befreundeter Staatsmann der damaligen US-Regierung war.
      Selbst Bestandteile für chemische und biologische Waffen wurden von den USA und anderen Ländern an
      den Irak geliefert.


      Iraq has longstanding ties to terrorist groups, which are capable of and willing to deliver
      weapons of mass death. And Iraq is ruled by perhaps the world`s most brutal dictator who has
      already committed genocide with chemical weapons, ordered the torture of children, and
      instituted the systematic rape of the wives and daughters of his political opponents.
      Präsident Bush am 5. 10. 2002


      Wie Human Rights Watch berichtet, habe die Organisationen in den 90er Jahren parallel zu den
      Ad-hoc-Tribunalen für Jugoslawien und Ruanda versucht, Saddam Hussein der internationalen
      Gerichtsbarkeit zu unterziehen, vornehmlich wegen der im Jahr 1998 geschehenen Verbrechen. Russland,
      China und Frankreich hätten damals mit einem Veto im Sicherheitsrat gedroht. Klage vor dem ICC aber
      könne nur ein Staat einreichen, den aber habe man aus verschiedenen Gründen nicht gefunden, während die
      USA ausgefallen ist. Allerdings ist die Hürde beim ICC, dass es nur solche Fälle verhandeln kann, die nach
      seiner Gründung geschehen sind. Das schloss die Verbrechen von 1988 also aus, Kenneth Roth von HRW
      kritisiert gleichwohl, dass man keine Klage wegen Kriegsverbrechen vor einer militärischen Aktion
      durchgeführt habe.

      Kriegsverbrecherprozesse aber will die US-Regierung offenbar zumindest nach einem Sieg über Hussein
      stattfinden lassen. Auch die Vorbereitung darauf weist darauf hin, dass ein "Regimewechsel" vorgesehen ist.
      Jetzt sollen nach jahrelanger Versäumnis vom Außenministerium, dem Pentagon und den Geheimdiensten
      Beweise für die Kriegsverbrechen, Massenhinrichtungen, ethnischen Säuberungen, Vergewaltigungen,
      Folterungen und andere Verbrechen gegen die Menschlichkeit des Hussein-Regimes gesammelt werden, wie
      die Los Angeles Times berichtet, um Prozesse gegen Hussein und die "dirty dozen" führen zu können.
      Dazu gehören zwei Söhne, drei Halbbrüder und ein Cousin Hussein oder Ali Hassan Majid, der für den
      Einsatz der chemischen Waffen 1988 verantwortlich war.


      Wir müssen unseren Teil zur Dokumentation der Verbrechen leisten und die Beweise
      sammeln, die darauf hinweisen, wer dafür verantwortlich ist. Wir sind der Meinung, dass man
      die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen muss. Man kann den Tod von mehr als 100.000
      Menschen nicht beiseite wischen.
      Pierre-Richard Prosper


      Prosper, der Gesandte der amerikanischen Regierung für Kriegsverbrechen, hatte bereits zur Begründung
      der Ablehnung des ICC erklärt, dass "souveräne Staaten in ihrem Geltungsbereich Recht sprechen" sollen,
      wenn dies durchführbar ist und glaubwürdig geschieht. Ganz der Post-Hussein-Regierung im befreiten Irak
      will die US-Regierung die Gerichtsbarkeit offenbar aber nicht überlassen. Die höchsten Regimeangehörigen
      sollen in einem "freien Irak" vor ein Gericht mit irakischen und ausländischen Richtern, wozu
      wahrscheinlich auch US-amerikanische zählen, gestellt werden. Die Frage ist, welche Legitimität ein solches
      Gericht besitzt, wenn es nicht von der UN eingesetzt wird. Zur Rechenschaft gezogen werden sollen die
      Angeklagten wegen der Verletzung nationalen und internationalen Rechts. Die Verfahren wegen
      Kriegsverbrechen gegen andere Iraker sollen dann nationalen Gerichten überlassen werden, die viel zu
      verhandeln haben werden, nachdem Hussein bereits seit 1979 an der Macht ist. Diese Prozesse sollen das
      Rechtssystem wieder beleben und im Irak verankern. Die größte Gruppe der Menschen soll nicht vor Gericht
      gestellt werden. Geplant ist dafür eine Wahrheitskommission einzurichten, die eine Amnestie aussprechen
      kann, wenn die begangenen Verbrechen gestanden werden.


      Bei den Kriegsverbrechen auf der ganzen Welt haben wir gelernt, dass es unmöglich ist, jeden
      Täter zu verfolgen, da die Zahl dafür zu groß ist. Man muss sich mit den führenden Personen
      beschäftigen, um ein starkes Signal zu setzen, dass das Recht sich durchsetzen wird. Doch der
      Umgang mit der Balance der Fälle ist flexibler und hängst von den gesellschaftlichen
      Bedürfnissen ab.
      Pierre-Richard Prosper


      Michael Amitay vom Washington Kurdish Institute ist ebenso wie die Menschenrechtsorganisationen der
      Meinung, dass es besser gewesen wäre, schon früher gegen die bekannten Menschenrechtsverletzungen des
      Regimes rechtlich vorzugehen:



      Die ganzen Jahre haben die USA es verpasst, eine führende Rolle dabei einzunehmen, das Regime zur
      Rechenschaft zu ziehen. Das hätte auch geschehen können, ohne es zu stürzen. Die USA hätte ein
      Verfahren anschieben können, das die Kriminalität des Regimes aufgezeigt und es weiter von anderen
      Ländern isoliert hätte, so dass jeder irakische Regierungsangehörige, der den Irak verlässt, festgenommen
      und ausgewiesen worden wäre. Wenn man etwas gemacht hätte, dann wären wir wahrscheinlich nicht da,
      wo wir jetzt stehen."



      Manche aus der irakischen Opposition befürchten auch, dass die USA sich nach einem Militärschlag,
      wenn er nicht zum Sturz von Hussein führt, wieder zurückziehen könnten. Dann könnten womöglich
      Hussein oder andere Angehörige des Regimes blutige Rache an der Opposition nehmen, so wie dies 1991
      nach dem Aufstand von Schiiten und rebellierenden Soldaten in Basra und anderen Städten im Süd-Irak
      sowie nach dem Kurdenaufstand geschehen ist. Sie wurden von Regierungstruppen niedergeschlagen, als
      abzusehen war, dass die USA und die Alliierten nicht weiter gegen das Regime vorgehen werden. Bis zu
      zwei Millionen Kurden sind in den Iran oder in die Türkei geflohen.

      Dass auch schon ein Krieg gegen den Irak mit der Absicht eines "Regimewechsels" völkerrechtlich nicht in
      Ordnung geht, darauf haben Lord Goldsmith und Harriet Harman, die britische Generalstaatsanwältin,
      dem Bush-Getreuen Tony Blair klar gemacht. Anders als die USA hat Großbritannien aber das Statut von
      Rom unterzeichnet. Bei einem Angriff, der nicht vom Sicherheitsrat gedeckt wird, könnte daher Blair -
      zumindest theoretisch - vor den ICC zitiert werden. Ob dann bereits Präsident Bush aufgrund des "American
      Servicemembers` Protection Act" einschritten würde, dürfte eine interessante Frage sein, auch wenn sie
      hypothetisch bleibt - was wiederum auf die Macht des ICC ein Licht wirft.
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