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    Die unterschätzte Bedeutung der Wohlhabenden: Ist Reichtum ein Makel? - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 20.02.07 19:21:24 von
    neuester Beitrag 20.02.07 20:49:17 von
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      schrieb am 20.02.07 19:21:24
      Beitrag Nr. 1 ()
      Vermögende in Deutschland genießen geringes Ansehen. Ein Imageproblem mit fatalen Folgen: Wohlhabende wandern zunehmend ins Ausland ab. Was tut die Politik dagegen? Sie schaut passiv zu und übersieht im Gefecht der Armutsdebatte, dass das Gros der Vermögen aus unternehmerischen Aktivitäten erwuchs. Sprich: In jedem Vermögen stecken Arbeitsplätze. Ein Plädoyer für einen Bewusstseinswandel - von Alexander Mettenheimer, persönlich haftender Gesellschafter bei Merck Finck & Co, Privatbankiers.

      Der Münsteraner Volkswirt Prof. Ulrich van Suntum hat vor kurzem in der Keynote zu einem Festakt im Bankhaus Merck Finck & Co eine Bibelstelle zitiert, die allgemein bekannt sein dürfte: "Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, bevor ein Reicher in das Reich Gottes gelangt." Der Vers aus dem Matthäus-Evangelium zeichnet ein immer noch gültiges deutliches Bild unserer Gesellschaft: Wer reich ist, hat ein echtes Imageproblem. Die Argumente des Professors sind die Basis des vorliegenden Beitrages.


      Infografik
      Die reichsten Deutschen



      Kaum jemand bringt Wohlhabenden Sympathien entgegen, Neid und Missgunst sind an der Tagesordnung. Hierzulande assoziieren wir mit Vermögen ein verwöhntes Luxusleben, Einkommen ohne eigene Leistung und Ausbeutung ärmerer Zeitgenossen. Vielleicht ist ein Aspekt christlich verwurzelter Tradition mit verantwortlich dafür, nach der Devise: bescheidener Lebenswandel gleich gottgefälliger Lebenswandel. Der große Soziologe und Nationalökonom Max Weber hat diese Haltung jedenfalls als ursächlich dafür identifiziert, dass das mittelalterliche Abendland in wirtschaftlicher Stagnation und Armut verharrte.

      Andere Länder, bessere Sitten?
      Eine derart abschätzige Einstellung gegenüber Wohlhabenden hat es nicht immer gegeben - und sie existiert auch heute bei weitem nicht in allen Ländern. In der vorherrschenden wirtschaftlichen Lehrmeinung der Frühmoderne (16. bis 18. Jahrhundert), dem Merkantilismus, galt die Schaffung von Reichtum als positiv und gesellschaftlich erstrebenswert. Geld anzuhäufen und auszugeben wurde für die gesamte Wirtschaft als nützlich erkannt. Heute finden wir diese Haltung vor allem in den angelsächsischen Ländern, besonders in den USA. Reichtum gilt dort nicht als unverdientes Privileg, sondern als Beweis von harter Arbeit, Klugheit und Erfolg. Die deutsche Verteilungsdiskussion würde weniger emotional geführt, wenn dieser Zusammenhang auch hier stärker wahrgenommen würde.

      Deutschland, ungleich Vaterland
      In der Bundesrepublik ergreifen wir stets Partei für die Mühseligen und Beladenen. Niemand schlägt freiwillig eine Bresche für die andere Seite, die Vermögenden. Den Armen geben, den Reichen nehmen - das ist selbstverständlich und wird kaum hinterfragt. Sehen wir also genauer hin: Die Vermögensverteilung im Land ist in der Tat absolut betrachtet ungleich. Die reichsten 10 % der Haushalte besitzen knapp 47 % des gesamten Nettovermögens, und das allein gemessen am Immobilien- und Geldvermögen. Das so genannte Gebrauchsvermögen (z.B. Autos oder die Wohnungsausstattung) ist dabei noch gar nicht berücksichtigt, da genaue Daten nicht vorliegen.

      Unsichtbare Schätze
      Vermögen besteht allerdings bei weitem nicht nur aus Geld und Immobilien, sondern birgt auch unsichtbare Schätze: Das so genannte Sozialvermögen gehört dazu, das staatliche oder betriebliche Ansprüche auf Rente oder sonstige Sozialleistungen beinhaltet. Daneben gewinnt eine weitere Facette immer mehr an Bedeutung: das Humanvermögen, das die Eigenschaften einer Person umfasst, die ökonomisch verwertbar sind. Im Klartext: Die (Aus-)Bildung und das angesammelte Wissen und Fähigkeiten einer Person, die sie z.B. in ihre beruflichen Tätigkeiten einbringen kann, hat einen bezifferbaren Wert. Dieses Humankapital - halten wir das einmal fest - ist dabei laut Armutsbericht wesentlich gleichmäßiger verteilt als das materielle Privatvermögen: Es beträgt im Durchschnitt der Bevölkerung knapp 150.000 EUR; es schwankt zwischen 14.400 EUR für eine Person mit Hauptschulabschluss und 528.000 EUR für einen Humanmediziner.

      Im internationalen Vergleich weist Deutschland übrigens eine relativ ebenmäßige Verteilung der Kapitalvermögen auf. Trotzdem: Ein gerüttelt Maß an Ungleichheit der Einkommens- und Vermögensverteilung muss eine Gesellschaft aushalten. Wenn wir alles gleichmachen, ginge dies zu Lasten der Motivation: Denn wo läge der Sinn, mehr zu leisten, zu sparen oder unternehmerische Risiken einzugehen?

      Unausgewogene Debatte
      Dass eine funktionierende Gesellschaft auf dem Prinzip von Solidarität beruht, soll hier nicht im geringsten in Frage gestellt werden. Wir sind verpflichtet, denen zu helfen, die sich nicht selbst helfen können. Doch ist die Perspektive, aus der die Debatte um Armut und Reichtum derzeit geführt wird, immer die richtige, gerechte Sichtweise?

      Im 2005 vorgelegten Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung stehen fast ausschließlich Verteilungsfragen im Zentrum der Untersuchung. Nach der Entstehung dieser konträren sozialen Lagen wird nicht gefragt. Armut geht immer einher mit benachteiligt sein, Reichtum dagegen mit privilegiert sein - in nahezu synonymem Gebrauch. Doch wie sieht die Realität aus, welche Fakten gibt es über die Vermögensstruktur in unserem Lande?

      Die statistische Datenlage ist zunächst schwierig. Große Vermögen wollen und brauchen Intimität, eine flächendeckende Erhebung steht daher nicht zur Verfügung. Wir gehen dennoch von 5 Bio. EUR Privatvermögen aus (Quelle: 2. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung, 2005). Unter 82 Mio. Deutschen finden sich lediglich 12.400 Einkommensmillionäre (Quelle: Statistisches Bundesamt). Der geringe Anteil gemessen an der Gesamtbevölkerungszahl erklärt den geringen politischen Widerstand gegen die Einführung der Reichensteuer: Schließlich betrifft sie nur ca. 0,2% der rund 30 Mio. Steuerpflichtigen. So verschafft sich die Politik ein bequemes Alibi für eigenes Versagen und legitimiert gleichzeitig ihre endlosen Umverteilungsaktivitäten. In Vergessenheit gerät dabei leicht, dass gerade 10% der Steuerpflichtigen mehr als die Hälfte des Aufkommens an Einkommensteuer aufbringen (Quelle: Bundesministerium für Finanzen).

      Keine steuertheoretische Rechtfertigung
      Diese deutschen Steuerverhältnisse sind jedoch alles andere als selbstverständlich. Die Steuertheorie liefert keine zwingende Rechtfertigung dafür, dass man bei doppelt so hohem Einkommen mehr als das Doppelte an Steuern zahlen soll. Auch die Erbschaftsteuer gerät immer mehr zu einer Sondersteuer auf große Privatvermögen: Kleine Erbschaften - und unter bestimmten Voraussetzungen demnächst auch Unternehmen - sind von ihr kaum betroffen. Deswegen regt sich dagegen auch kaum Widerstand, obwohl es sich um eine Steuer auf bereits vorher voll versteuertes Einkommen handelt - und obwohl alle künftigen Erträge aus der Erbschaft ohnehin progressiv besteuert werden.

      Vermögen steckt in Arbeitsplätzen
      Volkswirtschaftlich gesehen ist privater Reichtum unverzichtbar für den Wohlstand eines Landes. Denn eine bedeutende Tatsache wird gern übersehen: Der größte Teil des Kapitalstocks (von Immobilien und Staatsschulden wie Rentenpapieren einmal abgesehen) ist nichts anderes als der Gegenwert von Unternehmen, d.h. er steckt in unseren Arbeitsplätzen. Privat leben viele dieser vermögenden Unternehmer relativ bescheiden, im Gegensatz zu so manchem Pop- oder Fußballstar, denen wir viel weniger Neid entgegenschleudern. Damit nicht genug: Am Ende eines erfolgreichen Lebens fließt das Geld häufig auch in gemeinnützige Stiftungen.

      Das mittelständische Unternehmertum ist die Säule unserer Wirtschaft, 99,7% der privaten Wirtschaft in Deutschland sind hier zu orten. Dabei ist die wirtschaftliche Existenz des Unternehmens vielfach gleichbedeutend mit der wirtschaftlichen Existenz des Eigentümers. Ohne Frage: Der heutige Mittelständler kann sich im Schnitt sicher mehr leisten als seine Angestellten. Dafür hat er aber viel weniger Zeit für privates Vergnügen und trägt zudem die geballte Last der Verantwortung. Wer unter diesem Blickwinkel nun "reicher" ist, können wir also kaum beurteilen - zumal der materielle Wohlstand mit Abgaben belastet wird, die freie Zeit aber nicht.

      Anreize für mehr Wachstum
      Überhöhte Steuern wirken als Investitionsbremse und verhindern Wachstum. Mit der Einkommensteuer belasten wir eigentlich nicht die Leistungsfähigkeit, sondern vielmehr die tatsächliche Leistung. Handelt es sich um einbehaltene Gewinne, so besteuern wir sogar unmittelbar Investitionen und Arbeitsplätze. Wäre es nicht besser, auf die Besteuerung einbehaltener Gewinne und langfristig angelegter Ersparnisse völlig zu verzichten? Damit würden die Unternehmenssteuern praktisch abgeschafft, so wie es beispielsweise in Estland - mit großem Erfolg - praktiziert wird. Unterwürfe man dafür die Ausschüttungen bzw. Entnahmen in voller Höhe der normalen Einkommensteuer, so entstünde ein gleichzeitig effizientes, gerechtes und durchaus einfaches Steuersystem, das letzten Endes nur noch auf den tatsächlichen Konsum bezogen wäre.

      Erbschaftsteuer abschaffen
      Ähnliche Überlegungen gelten für die Erbschaftsteuer. In vielen Ländern wird sie nicht mehr erhoben - und sie sollte auch in Deutschland gänzlich abgeschafft werden. Dafür gibt es mehrere einleuchtende Gründe:


      Eine Erbschaft stellt volkswirtschaftlich betrachtet kein Einkommen dar, sondern lediglich eine Vermögensübertragung.
      Das Erbe wurde bei seiner Entstehung, z.B. durch unternehmerische Aktivitäten, bereits voll versteuert.
      Auch die Erträge des Erbes werden voll besteuert - und das, ohne die Leistungsfähigkeit des Erben auch nur ansatzweise zu berücksichtigen.
      Die vorangegangene Leistung des Vererbenden und seine Verfügungsgewalt, die sich daraus ergibt, wird durch die gegenwärtige Steuerpraxis völlig außer Acht gelassen.

      Es macht daher kaum Sinn, sich auf der einen Seite über die international geringe Investitionsquote zu beschweren - und auf der anderen Seite gebildetes Vermögen einer regelmäßigen Substanzbesteuerung zu unterwerfen. Und das, nur weil es qua Erbschaft oder Schenkung in den Besitz einer anderen Person übergeht. Damit stellt der Fiskus die implizite Behauptung auf, dieses Geld auf seine Weise "besser" investieren zu können.

      Letzte Zuflucht Schweiz?
      Im Jahr 2005 ging jeder zehnte Auswanderer in die Schweiz, insgesamt über 14.000 Personen. Damit hat sich die Rate seit 2000 verdoppelt (Quelle: Statistisches Bundesamt). Unter jenen, die Deutschland den Rücken gekehrt haben, waren vor allem Rentner nach erfolgreich beendetem Berufsleben, junge Fachkräfte - und zunehmend erfolgreiche Unternehmer. Ihre Motive sind durchschaubar: Die Schweiz bietet im Schnitt höhere Löhne und ist daher attraktiver für junge High Potenzials. Die Belastung durch Einkommensteuer und Sozialversicherungsbeiträge ist dort deutlich geringer. Und die Schweizer haben verstanden, dass ab einer gewissen Einkommenshöhe die Progression aufgehoben werden sollte. Dies kommt größeren Vermögen stark entgegen - dieser Gedanke findet jedoch hierzulande kaum Unterstützung.

      Dazu gesellt sich die "Generation Erben", die sich genau überlegt, wie das übertragene Vermögen am besten zu wahren ist. Schlechte Prognosen für die Bundesrepublik: Die Unwägbarkeit des deutschen Steuersystems macht es schwer, über Generationen aufgebautes Familienvermögen angemessen zu bewahren. Dieser Trend ist Besorgnis erregend. Denn der zunehmende Abzug Vermögender aus der Bundesrepublik schadet auf Dauer nicht nur Privatbankhäusern und denen, die diese gehobene Klientel bedienen - sondern, quod erat demonstrandum, der gesamten Gesellschaft.

      Reichtum ist kein Makel
      Niemand muss sich schämen, weil er mehr Vermögen besitzt als andere. Der Staat täte gut daran, insbesondere das produktiv eingesetzte Kapital steuerlich zu entlasten und die Leistungsträger dieser Gesellschaft nicht eindimensional als Privilegierte zu betrachten. Wir sollten vielmehr dafür Sorge tragen, dass möglichst viele Menschen zu Leistungsträgern werden, und damit die Ursachen statt nur die Symptome der Armut bekämpfen. Denn ein größeres Maß an Wohlstand für alle kann auf Dauer nicht durch Umverteilung, sondern nur durch mehr wirtschaftliche Dynamik erreicht werden.

      Kultur der Selbstständigkeit
      Darüber hinaus tut ein Bewusstseinswandel Not: Es wird höchste Zeit, dass sich unser Land wieder zu einer Kultur der Selbstständigkeit bekennt. Wir alle sollten uns dessen bewusst werden, dass Selbstständigkeit nicht nur ein unternehmerisches Prinzip darstellt: Sie meint auch Spielräume für den Einzelnen, in denen er entscheiden und gestalten kann. Dieser Freiraum wird durch staatliche Bevormundung zugeschüttet, da werden Selbsthilfe und Selbstbestimmung im Keim erstickt. Wir müssen umdenken und neuen Mut zur Eigenleistung fassen.

      Nicht jeder ist immer und in der letzten Konsequenz seines Glückes Schmied. Aber jeder Einzelne sollte sich für sein wirtschaftliches Wohlergehen zumindest mitverantwortlich fühlen. Dann wären wir schon einen bedeutenden Schritt weiter in Richtung einer selbstverantwortlichen Bürgergesellschaft - und Deutschland wieder ein Wahlstandort für Vermögende.

      Alexander Mettenheimer ist persönlich haftender Gesellschafter und Sprecher der Geschäftsleitung bei Merck Finck & Co, Privatbankiers, München.

      Quelle: Zeitschrift "Die Bank"
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      schrieb am 20.02.07 20:13:06
      Beitrag Nr. 2 ()
      Ein ehrenwerter Rufer in der Wüste, aber die Panzerknacker warten schon:laugh:,
      am hellichten Tag ohne Maske
      Avatar
      schrieb am 20.02.07 20:49:17
      Beitrag Nr. 3 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 27.855.798 von Dogobert_Duck am 20.02.07 19:21:24Das liegt vor allem daran, dass "die Reichen" hierzuzlande es noch nicht für nötig sahen, Aufklärungs-und Bildungs-Kampagnen über die wahren Ursachen unseres Wohlstandes (nämlich Arbeit, Fleiß, weise Voraussicht und Konsumverzicht einiger Weniger) Werbung und Aufklärung im großen Stil zu betreiben bzw. zu finanzieren.

      Stattdessen schaut man lieber, dass man entweder seine eigenen Schäfchen ins vermeintlich Trockene (Stiftungsunmwesen, Kapitalflucht etc.) bringt und hält sich aus allem gesellschaftlichen Relevanten heraus, oder meint, weil man es selber nie begriffen hat, sein "Gewissen" freizukaufen, indem man vermeintlich nützliche Soziale oder gar dem zeitgeist folgend "Umwelt-" Projekte finanziert.

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