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    Aus einen anderen Forum: 1930 = 2005? - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 30.06.04 00:19:59 von
    neuester Beitrag 01.07.04 23:30:34 von
    Beiträge: 33
    ID: 875.294
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      schrieb am 30.06.04 00:19:59
      Beitrag Nr. 1 ()
      Datum: 06-29-04 00:28

      Szenario:
      Deutschland hat knapp zwei Millionen Arbeitslose,leere öffentlichen Kassen,Staatsschulden türmen sich auf,stagnierendes Wachstum, spärlicher als erhofft fließende Steuern.Die Regierung steht unter dem Druck der Industrie,deren Spitzenverband in einem Grundsatzpapier feststellt:"Für den jetzigen höchst bedenklichen Zustand sind ...die verfehlten Maßnahmen der Wirtschafts- und Finanzpolitik verantwortlich...Die Wiederherstellung der Rentabilität in den Betrieben und die Eigenkapitalbildung in den Unternehmungen sind entscheidend für die Wiederbelebung...der deutschen Wirtschaft."

      Die Industrie fordert zur Erreichung dieses Ziels vom Staat vor allem die Senkung der Sozialabgaben.Die Grundlagen der Sozialversicherung sollen natürlich erhalten bleiben, aber alle Leistungen sollen sich künftig den "Grenzen wirtschaftlicher Tragfähigkeit" anpassen und "nur den wirklich Bedürftigen zukommen".Ausserdem fordert die Industrie staatliche Maßnahmen zur Senkung der Tariflöhne, die Lockerung der Tarifbindung,die Privatisierung von Staatsbetrieben und den vollständigen Rückzug des Staates aus der Wirtschaft,eine Reform der Krankenversicherung,die generelle Senkung der Steuern und eine Politik der ausgeglichenen öffentlichen Haushalte.Nur eine allgemeine,umfassende Kostensenkung werde die Konjunktur wieder in Schwung bringen.

      Bekannt ist wie es weitergeht.Vier Monate nach Erhalt dieser Denkschrift wird Ende März 1930 Heinrich Brüning von der katholischen Zentrumspartei Reichskanzler und beginnt,mit Hilfe von Notverordnungen den Forderungskatalog des Reichsverbands der Deutschen Industrie (RDI) Punkt für Punkt abzuarbeiten.Als erstes wird der Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung auf 4,5 Prozent angehoben und eine Zwangsgebühr für Krankenscheine sowie eine Beteiligung an den Arzneimittelkosten eingeführt.Dann wird die "Krisenfürsorgeunterstützung" (Arbeitslosenhilfe) gesenkt und ihre Bezugsdauer verkürzt.Und nachdem der RDI abermals niedrigere Lohnkosten angemahnt hat - als "wichtigste Voraussetzung...der Wiedereinführung der Arbeitslosen in die Produktion" -,senkt die Reichsregierung per staatlich erzwungenem Schiedsspruch die Löhne in der Berliner Metallindustrie um insgesamt acht Prozent.Im Dezember 1930 werden die Gehälter und Pensionen der Beamten um sechs Prozent gekürzt,Grund- und Gewerbesteuern werden gesenkt,die Bier- und Tabaksteuer erhöht.Die Zahl der Arbeitslosen steigt auf vier Millionen.

      Die Regierung Brüning beantwortet den Anstieg,toleriert von der SPD-Fraktion im Reichstag,mit erhöhtem Druck auf Arbeitslose wie Erwerbstätige.Mit der Notverordnung "zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen" werden bei der Arbeitslosenunterstützung zehn Prozent gestrichen,die Löhne,Gehälter und Renten der Arbeiter und Angestellten im öffentlichen Dienst um bis zu acht Prozent gekürzt.

      Der Zusammenbruch des Nordwolle-Konzerns,der zu Problemen bei zwei Großbanken und in der Folge zu einer allgemeinen Geldkrise führt,veranlaßt den RDI, eine sofortige Senkung der Steuerlast um zwei Milliarden Reichsmark anzumahnen.

      Diesem Verlangen kommt Brüning nicht nach,weil er eine andere Forderung des RDI,die nach Ausgleich des Staatshaushalts,erfüllen will,weil nur eine "solide" Haushaltspolitik die Kreditwürdigkeit deutscher Unternehmen auf den internationalen Finanzmärkten heben könne.Aber an Kapital aus dem Ausland ist derzeit kaum zu gelangen, weil das Platzen der Spekulationsblase beim Börsencrash im vergangenen Oktober allein in den USA 50 Milliarden Dollar vernichtet hat. Und weil die sich seither weltweit ausbreitende Rezession alle Industriestaaten veranlaßt,ihre Staatsausgaben einzuschränken und sich "gesundzuschrumpfen".Brüning warnt im Kabinett lediglich vor Übertreibung,setzt aber wie der RDI auf die durch Schrumpfen zu weckenden Selbstheilungskräfte des Marktes.

      Im April 1931 mahnt der RDI,dessen Geschäftsführer Ludwig Kastl das Kabinett Brüning bei allen Notverordnungen berät,in einem Memorandum weitere Lohnkürzungen an.Die Verschärfung der Lage zeige,"daß die Senkung der Gestehungskosten bisher noch nicht in dem Ausmaß und dem Tempo durchgeführt worden ist,wie es die Wirtschaftslage erfordert hätte".Deshalb könnten "nur ganz einschneidende und schnell durchgeführte Maßnahmen die weitere Abwärtsbewegung aufhalten und die Grundlage für eine Erholung schaffen".

      Die Maßnahmen kommen,die Erholung nicht.Noch unter Brüning,der Ende Mai 1932 seinem Parteikollegen Franz von Papen weichen muß,sinken die Löhne und Gehälter im Vergleich zu 1928 um rund 15 Prozent,zusätzlich geschmälert um erhöhte Sozialversicherungsbeiträge und eine "Krisensteuer".Ende 1932 fehlen mehr als 25 Prozent in der Lohntüte.Noch härter trifft es die Arbeitslosen, deren offizielle Zahl Ende 1932 bei sechs Millionen liegt, von denen aber nur rund zwei Millionen Arbeitslosen- oder Krisenunterstützung beziehen,der große Rest muß von der Wohlfahrt leben oder hat gar nichts.Die Bezugsdauer der Unterstützung ist längst von 26 auf sechs Wochen verkürzt, der Zugang durch Bedürftigkeitsprüfungen erschwert.Der Unterstützungsaufwand für einen Arbeitslosen ist von knapp 80 Mark im Monat (1929) auf 43,50 Mark (1932) gekappt.

      Gegen Ende der Weimarer Republik ist jeder dritte arbeitslos,jeder fünfte muß kurzarbeiten.

      Aber die,denen die Zerschlagung des Sozial- und Tarifsystems ein Herzensanliegen war,haben keine Freude an der Verwirklichung ihrer Empfehlungen.Mangels kaufkräftiger Nachfrage schrumpft die Industrieproduktion in Deutschland zwischen 1929 und 1932 um 42 Prozent, die Auslastung der Produktionskapazitäten sinkt auf 35 Prozent,die Gewinne brechen weg.Im Präsidium des RDI wird nun der dramatische Verfall der Großhandelspreise beklagt,die um ein Drittel abstürzen.Ernst von Borsig, Arbeitgeber-Präsident, der gerade noch die Beseitigung der Arbeitslosenversicherung und deren Ersetzung durch die "primitivste Form einer allgemeinen Erwerbslosenfürsorge" gefordert hatte,muß jetzt für seine Dampfmaschinenfabrik bei der Regierung um einen Kredit von drei Millionen Reichsmark betteln gehen.Und am wenigsten gut beraten ist wohl Paul Silverberg,RDI-Vizepräsident und Braunkohlenindustrieller,der 1932 seinen Verein zu einem Bündnis mit der NSDAP drängt und gleich nach der Machtübergabe an die Nazis von diesen als Jude aus dem Amt geworfen wird.
      Berlin ist nicht Weimar.

      Und doch ist die Unfähigkeit der herrschenden Klasse, die eigenen Interessen auch nur zu erkennen,geschweige denn wahrzunehmen,heute ähnlich groß wie damals.Als der RDI 1929 sein Grundsatzpapier vorbereitete,stritt man sich über alle zu fordernden Maßnahmen - nur nicht über den Abbau des Sozialstaats.Die einen wollten den Primat der Gewerbefreiheit festschreiben,die anderen ihre Kartelle vom Staat garantiert sehen;die Kreditzinsen sollten sinken,aber die Zinsen auf Einlagen nicht;die Kaufkraft sollte durch Preissenkungen erhöht werden,aber bitte nicht bei unseren Preisen;die staatliche Arbeitsbeschaffung sollte angekurbelt werden,aber nicht in Konkurrenz zur Privatwirtschaft und ohne Subventionen; die Löcher im Haushalt würden wohl Steuererhöhungen nötig machen, also bei Tabak und Alkohol.Aber dann trete sie aus dem RDI aus, sagte die Sparte Nahrung und Genuß.Und so blieb das Papier fürs Kabinett in diesem Punkt hübsch unverbindlich.

      Wohlgemerkt,wir reden hier vom Spitzengremium der deutschen Wirtschaft, den Sachwaltern der Marktwirtschaft,deren Mehrheitsbeschlüsse ganz reale Politik organisieren.Der Historiker Michael Grübler, der die Protokolle des RDI aus dieser Zeit durchgearbeitet hat (Grübler: Die Spitzenverbände der Wirtschaft und das erste Kabinett Brüning, Düsseldorf 1982),registrierte verblüfft,"daß die konkreten Forderungen nicht nach den zuvor aufgestellten Grundsätzen erhoben werden,sondern rein nach dem jeweiligen wirtschaftlichen Interesse".Für Brüning und seine Minister sind diese Partikularwünsche Handlungsanweisungen.Und sie sind es geblieben.

      In der Marktwirtschaft entsteht das Einkommen des Unternehmers erst am Schluß,wenn alle Kosten bezahlt und alle Produkte verkauft sind.Wenn keiner Geld hat zu kaufen, sind zwar die Kosten schön niedrig, aber noch niedriger ist der Gewinn.Dieses einfache Paradoxon wurde 1929 der Habgier und dem Geiz geopfert.Und wird es heute wieder.Wenn Horst Seehofer,dieser überzeugendste aller "Sozialdemokraten",in der Talkshow stolz berichtet,sein Vater, der einfache Arbeiter,habe immer gesagt:Wenn es meinem Betrieb gutgeht, dann geht es auch mir gut,Rauscht Beifall auf. Denn dann hat er soeben das Credo aller Neoliberalen formuliert.Dabei übersehen die, die da klatschen, daß das genaue Gegenteil richtig ist:Nur wenn`s dem einfachen Arbeiter gutgeht,klappt es auch mit dem Betrieb.

      Begriffen hatten das die Amerikaner,die von der Depression mindestens so gebeutelt worden waren wie die Deutschen.Sie verabschiedeten ab 1933 eine Reihe von Gesetzen,die allesamt die Kaufkraft und das Vertrauen der Massen heben sollten - staatliche Arbeitsbeschaffung,gesetzliche Mindestlöhne, Einführung von Rente und Krankenversicherung,staatliche Garantie der Spareinlagen.

      Heute sitzen sie wieder am Tisch und schreien: alles meins!Und ihre Angestellten von Rot-Grün sehen das als Handlungsanweisung.
      Avatar
      schrieb am 30.06.04 01:06:06
      Beitrag Nr. 2 ()
      :)
      Avatar
      schrieb am 30.06.04 02:13:01
      Beitrag Nr. 3 ()
      Hallo aekschonaer,


      wir haben nur ein Innovation und Motivation Problem!

      Nehmen wir doch mal die Verteilung der Arbeit. Sollte nicht jeder soll lange arbeiten könne wie er es für richtig hält und wer weniger Arbeit verdient halt weniger. Das dumme gerede von der 35, 40 oder gar 45 Stundenwoche halte ich für völlig daneben. Die eine wollen garnicht solange versklavt werden und die anderen möchten lieber noch länger arbeiten. Diese ganze einfach Rezepte ob von den Arbeitgeberverbände oder dem Arbeitnehmerlager sind pure Volksverdummung und bringen uns deshalb nicht viel weiter weil einer den anderen nur noch einen Schaden zu fügen will!

      Ich stehe als Kleiner Unternehmer für flexibilität und für Arbeitzeiten die soweit wie möglich auf jeden Mitarbeiter zugeschnitten werden.

      Was hier der Vorstand z.b. Siemens in Deutschland treibt und ein paar andere Hartliner aus dem Arbeitgeberlager ist ein reiner Racheakt aus persönlicher Machtgeilheit und totalen Egoismus. Da wollen sich ein paar durch Erpressungen einen kurzfristigen Wettbewerbsvorteil auf kosten der Allgemein verschaffen und die denken nach mir die Sintflut.

      Und wenn heute viele denken sie kommen ohne die Gewerkschaft gegen diese Konzerne an dann werden bald ein paar ziemlich hart auf den Boden aufschlagen!

      Die Politik wenn sie fähig wäre würde den richtigen und ausgewogenen Weg zwischen den beiden Lagern finden.


      Und der SPD und auch den Grünen würde ich raten aus heutiger Sicht in die Opposition zu gehen und Schröder sowie Fischer fallen zu lassen. In der Opposition sind die beiden heutigen Regierungsparteine viel stärker und müssen auf die Lobbiesten keine Rüchsicht mehr nehmen. Ich bin mir sicher das der CDU/CSU und der auch der FDP sehr bald nach der Übernahme der Regierungsgeschäfte der Kragen gegenüber der Konzerne platzen würde! Aber weil alle Politiker so machtgeil und auch blind sind wird dies nicht passieren. Obwohl die Geschichte unter #1 sehr viel parallel zu heute aufzeichnet werden wiedereinmal die gleiche Fehler bei alle Parteien gemacht! Die Europawahl hat uns eindeutig gezeigt das über 10% der Wähler Noname Parteien gewählt haben und wenn der richtig Popolist kommt dann Gnade uns Gott!:rolleyes:
      Avatar
      schrieb am 30.06.04 10:09:14
      Beitrag Nr. 4 ()
      Ich habe gestern meinen Freund gefragt:

      "Wenn man das Arbeitslosengeld um 10% kürzt,
      wieviel neue Arbeitsplätze entstehen dadurch ??"

      Antwort: "Keine"....

      "Und wenn man statt 35 jetzt 50 Stunden / Woche arbeiten würde ??

      Antwort: " Erst recht kein Einziger!!"

      :mad::mad::mad::mad::cry::cry::cry::cry::cry:
      Avatar
      schrieb am 30.06.04 11:41:41
      Beitrag Nr. 5 ()
      Europawahl hat uns eindeutig gezeigt das über 10% der Wähler Noname Parteien gewählt haben und wenn der richtig Popolist kommt

      ja und ich hab auf keinem sender einen kommentar zu dieser tatsache gesehen :eek:

      wobei ich nicht glaube das in deutschland ein populist politischen erfolg haben wird, da sehe ich eher 100 andere länder die für sowas anfällig sind

      Begriffen hatten das die Amerikaner,die von der Depression mindestens so gebeutelt worden waren wie die Deutschen.Sie verabschiedeten ab 1933 eine Reihe von Gesetzen,die allesamt die Kaufkraft und das Vertrauen der Massen heben sollten - staatliche Arbeitsbeschaffung,gesetzliche Mindestlöhne, Einführung von Rente und Krankenversicherung,staatliche Garantie der Spareinlagen.

      man kann über die amis sagen was man will, aber in dem punkt sind sie einfach schlauer oder mental weiter wie alt europa und besonders deutschland, aber sollte amiland die weltwirtschaft dann in schwung gebracht haben wird deutschland mit am meisten davon profitieren :D

      und von dem geldsegen leisten wir uns dann wieder viel schönes aber auch unnötiges statt die finanzen in den griff zu bekommen, aber was soll man auch von leuten erwarten, die nur in 4 jahres zeiträumen denken :mad:
      spare bei zeiten, dann hast du in der not
      kennen die leider nicht

      ich hab übrigens auch sonstige gewählt (nein nicht die fdp :) )

      sgeler

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      schrieb am 30.06.04 11:55:29
      Beitrag Nr. 6 ()
      # 5 : es waren 16% :eek: ;)
      Avatar
      schrieb am 30.06.04 12:18:47
      Beitrag Nr. 7 ()
      punk

      ne 10% :)

      die grünen darfst nicht mitrechnen :D
      die werden komischerweise einzeln aufgeführt :laugh:
      Avatar
      schrieb am 30.06.04 12:25:57
      Beitrag Nr. 8 ()
      :laugh:

      der Gedanke hat was für sich ;)

      ne, im ernst...es haben rund 15,5% für PDS und sonstige gestimmt

      Quelle: www.bundeswahlleiter.de
      Avatar
      schrieb am 30.06.04 12:29:26
      Beitrag Nr. 9 ()
      Die 5% Hürde muss weg, es kann nicht länger sein, dass 10% der Wählerstimmen einfach nicht berücksichtigt werden.

      SPD und CDU sind beide die Verlierer bei Wahlen und das ist auch gut so!
      Avatar
      schrieb am 30.06.04 12:30:20
      Beitrag Nr. 10 ()
      ok die pds hatte ich auch nicht unter sonstige

      das soll mal einer den jungs in thüringen sagen :)
      das wären dann dort ja 40% sonstige :laugh:
      Avatar
      schrieb am 30.06.04 12:38:52
      Beitrag Nr. 11 ()
      ich bin sogar für ne 10% hürde, damit diese kleinen rotzparteien nicht übermässig mit ihren paar stimmchen wuchern können

      gab ja schon genug kanzlermacher die kaum 5 % hatten :rolleyes:
      Avatar
      schrieb am 30.06.04 12:45:15
      Beitrag Nr. 12 ()
      Kleine Rotzparteien. :mad:

      Warum gehst du nicht nach Kuba oder Nordkorea, da brauchst du nicht befürchten, dass andere Parteien eine Rolle spielen.
      Avatar
      schrieb am 30.06.04 12:57:27
      Beitrag Nr. 13 ()
      zu dem Thema passt der SZ-Artikel

      Planwirtschaft

      Es gehört zu den Lebenslügen dieser Republik, dass mit dem Fall der Mauer auch die ostdeutsche Planwirtschaft völlig zusammengebrochen sei. [[/B]B]In Wahrheit lebt die Planwirtschaft, wenn auch in abgeschwächter Form, noch fort.

      Der Glaube an Planbarkeit ist das Problem
      Die volkseigenen Betriebe sind verschwunden — doch an ihre Stelle sind volkseigene Subventionen getreten. Die Fünf-Jahres-Pläne, mit denen Honecker und Co. die DDR auf Weltniveau heben wollten, wurden abgeschafft — stattdessen reicht der Solidarpakt II nun sogar bis ins Jahr 2019.

      Und die Kombinate? Sie wurden durch von der Politik festgelegte Wachstums- und Industriekerne ersetzt.

      Korruptionsfälle statt "blühender Landschaften"
      Gewiss: Man kann diese Sicht des Aufbaus Ost als überspitzt oder gar zynisch bezeichnen. Doch tatsächlich ist der Glaube an einen planbaren Aufschwung Ost das eigentliche Problem.

      Schon Helmut Kohl, der Kanzler der Einheit, hat den Menschen an Elbe und Oder "blühende Landschaften" versprochen — heraus kamen Korruptionsfälle wie Leuna oder Pleiten wie bei der Vulkan-Werft.

      Gerhard Schröder erklärte dann 1998 den Aufbau Ost in seiner Regierungserklärung zur "Chefsache", die Regierung werde Kompetenzen bündeln, Lösungen entwickeln und diese zügig umsetzen.

      Keine Hilfe vom "Gesprächskreis Ost"
      Doch seither hat sich die Kluft zum Westen und auch die Zahl der staatlich geförderten Konkurse weiter vergrößert.

      Insofern helfen die Vorschläge, die der von Wirtschaftsminister Wolfgang Clement eingesetzte "Gesprächskreis Ost" vorgelegt hat, nicht weiter. Die Expertengruppe unter Führung von Klaus von Dohnanyi rät dazu, die Subventionen auf die Wachstumskerne zu konzentrieren — also letztlich einigen noch mehr zu geben.

      Klaus von Dohnanyi
      „Die Wunde Ost muss geschlossen werden“

      Aufbau Deutschland statt Aufbau Ost
      Sie will auch Geringverdienern staatliche Zuschüsse zum Lohn geben, damit deren Arbeit sich wieder lohnt. Und ein Sonderbeauftragter, eine Art Planungsminister Ost, soll darüber wachen, wie all das Geld verteilt wird.

      Tatsächlich ist die Zeit, in der sich die Probleme der neuen Länder isoliert lösen ließen, vorbei. An die Stelle des Aufbaus Ost müsste nach drei Jahren der Stagnation der Aufbau Deutschland treten.

      Denn warum sollen allein die neuen Länder zum Experimentierfeld für weniger Bürokratie werden, wenn die alten Länder genauso darunter leiden? Warum soll nur das Arbeitsrecht Ost flexibler werden, wenn dies auch im Westen das Entstehen von Jobs hemmt?

      Last des Westens
      Und zudem: Wer nur auf die 1250 Milliarden Euro aus dem Westen starrt, die der Osten seit 1990 verschlungen hat, macht es sich zu einfach, denn nur ein Siebtel floss in die Wirtschaft.

      Der größte Teil hat hingegen damit zu tun, dass dem Osten vor 14 Jahren ohne Zögern die westdeutschen Sozialsysteme übergestülpt wurden.

      Der Osten, hieß es immer, sei zur Last des Westens geworden. Man kann es aber auch so sehen: Nur wenn der Westen wieder wächst, kann er sich den Osten leisten und ihn stützen.

      Der Chefsache-Ost-Kanzler sollte daher fragen: Welche Reformen bringen Deutschland voran? Und nicht: Was bringt den Osten voran? www.sueddeutsche.de
      Avatar
      schrieb am 30.06.04 16:00:31
      Beitrag Nr. 14 ()
      Hallo Albatossa,
      wir haben ein Motivationsproblem. Wie willst du Mitarbeiter von
      Unternehmen motivieren, wenn das Unternehmen im jährlichen
      Rhythmus (mir sind auch kürzere Intervalle bekannt) umgekrempelt wird?

      Die Diskussionen in der Belegschaft „fressen“ mehr Arbeitszeit
      als durch eine Verlängerung ausgeglichen werden kann.

      Die von dir vorgeschlagene Flexibilisierung der Arbeitszeit wird
      bereits praktiziert. Das kann nur funktionieren wenn Arbeitgeberverbände
      und Gewerkschaften sich nicht einmischen.

      Ich habe nicht den Eindruck das die kleinen Unternehmen durch die
      Arbeitgeberverbände vertreten werden oder in der Politik gehör finden.

      Ein Rücktritt der Regierung erwarte ich nicht. Diese wird, auf ein Wunder
      hoffend, bis zum letzten Tage der Legislaturperiode weiter wurschteln.
      Eher wird nach einer verlorenen Landtagswahl in NRW der Schröder
      ausgetauscht.
      Avatar
      schrieb am 30.06.04 16:22:11
      Beitrag Nr. 15 ()
      @Sgler und Punk,
      wenn man die Parteien unterhalb der 5% Hürde zusammenfasst
      kommt man auf 9,7%. Die Wahlbeteiligung lag bei 43%.
      Zusammengefasst ist das ein gewaltiges Potenzial für einen
      „Heilsverkünder“. Wenn im nächsten Jahr die ersten merken, dass
      auch sie von Hartz IV betroffen sind, wird dieses Potential verm.
      noch ansteigen.
      Deshalb fühlte ich mich von den Kommentaren der so genannten
      etablierten Parteien nach der EU Wahl direkt verhöhnt.

      Bekannte ohne Bezug zur ehemaligen DDR erzählten das sie PDS
      gewählt haben. Aus Protest. Ich habe mein Kreuz bei den „Verschiedenen“
      gemacht, usw.

      Den Unterschied zwischen 1930 und heute sehe ich darin begründet, dass
      wir heute andere Sozialsystem als 1930 haben. Wie lange noch ist die Frage.
      Aktuell sollen die Sozialsysteme ja „reformiert“ werden. Nach der Bundestags-
      wahl 2006 werden die „Reformen“ sicherlich weitergehen.

      Die Politiker sind dabei das Bett für einen neuen Heilsverkünder zu machen.
      2010 oder 2014 wird es wohl fertig sein.
      Avatar
      schrieb am 30.06.04 16:34:21
      Beitrag Nr. 16 ()
      @aekschonaer,

      ein gut recherchierter Artikel. Kannst Du mal einen Link zu diesem Forum reinstellen?

      Posting #15 sehe ich auch so.
      Avatar
      schrieb am 30.06.04 16:55:19
      Beitrag Nr. 17 ()
      Die Politiker sind dabei das Bett für einen neuen Heilsverkünder zu machen.

      seh ich nicht so :)

      denke die politiker tun ihr bestes um das bett zu machen, aber die mehrheit der bevölkerung (man darf sich nicht durch überscheinungseffekte täuschen lassen) ist doch aufgeklärt und demokratisch in deutschland

      wie gesagt...in anderen ländern seh ich das etwas anders
      Avatar
      schrieb am 30.06.04 17:01:49
      Beitrag Nr. 18 ()
      @gezwirbel
      Du bekommst BM

      Hi sg,
      das sind wir unterschiedlicher Meinung.

      Es ist nicht erforderlich das bewusst ein Heilsverkünder gewählt wird.

      Es wird ausreichend sein, wenn zufällig genug Protestwähler diesen
      wählen werden. Dazu kommen dann noch die Wähler die diesen
      aus Überzeugung wählen. Der von mir angeführte PDS Wähler würde
      diese nie wählen um sie in Regierungsverantwortung zu bringen.
      Avatar
      schrieb am 30.06.04 17:45:19
      Beitrag Nr. 19 ()
      In fast allen Ländern um uns herum gibt es Rechtspopulisten mit mehr oder weniger Erfolg. Nur in Deutschland wurde noch keine Persönlichkeit gefunden, die diese Funktion bei uns ausüben könnte. Ob sich einer finden wird ist die Frage. Eine andere Frage ist wie lange sich ein Rechtspopulist in Deutschland halten kann. Entweder wird er von den Medien fertig gemacht, erleidet einen tragischen "Unfall" oder wird wohl das Opfer eines "Verwirrten"! :rolleyes:

      Geschichte wiederholt sich.
      Avatar
      schrieb am 30.06.04 18:37:39
      Beitrag Nr. 20 ()
      Die Weimarer Republik wurde doch deshalb zu Grabe getragen weil sie einfach nicht funktioniert hat.

      Leider sehe ich da deutlche Parallelen zur heutigen Entwicklung...
      Avatar
      schrieb am 30.06.04 19:15:17
      Beitrag Nr. 21 ()
      die Radikalisierungen bei der EU-Wahl, und die bisherigen und zu erwartenden Proteste bei Kürzungen im Sozialbereich offenbaren hauptsächlich eines:

      In Europa herrscht ein Bildungsdefizit darüber, wie eine Marktwirschaft funktioniert.

      Die Erwartung an den Staat ist wie an den Weihnachtsmann: Schenk mir so viel wie möglich, ohne danach zu fragen, woher das Geld denn kommt.

      Man fordert Arbeitsplätze vom Staat - wie absurd !!!

      Unternehmer schaffen Arbeitsplätze. Aber die werden eher als Feindbild aufgebaut in der Öffentlichkeit.

      Was es braucht, damit Unternehmer Personal einstellen, dürfte nicht sonderlich bekannt sein:

      - keine bürokratischen Hürden
      - niedrige Kosten im Steuer- und Abgabensektor
      - flexible, kompetente Mitarbeiter

      und letztlich natürlich Nachfrage nach den produzierten Gütern.

      Davon ist nicht mehr viel zu sehen im Bürokratiemonster BRD mit seinen Zwangsabgaben und seiner Staatsquote von um die 50%.

      Wenn die Wähler sauer sind, dann nicht, weil es Unternehmer immer schwerer haben, rentable Jobs zu schaffen, sondern wegen dieser läppischen Praxisgebühr.

      Ferner haben weite Teile der Bevölkerung nicht begriffen, daß z.B. die Renten und Pensionen auf einem Schneeballsystem beruhen, und die damit verbundenen Erwartungen irreal sind.

      Die Bevölkerung versteht nicht, daß die hohen Sozialstandards die Ursache für hohe Steuern und Abgaben sind, und somit eine Hauptursache für Arbeitslosigkeit, und letztlich, daß der Sozialstaat der Hauptgrund für den Niedergang dieses Landes ist.

      Die zu erwartende und sich abzeichnende "Empörung" von Teilen der Bevölkerung ist also Ausdruck ihrer eigenen Inkompetenz volkswirtschaftliche Zusammenhänge zu verstehen.

      Aufhalten ließe sich die Schwächung des demokratischen Systems (etwa durch PDS-Machtzuwachs) nur mit einer massiven Informationskampagne, und das Lehren von VWL,BWL als Pflichtfach in den Schulen.

      Die Bevölkerung müsste durch Information immunisiert werden gegen soziale, bzw. sozialistische Scheinlösungen, die letztlich die vorhandenen Problme bis zum vollkommenen Systemkollaps eskalieren.
      Avatar
      schrieb am 30.06.04 19:36:20
      Beitrag Nr. 22 ()
      @aek

      `Aus einen anderen Forum: 1930 = 2005?`

      bist du etwa bigpanter? ;-)
      Avatar
      schrieb am 30.06.04 19:55:42
      Beitrag Nr. 23 ()
      "New York im Jahr 2022. Die Stadt hat 40 Millionen Einwohner, die meisten sind ohne Arbeit. Ihre Nahrung besteht aus einer grünen Masse, von der keiner weiß, was es ist. Die realistische Vision einer überbevölkerten Welt."

      Soylent Green (Warner Home Video - DVD)




      Besser 1930 oder 2005 als 20022, gelle? :D
      Avatar
      schrieb am 30.06.04 20:19:54
      Beitrag Nr. 24 ()
      aekschonaer
      #14 da kann ich nur zustimmen!
      Ich kenne ein Unternehmen, das nach zwei Eigentümerwechseln die 3. Umstrukturierung innerhalb von 14 Monaten durchzieht, und da wagt es die GF auch noch von Kontinuität zu sprechen, zumindest nach draussen. :laugh:
      Avatar
      schrieb am 30.06.04 20:55:33
      Beitrag Nr. 25 ()
      denali

      Aufhalten ließe sich die Schwächung des demokratischen Systems (etwa durch PDS-Machtzuwachs) nur mit einer massiven Informationskampagne, und das Lehren von VWL,BWL als Pflichtfach in den Schulen.

      sehr nobel gedacht, aber die schüler sind heute doch schon mit einfachster mathmatik weit überfordert und selbst lesen fällt vielen schwer, wie sollen sie da komplexe zusammenhänge verstehen :confused:

      die meissten können noch nicht mal sich ausrechnen, dass sie wenn ihre mtl ausgaben bei 1000 euro und ihre einnahmen bei 800 euro liegen sie irgendwann gar nix mehr haben...aber da gehts ihnen wie unseren politikern :D
      Avatar
      schrieb am 30.06.04 22:12:47
      Beitrag Nr. 26 ()
      @ Denali:

      Wer ist der Staat? Wir alle sind der Staat. Arbeitnehmer Unternehmer, Arbeitslose, sozialhilfeempfänger, Rentner, Kranke....etc.

      somit hat der Staat, die Gemeinschaft der wir alle angehören, auch die Aufgabe, für Arbeitsplätze zu sorgen, die ein menschenwürdiges Dasein ermöglichen ;)
      Avatar
      schrieb am 30.06.04 23:01:07
      Beitrag Nr. 27 ()
      genau, Punk

      und je kleiner sich der Staat macht (also mit Abgaben und Bürokratie), umso leichter wird die unternehmerische Existenzgründung. Die Jobs kommen dann als "Abfallprodukt" :laugh::laugh::laugh:

      Weniger ist eben manchmal mehr.
      Avatar
      schrieb am 30.06.04 23:13:15
      Beitrag Nr. 28 ()
      Denali hat nicht Unrecht. Es gibt ein unberechtigtes Anspruchdenken.
      Mir stellt sich die Frage, wie sich dieses Anspruchdenken etablieren konnte.

      Wie man das ändern könnte hat sgeler beschrieben. Das wird leider nicht so gelebt.
      In der letzten Woche war ich bei einer Abiturfeier zugegen. In den 13 Schuljahren
      wurden nennenswerte wirtschaftliche Zusammenhänge nicht gelehrt.
      Anlagemöglichkeiten usw. auch nicht.

      Dafür haben diese jungen Menschen Texte aus dem Altenglisch durchgenommen.
      Für einen small Talk sind sie damit bestens vorbereitet.

      Meiner Meinung nach ist es Systembedingt und gewollt, dass keine wirtschaftlichen
      Zusammenhänge und deren Auswirkungen zumindest den Abiturienten beigebracht werden.

      Meiner Meinung nach ist es Systembedingt und gewollt, dass sich die Schüler den 30jährigen
      Krieg für die nächste Klassenarbeit widmen müssen und die letzten 100Jahre der Geschichte
      des eigenen Staates nur einmal so im vorbeigehen kennen lernen.
      Wir benötigen willfährige Blödel.

      Diese jungen Menschen sollen einmal die zukünftigen Führungskräfte in dieser Republik stellen.

      Warum werden sie nicht entsprechend ausgebildet?
      Avatar
      schrieb am 30.06.04 23:20:19
      Beitrag Nr. 29 ()
      #3 Albatossa erkenne ich garnicht wieder,einer der wenigen postings wo ich mal taotale übereinstimmung empfinde.:look:
      Avatar
      schrieb am 01.07.04 00:55:05
      Beitrag Nr. 30 ()
      Zitate aus der Rede des stellv. ver.di-Landesbezirksvorsitzenden Michael Wendl am 1. Mai in Sulzbach-Rosenberg:

      "Mit ihren Prognosen in den letzten fünf Jahren hat sich die herrschende ökonomische Lehrmeinung völlig blamiert. Die Professoren, ob sie Franz oder Sinn heißen, erzählen in der Lohnfrage völligen Unsinn.“

      „Die rot-grüne Bundesregierung hat vermutlich versucht, sich die politische Zuneigung der herrschenden ökonomischen Klasse direkt zu kaufen. Das hat nur zu einem freundlichen Schulterklopfen für Clement und Schröder geführt, nicht mehr.“ :confused:

      „In beiden Fällen, Rot-Grün oder Schwarz-Gelb, liegt das selbe Wirtschaftsverständnis vor: In einer Weltwirtschaft muss die Politik alles tun, um dem internationalen Kapital einen lukrativen Landeplatz zu bieten. Bei Stoiber, Merkel und Co. müssen wir Gewerkschaften allerdings damit rechnen, dass sie die Tarifautonomie und das Streikrecht – und damit unsere Handlungsfähigkeit – direkt angreifen.“

      „Der neue sozialdemokratische Parteivorsitzende Müntefering bedauert, dass die Gewerkschaften den Druck der Globalisierung leider noch nicht verstanden haben Wir Gewerkschaften dagegen bedauern, dass die Sozialdemokratie die letzten Reste ihrer ökonomischen Bildung verloren hat und das noch für einen intellektuellen Fortschritt hält.“
      Avatar
      schrieb am 01.07.04 01:03:39
      Beitrag Nr. 31 ()
      Discussion Paper No. 107:
      Überwindung der Wirtschaftskrise in der Eurozone: Stabilitäts-, Wachstums- und Strukturpolitik:

      Welfens, P.J.J.

      ...

      Zusammenfassung:

      Die Eurozone erlebte in 2002/03 einen zyklischen Abschwung. Deutschland verzeichnete drei aufeinanderfolgende Jahre (2001-03) mit annähernder Stagnation und fallender Kapazitätsauslastung. Während die US-Regierung in 2002 expansive Maßnahmen - unterstützt von Zinssenkungen der FED - vorgenommen hat, war die Wirtschaftspolitik in der Eurozone relativ zögerlich. Die EZB-Zinssenkung um ½ Prozentpunkt im Juni 2003 bringt das Refinanzierungszinsniveau der Banken auf 2%. Ist dies alles, was zur Überwindung der Stagnation in der Eurozone unternommen werden kann? Die Analyse zeigt, dass es gute Gründe für einen expansive Fiskalpolitik der Mitgliedsländer der Eurozone in 2003 und 2004 gibt, während man zugleich den Stabilitätspakt wegen der Wirkungen des Terrorschocks in 2001 aussetzen sollte. Dies heißt aber keineswegs, dass Strukturreformen - etwa im Bereich der Arbeitsmärkte und der Sozialversicherung - nicht adäquate fortzuführen sind. Die Arbeitslosenzahlen in Deutschland erreichten einen neuen Rekordwert im Mai 2003 and düften im Winter 2003/04 fast 5 Mio. erreichen. Die Tatsache, dass Regierung und Tarifvertragsparteien sich über Jahrzehnte an eine Arbeitslosenquote von nahe 10% gewöhnt haben, ist ein Risiko. ::eek: Gäbe es einen negativen Wirtschaftsschock, dann könnte die Arbeitslosenzahl auf über 8 Mio. ansteigen (in der Weimarer Republik kam Kanzler Brüning Ende April 1930 bei 2.3 Mio. Arbeitslosen an die Macht, er schied aus im Mai 1932 bei 6 Mio.). Deutschland dürfte in 2003 stagnieren, für 2004 wird ein moderater Aufschwung erwartet.

      Das sind schlechte Nachrichten für Deutschland bzw. die Eurozone. Die strukturelle Schwäche Deutschlands unterminiert mit die Wirtschaftsentwicklung in europäischen Partnerländern - wie Niederlande, Italien, Schweiz. Die Eurozone leidet in mittlerer Sicht unter der doppelten strukturellen Wachstumsschwäche Deutschlands und Italiens. Dabei müssen die langfristigen Wachstumsprobleme von den zyklischen kurzfristigen Wirtschaftsproblemen analytisch unterschieden werden. In Zeitraum 1992-2001 verzeichnete die deutsche Wirtschaft ein Wachstum, das rund einen Prozentpunkt unter dem der EU-11 Partnerländer lag.

      Gründe für die Wachstumsschwäche?

      Nach dem Ende des Kalten Kriegs sehen sich Deutschland (und Japan) mit einem härteren Technologiewettbewerb konfrontiert als früher, da die USA, Frankreich und Großbritannien nicht mehr länger deutlich über 50% der Innovationsaufwendungen für Militärprojekte verwenden.

      In Deutschland ist im Übrigen die Arbeitsproduktivität im Hochtechnologiesektor unter den Durchschnitt aller Branchen. Schwache PISA-Schultestergebnisse sind ebenso bemerkenswert wie der Umstand, dass Deutschland bei den Hochschulausgaben - relativ zum Sozialprodukt - im Vergleich zu Skandinavien und den USA nur 2/3 bzw. ½ des Niveaus erreicht. Zudem gibt es einen Mangel an regionaler Lohndifferenzierung und zu wenig Gründerdynamik.
      Vor diesem Hintergrund ist die Schockwirkung des Terroranschlags vom 11.9.2001 dramatisch, da sie - zusammen mit dem Aktienmarkteinbruch in 2001/2002 - die Investitionsquote verminderte. Der starke Fall der EU-Aktienmärkte reflektierte z.T. den Einbruch auf den US-Aktienmärkten, wo eine spekulative Blase in den Vorjahren durch betrügerische Analysten bei einigen Investmentbanken verstärkt worden war. Die Kaufempfehlungen der Analysten an die Öffentlichkeit bezogen sich auf Aktien, die intern längst als überbewertet eingestuft wurden, wobei der Zweck in einer Stimulierung des Merger & Acquisition-Geschäfts der Investmentbanken bestand. Derartige Betrügereien künftig zu verhindern, sollte als eine der Aufgaben für ein künftiges "Basel III-Regelpaket" der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich gelten. Die Weltwirtschaft leidet nach der Überinvestitionswelle im Zuge der Aktienkurs-Blase an einer Unterinvestitionswelle als Echoeffekt. Die Investitionsquoten sind im Zeitraum 2001-03 in der EU gefallen, wobei die Deutschlands besonders stark zurückging, was zur Rezession in 2003 beitrug. Ein fiskalisches Kernproblem Deutschlands ist die Überschreitung der 3%-Defizitmarke in 2002, wobei die Europäische Kommission ein Verfahren wegen übermäßigen Defizits gegen Deutschland eingeleitet hat; hier ist man nun in Gesellschaft mit Portugal and Frankreich. Die deutsche 3.6%-Defizitmarke hätte man leicht vermieden, wenn Finanzminister Eichel nicht eine grob fehlerhafte Körperschaftssteuerreform durchgeführt hätte, die Einnahmeausfällen von rund 20 Mrd. € (1% des Bruttoinlandsprodukts!) bzw. Körperschaftssteuereinnahmen von Null zur Folge hatte. 2003 wird die Situation nur leicht verbessert sein, erst ab 2004 ist Besserung in Sicht. Eine höhere als erwartete Arbeitslosigkeit hat reduziert die Aussichten, die Defizitquote in 2003 und 2004 unter 3% zu halten. Dass Deutschland durch eine restriktive Fiskalpolitik in 2003/04 Vernünftiges für das Land und die EU leisten könnte, ist nicht zu sehen, vielmehr würde in 2004 - im Jahr der EU-Osterweiterung - die Wirtschaftsdynamik geschwächt; bis in die EU-Beitrittsländer hinein. Die Lösung der Probleme für Deutschland und die EU-15-Länder liegt eher in einer wachstumsorientierten Fiskalpolitik mit höheren öffentlichen Investitionsausgaben und Investitionsanreizen für Unternehmen; plus langfristige Wachstumspolitik. Zyklisch gilt: Länder mit geringem strukturellem Defizit sollten öffentlichen Investitionen stärker erhöhen als andere. :eek: Deutschland sollte die Mehrwertsteuersätze in zwei Stufen in 2004 und 2005 erhöhen, und zwar zunächst um 1 Punkt, im Folgejahr um 2 Prozentpunkte. Dies würde nicht nur unbedingt notwendige Einnahmeverbesserungen erbringen - unabdingbar bei einer gewünschten Einkommenssteuersenkung - , sondern auch einen konjunkturell sinnvollen Impuls für das Vorziehen von Konsumausgaben in 2004. Ohne eine Mehrwertsteuererhöhung kann das dauernd Unsicherheit schaffende Problem der 3%-Defizitquote nicht nachhaltig angegangen werden. Die vorgeschlagene Steuerstrukturreform könnte man verbinden mit einmaligen Transferzahlungen im Herbst 2003 und 2004. Schließlich bleiben Arbeitsmarktreformen und Verbesserungen bei der Innovationspolitik für die Kernländer der Eurozone dringlich. Deutschland sollte im Übrigen 1/3 der - überschüssigen -Währungsreserven bei der Deutschen Bundesbank umwidmen, und zwar in eine kapitalgedeckte Säule der staatlichen Alterssicherung. Einige der hier gemachten Vorschläge basieren auf einem neuen OKUN-SCHUMPETER Makromodell.
      Avatar
      schrieb am 01.07.04 17:02:49
      Beitrag Nr. 32 ()
      # 22

      völlig richtig erkannt.

      wir brauchen willfrähige blödel.

      undzwar ausschließlich.

      am besten mit 18 verschuldet bis über beide ohren - handyrechungen in die tausende , konto überzogen , kredikartenschulden etc.

      das sind die besten .

      diese leute hat man völlig unter kontrolle und die werden falls sie nicht verhungern wollen noch für 2 € die stunde arbeiten gehen müssen.

      zusammnehänge erkennen , wirtschaftliches verantworungsvolles denken wird nicht mehr erwünscht.
      man braucht genügend dumme um den schrott an den mann zu bringen.

      siehe premiere - das haben zu 70 % arbeitslose abboniert.

      wenn manmsieht was sich manmche leute aufhalsen - für schulden machen - na ja - es steht halt jeden tag ein dummer auf.

      aber ich gebe dir vollkommen recht - es wird vom staat un den dahinter sitzendnen konzernen eine gewisse volksdummheit produziert.

      siehe pisa.
      Avatar
      schrieb am 01.07.04 23:30:34
      Beitrag Nr. 33 ()
      HARTZ IV

      Mit dem Bodyguard zum Arbeitsamt

      Von Markus Deggerich

      Die Erwartungen an eine der einschneidendsten Sozial- und Arbeitsmarktreformen in der Geschichte der Bundesrepublik sind riesig. Doch zunächst funktioniert nur der Sozialabbau. Die Hilfe wird auf sich warten lassen und die Wut der Betroffenen mehren. Treffen wird das wieder die SPD.

      Berlin - Das Lob kam von höchster Stelle: Der neue Bundespräsident Horst Köhler würdigte die Einigung zwischen Regierung und Union am Donnerstag in seiner Antrittsrede als positives Beispiele für zielgerichtete Reformpolitik. Die Kompromisse bei der Arbeitsmarktreform zeigten, "dass Deutschland in Bewegung kommt".

      Aber noch ist nicht abzusehen, ob aus der Bewegung ein Aufstand wird. Die Erwartungen an eine der einschneidendsten Sozial- und Arbeitsmarktreformen in der Geschichte der Bundesrepublik sind groß: Die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe soll das Heer von etwa 3,2 Millionen erwerbsfähigen Langzeitarbeitslosen bereits im kommenden Jahr um 200.000 verringern, im Jahr darauf noch mal um weitere 200.000.

      Für rund eine halbe Million Bezieher von Arbeitslosenhilfe bedeutet die Reform aber zunächst nur eines: Sie erhalten ab dem 1. Januar 2005 kein Geld mehr, für rund eine Million gibt es deutlich weniger Geld. "Fördern und Fordern" lautet die Formel, die die rot-grünen Reformer als Überschrift über ihre Agenda gesetzt haben. Das Fordern klappt schon ganz gut. Doch die in Aussicht gestellte bessere Betreuung von Arbeitssuchenden wird noch länger auf sich warten lassen. Das bedeutet ein Risiko in ohnehin heiklen Zeiten, vor allem für die SPD, deren Klientel die Reform als Erstes trifft.

      Fordern statt Fördern

      Für die Bundesagentur für Arbeit (BA), die Arbeitsagenturen und die Kommunen ist der Zeitplan eng gefasst. Sie müssen bis Jahresende 2,1 Millionen Bezieher von Arbeitslosenhilfe und 1,1 Millionen erwerbsfähige Sozialhilfeempfänger sowie deren Familien auf das Arbeitslosengeld II (ALG II) umstellen. Sie erhalten künftig 345 Euro monatlich (im Osten: 331) - also den Sozialhilfesatz. Die durchschnittliche Arbeitslosenhilfe lag zuletzt bei 493 Euro (Osten: 425). Durch die nun stärkere Anrechnung des Partnereinkommens und von eigenem Vermögen erhalten Hunderttausende Arbeitslosenhilfeempfänger vorerst überhaupt kein ALG II.

      Darin steckt auch politischer Zündstoff, der es letztendlich der hart verhandelnden Union leicht gemacht hat zuzustimmen. Die erste Wut und Enttäuschung über den Sozialabbau wird wieder das rot-grüne Lager zu spüren bekommen, wenn im Mai 2005 in Nordrhein-Westfalen der Landtag neu gewählt wird: Dem bevölkerungsstärksten Bundesland, der wichtigsten SPD-Hochburg. Verliert die SPD NRW, wäre auch der Fortbestand der rot-grünen Koalition im Bund fraglich.

      Druck auf junge Arbeitslose

      Die Leistungskürzungen sollen so schnell wie möglich in Kraft treten. Dabei geht es nicht mal nur ums Einsparen. Damit ist die Erwartung verbunden, dass der Anreiz für Langzeitarbeitslose steigt, sich ihren Unterhalt durch Arbeit zu verdienen. Ein weiterer Anreiz soll sein, dass sie mit einem Job neben der Sozialhilfe mehr behalten können als bisher, ohne dass das ALG II gekürzt wird. So sieht das Fordern aus.

      Gefördert werden sollen Langzeitarbeitslosen vor allem durch bessere Vermittlung und Betreuung. Diese wird aber erst mit deutlicher Verzögerung erreicht. So soll künftig ein persönlicher Betreuer für höchstens 75 Arbeitslose zuständig sein, was nicht vor Ende 2005 realisiert werden kann, hat die BA intern ihre Arbeitsagenturen wissen lassen. Für die "Startaufstellung" im Januar lasse sich das nicht realisieren: Nur für die etwa 340.000 Arbeitslosen unter 25 Jahren soll dieses Verhältnis von Anfang an gelten. Sie sind Wirtschaftsminister Wolfgang Clement ein besonderer Dorn im Auge: Junge Menschen, die nichts tun, sind ihm unerträglich. Für die Älteren wird ein Schlüssel von zunächst einem Betreuer pro 150 Arbeitslosen angestrebt.

      Damit ist fraglich, ob die so genannten Effizienzgewinne durch intensivere Betreuung der Arbeitslosen und ihre schnellere Vermittlung so rasch eintreten, wie von Clement erwartet. Denn offen ist, woher die Arbeitsplätze kommen sollen. Zwar stellt die Regierung mit 6,35 Milliarden Euro über eine Milliarde Euro mehr für die Eingliederung von Langzeitarbeitslosen in den Arbeitsmarkt zur Verfügung als bisher BA und Kommunen. Aber Experten rechnen angesichts des Konjunkturverlaufs nicht damit, dass die Zahl der Arbeitsplätze im erforderlichen Umfang steigt.

      Besonders krass ist die Lage im Osten des Landes. Dort klagen die Verantwortlichen: Schnellere Vermittlung sei schon deshalb absurd, weil es nichts zu vermitteln gibt. Mecklenburg-Vorpommerns Arbeitsminister Helmut Holter (PDS) moniert, Arbeitslose würden durch die Kürzung staatlicher Hilfen und minimierte Chancen auf einen Job immer stärker unter Druck gesetzt: "Große Unternehmen von Steuern zu befreien und Arbeitslose zum Verkauf ihrer Lebensversicherungen zu zwingen, bedeutet eine soziale Schieflage, die nur als abgrundtiefe Ungerechtigkeit bezeichnet werden kann."

      Weil es einfach an Jobs fehlt, sollen Hunderttausende Arbeitslose daher eine "öffentliche Arbeitsgelegenheit" erhalten, für die sie zusätzlich zum ALG II einen Euro pro Stunde verdienen - zum Beispiel durch Mitarbeit bei karitativen Trägern. Etwa 550.000 bis 600.000 Stellen werden dazu nach BA-Schätzung benötigt. Doch auch das sei erst nach einer Übergangsphase zu erreichen, von der keiner weiß, wie lange sie dauert. Das Ziel, dass mindestens jeder vierte Langzeitarbeitslose an einer Beschäftigungsmaßnahme teilnimmt, werde vorerst nicht erreicht, räumt die BA ein. Eine Ausnahme sollen wiederum die unter 25-Jährigen sein: Ihnen wird sofort eine Arbeit, Ausbildung oder Arbeitsgelegenheit angeboten. Wenn sie ablehnen, wird für drei Monate das ALG II gestrichen.

      Verlust an Kaufkraft

      Clements wichtigstes Reformprojekt ist noch mit weiteren Unsicherheiten belastet. Erst kürzlich meldete der Verfassungsrichter Siegfried Broß Bedenken an, weil das Sozialstaatsprinzip verletzt sein könnte, was der Wirtschaftsminister "dummes Zeug" nennt. Einzelne Experten wie etwa der Wirtschaftsweise Peter Bofinger warnen, durch die Reform würden die ohnehin schwächelnde Binnennachfrage und damit das Wachstum der Wirtschaft insgesamt weiter geschwächt. Die Gewerkschaften schätzen, dass den Langzeitarbeitslosen durch die Kürzungen immerhin etwa drei Milliarden Euro an Kaufkraft entzogen werden.


      Gravierender dürften auf kurze Sicht die Umstellungsprobleme bei den Arbeitsagenturen und Kommunen sein. Seit Mitte Juni lässt die BA 3,5 Millionen Antragsformulare für ALG II drucken, die ab Mitte Juli verschickt werden. Auf bis zu 14 Seiten müssen die Empfänger ihre persönlichen Lebens- und Vermögensverhältnisse offen legen - denn die werden nun angerechnet. Doch bearbeitet werden können die Daten erst ab Anfang Oktober - wenn dafür ein neues Computerprogramm zur Verfügung steht. Erst dann wird sich erweisen, ob das Programm einem gleichzeitigen Zugriff von 40.000 Sachbearbeitern oder mehr überhaupt gewachsen ist.

      Zudem stehen Arbeitsagenturen und Kommunen vor schwierigen Verhandlungen über die Arbeitsgemeinschaften, die sie in der Regel zur gemeinsamen Betreuung der Arbeitslosen bilden sollen. Die Infrastruktur vor Ort - Räume, Personal, technisches Gerät wie der erforderliche Zugang zum Internet, um der BA-Zentrale Daten zu schicken - muss geschaffen werden.

      Wo wird sich die Wut Bahn brechen?

      Angesichts der gravierenden Einschnitte ist die Diskussion über Hartz IV in Deutschland überraschend ruhig verlaufen - auch weil das Heer der Arbeitslosen über keine Lobby verfügt und nicht organisiert ist. Ob sich die Wut nur in der Wahlkabine äußert oder zu welchen sozialen Spannungen das neue Programm noch führt, ist offen.

      Aber dass es ein gehöriges Feedback gibt, erwartet auch die Politik. Treffen wird es als erstes die Betreuer der Arbeitslosen vor Ort. Die BA hat bereits intern angewiesen, Schutzvorkehrungen für die Beschäftigten der Arbeitsgemeinschaften zu treffen: "Die Sicherheit der Mitarbeiter sollte gewährleistet sein." Ob dazu wie in manchen Sozialämtern Überwachungskameras installiert oder auch Sicherheitsdienste beschäftigt werden müssen, ist noch offen - aber nicht mehr unwahrscheinlich.


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