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    Hat der Rechtsstaat bei uns schon abgedankt? - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 24.09.03 03:07:46 von
    neuester Beitrag 30.09.03 20:56:57 von
    Beiträge: 17
    ID: 779.054
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      schrieb am 24.09.03 03:07:46
      Beitrag Nr. 1 ()
      Unsere Politiker (aller Parteien) haben seit Jahrzehnten sehenden Auges unsere Sozialsysteme gegen die Wand gefahren.
      Was die Sozialromantiker Kohl und Blüm ("Eure Renten sind sicher!") geleistet haben, war schon übel. Aber was jetzt passiert, das setzt dem ganzen die Krone auf. Um Reformen (und damit abnehmende Wahlchancen) zu verhindern, wird nun sogar Rechtsbeugung betrieben:

      Sozialstaat contra Rechtsstaat
      Kolumne aus der WELT vom 22.9.03

      von Konrad Adam

      Wenn die Zeichen nicht trügen, wird es morgen zu einer Innovation im deutschen Rechtswesen kommen, zur Rechtsverweigerung durch ein oberes Bundesgericht. Das Bundessozialgericht in Kassel macht Miene, sich der Entscheidung eines Falles von grundsätzlicher Bedeutung zu entziehen. Drei Kläger, allesamt Familienväter und Mitglieder der gesetzlichen Rentenversicherung, haben verlangt, aus einem System, dessen Konstruktionsmängel auf der Hand liegen, entlassen zu werden. Nachdem die Vorinstanzen ihre Klagen abgewiesen hatten, landete der Fall in Kassel. Aber die Richter zieren sich, das heiße Eisen anzufassen. Sie wollen die Kläger dazu bewegen, auf ihr Begehren zu verzichten. Dann nämlich müsste das Verfahren von vorn beginnen mit der Folge, dass die marode Staatsversicherung ein paar Jahre gewonnen hätte.

      Verdient hätte sie die Schonfrist nicht. Mehrfach hatte das Bundesverfassungsgericht in letzter Zeit darauf gedrängt, Geldleistung und Erziehungsleistung in der Rentenversicherung als gleichwertig zu behandeln. Am Beispiel der Pflegeversicherung hatten die Richter klar gemacht, dass der Ausgleich zwischen Kinderlosen und Kinderreichen nicht erst bei den Ausgaben, sondern auf der Einnahmenseite gefunden werden müsse. Und sie hatten angeregt, die Auswirkungen dieses Verfahrens auf die übrigen Zweige der deutschen Zwangsversicherungsanstalt zu prüfen. Geschehen ist das nie. Regierung und Parlament stellten sich taub, die Rürup-Kommission auch. Hätten sie die Auflagen erfüllt und die Beitragshöhe nach Familiengröße gestaffelt, wäre der altersschwache Wohlfahrtsstaat zusammengebrochen. Um das zu verhindern, versucht das Bundessozialgericht, sich um die Entscheidung zu drücken. Eine Atemspende für den Sozialstaat scheint ihm wichtiger zu sein als das Vertrauen in den Rechtsstaat.

      Rentenversicherung im Umlageverfahren ist ein Kettenbriefunternehmen, das nur so lange gut geht, bis der Erste den Schwindel durchschaut und aussteigt. Genau das wollen die drei Kläger. Sie sehen nicht ein, warum sie für ihre Rente doppelt, mit Beiträgen und Kindererziehung, bezahlen sollen. In dieser Lage versucht das Gericht, den Offenbarungseid hinauszuzögern. Das deutsche Sozialversicherungslabyrinth sieht nämlich vor, die Rentenversicherungsbeiträge durch die Krankenkasse einzuziehen. So kann der klagende Bürger nie wissen, an wen er sich zu wenden hat. Das ist die Falle, in der die Kasseler Richter die Kläger fangen wollen.

      Um dieses Ausweichmanöver zu vermeiden, waren die Kläger gegen beide Zweige der Asozialversicherung vorgegangen. Sie wollen ein Urteil in der Sache und werden darin auch von ihren Gegnern, der Krankenkasse und der BfA, unterstützt. Der Rechtsstreit sei grundsätzlicher Natur, argumentieren beide. Im Lichte der sozialpolitischen Urteile des Bundesverfassungsgerichts seien die von den Klägern vorgebrachten Bedenken so gravierend, dass die Entscheidungskompetenz von Renten- oder Krankenkassen überfordert sei. Weshalb das Kasseler Gericht gebeten wird, das Verfahren "bis zum Urteil in der Sache" fortzuführen.

      Das aber will nicht, und man versteht auch, warum. Sollte es mit dem Gedanken der Gleichwertigkeit von Versicherungsbeitrag und Kindererziehung Ernst machen, würden der gesetzlichen Rentenversicherung die Einnahmen wegbrechen. Diese Pseudoversicherung besitzt ja keine Rücklagen, sie lebt buchstäblich von der Hand in den Mund. Um dem Bankrott zu entgehen, bliebe ihr nur, die Ausgaben im gleichen Umfang wie die Einnahmen zu kürzen. Und weil das nach demselben Maßstab wie auf der anderen Seite zu geschehen hätte, gäbe es Rente nach Kinderzahl. Der Systemwechsel, der doch mit aller Kraft vermieden werden sollte, wäre da.

      Da die Verzögerungstaktik bisher noch jedes Mal Erfolg hatte, ist nicht auszuschließen, dass sie auch diesmal gelingt. Der Preis dafür wäre allerdings hoch. Wer auf Begriffe wie Gerechtigkeit, Verlässlichkeit und Zurechenbarkeit noch etwas gibt, würde vor der Frage stehen, wie er sich gegen einen Staat verhalten soll, der das von der Vernunft und der Verfassung Gebotene hartnäckig verweigert. Soll er wie ein Sponti "Legal - illegal -scheißegal!" reimen und versuchen, sich auf eigene Faust Recht zu verschaffen? Vielleicht wissen die Grünen, die mit solchen Sprüchen groß geworden sind, eine Antwort.

      Konrad Adam, geb. 1942, lebt und arbeitet in Berlin und Frankfurt/M. Er schreibt jeden Montag an dieser Stelle.
      Avatar
      schrieb am 24.09.03 08:38:41
      Beitrag Nr. 2 ()
      in einer DDR-Light darfst du nicht nach dem rechtsstaat suchen. kollektivistische interessen stehen über individualinteressen, wie auch dieser fall zeigt!
      :mad:
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      schrieb am 25.09.03 04:17:07
      !
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      schrieb am 25.09.03 08:33:09
      Beitrag Nr. 4 ()
      ..was soll denn da der Skandal sein. Wenn im Gesetz steht, dass die Krankenkassen der richtige Beklagte sind, dann muss man eben die Krankenkassen verklagen und nicht die BfA.

      Der Skandal ist eher, dass es offenbar Rechtsanwälte gibt, die umfangreiche Klagen verfassen und damit bis vors höchste Gericht ziehen, ohne vorher nachzusehen, gegen wen sie klagen müssen....und damit auch noch Geld verdienen.
      Avatar
      schrieb am 25.09.03 08:51:56
      !
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      schrieb am 25.09.03 08:54:51
      !
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      schrieb am 25.09.03 08:56:25
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      schrieb am 25.09.03 08:57:36
      Beitrag Nr. 8 ()
      +++++++++++ DDR-Light +++++++++++

      Ich lach mich scheckig. Aber es kommt schon langsam hin.
      Im übrigen werd ich das Gefühl nicht los, das unsere jetzige Regierung versucht, eine neue DDR zu basteln, nur zusätzlich etwas mehr multikulti im inneren. Ein Land, in dem es den Politikern am besten geht und "der Pöbel" Ihre Diäten bezahlt, bis er schwarz wird.

      Ich dachte immer:
      "Wir sind das Volk"...

      mfg Plaster, ein ex-Ossi
      Avatar
      schrieb am 25.09.03 10:15:57
      Beitrag Nr. 9 ()
      @xylophon

      "..was soll denn da der Skandal sein. Wenn im Gesetz steht, dass die Krankenkassen der richtige Beklagte sind, dann muss man eben die Krankenkassen verklagen und nicht die BfA.

      Der Skandal ist eher, dass es offenbar Rechtsanwälte gibt, die umfangreiche Klagen verfassen und damit bis vors höchste Gericht ziehen, ohne vorher nachzusehen, gegen wen sie klagen müssen....und damit auch noch Geld verdienen."


      Als braver Bürger fragt man sich da aber natürlich warum weder Krankenkasse, BfA noch den VORINSTANZEN(!?) aufgefallen ist, dass hier der Falsche beklagt wurde ;)

      - wo wir gerade dabei sind, kannst Du noch kurz den Gesetzestext nennen, in dem steht, dass die Krankenkasse in diesem speziellen (!) Fall der richtige Beklagte ist...

      Grüße K1
      Avatar
      schrieb am 25.09.03 13:59:14
      Beitrag Nr. 10 ()
      "Das BSG erklärte, die Zuständigkeit der Krankenkassen sei gesetzlich eindeutig festgelegt."

      Aus diesem Satz schließe ich das. Geh mal in eine Bücherei und schau Dir die Gesamtausgabe des SGB an, dann wirst Du auch verstehen, dass ich keine Lust habe, den Wälzer durchzusuchen, um den § zu finden.
      Wer aber Mandanten im Sozialrecht vertritt, der sollte das wohl tun, er wird dafür bezahlt, ich nicht.;)

      Wir können aber gern über nen Stundensatz verhandeln, dann mach ich mir die Mühe...;)
      Avatar
      schrieb am 25.09.03 14:10:16
      Beitrag Nr. 11 ()
      in einem kommentar hierzu wurde im vorfeld bereits darauf hingewiesen, das hier kein recht anwendung finden wird.
      daß das gericht versucht, die klage mit der vorgeschalteten krankenkasse abzuwimmeln, weil andernfalls die rv zusammenbrechen würde.

      nur weil die gkv das geld einsammelt, hat sie trotzdem nichts mit der rentenzahlung zu tun.
      dieser weg wurde einmal gewählt, um kosten beim arbeitgeber einzusparen, der damit nicht zahlungen an x stellen vornehmen muß.

      bananenrepublik und unser hausjurist xylo beweist es jeden tag auf´s neue.
      Avatar
      schrieb am 25.09.03 14:11:51
      Beitrag Nr. 12 ()
      Nicht nur die Krankenkassen und die BfA, sondern auch die vorherigen juristischen Instanzen (Landessozialgerichte Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen) haben das Vorgehen gegen den Rententräger für korrekt gehalten.

      Von daher kann man keinem Anwalt einen Vorwurf machen, den falschen Adressaten der Klage gewählt zu haben. Hier hat sich eindeutig das Bundessozialgericht mit üblen Taschenspielertricks seiner Verantwortung entzogen.
      Avatar
      schrieb am 25.09.03 14:16:00
      Beitrag Nr. 13 ()
      D.h. wenn ich durch eine 0190-Abzocke hereingelegt würde, müßte ich auch die Telekom verklagen, weil die das Geld einzieht und nicht den Betrüger selbst?

      -----------------
      Der SOZ - ein Dieb in der Nacht...
      Avatar
      schrieb am 25.09.03 14:25:02
      Beitrag Nr. 14 ()
      ..aus so einem Artikel kann man alles und nichts schließen...immerhin heißt es in Nr. 1 doch, dass man das Problem gesehen habe:

      Das deutsche Sozialversicherungslabyrinth sieht nämlich vor, die Rentenversicherungsbeiträge durch die Krankenkasse einzuziehen. So kann der klagende Bürger nie wissen, an wen er sich zu wenden hat. Das ist die Falle, in der die Kasseler Richter die Kläger fangen wollen.

      Um dieses Ausweichmanöver zu vermeiden, waren die Kläger gegen beide Zweige der Asozialversicherung vorgegangen. Sie wollen ein Urteil in der Sache und werden darin auch von ihren Gegnern, der Krankenkasse und der BfA, unterstützt...
      .

      Das heißt doch wohl, dass man anfangs durchaus auch gegen die Krankenkassen geklagt hat. Wieso jetzt nicht mehr??
      Ich finde nicht, dass der Artikel seriös ist, weil er wesentliches verschweigt.
      Aber die ganzen Nicht-Juristen wissen natürlich alle viel besser als das BVerwG, was hier richtig wäre....

      :confused: :laugh:
      Avatar
      schrieb am 25.09.03 14:43:01
      Beitrag Nr. 15 ()
      @xylophon

      " Aber die ganzen Nicht-Juristen wissen natürlich alle viel besser als das BVerwG, was hier richtig wäre...."

      klar ;)

      Und nach Xylophon gilt: Krankenkassen + BfA + sämtliche Gerichtliche Vorinstanzen = Nicht Juristen die eh nichts wissen ;)

      Grüße K1
      Avatar
      schrieb am 25.09.03 18:32:55
      Beitrag Nr. 16 ()
      ich weiß nicht einmal, ob ich das Urteil des BVerwG richtig oder falsch finde.

      Ich weiß aber, dass der Artikel Schrott ist, tendenziös (schon in der Wortwahl) und vor allem, weil er wichtige Informationen verschweigt.
      Avatar
      schrieb am 30.09.03 20:56:57
      Beitrag Nr. 17 ()
      Zu #16: Die Abkürzung für das Bundessozialgericht ist BSG und nicht BVerwG.


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