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    @jem - du magst doch sibylle berg! - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 14.04.02 16:32:56 von
    neuester Beitrag 14.04.02 16:57:52 von
    Beiträge: 8
    ID: 576.794
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      Avatar
      schrieb am 14.04.02 16:32:56
      Beitrag Nr. 1 ()
      oder zumindest mochtest du sie vor deiner läuterung. hier ein text von ihr für dich :kiss:

      So muss es in der Hölle sein
      Von Sibylle Berg

      Neuerdings gibt es Liebesschmerzkongresse, Vereine für Liebeskranke und eine Produktelinie für Verlassene.
      Alles Unsinn: Bei Liebeskummer helfen weder Ratgeber noch Selbsthilfegruppen

      Avatar
      schrieb am 14.04.02 16:34:30
      Beitrag Nr. 2 ()
      1. Ein Gedicht

      Dein Herz ist weg, kein Atem mehr,
      die Brust, die hebt sich zentnerschwer.
      Vor deinem Fenster hockt ein Geier,
      du greifst nervös nach dem Herr Meier –
      Herr Meier, nun den gibt’s nicht mehr,
      drum geht ja auch dein Atem schwer.
      Und wieder mal erkennst du klar,
      dass alles nur ein Irrtum war.
      Der einzige, der dir noch bleibt,
      das ist dein Freund – Herr Einsamkeit.

      Avatar
      schrieb am 14.04.02 16:37:17
      Beitrag Nr. 3 ()
      2. Liebesschmerzkongresse

      Gibt es noch schwarze Flecken? Unveröffentlichte Länder?

      Ein Gefühl, das wir nicht erforscht, benannt, vermarktet

      haben? Jetzt also Liebesschmerz. Mit Kunst und steppenden

      Lurchen und Dominas mit Gasmasken und Beratung und Musik.

      Schon in Ordnung. Hilft auch nicht.

      Avatar
      schrieb am 14.04.02 16:45:41
      Beitrag Nr. 4 ()
      3. Liebeskummer

      Keiner da. «In the mood for love» ist der Königsfilm des Liebeskummers.
      Zu Dauerregen und leiser Musik aus alten Radios wächst aus Blicken und
      Ideen und dünnen Berührungen eine zarte, kleine Liebe. Die nicht erfüllt wird.
      Natürlich, nichterfüllte Liebe ist, gemeinsam das Leben herumbringen, und
      taugt nicht für Filme, und zum Kummer erst recht nicht. Worum wir trauern,
      sind Ideen. Was uns verrückt macht, sind gestorbene Träume. Wie sie stumm werden,
      über Nacht, all die leisen Stimmen, die uns erzählten, dass unser Leben
      goldfarben sein würde. Wie die Verzweiflung kommt, die ist so kalt.
      So muss es in der Hölle sein. In der man hängt und die Einsamkeit schaut.
      Immer wirst du einsam sein, bis zum Ende, und nie wird ein anderer etwas daran
      ändern – erkennt man im Liebeskummer.





      Und vergisst es wieder, später. Wenn man läuft zu zweit, wie eines,
      sich ständig berührt und lacht und singt: Es ist wie ich, es ist wie ich –
      und so leicht ist und wenig Mensch, dass man sich auflöst und in den Himmel
      fliegt. Aber das endet, aus dem Himmel zurück auf den Boden. Mit der
      Angst und dem Wissen darum allein im Körper, umgeben von all den merkwürdigen
      Gefühlen, definitiv unverstanden zu sein. Selbst von sich selbst.

      Avatar
      schrieb am 14.04.02 16:48:56
      Beitrag Nr. 5 ()
      5. Danach. Noch unerfreulicher

      Die erste Liebe zerbricht, und der erste Liebeskummer kommt.
      Ach, wären wir doch gestorben, damals. Wir hätten uns die Wiederholungen erspart.
      Wir haben unsere Unschuld verloren und statt ihrer Ideen entwickelt.
      Wie Liebe sein müsste, die richtige Liebe. Denken wir – muss sein wie fliegen
      und sich die Sachen vom Leib reissen und sich nie mehr trennen und
      nicht mehr essen und nicht mehr schlafen, und wild muss es sein und
      seelenverwandt und aufregend und verrückt, und nachts tanzen im
      Regen und Hütchen tragen und 1000 Kilometer fahren nur für einen Kuss,

      der nie endet, und halten, halten, halten.



      Das ist die Idee, und sie meint – eigentlich wollen wir zurück in die Zeit,
      als wir eins mit der Mutter waren. Bedingungslosigkeit wollen wir,
      danach suchen wir und werden immer enttäuscht werden. Denn so ist es nie.
      Merken wir, alle zwei Jahre, wenn wieder ein Traum zerbricht,
      und der Schmerz wird weniger. Wir ertragen ihn nur kaum noch, weil wir
      doch nicht wissen, wie es gehen soll, weil wir ahnen, das etwas
      falsch ist, und immer bleiben wir allein zurück, die wir altern, und
      unsere Knochen werden porös und unsere Seele ist es schon, überzogen mit vielen Sprüngen.
      Wir sind nicht mehr jung und noch nicht alt – die furchtbarste Zeit
      im Leben, weil sie voller Sehnsucht nach einem Wunder ist,

      und das wird – ziemlich sicher – nicht eintreten.

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      Avatar
      schrieb am 14.04.02 16:51:08
      Beitrag Nr. 6 ()
      :cry: habe 4. vergessen! hier :

      4. Jugend, nicht schön

      Die Einsamkeit beginnt, wo wir anfangen und nicht mehr ein Teil unserer Mutter sind.
      Toll ist das nicht. Eine Zeit lang tappen wir doof durch die Welt, Kindheit
      ist das, da Hirn und Gefühl sich nicht recht verständigen. Die finden erst in
      der Pubertät wieder zusammen. In der Zeit, in der die meisten die erste
      Liebe erleben. Die die romantischste ist, weil sie nur aus Illusion besteht.
      Die nichts will, ausser Auflösung. Ein Mädchen, ein Junge, egal, und wir
      wollten ihn, sie und wussten gar nicht was wir mit ihm, ihr wollten, ausser –
      nie mehr alleine zu sein. Standen an offenen Fenstern und draussen Frühling
      und an den Wänden Pferdeposter, und was wir über Liebe wussten, ging so:
      mit ihm auf einer Insel sein und ansehen, Tag und Nacht, und die kleinen
      Härchen am Arm berühren. Tag und Nacht. So Traum wie damals, als wir
      noch nicht wussten, was Liebe ist, wird Liebe nie mehr.
      Nie mehr werden wir so unendlich sein.

      Avatar
      schrieb am 14.04.02 16:54:14
      Beitrag Nr. 7 ()
      6. Die Zeit nach der Liebe

      Eigentlich hätten wir mit unserer ersten Liebe zusammenbleiben können.
      Die hundert Wiederholungen auslassen. Sex ist nur Sex, kann man lernen, feuchte
      Geschichte, ist doch egal – und Freundschaft wird mit der Zeit erst gut.
      Was suchen wir, ach ja, die grosse Liebe suchen wir. Immer schneller trennen
      wir uns, verlassen, werden verlassen. Leiden wird Routine, und fast ist das
      Leiden cool, weil da geht was, da hat man was zu erzählen, da wird man bedauert
      und nimmt ein paar Kilo ab. Und alle reden von Lebensabschnittsgefährten
      und misstrauen der Unendlichkeit und nörgeln und sind unzufrieden, wenn
      sie einen haben zum Liebhaben: Der kann’s doch nicht gewesen sein, überall
      können wir etwas Grösseres und Besseres haben, werden uns Träume versprochen.
      Neue Partner kann man kaufen an jeder Ecke.

      Überall sehen wir Liebe und Sex und Werbung und Filme und Models, und alle
      sehen toll aus und sind verfügbar, und warum dann an etwas hängen bleiben,
      das den Glanz verloren hat? Kaum mehr einer schaut in den Spiegel und sieht
      sich, wie er ist. Wenn Naomi uns ihre Brüste zeigt, dann kann man doch Naomi haben.



      Immer kürzer die Halbwertszeit von dem, was wir als Liebe bezeichnen,
      weil wir nicht wissen, wie man den Dreck sonst nennen soll. Hatte die
      Generation vor uns das Problem, vor lauter Analyse und Selbstfindung
      zu egoistischen kleinen Arschlöchern geworden zu sein, kranken wir heute
      daran, nichts mehr zu sein. Keiner ist mehr etwas, keiner ist mehr besonders,
      falsch verstandene Demokratie hat uns alle gleich gemacht, alle ohne Eigenschaften
      und mit der Sucht nach mehr.
      Immer weniger wollen wir uns anstrengen. Das muss passen, sofort, und gut sein.
      Wenn wir es mit uns selber schon nicht gut haben, dann muss doch der Partner dafür sorgen.
      Macht er nicht, denn der Partner will Brad Pitt, und weg ist er.
      Avatar
      schrieb am 14.04.02 16:57:52
      Beitrag Nr. 8 ()
      7. Ende des Liebeskummers

      Liebe ist, einen ausser sich zu ertragen, sich mit einem anderen zu ertragen.
      Doch bis wir erkennen, was Liebe wirklich ist, sind wir meist schon tot. Schade.





      8. Liebesschmerzkongresse

      Na sicher doch.

      ENDE


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