Öko-Solar-Zertifikat mit Kapitalgarantie startet ab Mai 2006 - 500 Beiträge pro Seite
eröffnet am 22.04.06 09:40:00 von
neuester Beitrag 23.04.06 13:23:51 von
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Ab 2. Mai ist ein neues "öko-Solar"-Zertifikat zu zeichnen, das erstmals eine 100%-ige Kapitalgarantie (und eine 80%-ige Höchststandsgarantie) bietet. Details dazu in der Zertifikate-Rubrik der aktuellen Öko-Invest-Ausgabe Nr. 356.
Das Öko-Zertifikate-Spitzentrio im 1. Quartal 2006: New Energy Active (+80,9%, läuft nur mehr bis Anfang 2007), ERIX open end (+44,3%) und Ökoinvest open end (+35,2%). Letzter Platz: FTSE4GOOD Index (+7,4%).
Das Öko-Zertifikate-Spitzentrio im 1. Quartal 2006: New Energy Active (+80,9%, läuft nur mehr bis Anfang 2007), ERIX open end (+44,3%) und Ökoinvest open end (+35,2%). Letzter Platz: FTSE4GOOD Index (+7,4%).
Antwort auf Beitrag Nr.: 21.281.131 von Max Deml am 22.04.06 09:40:00Hast du eine WKN dazu????????
Und wie ist das Zerti ausgestattet??????
Und wie ist das Zerti ausgestattet??????
Antwort auf Beitrag Nr.: 21.284.420 von Lanzalover am 22.04.06 20:35:58
Antwort auf Beitrag Nr.: 21.281.131 von Max Deml am 22.04.06 09:40:00Offener Brief an einen Zweifler
Wolf von Fabeck: Ist vollständiger Ersatz der konventionellen Energien
durch die Erneuerbaren Energien möglich?
Sehr geehrter Zweifler an einer vollständigen Energiewende,
Sie wissen ja, wir vom Solarenergie-Förderverein sind davon überzeugt, dass
ein vollständiger Ersatz der konventionellen Energiequellen durch die
erneuerbaren Energien aus Sonnenstrahlung, Windkraft, Wasserkraft und
Biomasse möglich ist. Doch Sie haben Ihre begründeten Zweifel.
Viele der mit Energiefragen befassten Fachleute bestreiten wie Sie, dass
die erneuerbaren Energien das Potenzial hätten, die Energiequellen Kohle,
Öl, Erdgas und Uran zu ersetzen. Auch ein großer Teil der Bevölkerung teilt
Ihre Zweifel. Zwar erfreuen sich die Erneuerbaren Energien der größten
Beliebtheit, aber ob sie einen VOLLSTÄNDIGEN ERSATZ bereitstellen können,
das mögen Viele nun doch nicht glauben.
Die Tatsache, dass unsere Überzeugung bisher nur von einer Minderheit
geteilt wird, beweist allerdings nicht, dass sie falsch ist, es könnte auch
daran liegen, dass der Gedanke für die Mehrheit noch zu neu ist und erst
verarbeitet werden muss. Deshalb schreibe ich Ihnen diesen Brief.
Meines Wissens ist die Idee von der Möglichkeit einer vollständigen
Energieversorgung aus Erneuerbaren Energien überhaupt erstmals in den
neunziger Jahren einem größeren Publikum öffentlich mitgeteilt worden.
Unser Solarenergie-Förderververein gehörte zu den Ersten, die diese
Möglichkeit publiziert haben. Mit der Argumentationslage sind wir somit gut
vertraut.
Ein neues Weltbild?
Es ist in der Geschichte ja schon öfter vorgekommen, dass sich eine neue
Erkenntnis gegenüber einer alten Überzeugung durchsetzen musste.
Paradebeispiel war die erbitterte Diskussion der Frage, ob die Erde um die
Sonne kreist. Die Schwierigkeiten, die die ersten Anhänger der neuen
Erkenntnis damals hatten, sind ja bekannt.
Bei der Energie-Frage ist es noch schwieriger, zu einer objektiven
Beurteilung zu kommen, denn hier geht es nicht nur um eine akademische
Frage, sondern auch um erhebliche Wirtschaftsinteressen. Unterstellen wir
einmal, wir, die Anhänger der "neuen Lehre" hätten recht und es würde uns
gelingen, die Regierung oder das Parlament zu überzeugen, so würde die
wirtschaftspolitische Unterstützung der konventionellen
Energiebereitstellungstechniken plötzlich fraglich sein. Es könnte
geschehen, dass die bisherigen Kohlesubventionen schneller als vorgesehen
eingestellt würden, es könnte geschehen, dass der Kernenergie die
großzügige Befreiung von der Haftpflichtversicherung und die steuerliche
Befreiung ihrer Rückstellungen zukünftig nicht mehr gewährt würde, und es
könnte geschehen, dass die Erneuerbaren Energietechniken die Unterstützung
bekämen, die wir seit langem fordern, nämlich eine wirklich kostendeckende
Einspeisevergütung, die zu Eigenkapitalrenditen führt, wie sie in der
Stromwirtschaft üblich sind. Immer noch unterstellt, dass wir tatsächlich
recht hätten, würde sich daraus dann ein so gewaltiger Aufschwung der
Erneuerbaren Energien ergeben, dass die bereits geplanten Investitionen in
konventionelle Großkraftwerke sich als "stranded investments" erweisen
würden, wodurch wiederum die bisherigen Ratgeber und Fachleute der
konventionellen Energietechniken in aller Öffentlichkeit bloßgestellt wären
und sich den Zorn ihrer Aktionäre zuziehen würden. Diese Überlegung warnt
uns, dass bei manchen Fachleuten eine gewisse Befangenheit in dieser Frage
nicht ganz ausgeschlossen werden kann.
Naturgesetz oder politische Meinung?
Die Formulierung einiger Fachleute, dass es - auch auf lange Sicht -
\'ausgeschlossen\' sei, den Energiebedarf der Menschheit vollständig durch
Erneuerbare Energien zu decken, zeigt in der Tat eine hohe emotionale
Beteiligung. Eine Formulierung in dieser Striktheit und Endgültigkeit ist
unter wissenschaftlich argumentierenden Fachleuten sonst eher ungewöhnlich;
sie ist allenfalls für die Wiedergabe eines Naturgesetzes zulässig. In
einem naturwissenschaftlichen Lexikon darf es heißen: "ES IST
AUSGESCHLOSSEN ..." Z.B.: "Es ist ausgeschlossen, eine Maschine zu bauen,
die mehr Nutzenergie liefert, als ihr an Energie zugeführt wird (Perpetuum
Mobile 1. Art)".
Doch genau wie ein Naturgesetz ist die Aussage der genannten Fachleute
formuliert und es wird demzufolge in der Öffentlichkeit (vielleicht auch
von Ihnen?) wie ein Naturgesetz verstanden, dass es ausgeschlossen sei, den
Energiebedarf der Menschheit vollständig durch erneuerbare Energien zu
decken.
Aber ein Naturgesetz ist dies überhaupt nicht. Eine Solarzellenfläche mit
der Kantenlänge 160 km mal 160 km - auf Pontons in der Nordsee oder auf
Gestellen in der Wüste oder wo auch immer unter dem freien Himmel zwischen
Polarkreis und Äquator - würde z.B. ausreichen, nicht nur den Strombedarf,
sondern sogar den jetzigen Gesamtenergiebedarf von ganz Deutschland zu
decken. Natürlich sieht so nicht die Lösung aus, die wir vorschlagen, aber
zur Widerlegung eines vermuteten Naturgesetzes - zur sogenannten
"Falsifizierung" - genügt jedes beliebige nachvollziehbare Beispiel. Unser
Beispiel haben wir deshalb gewählt, weil es sich sehr einfach rechnen
lässt.
Die oben erwähnten Fachleute sagen zwar, die Energiewende sei
ausgeschlossen, bzw. unmöglich. Was Sie aber tatsächlich meinen, ist
eigentlich etwas anderes. Sie halten die technischen Schwierigkeiten, die
Kosten, die Probleme bei der politischen Durchsetzung für so groß, dass sie
nicht GLAUBEN, dass eine Energiewende möglich sein wird. Ihre oben erwähnte
Befangenheit und der - vielleicht noch nicht einmal vor sich selbst
eingestandene - Wunsch, dass es nicht so rasch zu dieser Energiewende
kommen möge, damit sie nicht blamiert dastehen, lässt sie jedoch eine
Formulierung wählen, zu der sie bei strenger Wissenschaftlichkeit
eigentlich nicht berechtigt wären.
Brauchen wir die Energiewende?
Ich glaube aber auch, dass es in einer Diskussion mit Ihnen, sehr geehrter
Zweifler, erst einmal darauf ankommt, dass wir uns über die NOTWENDIGKEIT
einer Energiewende verständigen. Dazu einige Gedanken:
Niemand kann ausschließen, dass es wirklich zu der befürchteten
Klimakatastrophe kommt, lange bevor die fossilen Energieträger erschöpft
sein werden. Die Klimaforscher und Biologen sagen für diesen Fall so
gravierende Folgen vorher, dass die politische Verantwortung gebietet, das
"Experiment" einer kontinuierlich fortgesetzten Treibhausgas-Emission
möglichst rasch abzubrechen.
Seit dem 11. September warnen Sicherheitsexperten vor Terroranschlägen und
werden bei ihren Warnungen noch von den verantwortlichen Politikern
unterstützt. Dass die selben Verantwortlichen nicht alles daran setzen, den
weiteren Betrieb von Atomkraftwerken so rasch wie möglich zu unterbinden,
ist für uns logisch nicht mehr nachzuvollziehen.
Außerdem müssen wir davon ausgehen, dass irgendwann in gar nicht so ferner
Zukunft - Klima- und Atomkatastrophe hin oder her - die Ausbeutung der
fossilen Energieträger und des Urans den wachsenden Energiebedarf der
Menschheit ohnehin nicht mehr zu decken vermag. Es ist jetzt nicht die Rede
davon, dass dann auf einen Schlag alle Erdöl-, Gas- und Uranvorkommen
erschöpft sein werden; das mag noch hundert oder zweihundert Jahre dauern.
Aber: Das Ende kommt lange vor dem endgültigen Verbrauch aller Ressourcen!
Das Ende beginnt bereits, wenn das Angebot nicht mehr so rasch gesteigert
werden kann, wie die steigende Nachfrage. Denken wir doch z.B. daran, dass
in China die individuelle Motorisierung, der Umstieg vom Fahrrad auf das
Auto, in vollem Gang ist. Die Nachfrage nach Treibstoff nimmt dadurch in
bisher nie dagewesenem Tempo zu. Wenn aber die Förderung von Öl und Gas
nicht mehr im gleichen Tempo gesteigert werden kann wie die Nachfrage,
werden nach dem ehernen Gesetz von Angebot und Nachfrage rasante
Preissteigerungen einsetzen, bei denen die ärmeren Völker bald aufgeben
müssen und den reicheren Völkern die Geldmittel entzogen werden, die sie
eigentlich für den Umbau ihrer Energiewirtschaft benötigen.
Die zweite Phase des Endes setzt ein, wenn die Förderung von Gas und Öl
ihren Höhepunkt erreicht hat und danach zurückgeht. Auch wenn immer wieder
einmal neue Erdöl- oder sonstige Reserven gefunden werden, ist das Ende
trotzdem irgendwann erreicht. Wie beim Ostereier-Suchen, könnte man
scherzeshalber sagen, doch zum Scherzen ist hier kein Anlass gegeben, denn
das Ende der konventionellen Energiereserven könnte das Ende der
technischen Zivilisation bedeuten, wenn vorher keine Alternativen
bereitgestellt worden sind.
Ende oder Wende?
Wer von unseren Mitbürgern würde sich wohl mit dem Ende der technischen
Zivilisation abfinden und freiwillig zu mittelalterlichen
Produktionsverfahren, Wohnkomfort und Reisemöglichkeiten zurückkehren? Nur
wenige, nehme ich an. Es ist deshalb zu befürchten, dass es zwischen den
Industrienationen dieser Welt zu erbitterten Verteilungskämpfen um die
letzten Reserven kommen wird, die sogar mehr als das Überleben der
Zivilisation in Frage stellen können.
Es ist deshalb eine Frage vorausschauender Verantwortung, rechtzeitig
darüber nachzudenken, welchen Ersatz es dann geben soll. Mehr noch: Weil es
viele Jahrzehnte braucht, ein neues Energieversorgungssystem aufzubauen,
genügt es nicht, darüber nur nachzudenken, genügt es nicht, auf dem
Reißbrett und in den Forschungslabors einige Prototypen zu planen und zu
errichten. Die Entwicklung eines weltumspannenden Energieversorgungssystems
ist eine Jahrhundertaufgabe und kann nur gelöst werden, wenn ständig
zunehmende Nachfrage zur Massenproduktion führt und so die Möglichkeit und
den Anreiz liefert, neue Forschungsergebnisse in der Praxis zu erproben.
Wenn erst einmal die Ölpreise wegen Verknappung so richtig in die Höhe
gehen und schließlich explodieren, oder wenn die Beseitigung
unwetterbedingte Schäden immer mehr finanzielle Reserven verschlingt, wird
das Geld und die Zeit fehlen, den gesamten Wohnungsbestand der
Bundesrepublik mit Wärmedämmung zu versehen, wird es zu spät sein, alle
7-Liter-Autos gleichzeitig zu verschrotten und 2-Liter-Autos in Serie zu
geben. Dann wird es insbesondere zu spät sein, all die bis dahin vielleicht
erarbeiteten Forschungsergebnisse aus den Aktenschränken zu holen, in der
Absicht, auf Millionen von Dächern Solarstromanlagen zu errichten.
Es muss deshalb planvoll schon jetzt mit dem Aufbau derjenigen Techniken
begonnen werden, die heute verfügbar sind. Wir beim Solarenergie-
Förderverein und bei vielen ähnlichen Nicht-Regierungs-Organisationen sind
hier schon seit 19 Jahren intensiv tätig.
Die Tatsache, dass die Stromwirtschaft seit Erfindung der Wasserstoffbombe
ihre Hoffnung auf die Kernfusion setzt, darf uns nicht dazu verleiten, die
Hände in den Schoß zu legen, denn noch ist nicht sicher, ob diese Technik
funktionieren wird, und falls sie funktioniert, ob sie noch rechtzeitig zur
Serienreife kommt, ob sie auch in Entwicklungsländern ohne Stromnetz, mit
wenig ausgebildeten Ingenieuren und Technikern anwendbar sein wird, und ob
die von ihr bereitgestellte Energie preiswert genug sein wird.
Zweifel als politische Waffe
Die Stromwirtschaft instrumentalisiert die Zweifel am Potential der
erneuerbaren Energien als Waffe im Kampf gegen eine unerwünschte
Konkurrenz. Auf Politiker, die angesichts der anstehenden Probleme eine
energische Entscheidung zur Verbesserung der gesetzlichen Rahmenbedingungen
treffen müssten, wirken diese Zweifel entmutigend und lähmend. Ich kann
mich noch gut an eines der ersten Statements von Dr. Angela Merkel
erinnern, nachdem sie Umweltministerin geworden war. Sie verwendete
wörtlich eine Werbeaussage - besser gesagt eine Antiwerbung - der
konventionellen Energiewirtschaft, die damals in allen großen Zeitungen
veröffentlicht wurde. Dort hieß es: "Sonne, Wasser und Wind können auch
langfristig nicht mehr als 4% unseres Strombedarfs decken". Die Anzeige
erschien Anfang 1993 und war unterschrieben von den 6 größten
Stromkonzernen der Bundesrepublik. Es war nur eine von vielen.
Die Folgen spüren wir noch heute: Unter den Politikern - insbesondere des
konservativen Lagers haben die Erneuerbaren Energien nur wenige Freunde,
obwohl doch gerade dort, wegen des Anspruchs auf Bewahrung der Schöpfung
Verständnis und die Bereitschaft wenigstens zum Zuhören vorhanden sein
müsste. Das Vorurteil, dass inkompetente linke, grüne Spinner und
Weltverbesserer sich mit ungeeigneten Vorschlägen in ein Thema einmischen,
das nur von den Fachleuten der Energiewirtschaft beherrscht wird, sitzt
tief und lässt noch nicht einmal ein sachliches Gespräch zu Stande kommen.
Dabei haben die Fachleute der Stromwirtschaft mit der Behauptung von den
maximal möglichen 4% sich nachweislich getäuscht. Schon jetzt, dreizehn
Jahre nach Erscheinen der Anzeige sind bereits über 10 Prozent, d.h. das
Zweieinhalbfache des von ihnen für möglich gehaltenen Wertes erreicht.
Doch Zweifel werden weiterhin verbreitet. Inzwischen heißt es - nunmehr
etwas vorsichtiger formuliert - die erneuerbaren Energien würden nie einen
"nennenswerten" Anteil erbringen.
Ist den Zweiflern, die solche Aussagen ungeprüft weitergeben, eigentlich
die Konsequenz bewusst? Angesichts einer immer deutlicher sich
abzeichnenden Menschheitsgefahr verbreiten sie Entmutigung und lähmen die
Bereitschaft zur gemeinsamen Abwehr des Unheils.
Das Gebot des Handelns
Ich möchte das Thema heute mit folgender Anmerkung vorläufig abschließen:
Wenn es aus einer lebensgefährlichen Situation nur einen einzigen Ausweg
gibt, dann stellt sich nicht mehr die Frage, wie komfortabel dieser Ausweg
ist, sondern dann gilt das Gebot des gemeinsamen Handelns; darüber gibt es
im Augenblick der Gefahr keine Diskussion. Das Problem in der Energiefrage
liegt jedoch darin, dass die Gefahr von den schon mehrfach zitierten
Fachleuten der Energiewirtschaft nicht thematisiert wird. Dabei bereitet
sich hinter den Kulissen ein energiewirtschaftliches Drama ohnegleichen
vor. Mit einiger Phantasie können wir den Gang der weiteren Entwicklung
durchaus schon vorhersehen, auch wenn wir keine exakten Jahreszahlen nennen
können. Über kurz oder lang müssen wir die Nutzung der konventionellen
Energien entweder aus Klimaschutzgründen zwangsweise rationieren oder wegen
Versiegens der Ressourcen zurückfahren.
Was wir bis dahin an Erneuerbaren Energien bereitgestellt haben, wird dann
alles sein, was uns als Alternative zur Verfügung steht. Es liegt an uns,
wie viel das im Vergleich zur heutigen Energieversorgung sein wird (10%,
50%, 100%). Wenn erst einmal die Preise für die konventionellen Energien in
die Höhe gehen und schließlich explodieren, oder die Ausgaben für die
Beseitigung unwetterbedingter Schäden das Volksvermögen aufzehren, wird ein
Nachbessern kaum noch möglich sein. In einer Volkswirtschaft, die bis dahin
noch nicht vollständig umgestellt ist, muss dann für die Versorgung mit den
noch verbliebenen konventionellen Energien und für technische Maßnahmen zur
Reduzierung des Energieverbrauchs von Monat zu Monat mehr Volksvermögen
aufgewendet werden. Dieses fehlt dann beim Aufbau einer alternativen
Energieversorgung.
Je mehr wir also durch heutige Zweifel den Aufbau der erneuerbaren Energien
bremsen, umso schwieriger wird später die Durchführung der Energiewende
sein. Dann gilt, wie so häufig im politischen Leben, das schlimme Gesetz
von der sich selbst erfüllenden Prophezeiung.
Deshalb mit der freundlichen Bitte zur Überprüfung Ihrer Zweifel
und mit freundlichen Grüßen
Wolf von Fabeck
Dipl.-Ing. und Geschäftsführer im Solarenergie-Förderverein Deutschland
Wolf von Fabeck: Ist vollständiger Ersatz der konventionellen Energien
durch die Erneuerbaren Energien möglich?
Sehr geehrter Zweifler an einer vollständigen Energiewende,
Sie wissen ja, wir vom Solarenergie-Förderverein sind davon überzeugt, dass
ein vollständiger Ersatz der konventionellen Energiequellen durch die
erneuerbaren Energien aus Sonnenstrahlung, Windkraft, Wasserkraft und
Biomasse möglich ist. Doch Sie haben Ihre begründeten Zweifel.
Viele der mit Energiefragen befassten Fachleute bestreiten wie Sie, dass
die erneuerbaren Energien das Potenzial hätten, die Energiequellen Kohle,
Öl, Erdgas und Uran zu ersetzen. Auch ein großer Teil der Bevölkerung teilt
Ihre Zweifel. Zwar erfreuen sich die Erneuerbaren Energien der größten
Beliebtheit, aber ob sie einen VOLLSTÄNDIGEN ERSATZ bereitstellen können,
das mögen Viele nun doch nicht glauben.
Die Tatsache, dass unsere Überzeugung bisher nur von einer Minderheit
geteilt wird, beweist allerdings nicht, dass sie falsch ist, es könnte auch
daran liegen, dass der Gedanke für die Mehrheit noch zu neu ist und erst
verarbeitet werden muss. Deshalb schreibe ich Ihnen diesen Brief.
Meines Wissens ist die Idee von der Möglichkeit einer vollständigen
Energieversorgung aus Erneuerbaren Energien überhaupt erstmals in den
neunziger Jahren einem größeren Publikum öffentlich mitgeteilt worden.
Unser Solarenergie-Förderververein gehörte zu den Ersten, die diese
Möglichkeit publiziert haben. Mit der Argumentationslage sind wir somit gut
vertraut.
Ein neues Weltbild?
Es ist in der Geschichte ja schon öfter vorgekommen, dass sich eine neue
Erkenntnis gegenüber einer alten Überzeugung durchsetzen musste.
Paradebeispiel war die erbitterte Diskussion der Frage, ob die Erde um die
Sonne kreist. Die Schwierigkeiten, die die ersten Anhänger der neuen
Erkenntnis damals hatten, sind ja bekannt.
Bei der Energie-Frage ist es noch schwieriger, zu einer objektiven
Beurteilung zu kommen, denn hier geht es nicht nur um eine akademische
Frage, sondern auch um erhebliche Wirtschaftsinteressen. Unterstellen wir
einmal, wir, die Anhänger der "neuen Lehre" hätten recht und es würde uns
gelingen, die Regierung oder das Parlament zu überzeugen, so würde die
wirtschaftspolitische Unterstützung der konventionellen
Energiebereitstellungstechniken plötzlich fraglich sein. Es könnte
geschehen, dass die bisherigen Kohlesubventionen schneller als vorgesehen
eingestellt würden, es könnte geschehen, dass der Kernenergie die
großzügige Befreiung von der Haftpflichtversicherung und die steuerliche
Befreiung ihrer Rückstellungen zukünftig nicht mehr gewährt würde, und es
könnte geschehen, dass die Erneuerbaren Energietechniken die Unterstützung
bekämen, die wir seit langem fordern, nämlich eine wirklich kostendeckende
Einspeisevergütung, die zu Eigenkapitalrenditen führt, wie sie in der
Stromwirtschaft üblich sind. Immer noch unterstellt, dass wir tatsächlich
recht hätten, würde sich daraus dann ein so gewaltiger Aufschwung der
Erneuerbaren Energien ergeben, dass die bereits geplanten Investitionen in
konventionelle Großkraftwerke sich als "stranded investments" erweisen
würden, wodurch wiederum die bisherigen Ratgeber und Fachleute der
konventionellen Energietechniken in aller Öffentlichkeit bloßgestellt wären
und sich den Zorn ihrer Aktionäre zuziehen würden. Diese Überlegung warnt
uns, dass bei manchen Fachleuten eine gewisse Befangenheit in dieser Frage
nicht ganz ausgeschlossen werden kann.
Naturgesetz oder politische Meinung?
Die Formulierung einiger Fachleute, dass es - auch auf lange Sicht -
\'ausgeschlossen\' sei, den Energiebedarf der Menschheit vollständig durch
Erneuerbare Energien zu decken, zeigt in der Tat eine hohe emotionale
Beteiligung. Eine Formulierung in dieser Striktheit und Endgültigkeit ist
unter wissenschaftlich argumentierenden Fachleuten sonst eher ungewöhnlich;
sie ist allenfalls für die Wiedergabe eines Naturgesetzes zulässig. In
einem naturwissenschaftlichen Lexikon darf es heißen: "ES IST
AUSGESCHLOSSEN ..." Z.B.: "Es ist ausgeschlossen, eine Maschine zu bauen,
die mehr Nutzenergie liefert, als ihr an Energie zugeführt wird (Perpetuum
Mobile 1. Art)".
Doch genau wie ein Naturgesetz ist die Aussage der genannten Fachleute
formuliert und es wird demzufolge in der Öffentlichkeit (vielleicht auch
von Ihnen?) wie ein Naturgesetz verstanden, dass es ausgeschlossen sei, den
Energiebedarf der Menschheit vollständig durch erneuerbare Energien zu
decken.
Aber ein Naturgesetz ist dies überhaupt nicht. Eine Solarzellenfläche mit
der Kantenlänge 160 km mal 160 km - auf Pontons in der Nordsee oder auf
Gestellen in der Wüste oder wo auch immer unter dem freien Himmel zwischen
Polarkreis und Äquator - würde z.B. ausreichen, nicht nur den Strombedarf,
sondern sogar den jetzigen Gesamtenergiebedarf von ganz Deutschland zu
decken. Natürlich sieht so nicht die Lösung aus, die wir vorschlagen, aber
zur Widerlegung eines vermuteten Naturgesetzes - zur sogenannten
"Falsifizierung" - genügt jedes beliebige nachvollziehbare Beispiel. Unser
Beispiel haben wir deshalb gewählt, weil es sich sehr einfach rechnen
lässt.
Die oben erwähnten Fachleute sagen zwar, die Energiewende sei
ausgeschlossen, bzw. unmöglich. Was Sie aber tatsächlich meinen, ist
eigentlich etwas anderes. Sie halten die technischen Schwierigkeiten, die
Kosten, die Probleme bei der politischen Durchsetzung für so groß, dass sie
nicht GLAUBEN, dass eine Energiewende möglich sein wird. Ihre oben erwähnte
Befangenheit und der - vielleicht noch nicht einmal vor sich selbst
eingestandene - Wunsch, dass es nicht so rasch zu dieser Energiewende
kommen möge, damit sie nicht blamiert dastehen, lässt sie jedoch eine
Formulierung wählen, zu der sie bei strenger Wissenschaftlichkeit
eigentlich nicht berechtigt wären.
Brauchen wir die Energiewende?
Ich glaube aber auch, dass es in einer Diskussion mit Ihnen, sehr geehrter
Zweifler, erst einmal darauf ankommt, dass wir uns über die NOTWENDIGKEIT
einer Energiewende verständigen. Dazu einige Gedanken:
Niemand kann ausschließen, dass es wirklich zu der befürchteten
Klimakatastrophe kommt, lange bevor die fossilen Energieträger erschöpft
sein werden. Die Klimaforscher und Biologen sagen für diesen Fall so
gravierende Folgen vorher, dass die politische Verantwortung gebietet, das
"Experiment" einer kontinuierlich fortgesetzten Treibhausgas-Emission
möglichst rasch abzubrechen.
Seit dem 11. September warnen Sicherheitsexperten vor Terroranschlägen und
werden bei ihren Warnungen noch von den verantwortlichen Politikern
unterstützt. Dass die selben Verantwortlichen nicht alles daran setzen, den
weiteren Betrieb von Atomkraftwerken so rasch wie möglich zu unterbinden,
ist für uns logisch nicht mehr nachzuvollziehen.
Außerdem müssen wir davon ausgehen, dass irgendwann in gar nicht so ferner
Zukunft - Klima- und Atomkatastrophe hin oder her - die Ausbeutung der
fossilen Energieträger und des Urans den wachsenden Energiebedarf der
Menschheit ohnehin nicht mehr zu decken vermag. Es ist jetzt nicht die Rede
davon, dass dann auf einen Schlag alle Erdöl-, Gas- und Uranvorkommen
erschöpft sein werden; das mag noch hundert oder zweihundert Jahre dauern.
Aber: Das Ende kommt lange vor dem endgültigen Verbrauch aller Ressourcen!
Das Ende beginnt bereits, wenn das Angebot nicht mehr so rasch gesteigert
werden kann, wie die steigende Nachfrage. Denken wir doch z.B. daran, dass
in China die individuelle Motorisierung, der Umstieg vom Fahrrad auf das
Auto, in vollem Gang ist. Die Nachfrage nach Treibstoff nimmt dadurch in
bisher nie dagewesenem Tempo zu. Wenn aber die Förderung von Öl und Gas
nicht mehr im gleichen Tempo gesteigert werden kann wie die Nachfrage,
werden nach dem ehernen Gesetz von Angebot und Nachfrage rasante
Preissteigerungen einsetzen, bei denen die ärmeren Völker bald aufgeben
müssen und den reicheren Völkern die Geldmittel entzogen werden, die sie
eigentlich für den Umbau ihrer Energiewirtschaft benötigen.
Die zweite Phase des Endes setzt ein, wenn die Förderung von Gas und Öl
ihren Höhepunkt erreicht hat und danach zurückgeht. Auch wenn immer wieder
einmal neue Erdöl- oder sonstige Reserven gefunden werden, ist das Ende
trotzdem irgendwann erreicht. Wie beim Ostereier-Suchen, könnte man
scherzeshalber sagen, doch zum Scherzen ist hier kein Anlass gegeben, denn
das Ende der konventionellen Energiereserven könnte das Ende der
technischen Zivilisation bedeuten, wenn vorher keine Alternativen
bereitgestellt worden sind.
Ende oder Wende?
Wer von unseren Mitbürgern würde sich wohl mit dem Ende der technischen
Zivilisation abfinden und freiwillig zu mittelalterlichen
Produktionsverfahren, Wohnkomfort und Reisemöglichkeiten zurückkehren? Nur
wenige, nehme ich an. Es ist deshalb zu befürchten, dass es zwischen den
Industrienationen dieser Welt zu erbitterten Verteilungskämpfen um die
letzten Reserven kommen wird, die sogar mehr als das Überleben der
Zivilisation in Frage stellen können.
Es ist deshalb eine Frage vorausschauender Verantwortung, rechtzeitig
darüber nachzudenken, welchen Ersatz es dann geben soll. Mehr noch: Weil es
viele Jahrzehnte braucht, ein neues Energieversorgungssystem aufzubauen,
genügt es nicht, darüber nur nachzudenken, genügt es nicht, auf dem
Reißbrett und in den Forschungslabors einige Prototypen zu planen und zu
errichten. Die Entwicklung eines weltumspannenden Energieversorgungssystems
ist eine Jahrhundertaufgabe und kann nur gelöst werden, wenn ständig
zunehmende Nachfrage zur Massenproduktion führt und so die Möglichkeit und
den Anreiz liefert, neue Forschungsergebnisse in der Praxis zu erproben.
Wenn erst einmal die Ölpreise wegen Verknappung so richtig in die Höhe
gehen und schließlich explodieren, oder wenn die Beseitigung
unwetterbedingte Schäden immer mehr finanzielle Reserven verschlingt, wird
das Geld und die Zeit fehlen, den gesamten Wohnungsbestand der
Bundesrepublik mit Wärmedämmung zu versehen, wird es zu spät sein, alle
7-Liter-Autos gleichzeitig zu verschrotten und 2-Liter-Autos in Serie zu
geben. Dann wird es insbesondere zu spät sein, all die bis dahin vielleicht
erarbeiteten Forschungsergebnisse aus den Aktenschränken zu holen, in der
Absicht, auf Millionen von Dächern Solarstromanlagen zu errichten.
Es muss deshalb planvoll schon jetzt mit dem Aufbau derjenigen Techniken
begonnen werden, die heute verfügbar sind. Wir beim Solarenergie-
Förderverein und bei vielen ähnlichen Nicht-Regierungs-Organisationen sind
hier schon seit 19 Jahren intensiv tätig.
Die Tatsache, dass die Stromwirtschaft seit Erfindung der Wasserstoffbombe
ihre Hoffnung auf die Kernfusion setzt, darf uns nicht dazu verleiten, die
Hände in den Schoß zu legen, denn noch ist nicht sicher, ob diese Technik
funktionieren wird, und falls sie funktioniert, ob sie noch rechtzeitig zur
Serienreife kommt, ob sie auch in Entwicklungsländern ohne Stromnetz, mit
wenig ausgebildeten Ingenieuren und Technikern anwendbar sein wird, und ob
die von ihr bereitgestellte Energie preiswert genug sein wird.
Zweifel als politische Waffe
Die Stromwirtschaft instrumentalisiert die Zweifel am Potential der
erneuerbaren Energien als Waffe im Kampf gegen eine unerwünschte
Konkurrenz. Auf Politiker, die angesichts der anstehenden Probleme eine
energische Entscheidung zur Verbesserung der gesetzlichen Rahmenbedingungen
treffen müssten, wirken diese Zweifel entmutigend und lähmend. Ich kann
mich noch gut an eines der ersten Statements von Dr. Angela Merkel
erinnern, nachdem sie Umweltministerin geworden war. Sie verwendete
wörtlich eine Werbeaussage - besser gesagt eine Antiwerbung - der
konventionellen Energiewirtschaft, die damals in allen großen Zeitungen
veröffentlicht wurde. Dort hieß es: "Sonne, Wasser und Wind können auch
langfristig nicht mehr als 4% unseres Strombedarfs decken". Die Anzeige
erschien Anfang 1993 und war unterschrieben von den 6 größten
Stromkonzernen der Bundesrepublik. Es war nur eine von vielen.
Die Folgen spüren wir noch heute: Unter den Politikern - insbesondere des
konservativen Lagers haben die Erneuerbaren Energien nur wenige Freunde,
obwohl doch gerade dort, wegen des Anspruchs auf Bewahrung der Schöpfung
Verständnis und die Bereitschaft wenigstens zum Zuhören vorhanden sein
müsste. Das Vorurteil, dass inkompetente linke, grüne Spinner und
Weltverbesserer sich mit ungeeigneten Vorschlägen in ein Thema einmischen,
das nur von den Fachleuten der Energiewirtschaft beherrscht wird, sitzt
tief und lässt noch nicht einmal ein sachliches Gespräch zu Stande kommen.
Dabei haben die Fachleute der Stromwirtschaft mit der Behauptung von den
maximal möglichen 4% sich nachweislich getäuscht. Schon jetzt, dreizehn
Jahre nach Erscheinen der Anzeige sind bereits über 10 Prozent, d.h. das
Zweieinhalbfache des von ihnen für möglich gehaltenen Wertes erreicht.
Doch Zweifel werden weiterhin verbreitet. Inzwischen heißt es - nunmehr
etwas vorsichtiger formuliert - die erneuerbaren Energien würden nie einen
"nennenswerten" Anteil erbringen.
Ist den Zweiflern, die solche Aussagen ungeprüft weitergeben, eigentlich
die Konsequenz bewusst? Angesichts einer immer deutlicher sich
abzeichnenden Menschheitsgefahr verbreiten sie Entmutigung und lähmen die
Bereitschaft zur gemeinsamen Abwehr des Unheils.
Das Gebot des Handelns
Ich möchte das Thema heute mit folgender Anmerkung vorläufig abschließen:
Wenn es aus einer lebensgefährlichen Situation nur einen einzigen Ausweg
gibt, dann stellt sich nicht mehr die Frage, wie komfortabel dieser Ausweg
ist, sondern dann gilt das Gebot des gemeinsamen Handelns; darüber gibt es
im Augenblick der Gefahr keine Diskussion. Das Problem in der Energiefrage
liegt jedoch darin, dass die Gefahr von den schon mehrfach zitierten
Fachleuten der Energiewirtschaft nicht thematisiert wird. Dabei bereitet
sich hinter den Kulissen ein energiewirtschaftliches Drama ohnegleichen
vor. Mit einiger Phantasie können wir den Gang der weiteren Entwicklung
durchaus schon vorhersehen, auch wenn wir keine exakten Jahreszahlen nennen
können. Über kurz oder lang müssen wir die Nutzung der konventionellen
Energien entweder aus Klimaschutzgründen zwangsweise rationieren oder wegen
Versiegens der Ressourcen zurückfahren.
Was wir bis dahin an Erneuerbaren Energien bereitgestellt haben, wird dann
alles sein, was uns als Alternative zur Verfügung steht. Es liegt an uns,
wie viel das im Vergleich zur heutigen Energieversorgung sein wird (10%,
50%, 100%). Wenn erst einmal die Preise für die konventionellen Energien in
die Höhe gehen und schließlich explodieren, oder die Ausgaben für die
Beseitigung unwetterbedingter Schäden das Volksvermögen aufzehren, wird ein
Nachbessern kaum noch möglich sein. In einer Volkswirtschaft, die bis dahin
noch nicht vollständig umgestellt ist, muss dann für die Versorgung mit den
noch verbliebenen konventionellen Energien und für technische Maßnahmen zur
Reduzierung des Energieverbrauchs von Monat zu Monat mehr Volksvermögen
aufgewendet werden. Dieses fehlt dann beim Aufbau einer alternativen
Energieversorgung.
Je mehr wir also durch heutige Zweifel den Aufbau der erneuerbaren Energien
bremsen, umso schwieriger wird später die Durchführung der Energiewende
sein. Dann gilt, wie so häufig im politischen Leben, das schlimme Gesetz
von der sich selbst erfüllenden Prophezeiung.
Deshalb mit der freundlichen Bitte zur Überprüfung Ihrer Zweifel
und mit freundlichen Grüßen
Wolf von Fabeck
Dipl.-Ing. und Geschäftsführer im Solarenergie-Förderverein Deutschland
Antwort auf Beitrag Nr.: 21.281.131 von Max Deml am 22.04.06 09:40:00Offener Brief an einen Zweifler
Wolf von Fabeck: Ist vollständiger Ersatz der konventionellen Energien
durch die Erneuerbaren Energien möglich?
Sehr geehrter Zweifler an einer vollständigen Energiewende,
Sie wissen ja, wir vom Solarenergie-Förderverein sind davon überzeugt, dass
ein vollständiger Ersatz der konventionellen Energiequellen durch die
erneuerbaren Energien aus Sonnenstrahlung, Windkraft, Wasserkraft und
Biomasse möglich ist. Doch Sie haben Ihre begründeten Zweifel.
Viele der mit Energiefragen befassten Fachleute bestreiten wie Sie, dass
die erneuerbaren Energien das Potenzial hätten, die Energiequellen Kohle,
Öl, Erdgas und Uran zu ersetzen. Auch ein großer Teil der Bevölkerung teilt
Ihre Zweifel. Zwar erfreuen sich die Erneuerbaren Energien der größten
Beliebtheit, aber ob sie einen VOLLSTÄNDIGEN ERSATZ bereitstellen können,
das mögen Viele nun doch nicht glauben.
Die Tatsache, dass unsere Überzeugung bisher nur von einer Minderheit
geteilt wird, beweist allerdings nicht, dass sie falsch ist, es könnte auch
daran liegen, dass der Gedanke für die Mehrheit noch zu neu ist und erst
verarbeitet werden muss. Deshalb schreibe ich Ihnen diesen Brief.
Meines Wissens ist die Idee von der Möglichkeit einer vollständigen
Energieversorgung aus Erneuerbaren Energien überhaupt erstmals in den
neunziger Jahren einem größeren Publikum öffentlich mitgeteilt worden.
Unser Solarenergie-Förderververein gehörte zu den Ersten, die diese
Möglichkeit publiziert haben. Mit der Argumentationslage sind wir somit gut
vertraut.
Ein neues Weltbild?
Es ist in der Geschichte ja schon öfter vorgekommen, dass sich eine neue
Erkenntnis gegenüber einer alten Überzeugung durchsetzen musste.
Paradebeispiel war die erbitterte Diskussion der Frage, ob die Erde um die
Sonne kreist. Die Schwierigkeiten, die die ersten Anhänger der neuen
Erkenntnis damals hatten, sind ja bekannt.
Bei der Energie-Frage ist es noch schwieriger, zu einer objektiven
Beurteilung zu kommen, denn hier geht es nicht nur um eine akademische
Frage, sondern auch um erhebliche Wirtschaftsinteressen. Unterstellen wir
einmal, wir, die Anhänger der "neuen Lehre" hätten recht und es würde uns
gelingen, die Regierung oder das Parlament zu überzeugen, so würde die
wirtschaftspolitische Unterstützung der konventionellen
Energiebereitstellungstechniken plötzlich fraglich sein. Es könnte
geschehen, dass die bisherigen Kohlesubventionen schneller als vorgesehen
eingestellt würden, es könnte geschehen, dass der Kernenergie die
großzügige Befreiung von der Haftpflichtversicherung und die steuerliche
Befreiung ihrer Rückstellungen zukünftig nicht mehr gewährt würde, und es
könnte geschehen, dass die Erneuerbaren Energietechniken die Unterstützung
bekämen, die wir seit langem fordern, nämlich eine wirklich kostendeckende
Einspeisevergütung, die zu Eigenkapitalrenditen führt, wie sie in der
Stromwirtschaft üblich sind. Immer noch unterstellt, dass wir tatsächlich
recht hätten, würde sich daraus dann ein so gewaltiger Aufschwung der
Erneuerbaren Energien ergeben, dass die bereits geplanten Investitionen in
konventionelle Großkraftwerke sich als "stranded investments" erweisen
würden, wodurch wiederum die bisherigen Ratgeber und Fachleute der
konventionellen Energietechniken in aller Öffentlichkeit bloßgestellt wären
und sich den Zorn ihrer Aktionäre zuziehen würden. Diese Überlegung warnt
uns, dass bei manchen Fachleuten eine gewisse Befangenheit in dieser Frage
nicht ganz ausgeschlossen werden kann.
Naturgesetz oder politische Meinung?
Die Formulierung einiger Fachleute, dass es - auch auf lange Sicht -
\'ausgeschlossen\' sei, den Energiebedarf der Menschheit vollständig durch
Erneuerbare Energien zu decken, zeigt in der Tat eine hohe emotionale
Beteiligung. Eine Formulierung in dieser Striktheit und Endgültigkeit ist
unter wissenschaftlich argumentierenden Fachleuten sonst eher ungewöhnlich;
sie ist allenfalls für die Wiedergabe eines Naturgesetzes zulässig. In
einem naturwissenschaftlichen Lexikon darf es heißen: "ES IST
AUSGESCHLOSSEN ..." Z.B.: "Es ist ausgeschlossen, eine Maschine zu bauen,
die mehr Nutzenergie liefert, als ihr an Energie zugeführt wird (Perpetuum
Mobile 1. Art)".
Doch genau wie ein Naturgesetz ist die Aussage der genannten Fachleute
formuliert und es wird demzufolge in der Öffentlichkeit (vielleicht auch
von Ihnen?) wie ein Naturgesetz verstanden, dass es ausgeschlossen sei, den
Energiebedarf der Menschheit vollständig durch erneuerbare Energien zu
decken.
Aber ein Naturgesetz ist dies überhaupt nicht. Eine Solarzellenfläche mit
der Kantenlänge 160 km mal 160 km - auf Pontons in der Nordsee oder auf
Gestellen in der Wüste oder wo auch immer unter dem freien Himmel zwischen
Polarkreis und Äquator - würde z.B. ausreichen, nicht nur den Strombedarf,
sondern sogar den jetzigen Gesamtenergiebedarf von ganz Deutschland zu
decken. Natürlich sieht so nicht die Lösung aus, die wir vorschlagen, aber
zur Widerlegung eines vermuteten Naturgesetzes - zur sogenannten
"Falsifizierung" - genügt jedes beliebige nachvollziehbare Beispiel. Unser
Beispiel haben wir deshalb gewählt, weil es sich sehr einfach rechnen
lässt.
Die oben erwähnten Fachleute sagen zwar, die Energiewende sei
ausgeschlossen, bzw. unmöglich. Was Sie aber tatsächlich meinen, ist
eigentlich etwas anderes. Sie halten die technischen Schwierigkeiten, die
Kosten, die Probleme bei der politischen Durchsetzung für so groß, dass sie
nicht GLAUBEN, dass eine Energiewende möglich sein wird. Ihre oben erwähnte
Befangenheit und der - vielleicht noch nicht einmal vor sich selbst
eingestandene - Wunsch, dass es nicht so rasch zu dieser Energiewende
kommen möge, damit sie nicht blamiert dastehen, lässt sie jedoch eine
Formulierung wählen, zu der sie bei strenger Wissenschaftlichkeit
eigentlich nicht berechtigt wären.
Brauchen wir die Energiewende?
Ich glaube aber auch, dass es in einer Diskussion mit Ihnen, sehr geehrter
Zweifler, erst einmal darauf ankommt, dass wir uns über die NOTWENDIGKEIT
einer Energiewende verständigen. Dazu einige Gedanken:
Niemand kann ausschließen, dass es wirklich zu der befürchteten
Klimakatastrophe kommt, lange bevor die fossilen Energieträger erschöpft
sein werden. Die Klimaforscher und Biologen sagen für diesen Fall so
gravierende Folgen vorher, dass die politische Verantwortung gebietet, das
"Experiment" einer kontinuierlich fortgesetzten Treibhausgas-Emission
möglichst rasch abzubrechen.
Seit dem 11. September warnen Sicherheitsexperten vor Terroranschlägen und
werden bei ihren Warnungen noch von den verantwortlichen Politikern
unterstützt. Dass die selben Verantwortlichen nicht alles daran setzen, den
weiteren Betrieb von Atomkraftwerken so rasch wie möglich zu unterbinden,
ist für uns logisch nicht mehr nachzuvollziehen.
Außerdem müssen wir davon ausgehen, dass irgendwann in gar nicht so ferner
Zukunft - Klima- und Atomkatastrophe hin oder her - die Ausbeutung der
fossilen Energieträger und des Urans den wachsenden Energiebedarf der
Menschheit ohnehin nicht mehr zu decken vermag. Es ist jetzt nicht die Rede
davon, dass dann auf einen Schlag alle Erdöl-, Gas- und Uranvorkommen
erschöpft sein werden; das mag noch hundert oder zweihundert Jahre dauern.
Aber: Das Ende kommt lange vor dem endgültigen Verbrauch aller Ressourcen!
Das Ende beginnt bereits, wenn das Angebot nicht mehr so rasch gesteigert
werden kann, wie die steigende Nachfrage. Denken wir doch z.B. daran, dass
in China die individuelle Motorisierung, der Umstieg vom Fahrrad auf das
Auto, in vollem Gang ist. Die Nachfrage nach Treibstoff nimmt dadurch in
bisher nie dagewesenem Tempo zu. Wenn aber die Förderung von Öl und Gas
nicht mehr im gleichen Tempo gesteigert werden kann wie die Nachfrage,
werden nach dem ehernen Gesetz von Angebot und Nachfrage rasante
Preissteigerungen einsetzen, bei denen die ärmeren Völker bald aufgeben
müssen und den reicheren Völkern die Geldmittel entzogen werden, die sie
eigentlich für den Umbau ihrer Energiewirtschaft benötigen.
Die zweite Phase des Endes setzt ein, wenn die Förderung von Gas und Öl
ihren Höhepunkt erreicht hat und danach zurückgeht. Auch wenn immer wieder
einmal neue Erdöl- oder sonstige Reserven gefunden werden, ist das Ende
trotzdem irgendwann erreicht. Wie beim Ostereier-Suchen, könnte man
scherzeshalber sagen, doch zum Scherzen ist hier kein Anlass gegeben, denn
das Ende der konventionellen Energiereserven könnte das Ende der
technischen Zivilisation bedeuten, wenn vorher keine Alternativen
bereitgestellt worden sind.
Ende oder Wende?
Wer von unseren Mitbürgern würde sich wohl mit dem Ende der technischen
Zivilisation abfinden und freiwillig zu mittelalterlichen
Produktionsverfahren, Wohnkomfort und Reisemöglichkeiten zurückkehren? Nur
wenige, nehme ich an. Es ist deshalb zu befürchten, dass es zwischen den
Industrienationen dieser Welt zu erbitterten Verteilungskämpfen um die
letzten Reserven kommen wird, die sogar mehr als das Überleben der
Zivilisation in Frage stellen können.
Es ist deshalb eine Frage vorausschauender Verantwortung, rechtzeitig
darüber nachzudenken, welchen Ersatz es dann geben soll. Mehr noch: Weil es
viele Jahrzehnte braucht, ein neues Energieversorgungssystem aufzubauen,
genügt es nicht, darüber nur nachzudenken, genügt es nicht, auf dem
Reißbrett und in den Forschungslabors einige Prototypen zu planen und zu
errichten. Die Entwicklung eines weltumspannenden Energieversorgungssystems
ist eine Jahrhundertaufgabe und kann nur gelöst werden, wenn ständig
zunehmende Nachfrage zur Massenproduktion führt und so die Möglichkeit und
den Anreiz liefert, neue Forschungsergebnisse in der Praxis zu erproben.
Wenn erst einmal die Ölpreise wegen Verknappung so richtig in die Höhe
gehen und schließlich explodieren, oder wenn die Beseitigung
unwetterbedingte Schäden immer mehr finanzielle Reserven verschlingt, wird
das Geld und die Zeit fehlen, den gesamten Wohnungsbestand der
Bundesrepublik mit Wärmedämmung zu versehen, wird es zu spät sein, alle
7-Liter-Autos gleichzeitig zu verschrotten und 2-Liter-Autos in Serie zu
geben. Dann wird es insbesondere zu spät sein, all die bis dahin vielleicht
erarbeiteten Forschungsergebnisse aus den Aktenschränken zu holen, in der
Absicht, auf Millionen von Dächern Solarstromanlagen zu errichten.
Es muss deshalb planvoll schon jetzt mit dem Aufbau derjenigen Techniken
begonnen werden, die heute verfügbar sind. Wir beim Solarenergie-
Förderverein und bei vielen ähnlichen Nicht-Regierungs-Organisationen sind
hier schon seit 19 Jahren intensiv tätig.
Die Tatsache, dass die Stromwirtschaft seit Erfindung der Wasserstoffbombe
ihre Hoffnung auf die Kernfusion setzt, darf uns nicht dazu verleiten, die
Hände in den Schoß zu legen, denn noch ist nicht sicher, ob diese Technik
funktionieren wird, und falls sie funktioniert, ob sie noch rechtzeitig zur
Serienreife kommt, ob sie auch in Entwicklungsländern ohne Stromnetz, mit
wenig ausgebildeten Ingenieuren und Technikern anwendbar sein wird, und ob
die von ihr bereitgestellte Energie preiswert genug sein wird.
Zweifel als politische Waffe
Die Stromwirtschaft instrumentalisiert die Zweifel am Potential der
erneuerbaren Energien als Waffe im Kampf gegen eine unerwünschte
Konkurrenz. Auf Politiker, die angesichts der anstehenden Probleme eine
energische Entscheidung zur Verbesserung der gesetzlichen Rahmenbedingungen
treffen müssten, wirken diese Zweifel entmutigend und lähmend. Ich kann
mich noch gut an eines der ersten Statements von Dr. Angela Merkel
erinnern, nachdem sie Umweltministerin geworden war. Sie verwendete
wörtlich eine Werbeaussage - besser gesagt eine Antiwerbung - der
konventionellen Energiewirtschaft, die damals in allen großen Zeitungen
veröffentlicht wurde. Dort hieß es: "Sonne, Wasser und Wind können auch
langfristig nicht mehr als 4% unseres Strombedarfs decken". Die Anzeige
erschien Anfang 1993 und war unterschrieben von den 6 größten
Stromkonzernen der Bundesrepublik. Es war nur eine von vielen.
Die Folgen spüren wir noch heute: Unter den Politikern - insbesondere des
konservativen Lagers haben die Erneuerbaren Energien nur wenige Freunde,
obwohl doch gerade dort, wegen des Anspruchs auf Bewahrung der Schöpfung
Verständnis und die Bereitschaft wenigstens zum Zuhören vorhanden sein
müsste. Das Vorurteil, dass inkompetente linke, grüne Spinner und
Weltverbesserer sich mit ungeeigneten Vorschlägen in ein Thema einmischen,
das nur von den Fachleuten der Energiewirtschaft beherrscht wird, sitzt
tief und lässt noch nicht einmal ein sachliches Gespräch zu Stande kommen.
Dabei haben die Fachleute der Stromwirtschaft mit der Behauptung von den
maximal möglichen 4% sich nachweislich getäuscht. Schon jetzt, dreizehn
Jahre nach Erscheinen der Anzeige sind bereits über 10 Prozent, d.h. das
Zweieinhalbfache des von ihnen für möglich gehaltenen Wertes erreicht.
Doch Zweifel werden weiterhin verbreitet. Inzwischen heißt es - nunmehr
etwas vorsichtiger formuliert - die erneuerbaren Energien würden nie einen
"nennenswerten" Anteil erbringen.
Ist den Zweiflern, die solche Aussagen ungeprüft weitergeben, eigentlich
die Konsequenz bewusst? Angesichts einer immer deutlicher sich
abzeichnenden Menschheitsgefahr verbreiten sie Entmutigung und lähmen die
Bereitschaft zur gemeinsamen Abwehr des Unheils.
Das Gebot des Handelns
Ich möchte das Thema heute mit folgender Anmerkung vorläufig abschließen:
Wenn es aus einer lebensgefährlichen Situation nur einen einzigen Ausweg
gibt, dann stellt sich nicht mehr die Frage, wie komfortabel dieser Ausweg
ist, sondern dann gilt das Gebot des gemeinsamen Handelns; darüber gibt es
im Augenblick der Gefahr keine Diskussion. Das Problem in der Energiefrage
liegt jedoch darin, dass die Gefahr von den schon mehrfach zitierten
Fachleuten der Energiewirtschaft nicht thematisiert wird. Dabei bereitet
sich hinter den Kulissen ein energiewirtschaftliches Drama ohnegleichen
vor. Mit einiger Phantasie können wir den Gang der weiteren Entwicklung
durchaus schon vorhersehen, auch wenn wir keine exakten Jahreszahlen nennen
können. Über kurz oder lang müssen wir die Nutzung der konventionellen
Energien entweder aus Klimaschutzgründen zwangsweise rationieren oder wegen
Versiegens der Ressourcen zurückfahren.
Was wir bis dahin an Erneuerbaren Energien bereitgestellt haben, wird dann
alles sein, was uns als Alternative zur Verfügung steht. Es liegt an uns,
wie viel das im Vergleich zur heutigen Energieversorgung sein wird (10%,
50%, 100%). Wenn erst einmal die Preise für die konventionellen Energien in
die Höhe gehen und schließlich explodieren, oder die Ausgaben für die
Beseitigung unwetterbedingter Schäden das Volksvermögen aufzehren, wird ein
Nachbessern kaum noch möglich sein. In einer Volkswirtschaft, die bis dahin
noch nicht vollständig umgestellt ist, muss dann für die Versorgung mit den
noch verbliebenen konventionellen Energien und für technische Maßnahmen zur
Reduzierung des Energieverbrauchs von Monat zu Monat mehr Volksvermögen
aufgewendet werden. Dieses fehlt dann beim Aufbau einer alternativen
Energieversorgung.
Je mehr wir also durch heutige Zweifel den Aufbau der erneuerbaren Energien
bremsen, umso schwieriger wird später die Durchführung der Energiewende
sein. Dann gilt, wie so häufig im politischen Leben, das schlimme Gesetz
von der sich selbst erfüllenden Prophezeiung.
Deshalb mit der freundlichen Bitte zur Überprüfung Ihrer Zweifel
und mit freundlichen Grüßen
Wolf von Fabeck
Dipl.-Ing. und Geschäftsführer im Solarenergie-Förderverein Deutschland
Wolf von Fabeck: Ist vollständiger Ersatz der konventionellen Energien
durch die Erneuerbaren Energien möglich?
Sehr geehrter Zweifler an einer vollständigen Energiewende,
Sie wissen ja, wir vom Solarenergie-Förderverein sind davon überzeugt, dass
ein vollständiger Ersatz der konventionellen Energiequellen durch die
erneuerbaren Energien aus Sonnenstrahlung, Windkraft, Wasserkraft und
Biomasse möglich ist. Doch Sie haben Ihre begründeten Zweifel.
Viele der mit Energiefragen befassten Fachleute bestreiten wie Sie, dass
die erneuerbaren Energien das Potenzial hätten, die Energiequellen Kohle,
Öl, Erdgas und Uran zu ersetzen. Auch ein großer Teil der Bevölkerung teilt
Ihre Zweifel. Zwar erfreuen sich die Erneuerbaren Energien der größten
Beliebtheit, aber ob sie einen VOLLSTÄNDIGEN ERSATZ bereitstellen können,
das mögen Viele nun doch nicht glauben.
Die Tatsache, dass unsere Überzeugung bisher nur von einer Minderheit
geteilt wird, beweist allerdings nicht, dass sie falsch ist, es könnte auch
daran liegen, dass der Gedanke für die Mehrheit noch zu neu ist und erst
verarbeitet werden muss. Deshalb schreibe ich Ihnen diesen Brief.
Meines Wissens ist die Idee von der Möglichkeit einer vollständigen
Energieversorgung aus Erneuerbaren Energien überhaupt erstmals in den
neunziger Jahren einem größeren Publikum öffentlich mitgeteilt worden.
Unser Solarenergie-Förderververein gehörte zu den Ersten, die diese
Möglichkeit publiziert haben. Mit der Argumentationslage sind wir somit gut
vertraut.
Ein neues Weltbild?
Es ist in der Geschichte ja schon öfter vorgekommen, dass sich eine neue
Erkenntnis gegenüber einer alten Überzeugung durchsetzen musste.
Paradebeispiel war die erbitterte Diskussion der Frage, ob die Erde um die
Sonne kreist. Die Schwierigkeiten, die die ersten Anhänger der neuen
Erkenntnis damals hatten, sind ja bekannt.
Bei der Energie-Frage ist es noch schwieriger, zu einer objektiven
Beurteilung zu kommen, denn hier geht es nicht nur um eine akademische
Frage, sondern auch um erhebliche Wirtschaftsinteressen. Unterstellen wir
einmal, wir, die Anhänger der "neuen Lehre" hätten recht und es würde uns
gelingen, die Regierung oder das Parlament zu überzeugen, so würde die
wirtschaftspolitische Unterstützung der konventionellen
Energiebereitstellungstechniken plötzlich fraglich sein. Es könnte
geschehen, dass die bisherigen Kohlesubventionen schneller als vorgesehen
eingestellt würden, es könnte geschehen, dass der Kernenergie die
großzügige Befreiung von der Haftpflichtversicherung und die steuerliche
Befreiung ihrer Rückstellungen zukünftig nicht mehr gewährt würde, und es
könnte geschehen, dass die Erneuerbaren Energietechniken die Unterstützung
bekämen, die wir seit langem fordern, nämlich eine wirklich kostendeckende
Einspeisevergütung, die zu Eigenkapitalrenditen führt, wie sie in der
Stromwirtschaft üblich sind. Immer noch unterstellt, dass wir tatsächlich
recht hätten, würde sich daraus dann ein so gewaltiger Aufschwung der
Erneuerbaren Energien ergeben, dass die bereits geplanten Investitionen in
konventionelle Großkraftwerke sich als "stranded investments" erweisen
würden, wodurch wiederum die bisherigen Ratgeber und Fachleute der
konventionellen Energietechniken in aller Öffentlichkeit bloßgestellt wären
und sich den Zorn ihrer Aktionäre zuziehen würden. Diese Überlegung warnt
uns, dass bei manchen Fachleuten eine gewisse Befangenheit in dieser Frage
nicht ganz ausgeschlossen werden kann.
Naturgesetz oder politische Meinung?
Die Formulierung einiger Fachleute, dass es - auch auf lange Sicht -
\'ausgeschlossen\' sei, den Energiebedarf der Menschheit vollständig durch
Erneuerbare Energien zu decken, zeigt in der Tat eine hohe emotionale
Beteiligung. Eine Formulierung in dieser Striktheit und Endgültigkeit ist
unter wissenschaftlich argumentierenden Fachleuten sonst eher ungewöhnlich;
sie ist allenfalls für die Wiedergabe eines Naturgesetzes zulässig. In
einem naturwissenschaftlichen Lexikon darf es heißen: "ES IST
AUSGESCHLOSSEN ..." Z.B.: "Es ist ausgeschlossen, eine Maschine zu bauen,
die mehr Nutzenergie liefert, als ihr an Energie zugeführt wird (Perpetuum
Mobile 1. Art)".
Doch genau wie ein Naturgesetz ist die Aussage der genannten Fachleute
formuliert und es wird demzufolge in der Öffentlichkeit (vielleicht auch
von Ihnen?) wie ein Naturgesetz verstanden, dass es ausgeschlossen sei, den
Energiebedarf der Menschheit vollständig durch erneuerbare Energien zu
decken.
Aber ein Naturgesetz ist dies überhaupt nicht. Eine Solarzellenfläche mit
der Kantenlänge 160 km mal 160 km - auf Pontons in der Nordsee oder auf
Gestellen in der Wüste oder wo auch immer unter dem freien Himmel zwischen
Polarkreis und Äquator - würde z.B. ausreichen, nicht nur den Strombedarf,
sondern sogar den jetzigen Gesamtenergiebedarf von ganz Deutschland zu
decken. Natürlich sieht so nicht die Lösung aus, die wir vorschlagen, aber
zur Widerlegung eines vermuteten Naturgesetzes - zur sogenannten
"Falsifizierung" - genügt jedes beliebige nachvollziehbare Beispiel. Unser
Beispiel haben wir deshalb gewählt, weil es sich sehr einfach rechnen
lässt.
Die oben erwähnten Fachleute sagen zwar, die Energiewende sei
ausgeschlossen, bzw. unmöglich. Was Sie aber tatsächlich meinen, ist
eigentlich etwas anderes. Sie halten die technischen Schwierigkeiten, die
Kosten, die Probleme bei der politischen Durchsetzung für so groß, dass sie
nicht GLAUBEN, dass eine Energiewende möglich sein wird. Ihre oben erwähnte
Befangenheit und der - vielleicht noch nicht einmal vor sich selbst
eingestandene - Wunsch, dass es nicht so rasch zu dieser Energiewende
kommen möge, damit sie nicht blamiert dastehen, lässt sie jedoch eine
Formulierung wählen, zu der sie bei strenger Wissenschaftlichkeit
eigentlich nicht berechtigt wären.
Brauchen wir die Energiewende?
Ich glaube aber auch, dass es in einer Diskussion mit Ihnen, sehr geehrter
Zweifler, erst einmal darauf ankommt, dass wir uns über die NOTWENDIGKEIT
einer Energiewende verständigen. Dazu einige Gedanken:
Niemand kann ausschließen, dass es wirklich zu der befürchteten
Klimakatastrophe kommt, lange bevor die fossilen Energieträger erschöpft
sein werden. Die Klimaforscher und Biologen sagen für diesen Fall so
gravierende Folgen vorher, dass die politische Verantwortung gebietet, das
"Experiment" einer kontinuierlich fortgesetzten Treibhausgas-Emission
möglichst rasch abzubrechen.
Seit dem 11. September warnen Sicherheitsexperten vor Terroranschlägen und
werden bei ihren Warnungen noch von den verantwortlichen Politikern
unterstützt. Dass die selben Verantwortlichen nicht alles daran setzen, den
weiteren Betrieb von Atomkraftwerken so rasch wie möglich zu unterbinden,
ist für uns logisch nicht mehr nachzuvollziehen.
Außerdem müssen wir davon ausgehen, dass irgendwann in gar nicht so ferner
Zukunft - Klima- und Atomkatastrophe hin oder her - die Ausbeutung der
fossilen Energieträger und des Urans den wachsenden Energiebedarf der
Menschheit ohnehin nicht mehr zu decken vermag. Es ist jetzt nicht die Rede
davon, dass dann auf einen Schlag alle Erdöl-, Gas- und Uranvorkommen
erschöpft sein werden; das mag noch hundert oder zweihundert Jahre dauern.
Aber: Das Ende kommt lange vor dem endgültigen Verbrauch aller Ressourcen!
Das Ende beginnt bereits, wenn das Angebot nicht mehr so rasch gesteigert
werden kann, wie die steigende Nachfrage. Denken wir doch z.B. daran, dass
in China die individuelle Motorisierung, der Umstieg vom Fahrrad auf das
Auto, in vollem Gang ist. Die Nachfrage nach Treibstoff nimmt dadurch in
bisher nie dagewesenem Tempo zu. Wenn aber die Förderung von Öl und Gas
nicht mehr im gleichen Tempo gesteigert werden kann wie die Nachfrage,
werden nach dem ehernen Gesetz von Angebot und Nachfrage rasante
Preissteigerungen einsetzen, bei denen die ärmeren Völker bald aufgeben
müssen und den reicheren Völkern die Geldmittel entzogen werden, die sie
eigentlich für den Umbau ihrer Energiewirtschaft benötigen.
Die zweite Phase des Endes setzt ein, wenn die Förderung von Gas und Öl
ihren Höhepunkt erreicht hat und danach zurückgeht. Auch wenn immer wieder
einmal neue Erdöl- oder sonstige Reserven gefunden werden, ist das Ende
trotzdem irgendwann erreicht. Wie beim Ostereier-Suchen, könnte man
scherzeshalber sagen, doch zum Scherzen ist hier kein Anlass gegeben, denn
das Ende der konventionellen Energiereserven könnte das Ende der
technischen Zivilisation bedeuten, wenn vorher keine Alternativen
bereitgestellt worden sind.
Ende oder Wende?
Wer von unseren Mitbürgern würde sich wohl mit dem Ende der technischen
Zivilisation abfinden und freiwillig zu mittelalterlichen
Produktionsverfahren, Wohnkomfort und Reisemöglichkeiten zurückkehren? Nur
wenige, nehme ich an. Es ist deshalb zu befürchten, dass es zwischen den
Industrienationen dieser Welt zu erbitterten Verteilungskämpfen um die
letzten Reserven kommen wird, die sogar mehr als das Überleben der
Zivilisation in Frage stellen können.
Es ist deshalb eine Frage vorausschauender Verantwortung, rechtzeitig
darüber nachzudenken, welchen Ersatz es dann geben soll. Mehr noch: Weil es
viele Jahrzehnte braucht, ein neues Energieversorgungssystem aufzubauen,
genügt es nicht, darüber nur nachzudenken, genügt es nicht, auf dem
Reißbrett und in den Forschungslabors einige Prototypen zu planen und zu
errichten. Die Entwicklung eines weltumspannenden Energieversorgungssystems
ist eine Jahrhundertaufgabe und kann nur gelöst werden, wenn ständig
zunehmende Nachfrage zur Massenproduktion führt und so die Möglichkeit und
den Anreiz liefert, neue Forschungsergebnisse in der Praxis zu erproben.
Wenn erst einmal die Ölpreise wegen Verknappung so richtig in die Höhe
gehen und schließlich explodieren, oder wenn die Beseitigung
unwetterbedingte Schäden immer mehr finanzielle Reserven verschlingt, wird
das Geld und die Zeit fehlen, den gesamten Wohnungsbestand der
Bundesrepublik mit Wärmedämmung zu versehen, wird es zu spät sein, alle
7-Liter-Autos gleichzeitig zu verschrotten und 2-Liter-Autos in Serie zu
geben. Dann wird es insbesondere zu spät sein, all die bis dahin vielleicht
erarbeiteten Forschungsergebnisse aus den Aktenschränken zu holen, in der
Absicht, auf Millionen von Dächern Solarstromanlagen zu errichten.
Es muss deshalb planvoll schon jetzt mit dem Aufbau derjenigen Techniken
begonnen werden, die heute verfügbar sind. Wir beim Solarenergie-
Förderverein und bei vielen ähnlichen Nicht-Regierungs-Organisationen sind
hier schon seit 19 Jahren intensiv tätig.
Die Tatsache, dass die Stromwirtschaft seit Erfindung der Wasserstoffbombe
ihre Hoffnung auf die Kernfusion setzt, darf uns nicht dazu verleiten, die
Hände in den Schoß zu legen, denn noch ist nicht sicher, ob diese Technik
funktionieren wird, und falls sie funktioniert, ob sie noch rechtzeitig zur
Serienreife kommt, ob sie auch in Entwicklungsländern ohne Stromnetz, mit
wenig ausgebildeten Ingenieuren und Technikern anwendbar sein wird, und ob
die von ihr bereitgestellte Energie preiswert genug sein wird.
Zweifel als politische Waffe
Die Stromwirtschaft instrumentalisiert die Zweifel am Potential der
erneuerbaren Energien als Waffe im Kampf gegen eine unerwünschte
Konkurrenz. Auf Politiker, die angesichts der anstehenden Probleme eine
energische Entscheidung zur Verbesserung der gesetzlichen Rahmenbedingungen
treffen müssten, wirken diese Zweifel entmutigend und lähmend. Ich kann
mich noch gut an eines der ersten Statements von Dr. Angela Merkel
erinnern, nachdem sie Umweltministerin geworden war. Sie verwendete
wörtlich eine Werbeaussage - besser gesagt eine Antiwerbung - der
konventionellen Energiewirtschaft, die damals in allen großen Zeitungen
veröffentlicht wurde. Dort hieß es: "Sonne, Wasser und Wind können auch
langfristig nicht mehr als 4% unseres Strombedarfs decken". Die Anzeige
erschien Anfang 1993 und war unterschrieben von den 6 größten
Stromkonzernen der Bundesrepublik. Es war nur eine von vielen.
Die Folgen spüren wir noch heute: Unter den Politikern - insbesondere des
konservativen Lagers haben die Erneuerbaren Energien nur wenige Freunde,
obwohl doch gerade dort, wegen des Anspruchs auf Bewahrung der Schöpfung
Verständnis und die Bereitschaft wenigstens zum Zuhören vorhanden sein
müsste. Das Vorurteil, dass inkompetente linke, grüne Spinner und
Weltverbesserer sich mit ungeeigneten Vorschlägen in ein Thema einmischen,
das nur von den Fachleuten der Energiewirtschaft beherrscht wird, sitzt
tief und lässt noch nicht einmal ein sachliches Gespräch zu Stande kommen.
Dabei haben die Fachleute der Stromwirtschaft mit der Behauptung von den
maximal möglichen 4% sich nachweislich getäuscht. Schon jetzt, dreizehn
Jahre nach Erscheinen der Anzeige sind bereits über 10 Prozent, d.h. das
Zweieinhalbfache des von ihnen für möglich gehaltenen Wertes erreicht.
Doch Zweifel werden weiterhin verbreitet. Inzwischen heißt es - nunmehr
etwas vorsichtiger formuliert - die erneuerbaren Energien würden nie einen
"nennenswerten" Anteil erbringen.
Ist den Zweiflern, die solche Aussagen ungeprüft weitergeben, eigentlich
die Konsequenz bewusst? Angesichts einer immer deutlicher sich
abzeichnenden Menschheitsgefahr verbreiten sie Entmutigung und lähmen die
Bereitschaft zur gemeinsamen Abwehr des Unheils.
Das Gebot des Handelns
Ich möchte das Thema heute mit folgender Anmerkung vorläufig abschließen:
Wenn es aus einer lebensgefährlichen Situation nur einen einzigen Ausweg
gibt, dann stellt sich nicht mehr die Frage, wie komfortabel dieser Ausweg
ist, sondern dann gilt das Gebot des gemeinsamen Handelns; darüber gibt es
im Augenblick der Gefahr keine Diskussion. Das Problem in der Energiefrage
liegt jedoch darin, dass die Gefahr von den schon mehrfach zitierten
Fachleuten der Energiewirtschaft nicht thematisiert wird. Dabei bereitet
sich hinter den Kulissen ein energiewirtschaftliches Drama ohnegleichen
vor. Mit einiger Phantasie können wir den Gang der weiteren Entwicklung
durchaus schon vorhersehen, auch wenn wir keine exakten Jahreszahlen nennen
können. Über kurz oder lang müssen wir die Nutzung der konventionellen
Energien entweder aus Klimaschutzgründen zwangsweise rationieren oder wegen
Versiegens der Ressourcen zurückfahren.
Was wir bis dahin an Erneuerbaren Energien bereitgestellt haben, wird dann
alles sein, was uns als Alternative zur Verfügung steht. Es liegt an uns,
wie viel das im Vergleich zur heutigen Energieversorgung sein wird (10%,
50%, 100%). Wenn erst einmal die Preise für die konventionellen Energien in
die Höhe gehen und schließlich explodieren, oder die Ausgaben für die
Beseitigung unwetterbedingter Schäden das Volksvermögen aufzehren, wird ein
Nachbessern kaum noch möglich sein. In einer Volkswirtschaft, die bis dahin
noch nicht vollständig umgestellt ist, muss dann für die Versorgung mit den
noch verbliebenen konventionellen Energien und für technische Maßnahmen zur
Reduzierung des Energieverbrauchs von Monat zu Monat mehr Volksvermögen
aufgewendet werden. Dieses fehlt dann beim Aufbau einer alternativen
Energieversorgung.
Je mehr wir also durch heutige Zweifel den Aufbau der erneuerbaren Energien
bremsen, umso schwieriger wird später die Durchführung der Energiewende
sein. Dann gilt, wie so häufig im politischen Leben, das schlimme Gesetz
von der sich selbst erfüllenden Prophezeiung.
Deshalb mit der freundlichen Bitte zur Überprüfung Ihrer Zweifel
und mit freundlichen Grüßen
Wolf von Fabeck
Dipl.-Ing. und Geschäftsführer im Solarenergie-Förderverein Deutschland
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