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    Glaubst du zu wissen oder weißt du, dass du glaubst? - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 29.09.06 10:06:49 von
    neuester Beitrag 19.02.07 14:11:00 von
    Beiträge: 11
    ID: 1.084.892
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      Avatar
      schrieb am 29.09.06 10:06:49
      Beitrag Nr. 1 ()
      Was ist eigentlich Wissen und was Glauben?

      Beispiele:
      - Ich weiß, dass ich existiere.
      - Der Papst glaubt an ein Leben nach dem Tod.
      - Weiß ich, dass Australien existiert oder glaube ich es nur?

      Definitionsversuch:

      Wissen:
      a) Wahrscheinlich wahre Aussagen, die in keinem Widerspruch zu anderen, ebenfalls als wahr angenommenen Aussagen, stehen. Die Realität wird bei dieser Definition über wahre Aussagen interpretiert.
      b) Wahrscheinlich zutreffende Aussagen über die Zukunft (z.B. "morgen existiert die Sonne immer noch"), im unausgesprochenen Wissen, dass niemand die Zukunft mit absoluter Sicherheit kennt.
      c) Das einzelne Wissenselement ist personenunabhängig, objektiv und nur so lange relevant, wie es wahr ist, d.h. der Wirklichkeit entspricht. Es gibt eine Verpflichtung zur Wahrheit, nicht zum Wissen.

      Glauben:
      a) Als wahr angenommene Aussagen, die im Widerspruch zu anderen, ebenfalls als wahr angenommenen Aussagen, stehen.
      b) Aussagen über die Zukunft, ohne Rücksicht auf deren Wahrscheinlichkeit (z.B. "ich komme in den Himmel").
      c) Das einzelne Glaubenselement ist eher individuell, subjektiv und wichtig, solange es existiert. Es gibt eine Verpflichtung zum Ego (bzw. einer Gruppe, der man angehört) aber nicht zur Wahrheit.

      Interessant an dieser Definition ist, dass es weder eine Beweispflicht für Wissen noch eine scharfe Trennung zum Glauben gibt. Glauben und Wissen bezeichnen beide eine Information darüber, wie die Welt aussehen könnte. Dennoch gibt es einen wichtigen Unterschied:
      - Wissen versucht die Welt zu erfassen, so wie sie ist,
      - Glauben versucht die Welt zu verändern, dem Glauben anzupassen.

      Glauben kann die Differenz zwischen Vorstellung und Wirklichkeit
      - ignorieren (Religion, Aberglaube)
      - beseitigen (Politik)

      Glaube repräsentiert immer ein Ziel, das dem Ego entspringt: ewige Herrschaft, Amen. Einzelne Ziele können logisch und realistisch sein (ideale Politik) oder willkürlich und irrational (Religionen, individueller Glaube).

      Glaube könnte man als Yang und Wissen als Yin einordnen (http://de.wikipedia.org/wiki/Yin_und_Yang). Das eine ist ohne das andere mehr als unvollständig: ohne eine Wissensbasis kann man (die richtigen) Ziele weder erkennen noch erreichen und ohne Glauben (Ziele) bleibt alles wie es schon immer war.

      Vielleicht werden in der Kunst beide Elemente vereint, indem sowohl etwas geschaffen wird (Glaube), als auch ein Abbild der Wirklichkeit angestrebt wird, bzw. unvermeidlich entsteht (Wissen). In der Kunst vermischen sich Wirklichkeit und Phantasie, rationales und irrationales.

      Zugegebenermaßen darf man fragen, in wieweit die Gleichsetzung von Glauben und Zielstrebigkeit zulässig ist. In jedem Fall hat Glauben auch irrationale, negative Elemente. Trotzdem: auch wenn Wissen als Basis von allem unverzichtbar ist, halte ich Wissen und Glauben (mindestens aus subjektiver Sicht) durchaus für gleichberechtigt, wenn auch nicht für das Gleiche.
      Avatar
      schrieb am 29.09.06 10:49:39
      Beitrag Nr. 2 ()
      Interessanter Beitrag, aber schwer zu kommentieren!

      Auch Wissen basiert ja auf der Annahme, die Realität korrekt zu interpretieren! ;)

      Man denke mal an die Aussagen der Quantenphysik, Stichwort Unschärfe ... :rolleyes:
      Avatar
      schrieb am 29.09.06 11:01:02
      Beitrag Nr. 3 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 24.275.444 von HeWhoEnjoysGravity am 29.09.06 10:06:49In dem von dir gerade definierten Sinne weiß ich, dass es hier nicht viele Ansprechpartner für philosophische Diskussionen gibt. ;)

      Dieses mein Wissen gilt natürlich nur, bis es falsifiziert wird. :laugh:

      Aber um doch noch zur Sache etwas beizutragen:
      Das Wissen eines Individuums hängt natürlich von den jeweiligen Informationen (=Sinneseindrücken) ab, die es erhalten hat - und in starkem Maße von deren Reihenfolge:
      Ob eine Information als "glaubhaft" eingestuft wird und damit zur Formung des jeweiligen "Weltbilds" beiträgt, hängt von eben diesem Weltbild, also von den vorherigen Informationen ab. Informationen, die zu fern vom eigenen Weltbild liegen, werden sehr lange als unglaubwürdig oder irrelevant ausgeblendet.

      (Davon leben ja auch Propheten und Astrologen: Die Bestätigung einer vorgefassten Meinung wirkt vielfach stärker als ihre Widerlegung. Wenn man sich das bewusst macht, kann man in Grenzen gegensteuern.;))
      Avatar
      schrieb am 29.09.06 12:35:27
      Beitrag Nr. 4 ()
      Darum ist ja auch die Börse so schwierig zu beurteilen.

      Weiß ich, daß ich an der Börse Geld verlieren kann oder glaub ich, daß ich damit Geld mache ?
      Avatar
      schrieb am 29.09.06 13:47:40
      Beitrag Nr. 5 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 24.276.278 von HansderMeiser am 29.09.06 10:49:39Die heisenbergsche Unschärferelation sagt nur, dass wir Ort und Impuls eines Elementarteilchens prinzipiell nicht gleichzeitig exakt messen können, also den Zustand eines Systems nicht exakt beschreiben können oder gar vorhersagen können.

      Für unsere alltäglichen Erfahrungen ist dies allerdings ziemlich irrelevant. Da geht es eher darum, ob das Bild der Welt, das uns die Medien (oder auch die Diskussionen in diesem Board) vermitteln, einigermaßen exakt die Wirklichkeit wiedergeben. Wenn wir das an der Vergangenheit messen, ist schon vielfach falsifiziert worden, dass diese Annahme grundsätzlich richtig ist - trotzdem klammern wir uns daran. Wer es nicht tut, wird allzu leicht zum Verschwörungstheoretiker.

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      Avatar
      schrieb am 29.09.06 13:50:01
      Beitrag Nr. 6 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 24.279.280 von rv_2011 am 29.09.06 13:47:40AUch für unsere Welt ist das NICHT irrelevant, denke mal an die Möglichkeit, Daten mit einer Geschwindigkeit >Lichtgeschwindigkeit übertragen zu können, obwohl die lt. Einsteini nicht möglich ist!
      Avatar
      schrieb am 29.09.06 14:38:21
      Beitrag Nr. 7 ()
      #2 Wissen ist immer das zur Zeit wahrscheinlichste. Man muss bloß die als falsch erkannten Annahmen aus dem Wissenspool entfernen.

      #3 Nicht die dem Weltbild ferne Information ist für dieses problematisch, sondern die das Weltbild als potentiell falsch entlarvende. Das, was dem Weltbild widerspricht, kann meist viel leichter ignoriert als integriert werden.

      #4 Ich weiß, dass ich Geld verlieren und gewinnen kann. Wer an der Börse mitspielt, glaubt unter'm Strich gewinnen zu können.

      #5 Trotzdem könnte man vermuten, dass jedes Teilchen zu jedem Zeitpunkt Ort und Impuls in irgendeiner Form besitzt.
      Avatar
      schrieb am 07.10.06 15:57:15
      Beitrag Nr. 8 ()
      Fortsetzung von #1:

      Interessant ist der Widerspruch zwischen dem Ego (Wunsch, Glauben) und der Wirklichkeit (Wissen):
      - das Ego sieht sich selbst im Mittelpunkt und als das Wichtigstes der Welt, was aus subjektiver Sicht ja auch richtig ist
      - in der objektiven Wirklichkeit ist das Ich unendlich klein und unbedeutend. Das Universum hat nicht mal Zeit zu bemerken, dass ein Individuum existiert, bevor es schon wieder tot ist.

      Dieser Widerspruch ist universell, d.h. alle Lebewesen (inklusive ETs) leiden darunter. Nun könnte einem das Universum ja noch ziemlich gleichgültig sein, aber auch die Weltbilder zweier beliebiger Individuen sind zwangsläufig nicht völlig kompatibel, weil jeder sich wichtiger nimmt.

      Praktisch werden Meinungsverschiedenheiten entweder ausgetragen oder durch Gesetze geregelt. Trotzdem muss ein Lebewesen mit den täglich auftretenden Widersprüchen zurecht kommen. Möglichkeiten dazu sind:

      1) Der Widerspruch wird nicht bewußt erlebt, sondern einfach gelebt: Menschen haben eben unterschiedliche Ansichten, Meinungsverschiedenheiten sind normal, man macht das Beste daraus.

      2) Irrationale Ersatzhandlungen, Geistesstörung und Wahnsinn oder positiver: Phantasie und Tagträumen (Unterschied: kein Realitätsverlust).

      3) Einfach und wirkungsvoll: nur das machbare wollen. Quasi alles kann positive Gefühle auslösen, es hilft aber ungemein wenn man den sozialen Zusammenhalt fördernde Dinge mag. Das kann aber nur in einer geeigneten (hinreichend angenehmen) Umgebung funktionieren. Erziehung dürfte hier eine sehr große Rolle spielen (siehe unten).

      4) Weitgehende Aufgabe des Egos, wie z.B. beim Zen. Eine logische aber keine gute Lösung, zumindest nicht für alle: man wählt den Tod (des Egos), um den Tod nicht zu erleben und es gibt keinen Fortschritt.

      5) Humor. Humor löst den Konflikt zwischen Wunsch und Wirklichkeit auf, indem der Konflikt nicht verdrängt sondern angenommen und akzeptiert wird. Der eigentlich negative Widerspruch wird durch das Lachen positiv "markiert" und beherrschbar. Die meisten Witze leben von der Spannung zwischen Wunsch und (ungewünschter) Realität. Humor vermeidet das nicht kontrollierbare kontrollieren zu wollen.


      .........................Ego
      ........................../..\
      ......................../.......\
      ........ wissen /............\ glauben, wünschen
      .................../.................\
      ................/.......................\
      ... Wirklichkeit ----------> Ideal (das idealerweise wirklich wird)

      Auch andere Anordnungen sind denkbar, z.B.
      - V-förmig: obiges Dreieck auf der Spitze (Ego) stehend
      - linear: Wirklichkeit -> Ego -> Ideal
      - Kreis: Wirklichkeit -> Ego -> Ideal -> Wirklichkeit -> Ego -> ...


      Sind Kunst, Humor und ggf. Wahnsinn aufgrund des unvermeidlichen Konfliktes zwischen subjektiver Sicht und objektiver Wirklichkeit vielleicht ebenfalls universelle Phänomene?


      Erziehung (was mir so dazu einfiel):

      - Ich könnte mir denken, dass bezüglich dem oben erwähntem Konflikt zuviel und insbesondere zuwenig Freiraum schädlich ist. Es sollte reichen die Einhaltung sozialer Regeln (natürlich unter Berücksichtigung des Alters) zu fordern (und zu belohnen) und offensichtlich schädlichem Verhalten, insbesondere zuviel Einseitigkeit (z.B. dauernd Fernsehen, falsche Ernährung), entgegenzuwirken.

      - Grundsätzlich kann das, was dem Individuum schadet, der ganzen Art nutzen. Einerseits durch Evolution, andererseits durch auf Kosten von Gesundheit und guter Laune erworbenen Fähigkeiten: wenn man bisher nur Wattebäuschchen abwehren musste, tut man sich naturgemäß bei einer größeren Herausforderung schwerer als der mit ein paar Problemen aufgewachsene.

      - Gerade genannten Probleme sollten aber vermutlich besser von außerhalb kommen und in der Familie möglichst gering gehalten werden (aus evolutionärer Sicht logisch: a) ähnliche Bedingungen für alle und b) Erziehung ist eine positive Fertigkeit, die ja wie die Gene selbst einen Beitrag leistet).

      - Interessant ist die Frage, ob z.B. ein Stressbewältigungstraining (Stress führt dann weniger wahrscheinlich zu psychosomatischen Krankheiten à la Kopfschmerzen und Rückenbeschwerden) in der Schule allgemein eher nützen (dauerhaft erworbene Fähigkeit, die leistungsfähiger macht) oder schaden (naturgemäß stressresistente Menschen sind wünschenswerter) würde. Zu bedenken ist, dass wünschenswerte Fähigkeiten mit einer höheren Anfälligkeit für Stress einhergehen könnten: Menschen, die die Einschläge kaum merken, könnten andere Defizite haben.

      - Alles halb so wild: den optimalen Weg findet man sowieso nicht (obwohl er nichts desto trotz angestrebt werden muss) und solange es genug Menschen gibt, regelt sich alles früher oder später von selbst. Trotzdem wäre es vielleicht interessant zu wissen, ob (bzw. ab wann) es vorteilhaft sein könnte in der Schule Informationen zur innere Einstellungen zu lehren (die Anwendung bleibt natürlich freiwillig und muss ja auch kein Pflichtfach sein). Was zur Frage führt, ob man überhaupt schon weiß, was wahrscheinlich (nahe) optimal ist.

      - Ich könnte mir sehr gut vorstellen, dass man den Lehrplan etwas umstellt, mindestens aber etwas wahlfreier macht: alles was über das Allgemeinwissen hinausgeht ist völlige Zeitverschwendung für den, den der Stoff nicht interessiert. Ab dem X-ten Schuljahr würde es reichen eine Pflichtstundenzahl vorzuschreiben. Wenn man mal in den freiwilligen Lehrfächern ein höheres Interesse voraussetzt, dann kann man auch mehrere Schüler mit größerer Altersdifferenz gleichzeitig unterrichten. Ein bisschen E-Learning würde könnte die Lehrer zusätzlich entlasten (siehe auch http://www.heise.de/newsticker/meldung/79066).
      Avatar
      schrieb am 07.10.06 16:51:04
      Beitrag Nr. 9 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 24.275.444 von HeWhoEnjoysGravity am 29.09.06 10:06:49Es hilft nichts einen Lehrplan für das Allgemeinwissen aufzustellen, wenn außerhalb des Landes Gesetze wie im Dschungel herrschen. Wie schon eine Lady hier im Board es trefflich schilderte, wird dies als eine Schwäche angesehen und auch ausgenutzt. Schwer zu sagen ob sittliches Benehmen und Anstand eine Schwäche oder Stärke sind, in der freien Natur und auf den ersten Blick wäre es bestimmt als ersteres einzuschätzen. Stell Dir einmal vor, zwei Gladiatoren oder Ritter im Mittelalter stehen sich gegenüber. Der Eine legt seine Waffen nieder und schwafelt etwas von Gerechtigkeit und Glauben, währenddem der Andere ausholt und zusticht. Wer ist bei diesem Beispiel der Gewinner und wer der Verlierer? Ohne das erscheinen eines Verrückten namens Jesus Christus und seiner Lehre vom jüngsten Gericht und ähnliches, könnte man hier ganz einfach und klar zwischen Gewinner und Verlierer unterscheiden. Der eine ist tot, der andere am Leben, ganz einfach und für den ersten Anschein für alle absolut verständlich. Die Nebenwirkungen und ihre Auswirkungen dieses tierischen Benehmens für die Allgemeinheit, ist dagegen nicht ganz so einfach vorherzusehen. Der einfachere und schneller Weg (z.B. zum Geld, Macht, Ansehen und Leben), dürfte meiner Meinung nach nicht immer der Richtigere sein.

      Ich würde mir für die Zukunft wünschen, dass der Religionsunterricht diese Aufgabe übernehmen könnte, und zwar besser als er es bislang getan hat. Wobei es nicht nur der Unterricht sein dürfte!
      Avatar
      schrieb am 10.10.06 01:33:06
      Beitrag Nr. 10 ()
      Order from noise :cool:
      Avatar
      schrieb am 19.02.07 14:11:00
      Beitrag Nr. 11 ()
      Der Glaube (zu glauben) selbst kann wie alles existierende nicht an sich falsch sein, seine Aussagen dagegen schon. Ich würde eher sagen, dass der Glaube und auch seine Aussagen gar nicht objektiv richtig sein müssen. Glaube hat objektiv gesehen seinen Sinn und Nutzen, selbst wenn er objektiv unwahre Aussagen enthält. Glaube ist für Menschen ganz normal, weil es viele Dinge gibt, die man nicht mit Sicherheit wissen kann (strenggenommen quasi alles): wenn man trotzdem von deren Wahrhaftigkeit überzeugt ist, nennt man das eben Glauben.

      Aus der Existenz von
      a) einer allumfassende Wahrheit (muss es geben, selbst wenn es, absolut nur mich gibt, dann ist die allumfassende Wahrheit mit meiner subjektiven Wahrheit identisch)
      b) der Möglichkeit von falschen Aussagen (alltägliche Tatsache)
      folgt, dass es objektiv richtige und falsche Aussagen gibt.

      Bei dieser Gelegenheit kann man sich Fragen, was eigentlich eine Aussage ist: eine Aussage ist eine Regel, die, angewendet auf eine Ausgangssituation (Initialzustand), eine weitere Entwicklung (Folgezustand) beschreibt. Häufig enthalten Aussagen viele implizite Annahmen und sind meist nur im jeweiligen Kontext gültig. Es ist ein ziemliches Wunder, wie gut sich bedeutende Teile der riesigen Wirklichkeit mit relativ wenig Informationsbits beschreiben lassen, oder anders gesagt, dass es allgemeingültige Gesetzmäßigkeiten gibt. Das zweite Wunder ist, dass trotzdem nicht alles deterministisch (vorherbestimmt) ist (Annahme meinerseits).

      Der einzige Unterschied zwischen Gläubigen und Wissenschaftlern ist, dass der Wissenschaftler sich der objektiven Wahrheit verpflichtet und bereit ist eine These sofort zu verwerfen, wenn diese unwahr zu sein scheint, wohingegen der Gläubige dem Glauben selbst verpflichtet ist. Strenggenommen ist für einen tiefgläubigen Menschen der Glaube die Wahrheit und die Realität, sofern sie dem Glauben widerspricht, eine irrelevante Illusion. Der echte Glaube soll primär keine wahren Aussagen über die eine objektive Realität machen, sondern selbst eine Realität schaffen, was aber (je nach Art der Thesen) natürlich nicht immer möglich ist.

      Der Gläubige sagt: "meine Thesen sind wahr",
      der Wissenschaftler sagt: "mal gucken, was wahr sein könnte".

      Der Wissenschaftler ist als winziger Punkt im riesigen All natürlich limitiert, so dass er sich trotz aller Bemühungen niemals sicher sein kann. Der Gläubige ist sich und seiner Thesen immer sicher, zumindest solange er glaubt.

      Der Gläubige schafft sich seine subjektive Realität, der Wissenschaftler sucht die objektive Realität ... allerdings gilt das für beide nicht hundertprozentig: der Gläubige kann die Realität nicht völlig ignorieren und der Wissenschaftler lebt wie alle in der Subjektivität und ist gezwungen zu glauben, er ist nur bereit seinen Glauben (an die Wahrheit) öfter mal zu ändern (zu korrigieren). Beide haben letztendlich nur ihre subjektive Welt in der sie leben - der Wissenschaftler glaubt aber fest an die Existenz und maßgebliche Bedeutung der einen Wirklichkeit, die dem Gläubigen entweder Latte ist, oder besser gesagt: er glaubt sich bereits im Besitz der Wahrheit, d.h. führ den Gläubigen ist seine subjektive Wahrheit gleich der einen allumfassenden Wahrheit, was objektiv natürlich nicht sein kann.

      Besser gesagt: für den Gläubigen gibt es die eine allumfassende objektive Wahrheit gar nicht. Lustigerweise hat er sogar recht, denn alles ist nur subjektiv erfahrbar. Der Wissenschaftler glaubt nur, dass es die eine objektive Wahrheit geben muss (auch wenn dies seeehr wahrscheinlich ist), weswegen er vielleicht der eigentlich größere und fanatischere Glaubensbruder ist.


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