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    EU-Zinsbesteuerung - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 26.11.02 22:32:53 von
    neuester Beitrag 26.11.02 22:56:19 von
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      schrieb am 26.11.02 22:32:53
      Beitrag Nr. 1 ()
      Bankgeheimnis:
      Wie weit die Schweiz nachgeben kann
      (aus G&M, Mai 2001)

      Die Schweiz unter Druck: Nach dem Willen der EU soll das dortige Bankgeheimnis spätestens im Jahr 2010 fallen. Unterdessen bastelt das Eidgenössische Finanzdepartement an Kompromißvorschlägen. Die entscheidenden Verhandlungen mit Brüssel stehen erst noch bevor. Womit müssen die ausländischen Kunden der schweizerischen Banken im besten und im schlimmsten Fall rechnen?
      Als sich die Regierungschefs der EU im Juni 2000 im portugiesischen Feira auf die faktische Abschaffung des Bankgeheimnisses für Ausländer einigten, wurden sie zunächst nicht ganz ernst genommen. Denn nach wie vor müssen EU-Beschlüssen, die Steuer und Finanzen betreffen, einstimmig gefaßt werden – und die meisten Beobachter rechneten damit, daß Luxemburg doch noch sein Veto einlegen würde. Auch von Österreich, wo das Bankgeheimnis Verfassungsrang hat, wurde Widerstand erwartet. Und daß die Schweiz jemals auf die Brüsseler Forderungen eingehen würde, war schwer vorstellbar. Würde sich die Schweiz querlegen, so dachte man, dann bekäme Luxemburg den gewünschten Vorwand, um das ganze Vorhaben zu blockieren.
      Unterschätzt wurde wieder einmal – wie im Fall der Euro-Einführung – die Beharrlichkeit der EU-Bürokraten, aber auch der unersättliche Appetit der Finanzminister, besonders in Deutschland und Frankreich, auf neue Einnahmen. Außerdem war es kein Zufall, daß die Kampagne gegen das Bankgeheimnis mit der Ankunft des Euro zusammenfiel. Die Zwangswährung bedingt offenbar verstärkten fiskalischen Druck auf die Bürger.
      Dabei geht es keineswegs nur um Mehreinnahmen für den Fiskus, sondern ganz klar auch um eine zunehmende Kontrolle und Überwachung der Bürger. Wäre es nicht so, hätte die EU bei dem viel einfacheren Koexistenzmodell von 1997 bleiben können. Im damaligen Richtlinienentwurf wurde es den einzelnen Staaten freigestellt, zwischen einer Quellensteuer (die das Bankgeheimnis bekanntlich nicht tangiert) und einem Informationsaustausch zu wählen. Eben dieses relativ liberale Koexistenzmodell wurde im Juni 2000 gekippt.
      Was im einzelnen auf die EU-Bürger zukommt, die in einem anderen EU-Staat ein Konto haben, wissen wir genauer erst seit ein paar Monaten. Nach neunstündigen Verhandlungen wurde in Brüssel am 27. November 2000 folgendes beschlossen:

      • Nach Inkraftsetzung der EU-Richtlinie, also voraussichtlich ab 1. Januar 2003, werden im Prinzip alle Zinszahlungen an EU-Bürger, soweit das Konto nicht im Heimatstaat geführt wird, an das Finanzamt des Wohnsitzes gemeldet.

      • Ausgenommen von dieser Regelung sind zu-nächst Belgien, Luxemburg und Österreich. Ihnen wird eine Übergangsfrist von sieben Jahren, also bis Anfang 2010, zugestanden. Bis dahin werden sie keine Kontrollmitteilungen anfertigen und weiterleiten, sondern eine Quellensteuer erheben.

      • Die Quellensteuer beläuft sich zunächst auf 15%, nach Ablauf von drei Jahren auf 20%.

      • Von der Quellensteuer werden 75% an den Staat weitergeleitet, in dem der Kunde seinen Wohnsitz hat. Die Quellensteuer hat keine abgeltende Wirkung. Das bedeutet: die Zinsen dürfen im Heimatstaat noch einmal besteuert werden.

      • Schlupfloch: Sowohl der Informationsaustausch als auch die Quellensteuer betreffen nur Zinsen, nicht aber die von Aktiengesellschaften ausgeschütteten Dividenden. Nicht erfaßt werden auch reine Aktienfonds. Bei gemischten Fonds, die in Aktien und Anleihen investieren, ist lediglich der Zinsanteil an den Ausschüttungen betroffen.

      • Weiteres Schlupfloch: Anleihen und andere Zinspapiere, die vor dem 1. März 2001 aufgelegt wurden, sind von der Richtlinie zunächst nicht betroffen.

      Dies alles ist, wie gesagt, noch nicht geltendes EU-Recht und muß erst noch in Form einer Richtlinie verabschiedet werden. Theoretisch kann diese Richtlinie immer noch an zwei Hürden scheitern:
      Zum einen muß die Zinsbesteuerung zusammen mit einem Verhaltenskodex zur Ausmerzung „unfairer“ Unternehmensbesteuerung in bestimmten EU-Staaten beschlossen werden. Es geht um 66 Steuervorschriften, die verschwinden sollen, damit der lästige Steuerwettbewerb in der EU aufhört. Würden sich z.B. Irland oder die Niederlande weigern, ihre Steuervergünstigungen zu streichen, dann wäre die gesamte Richtlinie erst einmal hinfällig.
      Eine andere Vorbedingung, auf der besonders Luxemburg besteht, lautet: Endgültige Zustimmung zur Richtlinie nur dann, wenn auch die Schweiz und andere Staaten „gleichwertige Maßnahmen“ einführen. Das Problem dabei: bisher weiß niemand genau, was mit „gleichwertigen Maßnahmen“ gemeint ist. Etwa Informationsaustausch, also Kontrollmitteilungen? Oder reicht vielleicht doch eine Quellensteuer, die den Kunden schweizerischer Banken bei Eingang der Zinszahlung abgezogen wird?
      Unter die Rubrik „Drittstaaten“, die die EU in die Richtlinie einbinden will, fällt wohlgemerkt nicht nur die Schweiz. Verhandelt wird auch mit den USA, Liechtenstein, Andorra, Monaco und San Marino. Schon im Juni soll in Brüssel dazu ein erster Bericht vorgelegt werden.
      Auch an die Steueroasen im Kanal (Jersey und Guernsey), an die Isle of Man, an die Niederländischen Antillen und an karibische Steueroasen wie Grand Cayman hat die EU gedacht. Daß auch diese exotischen Plätze parieren und „gleichwertige Maßnahmen“ einführen, dafür sollen die Regierungen in London, Den Haag und Paris sorgen.
      Verschont bleibt, wie G&M aus London erfährt, aller Voraussicht nach Südafrika, weil die EU-Steuerbehörden wegen der dort herrschenden Korruption vor einer Zusammenarbeit mit Pretoria zurückschrecken.
      Bemerkenswert (und bedrohlich für die Schweiz) ist die sich anbahnende Zusammenarbeit zwischen dem Großen Bruder EU und dem Großen Bruder USA. Beiden ist zuzutrauen, daß sie die Schweiz (deren Neutralität und Anhänglichkeit an das Völker-Recht sie als Ärgernis empfinden) gemeinsam in die Zange nehmen.
      Den Engländern kann das nur recht sein. Schon hinter dem Beschluß von Feira stand die britische Absicht, dem konkurrierenden Finanzplatz Schweiz das Wasser abzugraben. Denn Feira richtete sich ja keineswegs gegen Fonds und andere institutionelle Vermögen, deren europäischer Schwerpunkt in London liegt – sondern ausschließlich gegen Privatanleger, die bei Schweizer Banken rund 2000 Milliarden Franken gebunkert haben.
      London hat für Privatanleger und ihren Wunsch nach Diskretion überhaupt nichts übrig. Besonders diejenigen Investoren vom Kontinent, die sich bisher mit ihrem Konto in London unbeobachtet fühlen durften, müssen folgendes wissen: Seit April, also ab sofort, müssen die britischen Banken Kontrollmitteilungen (einschließlich Wohnadresse) über Zinszahlungen erstellen. Betroffen sind Bürger aller EU-Staaten, aber auch solche aus dem Commonwealth, den USA, Norwegen, Japan und Korea – nicht aber aus Südafrika.
      Mit anderen Worten: London beginnt schon jetzt mit den Kontrollmitteilungen, die in der EU (zunächst ohne Luxemburg, Belgien und Österreich) erst ab 2003 greifen sollen! Die Informationen will London freilich nur auf Basis der Gegenseitigkeit austauschen. Finanzminister Eichel z.B. müßte im Gegenzug bereit sein, die britische Steuerbehörde über die Einnahmen britischer Bürger in Deutschland zu informieren – ein Entgegenkommen, das ihm wohl kaum schwerfallen wird.
      Noch interessanter: London überlegt, die Kontrollmitteilungen schon 2002 auf Dividenden auszuweiten und später sogar auf den Kapitalgewinn aus dem Verkauf von Wertpapieren. (Auch davon werden Fonds und Firmen selbstverständlich nicht betroffen sein.)
      Über die britischen Maßnahmen war in der Presse bisher nichts zu lesen. Da aber die Briten schon in Feira den Vorreiter gespielt haben und sich mit ihren damaligen Forderungen durchsetzen konnten, wäre es nur logisch, wenn später auch im Rest der EU nicht nur Zinsen, sondern auch Dividenden und Spekulationsgewinne zentral erfaßt werden – und dies würde letzten Endes nicht nur EU-Ausländer, sondern auch alle Inländer treffen.
      Wenn alles nach Plan verläuft, beginnt mit der EU-Richtlinie der Einstieg in die totale Kontrolle der finanziellen Verhältnisse aller EU-Bürger mit Hilfe eines Zentralcomputers.
      Wo bleibt da die Schweiz? Noch bevor die Verhandlungen zwischen Brüssel und Bern überhaupt begonnen hatten, drohte EU-Kommissar Chris Patten in einem Brief vom 21. Februar kaum verhüllt mit Vergeltungsmaßnahmen. Ebenfalls im Februar verlangte eine Untersuchungskommission des französischen Parlaments ganz brutal von der Schweiz, ihr Bankgeheimnis abzuschaffen und sich dem EU-Informationsaustausch anzuschließen.
      Die Schweiz reagierte inzwischen mit einem Kompromißvorschlag, der in einem 60seitigen Bericht einer von Finanzminister Villiger eingesetzten Expertenkommission enthalten war. Und zwar mit der Bereitschaft, eine Quellensteuer zu erheben und den größeren Teil davon an die EU abzuführen.
      Strikt abgelehnt wird von Bern nach wie vor der Informationsaustausch. Am Bankgeheimnis will die Schweiz nicht rütteln. Da aber die Quellensteuer für die EU nur vorübergehend akzeptabel ist und der Informationsaustausch für die Schweiz zu weit geht, könnte am Ende auch ein Kompromiß herauskommen, an den gegenwärtig niemand denkt: eine beschränkte Kooperation der Schweizer Banken mit den EU-Finanzverwaltungen nach dem Muster der amerikanisch-schweizerischen Vereinbarungen, die seit dem 1. Januar 2001 in Kraft sind. Sie funktionieren folgendermaßen:

      • Die schweizerischen Banken sortieren ihre ausländischen Kunden in zwei Gruppen: solche, die in den USA steuerpflichtig sind und solche, die keinen US-Status haben. Dazu mußten die Kunden bereits im Jahr 2000 Formulare ausfüllen und unterschreiben.

      • Die Formulare werden dem amerikanischen Internal Revenue Service nicht vorgelegt, jedoch von Wirtschaftsprüfern eingesehen, die der IRS für zuverlässig hält. Schweizer Banken, die auf diese Weise als Agenten des IRS tätig sind, erhalten das Gütesiegel eines Qualified Intermediary (QI).

      • Für Kunden, die nachweislich nicht in den USA steuerpflichtig sind, ändert sich mit der neuen Regelung praktisch nichts.

      • Für US-Steuerpflichtige ergibt sich seit Jahresanfang folgende Situation: sie werden von ihrer Bank keineswegs gezwungen, ihre Identität gegenüber dem IRS offenzulegen. Weigern sie sich aber, füllen sie das Formular also nicht aus, dann hat das zur Folge, daß die Bank keine Aufträge mehr für den Kauf von US-Wertpapieren entgegennimmt und daß sie auf Dividenden und Zinserträge (und beim Verkauf von US-Wertpapieren!) 31% abzieht. Dabei handelt es sich um die inneramerikanische Sicherungssteuer, genannt Backup Withholding Tax.

      Sie sehen, worauf das amerikanische Modell des QI hinausläuft: das schweizerische Bankgeheimnis bleibt dem Buchstaben nach gewahrt, die Banken vertreten jedoch die Interessen des amerikanischen Fiskus. Und wer als US-Steuerbürger nicht mitspielt, versperrt sich damit automatisch den Zugang zum gesamten amerikanischen Finanzmarkt.
      Würden die Banken nun dieses System auf EU-Bürger ausdehnen, dann könnte z.B. ein deutscher Kunde nicht mehr in Deutschland, nicht mehr im Rest der EU und vielleicht auch nicht mehr in den USA investieren. Er müßte sich letzten Endes auf die Schweiz, auf Rußland, China, den Rest Asiens, Südafrika und Lateinamerika beschränken.
      Nun, soweit ist es noch nicht. G&M tippt darauf, daß sich die Schweiz, um Zeit zu gewinnen, zunächst zu einer Quellensteuer bereit findet, daß diese von 2003 bis 2009 erhoben wird, daß die Bankenplätze Zürich und Genf zunächst keinen allzu großen Schaden nehmen, daß Brüssel aber in dem Bemühen nicht locker lassen wird, die Schweiz gleichzuschalten. Der Kampf um das Bankgeheimnis in Europa, und damit um die letzte und wichtigste Bastion der Privatsphäre, hat gerade erst begonnen.
      Zur begleitenden Lektüre empfiehlt sich Orwells Roman 1984. Orwells richtiger Name war übrigens Blair. So heißt auch der Mann, der in der EU den Informationsaustausch ins Rollen brachte, der einer der größten Manipulateure vor dem Herrn ist und mit seinem wölfischen Grinsen ein Sozialist moderner Art im Schafspelz des „dritten Wegs“ und der „neuen Mitte“.
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      schrieb am 26.11.02 22:50:25
      Beitrag Nr. 2 ()
      woher hast du das???
      Avatar
      schrieb am 26.11.02 22:56:19
      Beitrag Nr. 3 ()
      Meine Rede: Seit Bekanntwerden der Steuerpläne der roten Socken schreibe ich, dass es den Säcken weniger auf die Einnahmen ankommt, vielmehr geht es um die Erfassung sämtlicher Einkommens -und Vermögenswerte der Bürger. Eine Abgeltungssteuer wäre auch aus bürokratischer Sicht eine unkomplizierte Regelung und sie würde dem Staat das Geld relativ schnell zuführen, während der Weg über Steuererklärungen eine zeitliche Verschiebung mitsichbringt. Wenn die Haushaltslage so kritisch ist, schaue ich doch, dass die Gelder relativ schnell fließen.
      Dieses Thema wird leider auch in den Medien unterschätzt. Es stellt eine Zäsur dar, die vergleichbar mit einer Gen-Datei für alle Bürger ist. Eine derartige Datenfülle wird insbesondere die Sozialversicherungsträger interessieren, hier möchte man sich die Grundlagen und Begründungen für Kürzungen holen. Nach dem Motto: Wer spart ist selber schuld !
      danke für den report !


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