Ich sage nur Wolfowitz - 500 Beiträge pro Seite
eröffnet am 22.08.03 16:37:46 von
neuester Beitrag 22.08.03 21:39:47 von
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Ich sage nur Wolfowitz
Kolumne
von Maxeiner & Miersch
Vor ein paar Tagen saßen wir im ICE und studierten die politischen Magazine und die Tagespresse. Auch "Christiansen" vom Vorabend war präsent. Alsbald lästerten wir leise über die Haltung der meisten Deutschen zur amerikanischen Politik. Nicht leise genug: Eine junge Frau blickte kurz aus ihrem Buch ("Simplify your life" ) auf und umriss ihre ganze Verachtung für unsere US-freundlichen Sottisen in vier Worten: "Ich sage nur Wolfowitz." Zuerst haben wir das nicht recht verstanden, doch inzwischen wurde uns klar, dass diese vier Worte völlig ausreichen, um edlen Seelen kalte Schauer über den Rücken zu jagen. Wolfowitz! Alles klar.
Wenig später verfolgten wir eine Podiumsdiskussion im Münchner Amerikahaus. Ein schwer akademischer Event. Reichlich intellektuelle Stirnfalten. Endlos wurde ergründet, wie arg Wolfowitz und seine "Neocons" Präsident Bush im Griff haben. Drei prinzipielle Positionen schälten sich heraus: vollständig, ein bisschen und gar nicht. Nun, wir wissen es nicht. Es hat uns nur gewundert, dass niemand fragte, ob die "Neocons" vielleicht Argumente haben, über die man nachdenken könnte. Beispielsweise, ob eine Art "demokratischer Imperialismus" gegenüber Diktatoren und Islamisten gar nicht so dumm wäre. Oder ob konsequente Terrorismusbekämpfung in Kombination mit einem universellen Anspruch auf Freiheit und Menschenrechte Gutes bewirken könnte. Kein Wort dazu. Vom moderaten Kritiker bis zum glühenden US-Hasser (weiter ging das Spektrum nicht) raunten alle immer nur das Mantra "Wolfowitz". Gerne auch: "Die Wolfowitze dieser Welt."
Das Ganze erinnert uns an die frühen achtziger Jahre. Auf Veranstaltungen von RAF-Sympathisanten zischten Redner mit dem stechenden Blick der Eingeweihten immer nur "Trilaterale Kommission". Diese sei so eine Art Kondensat aus "militärisch industriellem Komplex", "internationalem Finanzkapital" und Helmut Schmidt. Dort werde ausbaldowert, dass die "Genossen im Knast" durch "Isohaft" gefoltert würden. Jetzt haben also Wolfowitz und seine "Neocons" die Trilaterale Kommission abgelöst. Aus dem Hinterzimmer des Weißen Hauses steuern sie das Weltgeschehen. Der Glaube einer Verschwörung finsterer Mächte hat sich von einigen Hundert RAF-Sympathisanten auf Hunderttausende Normalbürger ausgedehnt. Es mag daran liegen, dass bei den "Neocons" obendrein noch die "amerikanische Ostküste" im Spiel ist. Die "Weisen von Zion" lassen grüßen. Autoren wie Matthias Bröckers bedienen diesen Wachstumsmarkt. In Rekordzeit wuchs ein ganzes Genre der Verschwörungsliteratur heran, unter tätiger Mithilfe gutbürgerlicher Großverlage und seriöser Sendeanstalten. Bücher über Gerüchte breiten sich offenbar ebenso schnell und wirksam aus wie die Gerüchte selbst. Ihr Erfolg zeigt unter anderem, wie sehr der schon 20 Jahre anhaltende Esoterikboom die Gesellschaft verblödet hat. Oft erleben wir, dass die gleichen netten Nachbarn, Partygäste oder Zufallsbekanntschaften, die mit düsterer Miene "Wolfowitz" raunen, im nächsten Augenblick über die Macht der Kristalle, Energiewasser oder ihren Aszendenten dozieren. Es sind meist die unpolitischen und eher desinteressierten Menschen, die sich die Welt mit Verschwörungen erklären. Die, die sich wenig informieren, ungern dazulernen und immer schon alles geahnt haben.
Die meisten politischen Köpfe unterschätzen die Macht des Magischen fahrlässig. "Okkultismus ist die Metaphysik der dummen Kerle", denken sie mit Adorno. Aber diese Dummheit bedeutet nicht automatisch Schwäche und Randständigkeit. Sie kann sehr mächtig werden, wenn sie die viel zitierte "Mitte der Gesellschaft" erfasst. Jutta Ditfurth hat sich dankenswerterweise schon vor Jahren mit der Esoterikszene und ihren politischen Ausläufern befasst. Sie brachte an den Tag, wie ungeniert sich obskure Welterklärungsmodelle in der Ökoszene und anderen Bewegungen breit gemacht haben. Während die dunklen Blüten des Okkultismus früher bei der völkischen Rechten aufgingen, findet heutzutage vieles davon an den ausgefransten Rändern einer orientierungslosen Linken statt. Es wird Zeit, dass sich kritische Intellektuelle stärker mit Esoterikern und ihren Verschwörungstheorien befassen. Kopfschütteln und Augenverdrehen reichen nicht mehr, um diese Leute in ihre Schranken zu weisen. Es sind leider zu viele geworden.
Dirk Maxeiner und Michael Miersch (www.maxeiner-miersch.de) verfassten gemeinsam mehrere Bestseller zu Themen aus Wissenschaft, Umwelt, Politik und Gesellschaft. Das Autorengespann schreibt jeden Mittwoch an dieser Stelle.
Artikel erschienen am 30. Jul 2003
© WELT.de 1995 - 2003
Kolumne
von Maxeiner & Miersch
Vor ein paar Tagen saßen wir im ICE und studierten die politischen Magazine und die Tagespresse. Auch "Christiansen" vom Vorabend war präsent. Alsbald lästerten wir leise über die Haltung der meisten Deutschen zur amerikanischen Politik. Nicht leise genug: Eine junge Frau blickte kurz aus ihrem Buch ("Simplify your life" ) auf und umriss ihre ganze Verachtung für unsere US-freundlichen Sottisen in vier Worten: "Ich sage nur Wolfowitz." Zuerst haben wir das nicht recht verstanden, doch inzwischen wurde uns klar, dass diese vier Worte völlig ausreichen, um edlen Seelen kalte Schauer über den Rücken zu jagen. Wolfowitz! Alles klar.
Wenig später verfolgten wir eine Podiumsdiskussion im Münchner Amerikahaus. Ein schwer akademischer Event. Reichlich intellektuelle Stirnfalten. Endlos wurde ergründet, wie arg Wolfowitz und seine "Neocons" Präsident Bush im Griff haben. Drei prinzipielle Positionen schälten sich heraus: vollständig, ein bisschen und gar nicht. Nun, wir wissen es nicht. Es hat uns nur gewundert, dass niemand fragte, ob die "Neocons" vielleicht Argumente haben, über die man nachdenken könnte. Beispielsweise, ob eine Art "demokratischer Imperialismus" gegenüber Diktatoren und Islamisten gar nicht so dumm wäre. Oder ob konsequente Terrorismusbekämpfung in Kombination mit einem universellen Anspruch auf Freiheit und Menschenrechte Gutes bewirken könnte. Kein Wort dazu. Vom moderaten Kritiker bis zum glühenden US-Hasser (weiter ging das Spektrum nicht) raunten alle immer nur das Mantra "Wolfowitz". Gerne auch: "Die Wolfowitze dieser Welt."
Das Ganze erinnert uns an die frühen achtziger Jahre. Auf Veranstaltungen von RAF-Sympathisanten zischten Redner mit dem stechenden Blick der Eingeweihten immer nur "Trilaterale Kommission". Diese sei so eine Art Kondensat aus "militärisch industriellem Komplex", "internationalem Finanzkapital" und Helmut Schmidt. Dort werde ausbaldowert, dass die "Genossen im Knast" durch "Isohaft" gefoltert würden. Jetzt haben also Wolfowitz und seine "Neocons" die Trilaterale Kommission abgelöst. Aus dem Hinterzimmer des Weißen Hauses steuern sie das Weltgeschehen. Der Glaube einer Verschwörung finsterer Mächte hat sich von einigen Hundert RAF-Sympathisanten auf Hunderttausende Normalbürger ausgedehnt. Es mag daran liegen, dass bei den "Neocons" obendrein noch die "amerikanische Ostküste" im Spiel ist. Die "Weisen von Zion" lassen grüßen. Autoren wie Matthias Bröckers bedienen diesen Wachstumsmarkt. In Rekordzeit wuchs ein ganzes Genre der Verschwörungsliteratur heran, unter tätiger Mithilfe gutbürgerlicher Großverlage und seriöser Sendeanstalten. Bücher über Gerüchte breiten sich offenbar ebenso schnell und wirksam aus wie die Gerüchte selbst. Ihr Erfolg zeigt unter anderem, wie sehr der schon 20 Jahre anhaltende Esoterikboom die Gesellschaft verblödet hat. Oft erleben wir, dass die gleichen netten Nachbarn, Partygäste oder Zufallsbekanntschaften, die mit düsterer Miene "Wolfowitz" raunen, im nächsten Augenblick über die Macht der Kristalle, Energiewasser oder ihren Aszendenten dozieren. Es sind meist die unpolitischen und eher desinteressierten Menschen, die sich die Welt mit Verschwörungen erklären. Die, die sich wenig informieren, ungern dazulernen und immer schon alles geahnt haben.
Die meisten politischen Köpfe unterschätzen die Macht des Magischen fahrlässig. "Okkultismus ist die Metaphysik der dummen Kerle", denken sie mit Adorno. Aber diese Dummheit bedeutet nicht automatisch Schwäche und Randständigkeit. Sie kann sehr mächtig werden, wenn sie die viel zitierte "Mitte der Gesellschaft" erfasst. Jutta Ditfurth hat sich dankenswerterweise schon vor Jahren mit der Esoterikszene und ihren politischen Ausläufern befasst. Sie brachte an den Tag, wie ungeniert sich obskure Welterklärungsmodelle in der Ökoszene und anderen Bewegungen breit gemacht haben. Während die dunklen Blüten des Okkultismus früher bei der völkischen Rechten aufgingen, findet heutzutage vieles davon an den ausgefransten Rändern einer orientierungslosen Linken statt. Es wird Zeit, dass sich kritische Intellektuelle stärker mit Esoterikern und ihren Verschwörungstheorien befassen. Kopfschütteln und Augenverdrehen reichen nicht mehr, um diese Leute in ihre Schranken zu weisen. Es sind leider zu viele geworden.
Dirk Maxeiner und Michael Miersch (www.maxeiner-miersch.de) verfassten gemeinsam mehrere Bestseller zu Themen aus Wissenschaft, Umwelt, Politik und Gesellschaft. Das Autorengespann schreibt jeden Mittwoch an dieser Stelle.
Artikel erschienen am 30. Jul 2003
© WELT.de 1995 - 2003
Anschauungsmaterial dazu z.B. in den Threads und Postings von "Erika007" und "antigone" ...
#2 @borazon.
Nicht nur dort, das gesamte Forum ist davon durchsetzt. Nicht nur die PodiumsVeranstaltungen, die in diesem Text aufgeführt wurden. Die gesamte Gesellschaft eben. Wie auch Wallstreet-Online. Wie sollte es auch anders sein.
Gut ist, daß sich langsam so etwas wie eine Gegenbewegung erkennen läßt. Danke, @spicault, für diesen Beitrag.
SEP
Nicht nur dort, das gesamte Forum ist davon durchsetzt. Nicht nur die PodiumsVeranstaltungen, die in diesem Text aufgeführt wurden. Die gesamte Gesellschaft eben. Wie auch Wallstreet-Online. Wie sollte es auch anders sein.
Gut ist, daß sich langsam so etwas wie eine Gegenbewegung erkennen läßt. Danke, @spicault, für diesen Beitrag.
SEP
United we stand!
Bring the boys back home!
Bring the boys back home!
Der Abzug der Amerikaner aus dem Irak hat begonnen.
Jeden Tag fliegt einer nach Hause.
http://www.iraqwar.ru/iraq-read_article.php?articleId=16715&…
Und zu Wolfie kannn man nur sagen: Übermut kommt vor dem Fall.
Jeden Tag fliegt einer nach Hause.
http://www.iraqwar.ru/iraq-read_article.php?articleId=16715&…
Und zu Wolfie kannn man nur sagen: Übermut kommt vor dem Fall.
@Sep,
was macht eigentlich Friedbert Pflüger in letzter Zeit so?
Müsste er nicht präsent sein an der Spitze der Gegen-"Bewegung"?
Oder traut er sich anbetracht der Dreistigkeit des Lügens und Täuschens der US-Regierung, sowie ihrer offensichtlichen Konzeptionslosigkeit bzgl. der Nachkriegsphase nicht?
was macht eigentlich Friedbert Pflüger in letzter Zeit so?
Müsste er nicht präsent sein an der Spitze der Gegen-"Bewegung"?
Oder traut er sich anbetracht der Dreistigkeit des Lügens und Täuschens der US-Regierung, sowie ihrer offensichtlichen Konzeptionslosigkeit bzgl. der Nachkriegsphase nicht?
@slo
wer ist dieser Friedberg Pflüger ?
SEP
wer ist dieser Friedberg Pflüger ?
SEP
Sep, einen Friedberg Pflüger kenne ich nicht - aber Du hast Recht, selbst einen Friedbert Pflüger muss man nicht kennen.
Gruß
slo
Gruß
slo
sorry, Friedbert (wasn Name) Pflüger.
Und wer ist das nun, SLO ? Ich schau mal im Internet nach.
SEP
Und wer ist das nun, SLO ? Ich schau mal im Internet nach.
SEP
#8
und gerade Sonntag war Herr Maxeiner im Nachtstudio; bei Bedarf Profil anklicken.
Thread: Kein Titel für Thread 101872205376100
Thread: Kein Titel für Thread 101872205376100
slo, es scheint beide zu geben.
Ich kenne keinen der beiden.
SEP
Ich kenne keinen der beiden.
SEP
Stimmt... Deiner scheint aber der noch unwichtigere zu sein.
...berg: Ergebnisse 1 - 10 von ungefähr 263
...bert: Ergebnisse 1 - 10 von ungefähr 4,490
...berg: Ergebnisse 1 - 10 von ungefähr 263
...bert: Ergebnisse 1 - 10 von ungefähr 4,490
jaja, schon klar, ich bestehe ja nicht darauf, daß es der meine ist, den ich nicht kenne. hahaha.
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