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    Gedanken zur Zivilluftfahrt - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 19.04.00 21:28:33 von
    neuester Beitrag 11.06.00 21:41:58 von
    Beiträge: 5
    ID: 122.009
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      schrieb am 19.04.00 21:28:33
      Beitrag Nr. 1 ()
      Nachdem mich auch die Zivilluftfahrt fasziniert hab ich mir dazu mal Gedanken aus der Sicht eines Börsianers gemacht
      und die Veränderungen der letzten Jahre zusammengestellt.

      ZIVILLUFTFAHRT:

      Nach der Übernahme von McDonellDouglas (MDD) durch Boeing teilen sich die Rentoner Flugzeugbauer mit dem europäischen
      AIRBUS-Konsortium diesen Markt unter sich auf. Boeing erhielt dabei 1999 391 Bestellungen und lieferte 548 Maschinen aus
      (die auslaufende Produktion von MDD nicht eingerechnet). Airbus erhielt 476 Aufträge und stellte 294 Jets her. Damit überholten
      die Europäer erstmals die Amis in den Verkaufszahlen. Jedoch stehen noch Auslieferungen aus den Aufträgen der Vorjahre aus.

      Eine gewisse Überalterung der Typen ist bei Beiden festzustellen. So stammt die Baureihe A300/310 von Airbus in den Grund-
      zügen aus den 70er Jahren während die Boeing-Muster 767 Anfang und 757 Ende der 80er Jahre entwicklet wurden. Die Bestell-
      ungen sprechen daher auch eine deutliche Sprache: Während Airbus 1999 keinen einzigen Verkauf vermelden konnte, wurden
      von Boeing 111 Stück abgesetzt. Andererseits, wenn Boeing auch die neueste Generation der 737 aufgelegt hat, bleibt es im
      Baukonzept doch das Modell aus den späten 60er Jahren, daß Anfang der 70er flügge wurde. Die Airbus Modelle der A320-Familie
      wurden in den achtziger Jahren entwickelt und sind wesentlich moderner in der Konzeption, obwohl Boeing die Unzulänglichkeiten
      der 737 relativ gut kompensieren konnte. Auch der bekannte Jumbo wurde in den 60er Jahren entwickelt und Anfang der 70er auf
      den Markt gebracht. Hier hat Airbus mit der kleineren A340 das modernere Flugzeug, auch wenn dies eigentlich nur eine vierstrahl-
      ige Version der A330 ist, die in direkter Konkurrenz zu etwa gleichaltrigen 777 steht.

      Als derzeit aktuellste Neuentwicklung steht bei Airbus die A3XX an. Dieser Jumbo-Konkurrent soll ca. 600 Passagiere befördern
      können und die 747 in der Kapazität um fast 33 Prozent übertreffen. Während Airbus den Absatz auf ca. 600 - 700 Maschinen
      schätzt, glaubt man bei Boeing nur an ca. 350. Letztere Zahl wäre für Airbus ein finanzielles Desaster, jedoch nicht wirklich
      bestandbedrohend. Die Situation ist schwierig, denn Boeing will eine nochmals gestreckte Version der 747 entwicklen und die
      Fluggesellschaften halten sich derzeit mit Zusagen noch zurück. Boeing hingegen will mit einer weiterentwickelten Version der
      Tripple-Seven mit verlängerter Reichweite in die Domäne der A340 einbrechen.

      Boeing hat mit der Übernahme von MDD eine Flugzeugentwicklung miterworben, die in die Regionaljetszene eindringt. Die 717
      (noch als MD-95 konzipiert) paßt allerdings von der Gestaltung her nicht ganz ins Boeing-Programm und ist nicht wirklich neu,
      denn es ist nur eine erneuerte Variante der alten DC-9 und etwas verkürzt. Aber auch der Airbus-Mitbewerber A318 ist nur eine
      nochmals gekürzte Version der A320-Reihe. Insgesamt überzeugt keine der beiden Ausführungen vollständig.

      REGIONALFLUGZEUGE:

      Die Entwicklung des Canadair Regionaljets Anfang der 90er Jahre krempelte dieses Segment völlig um. Was vorher kaum jemand
      für möglich hielt; die Jets verdrängten die alteingesessenen Turboprops größtenteils. Hersteller die dies übersahen sind aus dem
      Rennen, wie ATR, Fokker und Saab. Während Saab die Produktion einstellte und nur noch Flugzeugkomponenten baut gingen die
      Anteilseigner von ATR eine Partnerschaft mit einem der neuen Leader Embraer ein. Tja, und Fokker ging in Konkurs.

      Ein Vergleich der neuen Marktfüher CANADAIR, EMBRAER und FAIRCHILD-DORNIER für 1999 zeigt folgendes Bild:

      Canadair: 81 Auslieferungen zu 172 Bestellungen der Typen CRJ 100/200 und 700
      Embraer: 97 Auslieferungen zu 324 Bestellungen der Typen ERJ 135/145/170/190-200
      Fairchild: 15 Auslieferungen (nur 328) zu 178 Bestellungen der Typen 328/428/728JET (528 + 928) noch nicht Fertigungsreif)

      Embraer ist mit der Entwicklung am weitesten vorangekommen und hat damit einen Produktionsvorsprung. Doch Fairchild-Dornier,
      deren Produkte eine weiterentwickelte Turboprop Dornier 328 darstellen, hat durch den einstig zweier kräftiger Kapitalgeber Ende
      1999 nun die finanzielle Rückendeckung um auch die restlichen Entwicklungsarbeiten zu bezahlen und die gesamte Produktpalette
      zu realisieren.

      Canandair hingegen droht den Anschluß zu verlieren. Die Regionalfluggesellschaften benötigen eine umfassende Palette von Flugge-
      räten im Bereich von 30 bis 90/100 Passagieren, um das jeweilige Streckennetz optimal zu bedienen. Leider fehlt es den Kanadiern
      an einer solchen Modellfülle und die CRJ-Baureihe basiert zudem auf einem Bussinesjet und konstruktionsbedingt enger geschnitten
      als die Embraer und Fairchilds. Es steht außer Frage, daß die Regional-Airlines sich einen Partner suchen, der alles aus einem Guß
      anbieten kann, um Kosten im Einkauf (größere Abnahmemengen), Betrieb (gleiche Ausstattung und Technik) und bie der Wartung
      (gleiche Teile) zu sparen.

      ALLGEMEIN:

      In den letzten Wochen zeichnen sich weitreichende Veränderungen in der Branche ab. So will sich Boeing mit dem Airbus-Mitglied
      British Aerospace zusammenschließen. Eine Realisierung ist aber fraglich, da die Kartellbehörden der USA und der EU wahrschein-
      lichen eine Verkauf des 20%igen Airbusanteils erzwingen würden um den weltweiten Wettbewerb zu erhalten (Die EU zierte sich ja
      schon bei der MDD-Übernahme durch Boeing). Diesen könnte dann die italienische Alenia-Gruppe übernehmen, die mit den anderen
      Airbus-Konsorten DASA/CASA und Aerospatiale-Matra ein Gemeinschaftsunternehmen zum Bau eines neuen Militärtransporters ge-
      gründet hat und diese Kooperation auf Zivile Bereich ausdehnen möchte. Doch BAe könnte auch in EADS einsteigen, in der sich die
      drei anderen Airbusproduzenten bereits zusammenschlossen. Die Regionalflugzeugsparte von BAe AVRO mit den neuen Regionaljets
      AVRO RJX-85/100 dürfte es am Markt schwer haben, denn dieses Muster wurde vor 30 Jahren als BAe-146 mit vier Triebwerken konzi-
      piert und erscheint etwas unwirtschaftlich. Außer einer der neuen Partner gliedert die Sparte in die eigene Produktpalette ein. Allerdings
      zielen sowohl Boeing 717 als auch Airbus A318 in diese Richtung und für zwei Modellreihen der selben Klasse hat kein Hersteller
      Verwendung.

      Zum Schluß sollte man nicht vergessen, daß es auch in Russland eine Flugzeugindustrie gibt und die Typen Antonow AN-140, Illjushin
      Il-96 und Tupolew Tu-204 den westlichen Mustern konkurrenz machen könnten. Anzeichen gibt es bereits, da in den letzten Wochen
      einige AN-140 und Tu-204 von GUS-Fluggesellschaften geordert wurden. Und die osteuropäischen Airlines müssen in wenigen Jahren
      ihre alten Typen ersetzen. Auch wird es vielfach zu einem Flottenausbau kommen. Zuverlässing sind die russischen Flugzeuge allemal.
      Wenn noch die Ausstattung moderner wird und die Triebwerke westlichen Standards entsprechen, dann wächst wohl ein ernstzunehmen-
      der Mitbewerber heran. Es müssen sich halt noch finanzkräftige Kapitalgeber finden.

      BÖRSENAUSSICHTEN:

      AIRBUS: Derzeit nur ein Konsortium. Umwandlung in eine Gesellschaft ist zwar geplant aber noch nicht konkretisiert worden.

      BOEING: (WKN 850471) wird in Deutschland gehandelt. Nachdem die Verluste aus der Asienkrise ausgestanden sind und die Auftrags-
      entwicklung nach oben zeigt sollte der Kurs profitieren.

      CANADAIR: Man kann sich nur über den Eigner Bombardier (WKN 866671) beteiligen. Überzeugt jedoch nicht ganz. Aber der einzige
      Hersteller, der noch nennesnwerte Stückzahlen von Turboprops (Dash 8-400) produziert und über ein Quasimonopol auf Flugboote
      (CL-415) verfügt.

      EMBRAER: Wie Airbus nicht börsennotiert. Die Gruppe ist zwar bereits privatisiert, jedoch sind noch keine Pläne für ein Going-Public
      bekannt geworden. Schade, es wäre wohl der aussichtsreichste Wert.

      FAIRCHILD: (WKN 872434) Wird in Deutshland nicht sehr lebhaft gehandelt. Nachdem die Zukunftsprojekte finanziell abgesichert sind
      sollten die Verkäufe stetig ansteigen und die Erträge entwprechend Wachsen. Eine etwaige Emission der Finanzgeberanteile in einigen
      Jahren ist wahrscheinlich.
      Avatar
      schrieb am 19.04.00 22:03:10
      Beitrag Nr. 2 ()
      Hallo Boersenjunky,


      wenn du dir gestern den Fernsehbericht auf N3 um 21.45 Uhr angesehen hättest, wärst du nicht so überzeugt von der Markt-
      stellung des Überfliegers A3XX. Es wurde auch das Völumen angesprochen und deshalb hat die Lufthansa Ihre Vorbe-
      stellungen storniert.Die Entscheidung über die Standortvergabe und somit auch der Bau des Prototyps haben sich über den
      Jahreswechsel verschoben.Die Zukunft des A3XX ist also ungewiß.
      Avatar
      schrieb am 19.04.00 22:07:43
      Beitrag Nr. 3 ()
      Warum überzeugt Bombardier nicht?
      Der Canadair Regional Jet ist eines der modernsten Flugzeuge der Welt.
      DaimlerChrysler sind auch gerade billig...
      Avatar
      schrieb am 21.04.00 00:06:09
      Beitrag Nr. 4 ()
      Hallo Sedei und PiratPilot,

      danke für Eure Postings. Bin erst jetzt dazu gekommen, nachzuschauen.

      Wegen dem Airbus A3XX: Sedei, den Bericht hätte ich selbst bei Kenntnis der Ausstrahlung nicht anschauen können, da ich N3
      nicht empfangen kann. Daher konnte ich die Infos nicht mitverarbeiten.Daß Lufthansa seine Absichten aufgeschoben hat ist mir
      daher neu. Ich habe aber keine eigene Einschätzung für den Erfolg der A3XX abgegeben, denn die Zahlen stammen aus verschie-
      denen öffentlichen Berichten. Die Einschätzung über die finanziellen Auswirkungen stammt aus einem AeroInternational-Artikel und
      kommt von Lehman Brothers. Meiner Ansicht nach dürfte der Verkauf für die A3XX schwierig sein, da die Zahlen nicht unbedingt
      auf große Nachfrage hindeuten. Allerdings kam Boeing mit der 747 auch zu einer ungünstigen Zeit, nämlich der Ölkrise der 70er
      Jahre und wurde trotzdem ein Erfolg.

      Wegen Bombardier: PiratPilot: Ich bestreite nicht, daß der Canadair Regionaljet eines der modernsten Flugzeuge der Welt ist.
      Nur gibt es derzeit meines Wissens keine Pläne, die Palette aufzurüsten, um die Regionalgesellschaften mit einer einheitlichen
      Flotte im Bereich von 30 - 100 Passagieren ausrüsten zu können. Und dies überzeugt mich nicht ganz, denn sowohl Embraer als
      auch Fairchild-Dornier sind künftig dazu in der Lage. Sollten entsprechende Entwicklungen bekanntwerden, bin ich gern bereit,
      mein Urteil zu korrigieren, derzeit bleib ich bei der geposteten.

      Grüße aus Bayern vom Boersenjunky
      Avatar
      schrieb am 11.06.00 21:41:58
      Beitrag Nr. 5 ()
      Nachdem nun ein paar Wochen seit dem letzten Eintrag vergangen sind und sich die Aussichten in der Branche verändert haben, ist
      es an der Zeit, meinen Beitrag zu aktualisieren. Da jetzt ja die Internationale Luftfahrtausstellung (ILA) in Berlin war, denke ich, daß
      alle derzeit bekannten Entwicklungen enthalten sind.

      VERKEHRSFLUGZEUGE:

      Wie die meisten in den letzten Tagen mitverfolgen konnten, sind die Chancen für den Bau des Airbus A3XX deutlich gestiegen. Neben
      Emirates und Singapore Airlindes hat nun auch Air France die Absicht erklärt, bis zu zehn Maschinen zu bestellen. Lufthansa will bei
      günstiger Entwicklung zu einem späteren Zeitpunkt auch einige Flugzeuge ordern. Außerdem haben einige Frachtfluggesellschaften
      Iinteresse an dem Baumuster angemeldet, wie Cargolux und vor allem Federal Express. Die Finanzierung der Entwicklungskosten und
      dem Bau neuer Fertigungsanlagen scheinen auch gesichert zu sein, so daß eigentlich nur noch die postive Entscheidung des Airbus-
      Aufsichtsrates aussteht. Diese soll aber in den nächsten Wochen fallen.

      Sicher ist dieses Projekt riskant, aber das Konzept ist meiner Überzeugung nach einfach gelungener und wirtschaftlicher als die von
      Boeing angebotene Variante, der 747 nochmals den Rumpfhügel zu verlängern. Dies bringt auch nicht die von Airbus angestrebten
      500 - 650 Passagiere unter. Nachteilig dürfte sich für Boeing auch die Konzeption des Jumbojets auswirken, denn dessen Schwach-
      punkt des geringeren Rumpfdurchmessers kann nur durch eine Neukonstruktion beseitigt werden. Allgemein werden die Flugzeuge ja
      immer größer und komfortabler, aber sollte sich herausstellen, daß der Sprung zwischen der A3XX und den A330/340-Modellen doch
      zu groß ist, könnte auch eine verkürzte Variante entwickelt werden. Airbus mußte sich aber trotzdem langsam um eine Ablösung der
      A300/310-Familie bemühen, um Boeing hier nicht mit den 757 und 767 das Feld ganz zu überlassen. Bestellungen für diese Varianten
      gehen jedenfalls nur noch selten ein.

      REGIONALFLUGZEUGE:

      Die Entwicklungen der Regionalflugzeughersteller sind auch interessant. BAe hatte ich wohl unberechtigterweise bereits abgeschrie-
      ben. Die als BAe-146 entwickelten RJ-Modelle werden kräftig modernisiert und mit neuen Triebwerken versehen, die mehr Schub und
      eine größere Reichweite bei deutlicher Treibstoffersparnis bieten. Die künftig als AVRO RJX-70/85/100 bezeichneten Modelle könnten
      somit durchaus wettbewerbsfähig bleiben und erste Bestellungen gibt es bereits und der Start ist für 2001 geplant.

      Der Konkurrent Bombardier wird vorraussichtlich an der CANADAIR CRJ-900 (90 Sitzer) weiterplanen. Zumindest ist dieses auf der
      Internetseite zu lesen und als Erstausliferzeitpunkt ist das letzte Quartal 2002 angegeben. Damit würde Canadair die Modellpalette
      nach oben abrunden. Wie bei BAe fehlt jedoch eine Erweiterung nach unten. Auch bleiben die konzeptionellen Probleme, da der CRJ
      aus einem Geschäftsreiseflugzeug entwickelt wurde und einen geringeren Rumpfquerschnitt aufweist, als alle anderen Mitbewerber.

      Fairchild konnte auf der ILA einen neuen Großauftrag über 50 Festbestellungen und 100 Kaufoptionen aus der 728JET-Reihe verbuchen.
      Allerdings ist die Entwicklung der 528/728/928JET-Familie nach den Angaben von Fairchild-Dornier entgültig erst im Jahr 2004 abge-
      schlossen (728 =2002, 928 = 2003, 528 = 2004) womit der Rückstand zu Embraer bestehen bleibt, auch wenn die ERJ-170/190 mit
      der Entwicklung in etwa gleichauf liegen. Alle weiteren Modelle fliegen schon. Bei Fairchild ist erst die Produktion der 328JET angelau-
      fen, die 428JET soll demnächst folgen.

      Während Embraer und Fairchild ihr Programm im Bereich 30 - 45 Sitze fast fertig haben ist bei den Konkurrenten BAe und Candair
      nichts in dieser Richtung geplant. Canadair würde sich hier wohl leichter tun, da Bomardier sehr stark im Segment der Bussines-Jets
      vertreten ist und der Challanger auch zu einem kleinen Regionalflugzeug weiterentwickelt werden könnte. BAe hat nichts vergleichbares
      im Programm, nur einen Turboprop namens BAe Jetstream.


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