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    Riester-Rente reicht nicht aus - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 13.12.02 00:11:32 von
    neuester Beitrag 13.12.02 09:25:49 von
    Beiträge: 3
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      schrieb am 13.12.02 00:11:32
      Beitrag Nr. 1 ()
      12.12.2002 - 15:12 Uhr

      Riester-Rente reicht nicht aus

      Trotz der Riester-Rente drohen künftigen Rentnern nach einer Studie des Deutschen Instituts für Altersvorsorge (DIA) wachsende Versorgungslücken bis hin zu Altersarmut. Die heute unter 45-Jährigen müssten mindestens 8 Prozent ihres Bruttoeinkommens - besser noch mehr - fürs Alter ansparen, um ihren Lebensstandard zu halten.

      HB/dpa BERLIN. „Riester reicht nicht“, erklärte das DIA am Donnerstag in Berlin. Das Institut ist ein Ableger der Deutschen Bank, die auch Altersvorsorgeprodukte anbietet.

      Für die Riester-Rente sollen die Beschäftigten schrittweise bis zu 4 Prozent ihres Bruttoverdienstes abzweigen. Dabei erhalten sie Zuschüsse vom Staat. „Riester ist Pflicht“, erklärte DIA-Berater und Rentenexperte Meinhard Miegel. Allerdings reiche die Riester-Rente alleine nicht aus. Die heute unter 45-Jährigen müssten insgesamt „mindestens das Doppelte“ - also 8 Prozent und mehr - für die zusätzliche Altersvorsorge ausgeben.

      Die DIA-Experten gehen davon aus, dass sich die gesetzliche Rente deutlich schlechter entwickelt als die Regierung voraussagt. DIA- Sprecher Bernd Katzenstein warf der Regierung vor, die Lage schönzurechnen und die Menschen in falsche Sicherheit zu wiegen. Bis Ende 2002 würden nur 3 bis 3,5 Millionen einen Vertrag über eine private Riester-Rente abschließen. Dies liege auch an den illusorischen Regierungsprognosen. „Wir haben einen Reform- und Wahrheitsstau in Deutschland“, sagte Katzenstein.

      Als heuchlerisch kritisierte das DIA Vorschläge, das Rentenalter schrittweise auf 67 Jahre zu erhöhen. Die meisten Menschen würden nicht bis zu dieser Altersgrenze im Job bleiben. Eine Erhöhung des Rentenalters sei daher nichts anderes als eine „Rentenkürzung auf dem kalten Weg“. Die Schuld für seine „Minirente“ werde dann aber auf den Einzelnen abgeschoben, der die Altersgrenze nicht erreicht habe.

      Nach Angaben des DIA geht es dem Gros der heutigen Rentner so gut wie noch nie in der Geschichte Deutschlands. Dies werde sich ändern. Der sinkenden gesetzlichen Rente stehe ein wachsender Geldbedarf der Alten gegenüber. So gehen die Experten davon aus, dass künftige Rentner sehr viel stärker selbst ihre Pflege- und Gesundheitskosten bezahlen müssen, weil die arbeitende Generation die wachsenden Kosten nicht mehr schultern kann. Als Folge fehlten den Rentnerhaushalten im Jahr 2020 rechnerisch im Durchschnitt 518 Euro monatlich, um ihre Kosten zu decken, heißt es in der Studie
      :cry:
      Wie solldas alles nur enden?????
      burakiye
      Avatar
      schrieb am 13.12.02 00:20:19
      Beitrag Nr. 2 ()
      wer braucht denn noch eine Rente bei eine Arbeitszeit bis 70?
      Avatar
      schrieb am 13.12.02 09:25:49
      Beitrag Nr. 3 ()
      DIE ZEIT

      51/2002


      familie Foto: Bernd Vogel für ZEIT Leben

      Ein teures Unternehmen

      Birgitt und Siegfried Schmidtke klagen vor dem Bundessozialgericht. Sie wollen keine Rentenbeiträge mehr bezahlen. Mit ihren drei Kindern, so sagen sie, investieren sie genug in die Gesellschaft

      Von Mark Spörrle

      Siegfried Schmidtke ist einer, der sagt, wenn er etwas er auf dem Herzen hat, und manches, das sagt er deutlich, findet er einfach »Kacke«. Die Sache mit dem Haus, die geht ja noch. Eine Doppelhaushälfte im Kölner Vorort Weiden, 140 Quadratmeter, kleiner Garten, wirklich nicht groß, wenn man in Deutschland drei Kinder hat. Nur leider führt hinter der nächsten Häuserreihe die Autobahn vorbei, so dicht befahren, dass man den Verkehr auch auf die Standspur lässt. Richtig laut sei es erst, wenn man im Sommer im Garten sei, sagt Schmidtke. Er sitzt neben seiner Frau auf dem Sofa. Die Wände des kleinen Wohnzimmers sind ockerfarben gestrichen, wie die Häuser in der Toskana, durch das geschlossene Fenster dringt auf- und abschwellendes Brummen, und Felix, 12, Mona, 9, und Lisa, 6, krabbeln kreischend und kichernd auf ihrem Vater herum.

      Als Lisa groß und den Schmidtkes ihre alte Mietwohnung zu klein wurde, aber eine noch größere Mietwohnung auf Dauer viel zu teuer gewesen wäre, vor vier Jahren war das, schauten sie sich auch Häuser auf dem Land an, in der Eifel, eine halbe, dreiviertel Autostunde vom Stadtrand entfernt. Den Ausschlag gab dann Siegfried Schmidtkes Schwiegermutter. Die lebt auf der anderen Seite der Autobahn in Köln-Junkersdorf und wollte unbedingt, dass die Enkelkinder in ihrer Nähe wohnen. Und Siegfried Schmidtke, 48, und seine Frau Birgitt, 42, hätten das Geld für die Anzahlung des Hauses nicht allein aufgebracht.

      Überhaupt spielt Geld im Schmidtkeschen Haushalt eine große Rolle, weil nicht so viel davon da ist. Kinder kosten, vor allem, wenn es drei sind. Um den 20. jedes Monats dreht Schmidtkes Gehaltskonto ins Minus. Das führt zu Einschränkungen, und die gipfelten darin, dass sich Familie Schmidtke mit dem deutschen Staat anlegte.

      Am 20. jedes Monats ist das Konto im Minus Wegen der Sozialversicherung, die Siegfried Schmidtke nur noch »Asozialversicherung« nennt, und wegen des Generationenvertrages, der vorsieht, dass die Jüngeren den Älteren eine anständige Rente bezahlen, in der Hoffnung, dass irgendjemand später auch ihnen eine anständige Rente bezahlt. Eine Hoffnung, die sich spätestens in diesen Wochen, mit lautstarken Debatten in der Politik, mehr und mehr zur Illusion wandelt. Schmidtkes hätten es so machen können wie viele andere, die in der Kneipe auf den Tisch hauen und ein bisschen herumpoltern, über Betrug und Schweinesystem, bis sie sich wieder beruhigt haben. Denn man kann ja sowieso nichts ändern.

      Schmidtkes haben es anders gemacht. Sie sind vor Gericht gezogen. Sie wollen nicht mehr in die Rentenkasse einzahlen.

      Wir können uns das einfach nicht leisten, sagt Siegfried Schmidtke.

      Man kann nicht behaupten, dass Herr Schmidtke übermäßig schlecht verdient. Der diplomierte Psychologe erhält bei einem Kölner Verlag ein Jahresgehalt, das so ziemlich den 28518 Euro des angestellten deutschen Durchschnittsverdieners entspricht. Die Schmidtkes sind trotzdem überdurchschnittlich gekniffen. Was weniger daran liegt, dass Birgitt Schmidtke, statt dazuzuverdienen, Kinder und Haushalt managt, denn in ihrem Beruf als Erzieherin bekäme sie kaum mehr, als währenddessen eine Tagesmutter für die eigenen Kinder kosten würde. Auch an den 450 Euro monatlichem Zins und Tilgung für das Haus liegt es nicht; viele Familien zahlen mehr Miete.

      Siegfried und Birgitt Schmidtke tragen die finanzielle Verantwortung für sich und für zwei weitere Generationen. Da sind zum einen die Ausgaben für die Kinder. Und zum anderen die Abgaben für die Älteren. Siegfried Schmidtke bezahlt über 500 Euro im Monat an die Sozialversicherung, davon allein 250 Euro in die Rentenkasse. Das ist ziemlich genau die Summe, die Schmidtkes immer wieder ins Minus treibt.

      Eltern und Kinder sind trainiert im Kopfrechnen und im Verzichten. An Essengehen ist nicht zu denken, Kino ist zu teuer, Lebensmittel kauft die Familie beim Discounter, Kleidung auf dem Flohmarkt oder bei Aldi. Birgitt Schmidtke ist heilfroh, dass ihre Tochter Mona nicht auf die Idee kommt, sich diese engen Klamotten zu wünschen, die bei anderen Mädchen gerade so angesagt sind. Und dass Felix auf dem Schulhof zwar schon mal hört, was er trage sei uncool, der Junge aber trotzdem Freunde hat. Wenn Schmidtkes darüber sprechen, dass andere Kinder einen eigenen Fernseher im Zimmer haben und von der Mutter zu Tennis- und Reitstunden chauffiert werden, dann klingt es fast so, als hätten diese Kinder eigene Pferde und eigene Tennisplätze. Felix liest gern, darüber sei er sehr froh, sagt sein Vater. Ein Sohn mit einem günstigen Hobby.

      Der 12-Jährige fragt aufgeregt dazwischen, ob der Vater schon ein Foto von Monas unaufgeräumtem Zimmer gemacht habe, denn bei Ikea gebe es doch diesen Wettbewerb um das unordentlichste Kinderzimmer, der Sieger bekomme 3000 Euro. Haben wir doch schon gemacht, sagt der Vater. Aber jetzt gerade sehe Monas Zimmer noch viel unaufgeräumter aus, ruft Felix, das sei wirklich unglaublich, Papi, komm, wir müssen noch ein Foto machen, das gewinnt ganz sicher.

      Sie machen noch ein Foto. Ihre Kinder wüssten genau, dass man sparen müsse, sagt Birgitt Schmidtke.

      Der einzige wirkliche Luxus, den sich Schmidtkes in den letzten Jahren geleistet haben, steht im Wohnzimmer: ein zerschrammtes schwarzes Piano, gebraucht gekauft, mit aufgemalten violetten und grünen Punkten auf den Tasten. Am Samstag sind Mona und Lisa beim vierhändigen Vorspielen in der Schule Erste geworden. 1500 Euro kosten die Klavierstunden für die Mädchen in der Rheinischen Musikschule im Jahr, für Schmidtkes eigentlich unerschwinglich. Aber in Köln bekommen Eltern mit mindestens drei Kindern einen Familienpass, der Kultur- und Bildungsangebote verbilligt. Noch, denn jetzt spart die Stadt an Kultur und Bildung. Doch Siegfried und Birgit Schmidtke möchten nicht noch mehr an ihren Kindern sparen. Sie überlegen, wo sie noch Geld abzwacken könnten, aber sie finden nicht viel. Den einzigen Urlaub vielleicht, die ein, zwei Wochen auf einem Bauernhof in der Eifel? Die Rechtsschutzversicherung? Die kostet 100 Euro im Jahr, aber die brauchen wir ja ziemlich oft, sagt Siegfried Schmidtke. Die Unterhaltskosten fürs Auto? Der Passat ist zwölf Jahre alt, hat fast 200000 Kilometer runter, und Geld für einen neuen gibt es nicht. Die Schmidtkes schauen sich an.

      An so etwas wie zusätzliche Vorsorge sei nicht zu denken, sagt er. Und später, wenn die Kinder älter seien und mehr Ansprüche stellten – wie das gehen solle, darüber trauten sie sich gar nicht nachzudenken. Mindestens 75000 Euro kosten jede Familie die ersten 18 Lebensjahre eines Kindes, schätzt das Bundesfamilienministerium. Der Verdienstausfall, meist der Mutter, ist da noch nicht mal eingerechnet – der liege noch mal bei gut 150000 Euro.

      Alles nur Probleme einer kinderreichen Familie? Siegfried Schmidtke holt Luft vor Empörung. Ist man mit drei Kindern schon kinderreich, also selber schuld, womöglich noch ein bisschen asozial?

      Es gibt Zahlen, die belegen, dass sich die Situation der Familien in Deutschland von Jahr zu Jahr verschlechtert. 1965 lebte jedes 75. Kind unterhalb der Armutsgrenze, 1989 war es schon jedes siebte. Eine Entwicklung, die mit der lahmenden Konjunktur allein nicht erklärbar ist, denn auch in den guten Jahren hat sich der schlechte Trend für Eltern mit Kindern fortgesetzt.

      Finanzexperten machen dafür zum einen die Mehrwertsteuer verantwortlich, die Familien, die mehr und anderes verbrauchen als Alleinstehende und Kinderlose, besonders hart trifft. Vor allem aber die Beiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung, die sich seit 1960 pro Kopf mehr als verdoppelt haben, die, anders als Lohn- und Einkommensteuer, kein familiäres Existenzminimum schonen und keinen progressiven Tarifverlauf haben. Die Sozialversicherung drückt die mittleren und kleineren Einkommen vieler Familien übermäßig stark nach unten, und die Rentenbeiträge sind für Familienvater Schmidtke das Ungerechteste an der ganzen Sache.

      Vor Wut meldete Schmidtke seine Familie als Firma an Wie kann es sein, rechnet Schmidtke grimmig, dass ich genauso hohe Rentenbeiträge bezahle wie jemand, der gleich viel verdient wie ich, aber kinderlos ist, keine Verdienstausfallzeiten durch Kindererziehung hat wie meine Frau und obendrein noch Geld für später zurücklegen kann? Das sei nichts anderes, als dass der Staat diejenigen bestrafe, die Kinder zur Welt brächten, und diejenigen belohne, die keine hätten. Erst neulich habe sie so einer beim Einkaufen an der Käsetheke ganz freundlich angesprochen und gratuliert: Gut, dass wenigstens Sie noch etwas für den Fortbestand der Gesellschaft tun, ich schaffe das nicht. Der habe das gar nicht höhnisch gemeint.

      Siegfried Schmidtke hat eine Stimme, mit der er ruhig weiterreden kann, wenn ein paar kreischende Kinder auf ihm herumturnen. Jetzt wird sie etwas kräftiger. Dass immer noch so getan werde, als ob es ein Privatvergnügen, ein teures Hobby sei, dass Leute Kinder kriegen und die Steuer- und Rentenzahler von morgen hervorbringen, »dat is doch Kacke!«

      1997 hörte Siegfried Schmidtke, dass ein Kölner Seelsorger sich die Befreiung von den Rentenbeiträgen erklagen wollte: mit der Aufzucht von vier Kindern trage er genug zum Generationenvertrag bei. Schmidtke fand, das sei eine gute Idee. Auch er ging vor Gericht, wie noch zwei weitere Familien.

      1998 wies das Kölner Sozialgericht Schmidtkes Klage ab. Die hätten wohl nicht verstanden, um was es gegangen sei, erzählt er, im öffentlichen Dienst zahle schließlich kein Mensch in die Rentenkasse. Schmidtke zog zum Landessozialgericht, das verwies den Fall an das Bundessozialgericht in Kassel. Dort liegen mittlerweile auch zwei der anderen Klagen; eine Familie hat zwischenzeitlich aufgegeben.

      Schmidtke hat Erfahrung mit Prozessen in Sachen Familie. Ihr Mann habe ein ausgeprägtes Gerechtigkeitsempfinden, sagt Birgitt Schmidtke. Und beide Schmidtkes sind ziemlich kreativ.

      Im November 1995 meldete das Ehepaar die Firma Kinderbetreuung Kügelgen-Schmidtke GbR an. Jeder kleine Kaninchenzüchter kann seine Kosten als Gewerbe absetzen, hatten Schmidtkes damals erfahren, aber Eltern bleiben auf ihren Kosten für Kinderzimmer, Windeln, Kleider und Babybrei sitzen, nur weil sie kein Betrieb seien. Das änderte Siegfried Schmidtke ratzfatz. Beim Bezirksamt und einer etwas ungläubigen Sachbearbeiterin holte er sich den Gewerbeschein. Es folgten einige turbulente Wochen, in denen die Zeitungen über Schmidtkes berichteten und auch RTL drüben in Köln-Junkersdorf sie ein paar Mal ins Studio einlud. Nachts stand Vater Schmidtke am Faxgerät und verschickte Tipps zur Kleingewerbegründung an interessierte Familienväter in ganz Deutschland. Dann erkannte das Finanzamt die Steuererklärung nicht an. Begründung: Die Kindererziehungs-GbR ziele nicht auf Gewinn ab. Schmidtkes Erwiderung, doch, sehr wohl, nämlich auf Gewinn für die Gesellschaft, fand vor Gericht keine Anerkennung.

      Siegfried Schmidtke klagte auch einmal auf Wohngeld für ungeborenes Leben, weil Schmidtkes erfahren hatten, dass Wohngeld nichts mit der Höhe der Miete zu tun hat, sondern sich nach der Zahl der im Haushalt lebenden Personen richtet. Damals war Frau Birgitt schon mit Lisa schwanger, das Paar wusste eine Zeit lang nicht, wie es mit dem Geld weitergehen sollte. Das Sozialgericht schmetterte die Klage ab, Person werde man erst qua Geburt, so auch Landessozialgericht und Bundessozialgericht. Schmidtke ging hartnäckig bis zum Bundesverfassungsgericht. Das nahm die Klage nicht an.

      1998 schickte Familie Schmidtke den Richtern in Karlsruhe noch eine einstweilige Anordnung gegen die Erhöhung der Mehrwertsteuer. Auch die wurde nicht angenommen. Da habe er ohnehin nicht so viel Herzblut reingesteckt, sagt Schmidtke, die Sache mit den Renten sei viel wichtiger.

      Man könnte Siegfried Schmidtke nun für einen Prozesshansel halten, der seine persönliche Befriedigung daraus zieht, gegen alles und jeden vor Gericht zu ziehen. Wer das täte, übersähe allerdings, dass Schmidtkes nicht zu denen gehören, die Nachbarn vor Gericht zerren, weil deren Rasen zu selten gemäht wird oder weil die Maschen ihres Maschendrahtzauns zu weit sind. Sie kämpfen gegen eine Konstruktion, die dafür sorgt, dass Kinder zu haben in Deutschland immer mehr zum Luxus wird, oder eben zum finanziellen Risiko.

      Eigentlich kein Wunder, dass vielen die Lust auf Kinder vergeht. Seit 1965 hat sich die Zahl der pro Jahr Geborenen von 1,35 Millionen auf 730000 etwa halbiert, bald werden 40 Prozent der Deutschen ihr Leben lang kinderlos bleiben. So können sie wenigstens Restaurantbesuche, Kleidung, Mieten und private Altersvorsorge bezahlen.

      Im nächsten Jahr könnte die Familie das Rentensystem gekippt haben Birgitt Schmidtke engagiert sich auch politisch. Sie kandidierte für die Familienpartei bei den Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen im Jahr 2000 und auch bei den letzten Bundestagswahlen, in denen die Partei auf 0,2 Prozent kam. Immerhin, sagt sie, und die Familienpartei habe es auch in einen Stadtrat geschafft, in St. Ingbert im Saarland. Politik sei ein mühsames Geschäft, meint ihr Mann. Bei den herrschenden Verhältnissen habe man über den Rechtsweg bessere Möglichkeiten.

      Darauf setzt auch Jürgen Borchert, Rentenexperte und hauptberuflich Richter am Landessozialgericht in Darmstadt. Borchert ist der Mann, der vor rund zehn Jahren den Fall Rosa Rees vors Bundesverfassungsgericht brachte. Frau Rees hatte in ihrem Leben neun Kinder aufgezogen. Die waren mittlerweile berufstätig und zahlten zusammen Rentenbeiträge von monatlich 8500 Mark. Aber der Staat speiste ihre Mutter mit 360 Mark Rente ab. Das fanden auch die Karlsruher Richter ungerecht. 1992 verpflichteten sie den Gesetzgeber, also die Politiker, die Benachteiligungen durch Kindererziehung Stück für Stück abzubauen. Aber der Gesetzgeber denke nicht daran, das zu tun, sagt Borchert. Jetzt hilft der Jurist Schmidtkes und den zwei anderen Familien als wissenschaftlicher Berater bei ihrer Rentenklage. Man müsse dem Staat auf die Finger hauen, wo er ungerechterweise eingreift, sagt Borchert.

      Borchert hofft, dass das Bundessozialgericht die drei Fälle gesammelt an das Bundesverfassungsgericht überweist. Gibt Deutschlands höchstes Gericht in den nächsten Monaten Schmidtkes und Co Recht, müsste das System der Sozialversicherung komplett umgebaut werden.

      Und dann, sagt Siegfried Schmidtke, könne man irgendwann den nächsten Punkt angehen, ein Gehalt für Kindererziehung nämlich, das sei wirklich überfällig. Wobei er hoffe, dass auch mal jemand anderes die Klagearbeit erledige, alles könne Familie Schmidtke aus Köln nun wirklich nicht machen.

      Dann stehen Mona, 9, und Lisa, 6, kichernd vor ihm, denn es ist Bettzeit; glücklicherweise ist Felix zu erwachsen für das, was jetzt kommt. Also schultert er erst Mona und darüber Lisa. Und stapft mit den beiden im Doppelpack prustend und brummend die Treppe nach oben.


      :confused:


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