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    Frage zur Strafprozessordnung - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 09.11.06 14:18:45 von
    neuester Beitrag 09.11.06 20:41:50 von
    Beiträge: 9
    ID: 1.093.314
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      schrieb am 09.11.06 14:18:45
      Beitrag Nr. 1 ()
      Der Vergewaltiger von Stefanie hat die ihm vorgeworfenen Straftaten am Montag eingestanden. Danach hat er versucht durch einen (nur vorgetäuschten?)Fluchtversuch im Gerichtssaal u. durch seine spektakuläre Flucht auf das Gefängnisdach zu verhindern, dass Einzelheiten seiner Tat (durch Vorführung seiner selbstgemachten Videoaufnahmen) in öffentlicher Sitzung erörtert werden.
      Meine Frage:
      Ist es nach deutscher Strafprozessordnung zulässig, dass das Gerichtsverfahren selbst schon als Teil der Bestrafung benutzt wird ?
      Dieses öffentlich "An den Pranger stellen ", indem Einzelheiten seiners brutalen Handelns in öffentlicher Sitzung gezeigt u.erörtert werden, wollte er ja verhindern, weil ihm offenbar noch sehr viel an dem Bild liegt, das die Öffentlichkeit von ihm hat.Von der Sache her ist dies eigentlich auch überflüssig, weil er ja alle erhobenen Vorwüfe nicht bestritten hat, die Urteilsfindung also keiner weiteren Beweisführung bedarf.
      In früheren Zeiten, war es eine Selbstverständlichkeit, dass das Gerichtsverfahren als Teil der Bestrafung u. zur Abschrechung potentieller anderer Täter diente (Diebstahl an Volkseigentum wurde in der DDR oftmals im Betrieb vor versammelten Kollegen verhandelt). Meine Frage also: Wie ist dies im bundesdeutschen Strafrecht geregelt u.welchen Ermessensspielraum hat der Richter dabei ?
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      schrieb am 09.11.06 15:15:30
      Beitrag Nr. 2 ()
      Durch das Geständnis "steht" lediglich der Schuldspruch, also Vergewaltigung, Freiheitsberaubung, Körperverletzung etc.

      Bei der Strafzumessung ist u.a. die Art der Tatausführung und die aus der Tat sprechende Gesinnung (§46 StGB)zu berücksichtigen.

      Insofern ist das Video natürlich eine wichtige Erkenntnisquelle für das Gericht und keineswegs überflüssig.

      Hauptverhandlungen in Strafsachen gegen Erwachsene sind unabhängig davon grundsätzlich öffentlich.
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      schrieb am 09.11.06 16:01:44
      Beitrag Nr. 3 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 25.240.405 von pappenheimer2010 am 09.11.06 15:15:30darf deinen erkenntnissen anfügen, daß es u. a. im ermessen des gerichts steht (in diesem falle im ermessen des collegialgerichts), ob einzelne beweiserhebungen unter umständen (div. gründe, z. bsp. schutz der intimsphäre etc.) nicht-öffentlich zu erörtern sind - alles nachzulesen in der strafprozeßordnung und div. kommentierungen - also bitte nicht ohne umfassendes wissen hier gross mokieren...
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      schrieb am 09.11.06 16:56:01
      Beitrag Nr. 4 ()
      Der Grundsatz der Öffentlichkeit der Hauptverhandlung ist nicht in der StPO, sondern im GVG geregelt.
      Avatar
      schrieb am 09.11.06 17:33:00
      Beitrag Nr. 5 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 25.241.508 von Eisenbacher am 09.11.06 16:01:44Wenn du dich nicht aufspielen, sondern lesen würdest, kämst du an dem Wort "grundsätzlich" in meinem posting nicht vorbei.

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      schrieb am 09.11.06 17:41:57
      Beitrag Nr. 6 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 25.242.732 von DerStrohmann am 09.11.06 16:56:01danke für die verschiedenen Antworten. Ich meinte eigentlich folgendes: Wenn der Angeklagte allen Vorwürfen, die relevant für die Urteilsfindung sind, nicht widerspricht u.auch geschiderte Details, die sich auf das Strafmaß auswirken, ohne Widerspruch hinnimmt, ist dann bei einem so schwerwiegenden u. doch seltenen Verbrechen (Minderjährige mehrere Wochen als Sexsklavin benutzt) die sonst übliche Abkürzung des Beweisverfahrens vorgeschrieben oder kann der Richter trotzdem die dem Angeklagten offenbar äusserst unangenehme öffentliche u. ins Detail gehende Beweiserhebung fortsetzen, quasi schon als Teil der Strafe.
      Avatar
      schrieb am 09.11.06 19:41:13
      Beitrag Nr. 7 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 25.243.680 von augu am 09.11.06 17:41:57Zu deiner Frage, ob die "Abkürzung des Beweisverfahrens vorgeschrieben ist", eine klare Antwort: Nein! Denn es gilt nach kontinentaleuropäischem Strafprozessrecht der Untersuchungsgrundsatz. D. h. das Gericht hat von Amts wegen die objektive Wahrheit zu ermitteln. Ein Geständnis des Angeklagten hat also grundsätzlich vom Gesetz her erstmal keine (verkürzende) Auswirkung auf das Verfahren. Es ist in unserem Rechtssystem eben nicht so, dass der Angeklagte auf schuldig "plädiert" und dann das Verfahren beendet ist, die Klage "fallen gelassen" wird o. ä. wie man es aus dem angelsächsischen Raum kennt. ( "Plea guilty or not guilty." ) Wurde die Klage erhoben, muss das Gericht in öffentlichen Sitzungen darüber entscheiden, ob der Angeklagte ohne vernünftige Zweifel der Tat schuldig gesprochen werden muss, oder ob er freizusprechen ist. Alle be- und entlastenden Beweise für die Schuld des Angeklagten sind öffentlich in der Hauptverhandlung vorzubringen und zu erörtern. Dies hat erstmal nichts mit "Strafe" zu tun. Allerdings kann man über den rechtspolitischen Zweck eines solchen Verfahrens streiten. Sicher ist die Legitimation für die Öffentlichkeit neben der demokratischen Kontrolle auch eine Form der Generalprävention. Das Funktionieren der Strafandrohung soll vor allen Augen bewiesen werden. Meinst Du das?
      Avatar
      schrieb am 09.11.06 20:13:45
      Beitrag Nr. 8 ()
      Möchte gleich vorausschicken, daß ich jur. Laie bin.
      Trotzdem: Die Öffentlichkeit der Hauptverhandlung ist ein ganz fundamentaler Grundsatz unserer Rechtsordnung, ebenso die Pflicht, daß das Gericht die relevanten Sachverhalte feststellen muß.
      Ein Geständnis des Angeklaten kann niemals Grundlage für einen "kurzen Prozeß" sein.
      Es kommt ja z.B. durchaus vor, daß Leute eine Tat gestehen, die sie nicht begangen haben, z.B. um einen Angehörigen zu schützen.
      Weiterhin besteht ja auch immer die Möglichkeit, daß bei einer gründlichen Untersuchung Tatsachen ans Licht kommen, die der Täter von sich aus nicht eingräumt hättte.
      Bei der Strafbemessung kommt es nicht nur auf das Ergebnis der Tat an, sondern immer auch auf die nähren Umstände (war es Körperverletzung mit Todesfolge, Totschlag oder Mord, war der Täter zum Tatzeitpunkt zurechnungsfähig oder nicht usw. usw.). Wie wäre eine solche Bewertung möglich, wenn das Gericht auf eine Ermittlung aller relevanten Tatumstände verzichtn würde?
      Avatar
      schrieb am 09.11.06 20:41:50
      Beitrag Nr. 9 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 25.246.970 von quotiks am 09.11.06 20:13:45Danke, das waren klare Antworten mit Begründung. Durch ein Eingeständnis der Tat mit allen Drum und Dran kann der Angeklagte keine Prozessabkürzung in jedem Fall erreichen, was im angelsächsischen Raum wohl anders gehandhabt wird. Und es leuchtet auch ein, dass im Laufe des Prozesses womöglich Tatbestände ans Tageslicht kommen, die in der Anklageschrift nicht auftreten. Die ausführliche Erörterung der Tat in öffentlicher Sitzung gegen den Willen des Angeklagten, bedeutet deshalb nicht, dass dies schon einen Teil der Strafe sein soll.


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