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    Blue Cap, KAP, MPH Health Care und weitere  12276  0 Kommentare Umbau, staatliche Hilfe und Kostendisziplin: Diese Beteiligungsunternehmen kämpfen mit allen Mitteln gegen die Folgen der Pandemie

    Die Viruswelle hat viele kleine Beteiligungsgesellschaften schwer getroffen. Die meisten Vorstände mussten ihre Prognoseerwartungen zurückschrauben und sind zum Teil gezwungen, auf Liquiditätssicherung, Kostendisziplin und staatliche Hilfen zu setzen. Wie die Situation bei GESCO AG, mutares, KAP, Blue Cap und Co. aussehen, verrät Marcus Wessel im Smart Investor.

    Die Situation der GESCO AG steht fast sinnbildlich für die des deutschen Mittelstands: Unsicherheit bestimmt das Geschäft. Aufträge werden kurzfristiger vergeben, verschoben oder ganz storniert. Die GESCO-Beteiligungen verteilen sich über verschiedene Industriebranchen wie die Fahrzeugtechnik (im Segment Mobilitätstechnologie), die schon vor Corona gewaltige Herausforderungen zu meistern hatte. In den vergangenen Monaten habe sich die Ertragslage dort noch einmal verschlechtert, heißt es von Seiten GESCO.

    Dank Megatrends wie Automatisierung und Robotik steht das Segment Produktionsprozesstechnologie deutlich besser da. Ähnliches gilt für die recht robusten Geschäfte in der Gesundheits-/ Infrastrukturtechnologie. Dennoch erwartet der Vorstand für das aktuelle Geschäftsjahr einen weiteren Ergebnisrückgang auf acht bis maximal elf Millionen Euro – schließlich waren oder sind viele Kunden von Corona-Maßnahmen wie zum Beispiel Werksschließungen betroffen. Immerhin hat sich der Nebenwert bereits deutlich von seinen Märztiefs erholen können.

    Herausforderungen werden größer

    Gleiches gilt für die schwankungsanfällige mutares-Aktie. Als Spezialist für Sanierungen und Umstrukturierungen erwirbt man Firmen in Umbruchsituationen. In einer Wirtschaftskrise sind diese Unternehmen einem besonderen Stresstest ausgesetzt – daher warnte mutares, dass bei einigen Beteiligungen ein deutlicher Einbruch der Ertragskraft erwartet wird. Auch der geplante Kauf des italienischen Postdienstleisters Nexive verzögert sich.

    Insgesamt legte der Vorstand in den vergangenen Monaten bei Zukäufen ein hohes Tempo vor. Gleich zehn Firmen kamen 2019 neu hinzu – darunter die Logistiktochter der Österreichischen Bundesbahnen. Der Konzernumsatz lag dadurch erstmals bei über einer Milliarde Euro. Während derzeit vielzählige Gesellschaften ihre Dividende kürzen oder ganz streichen, hält der Vorstand an der sehr aktionärsfreundlichen Zahlung von einem Euro je Aktie fest.

    Schmerzhafte Verluste

    Auch das Lagebild bei der Industriegruppe KAP klingt in diesen Tagen recht vertraut: Nachdem das Geschäft bereits im Jahr 2019 durch die schwache Automobilkonjunktur in wichtigen Segmenten belastet gewesen war – worauf Prognosesenkungen und neu aufgelegte Effizienzprogramme folgten –, ähnelt die aktuelle Situation dem sprichwörtlichen Stochern im Nebel. Bislang spricht der Vorstand nur von „erheblichen Belastungen für Umsatz, Ergebnis und Liquidität“.

    Eine genaue Prognose soll es erst sehr viel später geben. Fest steht, dass Aktionäre bei der Dividende dieses Mal leer ausgehen werden. Das war zwar erwartet worden, angesichts der in den Vorjahren stets hohen Ausschüttungen entfiel damit aber ein wichtiges Argument, das den Kurs lange Zeit gestützt hatte. Mit einem Kursminus von über 60 Prozent auf Jahressicht zählt der Small Cap zu den größten Verlierern unter den börsennotierten Beteiligungsgesellschaften. Kaum besser erging es Aktionären von M.A.X. Automation. Der Spezialist für Industrie-Automatisierungslösungen beschloss einen weitgehenden Konzernumbau. Problembeteiligungen aus dem automobilnahen Bereich wurden abgewickelt oder verkauft.

    Die hieraus resultierenden Sonderbelastungen drückten das Ergebnis 2019 in den tiefroten Bereich. Die restlichen Aktivitäten, unter anderem in den Segmenten Umwelt- und Prozesstechnik, sollen noch stärker auf Zukunftstrends wie Elektromobilität, Medizintechnik und Automatisierungsangebote ausgerichtet werden. Gleichzeitig schafft die Corona-Lage neue Unsicherheit: Mitte März war der Vorstand noch von geringen Belastungen ausgegangen und hatte für das Jahr 2020 ein EBITDA zwischen 16 und 20 Millionen Euro in Aussicht gestellt. Inzwischen hat man jedoch wie so viele andere Unternehmen auch diese Prognose aufgehoben. Die Börse hatte einen solchen Schritt bereits erwartet.

    Top-Thema Corona

    Die Pandemie ist bei praktisch allen Beteiligungsfirmen derzeit das beherrschende Thema. Im Fall der Kölner Scherzer & Co. AG machte sich das Virus über den Kursverfall an den Aktienmärkten im Portfolio deutlich bemerkbar. Demnach ging der NAV im Laufe des ersten Quartals um 26 Prozent zurück. Mit der Erholung seit Ende März machte auch der Wert des Scherzer-Depots wieder etwas Boden gut.

    Das Team um Dr. Georg Issels konzentriert sich auf Value-Aktien, Sondersituationen und Abfindungs-werte. Zu den größten Positionen gehörten zuletzt Audi, GK SOFTWARE, die Beteiligungsgesellschaft Allerthal-Werke und freenet. Die Deutsche Balaton AG warnte im März ebenfalls vor einem „erheblichen Abschreibungsbedarf im Finanzanlagevermögen“. Welchen Einfluss der Börsencrash auf die gesamten Aktieninvestments haben wird, dürfte erstmals mit der Halbjahresbilanz wirklich sichtbar werden. Immerhin gelang es der Kernbeteiligung Beta Systems (Deutsche-Balaton-Anteil: 59 Prozent), die Kursverluste seit Januar auf wenige Prozentpunkte zu begrenzen.

    Im Anschluss an die Ankündigung des Medizintechnikkonzerns Drägerwerk über den geplanten Rückkauf seiner Genussscheine gab die Deutsche Balaton bekannt, dass sich das eigene Konzerneigenkapital nach einem solchen Schritt voraussichtlich um rund 39 Millionen Euro im Vergleich zum Jahresende 2019 erhöhen werde.



    Auch bei der Industrieholding Blue Cap versucht man, die Folgen der Pandemie möglichst einzugrenzen. Schon heute weist der Vorstand darauf hin, dass Umsatz und Ergebnis im laufenden Geschäftsjahr zurückgehen werden. Zumindest ein Teil der Ergebniseinbußen soll durch Kostensenkungen kompensiert werden.

    Blue Caps Beteiligungsfokus liegt auf Nischenunternehmen wie dem Klebstoffspezialisten Planatol und der 2018 übernommenen uniplast-knauer-Gruppe. Bei dem Hersteller von Kunststoffverpackungen konnte die Restrukturierung im letzten Jahr erfolgreich abgeschlossen werden. Bemerkenswert ist zudem, dass es dem Management gelang, mitten in der Corona-Krise die Beteiligung emtec an den US-Konzern Dover zu veräußern. Der Verkaufspreis liege über der letzten NAV-Bewertung, so Blue Cap. Die zufließenden Mittel – rund 25 Millionen Euro nach Abzug der Schulden – sollen teilweise für Zukäufe eingesetzt werden. Der Blue-Cap-Vorstand rechnet aufgrund von Corona ab dem zweiten Halbjahr mit zusätzlichen Opportunitäten.

    Das Jahr 2019 bescherte der Berliner MPH Health Care Licht und Schatten. Während die Töchter M1 Kliniken und CR Real Estate deutliche Gewinnzuwächse verbuchten, rutschte das Pharmaunternehmen HAEMATO in die roten Zahlen. Derzeit arbeite man dort an einer Optimierung der Prozesse und einer Verbreiterung des Angebots. Die auf plastische Chirurgie und kosmetische Eingriffe ausgerichteten M1 Kliniken ließen im April für einige Wochen den normalen Klinikbetrieb ruhen. Trotz der Pandemie bestätigte man das Ziel, die Zahl der Fachzentren bis Ende 2023 auf 100 auszubauen. MPH selbst möchte sein Portfolio um die Wachstumsbereiche Telemedizin und Versandapotheken erweitern. Eine neu gegründete Versandapotheke in den Niederlanden soll noch in diesem Jahr an den Start gehen. Auf eine Dividendenzahlung müssen Aktionäre erwartungsgemäß verzichten.

    Fazit

    Zu Jahresbeginn hatten die Beteiligungsunternehmen noch recht zuversichtlich auf die kommenden Monate geblickt. Mit dem Ausbruch der Corona-Pandemie verdüsterte sich der Ausblick jedoch schlagartig. Inzwischen setzen die Gesellschaften auf Liquiditätssicherung, Kostendisziplin und zum Teil auch auf staatliche Hilfen wie Kurzarbeit. Die üblichen Exit-Kanäle sind hingegen bis auf Weiteres ausgefallen. Auch deshalb trauen sich die meisten Vorstände eine Prognose zum heutigen Zeitpunkt nicht zu. Es bleibt die Hoffnung, die Krise möglichst glimpflich zu überstehen.

    Autor: Marcus Wessel

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    Dieser Artikel aus der Smart Investor-Ausgabe 06/20 bezieht sich auf Daten, die bis zum 23.05.2020 erfasst wurden.





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    Verfasst vonNicolas Ebert
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