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    Ex-Senator kritisiert Linkskurs der CDU - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 07.05.06 19:34:15 von
    neuester Beitrag 08.05.06 14:44:20 von
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      schrieb am 07.05.06 19:34:15
      Beitrag Nr. 1 ()
      Die bittere Abrechnung mit der CDU

      Vorwürfe: Ex-Justizsenator Roger Kusch kritisiert Linksruck bei den Christdemokraten. Im ersten Interview nach seiner Entlassung durch Ole von Beust übt der 51jährige Jurist jetzt auch deutliche Kritik an Bundeskanzlerin Angela Merkel.


      Ex-Justizsenator Roger Kusch. Der Jurist überlegt derzeit, ob er sich als Rechtsanwalt in Hamburg selbständig macht.

      ABENDBLATT: Herr Kusch, Sie sind wenige Stunden nach Ihrer Entlassung als Senator aus der CDU ausgetreten - der Partei, der Sie mehr als 30 Jahre angehörten. War das eine Kurzschlußreaktion oder ein lange gehegter Plan für den Fall des Rauswurfs?

      ROGER KUSCH: Weder noch. Eine Kurzschlußreaktion war es auf keinen Fall, weil man nicht binnen Stunden etwas aufgibt, was einen über 30 Jahre begleitet hat. Mit dem Rauswurf hat es zeitlich zu tun - das ist ja nicht zu leugnen, aber meine Entscheidung ist eine Folge meines grundsätzlichen Politikverständnisses.

      ABENDBLATT: Was sind denn Ihre Gründe für den Austritt?

      KUSCH: Für mich sind die CDU in Hamburg und auch die Bundespartei in den letzten Jahren zum persönlichen Problem geworden. In Hamburg bedeutet für mich die Bürgerschaftswahl vom 29. Februar 2004 in dieser Hinsicht eine Zäsur. Seitdem nehme ich die Hamburger CDU so wahr, daß sie sich in kräftigen Schritten nach links bewegt.

      ABENDBLATT: Woran knüpfen Sie diese Einschätzung?

      KUSCH: Meine Grundüberzeugung, wegen der ich auch einmal CDU-Mitglied geworden bin, lautet: Das Individuum ist prinzipiell leistungsfähiger als der Staat. Der Staat darf sich meiner Ansicht nach nur dort einmischen, wo klar ist, daß es das Individuum nicht kann. Klassisches Beispiel ist die Kriminalitätsbekämpfung.

      Nach dem tragischen Tod der kleinen Jessica hat sich die CDU aber auf die vermeintliche Ursachenbekämpfung und Präventionsanalyse seitens des Staates gestürzt. Nicht anders hätte die SPD reagiert, wenn sie an der Regierung wäre. Die CDU gaukelte der Stadt vor, nunmehr krempele der Staat die Ärmel hoch und verhindere, daß sich so etwas Furchtbares wiederholt. Das war in hohem Maße absurd. Welcher Politiker würde es wagen, nach einem Mord zu versprechen, daß der Staat dafür sorgt, daß sich eine solche Tat nicht wiederholt? Bei Kindern sind immer Emotionen im Spiel. Deshalb halte ich es für an der Grenze zum Populismus, wenn Emotionen, wie im Fall Jessica geschehen, mit solchen Ankündigungen bedient werden, die völlig irreal sind.

      ABENDBLATT: Welche Anzeichen für einen Linksruck der CDU sehen Sie noch?

      KUSCH: Zum Beispiel den Ausbau des Kita-Systems: Hamburg ist auf dem Weg zu einer Vollversorgung nach DDR-Vorbild. Ich frage mich, ob die staatliche Betreuung der individuellen überlegen ist. In der CDU ging es - wie in der SPD - immer nur darum, ob wir uns fünf statt nur vier Stunden Betreuung in der Kita leisten können. Aus meiner Sicht müßte die angemessenere Frage lauten, wie wir Eltern besser bei der Erziehung ihrer Kinder unterstützen können.

      ABENDBLATT: Heute geht es doch darum, den Vätern und Müttern eine Berufstätigkeit zu ermöglichen, deswegen das Kita-Angebot. Haben Sie ein rückwärts-gewandtes Familienbild, nach dem einer - in der Regel die Mutter - zu Hause bei den Kindern bleibt?

      KUSCH: Es gehört zu meinen Grundüberzeugungen, daß es besser für die Kinder ist, wenn ein Elternteil zu Hause ist - trotz aller Fehler, die auch Eltern in der Erziehung machen. Wenn das rückwärts-gewandt ist, empfinde ich das nicht als Vorwurf.

      ABENDBLATT: Daß Sie derart grundsätzlich mit der vorherrschenden Parteilinie über Kreuz liegen, war nicht erkennbar, solange Sie im Amt waren. Haben Sie denn intern Ihre Kritik deutlich gemacht?

      KUSCH: Über die internen Prozesse des Senats möchte ich mich jetzt, nachdem ich nicht mehr Senator bin, nicht äußern. Ich will aber auf keinen Fall den Eindruck erwecken, daß ich mich von morgens bis abends mit heldenhaften Aktionen in Szene gesetzt hätte. Politik ist ein tägliches Bemühen um Arrangements, bei denen man Kompromisse machen muß.

      ABENDBLATT: Was sind Ihrer Ansicht nach die Gründe für den Kurswechsel der CDU?

      KUSCH: Hamburg ist für mich eine sozialdemokratische Stadt - nicht halb rechts und halb links, sondern zu zwei Dritteln links. Daß die CDU hier mit absoluter Mehrheit den Bürgermeister stellt, ist nur denkbar, weil sich die Partei den sozialdemokratischen Empfindungen stark öffnet. Für diese Annäherung an die SPD gab es seit dem Wegfall der Schill-Partei keine Bremse mehr. Die Hamburger CDU ist sozialdemokratisiert.

      ABENDBLATT: Aus der Sicht Ole von Beusts ist die Entwicklung eine Erfolgsgeschichte. Werfen Sie der Partei vor, das um den Preis des Verlusts der eigenen politischen Identität erreicht zu haben?

      KUSCH: Zunächst einmal: Der Wahlsieg ist ein großartiger Erfolg, der bundesweit einmalig ist, aber der Preis ist hoch. Die CDU hat sich im Gefühl des rauschhaften Sieges 2004 möglicherweise nicht mehr um politische Inhalte gekümmert. Damit meine ich Alternativen zu sozialdemokratischem Gedankengut. Wenn mich jemand, solange ich CDU-Mitglied war, gefragt hätte, warum er die Partei wählen soll, hätte ich gesagt: Die CDU hat einen hervorragenden Bürgermeister, dem die SPD nichts entgegenzusetzen hat. Wenn es aber um inhaltliche Gründe gegangen wäre, wäre ich ins Stottern gekommen.

      ABENDBLATT: Was kritisieren Sie an der Politik der Bundes-CDU?

      KUSCH: Ich habe noch nie in meinem Leben meine Wahl eines Unions-Kanzlerkandidaten im Nachhinein für falsch gehalten. Seit Ende 2005 bereue ich aber, meine Stimme Frau Merkel gegeben zu haben. Sie führt Deutschland spürbar in eine sozialistische Gesellschaft. Wer das will, der kann seine Stimme gleich den Urhebern dieser Idee geben.

      Ein Beispiel: Was Unions-Bundestags-Fraktionschef Kauder für die Gesundheitsreform vorgeschlagen hat, ist das DDR-Gesundheitssystem light. Ich habe mit meiner CDU-Stimme immer dafür gekämpft, daß wir mehr Marktwirtschaft auch im Gesundheitssystem haben. Jetzt dauert es nicht mehr lange, bis der erste CDU-Politiker die Verstaatlichung des Bankenwesens fordert, weil es ungerecht sei, daß der eine Bankkunde Kontogebühren zahlt, der andere aber nicht. Was Kauder will, ist links von der SPD. Mit solch einer Partei habe ich nichts mehr zu tun.

      ABENDBLATT: Zurück zu Hamburg. Bietet der eher liberale Kurs der CDU auch in den Bereichen Innere Sicherheit und Ausländerpolitik eine offene Flanke?

      KUSCH: Ja, auf jeden Fall. Hamburg ist eine ausländerfreundliche Stadt. Mit den Ausländern, die unter rechtlich zweifelhaften Umständen zu uns kommen, geht die CDU zu zimperlich um. Da muß nur die evangelische Kirche ein mahnendes Kanzelwort sprechen, schon befürchtet die CDU als ausländerfeindlich dazustehen. An diesem Punkt ist die Partei genau so ängstlich wie die SPD. Wir müssen konsequenter abschieben.

      Und: Seit Beginn meiner Tätigkeit in Hamburg hat mir die CDU eine Akzeptanz in der Drogenpolitik abgenötigt, die mir sehr schwer gefallen ist. Für mich sind Fixerstuben der Einstieg in die offene Drogenszene. Deswegen ist das Wüstenrot-Haus in St. Georg für eine vernünftige polizeiliche Drogenbekämpfung ein indiskutables Unternehmen.

      Drogenkriminalität ist für mich in einer Großstadt die elementare Frage der inneren Sicherheit. Wir haben zwar große Fortschritte zum Beispiel durch den Einsatz von Brechmitteln zur Beweissicherung erzielt. Aber die Grundeinstellung, die Besitzer von Drogen ausschließlich als Kranke, aber nicht auch als Kriminelle zu behandeln, verhindert die effektive Bekämpfung der Drogenkriminalität. In Hamburg sind Drogen nach wie vor stärker verfügbar als etwa in München.

      ABENDBLATT: Deckt die CDU das konservative Wählerspektrum noch ab?

      KUSCH: Für Menschen, die sich rechts der Mitte einordnen, gibt es in Hamburg keine politische Heimat mehr. Die Hoffnung, daß der Hamburger CDU dieses Defizit irgendwann einmal auffällt, habe ich nicht mehr, zumal sie ja Solidarität mit der Bundes-CDU üben muß.

      ABENDBLATT: Welche politische Zukunft sehen Sie für sich?

      KUSCH: Ein bekannter Hamburger Politiker hat vor kurzem gesagt: Die Form ist die Mutter der Demokratie (*). An diesen klugen Satz möchte ich mich halten. Ich habe mir strikt vorgenommen, den April als Auszeit zu nehmen. Ich denke nur nach, sonst nichts.

      Interview: PETER ULRICH MEYER

      (*) Kusch spielt auf einen Satz Bürgermeister Ole von Beusts an, der damit auf Formfehler im Zuge der Protokoll-Affäre anspielte, die der Anlaß für die Entlassung Roger Kuschs als Justizsenator waren.

      http://www.abendblatt.de/daten/2006/04/22/555309.html

      Ja, da ist schon was dran! :eek:

      Hoffentlich rückt die CDU bald wieder etwas mehr in die Mitte nach ihren Linkseskapaden!
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      schrieb am 08.05.06 14:44:20
      Beitrag Nr. 2 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 21.467.704 von CaptainFutures am 07.05.06 19:34:15Gewöhnlich ist die Neugründung einer Partei eher ein hoffnungsloses Unterfangen. Natürlich müsste man sich näher mit dem politsichen Innenleben der Hamburger Landespolitik beschäftigen. Das gilt auch für mich. Doch an der Oberfläche betrachtet hat Hr. Kusch in wesentlichen Punkten Recht.
      Dennoch gilt: Seit Regierungswechsel hat sich in Hamburg in der Wahrnehmung des Alltagsgeschehens enorm viel positiv verändert.
      In der Inneren Sicherheit wurden erhebliche Erfolge verbucht.
      In der Wirtschaftspolitik ist die CDU im Unterschied zur SPD/GAL Konstellation um Beseitigung der Schuldenlasten bei den Öffentlichen Betrieben bemüht. Seit Regierungsantritt erfolgt beispielsweise völlig zu Recht enormer Druck auf den Staatseigenen Containerterminalumschlagsbetrieb HHLA. Endlich schreiben die schwarze Zahlen und verplempern das Geld nicht mehr so wie unter Rot/Grün. Damit wird der Staatshaushalt entlastet und die Schuldenlast Hamburgs reduziert. SPD/GAL haben sich in der Vergangenheit in sträflicher Weise von der politischen Mitte verabschiedet. Daher auch der damalige Riesenerfolg von Herrn Schill ( 19,8%) in 2001. Damals hatte auch die CDU -Opposition das Thema Innere Sicherheit in seiner Brisanz nicht erkannt. Nun sollte die CDU tatsächlich Obacht geben, dass sie für den Wähler in Hamburg immer noch als Alternative zu Rot/Grün wahrnehmbar bleibt. Hier könnte Hr. Kusch durchaus Recht behalten, dass das nicht eintritt. Ein Zusammenschluss vieler kleinerer Parteien in Hamburg könnte u.Umständen tatsächlich den Einzug in die Bürgerschaft ermöglichen. Die ehemaligen Bürgerschaftsabgeordneten der Schill - Partei, die sich später von ihm distanzierten sowie kleinere bürgerliche Gruppierungen ( ÖDP, Tierschutzpartei,Statt - Partei, Unabhängige Wähler etc. ). Gelänge ihnen ein wirklicher Zusammenschluss zur Vereinigten Opposition Hamburgs, könnte ein Einzug in Bürgerschaft und Bezriksversammlungen gelingen.
      Ich erinnere mich noch sehr gut an die Situation unter Rot/Grün.
      Reiznamen wie der damals offen dealende Afrikaner "Boateng", der Überfall von Kurden auf die SPD - Geschäftszentrale in der Kurt - Schumacher - Allee in Hamburg usw. Nein, ein erneuter Regierungswechsel hin zu Rot/Grün ist für Hamburg nicht wünschenswert. Ich habe nicht den Eindruck, dass Rot/Grün aus den Fehlern gelernt. Die durch Realitiätsverlust und Wunschdenken gekennzeichneten Theorien der Alt - 68`ger sind immer noch viel zu fest in den Köpfen der Funktionäre enthalten. Ob es am Ende reicht werden wir sehen.
      Gruss
      maerlin


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