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    European Warlords - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 12.09.02 21:01:57 von
    neuester Beitrag 14.09.02 00:11:42 von
    Beiträge: 5
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      schrieb am 12.09.02 21:01:57
      Beitrag Nr. 1 ()
      Die Union schoss scharf. Noch vor wenigen Stunden. Schröder füge den Beziehungen zu den USA schweren Schaden zu. Alles nur um die Wahl zu gewinnen. Und dann umzufallen. Jetzt ist erstmal die Union umgefallen. Plötzlich ist man auch bei der Union ganz bestimmt gegen den Irak-Krieg. Kann schon sein, dass auch Schröder umfällt, jeder fällt irgendwann um, wenn nur der Druck gross genug ist. Dennoch bleibt wahr, dass Schröder für die Mehrheit nicht nur der Deutschen sondern auch der Europäer spricht. Die Leute sind immer gegen Krieg, wenn sie nicht sofort verstehen wozu er gut sein soll. Fehlt den einfachen Leuten in der Irak-Frage der Durchblick? Schauen wir uns das mal genauer an.

      Zunächst einmal muss man George Bush danken, für seine Rede vor der UNO. Er hat uns viel Zeit bei Diskussionen gespart in dem er endlich auf den ganzen Zirkus mit den MVN, den Inspektoren, der UNO, dem Terrorismus etc etc. verzichtete und die Maske hat fallen lassen. Er sagte klipp und klar was Sache ist: Die USA werden in den Irak einmarschieren und nichts wird sie daran hindern, Punkt. Es geht den USA dabei um Freiheit und Demokratie und, naja, sicherlich, um Öl. Soweit Bush.

      Dabei ist klar, dass es Risiken gibt. Insbesondere für Europa. Gerät den Amerikanern der Konflikt ausser Kontrolle hat Europa einen Flächenbrand vor seiner Tür. Also sollte dem hohen Risiko auch ein Vorteil für uns entgegenstehen. Ansonsten besteht ein tiefgreifender Interessenskonflikt. Haben wir einen Vorteil?

      Bekommen wir jetzt sicheres, billiges Öl? Bisher hatten wir keinen Grund uns in dieser Hinsicht übergrosse Sorgen zu machen. Anders sieht dies aus bei einem Krieg. Zunächst wird der Ölpreis in bisher nicht gesehene Höhen steigen. Klappt die Aktion nicht wie vorgesehen könnte Öl dauerhaft knapp und teuer werden mit entsprechenden Folgen für die Weltwirtschaft. Depression nicht ausgeschlossen. Läuft dagegen alles nach Plan wird der Ölpreis bald wieder ein normales Niveau erreichen. Langfristig orientiert er sich an den Förderkosten derjenigen Ölquellen die gerade noch rentabel ausgebeutet werden können. Die immer schwierigere Erschliessung der verbliebenen Vorkommen macht die Förderung stetig teurer. Die Preise werden weiter steigen, unabhängig von der Opec.

      Wer profitiert? Wer das billig zu fördernde Golf-Öl besitzt, verfügt über eine gigantische Cash-Reserve. Die grossen Ölmultis sitzen in USA, UK, NL. Deren Regierungen sind für den Krieg. I und E haben ähnliche Interessen.
      Für die USA ist der Krieg ausserdem eine mehr als willkommene Konjunkturstütze. So wie beim ersten Golfkrieg. Die Rechnung haben seinerzeit die Provinzen beglichen. Für die Neuauflage werden gerade die Details geklärt - bilateral. Sicher werden die zu erwartenden Erträge aus den Ölquellen als Verhandlungsmasse dienen. Mit ihnen werden vermutlich die Wechselversprechen an die Unterstützer-Staaten unterlegt. Ob die Wechsel eingelöst werden wird sich zeigen.

      Also lohnt sich die Sache doch, alles in allem? Fragt sich halt für wen. Der IMF sagt jedenfalls voraus, dass sich der Konflikt negativ auf die Weltwirtschaft auswirken wird. Der Fund, bisher kaum durch linke Propaganda aufgefallen, lehnt das Vorhaben daher ab. Genauso die Handelsverbände.

      Wenn die USA jetzt nicht handeln würden, müssten wir uns dann wieder mit der Bedrohung arrangieren, so ähnlich wie in den Zeiten des kalten Krieges? Frage: Was ist Ursache und was ist Wirkung? Das Öl oder das tatsächliche oder angebliche Bedrohungspotential der Ölländer? Die Falken sagen, wenn wir passiv bleiben, werden am Golf früher oder später die Fundamentalisten an die Macht kommen. Wir müssen verhindern, dass Ihnen das Öl in die Hände fällt. Aber wie will man das dauerhaft verhindern? So wie damals mit dem Schah? Es fehlt offenbar an Konzepten. Das sagen uns jedenfalls Kanzler und Aussenminister und die sind gut informiert.

      Wir wissen spätestens jetzt: Bush hat sich vor einem Jahr korrekt verplappert. Es geht in der Tat um einen modernen Kreuzzug. Der tief gläubige Tony Blair wie auch George Bush vertrauen beide in Gott. Gerhard Schröder nicht. "Was soll man von einem Mann halten, der nicht auf die Bibel schwören will?" heisst es in amerikanischen Regierungskreisen. Die heiraten viermal und wollen noch nicht einmal beim Kreuzzug mitmachen.

      Die Irak-Frage hat Europa zunächst in mehrere Lager gespalten. Fast soviele Lager wie es Länder gibt. Einige Regierungen Europas sind für den Angriff, gerne auch ohne UNO-Mandat. Diese Position vertreten neben UK auch die Kreuzfahrer aus Spanien und Italien. Der "Cavaliere", der sich von den Neo-Faschisten in den Steigbügel helfen liess. Und sein Kollege Aznar, der nur erklärt, man habe "gewichtige Gründe" für ein Einschreiten. Die wird er wohl haben. Wie der Dux aus der Lombardei, der gerade eben von einer "bilateralen Unterredung" aus den USA zurückkehrt. Brüssel ist out, wer etwas auf sich hält, legt Wert darauf mit dem Imperium direkt zu "verhandeln", sprich angehört zu werden.

      Frankreich taktierte zunächst. Doch nachdem Bush heute vor der UNO die Diktatur der USA verkündet hat, war der Affront da. Chirac telefonierte mit seinem konservativen Kollegen Stoiber, um ihm Wahlhilfe zu geben. Der konnte danach nämlich plötzlich verkünden, er sei jetzt auch in jedem Fall gegen eine Bundeswehr-Beteiligung im Irak. Frankreich hat seine Position gefunden - zumindest in dieser Frage. Auch dafür können wir uns bei Bush bedanken.
      Die Zeit der schönen Worte ist in der EU vorbei, die Egoismen treten offen zu Tage. Es gibt eine Reihe von europäischen Regierungen die gegen die überwiegende Mehrheit ihrer Bürger einen Flächenbrand zu riskieren bereit sind.

      Die Zersplitterung Europas kommt den Provinzchefs genauso gelegen wie dem Imperium. Was wir dringend brauchen ist eine gesamteuropäische Bewegung die eine Alternative aufzeigt, zu den Tendenzen, wie sie jetzt in der Irak-Frage offenbar wurden. Und wir brauchen ein wirklich vereintes Europa das auch dann noch mit einer Stimme spricht wenn es um die Wurst geht. Die Irak-Frage ist wohl entschieden, aber die Aufgabe bleibt.

      Inspirierende Texte:
      Kolumne: Dieser Krieg lohnt sich nicht
      http://www.ftd.de/pw/in/1031589041943.html?nv=sky

      Die Uno von innen gesehen
      http://www.schweizerzeit.ch/0402/eisele.htm

      Die Religion sanktioniert den Mord
      http://www.welt.de/daten/2002/09/11/0911fo355814.htx
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      schrieb am 12.09.02 21:58:06
      Beitrag Nr. 2 ()
      schöne analyse.

      wie soll europa je mit einer stimme sprechen, solange sich dessen fürsten sich nicht nehmen lassen, ihre jeweils eingen beziehungsgefleche zu hätscheln und zu pflegen?

      der flotte tony geht auf einem schmalen grad des kadavergehorsams den weg, am golf gesichertes zu halten.

      mitterand sieht sieht die felle bereits getätigter kontrakte schwimmen.

      die fürsten russlands, die lukoils, gazproms und ihre mutanten in den neu entstanden korruptistans rund ums kaspische mehr, lassen putin nicht allzuviel spielraum, pfründe mit oder gegen die us-army abzusichern.

      china hätte auch gerne noch ein paar irak-kontrakte in trocknen tüchern.

      berlusconi ist mafia pur.

      und schröder macht den dilettanten auf dem diplomatischen parkett. und zwar nur aus kurzfristigen wahltaktischen überlegungen, nicht etwa aus grundüberzeugungen heraus (was man ihm zugutehalten könnte). diese wurden aber längst an anderer stelle über bord geworfen.

      machiavelli lebt wie nie zuvor!
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      schrieb am 13.09.02 11:24:20
      Beitrag Nr. 3 ()
      @ospower
      Mitterand war bedeutend, aber dass sein Geist jetzt noch die Geschicke Frankreichs lenkt, glaube ich nicht.;)
      Spass beiseite, als ich mitbekommen habe wie sich Europa jetzt wieder präsentiert war ich schockiert.
      Wir müssen dahin kommen, dass die EU mit einer Stimme spricht. 15 Aussenminister sind 14 zuviel.

      Das heisst nicht, dass ich denke, Schröder hätte falsch gehandelt. Die Vorstellung von einer gemeinsamen Haltung Europas ist leider solange trügerisch, wie sich z.B. UK immer und ohne wenn und aber auf die Seite der USA stellt. Da gibt es für eine gemeinsame Position nicht mehr viel Auswahl. Schröder ging vor diesem Hintergrund seinem Einzelinteresse nach, wiedergewählt zu werden. Und das war gut, weil die Menschen in Europa gemerkt haben, dass es auch anders geht, als immer nur ja zu sagen.

      Rot-Grün hat sich nach meinem Geschmack etwas viel um grosse Weltpolitik und relativ wenig um Europa gekümmert. Es müssen jetzt wieder konkrete Schritte für Europa her. Die Zersplitterung Europas bleibt solange bestehen, solange sie nicht per Institution beendet wird. Solange gehen die Provinzchefs ihren Einzelinteressen nach.

      Im Bereich Sicherheitspolitik könnte ich mir z.B. vorstellen, dass konkret gefordert wird, dass UK und F ihre Sitze im Sicherheitsrat aufgeben und an die EU delegieren.
      Natürlich würde so eine Forderung auf allergrössten Widerstand stossen. Ungeachtet dessen, dass der Sicherheitsrat gerade zu einer symbolischen Veranstaltung zu werden droht. Das gäbe in jedem Fall einen guten Aufhänger.

      Ich möchte Politiker die sich massiv für solche Vorhaben engagieren und würde mich freuen, wenn mehr Leute dasselbe verlangten.
      Avatar
      schrieb am 13.09.02 13:40:21
      Beitrag Nr. 4 ()
      ups,

      hab ich doch glatt den mitterand exhumiert

      ... naja, bis zu der gemeinsamen aussen- und sicherheitspolitik wird´s noch ne weile dauern.

      schröders haltung in sachen irak in ehren, ist aber 1)wahlkampf pur und keine überzeugung (der mann hat keine) und kann man 2)nicht auf diese art zu markte tragen!

      schröder ist ein polit-dilettant, wie wir noch keinen in diesem amte hatten. und fischer ist zwar guter handwerker und anerkannt guter diplomat, dafür aber noch gnadenloserer opportunist als schröder.

      wie soll hier noch einer ne linie in die aussenpolitik bringen, wenn chefe (und die richtlinien bestimmt der) mal mit tony flirtet und die franzosen brüskiert, den einigungsprozess vorantreiben will und vom "deutschen weg" schwadroniert, beim gleichen anlass den zuvor liebkosten tony wieder vorn latz haut und dabei noch uncle debilo george auf offenem markt brüskiert?

      das ist genau der "wir sind wieder wer"-holzweg, den schon genscher mit seiner yugoslawien-politik eingeschlagen hat.
      Avatar
      schrieb am 14.09.02 00:11:42
      Beitrag Nr. 5 ()
      "... naja, bis zu der gemeinsamen aussen- und sicherheitspolitik wird´s noch ne weile dauern."

      Ich hoffe nicht. Da führt kein Weg dran vorbei. Die gemeinsame Währung haben wir schon, aber politisch kocht jeder sein Süppchen, das kann´s nicht sein. Die Währung sollte die Klammer bilden, den ganzen Laden noch weiter zusammenzubringen. Wir können jetzt nicht auf halbem Weg stehenbleiben.

      Dass Schröder´s Irak-Haltung Wahlkampf ist stört mich nicht. Auch wenn ab 23.09. alles anders aussieht, aus Schröders Mund sprechen in diesen Tagen die Deutschen Bürger. Die Amis sollen ruhig wissen, dass wir nicht immer alles abnicken wollen. Das wäre der Blair-Way. Ich denke nicht, dass die D-USA-Beziehungen nachhaltigen Schaden nehmen.

      Fischer hat sich in der Tat erstaunlich anpassungsfähig gezeigt. Trotzdem glaube ich, er ist ein Rebell geblieben und das wird sich noch zeigen. Er wird das nicht an der Garderobe abgelegt haben. F. sollte sich statt Weltpolitik intensiver mit Europa beschäftigen. Ist halt nicht so glamourös.

      Der "Deutsche Weg" der überall herumgeistert kann doch nicht ernsthaft mit damals verbunden werden. That´s bullshit. Deutschland wird nie wieder in der Lage sein offensiv vorzugehen.

      Tatsache ist aber, dass D das Land mit dem grössten Gewicht in der EU ist und ich denke, da wird erwartet, auch von den anderen, dass Stellung bezogen wird.

      Wenn der "American Way" (of life) überall stolz herausposaunt wird, dann darf man das doch aufgreifen und dem einen "German Way" gegenüberstellen. Wir wollen ja nicht die Via Berlusconi beschreiten.


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