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    US-Wahlen: Erster Moslem ins Parlament? - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 05.10.06 10:54:33 von
    neuester Beitrag 05.10.06 15:55:10 von
    Beiträge: 3
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      schrieb am 05.10.06 10:54:33
      Beitrag Nr. 1 ()
      Star wider Willen

      Von Markus Ziener

      Keith Ellison aus Minnesota könnte der erste Moslem im US-Repräsentantenhaus werden. Doch Fragen zu seiner Religionszugehörigkeit blockt der Demokrat unbeirrt ab. Eine Handelsblatt-Reportage über einen vermeintlich normalen Wahlkampf.


      MINNEAPOLIS. Wahlkampf härtet ab. „Wäre ich kein Moslem, du würdest nicht mit mir reden“, sagt Keith Ellison ganz abgebrüht zu dem Reporter. Und dann schwenkt der 43-Jährige unbeirrt auf seine Themen um: Gesundheit, Minderheiten, Schwule, Schwarze, Bildung, der Krieg im Irak.

      Zu seinem Glauben sagt er nichts. „Ich habe eine amerikanische Agenda“, sagt Ellison irgendwann. Doch die will keiner hören. Und schon wird die nächste Frage abgefeuert: „Wie ist das, als Moslem in der amerikanischen Politik zu sein?“

      Keith Ellison ist der Star wider Willen in der Demokratischen Partei, die hier in Minnesota DFL heißt. DFL steht für „Democratic-Farmer-Labour“ – ein Unikum, das es nur hier im Mittleren Westen gibt. 1944 verschmolzen die Demokraten mit Bauern und Arbeitern zur DFL – und blieben es bis heute. Für diese Partei kandidiert Keith Ellison bei den Kongresswahlen am 7. November für einen Sitz im Repräsentantenhaus in Washington.

      Gewählt wird das „House“ alle zwei Jahre. Doch der 7. November 2006 ist kein gewöhnlicher Wahltag. Nach Umfragen spricht viel dafür, dass die Demokraten die langjährige Mehrheit der Republikaner in der zweiten Kammer des US-Kongresses brechen könnten. Minnesota gilt dabei als „Swingstate“, der nicht klar einem der beiden Lager zugerechnet werden kann. Ellison soll Minnesota für die Demokraten halten. Und er soll ein Symbol setzen für die liberale Partei. Er soll siegen und der erste Moslem im Parlament im fernen Washington D.C. sein.

      Die Chancen dafür stehen gut. Klarer als erwartet gewann Ellison am 12. September die Vorwahlen innerhalb der DFL. Mit 41 Prozent Zustimmung setzte er sich gegen eine ganze Schar von Konkurrenten durch. Nun muss er die Rivalen von der republikanischen, der unabhängigen und der grünen Partei aus dem Rennen werfen – was ihm im demokratisch geprägten 5. Wahlbezirk gelingen sollte. Also: Wie ist das als Moslem in der US-Politik?

      Doch Keith Ellison verweigert sich konsequent. Stattdessen hüpft er behände auf den Holztisch, der im Kenwood-Park in Minneapolis für die Picknick-Runde aufgebaut ist. Zehn Meter weiter glimmt schon die Holzkohle auf dem Grill, im Hintergrund spielt sich eine Drei-Mann-Combo warm.

      Und plötzlich wird Ellison, bis dahin eher still und unauffällig, zum Wahlkämpfer. „Wie viele Tage haben wir noch bis zur Wahl?“ fragt er provozierend in die Menge. Und sein Wahlkampfteam ruft: „Thirty-eight days!“ Dann hämmert Ellison im Silbentakt: „Wir können niemanden beiseite lassen!“ Und die Anhänger wiederholen wortgetreu das Stakkato. Ellison: „Morgen wird es besser sein als heute!“ Und auch diese Prophezeiung repetiert die Wahlkampftruppe inbrünstig. Der Kandidat macht Stimmung, gestikuliert, agitiert. Fünf Minuten dauert das Feuerwerk, dann springt er wieder herunter von dem roh gezimmerten Tisch.

      Zum Islam sagt er immer noch kein Wort. Bald danach verschwindet er. Und wirkt etwas genervt.

      So war das auch in der populären Talkshow „Hardball“ im Fernsehsender MSNBC am 14. September, zwei Tage nach seinem Sieg in den Vorwahlen. Moderator Chris Matthews quält Ellison mit Fragen zum Islam. Und man merkt, wie satt es Ellison hat, darauf zu antworten. Vor allem auf einen Artikel, den er vor 20 Jahren geschrieben und in dem er Louis Farrakhan verteidigt hat. Jenen Farrakhan, der als Chef der „Nation of Islam“ seit Jahren für seine antisemitischen Äußerungen geächtet wird. Sichtlich angespannt verweist Ellison auf sein damals jugendliches Alter und sagt: „Chris, ich hoffe du und ich, ich hoffe, wir reifen und entwickeln uns.“ Aber der Moderator lässt nicht locker. So wie immer.

      Wird Ellison gewählt, dann wird das Kreuzverhör noch verschärft weitergehen. Warum ist er mit 19 Jahren vom katholischen zum islamischen Glauben übergetreten? Warum hat er ein Verfahren in Steuersachen am Hals gehabt? Warum wurde ihm einst sein Führerschein abgenommen? Ellison wird auf diese Fragen wieder und wieder antworten müssen. So ist das als Abgeordneter, so ist das in den USA.

      Vor allem dann, wenn man eine Vergangenheit mit ein paar dunklen Flecken hat. Seine Mitkämpfer sagen, genau das bringe ihm die Wähler. Ellison wirke authentisch, sei „einer von uns“, einer, bei dem nicht alles glatt gegangen ist. Ihn hätten deshalb Leute gewählt, die sonst zu Hause bleiben, sagt Frank Hornstein, der für das Landesparlament in Minnesota selbst zur Wiederwahl steht. Hornstein ist Jude – und unterstützt den Moslem Ellison. Sein Wort hat Gewicht. Und es sichert Stimmen.

      Stimmen, die Michele Bachmann kaum brauchen dürfte. Die zierliche 50-Jährige schwimmt an diesem frühen Morgen tief im republikanischen Mainstream. 90 Autominuten außerhalb von Minneapolis, in Washington County, ist ihr Platz zu dieser Stunde bei der Familie von Annette und Gary Gilbertson in Scandia.

      Die Gilbertsons bewirtschaften rund 140 Hektar Land, bauen Mais und Kürbis an und sind stolz auf ihre drei Kinder. Um Tochter Melissa sorgt sich die Familie an diesem strahlend schönen Spätsommertag besonders. Denn die 27-Jährige dient seit März im Irak. Den Startschuss für die Erntesaison verbinden die Gilbertsons deshalb mit einer Solidaritätsadresse für die US-Soldaten. In das Maisfeld wurden in mühsamer Arbeit Streifen und Sterne gemäht, an einem Mast in der Nähe auf dem Feld stehen Veteranen bereit, um das Sternenbanner aufzuziehen.

      In ihrem engen, braunen Kostüm sieht Michele Bachmann etwas zu schick aus auf dem Maisacker. Aber das stört die Runde nicht. Denn sie weiß, was sie von ihr zu halten hat.

      Bachmann hat klare Überzeugungen – über den Krieg, über Steuern und über Stammzellforschung, über Schwule und über den Iran. Wenn sie spricht, dann klingt es, als hake sie „talking points“ ab, ohne Fehler, ohne Zweifel.

      Als die US-Flagge in den wunderbaren Schäfchenwolkenhimmel über Minnesota gezogen wird, spricht sie wie alle anderen den Treueeid auf die USA. Genau so, wie jeden Morgen die amerikanischen Schulkinder. Und als die Worte der „pledge of allegiance“, des Fahneneids, den Millionen Kinder jeden Morgen in ihren Schulen aufsagen, über das Maisfeld klingen, wirkt das Bekenntnis auf einmal nicht mehr kitschig und aufgesetzt, sondern echt und wahr.

      Diese Menschen in dem Örtchen Scandia haben ein klares Weltbild, es gibt ein Oben und ein Unten, es gibt richtig und falsch. „Dieses Land ist großartig“, sagt Bachmann, als sie an der Reihe ist, ein paar Worte zu sprechen. Viel mehr sagt sie nicht. Und es genügt auch. Man ist unter sich.

      Auch Bachmann dürfte ihren Wahlkreis gewinnen, den neben Ellison, Wahlkreis Nummer 6. Sie wird voraussichtlich Patty Wetterling von der DFL besiegen und so wie Ellison auf den Hill ziehen und dort als eine von acht Abgeordneten aus Minnesota ihren Bundesstaat vertreten.

      Vier Demokraten vertreten Minnesota derzeit im Repräsentantenhaus und vier Republikaner. Wahlexperten wie Barry Casselman glauben, dass es dabei auch bleiben wird. Minnesota ist inzwischen ziemlich genau zweigeteilt zwischen den beiden Lagern, mit einem nur noch knappen demokratischen Vorsprung.

      Deshalb haben die Republikaner die Zwillingsstädte Minneapolis und St. Paul jüngst in einem geschickten Coup vor den Demokraten zum Ort ihrer Parteiversammlung für den Präsidentschaftswahlkampf 2008 erkoren. Die Parteitage sind Höhepunkte in einem Wahljahr, und mit diesem Geschenk wollen sie endlich Minnesota auf ihre Seite bringen – und damit zehn Wahlmänner für den nächsten Präsidenten. Schon jetzt geht es um die Zeit nach George W. Bush.

      Keith Ellison mag daran am Ende dieses Tages noch nicht denken. Er muss weiter Geld sammeln für seinen Wahlkampf. Das gelingt. Bei einem „Fundraiser“ in einem Hotel in Minneapolis kommt eine Zusage nach der anderen. „Das ist Geld für den ersten Moslem im Abgeordnetenhaus“, wirbt lauthals einer von Ellisons muslimischen Gastgebern.

      Dem ist auch das nicht wirklich recht. Aber er hat auch nichts dagegen – solange die Kasse klingelt.

      ]http://www.handelsblatt.com/news/Politik/International/_pv/…
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      schrieb am 05.10.06 11:31:38
      Beitrag Nr. 2 ()
      ... davor und danach trifft man sich gemeinsam in der Freimaurerloge ...
      Avatar
      schrieb am 05.10.06 15:55:10
      Beitrag Nr. 3 ()
      Hier noch der Link zu seiner Homepage:

      ]http://www.keithellison.org/index.htm][img


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