Märkte
Vive le déficit
Am Dienstag, den 23. Januar 2018, erreichte der Dax sein bisheriges Allzeithoch mit einem Schlusskurs von 13.559,60 Punkten. Ein drohender Haushaltsstreit in den Vereinigten Staaten konnte damals rasch beigelegt werden, es herrschte eine positive Sichtweise auf die globale Konjunktur. Auch der japanische Nikkei-Index erreichte an diesem Börsentag 24.124,15 Punkte und schloss damit erstmals seit 1991 wieder mit einem Stand von mehr als 24.000 Punkten. Bereits seit Juli 2017 hatten die globalen Märkte zu einer Erholungsrally angesetzt und eigentlich ging man von einem weiteren positiven Börsenverlauf aus. Einige Optimisten sahen den Dax zum Ende des Jahres sogar schon bei 15.000 Punkten.
Wie wir heute wissen, sollte es ganz anders kommen. An die 15.000 Punkte glaubt heute keiner mehr. Schon in den darauffolgenden Tagen brachen die Kurse kräftig ein. Ausgelöst wurde auch diese Entwicklung durch die USA. Ein neuer Notenbankchef der Fed und die Angst vor schnell steigenden Zinsen lösten eine scharfe Kurskorrektur des Dow Jones aus. Vor allem die bis dahin gefeierten FAANG-Titel (Facebook, Amazon, Apple, Netflix und Google) zeigten Schwäche und rissen den Markt mit nach unten. In den folgenden Wochen konnte sich der US-Markt wieder erholen, auch der DAX durchbrach am 15.06 noch einmal kurz die 13.000 Punkte Schwelle nach oben. Dann ging es aber in Wellen langsam abwärts. Mittlerweile ist sogar die 11.000 Punkte Schwelle nach unten durchbrochen.
Die Gründe für diese Entwicklung sind vielfältig. Trumps auf Konfrontation angelegte Handelspolitik, das schwächere Wachstum der chinesischen Volkswirtschaft und in den letzten Monaten vor allem europäische Themen, Brexit und der Haushaltskonflikt mit Italien, drückten auf die Stimmung der Börsianer. Für den Brexit stand eigentlich in diesen Tagen eine wichtige Weichenstellung an. Die Abstimmung im britischen Parlament über die mit der EU verhandelten Ausstiegsmodalitäten. Das Theresa May eine Parlamentsmehrheit für ihr Brexit-Abkommen bekommt, halten die meisten Beobachter derzeit für unwahrscheinlich. Die Fakten sprechen gegen die Premierministerin.
Jetzt heißt es für Theresa May „Klinken putzen“
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Sie braucht 320 Stimmen im Parlament, damit das Abkommen sicher ratifiziert wird. Aus ihrer eigenen Tory-Partei kann May auf etwa 220 loyale Freunde hoffen. Das heißt, May müsste rund 100 weitere Abgeordnete auf ihre Seite ziehen oder doppelt so viele zu einer Enthaltung bringen, um ihren Deal durchzubringen. Da auch Theresa May rechnen kann und scheinbar an ihrem Amt hängt, wurde die Abstimmung verschoben. Bis zum 21. Januar soll jetzt im Londoner Unterhaus über das Brexit-Abkommen abgestimmt werden. Nun heißt es für die britische Premierministerin „Klinken putzen“ in Europa. Dabei sollte sie sich nicht allzu viele Hoffnungen auf ein Entgegenkommen der Europäer machen. Die Gestaltungsmöglichkeiten sind sehr gering. Für Großbritannien wird der harte, also unkontrollierte Brexit damit leider immer wahrscheinlicher.