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    The Great Game - reloaded - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 19.10.05 17:47:30 von
    neuester Beitrag 19.10.05 17:51:25 von
    Beiträge: 2
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      schrieb am 19.10.05 17:47:30
      Beitrag Nr. 1 ()
      ROHSTOFFE

      Pilgerfahrt nach Peking

      Von Thilo Thielke

      Amerikaner und Chinesen liefern sich eine Schlacht um Afrikas Bodenschätze. Das Hauptinteresse gilt seinen riesigen Erdölreserven. Doch Chinas ungehemmt wachsende Industrie verlangt auch nach Kupfer, Mangan oder Tropenholz. Die Gewinner der Globalisierung sind die Diktatoren des Kontinents.


      Dokubo-Asari, der sich selbst mit dem furchteinflößenden Vornamen Mudschahid schmückt, konnte noch nicht ahnen, dass er demnächst verhaftet würde. Gierig tunkte der dicke Rebellenchef seine Finger in die rote Sauce, fischte ein Stück fettiges Hühnchen heraus, steckte es sich, seinen weißen Kaftan dabei vollkleckernd, in den Mund und erzählte laut schmatzend von seinem Krieg.



      Nigerianischer Rebellenführer Dokubo-Asari (2004): Im Verdacht, Ölpipelines anzuzapfen


      So wie Bosnien sei es zwar noch nicht im Nigerdelta - aber fast, sagte er stolz. Schließlich könne er über 100.000 Mann mobilisieren, und wenn die Regierung ihn weiter betrüge, werde er sie alle ins Feuer schicken: gegen die Banditen des Gouverneurs, gegen die Ölmultis, gegen alle Ausländer.

      Von rund 130 verschiedenen Banden, die sich "Die Wikinger", "Icelander (German 2000)", "Nationale Vereinigung von Abenteurern" oder "Schwarze Axt" nennen, befehligt Dokubo-Asari, 41, die wohl stärkste Miliz: einen Haufen Ethnokrieger vom Stamm der im Delta beheimateten Ijaw, der im Verdacht steht, regelmäßig die Pipelines des Ölriesen Shell anzuzapfen, dessen Mitarbeiter zu entführen oder umzulegen und sich auch mal auf offener Straße Schießereien mit rivalisierenden Gangs zu liefern. Auf über 2000 Mann schätzt die "BBC" Dokubo-Asaris Desperados, denen ihr Chef den sperrigen Namen "Niger Delta Peoples Volunteer Force" verpasst hat.

      Dass solche Banden eine Menge Schaden anrichten können, lässt sich zum Beispiel dem Jahresbericht der "Royal Dutch Shell" entnehmen, die jeden Tag rund eine Million Barrel in Nigeria fördert. 50.000 Barrel täglich, berichtet Shell, seien ihr im Jahr 2004 durchschnittlich gestohlen worden, wodurch der Konzern jährlich fast eine Milliarde Dollar verloren habe. Im selben Zeitraum wurden 12 Mitarbeiter ermordet, zwischen 50 und 70 entführt und insgesamt 314 kriminelle Zwischenfälle gezählt. 176-mal musste deswegen die Ölförderung unterbrochen werden; einmal verschwand gar ein komplettes Tankschiff, die "African Pride", spurlos und ward nicht mehr gesehen.

      "Der Öldiebstahl blutet uns aus", klagt der Konzernsprecher Larry Ossai in Nigerias Hauptstadt Abuja. Die Sicherheitsfirma WAC Global Services verglich die Lage im Nigerdelta schon einmal mit der in Tschetschenien.

      Vor rund vier Wochen wurde es den nigerianischen Gesetzeshütern zu bunt: Sie nahmen Dokubo-Asari wegen angeblicher Putschpläne gegen die Regierung in Untersuchungshaft.

      Seitdem droht der Konflikt vollends zu eskalieren. Nachdem hundert schwerbewaffnete Dokubo-Anhänger eine Plattform des amerikanischen Ölproduzenten Chevron besetzt hatten, wurde eine weitere von dem Unternehmen vorsorglich geschlossen.

      Auch Shell hat Mitarbeiter evakuiert - obwohl nirgends auf der Welt derzeit so große Ölfelder entdeckt werden wie in der Terra incognita des dunklen Kontinents. Schon heute werden hier jeden Tag rund acht Millionen Barrel gefördert. Es ist guter Stoff, leicht und wenig schwefelhaltig. Afrikanisches Öl lässt sich einfach zu Benzin verarbeiten und ist deshalb besonders begehrt.

      Über 280 Milliarden Petrodollar soll das schwarze Gold in den vergangenen 30 Jahren allein Nigeria eingebracht haben, wo es zum großen Teil von Politikern gestohlen wurde und weshalb der britische "Economist" den kürzlich beschlossenen Schuldenerlass für das bodenschatzreiche Land "lachhaft" findet.

      Ein Ende des Geldflusses ist nicht in Sicht. Immer stärker rücken Afrikas Chaosstaaten am Golf von Guinea ins Blickfeld der Ölmagnaten - nicht erst seit die Preise auf dem Weltmarkt ins Unermessliche steigen und die Vorräte auf der Arabischen Halbinsel zur Neige gehen.

      Bis zu 100 Milliarden Barrel Öl sollen allein in Westafrika, überwiegend offshore, darauf warten, gefördert zu werden - etwa so viel wie im Irak. "Im letzten Jahr wurden weltweit acht Milliarden Barrel Öl gefunden, sieben Milliarden davon lagen vor der Küste Westafrikas", freute sich bereits 2004 der US-Kongressabgeordnete William Jefferson. Der Schatz muss nur noch gehoben werden.

      Die USA haben daran ein besonders starkes Interesse: Nigeria ist ihr fünftgrößter Rohöllieferant, 15 Prozent ihrer Ölimporte beziehen sie aus Zentral- und Westafrika - und bald schon sollen es 20 Prozent sein.



      Volkseinkommen und Bodenschätze


      Hochgradig korrupten Ländern wie Nigeria und Angola werden atemraubende Wachstumsraten prophezeit, in Kürze schon sollen sie doppelt so viel Rohöl fördern wie derzeit. Überall am Golf von Guinea, in Gabun und Kongo-Brazzaville, in Äquatorialguinea und in São Tomé und Príncipe werden die Einnahmen drastisch steigen.

      Die afrikanischen Ölfelder erstrecken sich auch weit nach Osten. Gewaltige Pipelines pumpen Öl aus dem Tschad bereits an die Westküste, von wo ein Tanker nach Texas dann nur noch halb so lange braucht wie vom Persischen Golf. Auch Kamerun soll nun erschlossen werden. "Die Region wird in den nächsten fünf Jahren zusätzliche zwei bis drei Millionen Barrel täglich auf den Weltmarkt bringen", vermutet das Center for Strategic and International Studies: "Das sind ganze 20 Prozent der neuen weltweiten Produktionskapazität." 35 Milliarden Dollar werden die acht wichtigsten Ölstaaten Afrikas nach Schätzungen in diesem Jahr einnehmen.

      Der Geologe Tom Windle, der für die Petrofirma Amoco zuvor in Westafrika Ölvorräte entdeckt hat, vermutet gar in Ostafrika das größte Potential: "Wenn mir jemand eine Milliarde Dollar in die Hand drückte und sagte: `Öffne für mich ein neues Becken`, dann würde ich den ostafrikanischen Rand nehmen."

      Schon sind Exxon Mobil, Woodside Petroleum und Tullow Oil selbst in Ländern Ostafrikas aktiv. In Somalia kam die Ölsuche 1991 nur durch einen verheerenden Bürgerkrieg zum Erliegen. Seit dort jedoch im vergangenen Herbst eine neue Regierung gewählt wurde, drücken sich die Gesandten der Ölmultis im provisorischen Regierungssitz Dschauhar die Klinke in die Hand.

      Von Port Sudan bis Port Harcourt erstreckt sich ein gigantisches panafrikanisches Ölfeld. Was es zusätzlich attraktiv macht: Außer Nigeria ist keiner der afrikanischen Staaten südlich der Sahara Mitglied der Opec. Und Nigeria liebäugelt immer mal wieder damit, aus dem Kartell auszutreten, weil es bis zum Jahr 2010 die Fördermenge auf vier Millionen Barrel am Tag erhöhen möchte.

      Nur mit Hilfe der Afrikaner, so scheint es, lässt sich die Preispolitik der arabisch dominierten Opec effektiv aushebeln. Kein Wunder, dass Washington in "Westafrika eine der am schnellsten wachsenden Öl- und Gasquellen für den amerikanischen Markt" ausmacht.

      Das sind endlich einmal gute Nachrichten aus dem Katastrophenkontinent, zumal auch China Afrika als Rohstoffquelle entdeckt hat: Die Wirtschaftssupermacht von morgen braucht dringend Bodenschätze, um sein Wachstumstempo von jährlich neun Prozent zu halten.

      Das Interesse der beiden Mächte an Afrika war deshalb nie größer als heute, und es wird noch gewaltig zunehmen: Die Schlacht um die Schätze des Schwarzen Erdteils hat längst begonnen. "Afrika hat die Asse in der Hand", freut sich das Magazin "Africa Today".



      Einweihung einer sudanesischen Ölquelle: "Afrika hat alle Trümpfe in der Hand"
      In diesem Kampf ist den Chinesen offenbar jedes Mittel recht. Als die Vereinigten Staaten den islamistisch regierten Sudan zum Schurkenstaat erklärten, der den Weltterroristen Osama Bin Laden beherbergt hatte, und alle amerikanischen Ölgiganten nötigte, aus dem lukrativen Geschäft mit Sudans Öl auszusteigen, sprang China nur allzu gern ein.

      Mittlerweile sind die Chinesen Großinvestoren im Land des Mahdi, im Gegenzug werden 60 Prozent des sudanesischen Erdöls ins Reich der Mitte geliefert. Das ist nicht ganz wenig: Derzeit fördert der Sudan 340.000 Barrel am Tag, wenn in absehbarer Zeit das Ölfeld Melut ausgebeutet wird, könnte die Menge auf 800.000 Barrel täglich steigen.

      Die Chinesen betrachten ihr Engagement im Sudan zudem als langfristige Partnerschaft. Gerade erst haben 10 000 Chinesen mit dem Bau einer 1500 Kilometer langen Pipeline von den Ölfeldern im Süden des Landes zum Rotmeerhafen Port Sudan begonnen. Als Transferleistung erhält die Regierung des Kriegsherrn Umar Al Bashir, die 60 Prozent ihrer Ölerlöse in Kriegsgerät investiert, Waffen aus der Volksrepublik, die sie dringend im Krieg gegen Aufständische in Darfur oder dem Osten des Landes benötigt.

      Kein Wunder, dass sich die chinesische Regierung für so viel erquickliche Zusammenarbeit zu revanchieren weiß. Wann immer im Weltsicherheitsrat der Vereinten Nationen eine harsche Resolution gegen die Völkermörder aus Khartum auf der Tagesordnung stand, war mit einem chinesischen Veto zu rechnen. Colin Powell hatte das Gemetzel in Darfur schon frühzeitig einen Genozid genannt. "Geschäft ist Geschäft", nennt Chinas Botschafter in den USA, Zhou Wenzhong, dagegen das wesentliche Prinzip chinesischen Handels: "Die Situation im Sudan ist eine interne Angelegenheit."

      Zähneknirschend müssen die USA mitansehen, wie Peking nun nicht nur ihre Sicherheits- und Völkerrechtspolitik torpediert, sie müssen auch ertragen, wie China sich nahezu ungestört die Ölreserven des Landes sichert. Bereits jetzt bezieht China sechs Prozent seines Rohöls aus dem Sudan, das ist so viel wie aus Russland.

      "Wir importieren das Öl aus jeder Quelle, aus der wir es bekommen können", verkündet freimütig der stellvertretende Direktor der Abteilung Westasien und Afrika im chinesischen Handelsministerium, Li Xiaobing.

      Der deutsche Politologe Denis Tull, der für die "Stiftung Wissenschaft und Politik" eine Studie zur "Afrikapolitik der Volksrepublik China" vorgelegt hat, hält Chinas wachsenden politischen Einfluss in Afrika deshalb für "überwiegend negativ". Statt die Afrikaner zu Demokratie und Transparenz zu zwingen, werde Pekings vehemente "Verteidigung des Souveränitätsprinzips" autoritären afrikanischen Führern zugute kommen, die vom Westen sanktioniert werden.

      Hilflos müssen die Außenminister der Europäischen Union mitansehen, wie Chinas kapitalistische Garden überall in Afrika auf dem Vormarsch sind und ihren Versuch, durch die Zahlung von Entwicklungshilfe die Demokratisierung autoritärer Regime zu fördern, vollends ad absurdum führen.

      China importiert bereits 28,7 Prozent seines Öls aus Afrika (2003: 25,2 Prozent). Das Handelsvolumen stieg zwischen 1989 und 1997 um 431 Prozent und hat sich "seitdem mehr als verfünffacht" (Tull) - auf einen Höchststand von 24 Milliarden US-Dollar. Bald soll China Großbritannien als drittwichtigsten Handelspartner ablösen.

      Von 40 bilateralen Investitionsabkommen, die China zwischen 1995 und 2003 unterzeichnete, wurden 18 mit afrikanischen Staaten abgeschlossen. Im Jahr 2004 tummelten sich auf den afrikanischen Märkten bereits 700 chinesische Firmen, ihre Direktinvestitionen auf dem Kontinent betrugen 1,5 Milliarden US-Dollar.

      Gekauft wird alles, was die gefräßige chinesische Industrie verschlingt: Holz aus dem Kongo, Kupfer aus Sambia und Mangan aus Gabun, das für die Produktion von Stahl verwendet wird. Nach Afrika wird Massenware geliefert, die in China günstig produziert wird und deshalb in den Armutsländern südlich der Sahara besonders begehrt ist: Kleidung, Transistorradios oder Kalaschnikows.

      Es ist ein reges Hin und Her, das Kenya Airways mittlerweile durch eine Direktverbindung von Nairobi nach Hongkong erleichtert. Tonnenweise kommt Tinnef aus Fernost auf die afrikanischen Trödelmärkte. In die Gegenrichtung macht sich alle paar Wochen wieder ein neuer Tross afrikanischer Kleptokraten auf die Pilgerfahrt nach Peking, um die Ressourcen des Kontinents zu verhökern. Es sind die Abordnungen aus den bankrotten Ländern, die nicht einmal mehr Entwicklungshilfe bekommen.

      Zuletzt tourte Kenias Präsident Mwai Kibaki durch das fernöstliche Riesenreich und tat etwas für das angeknackste Selbstbewusstsein seiner als ausgesprochen korrupt geltenden Regierungstruppe. Die Bundesrepublik Deutschland hat bereits fünf Millionen Euro eingefroren, bis die Regierung wichtige Korruptionsfälle aufgeklärt hat; der deutsche Botschafter in Nairobi droht mit weiteren Sanktionen, weil Spendengelder für Propagandazwecke "illegal und verschwenderisch" missbraucht würden. Und die Briten hatten noch kürzlich Kenias Transportminister Christopher Ndarathi Murungaru das Visum entzogen, weil er charakterlich ungeeignet sei für einen Besuch im Vereinigten Königreich.

      Doch in Peking konnte es sich Kibaki bei einer Fünftagesvisite gut gehen lassen. 34 Millionen Dollar versprachen die Chinesen dem Gast aus dem Safariland, der daraufhin von einem "fruchtbaren Besuch" als "zufriedener Mann nach Hause kam", wie die regierungsfreundliche kenianische Tageszeitung "Daily Nation" feststellen konnte.

      Beim kritischeren "Standard" fiel das Urteil über Kibakis Bettelreise nicht ganz so euphorisch aus: "Das Geld findet seinen Weg in die Taschen der Regierung ohne die sonst üblichen Bedingungen", warnte das Blatt und hoffte inständig, die derart geschmierten kenianischen Herrscher hätten nun "der chinesischen Regierung keine wilden Zugeständnisse gemacht, die sie nun nicht öffentlich machen wollen".



      Handelspartner Hu, Mugabe: Geschäft ist Geschäft
      Derartige Sorgen scheinen nicht unbegründet. Simbabwes Präsident Robert Mugabe, der bei seiner China-Reise vor knapp drei Monaten von Staatspräsident Hu Jintao als "großer Freund" willkommen geheißen wurde, soll den Chinesen die Ausbeutung der Platinvorkommen seines siechen Landes übertragen - und im Gegenzug für 100 Millionen Dollar Militärflugzeuge bekommen haben.

      "Afrikanische Führer wie Kenias Präsident Kibaki oder Simbabwes Diktator Robert Mugabe begehen den gleichen Fehler wie alle afrikanischen Führer vor ihnen", befürchtet der kenianische Ökonom James Shikwati, "wenn sie sich auf Betteltouren nach Fernost begeben." Schnell könnte sich der Deal mit Chinas Machthabern als ein Pakt mit dem Teufel herausstellen. Für Almosen würden afrikanische Präsidenten die unermesslichen Bodenschätze des Kontinents verscherbeln - ganz wie in den schlimmen Zeiten der europäischen Kolonialherrschaft, als für Glasperlen, Schnaps und Kupferdraht ganze Länder den Besitzer wechselten.

      SPIEGEL
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      schrieb am 19.10.05 17:51:25
      Beitrag Nr. 2 ()
      vielleicht ist es ja doch besser, wenn die welt unter der fuchtel der amis steht. :rolleyes:
      interessant ist allerdings, daß es gegenden in afrika gibt, wo das volkseinkommen deutlich höher ist, als das von china.


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