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    Rat Line - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 05.05.04 21:55:05 von
    neuester Beitrag 07.05.04 23:42:28 von
    Beiträge: 12
    ID: 856.094
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      schrieb am 05.05.04 21:55:05
      Beitrag Nr. 1 ()
      Rattenlinie

      Als "Rat Line", zu deutsch "Rattenlinie", bezeichneten die amerikanischen Alliierten den Fluchtweg vieler führender Nationalsozialisten, SS-Leute sowie von führenden Ustascha-Leuten, der sie meist über Südtirol nach Rom und von dort aus vor allem in südamerikanische, aber auch arabische Staaten führte. Der Fluchtweg war schon früh vom amerikanischen Geheimdienst CIC (Counter Intelligence Corps) entdeckt worden. Ab 1947 nutzte der CIC die Fluchtroute für eigene Zwecke, als es galt, die zahlreichen Spione aus dem russisch besetzten Teil Österreichs rasch und diskret außer Landes zu schaffen. Die Amerikaner nannten den wegen der aktiven Beteiligung des römisch-katholischen Klerus als "Klosterroute" bekannten Fluchtweg um in "Rat Line".

      Als Kopf der Fluchtorganisation gilt der kroatische Franziskaner-Geistliche Dr. Krunoslav Draganovic, Sekretär am kroatischen Studienkollegs San Girolamo degli Illirici in Rom und überzeugter Ustascha-Anhänger der ersten Stunde. Die flüchtigen Nazis gaben ihm den Namen "Goldener Priester". Das Netzwerk hatte der katholische Geistliche bereits ab 1943 vorbereitet, als er als Repräsentant des Kroatischen Roten Kreuzes nach Rom berufen wurde. Draganovic arbeitete nachweislich bis 1962 für den CIC, soll gleichzeitig aber auch für den britischen Geheimdienst, den KGB und möglicherweise sogar für den jugoslawischen Geheimdienst gearbeitet haben. Nach den Erkenntnissen des CIC war Krunoslav Draganovic maßgeblich in die Organisation der paramilitärischen Terrorgruppe "Krizari" involviert, die von 1945 bis 1947 Überfälle und Sabotageakte in Jugoslawien verübte.

      Der österreichische Bischof Alois Hudal, Rektor des Priesterkollegs "Collegio Teutonico", ist eine weitere zentrale Führungsfigur. Hudal war ein enger Vertrauter von Staatssekretär Eugenio Kardinal Pacelli, dem späteren Papst Pius XII., der ihn 1933 zum Bischof weihte. Hudal verfasste 1936 das Buch "Die Elemente des Nationalsozialismus", welches bei den Nürnberger Prozessen durch die Verteidigung von Papens als Dokument für die "objektive Würdigung der positiven sozialen Gedanken des Nationalsozialismus" vorgelegt wurde. Hudal und Draganovski besorgten den flüchtigen Nazis eine "Ausweiskarte" ("Carta di riconoscimento"), die das "Österreichische Bureau", ein Pseudo-Konsulat, ausstellte. Zusätzlich wurde eine quasi päpstliche Passhilfe installiert: päpstliche Hilfsstellen bezeugten die Identität und besorgten die Visa, das italienische Rote Kreuz beschaffte die Pässe. In manchen Fällen wurden die Kriegsverbrecher auch mit Papieren ausgestattet, die sie als Überlebende von Konzentrationslagern auswiesen. Angestellte der argentinischen Botschaft in Barcelona halfen in vielen Fällen bei der Beschaffung falscher Papiere und ließen sich diese Dienste gut honorieren, wie dem amerikanischen Geheimdienst bekannt wurde. Eva ("Evita") Perón hatte sich persönlich bei ihrer Rundreise durch Europa 1946 um die Organisation des Fluchtwegs nach Argentinien gekümmert. Auch Franco-Spanien war ein sicherer Hafen für Kriegsverbrecher. Bis zur Abreise wurde für Unterkunft, Taschengeld und Verpflegung gesorgt, und in vielen Fällen wurden die Nazi-Flüchtlinge mit Startkapital für ihre neue Existenz ausgestattet. Die Kosten für die Schiffsüberfahrt der "Flüchtlinge" übernahm in den meisten Fällen das Internationale Rote Kreuz.


      Eichmann 1950 auf der
      Überfahrt nach Argentinien

      Die Nutznießer dieser Seilschaften sind die "Crème" des nationalsozialistischen Vernichtungsapparats, wie z.B. der Architekt der Judenvernichtung, Adolf Eichmann (Tarnname "Ricardo Klement"), SS-Standartenführer Walter Rauff, der die Gaswagen bauen ließ, der Auschwitz-Arzt Josef Mengele, Franz Stangl, Kommandant der Vernichtungslager Sobibor und Treblinka sowie sein Vertreter Gustav Wagner. SS-Obersturmführer Friedrich Warzok, Leiter des Konzentrationslagers Lemberg-Janowka, flüchtete von Rom aus nach Kairo, ebenso Dr. Gerhard Bohne, Organisator der Nazi-Euthanasie. Hans-Ulrich Rudel, der höchstdekorierte Wehrmachtssoldat und Stuka-Flieger, schildert in seinem Buch "Viele Wege führen nach Rom", wie er 1948 mit seinem Gruppenkommandanten Herbert Bauer, seinem Bordschützen Ernst Niermann, dem Technischen Offizier Katschner und dem "Geschwaderkameraden" Zeltmann über die Alpen flüchtete und via Südtirol in Rom ankam. Klaus Barbie, der SS-Hauptsturmführer aus Lyon, konnte mit Hilfe der "Rattenlinie" 1951 nach Bolivien fliehen. Der CIC, der Barbie zum Kopf eines antikommunistischen Agentenringes machen wollte, hatte Draganovic um Fluchthilfe gebeten. In Bolivien angekommen, nahm er den Namen Klaus Altmann an und arbeitete für den Geheimdienst der bolivianischen Militärdiktatur. Barbie stand dem CIC bereits ab 1946 als Agent zur Verfügung, das seine Kenntnisse über die französischen Kommunisten nutzte. Wie aus US-Dokumenten hervorgeht, machte Barbie in dieser Zeit auch Aussagen als Zeuge für Prozesse gegen Kriegsverbrecher.

      Auch dem aus Brixen/Südtirol stammenden Josef Schwammberger, Kommandant des Ghettos in Przemysl und mehrerer Konzentrationslager, wird kirchliche Fluchthilfe zuteil. Nach seiner Flucht aus einem Internierungslager wird er von Bischof Hudal 1948 mit Pass und Geld ausgestattet und schifft sich im März 1949 in Genua Richtung Argentinien ein. Eduard Roschmann aus der Steiermark, früherer Kommandant des Ghetto von Riga, konnte 1947 bei der Überstellung nach Dachau fliehen und schiffte sich 1948 unter dem Namen "Federico Wegener" mit einem Pass des Roten Kreuzes in Genua Richtung Argentinien in. Dort gründete er eine Holz-Import-Exportfirma und ging als Bigamist eine zweite Ehe ein. 1968 erhielt er die argentinische Staatsbürgerschaft und entzog sich 1977 einem Haftbefehl aufgrund eines Auslieferungsersuchens der Staatsanwaltschaft Hamburg durch Flucht nach Paraguay.

      Ein anderer prominenter Nazi-Täter konnte über die "Rattenlinie" nach Argentinien entkommen, nachdem er 1946 plötzlich spurlos aus dem Internierungslager in Rimini verschwunden war: SS-Offizier Erich Priebke, der 1994 schließlich durch ein US-amerikanisches Fernsehteam im südargentinischen San Carlos de Bariloche aufgespürt und an Italien ausgeliefert wurde. Fritz Lantschner, Gauamtsleiter von Tirol, wurde in Bariloche Baumeister. Heinz-Christoph Nagel, als Oberstabsveterinär mit biologischer Kriegsführung befasst, erreicht ebenfalls Argentinien. Der SS-Obersturmführer und Diplomat Franz Rademacher entzog sich 1952 dem Haftantritt und reiste mit spanischem Pass nach Syrien. Der NS-Propagandist Johann von Leers ging zunächst nach Argentinien und arbeitete danach für Nassers Auslandspropagandadienst in Kairo. Ebenfalls nach Kairo konnte SS-Obersturmbannführer Joachim Deumling fliehen, nachdem er sich bis 1954 unter falschem Namen versteckt hat. Er half wie viele andere flüchtige NS-Verantwortliche beim Aufbau des ägyptischen Geheimdienstes mit. SS-Gruppenführer Otto Freiherr von Wächter, 1931 Gauamtsleiter von Wien, 1942 Führer beim Stab des SS-Oberabschnitts Ost und 1944 Militärverwaltungschef in Italien, kann sich unter falschem Namen in Rom verstecken und verstirbt am 10.9.1949 "in den Armen" von Bischof Hudal. Der Abwehrspezialist und persönliche Mitarbeiter von Reichsaußenminister Ribbentrop, Reinhard Spitzy, fand in spanischen Klöstern Unterschlupf und konnte 1948 nach Argentinien fliehen, wo er bis zu seiner Rückkehr nach Österreich 1958 als Farmer lebte. NSDAP-Gauleiter Hartmann Lauterbach, 1909 in Reutte/Tirol geboren, konnte 1948 aus dem Internierungslager Sandbostel fliehen und wurde 1950 in Rom wegen Fluchthilfe interniert. Dennoch gelang ihm im gleichen Jahr die Flucht nach Argentinien. Ab 1956 war er in München gemeldet, von 1977-1979 arbeitete er als Berater im Jugendministerium des Sultanats Oman.

      Mit Hilfe von Draganovic konnte fast die gesamte Führungsriege des kroatischen Vasallenstaates entkommen. Unter ihnen waren zahlreiche katholische Geistliche des Franziskaner-Ordens, die sich selbst an grausamen Verbrechen beteiligt hatten. Beliebtester Zielort war auch hier Argentinien, wo die Kriegsverbrecher von Diktator Juan Perón mit offenen Armen empfangen wurden. Der "Poglavnik" (Führer) Ante Pavelic gründete unmittelbar nach seiner Ankunft in Buenos Aires eine Nachfolgeorganisation der Ustascha und rief eine Exilregierung aus, deren Gründungsstatuten von zwölf ehemaligen Ministern unterzeichnet wurden. Über die "Rattenlinie" floh auch Dinko Sakic, der letzte Kommandant des Konzentrationslagers Jasenovac, nach Argentinien.

      Neben diesen führenden Figuren des nationalsozialistischen Vernichtungsapparats kamen auch französische Kollaborateure des Vichy-Regimes, Rexisten aus Belgien, sowie Soldaten der Wlassow-Armee und Mitglieder und Hilfswillige östlicher SS-Divisionen, insbesondere Ukrainer, in den Genuss der Fluchthilfe. Auch der fanatische Mussolini-Anhänger und Nazi-Kollaborateur Licio Gelli fand seinen Weg auf der "Rattenlinie" nach Argentinien, wo er dem Diktator Juan Perón als Wirtschaftsberater diente, später nach Italien zurückkehrte und die Untergrundorganisation Propaganda Due (P2) aufbaute. Rudel wurde Peróns Militärberater. Er dankte später der Kirche dafür, dass sie "die Besten unserer Nation" gerettet habe und "das rasende Verlangen der wahnwitzigen Sieger nach Rache und Vergeltung wirksam vereitelt" werden konnte. Krunoslav Draganovic nahm für sich in Anspruch, "zwischen 1943 und 1945 mehr als 10.000 Jugoslawen aus italienischen Internierungslagern befreit" zu haben.

      Wie die argentinische Historikerkommission CEANA 1999 in ihrem Abschlussbericht feststellte, kamen 180 namhafte Nazis über die "Rattenlinie" nach Argentinien, die meisten davon aus Kroatien. Dies war zumindest aufgrund vorhandener Akten zu rekonstruieren. Allerdings dürfte dies nur die Spitze des Eisbergs sein. Denn Uki Goñi ermittelte bei den Recherchen zu seinem Buch "The Real Odessa" fast 300 Namen von Kriegsverbrechern, die Argentinien erreichten. Die wahre Identität der mit falschen Pässen nach Argentinien und anderswo eingereisten Naziverbrecher wird vermutlich nicht mehr geklärt werden können. Denn ein großer Teil der Akten, die im Einwanderungsbüro in Buenos Aires archiviert waren, wurden 1955 vernichtet. Wie Uki Goñi außerdem herausfand, wurden 1996 die weiteren noch verbliebenen Akten vernichtet. Auch sind noch nicht alle amerikanischen Akten nach dem "Freedom of Information Act" (FOIA) freigegeben und viele der öffentlich zugänglichen Akten enthalten umfangreiche Schwärzungen. Näheres wird wohl erst bekannt werden, sobald die amerikanischen Akten vollständig freigegeben sind. Denn schließlich standen nicht wenige der gesuchten Haupttäter im Sold des CIC, später des CIA, und arbeiteten in vielen Fällen auch als Informanten für die "Organisation Gehlen", dem Vorläufer des Bundesnachrichtendienstes. Äußerst aufschlussreich ist allerdings ein Brief von Bischof Hudal an den argentinischen Präsidenten Juan Perón vom 31. August 1948, in dem er um 5000 Visa für deutsche und österreichische "Soldaten" bittet. Bei den Personen handle es sich nicht um Flüchtlinge, schreibt Hudal, sondern um "antikommunistische Kämpfer".

      MC/cb


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      Quellen:
      Uki Goñi: The Real Odessa. How Perón brought the Nazi war criminals to Argentina. Granta Books, London, 2002
      Ernst Klee: Persilscheine und falsche Pässe, S.25 ff, 29, 32ff
      Ernst Klee: Was sie taten - was sie wurden, S. 229 f.
      Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Frankfurt, 2003
      Auf den Spuren der Kriegsverbrecher, Argentinisches Tageblatt, 2.10.99
      The Pavelic Papers
      Spiegel-Serie "Der Vatikan und die Nazis", 2001
      Dieter Schenk, Die braunen Wurzeln des BKA, Frankfurt, 2003
      Hermann Weiß (Hrsg.): Biographisches Lexikon zum Dritten Reich, Frankfurt/Main, 2002
      Robert Wolfe: Analysis of the Investigative Records Repository (IRR) File of Klaus Barbie, NARA, 19.1.01
      History of the Italian Rat Line, US Army Dokument Hq 430th CIC Opns, 10.4.1950
      Avatar
      schrieb am 06.05.04 15:58:35
      Beitrag Nr. 2 ()
      Beispiel Alois Brunner,er wurde via vatikanische Rattenlinie in den Nahen Osten geschleust.

      Ich bin am 8. 4. 1912 in Rohrbrunn (Burgenland) als viertes von sieben Kindern des Bauern Brunner Josef geboren. Besuchte von 1918 - 25 die Volksschule, von 1925 - 27 absolvierte ich drei Klassen Bürgerschule in Fürstenfeld und trat beim Kaufmann Loidl (Fürstenfeld) in die Lehre ein. Im Mai 1931 wurde ich, 19 Jahre alt, in die illegale NSDAP aufgenommen."
      Das Rassehauptamt SS befürwortet im November 1938 Brunners Eheschließung mit einem arischen Mädchen in Wien. Wohlwollend wird vermerkt, dass der oben zitierte Rassebogen " ausführlich, eigenhändig und mit Tinte geschrieben" ist. Bis dahin hat Alois Brunner das Schicksal vieler Jungnazis geteilt. Er wird in den frühen dreißiger Jahren Ortsgruppenkassier, tritt der SA bei und verliert seine Arbeit, als er gegen den Pfarrer, der gegen die Nazis wettert, während der Messe das Wort ergreift. Er zieht daraufhin nach Graz und besucht eine private Kriminalschule - ein getarntes Trainingscamp für braune Schläger. Da aber unterläuft dem jungen Idealisten eine Panne: Am 1. März 1933, einen Monat nach der Machtergreifung Hitlers, wird er aus der NSDAP ausgeschlossen - die Mitgliedsbeiträge, monatlich einen Schilling und 80 Groschen, stehen aus. Als das Malheur ruchbar wird, ist Brunner gerade als Mitglied der Österreichischen Legion in Deutschland, wo er unter anderem mit Eichmann und dem Vater Jörg Haiders in den Lagern der SA militärischen Schliff erhält. Immer wieder bittet Brunner um Wiederaufnahme in die Partei, doch erst nach einem langwierigen Verfahren wird sie ihm gewährt.
      Gesellenstück in Berlin
      Dann aber, im August 1938 kommt Adolf Eichmann nach Wien und zieht in das " arisierte" Rothschild-Palais in der Wiener Prinz-Eugen-Straße. Die " verjudetste" Stadt des Reiches, so Heydrich, wird - im Sinne des Kraus`schen Wortes - zur Versuchsstation des Weltuntergangs: Zehntausende Menschen - gejagt, in Lager gepfercht, geschlagen, entwürdigt und schließlich deportiert. Auf der Suche nach willfährigen Helfern erinnert sich Eichmann an Alois Brunner, den er einst im SA-Trainingslager kennen und schätzen gelernt hatte, und holt ihn als persönlichen Sekretär nach Wien. Bald ist er so zufrieden mit dessen Arbeit, dass er ihm 1939 de facto und 1941 offiziell die Leitung der Zentralstelle anvertraut. Aus einem jungen Mann am Rande der Gesellschaft wird der Liquidator einer ganzen Kultur, der Jahrhunderte lang gewachsenen Kultur des jüdischen Wien.
      Ab 20. Oktober 1939 gehen vom Anspanger Bahnhof wöchentlich zwei Züge mit je rund 1.000 Inhaftierten nach dem Osten. Brunners Taktik ist immer dieselbe: Er gaukelt den Erniedrigten und Hoffnungslosen vor, sie würden nach Polen geschickt, um dort zu arbeiten. Diesem Zweck dient der Zwangsumtausch von polnischen Zloty, die Juden sollen glauben, in Polen eine neue Existenz aufbauen zu können.
      Brunner tut sich besonders bei der Lösung von " Zweifelsfällen" hervor. Alle werden von ihm deportiert; auch Alter, Krankheit, unklare Beweislage oder diplomatische Verwicklungen schrecken ihn nicht. Bei all dem ist Brunner nicht nur Schreibtischtäter, gern legt er selbst Hand an, wenn es darum geht, Namen und Verstecke aus den verängstigten Opfern herauszuprügeln oder Standhafte zu ermorden. Einer der Zweifelsfälle ist der gefeierte Operettentenor Louis Treumann. Hitler liebt Operetten, besonders Lehárs Lustige Witwe - er freut sich über die persönliche Widmung, die ihm der Komponist in einer Taschenpartitur zukommen lässt. Auf dem Titelbild prangt Louis Treumann als Danilo. Brunner lässt den Sänger verhaften und ins Sammellager Sperlgasse einliefern, als einen von 40.000, die durch diese Vorhölle gehen. Am Abend spricht der Schauspieler Theo Lingen bei Brunner vor und ersucht diesen, den kranken Treumann freizulassen, was Brunner auch zusagt. Tatsächlich wird Treumann enthaftet - aber nur für wenige Stunden. Kaum ist Lingen gegangen, wird der Unglückliche erneut festgenommen. Die vorgesehene Judenanzahl des nächsten Transports soll exakt eingehalten werden, der schwerkranke Treumann geht in Theresienstadt elend zugrunde.
      Noch 1938 bezieht SS-Obersturmbannführer Brunner, der eine arische Schreibstubenhilfe geheiratet hat, eine beschlagnahmte Villa in Döbling. Der systematische Raub von Wohnungen, Möbeln und Kunstwerken begleitet sein Wirken von Anfang bis zum Ende. Binnen dreier Jahre hat der Bauernbub aus dem Burgenland seine Arbeit in Wien vollendet, am 9. Oktober 1942 verlässt der letzte Deportationszug die Stadt, darin 800 Kranke, Alte und Kinder. Wien, das vor dem Einmarsch 180.000 jüdische Bürger zählte, ist " judenfrei" .
      Umgehend wird Brunner von Eichmann nach Berlin beordert. Das Unglaubliche ist eingetreten: Eichmann hat Schwierigkeiten, die Aushebung der Berliner Juden voranzutreiben, Brunner muss helfend einspringen. Im Herbst 1942 liefert Brunner innerhalb weniger Wochen sein Gesellenstück; Häuserblock um Häuserblock wird durchkämmt, zwei Schreibkräfte müssen Tag und Nacht Dienst verrichten, um die Registratur der Juden vorzunehmen. Ende Januar 1943 verlässt Brunner die Stadt wieder. Stolz kann Eichmann den " Abgang" von 56.000 Berliner Juden vermelden.
      " Frankreich-Feldzug" - 23.000 Deportierte
      Der nächste Einsatz führt Brunner nach Saloniki - der Kommune mit der größten sephardischen Gemeinde Europas, rund 50.000 Menschen. Im Februar 1943 trifft er ein, im März sind die logistischen Vorbereitungen für die Deportationen beendet, die ersten Züge rollen in die Vernichtungslager. Wieder wendet Brunner seinen bewährten Trick an, er zwingt seine Opfer, Zloty umzutauschen, so dass die Verschickten allen Gerüchten zum Trotz sich daran klammern, das Leben werde weitergehen. Und wiederum entscheidet er im Zweifelsfall für die Deportation. Jede Nacht nimmt er persönlich an der Menschenjagd teil, wie besessen geht er jedem Hinweis auf Verstecke nach, einzig das Organisieren von geraubten Möbeln und Kunstwerken für seine Familie und Mitarbeiter vermag ihn kurzfristig von der Menschenhatz abzubringen. Selbst vor Juden italienischer, spanischer oder anderer Nationalität macht er nicht halt, auch sie werden ungeachtet diplomatischer Komplikationen deportiert.
      Nach dem Sturz Mussolinis und der Besetzung Südfrankreichs kann Brunner mit seinem Kommando auch dort auf Jagd gehen. Im September " arbeitet" er in Lyon und Marseille, danach in Nizza und Grenoble. Immer mehr Kinder füllen die Transporte - Brunner wird schließlich 11.000 französische Kinder auf dem Gewissen haben. Unter seinen Opfern befindet sich auch Serge Klarsfelds Vater; Brunners Angebot, in der " Judenpolizei" für die Aushebung von Schicksalsgenossen zu arbeiten, wird von diesem ausgeschlagen - er endet in Auschwitz. Aber hinter einer zweiten Wand in Klarsfelds Wohnung überleben der kleine Serge und seine Schwester. (Ihrem Einsatz und der unermüdlichen Arbeit einiger weniger anderer Überlebender ist es heute zu danken, dass die " Akte Brunner" noch offen ist.)
      Am 17. August 1944 räumen die Deutschen Paris. Drei Eisenbahnwaggons lässt Brunner mit Beutestücken füllen und setzt sich nach Berlin ab. Die Bilanz seines " Frankreichfeldzugs" : 23.500 Deportierte, von denen nicht einmal ein Prozent überlebt. Eichmann schickt Brunner daraufhin nach Bratislava, wo die Deportationen, die unter dem antisemitischen Regierungschef Tiso gut anliefen, seit einiger Zeit jedoch stocken. Geschickt nutzt Eichmann hier die seit Jahren bestehende Konkurrenz Brunners zu seinem SS-Kollegen Wisliceny aus, der in Ungarn als Judenjäger erfolgreich war, in der Slowakei aber trotz eifriger Mitarbeit der antisemitischen Bevölkerung hinter den Möglichkeiten zurückbleibt. Brunner brennt darauf, Wislicenys Rekord zu übertreffen. Bis das Deutsche Reich längst an allen Fronten zusammenbricht, fahren die Deportationszüge - zwei Drittel der slowakischen Juden, rund 55.000 Menschen, werden abtransportiert.
      Nach der Kapitulation Deutschlands nennt sich Brunner " Alois Schmaldienst" und arbeitet als Fahrer für die Amerikaner in München und Österreich. Zweimal wird er in Österreich verhaftet, kommt aber jeweils nach kurzer Zeit wieder frei. Als sein ehemaliger Mitarbeiter Anton Brunner im Mai 1946 in Wien angeklagt und nach kurzer Verhandlung, die unbeschreibliche Grausamkeiten zu Tage bringt, hingerichtet wird, halten die Behörden den Fall für abgeschlossen.
      Rattenlinie in den Nahen Osten
      1947 setzt sich Alois Brunner ins Ruhrgebiet ab, wo er als Bergmann arbeitet, geht dann aber als Kellner nach Essen. Seine Hoffnung, im Umkreis von einstigen Nazi-Größen in der FDP unterzukommen, zerschlagen sich. Also ändert er seinen Namen erneut und reist nach Rom, wo der österreichische Bischof Alois Hudal die Flucht von Naziverbrechern nach Südamerika oder in den Nahen Osten organisiert.
      Einer, der zu dieser Zeit ebenfalls bemüht ist, Kriegsverbrechern neue Betätigungsfelder zu eröffnen, ist der Großmufti von Jerusalem, Amin el-Husseini. Zusammen mit Eichmann hatte Husseini Auschwitz besucht das Kriegsende in Deutschland erlebt. 1946 taucht er in Kairo wieder auf und verhilft vielen untergetauchten Nazis zur Flucht. Die Feinde seiner Feinde sind seine Freunde. Manche der solcherart Untergetauchten konvertieren zum Islam, was den Vorteil eines arabischen Namens mit sich bringt. Wie im Falle von " Amin ben Omar" , der in leitender Funktion im ägyptischen Informationsministerium arbeitet, vormals Johannes van Leers hieß und enger Goebbels-Mitarbeiter war. Oder wie bei " Ali Mohammed" , Brunners Name in dieser Zeit. Andere arbeiten unter ihrem richtigen Namen weiter, so der berüchtigte Buchenwalder KZ-Arzt Hans Eisele oder dessen Kollege Heribert Heim, Lagerarzt in Mauthausen, der sich bei der ägyptischen Polizei verdingt.
      Nach einiger Zeit reicht Husseini Brunner nach Damaskus weiter, wo seine Familie bereits einen anderen österreichischen Kriegsverbrecher untergebracht hat: Franz Stangl, den ehemaligen Kommandanten von Treblinka. Rasch lebt Brunner sich in der neuen Umgebung ein, er betätigt sich im Exportgeschäft, eine Tarnung für den Handel mit Waffen, der in diesen Jahren floriert. Brunners Firmen versorgen beispielsweise die algerische FLN mit Waffen aus der DDR. Gleichzeitig etabliert sich Brunner als Vertreter der Dortmunder Aktienbrauerei in Damaskus und importiert Sauerkraut und schwarzes Brot nach Syrien, was ihm in der deutschen Kolonie zu Ansehen verhilft. Er ist stets doppelt abgesichert. Neben Husseini hält auch die CIA ihre schützende Hand über ihn, tritt aber nicht selber in Erscheinung, sondern bedient sich der Organisation Gehlen, die auf lange bestehende Kontakte in den arabischen Raum zurückgreifen kann - bereits 1938 war Eichmann in Palästina und Ägypten auf einer Erkundungsmission unterwegs.
      Als Gamal Abd el-Nasser 1954 in Ägypten an die Macht kommt, ersucht er die Amerikaner um Hilfe beim Aufbau der Sicherheitsbehörden. Gern nimmt Ägypten den Rat deutscher Fachkräfte in Anspruch. Unter den Helfern befindet sich auch Alois Brunner, der in einem regen Pendelverkehr im Nahen Osten unterwegs ist. Anfang der sechziger Jahre stellt Brunner dann sein Folterwissen der syrischen Geheimpolizei zur Verfügung. Unter seiner Anleitung lernen viele Geheimdienstoffiziere sogar Deutsch, allerdings mit österreichischem Akzent.
      Dr. Georg Fischer in Damaskus
      Nach der Festnahme Eichmanns plant Brunner dessen Befreiung aus dem Gefängnis in Haifa. Beabsichtigt ist, Eichmann im Austausch gegen Nahum Goldmann, den Vorsitzenden des Jüdischen Weltkongresses, freizupressen, der während eines Kongresses in Wien von Otto Skorzeny, dem Mussolini-Befreier, entführt werden soll. Nur durch einen Zufall scheitert der Plan. Obwohl Brunner vom syrischen Geheimdienst gut abgeschirmt wird, gelingt es dem Mossad, einen Agenten in Brunners Nähe zu platzieren. Unglücklicherweise wird der Mann aber enttarnt und 1965 in Damaskus öffentlich hingerichtet. Die Urheberschaft für eine Briefbombe, die Brunner vier Finger wegreißt und seine Augen verletzt, wird vom Mossad geleugnet.
      1985 gibt Brunner der Bunten ein Interview, in dem er aus seinem Leben erzählt. Er bereue nichts. Juden seien für ihn " Dreckszeug" , das vernichtet gehört. Das Interview strotzt derart vor antisemitischen Ausfällen, dass die Bunte nur eine zensierte Fassung veröffentlicht. In den siebziger Jahren wird Syrien von der österreichischen Außenpolitik hofiert, kleinlaut vorgetragene Erkundigungen nach Brunner werden von den Behörden abgetan, der Gesuchte sei nicht in Syrien. In Wirklichkeit lebt " Dr. Georg Fischer" unangefochten in Damaskus. Er lebt so geheim, dass es ohne weiteres möglich ist, ihn telefonisch - auch aus dem Ausland - zu erreichen.
      1993 ist der letzte Kontakt zu Brunner überliefert. Er wird von Touristen in einem Café erkannt, stellt sich mit seinem alten Namen vor und plaudert angeregt. Danach trollt er sich mit seinem Schäferhund und fährt in sein neues Domizil - ein Gästehaus Assads in den Bergen nahe Damaskus. Er sei mit seinem Leben zufrieden und würde, bestünde die Möglichkeit, alles noch einmal so machen, sagte Brunner im Interview mit der Bunten. Nur eines ärgert ihn: Dass noch immer Juden in Europa leben.
      Avatar
      schrieb am 06.05.04 20:21:55
      Beitrag Nr. 3 ()
      Schreib mal einen Artikel über die schmierigen Methoden des Weltuntergangunternehmens Watchtower alias Zeugen Jehovas.
      Avatar
      schrieb am 06.05.04 21:19:53
      Beitrag Nr. 4 ()
      @ # 3 Groupier:

      Eddy kann nicht schreiben, er kann nur
      "Kopieren" und "Einfügen".

      :laugh: :laugh: :laugh:
      Avatar
      schrieb am 06.05.04 21:42:22
      Beitrag Nr. 5 ()
      Hab den Scheiß zwar nichtmal überflogen,aber wahrscheinlich sind die Moslems schuld....:laugh: :laugh: :laugh:

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      schrieb am 06.05.04 21:51:47
      Beitrag Nr. 6 ()
      der eine kann nicht schreiben, der andere kann nicht lesen.

      Das ist das Internet. Alle verstehen alles, keiner versteht niemanden.
      Avatar
      schrieb am 06.05.04 21:59:11
      Beitrag Nr. 7 ()
      #1,

      Damascus ist ja nicht so weit von Israel entfernt. Warum kümmert sich denn der Mossad nicht drum?
      Avatar
      schrieb am 06.05.04 23:05:56
      Beitrag Nr. 8 ()
      Doch, seine Hochwürden Eddy_M. kann schreiben, er forderte einst meinen Ausschluss bei W-O.


      #1 wurde bereits vor längerer Zeit von der W-O-seeligen antigone gepostet.
      Avatar
      schrieb am 07.05.04 17:48:44
      Beitrag Nr. 9 ()
      #3

      Groupie,dein Einwand ist zwar berechtigt.

      Jedoch:
      Die Wachturmgesellschaft würde ich im Vergleich zu Rom eher als unpolitisch bezeichnen - trotzdem sehr gefählich.

      Falls Bedarf besteht bin ich aber zur Stelle.:)



      #8

      Moment mal,ich forderte damals den Ausschluss von Principessa alias Eviva,als sie mir einen Link der Psychosekte "Universelles Leben" unterjubeln wollte.
      Du erinnerst dich noch,Eviva? ;)
      Da versteh ich keinen Spass. Capito.
      Avatar
      schrieb am 07.05.04 17:59:02
      Beitrag Nr. 10 ()
      #4

      oh je,da ist ja noch der Marienanbeter namibiamichel.

      Zur Erinnerung:

      Thread: Einige Irrlehren der katholischen Kirche
      Avatar
      schrieb am 07.05.04 19:21:50
      Beitrag Nr. 11 ()
      #9,

      Die angegebene Seite des damaligen Links beschrieb detailliert, daß die Hetze gegen jüdisch-gläubige Menschen von der Lutherischen Kirche ausging.

      Nichts anderes wollte ich in den Raum stellen.

      Darum ging es.


      Niemals würde ich jemandem eine Sekte unterjubeln wollen !


      Eviva.
      Avatar
      schrieb am 07.05.04 23:42:28
      Beitrag Nr. 12 ()
      Eviva,der damalige Linke stammte aber tatsächlich von der Sekte "Universelles Leben".

      Sie ziehen sich partiell ein Mäntelchen der Wahrheit über,damit sie einige,vielleicht sogar viele auf ihre Abwege bringen.Das macht die Sache so gefährlich.

      Aber keine Sorge,über diesen Link sind schon "andere" gestolpert.
      Diese Angelegenheit zwischen uns betrachte ich hiermit als ad´acta gelegt.Compris?:)

      Dazu mein Sräd :EROBERT EINE SEKTE DEN BIOMARKT
      Thread: EROBERT EINE SEKTE DEN BIOMARKT?


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