Große Goldfirmen geraten kostenseitig unter Druck
Der niedrige Goldpreis drückt auf die Gewinne der Produzenten. So mancher könnte nun Investitionsentscheidungen verschieben. Auf der anderen Seite bringt die Marktlage historisch niedrige Bewertungen mit sich: Ein Fest für Schnäppchenjäger!
Goldpreis: Hebel nach unten wie nach oben
Wenn die Wall Street einen Schnupfen hat, dann bekommt der DAX eine Grippe, heißt es im besten Börsenlatein. Bei Gold und Goldaktien ist der Zusammenhang aber deutlich enger. Denn eine niedrigere Unzennotiz wirkt sich direkt auf die Unternehmensgewinne aus. Bei Produktionskosten von beispielsweise 1.100 Dollar und einem Goldpreis von 1.200 US-Dollar halbiert ein Rückgang um 50 Dollar bereits den Gewinn. Umgekehrt wirkt ein steigender Goldpreis wie ein Hebel nach oben. Steigt beispielsweise Gold von 1.200 auf 1.300 Dollar je Unze, so hat sich der Gewinn unseres Beispielunternehmens verdoppelt. Dementsprechend volatil präsentieren sich die Aktien von Goldminen in den vergangenen Monaten. Der Goldpreis ist schließlich seit April um satte 100 US-Dollar gesunken. Das sind etwa 7,5 Prozent. Beim NYSE-Arca-Gold-BUGS-Index, dem berühten HUI, macht sich das drastisch bemerkbar. Mitte April lag der bei rund 180 Punkten, aktuell sind es gerade einmal 143. Das ist ein Rückgang um mehr als 20 Prozent. Aktuell befindet sich der Auswahlindex, der die größten internationalen Goldproduzenten umfasst, auf dem niedrigsten Stand seit Ende 2016 – ganz genauso wie der Goldpreis übrigens.
Bisher kein Short-Squeeze
Allerdings gibt es Anzeichen für ein Ende der Talfahrt. Aktuell kämpft der Goldpreis mit der Marke von 1.200 Dollar je Unze, heute liegt er wieder einmal leicht darunter. Insbesondere Hedge Funds setzen auf weiter fallende Preise und haben rekordhohe Shortpositionen aufgebaut. Trotz des Anstiegs des Goldpreises seit dem Augusttief ist es bisher nicht zu einem Schließen der Positionen und damit auch nicht zu einem Short Squeeze gekommen. Diverse Analysten erwarten diesen, was einen sprunghaften Anstieg des Goldpreises zur Folge haben könnte (mehr hier).
Kosten und Reserven im Fokus
Anleger sollten aber auch einen Faktor berücksichtigen, auf den der bekannte Fondsberater Joachim Berlenbach jüngst in der NZZ aufmerksam gemacht hatte. Der Manager der Earth Resource Investment Group wies auf die Kostensituation der 14 größten Goldgesellschaften hin. Diese lägen bei durchschnittlich 1.156 Dollar je Unze. Für etliche von ihnen werde es „sehr knapp“, so Berlenbach. Der Schweizer Geologe sieht aufgrund der Sparmaßnahmen der vergangenen Jahre kein weiteres Potenzial für Kostensenkungen. Eine mögliche Folge könnten Produktionskürzungen oder die Verschiebung von Investitionsentscheidungen sein. Berlenbach rechnet damit, dass die veröffentlichten Produktionsreserven der Goldfirmen noch acht bis zehn Jahre reichen, um die jährliche Nachfrage von rund 90 Mio. Unzen zu decken. Typischerweise dauert es in der Regel rund zehn Jahre von der Entdeckung eines Goldvorkommens bis zum Produktionsbeginn. Dementsprechend wirken sich verschobene Investitionen direkt auf das langfristige Angebot aus.