Buchtipp
Plädoyer für den guten Egoismus - Seite 4
Manchmal überzieht der Autor
Man merkt Backhaus die Freude an der Provokation an, aber manchmal überzieht er. Besonders mit einer These bin ich nicht einverstanden: „Der einzige Maßstab, an den Sie sich halten sollten, ist, kein schlechter Egoist zu sein. Sie dürfen anderen nicht mit Absicht schaden. Es darf nicht das Ziel Ihrer Handlung sein, einem anderen Menschen Schaden zuzufügen… Es wird immer Menschen geben, die unter Ihren Handlungen irgendwie leiden – aber das war nicht Ihr Ziel. Es ist eine Begleiterscheinung Ihres Vorgehens, die Sie aber nicht beabsichtigen. Dieser Schaden kann manchmal riesig sein, es kann andere sogar das Leben kosten. Solange es nicht beabsichtigt war, trifft Sie keine Schuld.“ (S. 87) Da möchte ich entschieden widersprechen. Backhaus führt als Beispiel Richard Branson an, bei dessen Weltraum-Projekten Menschen ums Leben kamen. Aber es gibt andere Beispiele, die die These von Backhaus widerlegen: Ein Drogenhändler betreibt sein Geschäft auch nicht mit dem Ziel, anderen Menschen zu schaden oder sie zu töten. Er nimmt es aber billigend in Kauf. Gleiches gilt beispielsweise für Zigarettenhersteller. Im Recht unterscheiden wir zwischen Vorsatz und Fahrlässigkeit. Meine Meinung: Nicht nur derjenige, der vorsätzlich anderen schadet, ist zu verurteilen, sondern ebenso derjenige, der dies aus Fahrlässigkeit, Gedankenlosigkeit oder einfach Dummheit tut. Manche Menschen schaden anderen sogar aus „guten“, „idealistischen“ Motiven, aber das ändert nichts daran, dass ihr Handeln verwerflich ist.
Dinge, die Sterbende am meisten bereuen
An einigen Stellen schießt der Autor also aus meiner Sicht über das Ziel hinaus. Aber seine Grundthese ist richtig. Viele Menschen leben an ihren eigenen Bedürfnissen vorbei. Er zitiert aus dem Buch von Bronnie Ware „Fünf Dinge, die Sterbende am meisten bereuen.“ Zu diesen Dingen gehören etwa: „Ich wünschte, ich hätte den Mut gehabt, mein eigenes Leben zu leben.“ Oder: „Ich wünschte, ich hätte den Mut gehabt, meine Gefühle auszudrücken.“ Und: „Ich wünschte, ich hätte mir erlaubt, glücklicher zu sein.“ (S. 68 f.) Jeder dieser Sätze beginnt mit dem Wort „Ich“.
Am besten hat mir diese Formulierung des Autors gefallen, die auch für mich stets Leitfaden in meinem Leben war: „Reduzieren Sie einfach die Tätigkeiten, die Sie emotional nicht befriedigen, und Sie werden automatisch glücklicher durch ihr Leben schreiten.“ (S. 155)
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