Kennzahlen im Wandel: Vergiss KGV und KBV, achte (nur) auf den Cashflow! - Seite 2
Und das ist nur ein Beispiel für die Beeinflussung des ausgewiesenen Gewinns durch das Management. Ein eigentlich immer hochkochender Konflikt zwischen Geschäftsführung und Wirtschaftsprüfer ist die Verbuchung von Kosten, die für die bauliche Unterhaltung eigener Immobilien oder die IT-Ausstattung aufgewendet wird. Ob diese als laufende Instandhaltung verbucht werden oder als Investition, hat enorme Auswirkungen auf den Gewinn. Werden sie aus dem laufenden Geschäft bezahlt, ist dies gewinnmindernd. Werden sie als Investitionen verbucht und ggf. durch Kredite finanziert, belasten nur Abschreibungen und Zinsen das Ergebnis, nicht aber die Gesamtausgabe. Der Gewinn würde also höher ausfallen – obwohl in beiden Fällen dieselben Maßnahmen umgesetzt wurden.
Ken Fisher disst das KGV – seit 1984
Der damals noch ziemlich unbekannte Ken Fisher hat das bereits 1984 in seinem Buch „Superstocks“ ausführlich begründet und selbst Warren Buffett weist seit einigen Jahren ebenfalls darauf hin, dass Anleger kaum einen größeren Fehler machen können, als Aktien nach dem ausgewiesenen Gewinn zu beurteilen. Das KGV ist simpel. Simpel, aber auch einfach schlecht.
Wachstum vs. Gewinn
Ein weiteres Problem mit dem KGV ist, dass man damit Wachstumsunternehmen kaum bewerten kann. Aufstrebende, schnell wachsende Unternehmen machen in der Regel keinen Gewinn, weil sie jeden eingenommenen Cent sofort in weiteres Wachstum investieren. Oft weisen sie sogar Verluste aus. Wer nur auf das KGV achtet, hätte Unternehmen wie Amazon, Netflix, Tesla während ihrer stärksten Wachstumsphasen, als sich die Kurse vervielfacht haben, nicht kaufen dürfen; erst in den letzten Jahren, als sich das Wachstum und die Kurszuwächse merklich abschwächten, wurden erstmals Gewinne erzielt. Und diese sind waren zunächst aufgrund des hohen Aktienkurses vergleichsweise gering, so dass das KGV zumeist über 100 lag und ebenfalls nicht zum Kauf riet. Nach „gängiger Lehre“ waren diese Aktien uninvestierbar. Zu dumm...
Untaugliche Vergleiche
Leider verleitet das KGV auch zu teuren Fehlern. Da man für jede Aktie das KGV ohne großen Aufwand errechnen kann, kann man auch unterschiedliche Aktien ganz leicht miteinander vergleichen. Also einen konjunktursensiblen Chemiekonzern wie BASF mit einem Softwareunternehmen wie Adobe. Dinosaurier mit Rennpferd. Nonsens!
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BASF muss Unsummen in neue Fabriken investieren, und verbraucht Unmengen an Energie, um seine Produkte herstellen zu können. Und ist total von der Wirtschaftslage abhängig. Adobe produziert Software und verkauft diese. Ob man einen oder eine Million Kunden hat wirkt sich in den Kosten kaum aus, denn man benötigt die gleiche Anzahl an Programmierern, um das Produkt herzustellen. Aber bei den Einnahmen wirkt es sich enorm aus, ob ein Kunde oder eine Million bezahlen. Das nennt sich Skalierbarkeit.