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    Entschlüsselung kompletter Genome - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 19.12.00 23:04:30 von
    neuester Beitrag 20.12.00 12:23:45 von
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      schrieb am 19.12.00 23:04:30
      Beitrag Nr. 1 ()
      Die Entschlüsselung kompletter Genome

      Die Analyse der vollständigen Erbinformation eines Organismus ist schon seit einiger Zeit nicht mehr nur auf das menschliche Genom beschränkt, auch wenn das Human Genome Project das größte und teuerste dieser Projekte bleibt. Mit der Veröffentlichung des ersten vollständigen Genoms im Jahre 1995 durch Craig Venter´s TIGR (The Institute for Genomic Research) in Rockville, Maryland, USA, (die 1.830.137 Basenpaare von Haemophilus influenzae), setzte ein wahrer Boom in der Genomsequenzierung ein.
      Inzwischen werden die Baupläne der verschiedensten Organismen analysiert, die aus allen Bereichen des phylogenetischen Baums stammen. Statt einer phylogenetischen Übersicht soll hier jedoch ein Überblick über die laufenden Projekte unter den Aspekten der Motivation für solche Unterfangen gegeben werden.

      Projekte zur Genomsequenzierung werden aus ganz verschiedenen Gründen durchgeführt, wobei vier Gruppen gebildet werden können:

      Die erste Gruppe umfaßt Organismen, deren Studium zu den Grundlagenwissenschaften gehört. Diese Projekte werden durchgeführt, um einen fundamentalen Einblick in die Funktionsweise lebender Organismen zu gewinnen. Zu ihnen gehört natürlich an erster Stelle das Humangenomprojekt. Weiterhin werden eine ganze Anzahl von Organismen analysiert, die wichtig sind für das Verständnis von Krankheiten des Menschen (Maus, Ratte, Hund), die die nachfolgende Analyse des menschlichen Genoms erleichtern sollen (Zebrafisch, Fugu mit seinem kompakten Genom von ca. 400 Mbp) oder an denen ein großes grundlagenwissenschafliches Interesse besteht und deren Genomgröße vergleichsweise handhabbar erscheint (Drosophila melanogaster, 100 Mbp; Caenorhabditis elegans, 100 Mbp; Arabidopsis thaliana, 70 Mbp, Saccharomyces cerevisiae, 12.069.313 bp). Von all diesen Organismen ist bisher S. cerevisiae der einzige, dessen Genom vollständig sequenziert worden ist. Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang aber auch das inzwischen abgeschlossene Projekte der Sequenzierung von Mycoplasma genitalium, mit dem kleinsten Genom (0,58 Mbp), das bisher bei einem freilebenden Organismus gefunden worden ist. Die Analyse dieser Gene sollte einen Einblick geben, welche die minimalen Voraussetzungen sind, um eigenständiges Leben zu ermöglichen.

      Die zweite Gruppe umfaßt Organismen, die von einem großen volkswirtschaftlichen Interesse sind. Zunächst seien hier die landwirtschaftlich interessanten Tier- und Pflanzenarten erwähnt. So gibt es inzwischen ein "Cattle Genome Project" und ein "Pig Genome Project" des US-amerikanischen "Meat Animal Research Centers" des Agricultural Research Service innerhalb des U.S. Department of Agriculture. Diese Projekte zielen jedoch nicht unbedingt - wie das Humangenomprojekt - auf die vollständige Sequenzierung aller 3 Mrd Bausteine ab, sondern haben ihren Schwerpunkt einerseits bei der Erstellung genetischer Karten, wie sie für die Züchtung von Bedeutung sind und andererseits bei der Identifizierung bestimmter Gene, die in irgend einer Weise für die Ertragssteigerung relevant sind. Sogar ein "Tilapia Genome Project" besteht inzwischen, das sich mit dem Genom des afrikanischen Buntbarsches, eines in einigen Regionen der Welt für die Fischzucht kommerziell sehr wichtigen Fisches, befaßt. Überhaupt werden die Erbanlagen einer ganzen Anzahl (z.T. nur regional) landwirtschaftlich wichtiger Tiere und Pflanzen analysiert. Allerdings wird dies nur in einzelnen Fällen in Form eines staatlich betriebenen Genomprojekts durchgeführt, wie z.B. beim japanischen und koreanischen "Rice Genome Project" (gefördert vom japanischen Ministerium für Landwirtschaft, Forsten und Fischerei und von staatlichen koreanischen Stellen). Reis (Oryza sativa ssp. japonica) hat eine Genomgröße von ca. 400 Mbp und damit das kleinste Genom aller Getreidearten. Abgesehen davon, daß Reis für den größten Teil der Weltbevölkerung das Hauptnahrungsmittel darstellt, und er sich durch Agrobacterium tumefaciens-Transformation vergleichsweise leicht genetisch manipulieren läßt, stellt er auch ein ausgezeichnetes Modell für die anderen landwirtschaftlich wichtigen Getreidearten wie Weizen, Roggen, Gerste, Mais, Sorghum und Hirse dar, die jedoch ein wesentlich komplexeres Genom aufweisen (wenn auch z.T. durch Polyploidisierung während des Zuchtprozesses entstanden). Ein Maisgenomprojekt wurde v.a. in den USA von einer starken landwirtschaftlichen Lobby, z.B. der US Corn Growers Association, gefordert. Im Dezember 1997 wurde tatsächlich ein solches Projekt mit einem jährlichen Volumen von über 30 Mio US-Dollar gestartet. Weitere kleinere Projekte umfassen den Seidenspinner (Bombyx mori), Nachtschattengewächse und Waldbäume.
      Zu dieser Gruppe der volkswirtschaftlich interessanten Organismen können auch einige Mikroorganismen gerechnet werden, die weniger als Krankheitserreger, sondern als potentielle Produzenten von (u.U. gentechnisch manipulierten) Substanzen angesehen werden können. Allen voran sei hier Escherichia coli als das "Haustier" der Genetiker genannt (was ihm natürlich genauso gut einen Platz in der ersten besprochenen Gruppe, bei den grundlagenwissenschaftlich interessanten Organismen einbringen könnte). Das Genom von E. coli (4.639.221 bp) wurde 1997 in einer Kooperation der University of Wisconsin und der Nara Universität, Japan sequenziert. Das E. coli Genom ist gleichzeitig das erste vollständig bekannte Genom der gram-negativen Enterobacteriaceae, zu denen eine große Anzahl Krankheitserreger gehören. Auch das Bacillus subtilis-Genom (4,2 Mbp) wurde inzwischen von einem von der Europäischen Union geförderten Projekt vollständig sequenziert. Weitere, vor allem für die Biotechnologie interessante Organismen, deren Genome momentan sequenziert werden, sind Schizosaccharomyces pombe (14 Mbp), Aspergillus nidulans (31 Mbp) und Neurospora crassa (47 Mbp).

      Für die Gruppe der extremophilen Organismen (die im wesentlichen Archaebakterien umfassen, aber auch andere, an spezielle Bedingungen gut angepaßte Organismen) besteht die Motivation zur Sequenzierung ihres Genoms in der Hoffnung, dadurch die Baupläne für Proteine mit ungewöhnlichen Eigenschaften zu erhalten bzw. die Stoffwechselwege zu verstehen, die diesen Organismen ein Leben beispielsweise unter extremen pH-, Temperatur-, Druck oder Salzbedingungen ermöglichen. Proteine mit solch ungewöhnlichen Eigenschaften sind natürlich für die Biotechnologie extrem interessant und die Taq-Polymerase aus Thermus aquaticus ist nur das bekannteste Beispiel hierfür. Viele Archaebakterien sind nur unter großem Aufwand zu züchten, daher ist es von Interesse, die entsprechenden Sequenzen in leicht handhabbare Organismen, wie z.B. E. coli oder S. cerevisiae zu klonieren. Viele dieser Enzyme sind so stabil, daß sie über spezielle Verfahren immobilisiert werden und über lange Zeiträume aktiv bleiben können. Da solche Enzyme kommerziell sehr vielversprechend sind, wurden Projekte zur vollständigen Entschlüsselung einiger Archaebakterien auch von staatlicher Seite initiiert. So wurde bereits 1994 in den USA das Microbial Genome Program (MGP) als ein Spin-off des DOE Humangenomprogramms gestartet. Die meisten der in diesem Projekt analysierten Organismen sind thermophile Archaea: Methanobacterium thermoautotrophicum (1,7 Mbp), Methanococcus jannaschii (1,66 Mbp), Archaeoglobus fulgidus (2,18 Mbp) und Pyrococcus furiosus (2,1 Mbp). Ein großer Teil des Wissens über die Biokonversion von CO2 zu CH4 basiert auf diesem anaeroben autotrophen Archaeon. Das M. thermoautotrophicum Projekt wurde von der Genome Therapeutics Corporation und der University of Ohio durchgeführt und ist inzwischen abgeschlossen. Pyrococcus furiosus, der derzeit von der University of Utah sequenziert wird, ist ein mariner heterotropher hyperthermophiler Organismus (optimale Wachstumstemperatur bei ca. 100°C) und ist zu dem Modell für die Forschung über Hyperthermophilie geworden. Weitere Archaebakterien, deren Genom derzeit erforscht wird sind Halobacterium sp., Halobacterium salinarium, Pyrobaculum aerophilum, Pyrococcus horikoshii, Sulfolobus solfataricus und Thermoplasma acidophilum. Außerdem werden auch eine große Anzahl von Eubakterien analysiert, wie z.B. Synechocystis (ein Cyanobakterium) oder Deinococcus radiodurans (der sich durch extreme Strahlenresistenz auszeichnet). In Deutschland ist inzwischen vom BMBF der Förderschwerpunkt "Technik zur Entschlüsselung und Nutzung biologischer Baupläne" eingerichtet worden (siehe hierzu den Beitrag von G. Miczka in dieser Ausgabe des DHGP XPRESS) wobei ein Fokus auf ökologisch relevante Organismen mit mittlerer Genomgröße gelegt werden soll.

      Die letzte Gruppe schließlich umfaßt die pathogenen Organismen, von denen viele Eubakterien, einige Protozooen und einige mehrzellige Parasiten derzeit analysiert werden. Pathogene Bakterien, die bereits vollständig sequenziert worden sind, umfassen Haemophilus influenzae (1,83 Mbp, Auslöser der Superinfektion bei Grippe), Mycoplasma pneumoniae (0,81 Mbp, Tracheobronchitis und primär atypische Lungenentzündung), Helicobacter pylori (1,66 Mbp, Verursacher von Magengeschwüren und vielleicht sogar von Magenkrebs) und Borrelia burgdorferi (1,44 Mbp, Zeckenbiß-Borreliose). Die Erbinformation einer großen Anzahl weiterer Erreger, die entweder weltweit sehr häufig auftretende Krankheiten auslösen wie z.B. Legionella pneumophila (4,1 Mbp, Legionärskrankheit), Neisseria gonorrhoeae (2,2 Mbp, Tripper), Neisseria meningitidis (2,3 Mbp, akut-eitrige Meningitis), oder Vibrio cholerae (2,5 Mbp, Cholera), oder aber medizinisch schwierig zu behandelnde Erkrankungen verursachen wie z.B. Mycobacterium tuberculosis (4,4 Mbp, TBC), Treponema pallidum (1,14 Mbp, Syphilis), Pseudomonas aeruginosa (5,9 Mbp, Erreger des blaugrünen Eiters, Krankenhausproblemkeim) oder Staphylococcus aureus (2,8 Mbp, Wundinfektionen und Abszesse, Krankenhausproblemkeim), wird derzeit entschlüsselt. Während Organismen mit Genomen dieser Größenordnung inzwischen von einzelnen Instituten oder in kleineren Kooperationen bearbeitet werden können, stellen sich bei Eukaryoten wesentlich größere Probleme. Als einer der heute wichtigsten Krankheitserreger überhaupt wird inzwischen in einer international von Wellcome Trust, National Institute of Allergy and Infectious Diseases des NIH und anderen koordinierten Projekt das Genom von Plasmodium falciparum, dem Malariaerreger, entschlüsselt. Das P. falciparum Genom besteht aus 14 Chromosomen, mit einer Größe zwischen 0,7 - 3,5 Mbp, bei einer Gesamtgenomgröße von ca. 30 Mbp. Das große Leid und der unermeßliche Schaden, die weltweit durch die Malaria verursacht werden (jährlich erkranken ca. 100 Mio Menschen, 1 Mio sterben an Malaria), erklären auch, warum nicht nur der Erreger selbst, sondern auch Anopheles gambiae, der Vektor, der Malaria zu seiner Verbreitung in den Tropen verhilft, analysiert wird. Denn falls der Kampf gegen den Malariaerreger selbst scheitern sollte (und die Erfolge waren in den letzten Jahren gering), so kann auch versucht werden, die Malaria über den Vektor zu bekämpfen. Dieselbe Überlegung führte auch zu einem Aedes aegyti Projekt, dem Überträger des Gelbfiebervirus. Weitere Projekte, die die Analyse von Protozoen-Genomen zum Ziel haben sind Leishmania major (Leishmaniosen) und Trypanosoma crucii (Chagas-Krankheit). Als vor allem in den Tropen wichtiger Organismus wird schließlich in einem von der WHO, dem UNDP und der Weltbank koordinierten Projekt das Genom von Schistosoma, dem Erreger der Bilharziose, analysiert. Die Beteiligung der genannten Organisationen an diesem Projekt zeigt, welche großen Hoffnungen in diese Ansätze gesteckt werden. Es bleibt zu hoffen, daß die zu erwartenden neuen Erkenntnisse tatsächlich die Forschung auf diesen Gebieten beflügeln und auch die kommerzielle Umsetzung in echte Produkte, Impfstoffe oder Medikamente gelingt.



      Genome Databases - Other Organisms
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      schrieb am 20.12.00 12:23:45
      Beitrag Nr. 2 ()
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