checkAd

    Energiepolitik in Deutschland – Das fehlende Gesamtkonzept - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 04.04.11 09:32:19 von
    neuester Beitrag 04.04.11 11:29:40 von
    Beiträge: 5
    ID: 1.165.254
    Aufrufe heute: 0
    Gesamt: 164
    Aktive User: 0


     Durchsuchen

    Begriffe und/oder Benutzer

     

    Top-Postings

     Ja Nein
      Avatar
      schrieb am 04.04.11 09:32:19
      Beitrag Nr. 1 ()
      Energiepolitik in Deutschland – Das fehlende Gesamtkonzept

      Autor: PhDr. Dipl.-Kfm. Dipl.-Vw. Stefan Krämer ,
      Datum: 05.04.2011

      Die Naturkatastrophe in Japan und die Probleme mit den Atomkraftwerken in Japan, aus denen derzeit eine Nuklearkatastrophe resultiert, sind erst einmal ein unumstößliches Faktum. Unterschiedlich haben die einzelnen Volkswirtschaften hierauf reagiert. Während große Industrie- und Wirtschaftsnationen wie Frankreich, Russland und die VR China, aber auch viele lokale Wirtschaftsgrößen in Ostasien nach wie vor ein bekennendes Veto zur Kernenergie abgegeben haben, hat sich die Bundesregierung zu einem Moratorium von drei Monaten sowie zu einer Stilllegung von sieben älteren Kernreaktoren entschlossen, wobei noch nicht abzusehen ist, ob es sich hier um eine temporäre oder endgültige Stillegung dieser Kernkraftwerke handelt.
      Für die Mehrzahl der politischen Parteien in Deutschland ist die Kerntechnik eine Übergangstechnologie. Dies müssen wir erst einmal so zur Kenntnis nehmen, gleich ob wir Befürworter oder Gegner der Kerntechnologie sind.

      Zweifelsfrei muss Sicherheit stets höchste Priorität haben, aber es stellt sich die Frage, ob es absolute Sicherheit in der Industrie überhaupt geben kann. Vergegenwärtigen wir uns an dieser Stelle einmal nüchtern und vorurteilsfrei, welche ökonomischen und ökologischen Folgen ein sofortiger Ausstieg aus der Kernenergie hätte:

      Problematik Grundlastträger:
      Die Kernenergie trug 2010 mit 23% zur Stromerzeugung bei und deckte knapp die Hälfte der Grundlast ab. Ein weiterer wichtiger Pfeiler der Grundlastdeckung stellt die Energiegewinnung durch fossile Energieträger dar. Aufgrund der endlichen Begrenztheit der fossilen Energieträger und der Tatsache, dass zum Beispiel der Stromverbrauch in Deutschland im Zeitraum 2000 – 2008 um jährlich 1,2 % gestiegen ist, wird klar ersichtlich, dass wir mehr als ein rudimentäres Problem im Bereich der Grundlast haben, wenn wir schlagartig auf die Kernkraft verzichten. Man hat es nämlich verpasst, saisonale Schwankungen bei der Stromversorgung durch erneuerbare Energien dadurch abzufedern, in dem man zahlreiche Großspeicher mit riesigen Kapazitäten baut. Dabei darf man nicht vergessen, dass die derzeitigen Pumpspeicherkraftwerke, die es 2010 auf eine Gesamtleistung von circa 7.00 Megawatt bringen, bei Volllast bereits nach wenigen Stunden keine Leistung mehr abgeben können, so dass hier auf Druck- und Wasserstoffspeicher zurückgegriffen werden müsste. Es handelt sich hierbei zwar um erprobte Verfahren, welche gleichwohl den wichtigen Nachteil haben, dass der Betrieb selbiger außerordentlich teuer wäre.

      Wichtig ist für den Bereich der Grundlast auch, dass die Energieträger in der Lage sein müssen, auf Schwankungen zeitnah zu reagieren. Dies ist deshalb von großer Relevanz, da gerade bei Erneuerbaren Energien es zu großen und unvorhergesehenen Spitzen kommen kann (Stichwort: unvorhergesehener Windstoß). Damit das Stromnetz nicht instabil wird, hat man bei mehreren deutschen Kernkraftwerken davon Gebrauch gemacht, Schwankungen im Windstrom-Angebot aufzufangen. Im oberen Lastbereich sind sowohl Siedewasser- als auch Druckwasserreaktoren für schnelle Lastenänderungen ausgelegt, d.h. ein Druckwasserreaktor kann zum Beispiel seine Leistung zum Beispiel in nur zwei Minuten um 20% der Leistung erhöhen oder absenken bzw. innerhalb von zehn Minuten kann ein Druckwasserreaktor von Volllast auf halbe Last gehen und umgekehrt. Es muss den Entscheidungsträgern in der Politik bewusst werden, dass wir derzeit diese Flexibilität verlieren werden, wenn ein sofortiger Ausstieg aus der Kernenergie in Deutschland vollzogen wird.

      Im Bereich der Grundlast kann man somit gar nicht von heute auf morgen ausschließlich oder vorrangig auf Erneuerbare Energien setzen. Selbst wenn auf bundespolitischer Ebene dieser Paradigmenwechsel beschlossen werden würde, so würde es an den politischen Entscheidungsträgern auf landespolitischer oder kommunaler Ebene liegen, neue Trassen für Stromnetze oder Großprojekte im Bereich der Speichertechnik zu genehmigen. Im Übrigen sei an dieser Stelle verwiesen, dass 2009 die Windenergie nur sechs Prozent der Energieversorgung und die Sonnenenergie 2009 nur ein Prozent der Energieversorgung ausmachte. Ein sofortiger Ausstieg aus der Kernenergie könnte im Bereich der Grundlast somit nicht durch Erneuerbare Energien hinreichend realisiert werden und es scheint fraglich, ob die Energieversorgung durch fossile Energieträger hier das Grundlastproblem auch nur annähernd lösen kann. Der verstärkte Einsatz der fossilen Energieträger würde aber zu einem zusätzlichen Problem führen, ganz abgesehen davon, dass wir uns durch die politische Entscheidung des Ausstiegs aus der Steinkohleförderung in Deutschland vielleicht den Weg zur Unabhängigkeit in der Energieträgerversorgung verbaut haben.

      Problematik Klimaschutz:
      Der kontinuierlich gestiegene Einsatz von fossilen Energieträgern im Wirtschaftskreislauf hat in den letzten Jahrzehnten stetig neue Treibhausgase generiert, die sich nicht gerade positiv auf den Klimaschutz ausgewirkt haben. Da der Autor dieses Aufsatzes sich nicht damit beschäftigt, wodurch in der Vergangenheit diese Emissionen entstanden sind, sondern nur darauf abzielt, wodurch heute und in Zukunft schädliche Emissionen entstehen [die Vergangenheit kann niemand –selbst ein Politiker-nicht ändern], wird darauf verwiesen, dass die Kernkraftwerke in ihrem laufenden Betrieb keine CO2 Emissionen ausstoßen. Fossile Energieträger -die man aber bei sofortiger Abschaltung der Kernkraftwerke verstärkt einsetzen müsste- würden zwangsläufig zu einem Anstieg der unerwünschten Emissionen führen, so dass Deutschland seine ehrgeizigen Klimaschutzziele nicht nur nicht erreichen könnte sondern auch von einem Primus in Sachen Klimaschutz zu einem schlechten Schüler in Sachen Klimaschutz würde.

      Man kann dem natürlich entgegenhalten, dass es in Zukunft (leider noch nicht heute) ja die CCS (=Carbon Capture and Storage) Kraftwerke geben wird/köönte, in denen zuerst eine CO2 Abscheidung und dann eine unterirdische Lagerung des CO2realisiert wird. Lagerstätten für die CO2 Speicherung finden sich vor allem in erschöpften Gasfeldern, erschöpften Ölfeldern, tiefe saline Aquifere sowie nicht-erschließbaren Kohleflöze. Zum einen finden sich diese Lagerungsmöglichkeiten eher in Norddeutschland, wohingegen die größte Anzahl der Kraftwerkparks dort nicht zu finden ist. Aufgrund der mittlerweile bekannten Kleinstaaterei vieler deutscher „Landesfürsten“ ist es als eher unwahrscheinlich anzusehen, dass diese sich dazu bereit erklären, das CO2 der mittel- oder süddeutschen Kraftwerke bei sich zu lagern. Ganz abzusehen ist aber auch davon, dass der Transport des von Süd- nach Norddeutschland ebenfalls einen großen zusätzlichen Energieverbrauch mit sich brächte. Gar nicht berücksichtig ist dabei auch die zunehmende Technologiefeindlichkeit vieler Politker und das öffentliche Meinungsbild bestimmender Journalisten.

      Vergessen darf auch nicht werden, dass die bisher eingesetzten Photovoltaik Systeme in Deutschland einen sehr ungünstige Klima- und Nachhaltigkeitswirkung haben. Nach einer 2010er Studie der Deutschen Gesellschaft für Physik (Elektrizität: Schlüssel zu einem nachhaltigen und klimaverträglichen Energiesystem) liegen die kumulierten Emissionen von PV Systemen auf circa 90 mg SO2, 100 mg NOx und 50 g CO2 je kWh. Dies kann nicht als umweltschutzverträglich angesehen werden, ganz abgesehen von der teilweise sehr umweltschädlichen Kadmium-Belastung in vielen PV-Systemen.

      Problematik Energiekosten:
      Wie die Vergangenheit gezeigt hat ist eher mit einem Anstieg des Energieverbrauches in Deutschland zu rechnen und es ist nur bei einem nachhaltigen Umdenken zu erwarten, dass der Energieverbrauch konstant gehalten werden kann. Der Energiemarkt ist ein Markt, der den Gesetzmäßigkeiten von Angebot und Nachfrage ausgesetzt ist. Ein sofortiger Ausstieg aus der Kernenergie würde dazu führen, dass es zu einer Verlagerung der Angebotskurve kommt. Ein sinkendes Angebot bei gleichbleibender Nachfrage führt aber bekanntlicher Weise zu einem Preisanstieg.
      Man kann nunmehr argumentieren, dass dieser Preisanstieg und die hiermit verbundenen Mehrkosten geringer sind als die Opportunitätskosten, die sich aus dem Reaktorunfall in Japan ergeben. Gleichwohl darf man nicht vergessen, dass die Strompreise in Deutschland durch den unbegrenzten Einspeisevorgang bei erneuerbaren Energien und den hohen Fördersätzen für Erneuerbare Energien ohnehin aus marktwirtschaftlicher Sicht verzerrt und für den Industriestandort Deutschland nachteilig sind. Aufgrund der Freizügigkeit werden sich energieintensive Industriezweige in Deutschland deshalb sicherlich überlegen, ob diese an einem durch Energiekosten teuren Standort verbleiben oder ihren Sitz in kostengünstigere Energiestandorte, wie zum Beispiele Frankreich, verlagern werden, wo 80% des Stroms [für den Endkonsumenten aus betriebswirtschaftlicher Sicht] billiger Atomstrom sind. Dies hätte nicht nur einen wahrscheinlich dauerhaften Verlust von Arbeitsplätzen zur Folge sondern auch den Effekt, dass die Industrieproduktion einen deutlich höheren Anteil Atomstrom verbraucht. Summa summarum könnte ein sofortiger Ausstieg Deutschlands aus der Kernenergie deshalb sogar eher zu einem Anstieg der Konsumtion von ausländischem Atomstrom führen. Nicht berücksichtigt ist dabei im Übrigen die Tatsache, dass Stromkonzerne mittlerweile ohnehin multinationale Konzerne sind und dass das Stromnetz an Ländergrenzen gebunden ist, so dass es durchaus dazu kommen kann, dass wir unseren Strombedarf dann über ausländischen Strom decken müssten, wobei man zum Beispiel im Falle unseres Nachbarn Frankreich davon ausgehen muss, dass wir hierbei sicherlich in verstärktem Maße Atomstrom importieren würden.

      Allein diese drei Beispiele verdeutlichen, dass es gar nicht so einfach ist, aufgrund aktueller Problemstellungen in der Nukleartechnologie ad-hoc Entscheidungen zu treffen. Vergegenwärtigt man sich die politische Diskussion in Deutschland, so fällt im Übrigen auf, dass man ein durchgängiges politisches Gesamtkonzept im Bereich der Energie nicht vorzeigen kann. Während andere Länder zum Beispiel seit vielen Jahren Energieministerien haben oder Energiemasterpläne entwickeln und weiterschreiben, fehlt die Koordinierung durch ein Gesamtkonzept Energie.

      Es ist an der Zeit, dass die deutsche Politik ein energiepolitisches Gesamtkonzept vorliegt, dass nicht nach jeder Bundestags- oder Landtagswahl geändert wird und dass unter dem Primat der Sicherheit alle weiteren Aspekte nachhaltig behandelt, so dass für alle Beteiligten Planungssicherheit besteht und auch wir Bürger wissen, wohin die energiepolitische Reise in Deutschland geht.
      1 Antwort
      Avatar
      schrieb am 04.04.11 09:47:36
      Beitrag Nr. 2 ()
      Unserer Politik geht es nicht um Gesamtkonzepte, sondern um Aktionismus. Unsere Funktionäre gefallen sich in der Rolle der Macher und Kümmerer. Die jeweiligen Projekte werden seit Jahren über dummdreiste Lügen und der irrigen, auf Mickymaus-Befragungen basierenden Annahme, die Mehrheit der Bürger würde hinter diesen Vorhaben stehen, durchgedrückt. Dabei geht es vorrangig nicht um die Interesen der Bürger, sondern um die der Wirtschaft und anderer Lobbyisten. Das Interesse der Bürger soll die Übernahme aller Rechnungen sein
      Avatar
      schrieb am 04.04.11 09:49:40
      Beitrag Nr. 3 ()
      Das Problem liegt liegt tiefer. Die Regierung ist nicht mehr fähig über den eigenen Tellerrand hinaus zu blicken, geschweige denn langfristig und vor allem rational und vernünftig zu denken und planen.

      Entscheidungskriterien sind einzig und allein Profit oder Klientelpolitik...

      Wer vernünftige Politik will, muss auswandern, hier ist m.E. der Zug schon lange abgefahren!!!
      Avatar
      schrieb am 04.04.11 10:18:42
      Beitrag Nr. 4 ()
      Antwort auf Beitrag Nr.: 41.311.932 von phdr_stefan_kraemer am 04.04.11 09:32:19Unterschiedlich haben die einzelnen Volkswirtschaften hierauf reagiert. Während große Industrie- und Wirtschaftsnationen wie Frankreich, Russland und die VR China, aber auch viele lokale Wirtschaftsgrößen in Ostasien nach wie vor ein bekennendes Veto zur Kernenergie abgegeben haben...

      Wo, wann haben gerade diese Länder einen Einspruch (Veto) zur Kernenergie abgegeben?
      (Ein Veto (lateinisch veto „ich verbiete“) ist das Einlegen eines Einspruches..)

      Gruß binda
      Avatar
      schrieb am 04.04.11 11:29:40
      Beitrag Nr. 5 ()
      Im Süden gehen bald die Lichter aus!!!

      http://www.welt.de/wirtschaft/energie/article13057203/RWE-Ma…



      sampler;)


      Beitrag zu dieser Diskussion schreiben


      Zu dieser Diskussion können keine Beiträge mehr verfasst werden, da der letzte Beitrag vor mehr als zwei Jahren verfasst wurde und die Diskussion daraufhin archiviert wurde.
      Bitte wenden Sie sich an feedback@wallstreet-online.de und erfragen Sie die Reaktivierung der Diskussion oder starten Sie
      hier
      eine neue Diskussion.
      Energiepolitik in Deutschland – Das fehlende Gesamtkonzept