Tech-Start-Up-Thron
Snapchat: viele Gerüchte, kaum Fakten - doch Marktwert klettert auf 10 Milliarden Dollar
Ein Kurznachrichtendienst erobert den Thron der Tech-Start-ups: Snapchat. Stolze 10 Milliarden US-Dollar soll das Unternehmen wert sein. Dabei ist das Geschäftsmodell ebenso mysteriös wie Snapchats eingebaute Selbstzerstörungsfunktion.
Es ist DIE Kultszene aus Mission Impossible: Das Tonband, das den Geheimagenten über seinen neuen Auftrag informieren soll, zerstört sich nach dem Abhören selbst. Snapchat hat diese Selbstzerstörungsfunktion zum zentralen Element seines Kurznachrichtendienstes gemacht und damit in einer Zeit, in der heiß über das „Recht auf Vergessen“ debattiert wird, einen Volltreffer gelandet. Bei Snapchat können Nutzer Nachrichten und Bilder verschicken, die sich nach kurzer Zeit selbst löschen – zumindest in der Theorie. In der Praxis lassen sich die Dateien mit relativ einfachen Mitteln wieder herstellen, so die Kritik zahlreicher Experten.
Von 2 auf 10 Milliarden Marktwert – in nur einem Jahr
Dem Erfolg von Snapchat tut das offenbar keinen Abbruch. Im Gegenteil, gerade erst kletterte der Marktwert des von Robert Murphy und Evan Spiegel im Jahr 2011 gegründeten Unternehmens auf sagenhafte 10 Milliarden US-Dollar – dank eines neuen Risikokapitalgebers. Damit gehört der Kurznachrichtendienst zu den wertvollsten, nicht börsennotierten Tech-Start-Ups der Welt. Wie das „Wall Street Journal Deutschland“ berichtet, soll die Investorengruppe Kleiner Perkins Caufield & Byers Snapchat mit einer Finanzspritze in Höhe von bis zu 20 Millionen Dollar auf den Thron der Tech-Start-up-Szene gehievt haben. Darüber hinaus hätte sich noch mindestens ein weiterer strategischer Investor zu einer Investition bereit erklärt, schreibt das Blatt unter Berufung auf zwei Sachkenner. Im vergangenen Jahr hatte Snapchat, damals noch mit einem Marktwert von rund zwei Milliarden, eine Übernahmeofferte von Facebook in Höhe von rund drei Milliarden US-Dollar ausgeschlagen. Ein Schritt, der sich nun offenbar bezahlt gemacht hat.
Viele Gerüchte, kaum Fakten
Die Tatsache, dass das „Wall Street Journal Deutschland“ in seinem Bericht fast jede Information mit einem „nach Auskunft einer gut informierten Person“ versehen muss, macht vor allem eins deutlich: Snapchat setzt nicht nur bei seinem Kurznachrichtendienst auf das Recht auf Vergessen, auch in Sachen Transparenz hält sich das Unternehmen gerne bedeckt. Egal ob Geschäftsmodell, Nutzerzahlen oder Zukunftstragegien, nichts scheint sicher in dem vom 24-jährigen Evan Spiegel geführten Start-Up. Nicht umsonst gilt dieser laut „Wall Street Journal Deutschland“ in der Branche als Geheimniskrämer. So soll Snapchat mittlerweile mehr als 100 Millionen Nutzer monatlich verzeichnen, sagt eine gut informierte Person. Eine andere ebenfalls gut informierte Person berichtete Anfang August gegenüber dem Journal von einem neuen Dienst namens „Snapchat Discovery“. Damit wolle das Unternehmen Medienkonzerne und Anzeigenkunden ködern, indem Nutzern täglich Publikationen, Videos und Anzeigen vorgesetzt werden, die sich anschließend selbst löschen.
Dieser Vorstoß könnte womöglich den Ausschlag für die jüngste Marktwertsteigerung gegeben haben. Denn obwohl Snapchat bislang praktisch keinen Umsatz macht, lebt der Kurznachrichtendienst von dem Potenzial, das die Investoren in dem Start-Up sehen. Die Zeiten, in denen die jüngeren Altersgruppen tagtäglich vor der Glotze hängen, sind passé und so wird es für die Werbeindustrie immer schwieriger, diese Zielgruppe über die traditionellen Kanäle zu erreichen. Snapchat kann mit genau dieser Zielgruppe aufwarten und so glauben viele Investoren fest daran, dass sich mit dem Kurznachrichtendienst eines Tages eine Menge Geld verdienen lässt. Einer davon ist nun offenbar der Risikokapitalgeber Kleiner Perkins Caufield & Byers, der in der Vergangenheit immer wieder in namhafte Tech-Größen wie Google oder Amazon investierte.