checkAd

    Architektur - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 02.10.01 16:05:36 von
    neuester Beitrag 27.11.02 10:38:25 von
    Beiträge: 26
    ID: 481.675
    Aufrufe heute: 0
    Gesamt: 2.456
    Aktive User: 0


     Durchsuchen

    Begriffe und/oder Benutzer

     

    Top-Postings

     Ja Nein
      Avatar
      schrieb am 02.10.01 16:05:36
      Beitrag Nr. 1 ()
      I n mehr als vierzig Jahre, haben wir geplant und viele Gebäude verwirklicht und durchgeführt viel mehr Designs in den architektonischen Konkurrenzen. Wir bemühen uns, eine Architektur zu erstellen, die wir nicht noch erfahren haben oder vorher gekonnt zu produzieren. Das heißt, eine " neue " oder erfinderische Architektur.
      O- urpräferenz würde jede Designlösung auf der Grundlage von die Bedingungen entwickeln sollen, die einer spezifischen Aufgabe eigenartig sind. Für uns ist dieses ein wichtiges Ziel. Wir nicht erzielen es immer, aber wir versuchen stark. Und in diesem Kontext begrüßen wir Innovation. Es ist zu uns einfach aufgrund des Seins neu wichtig, weil in ihm wir neue Elemente in unserer Welt erkennen. Dennoch passend, erwarten wir Innovationen, um mindestens sowie ihre Vorgänger durchzuführen.

      T, die er wünscht, ursprüngliche Architektur zu erstellen ist aber eine Herausforderung unserer Arbeit. Architektur ist durch Natur eine gemeinschaftliche Bemühung. Die Grundlage betrifft - daß wir zusammen mit unseren Klienten für einige Jahre arbeiten und zu bitte ihnen wünschen, daß unsere Gebäude verwendbar sind und daß wir ein angemessenes Verhältnis zwischen Kosten und Nutzen anbieten - bilden Sie eine Grundlage, von der spezielle und ursprüngliche Sachen wachsen können. Durch sie entdecken wir die Individualität jeder Kommission.

      I t macht sehr viel zu uns aus, die wir mit in unserem Büro bearbeiten und die wir für einen bestimmten Job beschäftigen.

      I n die letzte Dekade, als unsere Arbeit ist außerhalb Deutschlands, wir haben angezogen viele begabte, junge Architekten von auf der ganzen Erde bekannt geworden. Momentan B,B u. P haben ein kleines Büro in Los Angeles, das durch einen unserer älteren Architekten dargestellt wird, Christoph Jantzen gegründet. Ausserdem haben wir eine Teilhaberschaft mit Ken Radtkey der Amselarchitekten in Santa Monica, des CA Ken gebildet, der mit Behnisch bearbeitet wird u. des Partners für fünf Jahre, bevor wir in die US zurückgingen und seine eigene Praxis öffneten.
      Wir werden durch den Reichtum unserer Kollektiverfahrung erzogen und werden durch die Energie angespornt und Freiheit, die ein internationales Büro sich darstellt.
      Innerhalb unserer Arbeit alte werden Vorstellungen gefragt, werden Ideen ausgetauscht, gedacht wird engagiert und Entscheidungen werden getroffen. Die verschiedenen Sprachen, die Normen, die Eindrücke und die Geschichten der entfernten Länder sind Nahrung für unseren einzelnen Gedanken und unsere allgemeine Arbeit. Unsere Anblicke vereinigen, um einen geteilten Anblick der Architektur aufzubauen.

      Ein internationales Team n produziert natürlich eine Anzahl von Annäherungen zu jedem möglichem einem Problem. Seine Offenheit zu den neuen Ideen und zur Bereitwilligkeit, zu allen Umständen zu reagieren ist zum Entdecken des Wesentlichen eines Projektes wesentlich. Möglicherweise, weil die jüngeren Architekten wenige Gefahren kennen und erkennen, sind sie schnell, ändernde Bedingungen als Gelegenheiten zu sehen, stark zu arbeiten und Entdeckungen zu bilden. Die erfahreneren Architekten, die Projektarchitekten und Partner, konnten zur Routine- und praktischen Erfahrung betriebsbereiter sich anbringen. Dennoch ist es genau dieses Formular des Kontrastes, ähnlich unserer Suche nach Innovation und Respekt während der Vergangenheit, die unser Büro mit Energie versorgt.

      Einige Beispiele dieser Organisation sind das Institut für Forstwirtschaft- und Naturforschung in Wageningen, die Niederlande, die nationalen und provinziellen Archive in Kopenhagen, Dänemark und der Mitte Harbourside in Bristol, England. Kommissionen wurden in den Konkurrenzen mit Absicht die Teams gewonnen, die aus den deutschen, amerikanischen, kanadischen, holländischen und englischen Architekten bestanden. Die Pools von " Sprache " man zeugt - die Zeichnungen und die Modelle der räumlichen Sprache, die Töne der verschiedenen Fremdsprachen oder alle elektronische Sprache der Computer bezeugen zur Bemühung und zur Forschung unserer architektonischen Sprache. Es ist ein Überzeugen und ein konkretes Beispiel von, wie durch unsere Arbeit wir mit unserer Welt vertraut werden.


      Seit 1989 haben wir zwei Büros. Das Büro Behnisch u. Partner in Sillenbuch, ein Vorort von Stuttgart und eine unterschiedliche Praxis im Stadtzentrum, am Anfang genannt Behnisch u. Partner Büro Innenstadt und als Behnisch, Behnisch u. Partner jetzt fest hergestellt.

      Behnisch u. -partner wurden 1954 gegründet. Heutige Partner sind Professor Dr. E.h. Günter Behnisch und Professor (FH) Manfred Sabatke.

      Behnisch beschäftigen aktuell herum 60 Architekten. Die Partner sind: Professor Dr. E.h. Günter Behnisch, Stefan Behnisch und Günther Schaller.

      Projectpartner sind:
      für das Lothar-Günther-Buchheim-Museum:
      Martin Werminghausen
      für die Archive in Kopenhagen:
      DavidKoch

      M- ost der Fotographien werden durch einen unserer führenden Architekten für beide Büros, Herr Christian Kandzia genommen.



      I t ist ziemlich schwierig, genau auszudrucken, die Büro, welches Gebäude. In den meisten Fällen wird dieses gekennzeichnet. In einigen Fällen zeigt ein kleines Sternchen (*) an, daß dieses Projekt gewesen ist oder vom jüngeren Büro, vom Behnisch, vom Behnisch u. vom Partner verwirklicht wird.

      O n die Liste erwähnten wir auch Mitarbeiter und Ingenieure, die wir mit in der Vergangenheit bearbeiteten, oder wir arbeiten mit auf aktuellen Projekten. Jedoch schränkten uns wir auf die sehr guten Büros ein, weil anders die Liste weites zu langes sein würde.
      Avatar
      schrieb am 02.10.01 16:10:24
      Beitrag Nr. 2 ()
      Überhaupt noch Bauen zu erwähnen, muß denjenigen bereits als größte Sünde erscheinen, die am liebsten überall Wiesen und Wälder sehen würden, auch in ihren Städten. Denn dieser Menschentyp schämt sich im Grunde, Kulturmensch zu sein, und wäre lieber Naturmensch, bzw. was er sich als solchen erträumt. Dieser Naturmensch (wir kennen ihn von ROUSSEAU, aber daran erinnert man sich heute kaum noch) ist nichts anderes als eine blasse Negativschablone des aktuellen Menschen der technischen Zivilisation. Dieser zivilisierte Mensch haßt im Grunde die Technik, gerade weil er sie so sehr braucht und benutzt. Aus dieser Verleugnung projiziert er sich ein Anderes, das es nie gab und nie geben wird.

      Diese Art Mensch ist heute in der Überzahl. Sie gibt sich "ökologisch" und "kritisch-aufgeklärt", spricht von Alternativen, hat aber keine und sucht nicht mal welche. Während sie im Brustton der Überzeugung von Naturschutz spricht und sich über Vergiftungen und andere Schandtaten ereifert, greift sie ohne weiteres Nachdenken zur Zigarette und inhaliert tief deren Rauch, um sich wenigstens kurzzeitig entspannen zu können.
      Man sollte diesen Phantommenschen nicht zu ernst nehmen, denn er bringt nichts zustande und kann nichts befruchten. Im Grunde gefällt ihm das auch, sonst würde er es ändern.
      Avatar
      schrieb am 02.10.01 16:17:23
      Beitrag Nr. 3 ()
      Wright`s organische Architektur und Tao.

      Chih-Hsing Shen

      M. Eray Özkan

      Vorwort

      Wenn man sich mit organischer Architektur beschäftigt ist die Auseinandersetzung mit Frank Lloyd Wright, der sich das organische Bauen zur Lebensaufgabe machte, ein wesentlicher Bestandteil dessen. Seine Bauwerke, Bücher, Vorträge und Gespräche erläutern und verdeutlichen seine Auffassung von organischer Architektur.

      Als Wright auf Tao stieß, stellte er fest, daß der zentrale Gedanke der organischen Architektur von Laotse, Gründer des Taos, fünfhundert Jahre vor Jesus sehr deutlich ausgesprochen wurde. Taoismus und Buddhismus haben seit über zweitausend Jahren parallel die fernöstliche Kultur tief beeinflußt. Der später entstandene Zen-Buddhismus ist eine Synthese beider und sieht sich als die Essenz des Buddhismus. Sein Interesse für die praktische Ausübung statt der philosophischen Vertiefung, verdeutlicht insbesondere seine taoistischen Merkmale. Wir haben daher Aspekte der Zen-Literatur, die sich mit dem Taoismus decken, auch in unserem Essay verwendet.

      Tao und die organische Architektur Wrights als Thema zu bearbeiten entstand aus dem Interesse für eine ungebundene, die allgemeinen Verstrickungen überwindende Lebensweise in Bezug, zu einer möglicherweise die Richtungsdogmen und Architekturmoden überwindende Architektur, die sich mit der Gegebenheit Ort und den unmittelbaren Bedürfnissen der Menschen auseinandersetzt.

      Die Idee der organischen Architektur

      Die organische Architektur enthält das Prinzip der Flexibilität. Sie versteht sich als Integration in den Ort. Nachahmung und Imitation werden von ihr als Methode abgelehnt, da die Einzigartigkeit jedes Ortes eine Auseinandersetzung mit jedem Ort im Einzelnen erfordert, die zu einzigartigen Lösungen führen. Das Gebäude schafft eine starke Beziehung zum Boden und zur Landschaft, es beinhaltet die Materialien des Ortes oder zumindest die, die dem Ortscharakter entsprechen. Die Kreativität des Architekten und die Inspiration durch den Ort führen zu den organischen Formen, die nicht als Nachahmung der Naturformen zu verstehen sind. Was Wright das Organische nennt ist daher nicht zu verwechseln mit dem Begriff des Organhaften bei Häring. Die Variabilität der organischen Architektur machen den Versuch einer Definition über ihre Erscheinungsformen absurd.



      Eigenschaften organischer Architektur

      Eine humanistische Idee

      Die organische Architektur orientiert sich am Maßstab der Menschen. Ihre Bedürfnisse werden zum zentralen Prinzip des Entwurfs. Sie versucht Menschen aus ihren beengten Verhältnissen zu befreien, indem für jeden Menschen ein angemessener Lebensraum gefordert wird. Mit Hilfe der modernen Technik, die die Vernetzung und Kommunikation über große Entfernungen ermöglicht, soll ein gehobenes Raum- und Lebensgefühl verwirklicht werden. Die organische Idee soll dem Menschen ermöglichen, Vertrauen in das Leben und in die eigene Natur zu finden.



      Form und Funktion sind eins

      "Die Form folgt der Funktion" wird von den Funktionalisten Häring und Greenough gefordert. Es gibt eine starke Beziehung zwischen Form und Funktion. Wright versucht die Dualität zwischen hier Form und dort Funktion mit der Forderung ?Form und Funktion sind eins" zu einer untrennbaren Einheit zu verschmelzen. Organisch ist eine Architektur, welche diese Beziehung anerkennt und in die Mitte der Arbeit stellt.



      Eine umweltanpassende Ästhetik

      Organische Architektur entsteht als Integration in den Ort, die die Ortsgegebenheiten als wichtige Bedingung im Entwurf berücksichtigt. Sie drückt sich bei Wright insbesondere in dem Gefühl für die Natur aus. Seine Bauten erwachsen aus tief gegründetem menschlichen Bedürfnis und fügen sich organisch, in die sie umgebende Natur, ein.



      Wright zum Thema organisch

      Das Wort organisch bezeichnet in der Architektur nicht lediglich das, was in einem Fleischladen hängen kann, auf zwei Füßen herumgeht oder auf einem Feld angebaut wird. Das Wort organisch bezieht sich aufs Wesen; vielleicht wäre es besser, das Wort integrierend oder wesentlich zu benutzen. Wie es ursprünglich in der Architektur verwendet wurde, bedeutet organisch: Der Teil verhält sich zum Ganzen, wie sich das Ganze zum Teil verhält. Wesen als Integrierendes ist deshalb das, was das Wort organisch wirklich heißt. Wesentlich.

      Organische Architektur - ist eine natürliche Natur - die Architektur der Natur für die Natur.



      Wrights organische Architektur aus der Perspektive des Taoismus

      Was ist Tao ?

      Es gibt ein Verschwommenes und Ununterscheidbares

      Das Himmel und Erde vorausgeht.

      So unterschiedslos! So verschwommen!

      Doch in ihm ist Gestalt.

      So dunkel! So verworren!

      Ruhig, aber immerzu waltend.

      Es tut nichts, und dadurch bleibt nichts ungetan.

      Auf das Vollbrachte legt es keinen Wert.

      Es liebt und nähret alle Dinge und spielt doch nicht den

      Herren über sie.

      Ich kenne seinen Namen nicht.

      Ich nenne es Tao.

      Laotse



      Das Wort Tao beinhaltet verschiedene Bedeutungen, wie z.B. Gott, Natur, das Absolute, das, wodurch alle Dinge entstehen, die große Leere, der Sinn. Es kann das gewöhnliche Bewußtsein, ein Naturgesetz oder der Makrokosmos sein. Es ist vage, formlos und flexibel. Das Wesen des Tao entzieht sich aufgrund seines unbegrenzten Inhalts einer Definition. Es kann weder durch den Verstand noch durch die Vernunft erfaßt werden.

      In den nächsten vier Abschnitten werden wir Wrights organische Architektur mit einigen Aspekten des Taos vergleichen und versuchen die Gemeinsamkeiten beider herauszustellen:



      Natur und Mensch sind Eins

      Tao ist das allumfassende große Universum, die alles beinhaltende Leere aus dem alles kommt und in den alles geht. Der Mensch ist ein Bestandteil dieser großen Leere, daher nimmt er im Taoismus keine übergeordnete Stellung ein. Aus taoistischer Sicht folgen die Dinge einer unsichtbaren inneren Disziplin. Der Taoist empfindet ein tiefes Vertrauen in die eigene Natur: Was aus der natürlichen Reaktion der Menschen herrührt wird nicht falsch sein.

      Der Verstand ermöglicht dem Menschen sich seines eigenen Ichs bewußt zu werden, sich von der Natur gesondert zu betrachten. Diese Unterscheidung ist das Werk des Intellekts, der seinen Platz im praktischen Leben hat und ohne den der Mensch nicht auskommen kann. Ein Eindringen in den geistigen Bereich aber bleibt ihm vorenthalten, da sich das Wesen des Taos mit den Mitteln der Logik nicht erfassen läßt. Die Verselbständigung des Intellekts führt zu einer egozentrischen Sichtweise, welcher bemüht ist, die Umwelt den egoistischen Vorstellungen entsprechend zu verändern. Der ?Ich" bezogene Mensch versucht die Natur seinen Möglichkeiten entsprechend zu bezwingen, zu erobern und zu unterwerfen, da er sie fürchtet. Der Taoist bemüht sich sein Leben in Harmonie mit der Natur zu führen, indem er es annimmt. Er versucht sich von seiner dualistischen Sichtweise zu befreien, indem er sich, seiner von der Vernunft auferlegten Beschränkungen, entledigt. Selbstvergessenes, ichloses Handeln stellt den erleuchteten Zustand als ?höchste Stufe" des Lebens dar, bei dem der Mensch eins wird mit der Natur und das große Universum sich seinem kleinen öffnet. Der taoistische Mensch durchläuft in seinem Leben bis zur Erleuchtung drei Zustände:

      Der erste Zustand entspricht dem Neugeborenen, der sich seiner Selbst nicht bewußt ist. Im Taoismus wird dieser Zustand als ?primärer Naturzustand" bezeichnet. In der zweiten Phase entfaltet sich das Bewußtsein. Der Mensch ist bemüht sein Wissen anzuhäufen und seine technischen Fähigkeiten zu perfektionieren. Er befindet sich im ?Gelehrtenzustand". In der dritten Phase überschreitet der Mensch seine technischen Fähigkeiten, so daß das Können zu einem ?nichtgekonnten" Können wird, das aus dem Unbewußten erwächst. Dieser Zustand der Unbewußtheit wird aber nur erreicht, wenn er von seinem Selbst vollkommen frei ist, wenn er eins ist mit der Vollkommenheit. Der letzte Zustand entspricht dem ?wiedererlangten Naturzustand" des Erweckten. Obwohl der Mensch seine Kindlichkeit zurückgewinnt, betont der Taoist den wesentlichen Unterschied zum ?primären Zustand".



      Die Charakterisierung der Natur durch Wright:

      Natur bedeutet nicht einfach ?draußen im Freien", Wolken, Bäume, das Gelände und das Leben der Tiere, sondern bezieht sich auf ihre Natur wie auf die Natur von Baustoffen oder die ?Natur" eines Plans, eines Gefühls oder eines Werkzeugs. Auf einen Menschen oder alles, was ihn betrifft - von innen her. Die innere Natur. Das innewohnende Prinzip.

      Wright



      Hier wird die Ähnlichkeit zwischen Wright und Laotse im Bezug auf die Natur deutlich, wenn man das ?innewohnende Prinzip" mit Laotses ?ich kenne seinen Namen nicht - ich nenne es Tao" vergleicht. Sowohl Wright, als auch Laotse verstehen unter dem Begriff Natur nicht bloß das Sichtbare in ihr, sondern mehr die unergründbare Kraft, die aus ihr kommt. Wright liebte diese Natur in seiner ganzen Mannigfaltigkeit und seiner eigenen Wirklichkeit. Seine Werke spiegeln deutlich seinen Respekt und sein Wunsch nach Harmonie mit ihr wider. Auch das starke Vertrauen in die Prinzipien der Natur zeigt deutliche Parallelen. Daher wundert es nicht, daß bei beiden ?Natur und Mensch sind Eins" als höchste Stufe angesehen werden. Dieser Gedanke wird in Wrights Architektur in der Thematik "organischer Einheit" klar reflektiert:



      So werden Umgebung und Gebäude eins: Das Außen ins Gebäude kommt und das Innen hinausgeht. Garten und Haus können jetzt eins Sein. In jeder guten organischen Konstruktion ist es schwer zu sagen, wo das Haus beginnt oder endet und der Garten beginnt.

      Wright



      Abstraktion

      [...] Unter ?Abstraktion" verstehe ich das innerste Wesen einer Sache - jedweder Sache -, ihr Muster, als die Substanz der Wirklichkeit. Von zufälligen Ergebnissen abgesehen, würde der Kern eines Gegenstandes im Fortlassen alles unwesentlichen liegen, wenn dieses gut ausgeführt und die Natur getreu wiedergegeben, von dem wahren Künstler in Modellen ausgedrückt wird: die lineare und räumliche Bedeutung der inneren Wirklichkeit - das ist es, was in Form zu bringen ist. [...] Unsere Sitten und Gebräuche sind alle derartige Abstraktionen oder sollten es wenigstens sein; und als solches entsprechen sie der großen Abstraktion, die wir Zivilisation nennen. [...] Echte menschliche Abstraktionen werden gewöhnlich zu Ritualen. Die einmal gebildete ursprüngliche Abstraktion wird, obwohl das Ritual veralten kann, vom Menschen liebevoll gehegt, weil die Rituale das überlieferten, was seine Art einst schön zum Sehen, Fühlen, Hören oder Denken hielt.

      Dieses Festhalten am Begrifflichen als Schönem geht so weit, daß heute nur wenige Lebende in jenen Abstraktionen -toten Kulturen- das erkennen können, was sie wesentlich von den noch lebendigen unterscheidet. Der Begriff ?Geschmack" verwirrt sie immer noch, verworren wie er ist im großen Urwald des frühen Abstrakten. Der heimatlose oder käufliche ?Geschmack" hat in den unendlichen Weiten des Abstrakten die Richtung verloren. Darum brauchen wir den Propheten, auf daß er immer neue, vom Zufall befreite Bestimmungen für das Leben in größerer Übereinstimmung mit dem ewigen Gesetz der Wandlung bilde. [...]

      [...] Aber niemals sollten wir uns heutzutage in die Fesseln und Fallen eines Stiles verstricken. Bestimmt nicht, wenn es dem natürlichen Bauen freisteht, mit dem fabelhaften Rüstzeug von innen heraus zu leben. Schon die Idee ist vital und faszinierend. [...]

      Wright

      Das Tao ist formlos und vage

      Es ist verbogen, geheimnisvoll und dunkel

      Es ist der Ursprung aller Dinge

      Laotse

      Weil es der Ursprung aller Dinge ist, kann das Tao keine bestimmte Form haben. Das Tao ist kein festes Dogma, sondern eine unsichtbare Naturkraft:

      Ohne Form ist die Quelle aller Formen

      Wright versuchte das Anhaften seiner Zivilisation an veralten Ritualen durch neue Abstraktionen zu ersetzen. Diese Abstraktionen haben ihr Grundprinzip im Gesetz der ständigen Wandlung von allem. Die Fähigkeit, die Abstraktionen hervorzubringen, wurde auch bei Wright durch ein starkes Vertrauen in die eigene Natur begründet. Auch seine Betonung des ?Hier und Jetzt" für eine moderne Architektur weist Parallelen zum Taoismus auf, beim dem eine Existenz außerhalb der absoluten Gegenwart nicht bestehen kann.

      Die Abstraktion ist keine Nachahmung der traditionellen Stile oder keine bestimmte Form der Natur, sondern das Gefühl nach innerer Wirklichkeit. Wright bediente sich der Abstraktion, um die Formen und vorherrschenden Rhythmen der Landschaften echohaft wiederzugeben. Er wollte eins sein mit der Natur, während er zugleich abstrakte Plattformen und plastische Massen dagegen abgrenzte und aufbaute, die die Formen der Natur mit den Mitteln menschlicher Geometrie verbindete. Wright¡¦s ?Abstraktion" weist eine gewisse Ähnlichkeit zu Laotse¡¦s ?ohne Form" auf. Beide charakterisieren Form durch Flexibilität, Abwechslungsreichtum und Unendlichkeit.

      Wrights vordringliches Interesse war abstrakt. Er versuchte die Abstraktion im Raum erstens als rhythmisch - geometrische Gebilde darzustellen und zweitens wünschte Wright den so geschaffenen Hohlraum derart zu umschließen, daß er oder seine Wirkung auch nach außen durch die plastische Gliederung des Baukörpers in seinen Gesamtheit dargestellt wurde.

      Vincent Scully Jr.



      Humanistische Gedanken

      Humanität ist ein Grundsatz, der durch sämtliche Werke Wrights hindurch konstant bestehen bleibt. Wo immer der Mensch in Relation zu Wrights Bauten gesetzt wird, steht er deutlich erkennbar im Zentrum. Ein wesentlicher Bestandteil seiner Gedanken befaßte sich daher mit der menschlichen Psyche und dem menschlichen Maßstab. Im Tao haben wir keine direkte Benennung der Humanität gefunden und sie nimmt auch keine zentrale Stellung ein, aber Laotses Gedanken beinhalten sie auf ganz natürliche Weise.

      Wenn wir jetzt für einen Augenblick zu dem zentralen Gedanken der organischen Natur zurückgehen wollen, so war es Laotse, fünfhundert Jahre vor Jesus, der, soweit ich weiß, als erster erklärte, daß die Realität des Gebäudes nicht in den vier Wänden und dem Dach bestehe, sondern dem Innenraum innewohne, dem Raum, in dem man lebt.

      Wright





      In einigen Werken Wrights ist die Ausgewogenheit in den Proportionen, die kraftvolle Verwendung der Materialien, die Integrität mit der Landschaft besonders deutlich spürbar. Die Behaglichkeit (die wir leider nur aus den Abbildungen entnehmen können) ist Ausdruck der harmonischen Einheit oben erwähnter Entwurfskriterien. Wright besaß ein starkes Gefühl für die Eigenart eines jeden Materials: er verwendete sie oft unbehandelt, naturbelassen, massiv und ihrem Wesen entsprechend an. Licht war für ihn ebenfalls ein Material der Architektur. Wright benutzte die Materialien so, daß sie die menschlichen Sinne in harmonischer Art und Weise ansprechen. Das Bauwerk berührt nahezu alle Sinne des Bewohners, dadurch wird es für ihn erlebbar. Bei Wrights Bauweise bewegt sich der Mensch um einen bereits vorhandenen Mittelpunkt. Seine Architektur besitzt keinen sich feindlich gegen die Außenwelt verschließenden Charakter, sondern ist in freigiebiger Weise räumlich ausgreifend und plastisch. Darum übertreibt der Ausdruck der neuen Freiheit nicht, sondern befreit wirklich das Selbstbewußtsein des Menschen als Mensch.

      Durch die Benutzung natürlicher Materialien, versucht er seine Architektur in Einklang mit der architektonisch organischen Einheit und in Harmonie mit der Natur zu bringen. Eine Voraussetzung für die inhaltliche Einheit, nach Wright, ist das Hervorgehen der Schöpfung aus der Meisterschaft eines Geistes. Die Beteiligung von Experten und Spezialisten im Entwurfsprozeß ist für ihn gleichbedeutend mit der Zergliederung der Architektur und dem Verlust des Inhalts und der Ganzheit. Wright¡¦s Gedanken drücken sich in der Schlichtheit seiner Architektur aus, die sich auf die Möglichkeiten des Architekten beschränkt. Hier kommt der humanistische Aspekt im Schaffungsprozeß zur Geltung, der die Einheit seiner Werke bedingt. Die Maschine wird von der organischen Architektur nur als Werkzeug für größere Freiheit akzeptiert.

      Organische Architektur entsteht nach Wright durch Inspiration. Daher kann man seine Neigung, die organische Architektur in die Landschaft einzufügen, gut nachvollziehen. Sie bietet gegenüber der überladenen Stadt die Harmonie und Vielfalt der Natur. Seine Werke in der Natur erfüllen den humanistischen Anspruch, nach angemessenem Lebens- und Entfaltungsraum.

      Die vereinfachte Yin - Yang Philosophie:

      Alle Erscheinungsformen dieser Welt entstehen durch das Zusammenfließen beider Kräfte - Gegensätze schließen sich nicht aus, sondern verbinden sich zu einer Einheit, die über beiden Energien steht. Yin und Yang sind zwar Gegensätze, doch sie bedingen sich gegenseitig, so daß keines von beiden ohne den anderen existieren kann. Ihre Beziehung zueinander ist daher nicht dualistischer Art. Das Tao geht davon aus, daß alle Dinge sich ständig verändern - im Fluß sind. Ein Grundgesetz der Schöpfung ist, daß es nichts Beständiges außer dem Wandel gibt. So wandelt sich der Morgen zum Mittag, dieser in den Abend und jener in die Nacht. Die Jahreszeiten durchlaufen den Kreislauf von Frühjahr, Sommer, Herbst und Winter. Alles Lebendige wird alt und stirbt, dafür wird Neues geboren. Das Leben durchläuft die vier Phasen, des Geborenwerdens, der Entwicklung, der Reife und des Sterbens. Der Tod bedeutet aber nicht das Verschwinden aus dem Leben, da das Gestorbene im ewigen Naturkreislauf wieder eingebunden wird. Yin und Yang sind in diesen Phasen stets als zunehmende bzw. abnehmende Kräfte gegenwärtig. Um in Harmonie zu leben, ist es gut, die gegenwärtigen Energieverteilungen - das Verhältnis von Yin und Yang - zu kennen und sein Leben im natürlichen Fluß der Dinge zu leben.


      Yin und Yang sind zwar Gegensätze, doch sie beinhalten ein Teil vom anderen.

      Die Kurve zwischen Yin und Yang deutet auf ihre Beziehung als unendliche Umdrehung und Umschließung.

      Yin - Yang bezogen auf die Architektur:

      Ein harmonischer Zustand liegt beim Taoismus vor, wenn sich die Gegensätze Yin und Yang im Gleichgewicht befinden. In Wrights Werken ist die Auseinandersetzung mit dem Gedanken, des positiven und negativen Raumes stark, vertreten. Er sah seine Architektur in der Wechselwirkung mit der Umgebung entstehen und versuchte beide in Einklang zu bringen. Architektur, die sich lediglich auf das Gebäude konzentriert und das Umgebende ignoriert, bezeichnete Wright als inhalts- und orientierungslos. Wie beim Tao geht es auch in Wrights Architektur um die großen Zusammenhänge. Er verfiel nicht der kleinkarierten und beschränkten Sichtweise, die sich nicht über die eigenen vier Wände erheben kann, sondern behielt die Übersicht, damit sich das Zugefügte zum Vorhandenen harmonisch verhielte. Intellektualismus konnte, aus der Sicht Wrights, keine organische Architektur hervorbringen, denn sie müsse aus dem Licht des Geistes hervorgehen, also aus einem transzendentalen Schaffungsprozeß entstehen.

      Das Bestreben Wrights nach harmonischer Einheit zwischen Landschaft und Bauwerk, setzte sich im Inneren des Gebäudes fort. Ein positives, raumgreifendes Element wirkt nicht allein durch sich selbst, sondern viel mehr durch seine Wechselbeziehung mit dem negativen, raumgebenden Element. Wright setzte die Elemente und Räume, geleitet von seinem starken Gefühl für Raumproportionen, spannungsvoll in Beziehung. Er schuf eine Beziehung zwischen seinen Elementen, indem er das fließende Ineinandergreifen eines Raumes in den anderen andeutete. Ein weiteres Problem mit dem sich Wright auseinandersetzte war das der Raumkontinuität, ihre Gestaltung auch auf die äußere Gestaltung der Bauten und ihr Ausdruck im Bauwerk als einem einheitlichen Ganzen. Die räumlichen und materiellen Durchdringungen in Wrights Werken schaffen eine Bewegung, wogegen die ungebrochen-einheitlich-horizontalen Flächen wiederum Ruhe bringen. Zusammenhänge, die im Wechselspiel das Lebendige einer Architektur ausmachen, erschöpfen sich bei Wrights Architektur natürlich nicht mit dem oben genannten Beispiel. Dieses versucht nur die Parallelen zwischen Yin - Yang und seiner Werke herzustellen.

      Er selbst formulierte sein grundlegendes Prinzip treffend so: ?Raum: das ewige Werden; unsichtbarer Quell, aus dem jeglicher Rhythmus fließt, und in den jeder übergehen muß. Jenseits von Zeit oder Unendlichkeit".

      Dieses Bild des ?endlosen Werdens", wie eines dahin strömenden Wassers, eines grenzenlosen Meeres oder einer unendlich weiten Prärie war ein konstantes Element in Wrights gesamtem Werk.



      Guggenheim-Museum und Yin-Yang

      Diese zwei Ideen von zwingender Kraft: die erste von der Umschließung in der idealen Höhle, die zweite von dem Sieg über die Zeit durch die Anwendung der ununterbrochenen Spirale, ?jenseits von Zeit und Unendlichkeit", wobei diese Spirale zyklisch und scheinbar endlos wiederkehrt - diese beiden Ideen also gewinnen ihren Höhepunkt im Guggenheim-Museum. (Vincent Scully)

      Wenn man die Spirale, das Hauptthema des Guggenheim-Museums, mit dem Yin-Yang - Symbol vergleicht, fällt einem wahrscheinlich die Formverwandtschaft zwischen beiden auf. Doch die Ähnlichkeit erschöpft sich auch schon in der Formverwandtschaft, denn inhaltlich gesehen erscheint uns das Guggenheim-Museum, behaftet vom Symbolischen, weit entfernt von der organischen Idee und noch weiter vom Tao. Wright versuchte in diesem Bauwerk Freiheit und Weite zu manifestieren, doch er bewirkte die Lenkung und Beschränkung des Besuchers.

      Julius Posener und Vincent Scully beschreiben ihre Ansicht zum Guggenheim-Museum auf sehr eindrucksvolle Weise und ihre Passagen über dieses Bauwerk vermitteln einen näheren Eindruck.

      Die Analyse der Werke Wrights

      Typische Gestaltungsprinzipien und -elemente in Wrights Architektur, die mit dem Taoismus Ähnlichkeit aufweisen:

      Offenheit der Grundrisse

      In der traditionellen westlichen Architektur ist jeder Raum für sich, eine Welt in sich. Wrights Häusern liegen dagegen offene Grundrisse zugrunde. Bei seinen Einfamilienhäusern werden nur Arbeitsraum, Küche und Herrenzimmer getrennt, die restlichen Räume sind im Sinne des freien Plans offen gehalten. Die Offenheit bezieht sich auch auf die Beziehung Innen-Außen: die Räume werden vom Zentrum des Hauses, dem großen Kamin, in den Garten hinausgestreckt.

      Offene Grundrisse werden in den traditionellen chinesischen und japanischen Wohnhäusern sehr oft angetroffen. Wrights offene Grundrissgestaltung zeigt, daß eine verwandte Denkweise zu ähnlichen Ergebnissen in einer anderen Kultur führen kann, denn der Grundgedanke der Offenheit zeigt sich schon in seinen frühen Werken, als er noch nicht in Berührung mit der östlichen Kultur gekommen war. Sein späterer Kontakt mit ihr, insbesondere mit der japanischen Kultur, perfektioniert die Offenheit seiner Architektur.



      Veranda

      In Wrights Einfamilienhäusern ist die Veranda, die durch ihre horizontalen Linien den Horizontalismus in Wrights Architektur verstärkt, der auffälligste Bauteil der Fassade. Diese architektonische Maßnahme reflektiert seine Naturverbundenheit, da diese langgestreckten Veranden den Kontakt mit der Umgebung gewährleisten, ohne das der Bewohner das Haus verlassen muß und verschafft ihm so einen angemessenen Bewegungsfreiraum.

      Die Veranda nimmt in den fernöstlichen traditionellen Wohnhäusern eine wichtige Stellung ein. Vor allem sind es die traditionellen japanischen Wohnhäuser, die mit ihren umlaufenden Veranden eine besondere Beziehung zum Garten erzeugen. Der Verzicht auf Brüstungen und die offenen Fassaden erzeugen einen noch größeren Bewegungsfreiraum als bei Wright.



      Freistehendes Einfamilienhaus

      Wright baut gern solche Einfamilienhäuser, die tausend Meter vom nächsten entfernt sind. Da sein Ideal nach einem menschlichen Dasein tief verwurzelt ist, kommt es bei Wright zu einer ablehnenden Haltung gegenüber städtischen Lebens. ?Zurück zur Natur" entspricht seinem innersten Wunsch, auch wenn er diese Formulierung mißbilligen würde. Seine Ideen zu städtebaulichen und gesellschaftlichen Problemen basieren auf stark vereinfachten Vorstellungen, fordern die Auflösung der Städte und zeigen die Abwesenheit des sozialen Impulses. Sie entsprechen vagen Utopien, die einem kindlich-naiven Naturgefühl entspringen, das man gerne mit ihm teilt.

      Das zurückgezogene Eremitenleben ist ein bevorzugtes bei Taoisten. Natürlich unterscheidet sich das Leben im freistehenden Einfamilienhauses von der Lebensart in der Zurückgezogenheit, doch sind die grundsätzlichen Gedanken, des verminderten Kontaktes mit anderen Menschen und des verstärkten mit der Natur, ähnlich.

      Der menschliche Maßstab

      Niedrige Räume werden durch Fensterbände, Werksteinplatten, Werksteinbände in der Backsteinwand horizontal unterteilt. Die Deckenhöhe der Wohnhäuser Wrights werden durch den zur Decke gehörenden Fries, den obersten Teil der Wand, optisch noch niedriger. Hier wird von Wright, neben anderer architektonischer Methoden, der Horizontalismus, als Reflexion des humanistischen Gedankens benutzt, um den Menschen in die Mitte des Raumes zu stellen und den menschlichen Maßstab in der Architektur zu verwirklichen.

      Wir haben das Unity Temple als Beispiel gewählt, da Wright selbst dieses Bauwerk als sein erstes Werk bezeichnete, daß mit organischer Absicht entworfen wurde. Bei der Betrachtung der Ansichten fällt als erstes ihre Schlichtheit auf. Durch die Zerstörung der Kiste bringt Wright zwar mehr Bewegung in die Fassaden, als gegenüber der ursprünglichen Idee eines Kubus¡¦, aber der rohe Betonblock, der lediglich die Textur der Holzschalung trägt und die zumeist ungebrochenen Flächen, vermitteln dem Gebäude ein großes Maß an Bescheidenheit. Die Aufmerksamkeit des Betrachters richtet sich als erstes auf die sich abspaltenden Ecken, auf die horizontalen Mauerabdeckungen und auf die rhythmisch gegliederten, dekorativen Pfeiler. Interessant ist die versteckte Anordnung der Eingänge, womit Wright die ?Unversehrtheit" der Fassaden erreicht, sich aber damit stark von den traditionellen Gotteshäusern abgrenzt, bei welchen, dem Eingangsportal eine optisch besondere Bedeutung zu kommt. Wrights Abkehr vom Traditionellen zeigt sich sehr deutlich in seinem Horizontalismus, wodurch der Unity Temple seine nach menschlichem Maßstab geplante Natur widerspiegelt. Die geringe Gebäudehöhe, die Dachvorsprünge und die horizontalen Linien bezwecken eine natürliche Beziehung des Menschen zum Tempel, statt eines ehrfurchtsvollen Respekts. Auch im Gebäudeinneren bleibt die Atmosphäre human. Das Außenlicht fließt von oben und von allen Seiten herein. Die Dekoration des Innenraumes beruht, mit ihren rechteckigen Farbflächen und ihren senkrechten und rechtwinkligen Linien, auf streng geometrischen Prinzipien und zeigt Ähnlichkeit zu traditionellen japanischen Häusern. Unserem Empfinden nach versucht Wright die Aufmerksamkeit zu stark auf die Dekoration und somit auf sich zu lenken. Die stark gerahmten Farbflächen gönnen dem betrachtenden Auge keine Ruhe. Im Ganzen betrachtet, erkennt man aber deutlich die organische Idee, die diesem Bauwerk zu Grunde liegt.



      Mit ?Fallingwater" zeigt Wright, daß Wahrnehmung in der Architektur nicht unbedingt nur auf das Sehen beschränkt sein muß: Das Haus wird in unmittelbare Beziehung zum Wasserfall gesetzt und bedient sich neben der optischen der akustischen Kraft der Natur; zugleich versorgt der Wald die Bewohner mit frischer Luft. Nahezu alle Sinne werden durch Natur und Architektur in angenehmer Weise angesprochen. Das Wirken Wrights erkennt man am engen Zusammenhang mit der Natur und an seinem Sinn für einfache Materialien. Sämtliche vertikale Elemente des Hauses sind in einheimischem Stein ausgeführt, mit leicht vorstehenden Steinen, um den Mauerflächen eine kraftvolle Wirkung zu verleihen. Im Innenraum verwendete Wright die gleichen unbehandelten Steine, die man im Außenbau findet, wodurch der Mensch inspiriert wird die Architektur auch taktil zu erfahren. Alle horizontalen Elemente, wie z.B. die exponierten Terrassenplatten bestehen aus gegossenem und weiß geputztem Beton, dabei wirken die Terrassen, die von allen Räumen erschlossen werden können, wie vereinfachte Felsplatten und spielen im Gesamtkonzept eine wesentliche Rolle. Sie unterstützen im starken Maße das Ineinandergreifen von außen und innen. Das Gefühl der Freiheit, das man in der Natur empfindet, versucht Wright durch den offenen Grundriß ins Gebäudeinnere zu führen: Der Mensch soll nicht abgekapselt sein, sondern sich auf angenehm natürliche Weise frei fühlen.

      Jedes Bauwerk ist ein Eingriff in die Natur und bedeutet daher eine gewisse Zerstörung. Organische Architektur mit der Integration als Prinzip versucht die Zerstörung minim zu halten und sich in die Natur einzugliedern. Fallingwater demonstriert diesen Gedanken in gelungener Weise.



      Das Gebäude steht auf einem halbkreisförmigen Grundriß, auf der Nordseite ist das Erdreich zu einem Wall angeschüttet, die Südseite hingegen besteht nur aus einer über beide Stockwerke reichenden Glaswand, die im Winter die Sonnenwärme in das Haus bringt. Der südliche Dachüberstand ist so bemessen, daß die Glasflächen im Sommer beschattet, im Winter aber von den willkommenen Sonnenstrahlen erreicht werden können, und nimmt so Rücksicht auf den wechselnden Sonnenstand. Die Galerie mit den Schlafzimmern ist mit Stahlstäben von den Dachsparren abgehängt. Dadurch konnte das Erdgeschoß von allen Stützkonstruktionen freigehalten werden.

      B. B. Pfeiffer



      Das Wesen des Solar Hemicycle ist schlicht und bescheiden. Nordansicht und Südansicht unterscheiden sich, aufgrund ihrer wärmetechnischen Funktion, deutlich voneinander. Vor allem in der Nordansicht drückt sich die Einfachheit des Bauwerks durch archaische Verwendung von Material und Form aus. Wright reagierte auf die einfache Topographie mit einer einfachen Formensprache. Die monotone Ausstrahlung des Hügels wird durch die gewachsene Architektur zu einer ruhig-lebendigen Einheit verbunden. Für das Lebendige ist in erster Linie der Durchbruch durch den Hügel entscheidend. Sie vermittelt dem Betrachter ein einladendes Gefühl und verdeutlicht in starkem Maße die untrennbare Einheit zwischen Natur und Bauwerk. Die Ruhe der Nordansicht wird insbesondere durch die liegende Form des Hauses, die horizontale Linie des Holzdachs und die geschlossene Verwendung des grob gefügten, rauhen Bruchsteins, als dominierendes Material bestimmt. Die einheitliche Erdmasse des Hügels ist das Gegenstück zum Stein und schützt das Haus vor den kalten Winden. Das Leben der Bewohner orientiert sich in südliche Richtung, daher bietet die Südansicht ein verstärktes Variationsspiel in Form und Material. Neben dem Bruchstein der Nordseite gewinnen Holz und Glas eine gleichberechtigte Bedeutung. Die großen Glasflächen zum abgeschirmten Innenhof zielen neben dem Solarhaus-Effekt, auf eine Öffnung zur Landschaft. Wright versuchte die Trennung zwischen Innen- und Außenraum aufzulösen, indem er den Naturstein auch im Gebäudeinneren benutzte. Ein weiteres Symbol für das Ineinandergreifen zwischen außen und innen ist ein runder Pflanzenteich, der durch die Glasfassade geteilt wird.

      Wright machte den Kreis zum Hauptthema seines Entwurfs, was sich sowohl in der halbrunden Grundrißform als auch in einigen kreisförmigen Elementen, wie z.B. Küche, Bad und Teich, ausdrückt.

      Epilog

      Wright wirkte in einer Zeit, in der die Industrienationen mit ihren permanent fortschreitenden technischen Errungenschaften immer massivere Umwälzungen herbeiführten. Überwältigt von den Möglichenkeiten der quantitativen Produktivität vervielfältigten die Industriegesellschaften, ihre sich überschlagenden Erfindungen, mit immer effizienteren Produktionsmethoden so gravierend, daß sich das Ausmaß der Umwälzungen nicht mit einigen Worte beschreiben läßt. Das Thema der industriellen Revolution verleitet zwar, neben seiner Entwicklung, sich noch stärker zu seinen Auswirkungen auf Natur und Mensch zu äußern, doch das käme der unaufhaltsamen Industrielawine im Kleinen nahe.

      Scheinbar unbeeindruckt von den rationalisierenden und verallgemeinernden Prinzipien der Technik, die sich nahezu auf alle Lebensbereiche der Menschen übertrugen und den Menschen in Beziehung zur Technik setzten, verwirklichte Wright die Idee einer organischen Architektur, die den Menschen in Beziehung zur Natur sah und die Architektur verwurzelt mit dem Boden auf dem sie steht. Wrights Individualität und geistige Flexibilität spiegelt sich in seinen meisten Bauwerken wider, die sich mit Einfalls- und Variationsreichtum in den jeweiligen Ort integrieren. In seiner respektvollen Haltung der Natur und ihrem innewohnenden Prinzip gegenüber, sehen wir die größten Tendenzen zum Tao. Wir möchten Tendenzen aber noch einmal betonen, denn Laotses Naturverständnis verkörpert für uns ein Leben in einer Geisteshaltung, das sich von egozentrischen und dualistischen Gedanken befreit hat, um eins zu sein mit der Natur. Wright war Architekt, daher gebunden an materielle und gesellschaftliche Verpflichtungen, konfrontiert mit stereotypen Architekturmoden und der zunehmend rationalistischen Denkweise. Trotz der eher schwierigen Umstände verwirklichte Wright seine organische Architektur, gestützt von seinem Selbstvertrauen. Seine Ungebundenheit gegenüber vorgefaßten Architekturstilen, ermöglichte ihm eine ortsbezogene Bauweise, mit einer daraus hervorgehenden Formenvielfalt, die sich aber trotzdem mit der Funktion zu einer Einheit verbindete.

      Wir haben am Anfang über die Industrielawine in der Vergangenheit gesprochen und wir möchten mit ihren Auswirkungen in der Gegenwart anknüpfen, denn sie rollt mit exponential steigender Geschwindigkeit und vernichtet den Lebensraum Natur gnadenlos. Unbegrenzt scheinen die Möglichkeiten moderner Technik zu sein, und sie faszinieren uns. Aber die Vernichtung der Umwelt ist der zu bezahlende Preis für sie, wie ein ganzes Jahrhundert anhaltender Verwüstung beweist. Trotz allem erhofft sich unsere, überwiegend technokratisch eingestellte Gesellschaft, den Ausweg aus der Zerstörung mit Hilfe der Technik zu bewältigen. Warum? Wir wissen, daß die gesellschaftlichen Zusammenhänge komplex sind und es geht hier nicht um eine Schuldzuweisung. Unsere einfache Frage entspringt, ähnlich wie Wrights Utopien, einem kindlich-naiven Impuls, aber dieser könnte der Ansatz für eine konstruktive Offenheit gegenüber möglichen Alternativen sein. Wright und andere Vertreter ganzheitlicher Denkweisen erscheinen uns in diesem Zusammenhang sehr modern.
      Avatar
      schrieb am 23.11.01 11:52:01
      Beitrag Nr. 4 ()
      "Waldspirale von Darmstadt"

      Die "Waldspirale" ist ein ungewöhnliches und zukunftsweisendes Bauwerk.

      Mit diesen Worten beginnt die Ausarbeitung Friedensreich Hundertwassers zu seinem Architektur-Projekt im Darmstädter Bürgerparkviertel. Der Künstler selbst hat den Menschen in den Mittelpunkt seiner Arbeit gestellt. Kunst und Leben bilden bei ihm eine sinnvolle Einheit. Hundertwasser erhielt weltweit Anerkennung für seine Kunst und seinen Einsatz für eine schönere Welt, für ein Leben in Harmonie mit der Natur. Wenn die einen behaupten, die Häuser bestünden aus Mauern, sagte Hundertwasser: "Die Häuser bestehen aus Fenstern". Mit der "Waldspirale in Darmstadt" wird diese Aussage Wirklichkeit. Das Äußere dieses Wohn- und Geschäftshauses spiegelt die Verbindung zwischen Natur und Architektur in unvergleichlicher Form wider. Zum Beispiel gleicht von den rund 1.000 eingebauten Fenstern keines dem anderen.
      Nach einer Bauzeit von rund 22 Monaten fand am vergangenen Freitag (15. September 2000) die offizielle Einweihung und Übergabe der "Waldspirale von Darmstadt" statt. Oberbürgermeister Peter Benz gratulierte den Verantwortlichen des Bauherren, der Bauverein AG Darmstadt, für den gelungenen Beitrag innerhalb der Stadtgestaltung. Immerhin sei ein brachliegendes Gelände im Norden Darmstadts jetzt ein lebhaftes Quartier. Auch das Management des verstorbenen Künstlers gratulierte dem Darmstädter Wohnungsunternehmen und wünschte seinen Bewohnern ein angenehmes Wohnen in der Oase für Menschlichkeit und Natur.
      Das "Hundertwasserhaus" in Darmstadt beherbergt neben einigen kleinen Geschäften, einem Gourmet-Restaurant im Turm und einem Café 105 individuelle Mietwohnungen. Bereits zur Einweihung waren alle Wohnungen vermietet. Bei einem für Freiberger Verhältnisse stolzen Quadratmeterpreis von durchschnittlich 18,00 DM Kaltmiete ein beachtliches Ergebnis!
      Wer demnächst einmal in unserer Partnerstadt Darmstadt zu Besuch weilt, sollte sich die Adresse Friedberger Straße vormerken und dieses Kunstwerk einmal selbst begehen.
      Avatar
      schrieb am 23.11.01 11:53:03
      Beitrag Nr. 5 ()
      in Künstlerleben gegen die gerade Linie.

      Der österreichische Maler Friedensreich Hundertwasser im Alter von 71 Jahren gestorben
      Sein Markenzeichen sind bunte Säulen, goldene Zwiebeltürmchen und begrünte Dachterrassen. In Friedensreich Hundertwassers Häusern wie in seinen Bildern gibt es keine rechten Winkel und keine gerade Linie. Am Samstag ist der Künstler im Alter von 71 Jahren an Bord des Kreuzfahrtschiffes "Queen Elizabeth II" im Pazifischen Ozean gestorben. Die Spirale war das häufigste Motiv seiner Arbeiten, und der ebenso populäre wie umstrittene Maler, Architekt und Ökologe kam immer wieder auf dieses Symbol für den Kreislauf des Lebens zurück.
      Am "Hundertwasserhaus" in Wien, einem Sozialbau in der Nähe des Donaukanals im Süden der Stadt, gleicht kein Fenster dem anderen. Individualität und Abwechslung, ornamentale Gestaltung und bunte Farben waren die Säulen seiner Arbeit, ob nun in der Architektur oder in seiner Malerei. Der klingende Künstlername, den sich Friedrich Stowasser 1949 zulegte, war dem Maler und Graphiker Programm. Sein Werk entstand auch unter einem pazifistischen Anspruch, verbunden mit der Sorge um eine naturverbundene Lebensweise.
      Der Künstler wurde am 15. Dezember 1928 als Sohn einer jüdischen Familie in Wien geboren. Friedrich Stowasser fiel an der Montessori-Schule schon bald durch einen "außergewöhnlichen Farb- und Formsinn" auf. Kunst wurde zu seiner Leidenschaft, doch die akademische Ausbildung langweilte ihn nur. An der Wiener Kunstakademie hielt er es 1949 gerade drei Monate aus. Wichtige Anregungen holte er sich durch Ausstellungen und persönliche Begegnungen mit Künstlern.
      Prägend war für den jungen Mann im Jahr 1948 eine Wiener Schau mit Werken Egon Schieles, lebensbestimmend wurde die Begegnung mit dem französischen Maler Rene Bro. Stowasser folgte dem Freund nach Paris und änderte seinen Namen programmatisch in Friedensreich Hundertwasser. Ausgedehnte Studienreisen führten ihn nach Marrakesch, Tunis, Italien, Tanger und Spanien. In den 50er- und 60er-Jahren entwickelte er seinen bunten unverwechselbaren Stil, der im Gegensatz zu den aufkommenden Strömungen der Abstraktion und Konzeptkunst stand.
      Kunst war für den umtriebig Suchenden verbunden mit einem moralischen Anspruch. Er wollte erreichen, dass der Betrachter seiner Werke sein eigenes Verhältnis zur Natur überdenkt und neu gestaltet: "Der Mensch ist nur ein solcher, wenn er sich selbst als Individuum erkennt, das selbstständig und kreativ-schöpferisch denkt und handelt." Die große Zeit des engagierten Friedens- und Umweltaktivisten wurden die 70er und 80er Jahre. Staatsaufträge aus Deutschland, Österreich und von den Vereinten Nationen machten Hundertwasser populär, zahlreiche Friedens- und Umweltschutzpreise folgten ebenso wie große internationale Ausstellungen.
      In den 90er Jahren wurde es still um den bunten Vogel der Kunst. Der Zeitgeist nüchtern-sachlicher Funktionalität arbeitete gegen Hundertwassers Vorstellung von romantischem Naturerleben als Grundlage des Menschseins. Dem Theoretiker Hundertwasser wurde Dogmatismus vorgeworfen. Der Architekt sah sich als "Fassadenverhübscher" verunglimpft, die zahlreichen öffentlichen Aufträge in seiner Heimat wurden als "Verhundertwasserung Österreichs" bespöttelt.
      Der Künstler sah sich selbst als Einzelgänger und extremer Individualist. Allen Kritiken zum Trotz hielt er an seinem Bekenntnis zur Romantik fest: "Die Abwesenheit von Kitsch macht unser Leben unerträglich." Zuletzt bearbeitete Hundertwasser Aufträge in Deutschland und Neuseeland. Weltweit etwa 20 Hundertwasser-Häuser locken Touristen an, in Wien ebenso wie im sächsischen Wittenberg, wo er ein Gymnasium gestaltete, und im neuseeländischen Kawakawa. In Neuseeland hatte der Künstler zuletzt gelebt. Seinem Wunsch entsprechend soll er im "Garten der glücklichen Toten" auf seinem Landgut in Neuseeland begraben werden.
      Geplante Hundertwasser-Projekte in Dresden und Magdeburg sind nach seinem Tod ungewiss;das Architekturprojekt Hundertwassers "Waldspirale von Darmstadt" soll fertig gestellt werden.

      Irmgard Schmidmaier

      Trading Spotlight

      Anzeige
      InnoCan Pharma
      0,1865EUR 0,00 %
      Biotech-Innovation auf FDA-Kurs!mehr zur Aktie »
      Avatar
      schrieb am 23.11.01 11:53:49
      Beitrag Nr. 6 ()
      Das Plochinger Hundertwasserhaus.

      Wohnen unterm Regenturm. In der Stadtmitte ist das 1994 fertiggestellte Hundertwasser-Projekt "Wohnen unterm Regenturm" Plochingens Anziehungspunkt Nr. 1 geworden.
      Der Innenhofbereich der 64 Wohnungen und 16 gewerblichen Einheiten, bestehend aus einem Supermarkt, gastronomischen Betrieben, Arztpraxen und Büroräumen, wurde über einer Tiefgarage mit 300 Stellplätzen nach der Lebensphilosophie des österreichischen Künstlers und "Architekturheilers" Friedensreich Hundertwasser errichtet: fröhliche Farbigkeit, gerundete Formen, verspielte Balkone, die auf behäbigen Keramiksäulen ruhen, Keramikbänder an den Fenstern, viel Grün auf dem Gelände und Teilen der Dächer, ein Pavillon, der zur Kommunikation einlädt.
      Nach der Hundertwasser-Philosophie haben Türme als zum Himmel gerichtete Fingerzeige schon seit je her bedeutende Bauwerke überragt. In Plochingen wurde deshalb ein 30 Meter hoher Turm, der von vier vergoldeten Kugeln gekrönt ist, zu einem Wahrzeichen der Stadt: Keramikkacheln symbolisieren Regenschlieren.
      Die Horizontale hat nach Meinung des Künstlers Teil der Natur zu sein, die Vertikale sieht er als vom Menschen geschaffen an. Deshalb werden im Bauwerk organische Formen nachempfunden und die Horizontalen, die bei Hundertwasser keine schnurgeraden Linien sein dürfen, durch ihre Begrünung der Natur wieder zurückgegeben.
      Für Hundertwasser ist Regen ein Genuß. Er bringt die Farben zum Leuchten. Senkrechte Fliesenbänder symbolisieren Regenbahnen.
      Ziel Hundertwassers war es, eine eigene Welt zu schaffen, die nur noch den Himmel über sich hat.
      Avatar
      schrieb am 23.11.01 11:55:20
      Beitrag Nr. 7 ()
      Hundertwasser Leben.

      1928 Am 15. Dezember in Wien als Friedrich Stowasser geboren.
      1929 Tod des Vaters, technischer Beamter und Offizier im 1. Weltkrieg.
      1934 Erste Jugendzeichnungen.
      1943 Erste bewußte Buntstiftzeichnungen nach der Natur. In diesem Jahr werden 69 jüdische Familienangehörige mütterlicherseits deportiert und getötet.
      1948 Matura. Verbringt drei Monate an der Akademie der Bildenden Künste bei Prof. Robin Christian Andersen. Walter Kampmann und Egon Schiele-Ausstellungen hinterlassen nachhaltigen Eindruck.
      1949 Beginnt ausgedehnte Reisen, Leopoldskron, Steiermark, Neapel, Norditalien, Toskana, Sizilien, wo er René Brô trifft und ihm nach Paris folgt. Entwickelt seinen eigenen Stil und nimmt den Namen Hundertwasser an.
      1950 Aufenthalt in Paris bei René Brô. Malt gemeinsam mit ihm zwei Wandbilder in Sainte Mandé. Verläßt die Ecole des Beaux Arts am ersten Tag.
      1952 Erste Ausstellung im Art Club Wien, kurze dekorativ-abstrakte Periode.
      1953 Malt die erste Spirale. Zweiter Aufenthalt in Paris. Arbeitet in Brôs Studio in St. Maurice. Zweite Ausstellung im Art Club Wien.
      1954 Erste Ausstellung in Paris bei Paul Facchetti. Entwickelt die Theorie des "Transautomatismus" und beginnt seine Bilder zu numerieren.
      1958 Hochzeit in Gibraltar (Scheidung 1960). Verliest Verschimmelungsmanifest gegen den Rationalismus in der Architektur anläßlich eines Kongresses im Kloster Seckau am 4.Juli.
      1959 Erhält Sanbra-Preis bei der Biennale Sao Paolo. Im September Gründung des "Pintorarium" - eine universelle Akademie aller kreativen Richtungen - mit Ernst Fuchs und Arnulf Rainer. Als Gastdozent an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg zieht er die Endlose Linie mit Bazon Brock und Herbert Schult. Nach dem Skandal Rücklegung der Dozentur.
      1960 Besucht Japan. Erhält den Mainichi-Preis bei der 6. Internationalen Kunstausstellung in Tokio. Hat große Erfolge bei der Ausstellung in der Tokyo Gallery.
      1961 Heiratet Yuko Ikewada (Scheidung 1966). Großer Erfolg einer Retrospektive bei der Biennale in Venedig.
      1966 Unglückliche Liebe. Ferry Radax dreht den ersten Dokumentarfilm über Hundertwasser in "La Picaudière" und im Waldviertel.
      1967 Bereist Uganda und den Sudan. Wanderausstellung in Paris, London, Genf, Berlin. Nacktrede in München für das Anrecht auf die Dritte Haut.
      1968 Nacktrede und Vorlesung des Architektur-Boykott-Manifests "Los von Loos" in Wien. Bereist Nordkalifornien. Bereitet großen Katalog an der University of California für seine Museumsausstellung vor. Segelt mit dem alten Holzschiff "San Giuseppe T" von Sizilien nach Venedig.
      1971 Arbeit am Olympia-Poster für München in Lengmoos.
      1972 Umbau des Schiffes zur "Regentag" in Werften in Venedig. Zusammenarbeit mit Peter Schamoni für den Film "Hundertwasser Regentag". Arbeitet an der Graphikmappe "Regentag" in Lengmoos, Bayern. Tod der Mutter. Freundschaft mit Joram Harel. Demonstriert in der TV-Sendung "Wünsch Dir Was" für Dachbewaldung und individuelle Fassadengestaltung. Veröffentlicht Manifest "Dein Fensterrecht-Deine Baumpflicht". Präsentation des "Regentag-Films" in Cannes.
      1973 Erste Mappe mit japanischen Holzschnitten Nana Hiaku Mizu. Hundertwasser ist der erste europäische Maler, dessen Werke von japanischen Meistern geschnitzt werden. 1975 Erscheinen der zweiten japanischen Holzschnittmappe: Midori No Namida.
      1974 Veröffentlicht Manifest "Humus Toilette" in München. Entwirft Briefmarke für Österreich: Spiralbaum. Leitet hiermit die Serie "Moderne Kunst in Österreich" ein. Die Weltausstellung "Österreich zeigt den Kontinenten Hundertwasser" (mit Katalog) beginnt im Musée d´Art Moderne de la Ville de Paris und wird weiter ausgestellt in Luxembourg, Marseille, Kairo. Die Albertina-Ausstellung seines gesamten graphischen Oeuvres beginnt die Tour durch Museen der USA: New York, Boston.
      1975 Weltwanderausstellung: Tel Aviv, Warschau, Reykjavik, Kopenhagen, Dakar. Graphik-Ausstellung in den USA: Brooklyn, Maryland.
      1978 Entwirft in Venedig die Friedensfahne für den Nahen Osten mit grünem Arabischen Halbmond und blauem Davidstern auf weißem Untergrund. Veröffentlicht sein Friedensmanifest. Weltwanderausstellung: Mexiko City, Montreal, Toronto, Brüssel, Budapest. Albertina Graphik Ausstellung in Kanada, BRD, Marokko.
      1979 Friedensfahne und Manifest werden vom österreichischen Bundeskanzler Kreisky an Staatsoberhäupter des Nahen Ostens gesandt. Druck von drei Briefmarken für die Republik Senegal und einer für die Republik der Kapverdischen Inseln.
      1980 "Hundertwasser Day" in Washington D.C. am 18.November, proklamiert von Bürgermeister Marion Barry Jr., Pflanzung auf dem Judiciary Square, sowie Übergabe des Anti-Atom-Posters "Plant trees avert nuclear peril" an Ralph Nader sowie des Umwelt Posters "Arche Noah 2000" für Deutschland. Spricht über Ökologie, gegen Kernkraft und für eine natur- und menschengerechtere Architektur im US-Senat und anläßlich des 2. Europäischen Symposiums über Ökologie in Berlin sowie an den technischen Universitäten Wien und Oslo.
      1981 Am 14. Februar Verleihung des Großen Österreichischen Staatspreises 1980 und Rede gegen die Kernkraft und über "Die falsche Kunst". Österreichischer Naturschutzpreis. Berufung zum Leiter der Meisterschule für Malerei an die Akademie der Bildenden Künste Wien.
      1982 Gestaltet als "Architekturdoktor" die Fassade der Rosenthal-Fabrik in Selb um. Entwirft Zungenbärte aus Keramik für das Rupertinum Salzburg. Plakat "Künstler für den Frieden".
      1983 Entwirft sechs Briefmarken für die Vereinten Nationen (je zwei für New York, Genf und Wien). Grundsteinlegung des "Hundertwasserhauses" in Wien. Entwirft eine Flagge für Neuseeland, das Koru - Entrollender Farn.
      1984 Erhält den Preis für die schönste Briefmarke und die Goldmedaille von Staatspräsident Pertini, Italien, für die 1,20-sFr.-Marke für die UNO Genf. Nimmt aktiv an den Aktionen zur Rettung der Hainburger Au teil. Gestaltet das Plakat "Hainburg - Die freie Natur ist unsere Freiheit".
      1985 Am 17.Februar wird das Hundertwasserhaus den Mietern übergeben. 70.000 Besucher am "Tag der offenen Tür". 1.000 grüne Koru-Fahnen wehen in Neuseeland, großes Interesse der Bevölkerung, der Presse und im Parlament. Entwirft Uluru - Down Under Flag für Australien. Arbeitet an der Brockhaus-Enzyklopädie.
      1986 Im März erscheint in Österreich die Hundertwasser-Sonderbriefmarke Cept Europalia. Am 3.März Verleihung des Ordens "Officier de l´ordre des arts et des lettres" durch den Botschafter von Frankreich in Österreich. Entwirft das Plakat für André Hellers "Luna-Luna" und für die Europalia. Gestaltet für die Europalia das Palais des Beaux Arts in Brüssel. Entwirft Neugestaltung der St. Barbara-Kirche in Bärnbach, Steiermark.
      1988 Auf Einladung des Bürgermeisters und Landeshauptmannes Dr. Helmut Zilk übernimmt er die Planung und den Entwurf zur architektonischen und künstlerischen Gestaltung des Fernwärmewerks Spittelau, Wien. Lehrt im Juli/August an der internationalen Sommerakademie in Salzburg. Setzt sich für die Beibehaltung des bisherigen Erscheinungsbildes der österreichischen Autokennzeichen ein. Verleihung des Goldenen Ehrenzeichens der Stadt Wien. Verleihung des Goldenen Ehrenzeichens des Landes Steiermark.
      1989 Baut sein Modell "Hügelwiesenland".
      1990 Arbeitet an Architektur-Realisationen: KunstHausWien; Raststätte Bad Fischau, Niederösterreich; In den Wiesen, Bad Soden, Deutschland; Einkaufszentrum Village, Wien; Textilfabrik Muntlix, Vorarlberg; Winery Napa Valley, Kalifornien.
      1991 Fertigstellung des KunstHausWien, Eröffnung am 9.April. Arbeit an Architektur-Projekten: Ortsgestaltung von Griffen, Kärnten; Innenhof der Wohnanlage in Plochingen, BRD; Thermendorf Blumau, Steiermark, dem Hundertwassers Idee vom "Hügelwiesenland" zugrunde liegt. Präsentation seines "Casino Austria Jetons".
      1992 Entwürfe für Vorder- und Rückseite von 4 Telefonwertkarten der österreichischen Post. In Tokio wird Hundertwassers "21st Century Clock Monument" errichtet. Von Tokyo Broadcasting System wird eine TV-Dokumentation über Hundertwassers Architektur und sein ökologisches Engagement ausgestrahlt.
      1993 Arbeitet am Projekt der Hundertwasser-Bibel.
      1994 Einsatz gegen einen Beitritt Österreichs zur Europäischen Union.
      1995 Arbeitet am Thermendorf Blumau. Präsentation der Hunderwasser-Bibel. Entwurf für die äußere Gestaltung einer Boeing B 757 für die Condor Fluggesellschaft.
      1996 Einweihung des von Hundertwasser umgestalteten Donauschiffes MS Vindobona in Wien. Verleihung des Tourismuspreises 1996 der Wiener Wirtschaft.
      1997 Präsentation des Architekturprojektes "Die Waldspirale von Darmstadt" im Institut Mathildenhöhe, Darmstadt. Ausstellung von Briefmarkenentwürfen im Rahmen der Philatelia in Köln. Verleihung des Großen Preises der deutschen Berufsphilatelie. Gestaltung der Buchumschläge der Tageschronik für den Bertelsmann Club. Reise in die Urupukapuka Bay mit "La Giudecca", einem kleinen Stahlschiff aus Venedig, das nach Neuseeland verfrachtet worden war. Reise nach Singapur, Napa Valley zur Fertigstellung der Winery, San Francisco, New York. Einweihung der ersten Baustufe des Hügelwiesenlandes (The Rolling Hills), Rogner-Bad Blumau. Arbeit an Entwürfen für das Architekturprojekt MOP für die Stadt Osaka, Japan. Arbeit an Entwürfen für das Architekturprojekt Hoch-Wiesen-Dresden, BRD, und Entwurf für eine Markthalle in Altenrhein, Schweiz. Beginn der Bauarbeiten im Martin-Luther-Gymnasium in Wittenberg. Lebt und malt in der Picaudière, Normandie.
      1998 Museums-Retrospektive im Institut Mathildenhöhe, Darmstadt. Bausteinaktion zur Finanzierung der Umgestaltung des Martin-Luther-Gymnasiums in Wittenberg. Verleihung des Preises für besondere Verdienste um den Tourismus an Hundertwasser und Robert Rogner durch die Vereinigung deutscher Reisejournalisten auf der ITB 1998.

      Das Keramik-Fies Die Unterwassersetzung von Atlantis Wird in der Orient Station der Metro in Lissabon installiert. Plakat Among Trees You Are At Home zur Unterstützung der Bewaldung der Wüste Negev in Israel.

      Entwurf der Fassadengestaltung für die Pumping Station, Sakishima Island, und für das Sludge Center , Osaka

      Arbeitet am Siebdruck Portfolio La Giudecca Colorata.

      1999 Hundertwasser lebt und malt in Neuseeland. Architekturprojekte: Sludge Center, Osaka; Die grüne Zitadelle von Magdeburg und Bahnhof Uelzen, BRD. Mitarbeit am Bau der von ihm umgestalteten Kawakawa Public Toilet, Neuseeland. Arbeitet an der Erneuerung seines Schiffes Regentag. Entwirft das Layout für seinen Catalogue Raisonné, bestimmt die Größen der Reproduktionen seiner Werke und entwirft die Einbandgestaltungen des zweibändigen Katalogs.
      2000 Verfaßt Kommentare zu vielen seiner Werke für das Oeuvre-Buch. Arbeit an Architekturprojekten für Teneriffa und Dillingen/Saar, BRD. Hundertwasser stirbt an Herzversagen am Samstag, dem 19. Februar, im Pazifischen Ozean, an Bord der Queen Elizabeth II. Er wird auf seinem Land in Neuseeland, im Garten der glücklichen Toten, in Harmonie mit der Natur unter einem Tulip Tree begraben.
      Avatar
      schrieb am 23.11.01 11:56:55
      Beitrag Nr. 8 ()
      Avatar
      schrieb am 23.11.01 15:23:30
      Beitrag Nr. 9 ()
      Verschimmelungsmanifest gegen den Rationalismus in der Architektur. (Hundertwasser)


      Die Malerei und die Skulptur sind jetzt frei, denn jedermann darf heute allerlei Gebilde produzieren und nachher ausstellen. In der Architektur besteht jedoch diese grundsätzliche Freiheit, die als Bedingung jeder Kunst anzusehen ist, noch immer nicht, denn man muß ein Diplom haben, um bauen zu können. Warum?

      Jeder soll bauen können, und solange diese Baufreiheit nicht existiert, kann man die gegenwärtige, geplante Archtitektur überhaupt nicht zur Kunst rechnen. Was realisiert ist, sind einzeln dastehende erbärmliche Kompromisse von Linealmenschen mit schlechtem Gewissen!

      Man sollte den Baugelüsten des einzelnen keine Hemmungen auferlegen! Jeder soll bauen können und bauen müssen und so die wirkliche Verantwortung tragen für die vier Wände, in denen er wohnt. Man muß das Risiko mit in Kauf nehmen, daß so ein tolles Gebäude nachher zusammenfällt, und man darf sich vor Menschenopfern nicht scheuen, die diese Bauweise erfordert, vielleicht erfordert. Es muß endlich aufhören, daß Menschen ihr Quartier beziehen wie Hendeln und die Kaninchen ihren Stall.

      Wenn so ein von den Bewohnern nach eigenen Baugelüsten selbstgebautes tolles Gebilde zusammenfällt, so kracht es ja meist ohnehin vorher, sodaß man flüchten kann. Der Mieter wird jedoch von da an kritischer und schöpferischer den Gehäusen gegenüberstehen, die er bewohnt, und er wird mit eigenen Händen die Wände und Pfeiler verdicken, falls sie ihm zu zerbrechlich scheinen.

      Die materielle Unbewohnbarkeit der Elendsviertel ist der moralischen Unbewohnbarkeit der funktionellen, nützlichen Architektur vorzuziehen. In den sogenannten Elendsvierteln kann nur der Körper des Menschen zugrunde gehen, doch in der angeblich für den Menschen geplanten Architektur geht seine Seele zugrunde. Daher ist das Prinzip der Elendsviertel, das heißt der wild wuchernden Architektur, zu verbessern und als Ausgangsbasis zu nehmen und nicht die funktionelle Architektur.

      Die funktionelle Architektur hat sich als Irrweg erwiesen, genauso wie die Malerei mit dem Lineal. Wir nähern uns mit Riesenschritten der unpraktischen, der unnutzbaren und schließlich der unbewohnbaren Architektur.

      Die große Wende, für die Malerei der absolute tachistische Automatismus, ist für die Architektur die absolute Unbewohnbarkeit, die uns noch bevorsteht, da die Architektur um dreißig Jahre nachhinkt.

      So wie wir heute schon, nach Überschreitung des totalen tachistischen Automatismus, die Wunder des Transautomatismus erleben, so werden wir erst nach Überwindung der totalen Unbewohnbarkeit und der schöpferischen Verschimmelung das Wunder einer neuen, wahren und freien Architektur erleben. Da wir jedoch die totale Unbewohnbarkeit noch nicht hinter uns haben, da wir uns leider noch nicht im Transautomatismus der Architektur befinden, müssen wir vorerst einmal die totale Unbewohnbarkeit, die schöpferische Verschimmelung in der Architektur so rasch wie möglich anstreben.

      Ein Mann in einem Mietshaus muß die Möglichkeit haben, sich aus seinem Fenster zu beugen und – so weit seine Hände reichen – das Mauerwerk abzukratzen. Und es muß ihm gestattet sein, mit einem langen Pinsel – so weit er reichen kann – alles rosa zu bemalen, so daß man von weitem, von der Straße, sehen kann: Dort wohnt ein Mensch, der sich von seinen Nachbarn unterscheidet, dem zugewiesenen Kleinvieh! Auch muß er die Mauern zersägen und allerlei Veränderungen vornehmen können, auch wenn dadurch das architektonisch-harmonische Bild eines sogenannten Meisterwerkes der Architektur gestört wird, und er muß sein Zimmer mit Schlamm oder Plastilin anfüllen können.

      Doch im Mietvertrag ist dies verboten!

      Es ist an der Zeit, daß die Leute selbst dagegen revoltieren, daß man sie in Schachtelkonstruktionen setzt, so wie die Hendeln und die Hasen in Käfigkonstruktionen, die ihnen wesensfremd sind.

      Eine Käfigkonstruktion oder Nützlichkeitskonstruktion ist ein Gebäude, das allen drei Kategorien von Menschen wesensfremd bleibt, die damit zu tun haben!

      Der Architekt hat keinerlei Beziehung zum Gebilde. Selbst wenn er das größte Architekturgenie ist, so kann er doch nicht voraussehen, welcher Art der Mensch ist, der darin wohnen wird. Das sogenannte menschliche Maß in der Architektur ist ein verbrecherischer Betrug. Besonders dann, wenn dieses Maß als Mittelwert aus einem Gallupsystem hervorgegangen ist.
      Der Maurer hat keinerlei Beziehung zum Gebilde. Wenn er beispielsweise eine Mauer nur etwas anders, nach seinen persönlichen Auffassungen, falls er welche hat, gestalten will, so verliert er seine Arbeit. Und außerdem ist es ihm ja ganz egal, da er ja nicht in dem Gebilde wohnen wird.
      Der Bewohner hat keinerlei Beziehung zum Gebilde. Weil er es ja nicht gebaut hat und er nur eingezogen ist. Seine menschlichen Notwendigkeiten, sein menschlicher Raum ist sicherlich ein ganz anderer. Und dies bleibt aufrecht, selbst wenn sich Architekt und Maurer bemühen, genau nach den Angaben des Bewohners und Bestellers zu bauen.
      Nur wenn Architekt, Maurer und Bewohner eine Einheit sind, das heißt ein und dieselbe Person, kann man von Architektur sprechen. Alles andere ist keine Architektur, sondern eine verbrecherische gestaltgewordene Tat.

      Architektur – Maurer – Bewohner sind eine Dreieinigkeit genau wie Gottvater – Sohn – Heiliger Geist. Man beachte die Ähnlichkeit, quasi die Identität der Dreieinigkeiten. Geht die Einheit Architekt – Maurer – Bewohner verloren, so gibt es keine Architektur, so wie die jetzt fabrizierten Gebilde nicht als Architektur anzusehen sind. Der Mensch muß seine kritisch-schöpferische Funktion wieder einnehmen, die er verloren hat und ohne die er aufhört, als Mensch zu existieren!

      Verbrecherisch ist auch die Benützung des Lineals in der Architektur, das, wie leicht zu beweisen ist, als Instrument des Zerfalls der architektonischen Dreieinigkeit anzusehen ist.

      Schon das Bei-sich-tragen einer geraden Linie müßte, zumindest moralisch, verboten werden.

      Das Lineal ist das Symbol des neuen Analphabetismus. Das Lineal ist das Symptom der neuen Krankheit des Zerfalls.

      Wir leben in einem Chaos der geraden Linien, in einem Dschungel der geraden Linien. Wer dies nicht glaubt, der gebe sich einmal die Mühe und zähle die geraden Linien, die ihn umgeben, und er wird begreifen; denn er wird niemals zu einem Ende gelangen.

      Auf einer Rasierklinge habe ich 546 gerade Linien gezählt. Durch die lineare und imaginäre Verbindung zu einer zweiten Rasierklinge derselben Produktion, die sicher haargenau so aussieht, ergeben sich 1090 gerade Linien, und wenn man die Verpackung dazuzählt, an die 3000 gerade Linien derselben Rasierklinge.

      Vor nicht allzulanger Zeit war der Besitz der geraden Linie ein Privileg der Könige, der Begüterten und der Gescheiten. Heute besitzt jeder Depp Millionen von geraden Linien in der Hosentasche.

      Dieser Urwald der geraden Linien, der uns immer mehr wie Gefangene in einem Gefängnis umstrickt, muß gerodet werden.

      Der Mensch hat bisher immer noch die Dschungel gerodet, in denen er sich befand, und sich befreit. Allerdings muß er sich erst dessen bewußt werden, daß er sich in einem Dschungel befindet, denn dieser Dschungel hat sich schleicherisch gebildet, ohne daß die Bevölkerung davon etwas weiß. Und diesmal ist es ein Dschungel der geraden Linien.

      Jede moderne Architektur, bei der das Lineal oder der Zirkel auch nur eine Sekunde lang – und wenn auch nur in Gedanken – eine Rolle gespielt hat, ist zu verwerfen. Gar nicht zu reden von der Entwurfs-, Reißbrett- und Modellarbeit, die nicht nur krankhaft steril, sondern widersinnig geworden ist. Die gerade Linie ist gottlos und unmoralisch. Die gerade Linie ist keine schöpferische, sondern eine reproduktive Linie. In ihr wohnt weniger Gott und menschlicher Geist als vielmehr die bequemheitslüsterne, gehirnlose Massenameise.

      Die Gebilde der geraden Linie, auch wenn sie sich noch so krümmen, biegen, überhängen und sogar durchlöchern, sind somit hinfällig. Das ist alles Anschlußpanik, ist die Angst der konstruktiven Architekten, nur ja rechtzeitig umzuwechseln.

      Wenn sich an einer Rasierklinge der Rost festsetzt, wenn eine Wand zu schimmeln beginnt, wenn in einer Zimmerdecke das Moos wächst und die geometrischen Winkel abrundet, so soll man sich doch freuen, daß mit den Mikroben und Schwämmen das Leben in das Haus einzieht und wir so mehr bewußt als jemals zuvor Zeugen von architektonischen Veränderungen werden, von denen wir viel zu lernen haben.

      Die verantwortungslose Zerstörungswut der konstruktiven funktionellen Architekten ist bekannt. Sie wollten die schönen Häuser mit Stuckfassaden der neunziger Jahre und des Jugendstils einfach abreißen und ihre leeren Gebilde hinpflanzen. Ich weise auf Le Corbusier, der Paris dem Erdboden gleichmachen wollte, um geradlinige Monsterkonstruktionen hinzusetzen. Um Gerechtigkeit zu üben, müßte man jetzt die Gebilde von Mies van der Rohe, Neutra, Bauhaus, Gropius, Johnson, Le Corbusier usw. auch abreißen, da sie seit einer Generation veraltet und moralisch unerträglich geworden sind.

      Die Transautomatisten und alle, die sich jenseits der unbewohnbaren Architektur befinden, verfahren jedoch humaner mit ihren Vorgängern. Sie wollen nicht mehr zerstören.

      Um die funktionelle Architektur vor dem moralischen Ruin zu retten, soll man auf die sauberen Glaswände und Betonglätten ein Zersetzungsprodukt gießen, damit sich dort der Schimmelpilz festsetzen kann.

      Es ist an der Zeit, daß die Industrie ihre fundamentale Mission erkennt, und die ist: schöpferische Verschimmelung betreiben!

      Es ist jetzt Aufgabe der Industrie, bei ihren Spezialisten, Ingenieuren und Doktoren ein moralisches Verantwortungsgefühl gegenüber der Verschimmelung hervorzubringen. Dieses moralische Verantwortungsgefühl gegenüber der schöpferischen Verschimmelung und der kritischen Verwitterung muß schon im Erziehungsgesetz verankert sein.

      Nur die Techniker und Wissenschaftler, die imstande sind, im Schimmel zu leben und Schimmel schöpferisch zu erzeugen, werden die Herren von morgen sein.

      Erst nach der schöpferischen Verschimmelung, von der wir viel zu lernen haben, wird eine neue und wunderbare Architektur entstehen.


      Zusatz 1959

      Die heutige Architektur ist kriminell steril. Denn fatalerweise hört jegliche Bautätigkeit in dem Augenblick auf, in dem Menschen "ihr Quartier beziehen", wo doch normalerweise die Bautätigkeit nach Einzug des Menschen überhaupt erst beginnen sollte. Wir werden so unerhörterweise durch Schanddiktate unserer Menschlichkeit beraubt und auf verbrecherische Art gezwungen, nichts an der Fassade, Anlage, an den Innenräumen weder in Farbe noch Struktur oder Mauerwerk zu ändern oder hinzuzufügen. Selbst Eigentumswohnungen unterliegen der Zensur (siehe Verordnungen der Baubehörde und Statuten des Mietvertrages). Das Charakteristische eines Gefängnisses, Käfigs oder Stalles ist eben der a priori fertiggestellte Bau, der endgültige Abbruch der Bautätigkeit vor Einzug des Tieres oder des Gefangenen in für ihn wesensfremde Gebilde, verbunden mit dem kategorischen Zwang für den Insassen, an "seinem" aufoktroyierten Gehäuse nichts zu ändern.

      Denn die wahrhafte Architektur entsteht durch normale Bautätigkeit, und diese normale Bautätigkeit ist das organische Wachstum einer Hülle um eine Gruppe von Menschen. Dieses Bauwachstum verhält sich genauso wie das Wachstum des Kindes und des Menschen. Der absolute Schlußstrich unter die Bautätigkeit eines Gebildes ist nur bei Monumenten und unbewohnbaren Architekturen bedingt tragbar.

      Falls das Gebilde jedoch dazu bestimmt ist, Menschen in seinem Inneren zu beherbergen, so ist der absolute Abbruch der Bautätigkeit vor Einzug des Menschen als widernatürliche Sterilisierung des Wachstums und somit als kriminelles Vergehen zu betrachten und zu ahnden.

      Der Architekt, wie wir ihn heute kennen, hat nur das Recht, unbewohnbare Architekturen zu bauen, falls er überhaupt dazu fähig ist. Bewohnbare Architekturen zu bauen, unterliegt nicht seiner Kompetenz, und dies muß ihm entschieden verwehrt werden, wie man auch notorische Giftmischer und Massenausrotter nicht frei hantieren läßt.

      Denn die jetzt vielgepriesene architektonische Vorplanung von Wohnstätten ist nichts anderes als gelenkter Massenmord durch vorsätzliche Sterilisierung. Es genügt ein Gang durch eine europäische Stadt, besonders aber durch ein neuerbautes Stadtviertel, um diese erschütternde Anklage für jedermann beweiskräftig zu machen.

      Nur eine Idee von beispielgebenden gesunden Architekturen der Jetztzeit, und diese Liste ist leider beschämend klein:

      Die Gebäude von Gaudí in Barcelona.

      Gewisse Gebilde des Jugendstils.

      The Tower of Watts von Simon Rodia in einem Vorort von Los Angeles.

      Le Palais Du Facteur Cheval im Departement de la Drôme, Frankreich.

      Die Elendsviertel, die sogenannten "Schandflecke" jeder Stadt (Slums, Taudis, Quartiere in Salubres).

      Die Bauernhäuser und Häuser der Primitiven, falls sie jetzt noch wie früher mit den Händen geformt werden.

      Die Schrebergartenhäuser der Arbeiter.

      Die Wandbearbeitungen in Klosetts.

      Holländische Hausboote.

      Bauten des Architekten Christian Hunziker, Genf, und weniger anderer.


      Zusatz 1964

      Architekten dürfen nur die Funktion von technischen Beratern ausüben, das heißt Fragen über Stabilität etc. beantworten; müssen jedenfalls aber dem Bewohner beziehungsweise den Wünschen der Bewohner untergeordnet sein. Jeder Bewohner muß Zugang zu seiner "Außenhaut" haben, das heißt, auch die zur Straße gekehrte Hülle seiner Behausung gestalten dürfen.



      Rede in der Abtei Seckau am 4. Juli 1958, Ergänzungen 1959 und 1964
      Avatar
      schrieb am 23.11.01 15:25:17
      Beitrag Nr. 10 ()
      Es gibt keine Mißstände der Natur,
      Es gibt nur Mißstände des Menschen.
      (Hunderwasser)


      Wenn der Mensch glaubt, die Natur korrigieren zu müssen, ist es jedesmal ein nicht wiedergutzumachender Fehler. Es sollte nicht einer Gemeinde zur Ehre gereichen, wieviel selbstgewachsene Natur sie zerstört, sondern es sollte vielmehr für eine Gemeinde Ehrensache sein, soviel wie möglich von ihrer natürlichen Landschaft zu schützen. Der Bach, der Fluß, der Sumpf, die Aulandschaft in ihrer gottgewollten Beschaffenheit müssen uns heilig und unantastbar sein. Bachregulierungen bringen nur Böses, was uns teuer zu stehen kommt: Absinken des Grundwassers, Absinken der Waldgrenze um bis zu 100 Meter, Versteppung großer Gebiete, kein Regenerieren des Wassers, das zu schnell abfließt. Die Aulandschaft kann ihre Schwammtätigkeit - Aufsaugen von zuviel Wasser und langsames Abgeben bei Trockenheit wie eine gute Sparkasse in Notzeiten - nicht mehr erfüllen. Der regulierte Bach wird zum Abwasserkanal. Fischsterben und keine Fische im Bach, weil sie nicht durch den regulierten Kanal können. Hochwasser mit verheerenden Folgen erst recht nach der Regulierung, weil zuviel Wasser zu schnell abfließt, in großen Mengen zusammenkommt, ohne von der Erde und der Vegetation aufgesaugt und abgefangen werden zu können. Nur ein hoch- und unregelmäßig fließender Bach mit baumbestandenem Ufer kann reines Wasser erzeugen, den Wasserhaushalt regulieren und den Fisch- und Tierbestand erhalten zum Nutzen des Menschen und seiner Landwirtschaft. Jetzt, fast zu spät, erkennt man diese uralte Weisheit, sprengt einbetonierte, geradlinig gemachte Fluß- und Bachläufe, um den vorherigen unregelmäßigen Zustand wiederherzustellen. Welch Ironie! Warum also den Bach regulieren, wenn man ihn nachher wieder entregulieren muß?

      Hundertwasser, Mai 1990
      Avatar
      schrieb am 23.11.01 15:31:05
      Beitrag Nr. 11 ()
      Avatar
      schrieb am 25.11.01 10:46:46
      Beitrag Nr. 12 ()
      Frohsinn zum Anschrauben - über Projekte von Hundertwasser.

      (von Rauterberg)



      Niemand in der Bauwelt ist beliebter als Friedensreich Hundertwasser, und kein anderer wird mehr gehasst. Die einen verehren ihn als kultische Figur, weil er mit seinen gebauten Kinderträumen eine bunte und bessere Welt verspricht; andere beschimpfen ihn als Schamanen und seine Häuser als "Kasperei", "Beulenpest" und "Krebsgeschwür". Gemeinsam haben Gegner und Anhänger den Künstler Hundertwasser auch als Baumeister bekannt gemacht, bei Umfragen nach dem populärsten Architekten fällt in Deutschland sein Name öfter als alle anderen.

      Vor Aufträgen kann er sich kaum retten, in Kuba soll er ein Feriendorf bauen, in Osaka eine Müllverbrennungsanlage und für einen Bierbrauer nahe Regensburg einen hohen Turm. Sogar einen Manager hat Hundertwasser engagiert, Joram Harel, und bei dem gehen gleich mehrere Anfragen in der Woche ein. Die allermeisten muss er ablehnen, schließlich will er den Meister, wie er sagt, nicht überfordern. Vor ein paar Monaten hieß es sogar, der 70-Jährige wolle ganz aufhören und sich nur noch seinen Bildern widmen. Da sei aber nichts dran, versichert Harel, man wolle weitermachen, allerdings nur mit Aufträgen, die einen ganz besonderen Reiz haben. Magdeburg zum Beispiel.

      Fast 50 Projekte hat er in den vergangenen 15 Jahren gebaut, doch erstmals prescht er jetzt vor auf historisches Terrain. Es ist eines der wichtigsten deutschen Denkmalensembles, in das nun eines seiner Wohn- und Geschäftsgebäude hineingestellt werden soll: Zwei Jahrtausendbauten, so die Vision des Meisters, sollen sich begegnen. Dem Magdeburger Dom, diesem frühesten Beispiel gotischer Baukunst in Deutschland, dem innovativsten Gebäude seiner Zeit und Wahrzeichen der Landeshauptstadt, will Hundertwasser mit seinem Traumhaus ein Pendant gegenüberstellen - einen "Naturdom", sagt Manager Harel. Vom Portal der alten Kathedrale aus soll man künftig, über die Linden des Domplatzes hinweg, die Märchenburg der Antimoderne mit ihren goldenen Zwiebeltürmchen und keramikbunten Knollenpfeilern leuchten sehen.

      Noch ist zwar nichts entschieden, aber bereits in den kommenden Wochen wird der Bauherr, eine Wohnungsbaugenossenschaft, die momentan noch geheimen Pläne bei den Ämtern einreichen. Vor allem die Denkmalpflege hofft noch, das hügelige Haus verhindern zu können - sie will das letzte intakte Quartier Magdeburgs, zu dem neben der Kathedrale auch die barocken Palais am Domplatz und eine romanische Klosteranlage gehören, vor krakeelenden Neubauten bewahren. Und sie besitzt auch die rechtlichen Mittel, denn das Baugrundstück grenzt mit einer Ecke an den Domplatz und gehört zur Pufferzone rund um den Dom, in der nur das "Angemessene" und "Verträgliche" entstehen darf.

      Der Erfolg gibt ihm Recht - und hat ihn doch überwältigt

      Doch was ist an Hundertwasser unangemessen, und was ist unverträglich? Rolf Opitz, Vorsitzender der Wohnungsbaugenossenschaft, kann die ganze Aufregung nicht verstehen. Das sei doch alles übertrieben, sagt er, man müsse schließlich auch etwas Visionäres bauen dürfen, etwas fürs Gemüt. Dass eine Bürgerinitiative bereits mehrere tausend Unterschriften gesammelt hat, kümmert ihn nur wenig. "Dem Dom passiert doch gar nichts", sagt Opitz. "Ein so kleiner Farbtupfer, wie wir ihn uns wünschen, kann dem doch nichts anhaben."

      Außerdem sehe die Innenstadt, die im Krieg fast ganz zerstört worden war, ohnehin völlig buntscheckig aus, da stehen vereinzelte Barockhäuser neben Plattenbauten und den Einkaufspalästen der Nachwendezeit. Warum nicht auch noch ein Hundertwasser-Haus? Man müsse sich schließlich etwas einfallen lassen, bei all den Leerständen. Da ist es Opitz gleich, ob einige Nörgler sein neues Haus nun kitschig, naiv oder traumtrunken finden - für ihn zählt einzig der Erfolg. Und den bringt Hundertwasser.

      Fast zwei Millionen Touristen jährlich besuchen sein Erstlingswerk, einen staatlichen Wohnungsbau in Wien, den er 1986 fertig stellte, und machen ihn zur beliebtesten österreichischen Sehenswürdigkeit gleich nach Schloss Schönbrunn. Selbst Projekte, die noch im Bau sind, ziehen riesige Menschenmengen an, wie die Therme Blumau in der Steiermark, die noch vor der Einweihung von über 300 000 Besuchern besichtigt wurde. Und Bildbände über Hundertwasser verkaufen sich besser als alle anderen Architektenbücher: 350 000-mal ist der farbige Band über den Baukünstler beim Kölner Taschen Verlag bereits gedruckt worden.

      Alle Einwände, alle Kritik scheinen abzuperlen, selbst deftige Polemik kann dem Massenphänomen Hundertwasser offenbar nichts mehr anhaben - der Erfolg hat sich verselbstständigt und ist so übermächtig, dass der Künstler ihm selbst erlegen zu sein scheint. Denn seine Ideale hat er längst fahren lassen, der einstige Verfechter des Individuellen, der Öko- und Eso-Agitator, hat sich in eine massentaugliche Maschine verwandelt, die ein Haus nach dem anderen ausspuckt und alle Erlösungsrhetorik nur noch des Images wegen pflegt.

      Bereitwillig spielt er das Spiel der großen Investoren. Für Wolfgang Rösch von der Darmstädter Bauverein AG zum Beispiel hat er gerade eine "Waldspirale" entworfen, und der Unternehmer freut sich bereits auf "das Highlight, das wir da ins Gelände bringen". Wie bei vielen Projekten gestaltet Hundertwasser auch hier nur die Fassade und die Außenanlagen - innen gibt es Standard. "Alles andere wäre viel zu schwierig zu vermarkten", sagt Rösch. Um die Kosten kalkulierbar zu halten, wird die Wohnanlage auch nicht von kleinen Handwerksfirmen erstellt, sondern der Bauriese Philipp Holzmann wird als Generalübernehmer den allergrößten Teil errichten. Natürlich bleibt da auch von Hundertwassers ökologischen Postulaten nichts übrig als ein paar Bäume, die aus dem Fenster winken - mit einem wirklichen Ökohaus, dessen Baumaterialien und Energiewerten, kann es die Waldspirale nicht aufnehmen. Bio, das ist hier nur ein Etikett, mit dem auch Spülmittel verkauft wird.

      In Wittenberg ließ sich Hundertwasser ebenfalls für die Zwecke der Wirtschaftsförderer einspannen. Die jüngst abgeschlossene Neugestaltung einer Schule mit Zwiebelturm und Dachgarten soll gleich im ersten Jahr zehn Prozent mehr Touristen in die Luther-Stadt bringen, hofft man im Rathaus und fördert deshalb den Umbau, der immerhin zehn Millionen Mark kostet. Man will "bewusst einen touristisch interessanten künstlerischen Kontrapunkt zu Luther setzen", heißt es in einem Landkreisbeschluss von 1995. Und prompt wurde das Gymnasium zum Expo-Projekt geadelt.

      Natürlich verkaufte Hundertwasser, der sich selbst gerne als Architekturdoktor bezeichnet, seine Arbeit in Wittenberg als eine neue Tat des großen alten Menschenfreunds. "Die Kinder verbringen ihre kostbare Zeit in Architekturen, die Strafanstalten oder übereinander gestapelten Hühnerställen ähneln", stellte er fest und trat an, es zu ändern. Er setzte neue, kleinere Fenster in die per Plattenbauweise errichtete Schule vom Typ Erfurt II, stellte Türme darauf, dekorierte die Fassade mit wilden Mustern und baute ein knallbuntes Vordach vor den Eingang. Wer allerdings hineingeht, für den endet die orientalische Märchenwelt abrupt: Hier ist weiter Hühnerkäfig.

      Denn innen hat sich für die Schüler kaum etwas verändert, immer noch stehen in der 2 a von Frau Richter die Pulte dicht gedrängt und sorgfältig in Reihe, streng zur Tafel ausgerichtet. Keine neuen Unterrichtsformen in großzügigen Räumen, keine neuen Spiel- oder Tobezimmer. Und leider auch kein Aufzug, den man gut hätte brauchen können, um in Wittenberg auch Rollstuhl fahrende Kinder unterrichten zu können. Die dafür nötigen 160 000 Mark brauchte man dringender für vergoldete Kuppeln. Hundertwasser war es recht.

      Vor einigen Jahren schon hat er seinen Frohsinn zum Anschrauben in großem Maßstab erprobt, damals verzierte er in Wien ein Heizkraftwerk für über zehn Millionen Mark mit farbigen Blechen, Karomustern und ein paar goldenen Kugeln. "Optische Umweltverschmutzung", das ist seine Überzeugung, "ist viel tödlicher als alle Umweltgifte."

      Wohl auch deshalb ist er bei den Touristen aus aller Welt so beliebt: Weil er die große Veränderung fordert, gegen die Moderne hetzt, die Verödung unserer Städte kritisiert, für die Regenwälder, die Wale und eine atomwaffenfreie Erde einsteht - und am Ende doch alles zu einer Frage der richtigen Verpackung macht. Hinter der verwunschenen Sehnsuchtsfassade liegt nicht die bessere, sondern eine sehr enge, nationalkonservative Welt.

      Schon 1954 schwang er sich auf zu einem der ersten vehementen Kritiker an der Moderne. "Die gerade Linie ist gottlos und unmoralisch", wettert er noch heute und erklärt hemdsärmelig: "Die zeitgenössische Kunst ist entartet." Stattdessen wünscht er sich eine organische, stets individuell geprägte Formenwelt - und übersieht, dass es mit Erich Mendelsohn, Hans Scharoun oder neuerdings Frank O. Gehry immer auch Protagonisten einer solchen Moderne gab. Doch für ihn sind alle "Architekten Kriegsverbrecher wie die Offiziere im Dritten Reich" - nur er, Hundertwasser, kennt den richtigen Weg. Und vielleicht noch der rechtsnationale Jörg Haider. "Ein sehr interessanter Mann", sagt der Künstler, "sehr intelligent."

      Mit ihm teilt er seinen Hass gegen das Abstrakte, und beide gemeinsam wehrten sich 1993 vehement gegen den Beitritt Österreichs zur EU, den Hundertwasser als zweiten Anschluss bezeichnete. Nichts fürchtet er so sehr wie die Gleichschaltung, die Normung, zumindest behauptet er das. "Man muss weg von der Massenproduktion", das sagt er immer wieder - und verkauft zugleich in seinen Souvenirläden ein riesiges Sortiment an künstlerischer Fließbandware.

      Eigens wurde 1990 dank seiner Unterstützung gleich neben dem vielbesuchten Wiener Hundertwasser-Haus ein "Erlebniseinkaufszentrum" aufgebaut, in dem es von Hundertwasser gestaltete Bademäntel, Kaffeetassen, T-Shirts, Baseballkappen und Briefpapier gibt. Selbst Wollsocken sind erhältlich, je eine rot und eine grün geringelte zum Paar vereint, schließlich weiß man, dass der Meister nie zwei gleiche Socken trägt. "Für Individualisten", heißt es auf dem Schildchen, "die Individualität auch zeigen". Und mit 40 Mark bezahlen.

      Die Kaufhäuser, behauptete Hundertwasser schon 1992, werden "in Zukunft die wahren Kulturzentren" sein, und er schickte eine Ausstellung mit seinen Modellen auf eine Tournee durch Deutschlands Shopping-Malls: Bauen als Massenkunst. Und als Massenware.

      Denn egal, ob er ein Kindertagesheim, eine Schule oder eine Autobahnraststätte baut, stets folgt er demselben Schema. Leicht variiert er die Grundform, abhängig vom Zuschnitt des Baugrunds, doch das Dekor ist so austauschbar wie die Muster seiner Bademäntel. So hielt es Hundertwasser auch weder in Wittenberg noch in Magdeburg für nötig, sich einmal persönlich am Ort umzusehen - nie ist er in den beiden Städten gewesen. Er baut ohnehin immer das Gleiche, da kann ihm die Umgebung egal sein. Außerdem hat er sein Team, das für ihn die Planung und Ausführung übernimmt, auch wenn er wieder einmal auf seiner Farm in Neuseeland weilt. Fast zwei Jahre ist er schon dort, und so zuverlässig arbeiten seine Helfer, dass er sogar sterben könnte, ohne dass die Maschine Hundertwasser stillstehen müsste.

      Vor allem Joram Harel, der mit seinen vier Mitarbeitern auch schon mal Samy Molcho oder Ephraim Kishon managt, koordiniert den reibungsfreien Betrieb. Ebenso wichtig ist aber Peter Pelikan, den man auch den wahren, echten Hundertwasser nennen könnte: Als Architekt zeichnet er für den Künstler, der ja Autodidakt ist, alle Pläne und kassiert dafür ein volles Architektenhonorar. "Wir machen alles gemeinsam", sagt Pelikan, "wir vertrauen uns blind."

      Ebenso vertraut ist Hundertwasser auch mit den Herstellern der vielen bunten Details, mit denen die Fassaden übersät werden. In Bad Ems zum Beispiel, bei der Firma Ebinger Keramik, entstehen die knallbunten Knollensäulen. "Da entwirft Hundertwasser schon lange nichts mehr selbst", erzählt die Geschäftsführerin Katharina Ebinger-Driesch. "Das machen alles meine Mutter und ich, auf Wunsch auch schon mal 160 Meter am Stück."

      Alles Fantasievolle, so stellt sich heraus, ist längst rationalisiert, alle Ideale sind ausgemergelt, alles Kreative verrät sich im Kommerz - was bleibt, sind hohle Gesten. Hat Magdeburg solche Meterware verdient? Darf man für den Domplatz nicht mehr erwarten als ein Haus aus Versatzstücken, das überall und nirgends stehen könnte, das nur vorgaukelt, es sei ein Unikat?

      Denkrechtlich kann man die Magdeburger Wohnungsbaugenossenschaft wohl kaum noch stoppen. Es sei denn, die Unesco stieße sich an Hundertwassers linkischen Gebärden in Sichtweite des Domes, für den gerade die Aufnahme in das Weltkulturerbe beantragt worden ist. Noch steht die Prüfung aus, noch könnte die Weltorganisation den Druck auf Stadt und Land erhöhen. Und vielleicht entschließen diese sich ja doch im letzten Moment und erwerben das Grundstück, um dort etwas wirklich Neues und Radikales zu bauen, ein Haus, das so innovativ ist, wie es der Dom zu seiner Zeit war. Das sich respektvoll einfügt, die Sehn- und Sehsüchte der Menschen ernst nimmt, doch nicht an der äußeren Hülle Halt macht. Das sich auf die Suche begibt nach neuen Formen und Räumen. Und das nicht nur den Erfolg will um des Erfolges willen.

      · Zum Thema erscheint im Herbst ein Buch von Robert Schediwy: "Hundertwassers Häuser" in der Edition Tusch, Wien.
      Avatar
      schrieb am 25.11.01 10:47:39
      Beitrag Nr. 13 ()
      Kunst und Umwelt - Hundertwasser.

      Kunst druckt die Seele des Künstlers aus. Sie bringt politische Einstellungen und kritisches Denken der Gesellschaft und der Umwelt gegenüber zum Ausdruck. Kunst wird durch Technologie und Trends in der Kunstwelt beeinflußt, aber sie ist auch Ausdruck des persönlich Erlebten.

      In diesem Aufsatz möchte ich untersuchen, welche Einfluß die Umwelt auf künstlerisches Schaffen hat, und ob der Zweite Weltkrieg die Arbeiten deutschsprachiger Künstler gefärbt hat. Künstler wie Friedensreich Hundertwasser, Anselm Kiefer und Joseph Beuys drücken ihre Beziehung zur Vergangenhheit, Vergangenheitsbewältigung and der Umwelt auf sehr unterschiedliche Art und Weise aus, und sie benützen auch ganz verschiedene Methoden wie Performance, Malen, Drucken, Skulptur, Installationen und Architektur, um nicht nur ihre Gefühle zum Ausdruck zu bringen, sondern auch, um Veränderungen in ihrer Umwelt hervorzurufen.




      Sowohl Friedensreich Hundertwasser als auch Joseph Beuys erlebten die verheerende Vernichtung ihrer Umwelt durch den Zweiten Weltkrieg. Dieses Erlebnis gab ihnen beiden den Mut, sich nicht nur der Kunst zu widmen, sondern sich stets auch politisch zu engagieren. Hundertwasser versucht mit Plakaten, Briefmarken, internationalen Auftritten und radikaler Architektur die Umwelt zu verbessern. Sein Zeitgenosse Joseph Beuys führte Performance-Arbeiten auf, gründete verschiedene politische Parteien und war in seinen letzten Lebensjahren ständig unterwegs, um sich für Verändernungen in der Umwelt und der Gesellschaft einzusetzen. Sein Schüler Anselm Kiefer setzt sich auch für Verbesserungen in der Umwelt ein, indem er versucht, allgemeine Einstellungen zu ändern. In seiner Arbeit konzentriert er sich vor allem auf die Vergangenheitsbewältigung.





      Friedrich Stowasser, am 15. Dezember 1928 in Wien geboren, war, wie Beuys, ein Opfer des Krieges. Er mußte den Terror, als Jude in Österreich lebend, durchstehen und die Abführung von 69 seiner jüdischen Verwandten erleben. Sein Vater starb, als er ein Jahr alt war, und er wurde von seiner Mutter, Großmutter and Tante aufgezogen. Weil sie eine jüdische Familie waren, mußten sie 1938 zwangsweise umziehen, und der junge Friedrich verglich die Mietwohnungen mit den flachen Fassaden mit Käfigen, in denen Tiere statt Menschen leben. Er schaute schon damals sehnsüchtig nach den Altbauwohnungen mit ihren Erkerchen und Türmchen, die Individualität statt Gleichförmigkeit und Anonymität ausdrückten, und dieses Verlangen nach Ausdruck des Persönlichen gab ihm später Anlaß, die moderne Architektur anzugreifen.


      Seine Mutter schrieb den Jungen in der Hitlerjugend ein, um die Familie von den Nazis zu schützen, und als die SS des Nachts an ihre Tür klopfte, mußte der junge Friedrich seine Uniform mit dem Nazikreuz und den Orden seines Vaters, im Ersten Weltkrieg verdient, anziehen. Zweimal gelang es dem Jungen, die Soldaten abzuwehren, 1943 wurde jedoch seine Großmutter, Tante und zahlreiche andere Verwandten verschleppt und nie wieder gesehen. Friedrich suchte Zuflucht von diesen unmenschlichen Bedingungen in der Natur, wo er oft zeichnete. 1946 wurde er, wie zahlreiche andere Jugendliche, aufs Land gesandt, wo es genug zu Essen gab, und er für Kost und Logis arbeiteten konnte. Hier machten die satten Farbtöne der Natur einen lebhaften Eindruck auf ihn und er entschloß sich, Maler zu werden.



      Er lehnte eine traditionelle Ausbildung ab und lernte stattdessen von seiner Umwelt, von Künstlern wie Paul Klee, Egon Schiele und Walter Kampmann, und von seinen Reisen und Aufenthalten in Italien, Afrika, Japan und Frankreich. Seine farbenvollen Drucke und Bilder zeigen abstrakte und spielerische Eigenschaften und auch Einflüsse des Primitiven, des Jugendstils und der byzantinischen Mosaiken. Er spielt mit Perspektiven, Formen und Farben, Gold und Silber, Spiralen und Labyrinthen.

      Weil Hundertwasser den Menschen als Teil der Erde sieht und Leute immer wieder auf den Zusammenhang zwischen Humus und Humanität aufmerksam macht, begrüßte er statt der künstlich erzeugten geraden Linie die Spirale, die überall in der Natur zu finden ist und deshalb mit dem Organischen im Menschen widerhallt. Die Spirale ist ein immer wiederkehrendes Motiv in seinen Bildern. Hundertwasser befaßt sich ausgiebig mit der Tyrannie der geraden Linie, denn eine absolute gerade Linie, sagt er, käme in der Natur nicht vor, und würde Menschen, ständig diesem Reiz ausgesetzt, krank machen, weil die gerade Linie unnatürlich sei.



      Während dem Krieg machte sich Friedrich zum Ziel, sich gegen Tyrannei und unmenschenwürdigen Zustände zu wehren, und heute greift er vor allem die moderne Architektur mit ihren geraden und rechteckigen Strukturen an. Mit seinem Verschimmlungsmanifest, das er 1958 bei einem internationalen Kongreß über Kunst und Architektur im Kloster Sekkau präsentierte, rief er alle dazu auf, Schimmel zu züchten, die sich ausbreiten und damit die geraden Linien der Gebäude zerstören würde. Er sprach damals auch vom Todesdrang im Menschen. Sie wollten nicht nur ihre Mitmenschen umbringen, sondern auch alles organisch Gewachsene. Hundertwasser begrüßte deshalb auch eine organish erscheinende Architektur, die Bäume und Wiesen integrieren würde und den Menschen nicht nur behausen, sondern auch ernähren würde. Er hat Fabriken und Häuser verwandelt, indem er die Fassaden änderte und Platz für Bäume installierte, Schulen und eine Kirche in Bärnbach entworfen, und 1983 legte er den Grundstein für die Häuser an der Kegelgasse/Löwengasse in Wien, die heute mit wölbenden farbenvollen Fassaden, Dachwiesen und Bäumen Wien bereichern. Hundertwasser hat auch seine eigene Kunstgallerie in Wien entworfen. Darin hat er eine pflanzliche Kläranlage installiert und sich wölbende Böden kreiert, damit sich nicht nur die Augen an seinen Kunstwerke weiden können, sondern auch die Füße angenehm stimuliert werden.

      Hundertwasser änderte seinen Nachnamen 1950, als er den slavischen Teil seines Namens Sto ins deutsche Hundert übersetzte. 1968 fand auch die Umwandlung seines Vornamens in Friedensreich statt, der nun wie sein Nachname auch 13 Buchstaben lang ist. Der Name Friedensreich Hundertwasser vereinbart Land und Wasser in einer Vision von Frieden. Hundertwasser nährt sich an dieser Vision. Er arbeitet für eine harmonische Welt, wo Leute rücksichtsvoll und sachte auf der Erde treten, die Umwelt schonen und mit der Natur, statt gegen sie, arbeiten. Heute lebt er in seiner neuen Heimat Neuseeland, aber er ist ständig unterwegs, um über das Schicksal der Umwelt, gegen Atomkraftwerke und über kreative Lösungen für die Architektur zu reden. Weil die Umwelt ein zentrales Thema für ihn ist, stellte er viele Poster her. Er entwarf Anti-Atom Poster, Künstler für den Frieden Plakate, Umweltschutzposter für Greenpeace und auch Briefmarken und Fahnen.
      Avatar
      schrieb am 25.11.01 10:48:38
      Beitrag Nr. 14 ()
      GEBAUTE TRÄUME

      Zum Tod von Friedensreich Hundertwasser

      Von Johanna Hofleitner

      Er war ein Bürgerschreck und das erste Enfant Terrible der Nachkriegskunst. Ein Grünbewegter, ein Frauenliebhaber und ein großer Moralist. Als junger Maler war Friedensreich Hundertwasser, auch wenn das die Kunstszene heute nur schamhaft zugibt, einer der wichtigsten österreichischen Nachkriegskünstler.

      Friedensreich Hundertwasser

      Friedrich Stowasser (1928-2000), wie er mit bürgerlichem Namen hieß, verließ die Kunst-Akademie 1948 nach nur drei Monaten, um statt dessen lieber nach Italien und Frankreich zu reisen und sich fortan Friedensreich Hundertwasser zu nennen. Nomen est omen! Er malte, um die Welt zu verbessern und Fenster in eine paradiesische "Parallelwelt" aufzustoßen. Mit seiner ornamentalen Zeichensprache schien er sich in eine Reihe mit den Vertretern des Jugendstils zu stellen. Aber anders als etwa der berühmteste Wiener Geometriker, Gustav Klimt, erklärte Hundertwasser die Spirale 1953 zum Lieblingssymbol, weil sie organisch, irregulär, vegetativ wie die Natur war. Wenn er in eines seiner farbenprächtigen Bilder mal Vierecke setzte, waren sie bestimmt aus dem Winkel. Gerade Linien ("Werkzeuge des Teufels") und rechte Winkel duldete der Exzentriker ausschließlich hinsichtlich des Bildformats.
      Im Lauf der Sechziger wollte Hundertwasser seine Bilder immer drastischer als reformerische Botschaften verstanden wissen, die von "gesunder Architektur" und ökologischen Visionen erzählten. 1968 ergriff er das Wort, ließ anlässlich seiner Nacktrede gegen Rationalismus in der Architektur vor der Wiener Vizebürgermeisterin die Hosen runter und wandte sich fortan einer "besseren" Gestaltung der Umwelt zu. Trat er anfänglich für die malerische Verschönerung und Begrünung von Dächern, Fassaden und Fenstern ein, so folgten lange noch vor der Grünbewegung Feldzüge für Humusklos und Klärpflanzen. Dass er sich ab Mitte der Siebziger zunehmend mit der Gestaltung von Briefmarken, Fahnen, Flugzeugen, Telefonwertkarten, Seidentüchern und Nummernschildern abgab, nahm ihm die Kunstszene übel.

      Der Skandal war perfekt, als er seine Visionen von Häusern mit Zwiebeldächern, unregelmäßigen Wandelgängen, unebenen Fußböden, baumbewachsenen Dächern und Spontanvegetation zu vermarkten begann. Den Anfang bildete das wider "scholastische Architektur" errichtete Hundertwasserhaus (1977-1986). Als wollte er sämtliche Schnittpunkte des urbanen Zusammenlebens besetzen, entstanden nun eins nach dem andern: eine Kirche, eine Kindertagesstätte, ein Autobahnrasthaus, eine Wohnlage "Unterm Regenturm", eine andere "In der Wiesen", ein Thermendorf. 1988 ließ sich er sich sogar zur Gestaltung einer Müllverbrennungsanlage hinreißen. "Ein Maler träumt von Häusern und einer schönen Architektur, in der der Mensch frei ist", formulierte er einmal sein Credo - und durfte schließen: "und dieser Traum wird Wirklichkeit". Ein Denkmal zu Lebzeiten setzte Hundertwasser sich mit dem Museum "KunstHausWien", wo eine ganze Etage seinem Schaffen reserviert ist. Als letzte Ruhe bestimmte der Doppelstaatsbürger seinen Landsitz in Neuseeland. Dort will er nach Aussage seines Managers Joram Harel "im Garten der glücklichen Toten ökologisch begraben werden".
      Avatar
      schrieb am 25.11.01 11:13:49
      Beitrag Nr. 15 ()
      @lautz

      ein paar bilder wären auch nicht schlecht

      Avatar
      schrieb am 19.12.01 20:21:13
      Beitrag Nr. 16 ()
      Mündliche Überlieferung von Lehmbauerfahrung



      "Zu meiner Zeit baute man Häuser nicht wie heutzutage mit Zement und Backsteinen. Damals bestanden die Häuser zumeist aus Lehm und Stroh. Sie wurden mit einem bestimmten System aufgebaut: Zuerst hackte man den Boden auf, schaufelte einen Haufen Lehm zusammen und vermischte ihn mit Stroh und Wasser. Die Mischung mußte mit Füßen getreten werden, um ein massone zu gewinnen. Es gab noch keine Mischmaschinen wie heute, wenn man baut.

      Nachdem alles sehr gut mit den Füßen durchgeknetet war, nahm man den Lehm mit den Händen und formte die massoni (Lehmbrote). Manche Leute waren gezwungen, die Masse mit den Füßen selbst zu kneten, andere ließen sich die Lehmbrote vorbereiten und fertig zu ihrer Baustelle anliefern.

      Die Mischung wurde in Kupfergefäßen geknetet, um das Anhaften der Masse zu vermeiden.

      Das Haus wurde rasch aufgebaut, denn die massoni mußten frisch verwendet werden, sonst konnten sie nicht miteinander verkleben. Man drückte ein massone auf dem anderen fest, so klebten sie aneinander und die Wand wurde massiv. Waren 2 oder 3 m aufgeschichtet, mußte man das Material trocknen lassen, weil sonst alles durch das enorme Gewicht umgestürzt wäre.

      In den Lehmhäusern, wie wir sie beispielsweise 1937 bauten, war es innen viel wärmer. Sie sind nicht wie Backsteinhäuser, in denen es kalt ist. Als mein Bruder und ich noch Buben waren, baute mein Onkel ein Lehmhaus, weil er eine Tischlerwerkstatt brauchte. Im Winter gingen wir immer in das Lehmhaus unseres Onkels, wo er als Tischler arbeitete. Dort war es zweimal wärmer als in unserer Küche.

      Heute haben die Wohnungen doppelte Fenster aus Aluminium und Fliesen usw. Es ist nicht mehr, wie es früher war. In Casalincontrada gab es damals viele Lehmhäuser. Einige davon blieben erhalten. Wir mußten das Haus leider abreißen, weil der Grundbesitzer an dieser Stelle einen Stall errichten wollte. Aber es wäre schön gewesen, das Haus als Antiquität zu behalten. Es war so präzis gebaut, daß es nie umgestürzt wäre. Sogar bei schwerem Regen blieb es immer unversehrt. Das verarbeitete Stroh hielt es trocken, es war, als wäre nichts passiert."

      Frage: Giustino, wenn wir das Haus hier aufbauen, wird es uns auf den Kopf fallen, wenn wir es betreten?

      "Nein, nein, schaut euch die Lehmhäuser hier in Casalincontrada an! Sie sind auch nach so langer Zeit wunderschön geblieben. Nebenan sind neue Häuser gebaut worden, aber die Lehmhäuser sind noch da wie Antiquitäten.

      Allerdings ist es heute nicht einfach, ein Lehmhaus richtig aufzubauen. Nur wer es in der Vergangenheit gesehen und gelernt hat, kann es heute weitermachen. Wer das nie zuvor erlebt hat, weiß nicht, wie man mit dem Lehm umgeht, wie man ihn kneten muß. Außerdem braucht man den richtigen Lehm. Was hier, in der Nähe der Schule, zu finden ist, ist gar nicht gut, weil es zuviel Sand enthält.

      Es ist schön, solche Sachen machen zu können. Schade daß die Jugendlichen von heute das nicht mehr lernen wollen!

      Heute vormittag habe ich diesen massone selbst gemacht. Er ist ganz klein. Wenn ich noch jung wäre, hätte ich ihn viel größer gemacht. Aber es ging schnell. Man braucht nicht viel Zeit für einen massone. Ich habe eine kleine Hacke genommen und die Masse geknetet. Der Lehm trocknete schnell. Das Stroh, das ich heute benutzte, war ziemlich fein. Es ist wichtig, das richtige Stroh zu nehmen, denn das Stroh absorbiert die Feuchtigkeit des Lehms. Wie ihr seht, geht es ziemlich schnell, wenn man ein Haus aufbauen will."

      Frage: Warum war es so warm im Lehmhaus?

      "Warm ist es, weil Lehm mit dem Stroh alle Feuchtigkeit aufnimmt. Wir haben auch den Kamin gebaut. Uns war warm. Der Ziegelstein nimmt Wasser auf und bleibt feucht. Er braucht viel Zeit, um zu trocknen.

      In unserem Lehmhäuschen war kein richtiger Fußboden, also kein Belag, aber es war trotzdem angenehm und trocken. Normalerweise legte man ja in Wohnhäusern einen Backsteinboden. Doch im Lehmhaus meines Onkels war das nicht der Fall, weil er das Gebäude als Werkstatt nutzte. Obwohl wir damals keine festen Schuhe anhatten, war uns immer angenehm warm.

      Das Dach des Hauses bestand aus einem mit Eisendraht verbundenen Rohrgeflecht. Darauf packte man eine Schicht von ungefähr 2 cm Lehm und Dachpfannen, die auf dem Lehm kleben.

      Viele Sachen, die unsere Vorfahren machten, werden vergessen. Das betrifft nicht nur das Bauen, sondern zum Beispiel auch Körbe aus Weidenruten. Wenn ich Zeit habe, mache ich noch ein paar."

      Frage: Wie baute man Kamine aus Lehm?

      "Das war sehr einfach. In eine Ecke stellte man einen Träger, legte die Backsteine auf den Boden, dann noch einen Pflock. Zum Schluß setzte man die massoni, jedoch schmalere als die für den Hausbau benutzten. Auch die Größe des Kamins ließ sich wunschgemäß gestalten. Wird der massone gut gemacht, wird er so stark wie Zement und hart wie eine Steinmauer. Das Feuer kann also nicht gefährlich werden.

      Die Wände eines Lehmhauses sind in der Regel 50-60 cm dick. Um unser 1937 erbautes Haus abzureißen, brauchte man einen Bagger, denn wenn die massoni aushärten, sind sie schwer mit dem Hammer einzuschlagen.

      Auch der massone, den ich heute gemacht habe, ist bereits so trocken, daß er nicht verwendbar ist, weil er nicht mehr mit einem anderen abbindet. Das Stroh absorbiert das ganze Wasser und trocknet den Lehm.

      Frage: Warum bauten einige Familien ihr Haus mit Lehm, andere mit Backsteinen?

      Wer damals Eigentümer war und das nötige Geld hatte, konnte ein Haus mit Backsteinen bauen. Aber wer Halbpächter war, hatte von seiner Arbeit nur das Nötigste zum Leben. Zudem waren die Familien mit 8 bis 10 Kindern sehr groß, nicht wie heute, wo ein Familie ein bis zwei Kinder hat oder gar keins. Wer wenig besaß, nutzte die Lehmbauweise. Man konnte sich untereinander helfen und mußte nichts bezahlen, denn um ein Lehmhaus zu errichten, brauchte man weder Zement noch Eisen, lediglich Lehm. So waren Lehmhäuser die Bauten, die sich selbst arme Menschen leisten konnten.

      Frage: Wo wohnten die Halbpächter, wenn sie noch kein Lehmhaus hatten?

      Die Ärmsten wohnten im Strohschober, wo sie Strohballen stellten und einen zweiten Stock mit Rohrgeflecht errichteten. Unsere Nachbarn, eine Familie mit sieben Kindern, besaßen kein Haus und schliefen in einem Strohschober, der aus Stroh und Geflecht bestand. Auch in Lehmhäusern wohnte damals die ganze Familie in einem Zimmer, Mutter, Vater und 8 bis 10 Kinder. Heiratete einer der Söhne, baute man mit Lehm einfach ein weiteres Zimmer an. Lehmbau war ein Geschenk, das aus der Natur kam.



      Stefania Giardinelli
      (aus dem Italienischen)
      Avatar
      schrieb am 19.12.01 20:52:42
      Beitrag Nr. 17 ()
      La casa delle favole.

      Ein alter Mann zupft behutsam die vertrockneten Blüten von seinen Geranien - die Kamera ist nah dran: die verschmitzten klaren Augen, der liebevolle Gesichtsausdruck, die faltigen Hände. Und Walter Bartlomé - das ist der Name des Hauptdarstellers - erzählt mit hintergründigem Schalk die Geschichte vom katholischen Priester auf Goodwill tour und dass der Himmel auf ihn warten könne, denn er habe das Paradies ja schon auf Erden. Dieses Paradies liegt im Schwarzenburger Land; dort, wo das Schwarzwasser und die Sense zusammenfließen - inmitten einer der größten Flußauen der Schweiz. Das Haus, in dem Walter Bartlomé lebt, schmiegt sich in zwanzig Metern Höhe an den fast senkrechten Uferfels; ein Märchenhaus mit einem wundervollen Garten. Mit diesen Szenen beginnt La casa delle favole - ein dokumentarisch erzählter Kinofilm um den Lebenstraum eines alten Mannes; Geschichten voller Poesie und Hingabe. Mal erzählen sie vom Fluß, der Lebensader und Wegbegleiter dieses Menschen ist; mal vom Felsengarten oder von der Kunst, Brücken zu bauen; ein andermal erzählen sie von der Lebenskunst und Lebensfülle im Einklang mit der Natur. Es ist ein leiser und heiterer Film - eine Liebeserklärung an das Leben. La casa delle favole - eine junge Italienerin hat dieses Haus so genannt und sie hätte kaum einen schönerin Namen hierfür finden können. La casa delle favole heißt Das Haus der Märchen und ist die Hommage an einen Menschen, der sich und seinem Lebenstraum vertraut hat, der im Stillen und ohne Absicht einen Garten Eden geschaffen hat, der so schön, so vollendet ist, dass man sich unvermittelt in einer anderen Welt glaubt. Einen Garten - angehängt an einen fast senkrechten und ehemals nackten Fels - mit unzähligen Treppen und Mauern, ein Labyrinth aus Wegen und Stegen mit bunten Blumen, rankendem Wein, üppigen Farnen, Sträuchern und Gemüse. Ein Garten mit einer ganz eigenen Geschwindigkeit und Ruhe - zeitenlos. Ein Paradies für die Sinne inmitten einer Felsenlandschaft. In jedem Winkel dieses Gartens ist persönliche Erinnerung verborgen - in jedem Stein, den Walter Bartlomé aus dem Fluss hochgetragen hat, in jedem Steg, in jeder Treppe, die er gebaut hat. Walter Bartlomé erzählt von seinen Pflanzen; dass es wichtig ist, mit ihnen zu sprechen.; welche miteinander auskommen und welche nicht. Er erzählt von den Tieren, die schon vor ihm an diesem Ort waren und daher viel ältere Rechte haben als er. Zuerst hatte ich einen Garten und jetzt hat der Garten mich. Inszeniert im Licht und in den Farben der Jahreszeiten wird der Garten zur Entdeckungsreise durch ein gelebtes Leben. Der Film zeichnet das Portrait eines Menschen, der in tiefer Verbundenheit und Freundschaft zu seinem Ort lebt und diesen im Lauf seines Lebens zu einem Paradies gestaltet hat. Aufgewachsen im Armenviertel der Stadt Bern erzählt Walter vom einfachen, aber herzlichen Leben zu Hause; von seiner Mutter, die ihm die Liebe zu seinem Garten in die Wiege gelegt hat und von der er das Kochen gelernt hat. Er erzählt von seinem Patenonkel, der in Wirklichkeit sein richtiger Vater war und vom Stiefvater, der als Kohlenträger bei Burckhardt in Bern-Weißenbühl gearbeitet hat und oft in der Trinkerheilanstalt war. Walters Mutter verdiente als Hilfsarbeiterin das karge Familieneinkommen. Früh zieht es Walter raus aus der Enge seines Elternhauses - oft verbringt er die Tage an der Sense, die ihn so magisch anzieht. Er entdeckt im steilen Uferfels eine Höhle mit einem wundervollen Blick in das Flusstal und er fängt an, dieses Ort zu seinem Lebensort zu gestalten. Mit nichts, aber mit allem, was der Fluß ihm an Baumaterialien schenkte - Steine, Sand, Kies und Treibholz - entsteht mit den Jahren ein fantastisches Haus inmitten eines blühenden Arkadien. Ein beinahe tödlicher Badeunfall in der Sense veranlasste Walter 1951, seinen Lebensort im Felsenhaus aufzugeben. Er bereiste mit einem alten englischen Motorrad Frankreich, Spanien und Arabien. In Marokko schließlich ist er hängen geblieben. Fast 10 Jahre arbeitete er als Dolmetscher bei den Amerikanern in Casablanca. Im September 1961 kehrte Walter in die Schweiz zurück. Eine seiner ersten Arbeiten war der Bau einer neuen Brücke - die einzig praktikable Möglichkeit, über den Fluss zum Haus zu kommen. Mindestens ein halbes Dutzend hat Walter gebaut: vom einfachen Holzsteg bis hin zur kühn verspannten Hängebrücke aus Holz. Das waren Bauaktionen ganz besonderer Art - da kamen alle Freunde wieder zusammen, da wurde geschuftet, gesungen und gefeiert. Ein bisschen von dem ist auch heute noch zu spüren, wenn wieder die Freunde zuammenkommen, wenn gemeinsam gearbeitet und gefeiert wird Walter Bartlomé ist ein Genießer. Seine Augen leuchten, wenn er von all den Köstlichkeiten erzählt, von den tausendundeins Arten, diese Frucht oder jenes Gemüse zuzubereiten. Er erzählt seine Rezepte voller Hingabe - so, wie es wohl nur ein wahrer Gourmet kann. Abgewaschen wird in der Spüle auf der Terrsse. Das Wasser kommt aus der Quelle 50m oberhalb des Hauses. Die Sonne erwärmt es auf bis zu 40°C. Das reicht sogar zum Duschen - zumindest von Ende Februar bis Anfang November. Das Prinzip ist denkbar einfach: ein schwarzer Schlauch von etwa 200 Meter Länge ist um eine Tonne gewickelt - die Sonne erwärmt das Wasser darin fast so wirksam wie ein elektrischer Durchlauferhitzer. Abgeschaut hat er das Prinzip auf seiner Reise durch Marokko. Über 70 Jahre Zeit hat sich Walter für diesen Ort geschenkt; ist mit ihm gewachsen und in Würde alt geworden. Es ist ein zur Vollkommenheit geführter Ort - gestaltet und geformt aus dem, was der Fluß ihm schenkte. Diesem Fluß, in dem er beim Baden fast umgekommen ist - diesem Fluß hat Walter auch sein Paradies zu verdanken. La casa delle favole - Das Haus der Märchen , Walter lächelt, als er das sagt und fügt hinzu: Es ist ein wahres Märchen. La casa delle favole ist die Einladung zu einer anregenden Reise durch den Garten des eigenen Lebens. Während der Dreharbeiten wird immer deutlicher, dass die Lebenszeit von Walter Bartlomé zu Ende geht. Ganz sachte beginnt er von seinem Ort Abschied zu nehmen. Ich glaube an die Natur. Für mich ist das eigentlich mein Gott. Unsere Natur und wie sich das alles entwickelt hat; das Leben, wie es kommt und geht und vergeht und wiederkommt. Das ist auch Auferstehung. Ich bin zufrieden mit meinem Leben, wie es sich abgespielt hat. Ja. Das Gute und das Schöne haben immer überwogen und mein Paradies, wo ich schon zu Lebzeiten drin lebe, habe ich mir selber geschaffen. Meine Gärten, alles, alles. Das ist das Schöne dran. Ja, man denkt mit Wehmut dran, daß man das alles nun verlassen muß. ...Ich glaube einfach nur an das Gute im Menschen. Das ist schon so, wir haben auch unsere Schlechtigkeiten, aber man muß eben so leben, dass man verantworten kann, was man tut und macht. Im September 1998 - mit Beendigung der Dreharbeiten - ist Walter Bartlomé nach kurzer Krankheit gestorben. Eine Kunsttherapeutin hat das Haus mit dem Garten gekauft und möchte diesen Ort als einen Ort der Stille und Begegnung weiterführen.
      Avatar
      schrieb am 19.12.01 20:53:55
      Beitrag Nr. 18 ()
      Wachsende Dome

      Morgen ist der 1. April, aber was hier steht, ist wahr: die Geschichte von Tänzen in Bäumen, Gärten in Felsen und von einem Oldenburger Knecht des Journalismus, der dank eines alten Kauzes sein Leben umgekrempelt hat
      Der Name! Karl Heinz Heilig. Kann man mit sowas leben? "In der Schule nannte man mich Heiligenschein. Das war doof. Doch seit ich weiß, dass mein Name von ,heilen` kommt, habe ich mich damit versöhnt." Vor zwei Jahren stand dieser Name sogar in Zeitungen. Damals brachte der Oldenburger seinen vielgerühmten Film "La casa delle favole" raus, der demnächst in Bremen gezeigt wird. Wir aber interessieren uns hier für Heiligs aktuelles Projekt: einen Dokumentarfilm über das Künstlerehepaar Dorothea und Marcel Kalberer, das aus Weiden Paläste und Dome baut - zum Beispiel zur Bundesgartenschau in Rostock 2003, sponsored by IKEA-Stiftung.
      Aber zuerst ein bisschen Biografie: Heilig liebt den Wald, also studierte er Forstwirtschaft. Wie alles nahe liegende ein Fehler. Ziemlich bald merkte er: Fachausrichtung, Kommilitonen ... - alles reichlich konservativ. Er vollendete zwar sein Studium, trieb sich danach aber beruflich in der Ökoszene herum - was bei Heiligs Bekenntnis zur Bescheidenheit finanziell immer irgendwie hinhaute. Aber er wollte ein Haus bauen, mit den eigenen Händen, und da gesteigerter Geldfluss nicht absehbar war, baute er es 1985/86 aus weggeworfenen Holzpaletten, Steinen abgerissener Häuser, Fensterrahmen aus dem Abfallcontainer und anderen Fundmaterialien, mitten in Oldenburg.
      Die Baugenehmigung konnte er sich erst holen, als nach zwei Jahren alles fertig war. Denn als offener Mensch verzichtete er auf einen Plan. Vorgegeben war lediglich: 35qm Grundriss, zwei Stockwerke. Vor dem Hausbau beschränkten sich seine handwerklichen Kenntnisse auf das Einhämmern von Nägeln. Doch die den Bau abnehmende TÜV-Beamtin lobte die Kons-truktion mit den vielen Fenstern und Erkern, obwohl sie die Verwendung einer Fenstersprosse als Dachträger doch ein wenig wagemutig fand.
      Der WDR drehte einen Film über das Zwergenhaus, weil es damals noch gängige architektonische Kategorien sprengt. Um die 20.000 Zuschauerzuschriften zu bewältigen, musste der Sender zwei Leute für vier Wochen einstellen.
      Schon mit 12 Jahren überkam Heilig der bewahrende Geist des Dokumentaristen. Egal ob Schulausflug oder später die halbjährige Wanderreise durch Lappland: Er hielt drauf mit seiner Super 8. Als ihn das Ökobusiness zu langweilen begann, besann er sich auf seine cineastischen Qualitäten und drehte ab 1988 für den WDR als sogenannter "fester Freier" Dokumentarfilme, und zwar ganze zehn Jahre lang; zum Beispiel über die zyklischen Auf- und Abholzungen des Harzes, über "Bauen mit Lehm", "die Siegerländer Haubergs-Cultur", "der Schwarzwald der Fürs-ten", "Bionik" etc. "Damals habe ich prächtig verdient. Zumindest für meine Verhältnisse. Wahrscheinlich wird es meinem Banckonto niemals wieder so gut ergehen."
      Heilig war so gut im Geschäft, dass er sich ein kleines Studio für etwa 250.000 Mark leistete. Als dann mit Aufkommen der Kabelsender die Filmschnitte immer schneller/rockiger werden sollten und die Themen immer "prickelnder", dachte er sich: "Ich steige aus." Aber bekanntlich liegt zwischen einem Entschluss und dessen Umsetzung eine abgründige Schlucht. Heilig übersprang sie mit der Hilfe eines alten Mannes in einer Schlucht, einer realen Schlucht.
      1997 lernte er den Walter kennen, Walter Bartlomé. Dieser entdeckte mit 14 - das war 1929 - beim Spielen ein absolut abgeschottetes Felsental. Und wer aus dem Berner Subproletariat entstammt, fängt bei soviel Wildromantik zu träumen an. Fern von Gestank und Menschen - was manchmal oft dasselbe ist - wollte er in der Felsenschlucht seinen persönlichen Garten Eden bauen. Freeclimber hätten da andere Visionen. Zwar sprachen zwei Dinge gegen den Garten - die Abwesenheit von Erde und die vertikale Ausrichtung des Gesteins - doch mit ausgeklügelten Terrassierungsverfahren und fintenreicher Bewässerungsanlage brachte er die Felswand zum Dauerblühen - auch wenn das zugegebenermaßen diverse Jahrzehnte dauerte. "So eine Üppigkeit habe ich noch nie gesehen." Auch ein Haus meißelte der Walter ins Gestein und als Heilig das alles entdeckte, war ihm klar: Das muss dokumentiert werden, und zwar über einen ganzen Jahreszyklus hinweg. Also fragte er Walter: "Kann ich ein Jahr lang bei dir leben?" Und der sagte: "Ja klar." WDR - und tschüss, du angepasster öffentlicher Sender.
      Natürlich bemühte sich Heilig durch den öffentlich-rechtlich vorgesehenen Instanzenweg hindurch um "Öffentliche Filmförderung". Natürlich blitzte er ab. "Dafür habe ich jetzt die Rechte über meinen Film." Die Produktionskosten betrugen 400.000 Mark. Doch davon fehlte die Hälfte. Da sprangen 200 Bekannte und Unbekannte bei mit Spenden und zinslosen Krediten. "Um die Produktionskosten wieder hereinzuholen, tingle ich jetzt mit meinem Film durch die Lande." Das Oldenburger PFL mit seinen 300 Plätzen war mehrmals hintereinander ausverkauft. Und auch in fremden Städten ist spätestens die zweite Vorführung ausverkauft dank Mundpropaganda. "Ich glaube, die Menschen merken, dass es nicht nur um den Garten geht, sondern um eine Lebenshaltung: sich etwas zu trauen, und sich etwas zuzutrauen. In dem Jahr in der Senseschlucht habe ich gelernt, mutig zu sein." Aus diesem Grund wird der Film in Therapien und bei psychologischen Tagungen eingesetzt. Außerdem hat er Heilig einen Lehrauftrag für Bildgestaltung an der Fachhochschule Offenburg eingebracht.
      Doch längst arbeitet er an einem neuen Projekt, einer Dokumentation der "Kunsthappenings" des Ehepaars Kalberer, die am Bodensee leben. Marcel Kalberer war einst Architekt im renommierten Büro von Frei Otto. Er versuchte eigene Wege zu gehen, etwa mit dem ungewöhnlichen Projekt eines Dampfbads für Muslime. Aber er wollte sich wohl dann doch nicht dauerhaft herumschlagen mit Behörden und Bauherren. Bei seinen sechswöchigen Aktionen werden tonnenweise Weidenzweige in den Boden gesetzt, und zwar in Form eines Gebäudegrundrisses. Die sprießenden Zweige werden zu Säulen und Verstrebungen verzwirbelt, ehe sie verhärten. Zum Teil ist es die Technik, mit der man einst Weidenkörbe flocht. Dabei helfen bis zu 300 Menschen aus ganz Europa und jeden Alters. "Man saut sich völlig ein und es ist anstrengend, aber die Stimmung ist einzigartig." Als EXPO-Projekt wurde ein gigantischer pantheonartiger Rundbau in Auerstedt bei Weimar realisiert, dort, wo in den napoleonischen Kriegen 20.000 Menschen getötet wurden. Letzten Sommer versammelten sich unter der grünen Kuppel bis zu 800 Personen zu Vollmondpartys, Lichtinstallationen, etc. Zurzeit ist ein "Dom" nahe Rostock in Arbeit - ein Mittelding zwischen gotischem Bau und Jurtenansammlung.
      Diese "wachsenden Architekturen" haben eine Geschichte. Im 17. Jahrhundert, als in Frankreich die Fürsten Büsche in Kegel- und Kugel-Skulpturen verwandeln ließen, transformierte auch das einfache Volk die Natur. In etwa 200 Dörfern wurden Lindenbäume über Generationen hinweg so zurecht gebogen, dass ihre Äste einen Quader, einen Raum beschreiben. In Limmersdorf, Nähe Bayreuth, ist ein Exemplar erhalten. In dieser etwa 50qm großen "Tanzlinde" wurden einst (und heute) Feste gefeiert. Schwer zu glauben, würde es nicht das Fremdenverkehrsbüro Fränkische Schweiz bestätigen. Aus dem Mittelalter ist eine Kirche aus lebenden Bäumen dokumentiert. In Peesten, wo die Ruine einer Tanzlinde erhalten ist, wird gerade ein Dokumentationszentrum für gewachsene Räume eingerichtet.
      Während Heilig sich gerade um die Gelder für die Endproduktion seines Films bemüht, spuken schon neue Projekte durch seinen Kopf. Etwa ein Spielfilm über einen vergessenen Kollegen des Chirurgen Sauerbruch. Dieser August Bier arbeitete schon um 1920 an der Berliner Charité mit homöopathischen Methoden. Aber Heilig interessiert natürlich etwas anderes: Dieser Dr. Bier verwandelte ein großes verstepptes Grundstück in einen Dschungel.

      Barbara Kern
      Avatar
      schrieb am 19.12.01 21:34:38
      Beitrag Nr. 19 ()
      Hi lautz,

      eine Menge Architekten im Board was ?

      :laugh:
      Avatar
      schrieb am 31.01.02 23:45:14
      Beitrag Nr. 20 ()
      Porträt: Der Solararchitekt Professor Rolf Disch




      Prof. Rolf Disch
      Mein Solar-Haus ist ein Forschungs- und Versuchshaus, ein Experimentierhaus, in der Absicht, Erkenntnisse, die wir gewinnen, umzusetzen in normale Häuser. Zunächst einmal wollte ich viele Dinge ausprobieren: testen, wie weit man heute gehen kann, um im umweltgerechten Bauen nach vorne zu kommen. Das hat viele Aspekte - das hat den Aspekt Material, das hat Konstruktion, Form, Wasserhaushalt, Materialhaushalt, Energiehaushalt, Flächenhaushalt usw. Dann das zweite war, daß ich schon auch ein Zeichen setzen wollte, daß wir ein Haus haben, über das man redet .

      Und geredet wird über das Freiburger Solar-Haus, das - zwanzig Meter hoch - auf einem Holzsockel von gerade mal neun Quadratmetern steht. Das spektakulärste an diesem Haus: es dreht sich - entweder zur Sonne hin oder von der Sonne weg, je nach Bedarf. Darum heißt es auch nach der Pflanze, die ihre Blüten stets zur Sonne dreht, "Heliotrop". Das Drehen des Heliotrops funktioniert nach dem alten Zahnradprinzip, welches wiederum mit modernster Computertechnik gesteuert wird.

      Bereitwillig führt Rolf Disch durch sein Haus. Die Natur zu nutzen ohne sie zu verbrauchen, ist sein Ziel beim Bauen. Seine Balkonbrüstung ist deshalb ein kleines Kraftwerk. Die Sonne heizt die Kupferlamellen in den Rohren auf und gibt die Wärme an einen Speicher ab. Damit wird sowohl das Warmwasser erzeugt als auch die Heizung betrieben. Die Heizung ist - ungewöhnlicherweise - an die Decke montiert und gibt die Wärme von oben ab. So wie die Sonne schließlich auch von oben strahlt.

      Daß umwelt- und energieschonende Bauweise keineswegs bedeuten muß, auf den gewohnten Komfort und Ästhetik zu verzichten, ist ein Anliegen von Rolf Disch. In seinem Haus hat er gleich mehrere ökologische Systeme integriert. Durch eine Abwurfklappe in der Küche fällt der Bioabfall in einen Behälter, wo auch die Fäkalien gesammelt werden. Daraus gewinnt Disch eigenen Kompost. Für die Waschmaschine benutzt er Regenwasser. Und weil Regenwasser weich ist, verbraucht er weniger Waschpulver. Für Disch ist vieles eine Frage der Gewohnheit.

      Rolf Disch
      Also man braucht hier keine Wasserspülung; man braucht auch keine Klobürste. Die Geometrie ist so, daß es in freiem Fall fällt - also das Fallrohr ist 300mm dick, und man macht hinterher einfach die Klappe wieder zu, und es riecht hier nicht, weil ein Unterdruck im System ist, und die Gerüche verschwinden da, wo sie entstehen - also Wasserspülung braucht`s nicht. Wir haben mal überlegt, ob wir nicht eine Taste drauf machen, eine Taste, wo meinetwegen das Wasserrauschen zu hören ist, weil es eben erst einmal eine Angewöhnung ist, daß man einfach aufstehen kann und weggehen kann, ohne großes Geschäft.

      Auf dem Dach des Heliotrops ist nicht nur der Garten. Hier befindet sich das von weitem erkennbare Sonnensegel: eine fünfundfünfzig Quadratmeter große, bewegliche Photovoltaikanlage, die aus Sonnenenergie Strom erzeugt. Disch produziert fünf Mal mehr Strom als er in seinem Haus verbraucht. Den Überschuß gibt er an die Stadtwerke ab. Deshalb heißt sein Heliotrop auch "Plusenergiehaus".

      Daß das Haus sich dreht, spürt man kaum. Rolf Disch kommt aus der Anti-Atomkraft-Bewegung. Weil er nicht nur dagegen sein wollte, begann er sich intensiv mit Sonnenenergie zu beschäftigen. Damals hatten es ihm die Solarmobile angetan. Er entwickelte Fahrzeuge und probierte sie auf Solarmobilrallyes gleich selbst aus. Auch beim australischen "World Challenge" war er mit seinem Fahrzeug "Lichtblick" dabei.

      Beim Bauen der Solarmobile hatte Rolf Disch viel über Solartechnik gelernt. Er entschied sich, fortan mit seinem Architekturbüro nur noch Solarhäuser zu bauen - zunächst kein einfaches Unternehmen.

      Rolf Disch
      Jedes Projekt durchläuft drei Phasen: In der ersten Phase wird es belächelt, in der zweiten bekämpft, und in der dritten ist es selbstverständlich. Die Phase, in der es belächelt wird, haben wir hinter uns. Das ist aber noch nicht lange her, daß wir ausgelacht wurden. Da hieß es: das funktioniert ja nur, wenn die Sonne scheint. All das habe ich tagtäglich erlebt.

      Rolf Disch hat bewiesen, daß seine Architektur keine Spinnerei ist. Mit seiner ökologischen Bauweise und der Nutzung von Sonnenenergie baut er eine Seniorenwohnanlage ebenso wie Familienhäuser. Viele Häuser werden erst gar nicht auf fortschreitende Entwicklung der Technologien hin konzipert, anders bei Rolf Disch. Hier läßt sich auch später problemlos nachrüsten. Der gelernte Maurer, Schreiner und Bautechniker, der erst über den 2. Bildungsweg zur Architektur kam, ist eben auch ein Pragmatiker.

      Im Fußballstadion des SC Freiburgs hat Disch, zusammen mit der Solar-Energie-Systeme GmbH, der Südtribüne eine Photovoltaikanlage aufs Dach gesetzt: die weltweit größte private Solarstromanlage. Der erzeugte Strom fließt in das öffentliche Stromnetz, und die Anteilseigner bekommen Geld dafür. Disch hat schon die nächste Idee: er will die Schauinsland-Seilbahn im Schwarzwald mit Solarstrom fahren lassen.

      Sein wichtigstes Projekt ist aber eine Solarsiedlung mit 210 Häusern, Wohnungen, Büro- und Gewerbeflächen. Es wäre die größte Solarsiedlung Europas. In dieses Projekt fließen all die Erfahrungen von Energie- oder Wasserhaushalt und von ineinander greifenden ökologischen Systemen, die Disch in seinem Heliotrop gesammelt hat. Und weil das Hauptargument gegen solche Bauweise immer die Kostenfrage ist, liefert Disch inzwischen gleich ein Finanzierungskonzept mit, das natürlich individuell angepaßt werden muß.

      Rolf Disch
      Für das ökologische Bauen, für das solare Bauen gibt es Förderungen. Dann gibt es speziell für Einzelmaßnahmen auch Förderungen, wie das 100.000-Dächer-Programm.

      Was treibt den Solararchitekten zu seinen ungewöhnlichen Leistungen?

      Rolf Disch
      ``Wende Dich der Sonne zu und Du läßt Deinen Schatten hinter Dir", das ist eine alte Weisheit, die ich gerne auch immer wieder in Vorträgen verwende. Was mir wichtig ist: was vor uns steht, ist eine gesellschaftliche Aufgabe.
      Avatar
      schrieb am 04.03.02 19:38:48
      Beitrag Nr. 21 ()
      Architektur als Baukunst und werthaltige Ressource.

      Dem Programm der Einladung habe ich entnommen, dass ich über „Architektur als Baukunst und werthaltige Ressource sprechen soll". Das bringt mich aus zwei Gründen in
      Verlegenheit:
      1. Nach einer kurzen Definition der Architektur und mit dem Hinweis ihrer materiellen
      Ressourcen wäre das Thema rasch erledigt und wir könnten die Zeit anderweitig
      verwenden.
      2. Die Erweiterung des Themas um kunsthistorische, philosophische und grundsätzliche
      Erwägungen führt ins Uferlose und würde jeden Rahmen sprengen.
      Um einigermaßen zurecht zu kommen, werde ich zunächst zum ersten Gesichtspunkt ein
      paar Anmerkungen machen und mich dann dem Unsichtbaren zuwenden, das mit
      Architektur und Ressourcen verbunden ist. Das hat den Vorteil, dass damit gedanklich
      Bezüge zu Arbeit in Ihrer Stadt Wismar zu Stadterneuerung und Denkmalpflege hergestellt
      werden können.
      Also: Architektur ist mehr als Bauen. Architektur ist ein Mehrwert, der unserer gebauten
      Umwelt hinzugefügt wird. Dieser Mehrwert ist schwer messbar – schon gar nicht in Euro,
      Dollar oder anderer Währung. Aber er wird sofort bemerkt, wenn er nicht vorhanden ist:
      Dann lässt sich Otto Normalverbraucher angesichts eines Bauwerks ohne architektonischen Anspruch zur Bemerkung hinreißen „Welcher Architekt hat denn das verbrochen?" Der baukulturell geschulte Kenner dagegen erkennt diesen Mehrwert nicht nur an der Schönheit – ein Begriff der in diesem Zusammenhang einer sehr sorgfältigen Definition bedarf – sondern dass Architektur ein Gesamtkunstwerk in der Umweltgestaltung ist, hervorgegangen aus kulturellem Bewusstsein. Alles das basiert auf komplexen Fügungen zu ganzheitlichen Lösungen. Dazu gehören:
      · Die Schonung natürlicher Ressourcen
      · Der Respekt vor der Geschichte
      · Die Kenntnis kultureller Zusammenhänge
      · Die zeitgemäße Formgebung
      · Die Berücksichtigung gesellschaftlicher Bedingungen
      · Die Kenntnis ökonomischer Möglichkeiten
      · Die Entwicklung von Maßstäben auf der Grundlage von Werten
      Daraus entsteht Architektur.
      Von unserem europäischen Nachbarn Finnland, der sich beispielhaft für Baukultur und
      Architekturpolitik einsetzt, wissen wir, dass dort ca. 70% des Volksvermögens in Bauwerken
      und Infrastruktur festgelegt sind. Architekturpolitisches Ziel ist es, diesen Vermögenswerten
      einen Mehrwert zu verleihen: der durch Architektur möglich wird.
      Zum Abschluss dieser Annäherung an den Begriff von Architektur wollen wir einen kleinen
      Exkurs zur Definition von Schönheit in der Architektur machen:
      Alle drei Zitate von Architekten beziehen sich auf die Schönheit architektonischer Gestaltung.
      Auf eine Schönheit, die nicht absolut gesehen wird – wie in der bildenden Kunst, der Musik
      oder Poesie – sondern relativiert wird durch ihre Bezüge auf Technik, Funktion und Material.
      Dennoch bleibt auch dieser Schönheit die Aufgabe, semantisch Inhalte einer geistigen Welt
      sichtbar zu machen.
      Das Spannungsfeld zwischen Gut und Böse in der menschlichen Natur hat uns vor allem im
      vergangenen Jahrhundert gelehrt, den Schönheitsbegriff nicht nur für die Gestalt des Edlen,
      Harmonischen und Aufbauenden anzuwenden sondern anzuerkennen, dass auch der
      Gestalt des Gemeinen, Bedrohlichen und Zerstörerischem Faszination abzugewinnen ist, die
      allerdings nicht mehr mit dem klassischen Schönheitsbegriff abzudecken ist.
      Deshalb aber den Begriff der Schönheit als unzureichend und verbraucht über Bord zu
      werfen ist unzulässig. Es geht vielmehr darum, den Begriff der Schönheit im Sinne einer
      aufrichtigen Entsprechung von der Gestalt zu den Inhalten anzuwenden. Die wahre
      Entsprechung von Gestalt zur Bedeutung war zu allen Zeiten das Kriterium für Schönheit.
      Soll allerdings Gestaltung über wirkliche Verhältnisse hinwegtäuschen, dann entsteht Kitsch
      als schöner Schein der Lebenslüge.
      Wenn also der Begriff der Schönheit in Zusammenhang mit der Architektur wiederverwendet
      wird, dann in dieser differenziert anzuwendenden Definition. Zudem soll damit eine
      allgemeinverständliche Sprache verwendet werden, denn mit Ausdrücken wie
      Gestaltqualität, Formgebung, Ästhetik, Design usw. als Surrogat wird die Verständigung
      zwischen den Architekten und der baukulturell interessierten Öffentlichkeit unnötig erschwert.
      Wenn im Vokabular der Architekten die Worte „Schönheit" und „schön" vermieden werden,
      dann schwindet das Verständnis für einen Berufsstand, von dem erwartet wird, dass er
      schöne Gestaltung als Wesen seiner Aufgabe ansieht.
      Jetzt möchte ich mich – wie schon vorher angedroht – dem Begriff des Unsichtbaren in der
      Architektur zuwenden. Ich beginne mit einem Zitat von Antoine de Saint Éxupery, der seinen
      kleinen Prinzen sagen lässt:„On ne voit bien qu`avec le coeur. L`essentiel est invisible pour les yeux"
      „Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für das Auge unsichtbar."
      Der kleine Prinz hat seine Wahrheiten aus einer anderen Welt mitgebracht, der Welt der
      Engel, der Kinder, der Phantasie, der Menschlichkeit und des himmlischen Jenseits. Wir
      Erwachsenen dagegen, wir Techniker, homini faber und Wissenschaftler, wir, denen uns
      alles Sichtbare berechenbar und machbar erscheint, wir haben vor der Dimension des
      Unsichtbaren Angst.
      Wir haben Angst vor dem Unsichtbaren, weil unsere kleine Realität im Gegensatz zu dieser
      Unendlichkeit begrenzt und armselig erscheint. Wir haben Angst vor dem Unsichtbaren, weil
      in der Welt des Herzens die unerbittlichen Maßstäbe des Gewissens gelten und nicht
      rationale Argumente. Wir haben Angst vor dem Unsichtbaren, weil sich in seinen Weiten das
      wirkliche Leben entfaltet – grenzenlos im Gegensatz zur begrenzten nur vom Verstand
      begreifbaren Realität.
      Das Wesentliche ist grenzenlos, kann nur mit dem Herzen erkannt werden und bedarf doch
      der materiellen Begrenzungen um sichtbar zu werden. Dieses Paradoxon zwischen Geist
      und Materie spiegelt sich nicht nur in allen menschlichen Wesen sondern natürlich auch in
      der Architektur. Die Räume – ob außen oder innen – die von Wänden oder Fassaden
      begrenzt werden, sind vom Unsichtbaren des Geistes der Architektur erfüllt, die sie umgibt.
      Genius loci, der Geist eines Ortes ist unsichtbar und erfüllt doch jeden Winkel mit seiner
      Atmosphäre. Er kann nicht mit den Augen sondern nur mit dem Empfinden, dem Herzen
      wahrgenommen werden. An ihm entscheidet sich, ob wir uns an einem Ort wohl fühlen, ob
      uns das Herz aufgeht. Dieser Geist bestimmt die wahre Schönheit der Gestalt. Strahlt sie ihn
      nicht aus, so lassen uns auch die kunstvollsten Formen kalt.
      Geist, Atmosphäre und Materie sind einer Herkunft – nur in verschiedenen
      Aggregatzuständen, vergleichbar etwa mit dem Wasser, dessen Erscheinung je nach
      Temperatur und molekularer Dichte als Dampf, Flüssigkeit oder Eis auftritt. Insofern gibt die
      gebaute Architektur durch den Geist aus dem sie entstand, durch die Atmosphäre ihrer
      Materialien und durch die ihr übertragenen Absichten der materiellen Ausgestaltung ihrer
      Schöpfer – Bauherr Architekt und Bauleute – Zeugnis vom Wesen ihrer unsichtbaren
      Innenwelt.
      Wer mit offenem Empfinden durch Stadträume oder Gebäude geht, wird sehr schnell
      wahrnehmen, daß die unsichtbare Atmosphäre des Raumes mehr über das Wesentliche des
      Ortes aussagt als die Gestaltung der Oberflächen.
      Die kunstvolle Architektur der Pfeiler, der Streben und des Maßwerkes der
      Deckenwölbungen etwa der Kathedrale von Chartres können dem architektur- und
      kunstverständigen Betrachter viel über die Regeln des gotischen Baustiles aussagen und
      sein analytisches Nachdenken über Proportionen, Statik und Materialbearbeitung
      beschäftigen. Er wird aber nichts vom genius loci dieses christlichen Ortes mittelalterlicher
      Mystik verstanden haben, wenn nicht auch die Bilder einer inneren Wirklichkeit des
      Glaubens und Lebens der Menschen des 12. Jahrhunderts in ihm aufsteigen. Menschen, die
      unter heute unvorstellbar primitiven Bedingungen in Hütten wohnten und Kathedralen bauten
      um dem, was sie als ihr Wesentlichstes empfanden, Raum zu geben.
      Der Besucher von Pompei, der im Ascheregen des Vesuv im Jahr 72 vor Christus
      versunkenen römischen Stadt, kann in den Ruinen sicherlich die Stadtbaukunst der Römer in
      ihrer Systematik nachvollziehen, wird aber nichts vom Wesen dieses Ortes empfinden, wenn
      er unfähig ist, sich in seiner Phantasie das städtische Leben der damaligen Zeit auszumalen:Pompei als lebhafte Handelsstadt am weiten Golf der Neustadt magnae Graeciae, Neapolis,
      der von Capri im Süden und den campi flegrei im Norden begrenzt wird. Am Horizont die
      Silhouetten von Ischia und Procida, im Rücken den Vesuv mit seiner immerwährenden
      Fumarola, als warnendem Hinweis auf vulkanische Unruhe – auch im Herzen der lebhaften
      und unternehmungslustigen Bewohner.
      Die Stadträume unterschieden in öffentliche Flächen der Straßen und des Forums, auf dem
      Götterverehrung und Politik, die res publica, stattfanden, in halböffentliche Bereiche der
      Nachbarschaften, wo man sich in den Tavernen, den Handwerksbetrieben und den Läden
      traf und in private Gärten und Atrien der Häuser, in die von außen kein Einblick gewährt
      wurde. Zivilisation und Kunst aus der Tradition der griechischen Polis, Wohlstand den man
      sich im Schutz römischer Staatskunst und Verwaltung erarbeiten konnte und zu genießen
      gelernt hatte.
      Wer mit den Bildern des damaligen Lebens vor dem inneren Auge nach Hause fuhr, konnte
      auch ohne geschichtliche Jahreszahlen und Ausgrabungsdetails das Wesentliche, das
      Unsichtbare deshalb begreifen, weil es in der Imagination wieder innere Gestalt annahm.
      Berlin war vor dem ersten Weltkrieg eine der vier größten Industriestädte der Welt. Der
      rasche Aufbau in den Gründerjahren am Ende des 19. Jahrhunderts hatte mit seiner Boden-und
      Bauspekulation der übermäßig verdichteten Baublocks mit den sogenannten
      Mietskasernen zu unerträglichen und unsozialen Wohnzuständen für die Industriearbeiter
      geführt.
      Wegen dieser unmenschlichen Wohnverhältnissen entstand in den zwanziger Jahren als
      Gegenentwurf der soziale Wohnungsbau „im Grünen". Wer heute die Bauten dieser
      Siedlungen besucht, ist sicher auch durch die Architektur der klassischen Moderne und des
      gestalterischen Einflusses der Bauhausgedanken beeindruckt.
      Stärker jedoch als die Baukörper- und Fassadengestaltungen der Architekten Taut, Mies van
      der Rohe, Gropius, Scharoun und anderer bleibt die Atmosphäre der neuen, besseren
      Lebensbedingungen für die Arbeiter im Gedächtnis. Die blühenden kleinen Gärten der
      Reihenhäuser, das Sonnenlicht, das durch die sanft schwingenden Wipfel der Föhren
      zwischen den weißen Bauzeilen mit den bunten Fensterrahmen fällt, die ruhigen,
      gepflasterten Seitenstraßen mit spielenden Kindern. Es bleiben Gedanken an sozialen
      Frieden und ein Glück, das aus irgendwelchen Gründen zu Unrecht „das kleine" genannt
      wird – denn wie könnte Frieden sonst entstehen?
      Die Beispiele lassen sich lange fortsetzen. Wichtig ist zu verstehen, daß das unsichtbar
      Wesentliche - der genius loci - umbaut werden, sichtbar gefaßt werden kann. Ich behaupte
      sogar, daß der Geist eines Ortes immer schon bestand, bevor ihm bauliche Gestalt verliehen
      wurde.
      Sicherlich sind die Stonehenges in England erst entstanden, nachdem die Priester,
      Sonnenbeobachter und Sensitiven der damaligen Bewohner der Gegend festgestellt hatten,
      daß es sich dort um einen Ort von besonderer Atmosphäre handelte. Nicht nur die
      Sonnenstrahlen fielen an bestimmten Tagen zeichenhaft und machten kosmische
      Verhältnisse sichtbar – auch die besondere Ausstrahlung, die Verdichtung geistiger Kräfte
      war den Menschen spürbar. Sie setzten mit Megalithen ein Zeichen dafür, um dieser Kraft
      dinglich Ausdruck zu verleihen.
      Ganz bestimmt sind viele bedeutende Architekturen aus den Vorgaben eines Platzes mit
      atmosphärischer Dichte oder auch landschaftlicher Besonderheit in der Absicht entstanden,
      diesen besonderen Ort zu überhöhen. Das Theater in Epidaurus, der Tempel in Paestum
      ebenso wie St. Georg i Wismar. Aber auch die Freiheitsstatue an der Hafeneinfahrt von New
      York oder der Eiffelturm als Symbole gesellschaftlicher oder technischer Errungenschaft. Erstaunlich sind die Wechselwirkungen vom Wesentlichen, das nur mit dem Herzen gesehen
      werden kann und der steingewordenen Materialisation, die das Unsichtbare im wahrsten
      Sinne des Wortes „begreifbar" werden läßt.
      Wohl der wichtigste Faktor ist dabei die Zeit – im Sinne von Geschichte – an dem ein Bau
      verwirklicht wurde und zu der er den inneren Erkenntnissen oder Empfindungen
      „zeitgerechte" Gestalt verleihen konnte. Dieser Entstehungszeitraum kann zu keinem
      späteren Zeitpunkt wiederholt oder nachempfunden werden. Zu stark verändert sich im
      Ablauf der Zeiten das Empfindungsvermögen für geistige Verhältnisse und deren
      Interpretationsvermögen. Aber nicht nur das Ausdrucksvermögen sondern auch die Fähigkeit
      zum originären Verständnis – nicht nur zum historischen – ist dem Zeitpunkt des Entstehens
      unterworfen.
      Hier muß jede Kritik an einer historisierenden Architektur einsetzen. Was als originaler
      Ausdruck des Zeitempfindens zur inneren Wirklichkeit überzeugen kann, ruft als
      historisierender Nachbau bestenfalls Langeweile hervor.
      Allem historisierenden Nachempfinden ist ein detailversessener Hang zum Dekor, zum
      Schmuck der Oberfläche mit Emblemen der jeweiligen Epoche zu eigen. Da die Strukturen
      geistiger Wirklichkeiten, die der noch nicht materialisierten Innenwelt entsprechen,
      künstlerisch nicht zeitgemäß interpretiert, sondern nur historisierend nachempfunden
      werden, entsteht Spannungslosigkeit. Sie tritt immer dann auf, wenn keine wirkliche Lösung
      der Aufgabe versucht wird, der geistige Pol dem materiellen Pol nicht entspricht und somit
      kein Kraftfluß entstehen kann. Was an geistigem Gehalt nicht qualitativ in entsprechender
      Gestalt wiedergegeben werden kann, wird nur durch hohle Form, ja bisweilen durch Formeln
      ersetzt.
      Zeitgenössische Interpretation von Inhalten, Funktionen, Repräsentationsansprüchen,
      räumlichem Empfinden muß mit zeitgenössischen Mitteln erfolgen. Das bedeutet allerdings
      nicht, daß auf vorhandenen Baubestand verzichtet werden soll. Ganz im Gegenteil – dies ist
      eine unschätzbare Ressource. Bauherren, Architekten und Handwerker sollten sich glücklich
      schätzen, wenn bestehende Gebäude oder Bauteile mit historischem Wert verwendet
      werden können. Dabei eröffnen sich Dimensionen der Rückerinnerung, der
      Selbstidentifikation, des Traditionsbewußtseins und der Kontinuität des Bewusstseins – eine
      Ressource für den genius loci von oft unschätzbarem Wert.
      Atmosphäre, Ortsverbundenheit und Rückerinnerung – manchmal nur im Unterbewußten –
      werden der Bauaufgabe, die mit der Verwendung des Bestandes innovativ arbeitet, gerade
      zum Geschenk. Dies ist besonders wichtig in einer Zeit, in der gestalterische
      Unverwechselbarkeit als „corporate identity" nach Designermode geradezu krampfhaft
      gesucht wird.
      Noch 1903 konnte unter dem Titel „Das Bauernhaus im Deutschen Reich" ein Atlas mit der
      Dokumentation regionaler Bauformen erscheinen. Dargestellt wurden nahezu dreißig
      deutsche Hauslandschaften, die ihrerseits in sich wieder regionale Unterschiede aufwiesen.
      Die Hauslandschaft in Bayern wies damals z.B. noch sechs weitere Untergliederungen mit
      sehr unterschiedlichen charakteristischen Bauformen auf.
      Örtlich ohne große Transportkosten erhältliche Baumaterialien, Formen der Landwirtschaft,
      Funktionsabläufe in der Verarbeitung, Klimaverhältnisse und baumeisterliche
      Ausführungstraditionen mit Details, die sich seit Jahrhunderten technisch und ökonomisch
      bewährt hatten waren die Ursachen für die Vielfalt von Hausformen in einer Vielfalt von
      Landschaften. Interessant zu beobachten ist, daß sich Schmuckformen im Detail nur sehr sparsam
      entwickelt haben. Funktion, Ökonomie und Dauerhaftigkeit hatten absoluten Vorrang. Die
      uns heute schon fast als Kunstform erscheinenden Hausstrukturen mit ihren guten
      Proportionen, richtig gesetzten Öffnungen und ästhetische erscheinender
      Materialverwendung ergaben sich aus den konstruktiv notwendigen und in Ihrer
      Notwendigkeit auch optisch nachvollziehbaren maßstäblichen Harmonie.
      Dabei ist unter Maßstäblichkeit nicht nur das Massenverhältnis zu verstehen, sondern vor
      allem die Angemessenheit von Notwendigkeit zu Aufwand.
      Vor hundert Jahren hat sich ganz selbstverständlich ein Weinbauernhof in Franken vom Hof
      eines Viehzüchters in Oberbayern völlig unterschieden. Heute brauchen beide Erzeuger
      ähnlich konstruierte Hallen – oder Kisten – um darin ihre Maschinen oder ihr Vieh
      unterzubringen. An Materialien wird verwendet, was am preisgünstigsten auf dem Baumarkt
      zu erhalten ist , dabei spielen Transportkosten oder örtlich verfügbares, früher ortstypisches
      Material eine geringe Rolle.
      Traditionelle Schmuckformen im Detail, wie kunstvolles Mauerwerk, Fachwerkzierat oder
      andere Erinnerungen an vergangene Handwerkstraditionen finden sich konsequenterweise
      nicht an den rein funktionell und ökonomisch orientierten Produktionsstätten der
      Landwirtschaft von heute, sondern sind – als folkloristische Mutanten – an den
      Einfamilienhäusern der Städter zu finden, die aufs Land gezogen sind. Dabei verirren sich
      oberbayerische Dekorationen auch mal an die Nordsee und Reetdächer in den bayerischen
      Wald – je nach Geschmack der Bauherren, die in den Prospekten als „anspruchsvoll"
      apostrophiert werden.
      Ich führe diese Beispiele und diese Entwicklungen an, um darzulegen, dass eine Architektur
      des genius loci nicht durch architektonische Versatzstücke aus dem Folklore-Depot zu
      erhalten ist. Ganz im Gegenteil, es ist wie mit der Musik, die heute jeden Menschen überall
      berieselt – am Ende findet man deren Abwesenheit – also Ruhe - am schönsten.
      Baukunst mit genius loci ist nur in der ernsthaften Auseinandersetzung mit dem Ort, den
      Menschen und den vorhandenen Strukturen - zu denen auch die Bautradition gehört – zu
      erspüren und zu erhalten.
      Dabei kehren wir noch einmal zur Maßstäblichkeit zurück: Der genius loci wird vor allem
      durch ein „Zuviel" zerstört. Zu hoch, zu breit, zu luxuriös, zu exotisch, zu reich, zu bunt, zu
      aufgeregt, zu individualistisch und doch unpersönlich, zu teuer, zu kurzlebig, zu fremd, zu
      unüberlegt, zu unmaßstäblich, zu eitel, zu protzig usw.usw.usw.
      Gerade im Zeitalter der Globalisierung, in dem Banken, Baufirmen und Planer als global
      players weltweit tätig werden, um – meist ohne den künftigen Nutzer zu kennen – Immobilien
      als Ware für Kapitalanleger anzubieten, müssen sich die Architekten mit Politikern,
      verantwortungsbewußten Bürgern vor Ort und mit ihrem eigenen Gewissen aber auch mit
      ihrem Wissen verbünden, um der Baukunst auch an weit entfernten Baustellen gerecht zu
      werden, Architektur für den genius loci zu entwickeln.
      Dazu gehört ein intensives Einfühlen und Erspüren der jeweiligen Situation aber auch der
      Mut, sich dem zu verweigern, was heute landauf - landab einmalige Situationen
      unwiederbringlich durch gedankenloses, unsensibles und nur geschäftstüchtiges Planen
      zerstört.
      Dazu gehört auch, sich zurück nehmen zu können, sich als eine Stimme unter vielen zu
      verstehen und nicht jede Mode an jedem nur denkbaren Platz unreflektiert und ohne
      Rücksicht auf den genius loci nach- bzw. vorzumachen. In Zeiten der Nivellierung, der
      Gleichmacherei, der Beliebigkeiten und des gedankenlosen und gnadenlosen Verbrauchs
      von einmaligen Orten, Ressourcen, unwiederbringlichen Situationen und persönlichen Freundschaften im ex und hopp Verfahren, wie im Tourismus, beim Bauen und den
      menschlichen Beziehungen, ist das Bewahren von Geist, Atmosphäre und Gestalt ein
      menschliches Existenzproblem, eine Frage der Identität – kurz: der Würde.
      An diesen Ausführungen können Sie erkennen, dass das Unsichtbare und das Sichtbare in der
      Architektur eng verbunden sind – so wie sich der unsichtbare Seelenzustand eines Menschen in
      seiner Körperlichkeit, seinem Minenspiel, seiner Handschrift, seinen Bewegungen ausdrückt. Ich
      will damit sagen, dass die größte Ressource der Architektur das Wechselspiel zwischen
      Immateriellem und Materiellem, zwischen Geist und Körper, zwischen Idee und gebauter
      Wirklichkeit ist.
      Die werthaltigste Ressource der Architektur ist – nach diesem Ausflug in die Welt des
      Unsichtbaren – die Phantasie, die Kreativität, die Ideen der Architekten. Kanalisiert werden muss
      diese Ressource allerdings durch Maßstäbe, die aus moralisch und ethisch geprägten
      Wertvorstellungen entwickelt werden müssen. Der Berufsstand der Architekten braucht für sein
      Selbstverständnis keine Berufsbilddiskussion im herkömmlichen Sinn sondern eine
      Wertediskussion um tragfähige geistige Ressourcen zu entwickeln.
      Das wichtigste an den geistigen Ressourcen ist jedoch, dass sie unerschöpflich sind, ständig
      erneuerbar, voller Überraschungen und voller Zukunftsperspektiven. Ich denke, dass den
      Menschen, den Architekten die Ideen niemals ausgehen werden. Ideen sind Pflanzen der
      jenseitigen Welt, die zunächst in Worte und Pläne umgetopft werden und sich schließlich zu
      Bäumen in dieser Welt entwickeln.
      Die materiellen Ressourcen dagegen sind endlich. Energie aus fossilen Brennstoffen ist
      unwiderruflich beschränkt – auch wenn wir alle die Augen verschließen und das nicht wahr haben
      wollen. Aber da wären ja noch die fast unerschöpflichen Alternativen aus Wasser; Wind und
      Sonne.
      Ganz anders sieht es mit den Materialien aus. Sie müssen in Materialkreisläufe überführt werden,
      wenn wir unseren Kindern noch die Möglichkeit zu bauen lassen wollen. Zumindest sollten einmal
      verwendete Materialien in anderer Form in den Kreislauf der Verwendung zurückkehren – wenn
      nicht gar in den Kreislauf der Natur.
      In der Menschheitsgeschichte hat es in der Geschichte einige Beispiele für Architektur als
      werthaltige und dauerhafte Ressourcen gegeben. Das beeindruckenste Beispiel für uns Europäer
      ist sicherlich Venedig. Aus Sumpf und Schlamm ist die wundervollste Stadt mit der reichsten
      Kultur entstanden. Der völlige Mangel an natürlichen Ressourcen hat dazu geführt, das jeder
      Stein wiederverwendet , jeder Ziegel zweimal rumgedreht wurde. Das Leben mit den knappen
      materiellen Ressourcen hat die Schleusen der immateriellen Ressourcen geöffnet. Genie, Künste
      und Erfindungsreichtum blühten – nicht nur in der Architektur.
      Das Wissen um die Balance mit der Natur hat durch die Balance der politischen Kräfte, den
      Ausgleich der sozialen Spannungen, eine republikanischen Staatsform geschaffen, die fast 1200
      Jahre existierte und damit die dauerhafteste Staatsform der Geschichte darstellt. Wir lernen
      daraus, dass Architektur nicht nur etwas mit Bauen zu tun hat.
      Architektur als Baukunst, als Baukultur gehört zur Substanz des Menschen. Ihre Blüteformen –
      wie in dieser Stadt Wismar – beweisen, dass sie eine werthaltige Ressource für die Ökonomie
      und Wirtschaft, für Materialkreisläufe im Einklang mit der Natur, der Ökologie ist. Darüber hinaus
      ist sie der Rahmen für das menschliche Zusammenleben, für soziale Verhältnisse und die
      Gesellschaft. Am stärksten jedoch ist der kulturelle Wert der Architektur - Baukultur ist die Brücke
      unserer diesseitigen Verhältnisse in die Welt des Unsichtbaren.
      Ich wünsche mir, dass ich Ihnen etwas von diesem Wesen der Architektur, der Baukultur als
      werthaltige Ressource vermitteln konnte.
      Avatar
      schrieb am 04.03.02 19:42:21
      Beitrag Nr. 22 ()
      Möglichkeiten und Ziele einer neuen Architektur


      Es ist lächerlich - sagen die Weisen im Lande - einen neuen Stil schaffen zu wollen, ein solcher kann sich nur historisch entwickeln durch Umbildung der gegebenen Formen. Aber diese Weisheit hat das Bedürfniss nach einem Neuen nicht zu ersticken vermocht, und heftiger denn je erhebt sich das Verlangen nach einer neuen unabhängigen Kunstweise im Ornament und noch mehr in der Architektur. Es ist kindlich, der Frage nach ihrer Möglichkeit aus dem Wege gehen zu wollen; und in der That liegen schon verschiedene Antworten vor, aller philiströsen Weisheit zum Trotz.
      »Zweckmässigkeit« ist das grosse Wort, das ein neues Land vor den erstaunten Blicken heraufbeschwören soll. Baut praktisch, schliesst euch eng den täglichen Bedürfnissen an, und der ersehnte Stil ist gefunden. Das ist aber nicht entfernt der Fall. Dass der Architekt in erster Linie die praktischen Erfordernisse befriedige, ist selbstverständlich; auch ist ohne weiteres klar, dass diese Erfordernisse im Verein mit Situation, Umgebung, baupolizeilichen Bestimmungen etc. von vornherein einen Bau innerhalb gewisser Grenzen festlegen; aber doch eben nur innerhalb gewisser Grenzen. Die Forderung der Zweckmässigkeit gibt immer nur das Gerippe des Baues, wie man das aber ausfüllen will, hängt von anderen ästhetischen Faktoren ab.
      Aber Aesthetik ist unbeliebt, und wie Kinder, die ein Messer fortwarfen, weil sie sich damit verletzt, so hat man das Wort Schönheit in die Verbannung gejagt, weil man nichts damit anzufangen wusste und seine wahre Bedeutung verkannte. Und so musste denn ein anderes Schlagwort her, die Lücke zu decken.
      Konstruktiv! Lasst die Konstruktion sehen, bringt sie zum Ausdruck und alle eure Noth ist zu Ende. Nun, es ist kein Zweifel, dass die Betonung der Konstruktion unter Umständen prachtvoll wirkt, aber dass das immer der Fall sei, muss energisch bestritten werden. Es hat auch noch niemand gewagt, jede Konstruktion in einem Gebäude frei zu zeigen, gewisse Dinge versteckt man immer. Es gibt eben Konstruktionen, die ästhetisch wirksam sind, und solche, die es nicht sind; jene hebt man heraus, diese nicht. Wir kommen also nicht darüber hinweg: wer Architektur machen will, muss wissen, was schön ist. Schön ist Alles, was uns in eine starke lustvolle Erregung versetzt, ob das nun ein Geruch, eine Speise, eine Gedankenfolge, ein Thun oder ein Kunstwerk ist, macht dabei zunächst wenig aus. Der Architekt arbeitet mit Form und Farbe; von der Farbe will ich hier absehen, der Umfang dieses Aufsatzes ist zu knapp bemessen, auch ist die formale Seite die wichtigere in unserem Fall.
      Mit Freude können uns unendlich verschiedene Formen erfüllen, es ist lächerlich, von »der« Schönheit zu reden, es gibt unabsehbar viele: das Heitere, das Erhabene, das Ernste, das Ruhige, das Energische, das Geschmeidige, das Leichte, das Feine, das Wilde, das Prächtige, alles hat seine Schönheit, die von den andern unzähligen scharf geschieden ist. Aufsteigende Formen erwecken andere Gefühle als absteigende oder horizontal sich ausbreitende. Den ersten ist Kraft und Energie eigen, jenen eine gewisse lebendige Leichtigkeit, diesen Ruhe und Ernst. Der Krümmung wohnt verhaltene Kraft inne, die gerade Linie hat Schärfe und Raschheit u. s. f. Doch das nur als Beispiel, eine genauere Besprechung der Formkaraktere ist in dieser Kürze unmöglich. Jede Form, und es gibt unendlich viele, erweckt ein anderes Gefühl. Und es kommt nur darauf an, die verschiedenen Formen, die ein architektonisches Ganze bilden, so zu gruppiren, dass sie sich gegenseitig in ihrer Gefühlswirkung steigern. Zu viel gleichartige Formen ermüden, also Abwechselung; aber allzu starke Kontraste verletzen. Ein schweres Haus, auf ein kleines Säulchen gestützt, wirkt komisch. Ein aufgeregt wildes Treppengeländer in einem einfachen ernsten Treppenhause ist beleidigend. Grosse Wirkung erzielt nur der, welcher den Gesamt-Karakter (durch die Hauptlinien bestimmt) in den Details durch viele Nüancen zu führen weiss, die sich untereinander steigern und immer wieder harmonisch in die Grundstimmung ausklingen. Die Zahl der Lösungen ist unendlich, unendlich viele Grundtöne sind möglich, unendlich viele Nüancenfolgen jedes Mal denkbar. Jeder menschliche Karakter, jedes Zeitalter kann sich architektonisch aussprechen. Es ist ausgeschlossen, dass jemals eine Zeit käme, wo die Möglichkeiten erschöpft wären.
      Um diese Behauptung, die den meisten chimärisch klingen wird, voll zu begreifen, muss man allerdings eine Vorstellung haben von dem unendlichen Reichthum an Form-Möglichkeiten und man muss die Macht der Form über unser Gemüth wirklich an sich selbst verspürt haben. Wer niemals die Raserei des Formgenusses gekostet, wer nie vor einer Form, etwa einer Baumwurzel oder der Biegung eines Blüthenblattes sich selbst und Alles vergass, der weiss nichts von Formenschönheit und hat kein Recht über unsere Fragen zu reden.
      Ein ausgebildetes verfeinertes Formgefühl ist die Grundvoraussetzung alles architektonischen Schaffens, und das kann man nicht intellektuell erlernen; das eifrigste Studium vergangener Kunstschöpfungen und der Natur führt zu nichts, ausser man gewöhnt sich daran, jeder Form gegenüber sich klar zu werden, was einem an ihr gefällt und was nicht.
      Fort mit dem Sehen in Bausch und Bogen. Seht das Einzelne, Linie für Linie, Fläche für Fläche, geht den Formen mit dem Auge nach, tastet sie ab, erlebt sie, geniesst sie, erst dann werdet ihr begreifen was sie uns sein können. Und seid ehrlich, wagt es zu sagen: »dies gefällt mir und jenes nicht«, macht niemals Halt vor einem grossen Namen oder gar vor dem kläglichen Dogma, dass die Natur nur Schönes bietet. Das ist eine Lüge.
      Unendliche Schönheiten birgt sie, aber nur im einzelnen, fast immer vernichtet durch nicht dazu Gehöriges. Und wollt ihr Schönheit erfassen lernen, so müssen eure Augen so fein werden, dass ihr ohne weiteres das Schöne auch im kleinsten Detail herausfühlt, und das Störende ausscheidet. Urtheilt, sagt eure Meinung, es ist besser ihr irrt in Ehrlichkeit, als dass ihr feige Anderen grosse Worte nachbetet, von denen euer Herz nichts weiss. Lasst euch ruhig anmassend und arrogant schelten, wenn ihr alte Berühmtheiten tadelt. Ihr sollt tadeln, sollt hassen, denn nur so lernt ihr lieben, lernt ihr mit ganzer Seele fühlen. Dann kommt ihr auch eines Tages dazu, die Qualitäten eines Vergangenen zu schätzen, der euch erst abstiess. Aber euer Urtheil wird dann gerechter sein, als das der Feiglinge, der Jünglingsgreise, die schon in früher Jugend klug das Richtige zu sagen wissen - aus Büchern, aber denen das Schöne niemals ein Lebendiges wird. Seht, seht mit der ganzen Kraft eurer Seele, lügt euch nie etwas vor, lauscht euren Gefühlen , unterdrückt sie nicht, sie sind euer köstliches Gut. Pflegt sie, bildet sie aus und ihr habt die Welt gewonnen, die Formen sprechen zu euch und die Kunst ist euer!
      Formgefühl ist die Grundvoraussetzung für den Geniessenden und den Schaffenden, aber der Schaffende braucht mehr. Seine Phantasie muss so voll von Formen sein, dass sie ihm mühelos für einen bestimmten Zweck in Fülle zuströmen, aus denen er wählt, aus denen er formale Gebilde gestaltet. Denn formale Gebilde sind das Ziel aller dekorativen Kunst, nicht aber stilisirte Pflanzen und Thiere. Entwickelt frei aus den Formen, setzt Linie an Linie, Fläche an Fläche, je nach dem Karakter, den ihr erzielen wollt. Freilich das Produkt wird dabei immer, falls es von einem Punkte aus sich entwickelt, einen pflanzlichen, falls es kompakt in sich geschlossen ist, einen thierischen Karakter zu haben scheinen, denn unsere Vorstellungen »Pflanze«, »Thier« enthält formal genommen eben weiter keine Bestimmungen. Und so kommt es, dass Gebilde, die zoologisch in gar keiner Beziehung thierisch, ja direkt unmöglich sind, ohne weiteres als Thiere angesehen werden, die man nur nicht kennt.
      Anders steht es mit Formen, die sich aus mehreren Punkten zugleich entwickeln: etwa ein Kapitäl, das 4 Symmetrieaxen hat, oder eine Thür-Umrahmung, die aus zwei Punkten ansteigt und dann in eins verschmilzt. Hier hört der pflanzliche oder thierische Karakter des Gebildes auf u. hier zeigt sich, ob man wirklich Formkünstler ist, oder nur Naturformen auf einfachere Linien reduziren kann. Daher kommt es auch, dass der Naturalist und der nur Stilisirende im Kunstgewerbe ganz hübsche Sachen zustande bringt, an architektonischen Aufgaben aber unbedingt scheitert. Der Architekt muss Formkünstler sein, nur durch die reine Formkunst führt der Weg zu einer neuen Architektur. Wir haben nun noch sehr wenige Werke reiner Formkunst, d. h. formale Gebilde, die nichts sind und nichts bedeuten, die direkt ohne jede intellektuelle Vermittelung auf uns wirken, wie die Töne der Musik. Diese Wirkungsweise, diese neue Kunst ist fast unbekannt und das wenige, das existirt, wird meist mit einem Achselzucken abgethan und darum kann uns der heutige Zustand unserer Baukunst nicht gerade wundernehmen. - Also Formkünstler soll der Architekt in erster Linie sein; aber nicht beliebige Formen sind sein Ziel, sondern Formen, die zugleich einem bestimmten Zwecke dienen. Es handelt sich um die Schaffung von Wohnräumen, oder Innenräumen überhaupt. Und damit ist durch technische und pekuniäre Gründe die Bevorzugung der graden Linie und der Ebene, sowie der senkrechten und horizontalen Richtung gegeben. Aber auch ästhetisch ist diese Bevorzugung bedingt, denn man könnte Gebilde beliebiger Gestalt in reich bewegten unregelmässigen Formen bei der geforderten Grösse nur aus weiter Ferne und auch da nur unvollkommen geniessen. Den Linien einer lebensgrossen Statue kann man leicht folgen, dieselbe Figur von der Höhe eines Hauses würde für uns zum grössten Theil völlig unbekannt bleiben. Das eigentlich Plastische wirkt überhaupt nur in der nächsten Nähe, schon auf 20 Meter Entfernung sind komplizirtere räumliche Formen nicht mehr wirksam, weil der Ueberschneidungen zu viele werden und auch nicht mehr jede Bewegung des Kopfes uns eine neue Ansicht liefert wie es beim Nahesehen der Fall ist. Man sieht, auch ästhetisch ist im allgemeinen bei so grossen Gebilden ein Bevorzugen der Ebene und zwar der unserer Netzhaut parallelen Ebene erfordert, und ein Abweichen derselben nur gestattet, sofern sich die Formen auf einer Ebene abbilden lassen, ohne das ästhetisch wirksame Theile verloren gehen.
      Nun ist aber diese Beschränkung kein Hinderniss für die Wirkung, denn aus geraden Linien lassen sich unzählige ebene Gebilde zusammensetzen. Einfache Rechtecke weisen alle möglichen Karaktere auf, je nach dem Verhältniss ihrer Seiten und ob die längere Seite horizontal oder vertikal liegt. Und ebenso können einfach rechteckige Räume zahllos verschiedene Karaktere haben je nach dem Verhältniss von Länge, Breite und Höhe. An Wirkungsmöglichkeiten fehlt es also nicht, nur muss man sich klar sein über das zu erreichende Ziel. - In erster Linie will man in einem Hause wohnen; wir lieben die Abwechselung und sehen es nicht gern, wenn alle Räume gleichartig sind: das Schlafzimmer soll anders aussehen als das Esszimmer, dieses anders als das Wohnzimmer u. s. f. Das kann natürlich auch durch die Einrichtung erreicht werden, aber es ist gut, wenn der Architekt vorarbeitet, man erzielt reichere Wirkung mit einfacheren Mitteln. Das ist der Ausgangspunkt: es gilt diesen Karakter der einzelnen Zimmer zum Ausdruck zu bringen, einmal durch die Raum-Verhältnisse und dann durch die Beleuchtung, die Anordnung der Fenster. Es verändert den Eindruck eines Raumes vollständig, wenn ich die Fenster-Oeffnungen niedrig und breit, oder hoch und schmal mache, wenn ich sie zu einer grossen Lichtquelle vereine, oder viele kleine neben einander anordne, ob ich die Fenster nahe bis an die Decke stossen lasse, oder tief mit ihnen heruntergehe. Jedesmal bekomme ich anders geartetes Licht und damit einen anderen Karakter: Ein weiteres Wirkungsmittel liegt in der Theilung der Fenster, Lage der Fensterkreuze, dann in der Anordnung der Thüren, ihr Verhältniss zur Wand, ihre Höhe, ihre Breite, die Breite der Umrahmung, die Anordnung der Füllungen. Eine geringfügige Verschiebung macht hier unendlich viel, und es ist möglich, bei den einfachsten Mitteln wenn auch nicht prächtige so doch bestimmte karakteristische Wirkungen zu erzielen, freilich gehört dazu ein absolut sicheres Formgefühl, dem die geringsten Nüancen nicht entgehen.
      Es kommt nun weiter darauf an die verschiedenartigen Räume gut mit einander in Verbindung zu setzen, auf die Folge der Karaktere Bedacht zu nehmen und erst, wenn das alles durchdacht ist - ich übergehe hier alle technischen Fragen, die natürlich dabei überall eine Rolle spielen - erst dann kann an die Gestaltung der Fassade gedacht werden. Die Fenster und sonstigen Oeffnungen sind gegeben. Es kann sich jetzt nur darum handeln dieselben zu verschieben, ohne den Karakter der Innenräume zu verschlechtern, bis man auch aussen eine karakteristische Gesammtwirkung hat. Ich sehe hier von aller Dekoration vorläufig ab. Es ist möglich bei ganz einfachen Mauern allein durch die nackten Fenster mit ihren Theilungen, durch die Linien des Daches, der Schornsteine, von jeder malerischen Anordnung abgesehen, kurz nur durch die Linien des absolut Nothwendigen eine ästhetisch werthvolle Wirkung zu erzielen, und zwar ohne Aermlichkeit. Verschiedenartige Verhältnisse der Fenster erlauben eine gewisse Abwechselung in der Wirkung, und es kommt darauf an, diese Wirkung zu steigern, einen Mittelpunkt zu schaffen, in dem der Gesammteindruck seinen Höhepunkt findet. Eine solche ganz nackte Fassade wirksam zu gestalten, sie majestätisch oder heiter, kraftvoll oder zart, reich oder streng zu formen, das ist der wahre Prüfstein des Architekten; wer das nicht kann, mag die Unreifen durch Verzierungen über die Hohlheit seiner Empfindungen wegtäuschen, die stark Empfindenden wird er nicht überzeugen.
      Das Ornament gibt dem Architekten die Möglichkeit grösseren Reichthums, die Möglichkeit den Grundkarakter durch eine Reihe von Nüancen zu beleben, aber es setzt ihn auch in den Stand, Härten zu beseitigen und auf kleineren Flächen Wirkungen zu erzielen, die ohne Ornament nur mit grosser Raumverschwendung möglich sind.
      Ein Beispiel. Ein schmaler Pfeiler, der eine breite Oeffnung theilt, darüber ein Fenster ohne Theilung. Arbeite ich ohne Ornament, so fordert die energische Heftigkeit des Pfeilers ein breites Stück Mauer darüber, um die stürmische Bewegung zu dämpfen und die Ruhe der oberen Fensterbrüstung nicht zu verderben, das Fenster muss also ziemlich hoch zu liegen kommen. Ein Kapitäl, das den heftigen Karakter des Pfeilers mildert, ein paar Linien, die das Mauerstück beleben, die rasche Bewegung des Pfeilers seitlich weiter führen, und ich kann ohne Bedenken die Brüstung des Fensters viel tiefer legen, ja vielleicht einen Balkon anlegen.
      Unter allen Umständen aber hat sich das Ornament der Grundwirkung anzuschliessen. Es soll dieselbe bereichern und erhöhen, aber immer bleibt es der Theil eines Ganzen und darf nicht als Einzelnes wirken. Darum ist es sinnlos, einen Pilaster mit so kleinem Ornament zu bedecken, das erst aus nächster Nähe erkennbar ist. Mag es noch so schön sein, architektonisch ist es verfehlt. Eine Säule, die nur für sich betrachtet wirkt, ist allemal ein Unding. Das Ornament muss zu gleicher Zeit mit der ganzen Fläche wirken, zu der es gehört, und desshalb soll es dieser Fläche entsprechen, ihren Karakter verschönt und bereichert zur Geltung bringen. Ein Pilaster - ein Ornament, eine Decke - eine Verzierung, eine Wand - ein Fries. Nicht aber erst Zerlegung der gegebenen Flächen in kleine Stücke und dann gemüthvolles Einzelverzieren. Damit ist die ursprüngliche Fläche zerstört. Die Kunst ist eben, mit jeder Art Fläche fertig zu werden und die Formkunst bietet dazu reichliche Möglichkeit. Menschliche Figuren sind allerdings ungeeignet, denn die haben feste Proportionen und passen in den wenigsten Fällen. Freie Formen brauchen wir. Eine aufsteigende Fläche - eine aufsteigende Form u. s. f. Und wenn irgend möglich an jeder Stelle ein Neues. Wiederholung sollte man eigentlich nur gelten lassen an symmetrischen Stellen, und wenn es irgend angeht, sie auch dort vermeiden; sonst ist es immer ein Armuthszeugniss. Leider erlaubt die Rücksicht auf die Kosten kein freies Arbeiten, und so muss man namentlich bei fortlaufenden Verzierungen unter Simsen und unter der Decke zu Wiederholungen greifen. Jedenfalls sollte man auch dann die bevorzugten Punkte, Ecken, Treppen-Biegungen etc. für sich behandeln. Immerhin ist die Wiederholung in der Horizontalen erträglich, weil der Karakter des Horizontalen gleichmässige Ruhe ist, eine Wiederholung in der Senkrechten, der Richtung intensivster sich steigernder Kraftanspannung ist unter allen Umständen verwerflich, denn man erwartet hier ein Geschehen, ein Crescendo oder Decrescendo. Darum ist die übliche Tapete ein Gräuel, der um jeden Preis vernichtet werden muss, leider wird er durch praktische Rücksichten stark gestützt. Unter gar keinen Umständen aber darf ein Ornament als blosse Tonwirkung verwendet werden; will man eine Fläche beleben ohne Hervorhebung bestimmter Punkte, so muss man ihr Struktur geben, durch Flecken, Körnigkeit oder dergl. Auch hier endlose Möglichkeiten der reizvollsten Effekte.
      Was ist mit all dem gewonnen? Was ist das Neue? Sind das nicht alles altbekannte Sachen? Gewiss, man kennt das meiste seit langer Zeit, und es ist nicht schwierig vielleicht das Ganze auf alte Formeln zu bringen. Aber damit wäre sein Sinn nicht erschöpft. Wird die neue Architektur sich von der alten wesentlich und prinzipiell unterscheiden? Unbedingt. Wir haben unter den alten Meistern, zumal unter den Barockkünstlern Leute von unerhörtem Raumgefühl, wir besitzen köstliche Kapitäle aus romanischer Zeit und haben auch sonst Beispiele genug stupender Formenschönheit. Eines aber geht durch die ganze alte Baukunst hindurch: das intellektuelle Lernen vom Vorgänger, das gläubige Herübernehmen bestimmter Formen und Verhältnisse, das Gebundensein durch die Schule, man erfindet nicht frei, weil sich niemand von den Dogmen losmachen kann. Man denke an Michelangelo, der erklärte, sich um niemanden zu kümmern und der doch in seinem architektonischen Schaffen nicht in Wirklichkeit unabhängig wurde. Die Hauptformen sind bei ihm immer aus dem Ueberlieferten entwickelt. Nur seine Profile sind wirklich sein eigen. Und wer diese Profile kennt und sie betastet hat, kann ermessen, was entstanden wäre, wenn dieser Geist frei hätte schaffen können. Das Dogma von den Säulen-Ordnungen hat lange genug auf uns gelastet. Die übertriebene angelernte Verehrung vor der Vergangenheit hindert noch immer das selbständige Urtheil. Wann werden wir anfangen diese berühmten Kapitäle zu hassen und begreifen, dass sie kalt, nüchtern und langweilig sind. Gewiss, wir haben jonische Kapitäle von entzückender Ausführung im Einzelnen, aber die Wirkung des Ganzen ist immer dieselbe, ohne Stärke, Wärme sei, sagen uns nichts und vermögen uns nicht zu begeistern. Das wird vielen eine frevelhafte Behauptung scheinen, eine freche Verhöhnung der einzig wahren Schönheit. Und man wird uns das alte Wort entgegenrufen: »Macht es doch besser!« mit dem liebenswürdigem Hintergedanken: »natürlich könnt ihr das nicht, jedenfalls nicht vor unserm Richterstuhl!« Nun hat aber das Besser-Machen-Können mit ästhetischem Urtheil nicht das mindeste zu thun; eine schlechte Arbeit wird nicht gut, dadurch, dass keine bessere existirt und wir bedürfen rücksichtsloser Klarheit über die Leistungen der Vergangenheit, um die neuen Ziele und Aufgaben scharf und bestimmt formuliren zu können.
      Möglich, vielleicht wahrscheinlich, dass dieser Generation die glückliche Verwirklichung unserer Ideen nicht beschieden ist. Das kann aber nicht abhalten, für diese Ideen Propaganda zu machen, sie zu verbreiten, so dass jedes Talent, das irgendwo heranwächst, sich wenigstens prinzipielle Klarheit verschaffen kann, und nicht erst mit theoretischen Grübeleien unnütze Zeit verliert. Wir sind ja nun einmal so intellektuell und bewusst geworden, dass wir wissen müssen, worauf es ankommt. Naives Schaffen ist heute garnicht mehr denkbar. Und es ist noch sehr zweifelhaft, ob es das überhaupt jemals gegeben hat. Natürlich entsteht Kunst niemals intellektuell, sondern rein durch die Phantasie, aber die ästhetische Schulung ist nöthig, damit nicht thörichte Einwände, kunsthistorische Dogmen und Vorurtheile den beginnenden Künstler irre machen. Wir brauchen den Intellekt, um die Phantasie frei sich entwickeln zu lassen. Darauf geht ja all unser Bestreben: der Phantasie freie Bahn, das Ziel klar zeigen und zu gleicher Zeit Beseitigung aller Dogmen, freie Formen ohne jede Tradition, Formen, die aus der Seele des Einzelnen aufsteigen und darum seine Formen, seine Geschöpfe sind.
      Natürlich wird es an Missglücktem und Thörichtem nicht fehlen. Aber individuelle Thorheit ist immer besser, als nachgeahmte Banalität. Wir brauchen Zeit, uns zu entwickeln; die neue Bewegung muss breiter werden, damit der Ansporn für den Einzelnen grösser ist und die Basis der Erfahrung sich verbreitert. Denn man braucht Erfahrung, man muss die Wirkung neuer Formen erst kennen lernen, erst am Fertigen sieht man den Gesammt-Eindruck, erst an dem vollendeten Gebäude kann man das wirklich Werthvolle erkennen. Darum darf man auch von der nächsten Zeit keine grossen und kollossalen Dinge erwarten. Mit Kleinem muss angefangen werden, dort muss die Sicherheit in der Beherrschung der neuen Mittel gewonnen werden. Ausserdem darf man nicht vergessen, dass natürlich die Zahl der Auftraggeber, die es mit dem Neuen probiren, noch sehr gering ist, und gerade diese zumeist nur über beschränkte Mittel verfügen. Schon desshalb ist es zunächst unmöglich, Prunkvolles und Reiches zu geben. Aber das schadet nichts. Wenn man uns nur überhaupt Aufgaben stellt. Es lassen sich eben auch mit geringen Mitteln schöne und eigenartige Sachen machen, wenn man auf hohle Prahlerei verzichtet und sich an den intimen Wirkungen einfacher Formen genügen lässt. AUGUST ENDELL-MÜNCHEN.
      Avatar
      schrieb am 04.03.02 19:44:39
      Beitrag Nr. 23 ()
      ANMERKUNGEN
      ZUR AKTUELLEN ARCHITEKTUR

      Was ist Architektur? Nicht nur funktionale Einrichtung der Wohn- und Lebensumgebung der Menschen. Sondern stets auch Symbol, Sinngebung (oder Sinn-Abwesenheit), Verstärker:

      Das Innere der Menschen reflektiert sich in der Architektur als Äußerem, von wo es wieder zurückwirkt auf das Innere.

      Nur wenn diese Wechselwirkung begriffen und befruchtend gestaltet wird, repräsentiert unsere Architektur Wertverständnis.

      Nichts anderes, was der Mensch tut, hat eine so allgegenwärtige und weitreichende Bedeutung.

      In einer Zeit wie der heutigen ist Baukunst am ärmsten dran.

      Kein Geld, keine Perspektiven und Ideen, kein Interesse. Alle schreien durcheinander. Nichts kommt mehr zustande. Ein Spiegel für den desolaten Zustand der Gesellschaft.

      Hier noch Ideen bringen zu wollen, erscheint beinahe als wahnwitzig, als völlig verrückt und unverschämt. Aber schlimmer kann es ja nicht mehr werden. Und warum nicht ausgerechnet einmal das Verrückteste, Abwegigste von allem bringen? — Ideen zum Bauen nämlich!




      Wo im Klein-Klein der die Straßen und Plätze verkrüppelnden Pföstchen, Mäuerchen und Stolperschwellen noch die letzten Ressourcen versenkt und beerdigt werden und so etwas als Erfolg des Umweltschutzes gefeiert wird — wo Recycling-Container mit religiöser Inbrunst als Schreine der modernen Gesinnung verehrt und mit entsprechendem Stolz auf die wichtigsten Stellen der öffentlichen Räume postiert werden — wo das Verlängern von Ampeln-Rotphasen als Zeichen von sozialer Einstellung und mutiger Zukunftsorientierung gefeiert wird und niemand mehr merkt, daß bloß noch der spießige Irrwitz durch die Straßen galoppiert, muß es gewiß als Gipfel der Ungeheuerlichkeit erscheinen, ganze weitflächige Plätze, langachsige Fluchten oder noch viel durchgreifendere Großbauten überhaupt noch zu erwähnen. Und sich damit dem sofort wie ein Pawlow-Reflex ausgelösten Vorwurf des faschistoiden Machtkultes auszusetzen.

      Nur zu: mobilisiert alles Entsetzen, alle Entrüstung, schärfte Kritikbereitschaft! Die Augen sollen Euch übergehen, und vielleicht führen Wut und Zorn einmal zum seit Jahren erstorbenen tiefen Durchatmen.



      --------------------------------------------------------------------------------

      Die Geschichte der zeitgenössischen Architektur deutscher Städte ist eine Wiederspiegelung von Feigheit und Geistlosigkeit.

      Sie symbolisiert eine Selbstblockade des heutigen öffentlichen Lebens, hinter der sich ein gähnender Abgrund von Bedeutungsleere und Inhaltslosigkeit verbirgt.


      --------------------------------------------------------------------------------



      Überhaupt noch Bauen zu erwähnen, muß denjenigen bereits als größte Sünde erscheinen, die am liebsten überall Wiesen und Wälder sehen würden, auch in ihren Städten. Denn dieser Menschentyp schämt sich im Grunde, Kulturmensch zu sein, und wäre lieber Naturmensch, bzw. was er sich als solchen erträumt. Dieser Naturmensch (wir kennen ihn von ROUSSEAU, aber daran erinnert man sich heute kaum noch) ist nichts anderes als eine blasse Negativschablone des aktuellen Menschen der technischen Zivilisation. Dieser zivilisierte Mensch haßt im Grunde die Technik, gerade weil er sie so sehr braucht und benutzt. Aus dieser Verleugnung projiziert er sich ein Anderes, das es nie gab und nie geben wird.

      Diese Art Mensch ist heute in der Überzahl. Sie gibt sich "ökologisch" und "kritisch-aufgeklärt", spricht von Alternativen, hat aber keine und sucht nicht mal welche. Während sie im Brustton der Überzeugung von Naturschutz spricht und sich über Vergiftungen und andere Schandtaten ereifert, greift sie ohne weiteres Nachdenken zur Zigarette und inhaliert tief deren Rauch, um sich wenigstens kurzzeitig entspannen zu können.
      Man sollte diesen Phantommenschen nicht zu ernst nehmen, denn er bringt nichts zustande und kann nichts befruchten. Im Grunde gefällt ihm das auch, sonst würde er es ändern.






      --------------------------------------------------------------------------------

      Architektur ohne Bedeutung und Aussage ist Architektur ohne Kraft.

      Alte Architektur bezog Kraft aus traditionellen Inhalten.
      Die neue Architektur eines befreiten Geistes erzeugt eigenständig Kraft durch kraftvolle Gestaltung.


      --------------------------------------------------------------------------------



      Es geht um mehr als nur um Gebäude, Plätze, Straßen. Um mehr als nur um etwas, das den äußeren Raum irgendwie füllt.

      In der Art und Weise ihrer architektonischen Aussagen reflektiert sich der innere Zustand der Gesellschaft. Kraftlose, beliebige und bloß dekorative oder intellektuelle Planungen und Bauten vermitteln den Menschen, die auf Jahrzehnte oder gar länger damit zu leben haben, Gefühle der Desorientierung, Sinnlosigkeit und Hoffnungslosigkeit. Aber genau so, wie Anlagen und Bauten den Menschen leerer machen können, können sie ihm auch Kraft geben, ihn energetisch aufladen, ihn stärker und zuversichtlicher machen.

      Architektur ist magisch — aber kennen wir nur die negative Seite dieser Magie? Kennen und nutzen wir die positive Seite?

      Die Regeln und Gesetze kraftvoller Gestaltung zu studieren, ist nicht nur lohnenswert, sondern von überragender, auch symbolischer Bedeutung. Denn hier entscheidet es sich, unter welchem Vorzeichen die menschliche Gemeinschaft zu leben gewillt ist.





      --------------------------------------------------------------------------------
      Sobald wir damit beginnen, in dieser Art wahrzunehmen und die damit verbundenen ungewohnten Gedanken zu denken, geraten wir in krassen Konflikt zu den in diesem Jahrhundert gültigen Schablonen der Wahrnehmung und Gestaltung. Es ist deshalb notwendig, auf diese noch einmal genauer einzugehen und sich darüber klarzuwerden, welche Prinzipien hier zugrundeliegen.
      Nur in dem Maße, wie der Schleier der eingefahrenen Denkgewohnheiten gelüftet wird, können neue Wege wahrgenommen und für möglich gehalten werden. Deshalb im folgenden eine Untersuchung der aktuellen Denk- und Sichtweisen:

      Was tun wir, wenn wir uns mit Architektur, Baukunst, Stadtplanung beschäftigen? Geschieht da nicht automatisch, fast zwanghaft, ein Rückgriff in die Historie? Saugen wir nicht mit pflichtgemäßem Fleiß das erreichbare Wissen über Gattungen, Stile und Bauformen der Vergangenheit in uns auf? Ich denke, keiner wird abstreiten: Dieses Vorgehen gilt als so selbstverständlich, daß so gut wie keine Ausnahme anzutreffen ist. Unterschwellig eignen wir uns die These an, der heutige Mensch verfüge über die Quintessenz des Wissens, wie zu bauen sei.
      Und so hat sich bereits in den ersten Schritten einer geistigen Annäherung an das Thema eine ganze Menge ereignet. Eine Vielzahl von entscheidenden, alle weiteren Aufschlüsse bestimmenden Annahmen ist bereits in Kraft getreten, still und heimlich, den meisten unbemerkt. Es hat ein Einschwingen auf eine ganz bestimmte Übereinkunft stattgefunden. Dieses Einschwingen bedeutet: Wir haben die Sichtweise anderer übernommen und verinnerlicht, bevor wir überhaupt selbst etwas gesehen, wahrgenommen und nach eigenem Wertempfinden unterschieden haben. Wir sind durch die Kulturgeschichte der Menschheit hypnotisiert worden. Und alles, was wir nun denken, folgt dieser Hypnose.
      Ich werde nun versuchen, den Schleier dieser Hypnose etwas zu lüften. Ein guter Weg, um dahin zu kommen, besteht in einfachen, fast kindhaften Fragen — Fragen, die ganz harmlos wirken und deren Berechtigung man nicht so ohne weiteres bestreiten kann. Unterschätzen Sie diese Fragen aber nicht!
      Fangen wir doch hiermit einmal an: Warum wird jetzt so gebaut?
      Warum sieht unsere heutige, vom Menschen geformte und geprägte Umgebung so aus und nicht anders?
      Einfache Frage, aber komplizierte Antwort oder gar keine Chance auf Antwort? Im Gegenteil! Auch die Antwort ist sehr einfach: Heute wird entsprechend der heutigen Denkweise gebaut.
      Heute wird nach Zeitgeist und Mode gebaut.
      Oder, um es noch drastischer auf den Punkt zu bringen:
      Die heutige Denkweise, die dem allergrößten Teil aktueller Architektur zugrundeliegt, ist nichts anderes als ein gerade gültiges Vorurteil, nämlich eine recht flache Denkschablone, die von gewissen geistigen Strömungen geprägt und bestimmt ist.
      Oder negativ:
      Das heutige Bauen stellt eben nicht die Quintessenz der Jahrhunderte oder Jahrtausende währenden Entwicklung der menschlichen Kultur dar, sie ist nicht das Beste, was in dieser langen Zeit gefunden und erfunden wurde, was der Mensch erfahren, entwickelt und geleistet hat. Sondern sie weicht diesem aus dem einfachen Grund aus, weil die heutige Denkschablone an entscheidenden Punkten in Widerspruch zu früheren Denkweisen steht.





      Ich möchte diese Denkschablone nun genauer beschreiben und qualifizieren. Ein wichtiges Schlagwort in der modernen, zeitgenössischen Architektur heißt Funktionalismus. Was ist Funktionalismus? Es handelt sich um eine Bewegung, die zu Beginn des Jahrhunderts die Baukunst befreien wollte vom ornamenthaft verzierten, gekünstelten, überkultivierten Stil früherer Epochen. Diese Veränderung trat im Gefolge der rasanten Entwicklung der Technik auf: Es wurde nun möglich, im industriellen Stil der rationalisierten, automatisierten Produktion, der Serienfertigung und der großen Stückzahlen Bauten und ihre Bestandteile zu fertigen. Dies bedeutete eine Hinwendung zu ingenieurhaften Erscheinungsformen: Klare Fassaden, würfelförmige Gebäude, wiederkehrende Reihenhäuser, geometrisch-eckige Konturen. Schnell wachsende Städte und infolge der Weltkriege explosionsartig anwachsender Wohnbedarf erzwangen geradezu diese industrielle Bauweise. Außerdem diktierte der Massenverkehr eine ihm entsprechende Flächen- und Raumplanung.

      Aber es gibt einen anderen Faktor, der beinahe noch prägender wurde: Der Gleichheitsaspekt der modernen Demokratie. Die regelmäßige Aneinanderreihung von Wohn- und Büroeinheiten versinnbildlichte geradezu exemplarisch diesen Aspekt. Keine Einheit sollte übergeordnet sein, alles sollte gleichwertig in Erscheinung treten. Der Mensch wurde zur Ameise.

      Industrielle Produktionsweise und politische Aussage fanden zu einer beispiellosen architektonischen Synthese: Streng funktionale Serienbauweise. Nüchternheit und Abwesenheit von Verzierung wurde (siehe Neue Sachlichkeit) zum ästhetischen Prinzip stilisiert.


      Beispielhafte Einflüsse des modernen Stils:

      Bauhaus
      Le Corbusier
      Mies van der Rohe

      Das Konzept:

      reproduzierbare uniforme Grundelemente
      regelmäßige Aneinanderreihung
      die Technik bestimmt die Ästhetik
      klare geometrische Form mit der Tendenz zur Abstraktion
      materielle Zweckorientierung


      Hat man dieses bereits 1922 von Le Corbusier in seinem Manifest VERS UNE ARCHITECTURE artikulierte Schema erst einmal identifiziert, so läßt sich dessen Durchführung in einer überwältigenden Vielzahl von Wiederholungen leicht studieren und beobachten.






      Diese rechtwinklige, kastenförmige und kühl wirkende Bauweise ohne Mitte und Richtung wird inzwischen allgemein als gleichbedeutend mit dem Begriff der Modernen Architektur angesehen.






      Wem kommen diese Formen nicht bekannt vor? Nachdem das Konzept in seiner ganzen Totalität konsequent und in globalem Ausmaß angewandt wurde — und damit der Schaden schon endgültig angerichtet war — machte sich erst langsam das Gefühl breit, hier einer grandiosen Irreführung aufgesessen zu sein. Jeder, der so empfand, sah sich jedoch mit dem Dogma konfrontiert, nicht modern, sondern rückschrittlich genannt zu werden.

      In seiner Schrift pries Le Corbusier seine Betonsilos noch wie folgt: Diese Türme werden künftig die Arbeit beherbergen, die bisher in übervölkerten Bezirken und engen Straße erstickte... Diese Türme, die in großem Abstand von einander aufgerichtet sein werden, besitzen an Höhe, was bisher die Ausdehnung ausmachte; sie lassen riesige Räume zwischen sich frei, welche die lärmerfüllten Hauptstraßen mit ihrem erhöhten Schnellverkehr weit von sich schieben.
      Die Türme reihen sich zu eindrucksvollen Alleen. Dies ist eine der Zeit wahrhaft würdige Baukunst.

      Hätte man sich auf das authentische menschliche Empfinden angesichts derartiger Modelle verlassen, statt blind dem strikten Diktat rein rationaler Projektionen nachzufolgen, so wäre deren kalte und menschenfeindliche Ausstrahlung viel früher erkannt und benannt worden. Aber es hat sich hier eben, wie ja eingangs bereits gesagt wurde, nicht die Wahrnehmung und nicht das Wissen, sondern die modische Denkschablone durchgesetzt. Wie in Andersens Märchen von Des Kaisers neuen Kleidern hat wohl keiner gewagt, etwas dagegen vorzubringen, um nicht als dumm (= rückschrittlich und unmodern) hingestellt zu werden.

      Entsprechend dieser Logik führte diese Sichtweise zu einem regelrechten Stildiktat. (Noch heute stellt der Satz »Form follows function« unter Designern eine Art letztgültiges Glaubenscredo dar.) Die ganze weitere Entwicklung schien nach logisch schlüssigen Gesichtspunkten abzulaufen: Sieg der Moderne, Ersparnis durch Reduktion aufs Wesentliche, ausreichende Befriedigung der menschlichen Grundbedürfnisse, zukunftsträchtige Zweckbestimmung bei euphorischen Hoffnungen auf ein neues, besseres, glücklicheres Zeitalter der materiellen Sicherheit.



      Hinter dem Funktionalismus verbirgt sich der Mythos der Gleichheit. Hinter der Serienproduktion steckten nicht nur Nützlichkeitserwägungen oder ästhetische Grundsätze. Der moderne Stil war nur die äußere Form einer inneren Dogmatik: Gleichheit als oberstes humanes und Gesellschaftsprinzip. Hier geschah eine plumpe und gewalttätige Fehlinterpretation der Gleichberechtigung. Ein einzelner Teilaspekt wurde verabsolutiert und verallgemeinert.

      Gleichheit wurde das neue Klischee einer angeblich demokratischen Architektur: Abweisung aller Bündelung und Konzentration, Austilgung jeglicher Mitte — damit aber auch Verlust der Bedeutung. So steht die heutige Zeit noch immer im Banne des Faschismus — nur mit negativem Vorzeichen.






      Gleichheit ist nicht wahrgenommene Realität, sondern ein der Realität willkürlich aufgepfropftes intellektuelles und ideologisches Postulat. In Wahrheit ist überhaupt nichts miteinander gleich — alles ist verschieden — und das ist auch gut so. Gleichheit als manipulierende Schablone aber führt zum Einebnen aller Unterschiede, aller charakteristischen Merkmale, vor allem in Bezug auf Qualität. Gleichheit ist also gar nicht Gleichberechtigung, sondern Kampf gegen Andersartiges, gegen nicht Erwünschtes.

      Das heutige Bauen ist nichts anderes als eine Projektion dieser immer noch geltenden geistigen Schablone auf die Gestaltung der Umwelt.

      Dabei wird automatisch unterstellt, eine zentrale Orientierung bedeute Feudalismus oder Faschismus, also Herrschaft weniger über viele, und eine dezentrale Orientierung bedeute Pluralismus. Wer zentrale Elemente vorschlägt, bekommt es mit (selbsternannten) Demokraten zu tun, die sich umso demokratischer fühlen, je mehr sie ihn bekämpfen. Während sie ihre Wut, die sie auf ihn projizieren, in sich selbst spüren, vermeinen sie ihre demokratische Grundgesinnung zu spüren. Sie verwechseln beides miteinander. Auf dieser Verwechslung zweier Empfindungen bzw. deren Fehlbenennung beruht ein Großteil dessen, was sich heute "öffentliche Auseinandersetzung" und "politisches Bewußtsein" nennt.

      Und da die Leute, die dieser Selbstäuschung erliegen, in der Mehrheit sind, hat auch so gebaut zu werden. Alles andere trifft auf vehemente Gegnerschaft. Es fällt schwer, die Tatsache anzuschauen und zu ertragen, daß ein einziger simpler Denkfehler so viel anrichten kann. Schaut man sich unsere heutigen Städte an, reibt man sich angesichts der Konsequenz, mit der dieser offenkundige Irrtum durchgehalten und immer wieder stereotyp reproduziert wurde, verwundert die Augen. Mit den Folgen leben wir täglich und müssen sie am eigenen Leibe ausbaden. Es wird hier ganz einfach das Symbol mit der Sache selbst verwechselt, auf die es verweist.







      Ein Beispiel: Ein Bauwerk wie der Eiffelturm wird wohl kaum als repressiv oder faschistoid empfunden werden, weil er so zentral und dominant in Erscheinung tritt. Und weshalb nicht? Weil sein Symbolcharakter allseits nachempfunden werden kann. Dieser besteht in der Repräsentation der vitalen Kraft eines aufsteigenden technischen Zeitalters. Er löst dieselben Empfindungen in all jenen Betrachtern aus, die sich dem Symbolisierten, nämlich der Imposanz der technischen Leistung, innerlich verbunden fühlen. Der Eiffelturm macht keine Probleme, weil er einen weitgehenden Konsens berührt.

      Man betrachtete Versailles über lange Zeit als Politikum: Menschenverachtend werde hier die Würde des einfachen Individuums verhöhnt durch die gigantische Darstellung der monomanen, gottähnlichen Eitelkeit eines Einzelnen. Wie paßt das zu der Tatsache, daß anscheinend kaum einer der heutigen Besucher sich durch die Erfahrung des Baus und der Anlage erniedrigt und gedemütigt fühlt, sondern im Gegenteil erweitert, bereichert und inspiriert? Es kommt eben sehr darauf an, womit man das Symbol assoziiert. Und was man dann tatsächlich wahrnimmt, nicht mit welcher vorgefaßten Meinung man herangeht.








      Deshalb müssen wir unser Augenmerk auf die Sache selbst richten, auf die ein Symbol verweist. Wir können den wahren Zusammenhang nur ergründen, wenn wir fragen, was es ist, das symbolisiert werden soll oder kann. Entscheidend bei der soeben angestellten Betrachtung ist der Begriff Energie gewesen. Ein imposantes, aussagekräftiges Symbol hat Energie, aneinandergereihte Serienarchitektur oder monotone, aus fast identischen Kästen bestehende Trabantenstädte haben keine, ja sie erzeugen sogar ein Energiedefizit, das auf die Menschen entleerend und kräftzehrend wirkt.

      Anstelle von Gleichförmigkeit oder kalter technokratischer Rationalität, die jeweils energiearm bis energiezehrend wirken, kann ein Symbol auch Werte transportieren, die in einer Vielzahl von Menschen lebendig sind. Dann braucht sich niemand durch das Symbol dominiert zu fühlen. Jeder hat an der Energie des Symbols gleichermaßen teil, und zwar in dem Maße, wie er persönlich sich davon angesprochen fühlt.

      Bauten wirken immer als Träger einer Symbolik, einer Bedeutung, ob man sich dessen bewußt ist oder nicht — ob man die Bedeutung kennt oder nicht, ob man sie bejaht oder nicht.



      Die heutige Architektur ist an einem Endpunkt angelangt, weil sie sich über das feudale sowie faschistische Denken erhoben fühlt und in den energieschwachen modernen Denkschablonen keine weitere Erfüllung findet. Man will nicht wieder zurück in die finsteren Zeiten, kann aber auch nicht vorwärts, weil es keine Möglichkeit zu neuer Symbolik mehr gibt, da Symbolik suspekt geworden ist.

      Die Lösung: Das Potential der letzten paar Tausend Jahre Menschheitsarchitektur muß, statt es zu negieren, auf einer neuen Ebene genutzt und eingesetzt werden, wobei der äußere Aspekt des Symbolkults durch einen inneren Aspekt abgelöst wird. Die Energie, die durch die Baukunst vermittelt, angereichert, reflektiert und verstärkt wird, wird nicht mehr in Tyrannen und Popanze wie Herrscher und Götter gespeist — also in äußere Ziele —, sondern in jenen Teil des Individuums, der sie selbst bitter benötigt: die lernende Instanz, die eigene Bewußtwerdung — also in das innere Zentrum. Das liegt jenseits der alten äußeren Paradigmen von Gleichheit und Nicht-Gleichheit!

      In der sozialistischen Denkweise gibt es das alles nicht — die Reihenhäuser eines Le Corbusier sollen den Massenmenschen ein diesseitiges Wohlergehen bieten und ihre Bedürfnisse versorgen. Der hier zugrundegelegte Typ der materiell-biologischen Mensch-Maschine soll, gleichberechtigt untergebracht, es sich gutgehen lassen wie eine fair am Leben gehaltene Legehenne — um schließlich entsorgt und kompostiert zu werden. Die Abwesenheit jeglicher spiritueller Lebensbedeutung wird übertüncht durch begeisterte Jubelphrasen, die eine neue Zukunft preisen. Diese Zukunft der Bedeutung, seit den Zwanziger Jahren und dem Aufschwung der modernen Technik immer wieder verheißen, ist so nie gekommen — gekommen ist bloß Rat- und Orientierungslosigkeit.
      Was geschah, war Energieverlust in gigantischem Maßstab als Symptom von Sinndefizit in ebenso fundamentaler Tragweite, war die herzlose Einsamkeit und emotionale Verarmung in den Büro- und Wohnsilos, den kühlen U- und S-Bahnhöfen mit ihren sprayenden Jugendlichen, den im Kreis herumführenden Highways nach Nirgendwo.



      Um es mit Le Corbusiers eigenen Worten auf den Punkt zu bringen: Der Grundriß ist es, den man studieren muß, er ist der Schlüssel ...




      Die Moderne war mit ihrer betonten Sachlichkeit Sturm gelaufen gegen Verzierungen und dekorative Ornamentik. Nun, von oben betrachtet, erweist sie sich selbst als genau das, wogegen sie ursprünglich angetreten war: Bereits der Grundriß entlarvt ihre Denkschablone als monotones Muster ohne jede tiefere Bedeutung. Der Sinnkontext fehlt nun völlig.









      Es wurde eingangs bereits angesprochen: Man muß das alles klar anschauen und so betrachten, wie es ist — um es innerlich ebenso klar verabschieden zu können. Hat man es nämlich mit eigenen Augen ohne den Schleier der geltenden Sicht gesehen, muß man sich damit nicht weiter aufhalten — man kann sich Hunderte und Tausende kluger und weniger kluger Bücher, Abhandlungen und Untersuchungen sparen. Die bloße Betrachtung löst das Problem ein für allemal. Man braucht sich dann nicht immer wieder neu erklären zu lassen, warum dies der Endpunkt einer unvermeidlichen Entwicklung sei und warum man sich nur weiter in diesem toten Kreis drehen könne.

      Wer Angst bekommt, weil er etwas sieht, was die Masse anscheinend nicht wahrhaben will, und ebensowenig die einschlägigen Fachleute, Kritiker und Experten, der wird auch nichts anderes mehr neu entdecken können. Der wird nie etwas selbst erkennen, weil ihn seine Angst blind macht. Manche haben eben nur einen sehr dürftigen Vorrat an Zivilcourage, und der erschöpft sich schon bei der ersten Begegnung mit dem Unbekannten.

      Dabei gibt es gar keine andere Wahl:



      Es muß wieder Bauten geben, die vor Energie pulsieren — und es wird wieder solche Bauten geben. Solche Bauwerke reflektieren dem Menschen der neuen Zeit seine eigene innere Kraft und Bewußtheit. Er fühlt sich nicht von ihnen gefährdet, sondern gestärkt. Er erkennt sie an als Sinnbilder einer eigenen Lebensbedeutung: Zu sich zu finden und bei sich zu bleiben, still, harmonisch, kraftvoll und gelassen. Er hat in sich Ziel und Richtung, und erkennt diese inneren Wertigkeiten in einer Architektur wieder, die ihn hebt und unterstützt, aber doch auch toleriert und nicht bevormundet.
      Um die Energie aber empfangen zu können, muß der Mensch sich innerlich anschließen an die Bedeutung des Symbols. Die heutige analytische Betrachtungsweise von Architektur hält sich gerne an Äußerlichkeiten auf und ergeht sich in einer geradezu unersättlichen Detailbetrachtung. Fragt man den Touristen oder Kunsthistoriker nach der Gesamtbedeutung, heißt es oft, dies sei in der heutigen Epoche nicht mehr nachvollziehbar. Sich anschließen heißt jedoch, die Energie des Gebäudes empfangen und aufnehmen zu können wie eine Nahrung. Wer heute nur an sein Bankkonto glaubt und nichts anderem mehr vertraut als der modernen Medizin, wird nicht wahrnehmen können, was der Sinn der Pyramiden oder der Kathedralen ist. Wer aber gewahr wird, daß er selbst in einem sinnvollen Lebenskontext steht, der ihn zu einer Selbstfindung im Angesicht des eigenen Todes aufruft und hinweist, kann auch solche Symbole direkt wahrnehmen und wird empfänglich für die dort stets wirkenden Kräfte.
      Avatar
      schrieb am 05.03.02 00:20:54
      Beitrag Nr. 24 ()
      Sag mal lautz, hast Du´n Knall? Du verpestest hier den Server mit Deinem Gesülze.
      Avatar
      schrieb am 19.08.02 19:00:57
      Beitrag Nr. 25 ()
      Bauen für die Seele
      Organische Baustoffe haben viele Vorteile: sie sind diffusionsoffen (atmend), gesund, nachwachsend, brauchen meist wenig Energie in der Herstellung (Sonne), doch eines wird meist vergessen: sie besitzen im Unterschied zu den meisten technisch-synthetischen Baustoffen eine organische ãSeele”, das menschliches Maß.

      © Herbert Gruber, Ökoforum

      „Alle Materialien haben individuelle Eigenschaften. Holz ist warm, es birgt Leben in sich, obwohl der Baum längst gefällt ist, Ziegel vermittelt beim Anfassen und Betrachten immer etwas von der Wärme des Brennofens. Stahl ist hart, kalt und zeugt vom Druck starker, mächtiger Industriemaschinen, die ihn gerollt und gepreßt haben; Kunststoff hat etwas von dem unnatürlichen molekularen Prozeß (Polymerisation) an sich, durch den er entstanden ist, er steht außerhalb der Sphäre des Lebens und ist, wie Stahlbeton, durch nicht sichtbare Strukturgesetze gebunden. Aus diesen Eigenschaften heraus sprechen die Materialien zu uns. Es ist schwer, aus unbehandeltem Holz einen Raum mit kühler Ausstrahlung herzustellen, und schwierig, einen warmen, weichen, zugänglichen Raum aus Beton zu bauen.”

      Der aus Wales stammende Architekt Christopher Day, der dieses schreibt, ist einer der sanften Vorkämpfer – oder Wiederentdecker – organischer Materialien für organische – menschliche – Formen: „Naturbaustoffe sind `natürlich´ für die menschliche Umgebung. Sie fördern unsere Verwurzelung, unsere Erdung. Das Bedürfnis nach Wurzeln hat zur Wiederbelebung alter Baustile in der Architektur geführt. Diese mögen allerdings noch so stilvoll nachempfunden sein, wenn ursprüngliche Formen mit modernen Materialien gebaut werden, mit Stahlbeton, glasfaserverstärktem Kunststoff, Kunststeinen und Holzlaminat, dann sehen sie aus, wie sie klingen, wenn man daran klopft.” (Christopher Day: Bauen für die Seele)

      Noch unsere Großeltern haben mit Baustoffen Häuser errichtet, die dieses menschliche Maß, diese „Seele” innehatten: in erster Linie Holz mit seinen faszinierenden Strukturen, Ästen, Linien, ja auch Rissen und Verdrehungen. Sie haben aber auch Bescheid gewußt über die Methoden, durch Winterschlägerung, Ablegen und langsames Trocknen Holz zu beruhigen, damit es weniger arbeitet, reißt und sich nicht verdreht. Auch massive, mit Flachs, Stroh, Schilf, Kork, Hanf, Holz- (Zellulose) oder Schafwolle gedämmte Wände aus Ziegel, Lehm, Naturkalk oder Holz haben Charakter und ihre besondere Schönheit. Kombiniert mit der hohen Dämmwirkung und Atmungsfähigkeit, bieten diese Wände ein umfassendes Gefühl von Geborgenheit und Behaglichkeit, die in kaum einer der dünnen Einfamilienhauswände aus modernen Baumaterialien zu finden ist. Sie sind in ihrem Erscheinungsbild ähnlich den dicken Stein- und Lehmwänden, die vor allem in alten europäischen Bauernhäusern, mediterranen Villen und den Lehmbauten im Südwestens Amerikas heute noch zu finden sind.

      Es scheint, als ob die persönlichen Charaktere der Menschen, die in diesen Häusern leben, aus den Wänden gelesen werden können: ein tiefer, geschwungener Eingangsbereich heißt Gäste freundlich willkommen, wo eine intime Wand-Nische persönliche Erinnerungen zur Schau stellt, wo in einem verborgenen Winkel eine in die Wand gebaute Sitzbank zu ruhigem Verweilen anregt oder wo abgerundete Fensternischen und tiefe Fensterbänke einen Blick nach außen gewähren.

      Massive Wände erzeugen bei allen Öffnungen nach außen sichtbare Übergangszonen, die in verschiedensten Ausformungen möglich sind. Sie können zu sozialen Räumen werden, Sitze, Nischen und Vitrinen beherbergen oder persönlich gestaltete Passagen bilden, im Gegensatz zu den Türen und Fenstern konventioneller Gebäude, die genaugenommen nichts als Öffnungen in einer Wand sind. Die Massivität dieser Wände erlaubt es den Bewohnern nicht nur, sie individuell zu gestalten und den eigenen Bedürfnissen anzupassen sondern erzeugen auch das physische und psychologische Gefühl von Wohlfühlen und Geborgenheit. „Ein Aspekt beim traditionellen Bauen mit naturnahen Materialien war ihre Dimensionierung nach den Maßen des menschlichen Körpers. Sie sind so bemessen, daß sie von Hand verlegt werden könnnen.”

      Derart errichtete Wände erlauben kleine Fehler, locken die persönliche Kreativität hervor und führen dennoch zu energieeffizienten und dem jeweiligen Klima angepassten Strukturen.

      Viele Menschen haben Angst im Umgang mit der Komplexität, den eventuell verursachten Schäden und damit Kosten moderner Baustoffe und Werkzeuge. Bauen mit Naturbaustoffen erlaubt es ungeübten, ja sogar „ungeschickten” Menschen, am Bauprozess unmittelbar beteiligt zu sein und damit ihr eigenes Heim selbst mitzugestalten. Abgeschrägte oder abgerundete Fensterlaibungen bieten nicht nur Ausblick und Licht sondern sind vielfältig nutzbar für dekorative Objekte, Glasregale, Blumen udgl. Größere Fensterfronten sind besonders auch als Sitzplätze beliebt.

      „Materialien sind die Rohstoffe für Kunst”, sagt Christopher Day, „sie beeinflussen unsere Gefühle. Mittelmäßige Architektur, wenn sie nicht erdrückend groß ausfällt, wirkt in Holz oder mit gutgewählten Ziegelsteinen wirklich ganz gefällig, aus Beton dagegen gewöhnlich katastrophal.” Auch die sorgfältige Materialwahl für den Boden hält Day für mindestens ebenso wichtig wie die Materialwahl für die Wände. Auch hier bieten sich naturbelassenes – geöltes und gewachstes – Holz, Lehm, Ziegel, Terra Cotta, Kork oder Linoleum neben Naturfasern wie Schafwolle, Sisal, Kokos oder Stroh an. „Wir reagieren, über individuelle persönliche Vorlieben hinaus, auf die Geschichte und das ãWesenhafte” eines Materials,” ist Day überzeugt, ãwobei beides sein Erscheinungsbild prägt. Unsere Gefühle sind nicht zufallsbedingt sondern drücken aus, wie stark dieses ãWesenhafte” unsere Seelenbedürfnisse anspricht, sie sind zudem eng verwoben mit den (biologischen und gesundheitlichen) Auswirkungen, die das Material auf unseren Körper hat.”

      Buchtip: Bauen für die Seele, Architektur im Einklang mit Mensch und Natur, Christopher Day, ökobuch Verlag Staufen bei Freiburg
      Avatar
      schrieb am 27.11.02 10:38:25
      Beitrag Nr. 26 ()
      Kompost - Toiletten. Wege zur sinnvollen Fäkalien- Entsorgung.

      von Claudia Lorenz-Ladener (Herausgeber) Preis: EUR 15,30, 163 Seiten, Okobuch Verlag, Erscheinungsdatum: 1993, ISBN: 3922964273
      Die Wassertoilette ist eine der großen Fehlentwicklungen des letzten Jahrhunderts! Statt die menschlichen Ausscheidungen mit all ihren Nährstoffen wieder dem ursprünglichen Naturkreislauf - der Erde - zuzuführen, werden sie mit viel Wasser, das später mit großem Aufwand wieder gereinigt werden muss, vermengt und fortgespült.
      In diesem Buch wird beschrieben, welche Komposttoiletten-Systeme es gibt, was bei der Installation und im täglichen Gebrauch beachtet werden muss und welche baurechtlichen Anforderungen bestehen. Untersuchungen und Erfahrungsberichte aus Deutschland, der Schweiz und Österreich zeigen den heutigen Stand der Technik von Komposttoiletten im Wohnungsbau, in Kleingärten und Gebirgshütten und belegen die hygienische Unbedenklichkeit. Mit Anleitung zum Selbstbau.
      "Ein fundiertes und umfassendes Sachbuch für alle, die nach ökologischen Alternativen zur Wassertoilette suchen, insbesondere für Planer, Hausbesitzer, Kleingärtner und Betreiber von abseits gelegenen Hütten."(Korrespondenz Abwasser) Ich habe mir dieses Buch angeschafft, um mir einen Überblick über die verschiedenen Typen der Komposttoiletten zu verschaffen, da ich eine Komposttoilette für den Garten suchte. Das Buch hat mir dabei sehr geholfen. Die verschiedenen Modelle werden sehr gut vorgestellt. Das Buch dokumentiert weiterhin Erfahrungen mit Komposttoiletten in verschiedenen Wohnungstypen. Sehr interessant! Natürlich kommt auch der Kompostierungsprozeß und die hygienischen Aspekte zur Sprache. Zu jedem Kapitel gibt es ein Literaturverzeichnis, zum Weiterlesen. Es gibt sicher nicht viele, die den Schritt weg vom WC wagen, aber für diejenigen, die es tatsächlich in Angriff nehmen wollen, ist in diesem Buch alles hervorragend zusammengefaßt und erläutert. Sehr gut allgemeinverständlich und dennoch nicht flach. Damit ist dem ÖKO-Buchverlag ein sehr gutes Kompendium gelungen, sehr praxisnah.



      Holzbacköfen im Garten. Bauanleitungen für Lehm- und Steinöfen.

      von Manfred Rascher, Preis: EUR 15,30, 138 Seiten, Okobuch Verlag, Erscheinungsdatum: 2002, ISBN: 3922964699
      Der Backofen im Freien erlebt eine Renaissance, nicht nur, weil darin wohlschmeckendes Holzofenbrot gebacken werden kann. Wer es schon einmal erlebt hat, weiß auch um das sinnliche Vergnügen bei kulinarischen Genüssen wie Flammkuchen oder Hähnchen im Lehm-Mantel, denen noch die Kraft des Feuers anhaftet. Wie die reich bebilderte geschichtliche Einführung zeigt, haben sich die Ofenformen von Stein- oder Lehmbacköfen und die Backtechniken in den letzten eintausend Jahren nur wenig verändert. Schwerpunkt des Buches sind detaillierte Bauanleitungen vom einfachen, in wenigen Stunden zu realisierenden Lehmofen bis zum gemauerten Brotbackhäuschen. Mit vielen praktischen Erfahrungen und Ratschlägen für den Selbstbau sowie pfiffigen Tips und Rezepten eines langjährigen Eigen-Brötlers für alle, die einen freistehenden Holzbackofen im Garten selbst bauen wollen. Mit Beiträgen vom Deutschen Brotmuseum Ulm, von Pius Kopp, Claudia Lorenz-Ladener, Manfred Rascher und Conrad von Sengbusch. Diese Buch ist Sehr gut geeignet, vorausgestzt man will die Beschriebenen Anleitungen (welche sehr gut sind) 1:1 nachbauen... Für alle Anderen sind sie ein konstruktiver Anhaltspunkt, der aber nicht den Weg zum Hafner/Ofenbauer zur Information, bzw. zum Rauchfangkehrer wegen Zulassungsfragen erspart. Es sind wirkich gute Hinweise, aber DAS Universalrezept existiert NICHT! Sehr lehrreiches Buch. Ein Muß für jeden der einen Holzbackofen im Garten oder sonstwo plazieren möchte. Viele praktische Beispiele, sehr übersichtlich mit Bilder, Zeichnungen und Rezepten für leckere Gerichte aus dem selbstgebauten Ofen.



      Bauen für die Seele. Architektur im Einklang mit Mensch und Natur.

      von Christopher Day, Preis: EUR 20,40, 189 Seiten, Okobuch Verlag, Erscheinungsdatum: 2002, ISBN: 3922964613
      Architektur im Einklang mit Mensch und Natur. Ungiftige Materialien und energiesparende Konstruktionen setzen sich in der Bauwirtschaft erfreulicherweise zunehmend durch. Um eine wohltuende Atmosphäre zu schaffen, reicht dies allein jedoch nicht aus. Der Autor, Architekt und Bildhauer, verweist in seinem Buch auf die uralten Bauweisheiten und fordert als oberstes Ziel des Gestaltungsprozesses, die gebaute Umwelt mit der Natur und mit den elementaren Wohnbedürfnissen der Menschen in Einklang zu bringen. Verständlich und anhand vieler Zeichnungen und Photos leitet er zu einer bewußteren Wahrnehmung an und beschreibt, wie wohltuende oder sogar heilsame Raum-Atmosphären geschaffen werden können. Ein Buch, das aufgeklärte Baufamilien ebenso mit Gewinn lesen werden wie Planer und Handwerker, die nach Anregungen und Anleitung für das eigene Formenschaffen suchen. Der Autor will erreichen, daß wir Architekten in erster Linie wieder an den Menschen denken. Ist Architektur wichtig? Dieser Frage geht der englische Architekt und Bildhauer Christopher Day in diesem Buch nach. In 13 Kapiteln wird der Verbindung Mensch und seiner baulichen Umgebung eingehend nachgegangen. Aus den gezeigten Beispielen ergeben sich durchaus bemerkenswerte Ableitungen. Vor allem textlich und fachlich ist das Buch brillant geschrieben, bei der Bilder Auswahl wäre sicher noch mehr drinnen gewesen.



      Naturkeller.

      von Claudia Lorenz-Ladener, Preis: EUR 15,30, 139 Seiten, Okobuch Verlag, Erscheinungsdatum: 1999, ISBN: 3922964508
      Kühlen ohne Strom: Die Keller in den meisten Wohnhäusern sind heute zu warm und zu trocken, um Obst und Gemüse frischhalten zu können. Einen Ausweg bietet der richtig angelegte Naturkeller. In diesem Buch wird nicht nur ausführlich und anhand vieler Beispiele beschrieben, wie Keller mit Naturkühlung gebaut sein müssen, sondern auch, wie aus einem zu warmen und zu trockenen Hauskeller nachträglich ein für die Obst- und Gemüselagerung geeigneter Überwinterungsort entstehen kann, der sich zudem auch als Weinkeller nutzen läßt. Außerdem wird gezeigt, wie mit zum Teil sehr einfachen Maß-nahmen freistehende Naturkeller selbst gebaut werden können. Mit einer Übersicht über die Klimabedingungen für eine erfolgreiche Frischlagerung und über die Haltbarkeitsgrenzen der einzelnen Gemüse- und Obstarten.
      Eine gelungene Kombination von praktischem Ratgeber (mit Bauanleitungen) und theoretischer Fundierung. Dieses Buch vermittelt die zur Planung und Umsetzung eines Kellers mit entsprechenden Lagerfähigkeiten und den dazu nötigen Bedingungen. Der für den Laien brauchbare Teil klärt über den praktischen Nutzen auf, der Technisch Wissenschaftliche Teil sollte meiner Meinung nach mit der Planung in Inniger Zwiesprache abgeklärt werden. Allein nur für sich ist dieses Werk Interressant, aber nicht Umsetzbar. Sehr gut für alle Hausbauer und für Achitekten zur Weiterbildung.



      Lauben und Hütten.

      von David Stiles, Jeanie Stiles, Claudia Lorenz-Ladener (Herausgeber), Preis: EUR 22,50, 192 Seiten, Okobuch Verlag, Erscheinungsdatum: 2002, ISBN: 3922964842



      Gartengestaltung mit Altmaterial.

      von Jean-Elie Hamesse, Preis: EUR 39,80, 126 Seiten, Deutsche Verlags-Anstalt DVA, Erscheinungsdatum: 1998, ISBN: 3421031614
      Die Verwendung von Altmaterial bei der Gartengestaltung ist etwas Ungewöhnliches im Privatgarten. Viele Gartenbesitzer wissen nicht, daß es diese Möglichkeiten der Gartengestaltung überhaupt gibt. Außerdem traut man sich nicht so recht: Schutt im Garten? Was sollen die Nachbarn sagen, die Freunde, die Passanten? Dabei wurden alte Materialien schon in der Antike und lange Zeit danach wiederverwendet - als kostengünstiger und einfach zu gewinnender Baustoff.


      Beitrag zu dieser Diskussion schreiben


      Zu dieser Diskussion können keine Beiträge mehr verfasst werden, da der letzte Beitrag vor mehr als zwei Jahren verfasst wurde und die Diskussion daraufhin archiviert wurde.
      Bitte wenden Sie sich an feedback@wallstreet-online.de und erfragen Sie die Reaktivierung der Diskussion oder starten Sie
      hier
      eine neue Diskussion.
      Architektur