Experte exklusiv im Interview
E-Auto-Boom in der Corona-Krise: Was ist da los? Wer profitiert von wem beim Stromer-Erfolg?
Noch nie wurden in Deutschland so viel Elektroautos neuzugelassen wie im März 2020: 19.755 Stromer (batterieelektrische PKW und Plug-in-Hybride) wurden im vergangenen Monat bei den KFZ-Zulassungsstellen neu angemeldet. Was ist der Grund für den E-Auto-Boom mitten in der Corona-Krise? wallstreet:online sprach mit Kurt Sigl, Präsident des Bundesverband eMobilität (BEM). Der Lobbyverband BEM vertritt die Interessen wichtiger Player aus der E-Mobilitätsbranche wie z. B. Tesla, Nio, Nissan und Renault.
wallstreet:online: Trotz Corona-Krise erreichte der E-Auto-Absatz in Deutschland im März 2020 einen neuen Höchstwert? Was sind aus Ihrer Sicht die Hauptursachen dafür?
Kurt Sigl: Als erstes zeigt inzwischen die Kaufprämie ihre Wirkung. Hier wurden die Prozesse überarbeitet, so dass die Prämie bei den Kunden nun auch ankommt. Ein weiterer Grund für den deutlichen Zuwachs bei den Zulassungen liegt darin, dass die Fahrzeuge endlich lieferbar sind, was lange nicht der Fall war. Und drittens sind die Modelle wie beim e-Up von VW oder dem Mii von Seat auch bezahlbar. Hiervon braucht es jetzt viel viel mehr, um die Elektromobilität in den deutschen Normalhaushalt zu bringen, was noch ein weiter Weg ist.
wallstreet:online: Der ehemalige EU-Kommissar Günther Oettinger (CDU) hat wegen der Corona-Krise eine Lockerung oder Verschiebung der CO2-Grenzwerte für Neuwagen in der EU gefordert. Wie stehen Sie dazu?
Kurt Sigl: Der ehemalige EU-Kommissar hat Überlegungen offengelegt, die wir als Bundesverband eMobilität aufs Schärfste verurteilt haben. Akteure der Autoindustrie versuchen, den gesellschaftlichen Ausnahmezustand durch die Corona-Krise zu benutzen, um die Reform in der Automobilherstellung zu verschleppen und den Ausstoß von Umweltgiften weiter zu dulden. Gerade weil die Branche so wichtig ist für die deutsche Volkswirtschaft ist, muss der Kurs auf die Elektromobilität gestärkt und durch den Bund mit einer klaren politischen Priorität und einer breit angelegten Informations-Kampagne unterstützt werden.
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wallstreet:online: Bietet die Corona-Krise aus Ihrer Sicht auch Chancen für die E-Mobilität?
Kurt Sigl: Corona hat schon jetzt unsere Sensibilität für viele Dinge gestärkt. Umsicht und Rücksicht bestimmen das öffentliche Leben, was auf die Umwelt ausgeweitet werden kann. Neben dem Wechsel zum E-Auto sehen wir im Individualverkehr den Zweiradbereich mit massivem Potential, also eBikes oder eRoller. Die Städte müssen weiter vom hohen Platzbedarf der Autoflotten entlastet und von Emissionen befreit werden. Der ÖPNV wird seine wichtige Rolle behalten, zum Schutz der Nutzer sollte eine Maskenpflicht wie sie jetzt in Österreich vorgeschrieben ist, auch in Deutschland Einzug halten. Zusammen mit den Sharing-Modellen, die auch im ländlichen Raum funktionieren, sehen wir also einen Mix an Verkehrsmitteln für eine verträglichere Mobilität.
wallstreet:online: Welche weiteren politischen Weichenstellungen braucht Deutschland, damit sich die E-Mobilität endgültig durchsetzt?
Kurt Sigl: Wir benötigen eine Offensive für die Elektromobilität auf Basis von Erneuerbaren Energien und wir brauchen eindeutige Fristen für den Verbrennungsmotor ab Werk und auf der Straße. Nur wer sich Ziele setzt, kann sie auch erreichen.
Strukturell braucht es ein klares Arbeitspaket für die Infrastruktur. Die Bauwirtschaft installiert Ladesäulen wie es das Wohnungseigentumsgesetz jetzt erlaubt und die EU mit Quoten vorschreibt. Eine Aufklärung des KFZ-Handels und dort die Erklärung neuer Geschäftsfelder ist genauso notwendig wie eine Ausbildungsoffensive für Elektro-Berufe im Handwerk. Für die Installation und Wartung tausender Ladesäulen wird es Fachkräfte brauchen. Und die Automobilwirtschaft muss ihre Geschäftsmodelle umstellen, was Bundesländer und Behörden forcieren können. Die Module zur Förderung erneuerbarer Energie werden wieder geöffnet, so dass Windkraft und Solarenergie den Strommix deutlich verbessern, das wäre der Best Case.
wallstreet:online: Wie stehen Sie zu einer weiteren Erhöhung des E-Auto-Umweltbonus?
Kurt Sigl: Hier sollte kein sozialistischer Goldregen, sondern eine sinnvolle Marktlenkung das oberste Ziel sein. Insofern wäre es klug, auch die Fahrzeugklasse L7E für eKleinstfahrzeuge mit aufzunehmen und die Förderung von Plug-in-Hybriden zu streichen. In der Praxis beobachten wir im Bereich der Fuhrparks, dass Plug-In-Autos gerne steuermindernd erworben werden und nach Jahren das Ladekabel originalverpackt und unbenutzt im Kofferraum liegt.
Das Interview führte Ferdinand Hammer, stellv. Chefredakteur bei wallstreet:online.
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