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    Lebenshilfe - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 13.05.06 04:39:52 von
    neuester Beitrag 14.05.06 16:05:04 von
    Beiträge: 12
    ID: 1.059.858
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      schrieb am 13.05.06 04:39:52
      Beitrag Nr. 1 ()
      Ich liebe es in der Frühe aufzustehen!

      Ich klatsche munter in die Hände und sage:

      „das wird ein umwerfender Tag“!
      Avatar
      schrieb am 13.05.06 08:53:46
      Beitrag Nr. 2 ()
      Sag mal, hast du was eingeworfen? :rolleyes::confused::cry:
      Avatar
      schrieb am 13.05.06 08:56:25
      Beitrag Nr. 3 ()
      Der Morgen ist doch das Grauen schlechthin :cry::cry:
      Avatar
      schrieb am 13.05.06 09:01:53
      Beitrag Nr. 4 ()
      Warum den Tag mit einer Lüge beginnen? Was ich wohl mit der unteren Geschichte sagen wollte????
      _________________________________________


      Katharinas Leben

      60 Jahre ohne Strom, Telefon und Wasserleitung: Auf dem niederbayerischen Bergsodler-Hof starb die letzte Bäuerin und mit ihr eine archaische Welt.
      Von Hans Kratzer


      Es war eine unruhige Winternacht, Schneewolken jagten über das Landshuter Unterland, ein Sturmwind fuhr feindselig in den morschen Dachstuhl des Bergsodler-Anwesens. Katharina Walker träumte unruhig, wachte auf, betete und schlief wieder ein.

      Kurz darauf drang im Halbdämmer ein fremdes Geräusch zu ihr, das nicht in die Tonart des pfeifenden Windes passte. Jemand schabte und rüttelte an der Haustür. Kathl erschrak. Wer um Himmels Willen trieb sich nach Mitternacht in dieser gottverlassenen Gegend herum, wer begehrte so spät noch Einlass?

      Bis sie sich aus ihrem Schlaf-Sessel erhoben hatte, rissen die Männer bereits die Stubentür auf. Die gute Frau war wie gelähmt: die fremden Stimmen, die polternden Stiefel, das gleißende Licht der Taschenlampen.
      Der alte Hof hatte Räuber angelockt.


      Auch wenn hier außer einem wurmstichigen Schrank kaum etwas zu holen war, so wussten sie doch, dass sie leichtes Spiel hatten: Die alte Bäuerin lebte allein in großer Weltabgeschiedenheit. Weit und breit gab es keine Zeugen, und die 86-jährige Greisin bedeutete keine Gefahr. Wenigstens ließen die Eindringlinge die Kathl am Leben. Den Hof verließ sie aber trotz dieses Schreckens nicht.

      Fast 60 Jahre lang hat Katharina Walker auf dem Bergsodler-Anwesen gehaust, das auf einem Höhenzug von schrundigen Obstbäumen beschirmt wird. Nach ihrer Hochzeit anno 1948 war sie auf den Hof gekommen, den sie bis zu ihrem Tod vor wenigen Tagen nicht mehr verlassen sollte.

      Ihr Leben war von radikaler Kargheit und Zurückgezogenheit geprägt. Der Bergsodler-Hof war so etwas wie eine Enklave des 19. Jahrhunderts im modernen Turbo-Bayern. Die Hilfsmittel der industriellen Landwirtschaft drangen bis zuletzt nicht bis hierher vor.

      Die Bergsodler-Leute bewirtschafteten einen kleinen Grund von " sechs Tagwerk und 25 Dezimai" , wie die Kathl immer voller Stolz betonte. Sie rangen dem Boden die Kartoffeln und das Getreide noch mit schweißnasser Stirn, schwieligen Händen und krummem Buckel ab.

      Im Stall, der direkt an die Bauernstube angrenzte, war Platz für zwei Kühe und sieben Hühner. Im Streuobstgarten standen der Backofen und das Aborthäusl. Als der Ochse, der zum Pflügen eingespannt wurde, tot umfiel, war das ganze Vermögen der Eheleute Walker dahin. Jetzt mussten sie die Kühe einspannen, um das Getreide zu ernten.

      Am äußersten Rand der Gesellschaft lebend, blieben Kathi Walker und ihr vor zehn Jahren verstorbener Mann Josef bis zuletzt vom Fortschritt und vom Strukturwandel in Bayern gänzlich unberührt. Die beiden hatten nie in einen Fernseher geschaut, nie Musik aus dem Radio gehört, nie telefoniert, sie kannten weder Elektroherd noch Waschmaschine, ja nicht einmal fließendes Wasser und elektrisches Licht. Auf dem Bergsodlerhof gab es bis zuletzt keinen Strom.

      Wenn der Nordwind in kräftigen Stößen ins Dach fuhr, dann rußte der Ofen wie eine Dampflok. Wenn das Tageslicht verloschen war, spendete nur noch eine Petroleumfunzel etwas Licht in der finsteren Stube. Das Wasser holten die beiden in mühsamer Schufterei mit Kübeln aus dem 15 Meter tiefen Hausbrunnen. Das Geld war rar.

      Zwar stand der Kathl, weil sie 30 Jahre als Dienstmagd gearbeitet hatte, eine kleine Rente zu, aber weit ist sie damit nicht gekommen. Auf den Tisch kamen Milch und Kräutertee, mittags Kartoffelbrei und Zwiebeln mit Salz. Hin und wieder Eier.



      " Bockiger Sonderling"
      Josef und Katharina Walker hatten kurz nach dem Krieg geheiratet. Als Soldat war er in Frankreich am Kopf verwundet worden. Nachdem ihn die Amerikaner 1945 entlassen hatten, währte die Freude nur kurz.

      Walkers Papiere waren unter dubiosen Umständen verschlampt worden. Die Folgen bekam der Kriegsheimkehrer bitter zu spüren, denn er konnte seine Rentenansprüche nicht durchsetzen. Die Hintergründe liegen im Dunkeln. Möglicherweise wurden alte Rechnungen beglichen. Eine dürre Zeile in einem Protokollbuch lässt Platz für Spekulationen: " Ein bockiger Sonderling" , notierte der Gemeindeschreiber im Dritten Reich.

      Der hagere Bauersmann reagierte verbittert und vollzog einen radikalen Protest. Zwar war Katharina nach stundenlangen Fußmärschen noch mehrmals in den Ämtern vorstellig geworden, doch vergeblich. Fortan nahmen die Eheleute Walker die Behörden nicht mehr zur Kenntnis.

      Mit stummer Widerspenstigkeit verhinderten sie, dass ihr Anwesen an Strom- und Wasserleitung angeschlossen wurde. Während der Fortschritt über die Nachbardörfer schwappte, waren die Bergsodler-Leute wieder im 19. Jahrhundert angekommen. Wie verloren stand der Hof in der Gegenwart und fesselte die beiden Verlierer unerbittlich an sich.

      Mit dem Sonnenuntergang begann die Nachtruhe, die aber um 3 Uhr früh schon zu Ende war. Die Viecher mussten gefüttert werden. In 50 Jahren wurde dieser Rhythmus nicht ein einziges Mal unterbrochen. " Krank war ich nie" , sagte die Kathl immer, vielleicht auch deshalb, weil ihr der erste Arztbesuch in schlechter Erinnerung geblieben war.

      Als Mädchen war sie todkrank 25 Kilometer weit zu Fuß nach Landshut gelaufen. Der Doktor stellte eine Lungenentzündung fest. Tatsächlich aber hatte sie unreife Zwetschgen gegessen. " Wenn der des net gspannt, dann brauch i koan Doktor nimmer" , sagte sie und zeigte sich seitdem gegen jeden medizinischen Rat resistent.

      Trotz der vielen Entbehrungen hat sich die Kathl stets eine bewundernswerte Fröhlichkeit bewahrt. Schon an den kleinsten Dingen erfreute sie sich wie ein Kind. Sie holte sich ihre Informationen nicht aus den Medien, sondern aus der Natur. Sie kannte die Blumen und die Vögel, wusste die beste Pflanzzeit und sagte exakt das Wetter voraus. Sie hatte keinerlei Bedürfnisse.

      Von ihrem Hof aus öffnet sich ein fantastischer Blick über verspieltes niederbayerisches Hügelland. Das Auge trifft auf stolze Vierseithöfe, barocke Zwiebeltürme und offene Wälder. Wenn die Bergsodlerin aufs Feld hinaus schlurfte, dann hat sie oft den Blick nach Süden gerichtet, Sehnsucht getankt in den mühsamen Stunden der Feldarbeit.

      Manchmal rückte der Föhn die Berge ganz nah heran. Für die Kathi blieben sie freilich unerreichbar. Aber diesen einen Wunsch hatte sie: " Wenn i nur einmal die Berge aus der Nähe sehen derfat . . ."

      Unter der strengen Fuchtel der Mutter hatte sie schon als Kind schwer arbeiten müssen. Gerne wäre sie ins Kloster gegangen, aber als " Bangert" (uneheliches Kind) blieb ihr dieser Weg verschlossen. So musste sie schon ganz jung als Bauernmagd verdingen. Sie kannte nichts anderes, und so verwundert es nicht, das sie sich nach dem Tod ihre Mannes beharrlich weigerte, den Hof zu verlassen.

      In den frühen 80er Jahren hatte die Fotografin Heidi Sendler das Leben auf dem Bergsodler-Hof in einem wunderbaren, aber längst vergriffenen Bildband dokumentiert. Sie war die einzige Chronistin dieser alten Welt, deren Untergang sich in den 80er Jahren bereits deutlich abzeichnete. " Josef und Katharina Walker leben mitten unter uns ein Stück Menschheitsgeschichte zu Ende" , schrieb damals die schwer beeindruckte Schriftstellerin Ruth Rehmann im Begleittext.

      Noch zwei Jahrzehnte lang setzte Katharina dieses Leben mit großem Gottvertrauen fort. Auch wenn sie von den Weltläuften nicht viel mitbekam, so ahnte sie doch den Schrecken, der überall herrschte. Vor allem die Flieger, die seit einigen Jahren über ihren Hof düsten, zeigten ihr, dass sich die Welt abrupt veränderte. " Woanders will ich gar nicht hin" , sagte sie. In den letzten Jahren besaß sie ein Radio. " In München is ja oiwei Stau" , hörte sie dort. Das schreckte sie am meisten.

      Als Katharina Walkers Sarg im Baierbacher Dorffriedhof ins Grab gesenkt wurde, mischte sich unter die Gebete der Trauergemeinde das Gekreische eines Düsenjets. Wenn die Maschinen im Minutentakt auf den nahen Münchner Flughafen zuhalten, überfliegen sie den Friedhof und etwas später auch den Bergsodler-Hof.

      Den aber nehmen die Nomaden der Freizeit- und Business-Welt, die aus Mallorca, China und Australien zurückkehren, durch ihre Guckfenster in der Regel kaum wahr. Eher schon die Berge am Horizont, nach denen sich Katharina Walker ihr Leben lang gesehnt hatte.

      Am offenen Grabe streiften sich ein letztes Mal die archaische Welt der Bergsodler-Leute und das globalisierte Superbayern, in dem die schlichte alte Bauernheimat keinen Platz mehr findet. Katharina Walker und ihre Welt werden bald vergessen sein.

      (SZ vom 11.6.2005)
      Avatar
      schrieb am 13.05.06 10:22:04
      Beitrag Nr. 5 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 21.545.625 von Dorfrichter am 13.05.06 09:01:53Danke Dir für diesen Text !!!
      Es geht mir besser.
      Demut...ist ein teures Gut das wir leider häufig vergessen.
      Ich könnte noch sehr vieles schreiben.
      Vielleicht später.

      Mfg

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      Avatar
      schrieb am 13.05.06 11:58:18
      Beitrag Nr. 6 ()
      Eine wunderschöne herzzerbrechende Geschichte, welche einem Tränen in die Augen erwirkt.
      Avatar
      schrieb am 13.05.06 12:46:54
      Beitrag Nr. 7 ()
      Katharina...
      Avatar
      schrieb am 13.05.06 13:39:54
      Beitrag Nr. 8 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 21.545.625 von Dorfrichter am 13.05.06 09:01:53und, was wolltest Du mit dieser Geschichte sagen?
      Avatar
      schrieb am 13.05.06 13:47:30
      Beitrag Nr. 9 ()
      Ich wollte damit sagen, daß JEDES LEBEN absolut wertvoll ist, individuell geprägt und mit Sinn erfüllt werden sollte.

      Man muß sich nicht permanent Gedanken machen über seine eigene Situation, die man immer nur aus pekunärer Sichtweise sieht.

      Weder Geld, noch Krankheit, noch der Verlust eines geliebten Menschen sind es wert, in dauerhafte Verzweiflung zu fallen, dazu ist das Leben zu schön und immer EINMALIG.
      Avatar
      schrieb am 13.05.06 15:47:18
      Beitrag Nr. 10 ()
      Dorfrichter, ich hasse es aber, früh aufzustehen :cry:
      Avatar
      schrieb am 13.05.06 16:15:34
      Beitrag Nr. 11 ()
      Dann gehörst Du wohl zu der Gruppe von Menschen, die später ihre "volle Leistung" bringen. Bleib halt liegen bis Du ausgeschlafen hast!:rolleyes:
      Avatar
      schrieb am 14.05.06 16:05:04
      Beitrag Nr. 12 ()
      Muß aber so früh raus und in die Tretmühle :cry:


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