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    Tagebuch des 21. Jahrhunderts: Der sich selbst erfindende Mensch - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 20.03.01 12:56:44 von
    neuester Beitrag 16.05.01 14:27:04 von
    Beiträge: 28
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      schrieb am 20.03.01 12:56:44
      Beitrag Nr. 1 ()
      Seit der Jungsteinzeit ist der Mensch nicht mehr ein reines Produkt der Natur, sondern er verbessert sich selbst. Kleidung macht ihn auch dort winterfest, wo es seine Gene nicht vorgesehen haben. Noch mehr: es gibt Anfänge der Medizin. Erste Operationen am offenen Schädel fallen noch in die späte Jungsteinzeit, sind aber für ca. 2000 vor unserer Zeitrechnung gesichert. Aus dieser Zeit stammen auch die frühen gesicherten Prothesen: künstliche Arme und Beine, Silbereinsätze zum Schließen von Lücken in der Schädeldecke, seit der Zeitenwende geschliffenes Glas, um Sehfehler auszugleichen...der Mensch beginnt, seinen organischen Körper nicht-organisch zu erweitern, zu verbessern, sich selbst „zu erfinden“.

      Im 20. Jahrhundert beschleunigt sich das Tempo. Einzelne Organe werden ausgetauscht. Zu Beginn der siebziger Jahre beherrscht man die Transplantationen von Herzen, zunächst von Tieren, dann auch von Menschen. Erst jüngst erregte die Transplantation der Hand eines Toten Aufsehen. Transplantationen mehrerer Organe sind ebenfalls beherrschbar geworden. Es ist absehbar, daß mit wachsender Erfahrung, verbesserter Operationstechnik und verbesserten Verfahren zur Immunsuppression der größte Teil des Menschen austauschbar wird.

      Doch es gibt ein ernsthaftes Hindernis: die Zahl der zur Transplantation bereitstehenden Organe ist begrenzt. Eine Gesetzgebung, die die Organspende freiwillig macht und auch den Angehörigen ein Vetorecht gibt, ist fragwürdig, setzt sie doch „ästhetische“ Erwägungen über das Lebensrecht der Organempfänger. Der internationale Handel mit Organen ist dadurch zu einem fragwürdigen Geschäft von Entwicklungsländern geworden.

      Doch wird man in Zukunft auf diese Organspenden angewiesen sein? Die Prothesen werden immer besser. Werden sie eines Tages leistungsfähiger sein als „echte“ Organe?
      Avatar
      schrieb am 20.03.01 12:57:45
      Beitrag Nr. 2 ()
      WIESBADEN - Auf Trend-Sportarten wie Inline-Skating, Mountainbike, Ski alpin oder Tennis brauchen auch Behinderte nicht mehr zu verzichten. Moderne Prothetik und spezielle Sportgeräte eröffnen Amputierten, Querschnittsgelähmten und Spastikern viele Möglichkeiten.
      Moderne Prothesengelenke, die zum Teil sogar hydraulisch funktionieren, und angepasste Sportgeräte eröffnen Behinderten den Weg zu Trendsportarten. Inline-Skating ist z.B. mit Prothese problemlos möglich, berichtete Dr. Hartmut Stinus, Orthopäde, Bovenden/Göttingen, beim Deutschen Orthopädenkongress. Die Roller-Skates eignen sich aber auch für Patienten mit einseitig betonten, mäßig stark ausgeprägten spastischen Lähmungen gut, so der Experte.
      Und die moderne Technik macht sogar vor dem Wintersport nicht halt: Ski alpin steht dank speziell aufgebauter Prothesen auch Unterschenkel- und Fußamputierten offen. Und Oberschenkelamputierte sausen ganz ohne Prothese den Hang hinunter — mit Krücken-Skiern nämlich. Selbst Querschnittslähmung oder beiderseitige Oberschenkelamputation bedeuten hier nicht das "Aus": für "sitzende" Skiläufer gibt es nämlich den Monoski. Und Kinder mit Zerebralparese und Spastik stehen mit ein bisschen Übung ebenfalls ganz erstaunlich sicher auf den Brettern, sagte Dr. Stinus.
      Mountainbiking liegt auch bei Behinderten derzeit voll im Trend und das zu Recht. Denn es handelt sich hierbei um eine sehr behindertengerechte Sportart, meint Dr. Stinus, der seinerzeit als Mannschaftsarzt die Deutsche Behinderten-Nationalmannschaft nach Nagano begleitet hat. Oberschenkelprothesen sind hier gar kein Problem, und für Rollstuhlfahrer gibt´s das Handbike.
      Genauso beim "weißen Sport": Tennis ist ebenfalls mit Beinprothesen möglich und Querschnittsgelähmte spielen "Rollstuhl-Tennis". Auch Golf ist sowohl für Amputierte als auch für Rollstuhlfahrer grundsätzlich möglich. Hier müssen auf dem Platz allerdings die nötigen technischen Hilfsmittel verfügbar sein.
      Und wer auf den Nervenkitzel nicht verzichten möchte: ganz Mutige haben wohl auch schon samt Rollstuhl Bunjee-Sprünge hingelegt. Aber ob das die Sportart der Wahl für Querschnittsgelähmte ist, bleibt zu bezweifeln.


      MTD 48 / 2000 S. 40
      Avatar
      schrieb am 20.03.01 12:58:09
      Beitrag Nr. 3 ()
      NEU-ISENBURG - Das neue Transplantationsgesetz zeigt Wirkung. Die Meldungen potentieller Organspender aus Krankenhäusern sind 1998 weiter um 13% gestiegen. Doch leider kann der Bedarf damit aber bei weitem noch nicht gedeckt werden.
      Obwohl insgesamt mehr Organe verpflanzt wurden, suchen immer noch 13.000 Patienten ein Spenderorgan. Viele von ihnen versterben, während sie auf der Warteliste stehen. Außerdem eignet sich nicht jeder Gemeldete zur Organentnahme und bei einem Drittel scheitert sie, weil die Einwilligung der Angehörigen fehlt.
      Bei Nieren haben auch die Lebendspenden weiter zugenommen. Das neue Transplantationsgesetz läßt hier jedoch nur Familienangehörige oder nahestehende Personen als Spender zu. Aufgrund des hohen Bedarfs an geeigneten Organen, sollte das Problembewußtsein in der Gesellschaft weiter geschärft werden, heißt es in einer Presseinformation der Deutschen Stiftung Organtransplantation.

      JS
      Presseinformation der Deutschen Stiftung Organtransplantation
      MTD 18 / 1999 S. 14
      Avatar
      schrieb am 20.03.01 12:58:39
      Beitrag Nr. 4 ()
      MT-Bericht
      BERLIN - Angesichts des wachsenden Organmangel-Dilemmas gewinnt auch in Deutschland die Nieren-Lebendspende an Bedeutung. Wenn auch die ethisch-moralischen Probleme des Organopfers aus Liebe noch nicht restlos gelöst sind, eines kristallisiert sich klar heraus: Die Ergebnisse sind hervorragend.
      Anfang der 60er Jahre fand in Deutschland die erste Lebendnierenspende statt: Eine Frau opferte ihrer schwerkranken Schwester ein Organ. Entgegen allen Erwartungen hielt das Organ 25 Jahre, bis die "Beschenkte" letztlich an einer Krebserkrankung starb. Professor Wilhelm Borsig, damals einer der transplantierenden Chirurgen, hatte mit einem Überleben des verpflanzten Organs von etwa zwei Jahren gerechnet – diese relativ kurze Zeit hatte der Kollege also als "medizinischen Erfolg" ethisch-moralisch akzeptiert, unterstrich Professor Dr. Hans-H. Neumayer, Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Nephrologie, Charité Berlin, beim 1. Charité-Trainingskurs Innere Medizin. Heute beträgt die mittlere Transplantat-Überlebenszeit – Leichen- und Lebendnierenspende – zusammengenommen zehn Jahre, merkte der Kollege an.
      Ethische Bedenken, "Gesunde zu operieren", sind seinen Ausführungen nach der Grund dafür, warum Deutschland in Sachen Lebendspende hinter anderen Ländern so weit herhinkt. Während in jüngerer Zeit in den USA 25 % und in Skandinavien bis zu 50 % der verpflanzten Organe lebenden Menschen entnommen wurden, waren es in Deutschland 2 bis 5 %. Mittlerweile ist der Anteil auf ca. 15 % geklettert. Dieser Zuwachs ist angesichts des großen und stetig ansteigenden Organbedarfs bitter nötig: Während auf der Eurotransplant-Warteliste 1969 "nur" 450 Kandidaten standen (von denen 102 mit einer Leichenniere und zwei mit einer Lebendspende versorgt wurden), waren es 1997 bereits 12 000 potentielle Empfänger. 411 von ihnen erhielten eine Lebendspende, 3000 eine Leichenniere. Für die übrigen hieß es: weiterwarten. Weitgehend akzeptiert ist mittlerweile die verwandte Lebendspende, z.B. zwischen Geschwistern oder Eltern und Kindern. Erweitert wurde der Spenderkreis dann durch die sog. emotionale Lebendspende zwischen Ehepartnern. Obwohl dieses Verfahren im neuen Transplantationsgesetz nicht favorisiert wird, ist es auch nicht ausgeschlossen, so Prof. Neumayer. (...)


      CG
      MTD 45 / 1999 S. 24
      Avatar
      schrieb am 20.03.01 12:59:59
      Beitrag Nr. 5 ()
      BERLIN - Beim akuten Leberversagen rettet nur die rasche Transplantation das Leben des Patienten. Das könnte sich bald ändern. Berliner Chirurgen setzen als einzige in ganz Europa einen Bioreaktor mit Schweineleberzellen ein, um die Wartezeit bis zur Transplantation zu überbrücken. Letztendlich soll die Maschine den Organersatz überflüssig machen.
      Vor 10 Jahren hat Dr. Jörg Gerlach, Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie, Charité Berlin, damit begonnen, eine künstliche Leber zu entwickeln. Das neueste Modell – Bioreaktor genannt – besteht aus einem Kunststoffgehäuse mit mehreren Ein- und Ausgängen, durch die Kapillarbündel ziehen.

      In den Hohlraum des Reaktors werden die aus frischer Schweineleber isolierten Leberzellen injiziert, die ein durch die Kapillaren strömendes Kulturmedium am Leben erhält. "Alle 2 Wochen füllen wir einen neuen Reaktor mit Leberzellen", erklärte Dimitrios Kardassiss, Mitarbeiter von Dr. Gerlach, gegenüber Medical Tribune. Für den Notfall stehen immer 2 bis 3 funktionsfähige Maschinen bereit. Am Patienten funktioniert das Ganze folgendermaßen: Über einen venovenösen Katheter in der Vena femoralis wird das Leberunterstützungssystem (LUS) angeschlossen. Zuvor muß man die Nährlösung durch humanes Plasma entsprechender Blutgruppe ersetzen. Nach Plasmafiltration fließt das Plasma des Patienten dann ähnlich wie bei der Dialyse durch den Bioreaktor und kommt dort in Kontakt mit den Schweinehepatozyten, die die Metabolisierung besorgen.
      In den letzten 2 Jahren kam der Bioreaktor insgesamt 8mal – bei 7 Frauen und einem Mann – zum Einsatz. Bei rund 1000 Lebertransplantationen pro Jahr in Deutschland mag das wenig erscheinen. Allerdings werden Patienten, die auf dem Boden einer bereits bestehenden chronischen Lebererkrankung (z.B. durch Alkohol) ins akute Leberversagen rutschten, nicht mit dem LUS behandelt. Die Berliner Chirurgen schließen in ihre Studie nur Patienten ein, bei denen die zuvor gesunde Leber durch eine Intoxikation, eine akut verlaufende Hepatitis oder ohne bekannte Ursache plötzlich den Dienst quittierte. Denn bei ihnen hat das Organ die besten Chancen, sich zu regenerieren.
      Bislang sieht die Praxis allerdings noch so aus, daß der Reaktor nur so lange angeschlossen bleibt, bis ein Transplantat zur Verfügung steht. Und das geht bei diesen Patienten mit der höchsten Dringlichkeitsstufe schnell, oft innerhalb von 6 bis 24 Stunden. Manchmal lohnt sich der Einsatz der Maschine deshalb auch gar nicht. Die längste Zeit, die ein Patient bisher an der künstlichen Leber hing, waren 46 Stunden, erklärte Dimitrios Kardassis. Ob die künstliche Leber im Einzelfall wirklich Leben gerettet hat, kann man wegen der kurzen Behandlungsdauer nicht sicher sagen. Denn auch ohne Leberersatz kann ein Mensch nach akutem Leberversagen je nach Ursache 1 bis 5 Tage überleben. Aber offenbar sind die Schweineleberzellen tatsächlich aktiv. Biochemische Kontrollen vor und nach Eintritt des Patientenplasmas in den Bioreaktor ergaben, daß sie ihre physiologische Funktion übernehmen.
      Bis jetzt haben alle unsere Patienten die Prozedur sehr gut überstanden, freute sich Dimitrios Kardassis, Nebenwirkungen wurden bisher nicht bekannt. Langfristige Effekte kann man zur Zeit natürlich noch nicht beurteilen. Aber die Berliner Kollegen bleiben am Ball. Das Ziel für die Zukunft ist, die metabolische Leistung der tierischen Zellen so zu steigern, daß sie die menschliche Leberfunktion für einen längeren Zeitraum vollständig übernehmen können – so lange, bis sich das eigene Organ des Patienten wieder regeneriert hat. Denn wenn mindestens 15% funktionsfähiges Lebergewebe übriggeblieben ist, stehen die Chancen dafür gut. In 1 bis 2 Jahren, schätzt der Chef der Klinik, Prof. Neuhaus, sind wir vielleicht soweit.
      Dr. Vera Seifert
      MTD 1 / 1999 S. 14

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      Avatar
      schrieb am 20.03.01 13:00:19
      Beitrag Nr. 6 ()
      Würzburg - Moderne Wundabdeckungen machen es möglich, dass Patienten nach einer tiefen IIb-Verbrennung ihrer Hand schon am nächsten Tag wieder schmerzfrei zugreifen können.
      Wenn eine Verbrennungswunde nicht sofort mit einem permanenten und endgültigen Hautersatz versorgt werden kann, gilt es zunächst die Fläche mit einem biologischen Verband zu decken. Dabei sind die Anforderungen an einen solchen temporären Hautersatz ganz schön hoch. Zunächst erwartet man natürlich, dass er keine Krankheiten an den Empfänger überträgt und ausreichend an der Wunde adhärent ist, berichtete Dr. S. Blome-Eberwein, Berufgenossenschaftliche Klinik Ludwigshafen auf dem 4. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Wundheilung und Wundbehandlung. Die neue Haut muss als Barriere fungieren, sich zugleich stabil und elastisch zeigen und als Matrix das Einwachsen körpereigener Zellen begünstigen. Zum Einsatz kommen solche temporären Hautersatzgewebe bei Verbrennung zweiten Grades, an Hautspendestellen oder nach tiefen Nekrektomien zur Überbrückung der Zeit, bis Transplantationsgewebe gewachsen ist.
      Silikon-Handschuh sitzt blasenfrei Für Verbrennungen im Handbereich verwendet Dr. Blome-Eberwein einen vorgefertigten Handschuh aus einer semipermeablen Silikonschicht mit Nylonmatrix und aufbereitetem Kollagen vom Schwein (Biobrane®). Der biologische Verband wird zunächst auf der gereinigten Wunde – möglichst blasenfrei – mit einem Druckverband für 24 Stunden fixiert. Dann kann man die Binde entfernen und los geht´s mit der Physiotherapie. Weitere schmerzhafte Verbandswechsel sind dann nicht mehr nötig und trotzdem kann der behandelnde Arzt die Wundfläche genau im Auge behalten. Ist die Verletzung verheilt, löst sich der Handschuh von selbst ab.

      SK
      MTD 36 / 2000 S. 32
      Avatar
      schrieb am 20.03.01 13:00:42
      Beitrag Nr. 7 ()
      Die Transplantation von Organen von Lebenden oder Toten und das Einsetzen von Prothesen, um Organfunktionen nachzubilden, sind erst der Anfang einer Entwicklung, in der der Mensch sich selbst neu konstruiert. Im nächsten Schritt werden Organe künstlich gezüchtet. Haut aus angezüchteten Hautzellen zur Behandlung von Brandopfern ist inzwischen Standard. Embryonale Stammzellen könnten vielleicht das Ausgangsmaterial werden, um ganze Organe herzustellen.

      Doch die Heilung von Defekten kann weiter gehen: nicht nur Unfallfolgen, sondern auch genetische Defekte können in Zukunft geheilt werden. Überlegungen basieren auf der Einbringung von Viren in den menschlichen Körper, die gesundes Erbgut enthalten, das für geschädigtes in allen von den Viren befallenen Zellen eingesetzt werden könnte.

      Warum aber nur Krankheiten heilen? Operationen dienen heute schon nicht nur der Heilung von Krankheiten und Verletzungen, sondern auch in der plastischen Chirurgie zur Verbesserung des Aussehens. Wird in der Zukunft die körperorientierte Frau es nicht mehr nötig haben, sich Silikonimplantate einsetzen zu lassen, sondern mit Hilfe von gezielten genetischen Veränderungen der Zellen im Brustgewebe dieses nach Bedarf anschwellen lassen? Wird es eines Tages das genetische Zurechtformen des eigenen Körpers geben?
      Avatar
      schrieb am 20.03.01 13:01:00
      Beitrag Nr. 8 ()
      Mit 11 eine neue Nase, mit 14 eine größere Brust, mit 17...?
      MANCHESTER - Der Schönheitswahn treibt immer neue Stilblüten, das Alter der operierten Frauen sinkt rapide. 3% aller in den USA vorgenommenen Schönheitsoperationen betreffen Teenager, nun schwappt die Welle auch nach Europa über. Die Briten sind hier die Vorreiter. 16-jährige Mädchen lassen sich aus rein modischen Aspekten ihre Brust operieren. Warnungen vor Verwachsungen nach operativen Korrekturen im Teenager-Alter, wie von Prof. Dr. David Sharpe, Ex-Präsident des britischen Verbands für ästhetische plastische Chirurgie, werden ignoriert. Die britische Tageszeitung The Observer beklagt zudem das Fehlen eines Mindestalters für Schönheitsoperationen. Einen besonderen Clou bieten britische Privat-Kliniken: Bei zwei Eingriffen gibt´s Rabatt. Na dann, frohes Schnippeln.

      MT-Online D 01.02.2000 Leu The Guardian/The Observer vom 16.01.2000
      Avatar
      schrieb am 20.03.01 13:01:22
      Beitrag Nr. 9 ()
      Wenn aber der Mensch sich neu erfindet, warum sollen dies nur gesunde Menschen tun dürfen? Werden dann nicht auch behinderte Menschen darauf bestehen, sich ebenfalls als nicht-behinderte Menschen neu erfinden zu können? Wie ist dann noch zu verstehen, wenn den Möglichkeiten der genetischen Veränderung des Menschen Widerstand geleistet wird. Ist das wirklich der Widerstand gegen unverantwortliche Rasseträume vom Einheitsmenschen? Oder wird nicht vielleicht im Gegenteil der mit genetischer Manipulation und Klonung vertraute Mensch diese Mittel nutzen, um seine Individualität zu nutzen? Dann wird der Mensch von seinem Erbgut gemacht, von der folgenden Manipulation durch die Eltern und schließlich durch seine eigenen Veränderungen.

      Wird in einer Zeit, in der sich der Mensch ständig selbst erfinden kann, nicht auch die Ethik eine andere sein? Der Mensch, der seinen Körper vernachlässigt, der Behinderungen oder Krankheiten duldet, wird nicht mehr bedauert, sondern im Gegenteil als eine Beleidigung empfunden, so wie heute jemand schlecht angesehen würde, der in Lumpen zur Arbeit käme. Das Aussehen des Körpers spiegelte nicht mehr zufällige Vorgänge wieder, sondern wäre ein Spiegelbild der Persönlichkeit des Trägers des Körpers.
      Avatar
      schrieb am 20.03.01 13:01:41
      Beitrag Nr. 10 ()
      Wachsende Sorge vor geplantem Kurswechsel in der Gentechnik

      Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Menschenrechte warnte eindringlich vor einem Umschwenken

      Berlin - Die kritischen Stimmen gegen einen Kurswechsel in der Gentechnik werden immer lauter. Sowohl die neue Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Menschenrechte, Christa Nickels (Grüne), als auch die Bundesvereinigung Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung warnten eindringlich vor einem Umschwenken. Nickels sagte dem Berliner "Tagesspiegel", wenn sie sich ansehe, dass Kulturstaatsminister Julian Nida-Rümelin (SPD) meine, Embryonen genössen nicht in vollem Maße Menschenwürde und deshalb gebe es kein kategorisches Argument gegen das Klonen, "dann habe ich schon Sorge, hier könnte ein Kurswechsel eingeleitet werden".
      Es dürfe nicht einer weit verbreiteten Mentalität nachgegeben werden, der zufolge lebenswert vor allem das gesunde und kräftige Leben sei, schrieb der Vorsitzende der Lebenshilfe, Robert Antretter, in der "Saarbrücker Zeitung". Er äußerte sich besonders besorgt darüber, dass die Bundesregierung die Präimplantationsdiagnostik (PID) zulassen will. Sie diene nur vordergründig dem ethisch wertvoll erscheinenden Ziel "gesundes Kind". Tatsächlich eröffne sie ein Szenario unterschiedlicher Wertigkeiten menschlichen Lebens und leiste dessen Auslese Vorschub. Vor allem Behinderte empfänden es als bedrohlich, dass die Wissenschaft schon bald die genetische Struktur eines Menschen beeinflussen und möglichst "perfekte Menschen" erzeugen kann. Nickels sprach sich dafür aus, noch in dieser Wahlperiode ein Fortpflanzungsmedizingesetz auf den Weg zu bringen.
      Unterdessen berichtet der "Spiegel", dass sich Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) Beistand für den von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) geplanten Kurswechsel in Gentechnik und Fortpflanzungsmedizin holt. Nachdem Schmidt ihre grüne Spitzenbeamtin Ulrike Riedel entlassen habe, wolle sie die Leitung der zuständigen Abteilung dem Kölner Mediziner Stefan Winter übergeben, der sich in Diensten der Bundesärztekammer für die Zulassung der Präimplantationsdiagnostik ausgesprochen habe. DW
      (Die Welt, 19.03.2001)
      Avatar
      schrieb am 20.03.01 13:09:17
      Beitrag Nr. 11 ()
      Nur mal so aus Neugier ;): Wie machst Du das eigentlich, innerhalb von 41 Sekunden drei Postings hier reinzukopieren? Hast Du einen speziellen Zwischenspeicher für kopierte Texte oder bist Du so fingerfertig? Ich bin schwer beeindruckt!
      Bye, Auryn ;)
      Avatar
      schrieb am 20.03.01 13:13:58
      Beitrag Nr. 12 ()
      In solchen Fällen habe ich ein Worddokument als Zwischenablage. Zum Teil sammele ich über mehrere Tage. Irgendwann wird dann der Thread aufgebaut.
      Avatar
      schrieb am 20.03.01 13:15:56
      Beitrag Nr. 13 ()
      Ah ja! Danke für den Hinweis. Ich muß mir so etwas auch mal ins Uni-Netz einstellen. Bye, Auryn ;)
      Avatar
      schrieb am 20.03.01 14:46:51
      Beitrag Nr. 14 ()
      @for4zim

      Grauenhafte Vorstellung, Deine Reflexion in die Zukunft, der Mensch als widernatürliches Kunstprodukt.
      Avatar
      schrieb am 20.03.01 14:50:42
      Beitrag Nr. 15 ()
      Noch etwas zu dem Thema:



      Transplantationen von Organen wie Herz, Leber oder Niere sind keine Seltenheit mehr. Schwierigkeiten bereitet nicht mehr die chirurgische Technik, vielmehr mangelt es an Spenderorganen. Die medizinische Wissenschaft arbeitet daher daran, geschädigtes Gewebe durch künstliche Organe beziehungsweise Organkomponenten zu ersetzen. Die Entwicklung von High-Tech-Prothesen erlaubt zunehmend den technischen Ersatz ausgefallener Organfunktionen: metallische Gelenke werden im Knie oder in der Hüfte eingesetzt, Kunststoffprothesen ersetzen fehlende Arme oder Beine, Kunststoffschläuche dienen als Blutgefäße. Mittlerweile können bereits 20% der Funktionsteile des menschlichen Körpers auf diese Weise ersetzt werden.
      Die fortschreitende Miniaturisierung und Leistungssteigerung von mikroelektronischen Speichermedien hat der Prothesenentwicklung neuen Aufschub gegeben. In Implantate eingearbeitete Mikroprozessoren übernehmen komplexe Aufgaben der Steuerung und Informationsverarbeitung. Angesichts der geringen Regenerations-fähigkeit des Nervengewebes und der Schwierigkeit, es zu vermehren, wird an der Entwicklung neuronaler Prothesen gearbeitet. Hierzu zählen die bereits erfolgreich implantierten Innenohrprothesen (Cochlea-Implantate) oder Hirnstamm-Implantate für Taube oder die noch in der Entwicklung befindlichen Netzhaut-Prothesen (Retina-Implantate) für Blinde.

      BR-alpha Forum
      Avatar
      schrieb am 20.03.01 15:06:22
      Beitrag Nr. 16 ()
      Hierzu noch die Diskussion

      High-Tech im Körper
      Vom künstlichen Auge und Gehör zum künstlichen Gehen

      Herr Scheider: Herzlich willkommen, liebe Zuschauer, bei Alpha-Forum Wissenschaft. Unser Thema heute: High-Tech im Körper. Oder, als Frage formuliert, welche Sinne lassen sich im Körper durch Maschinen oder Computer ersetzen? Und: Wünschen wir das überhaupt? Das sind alles Fragen, die wir heute klären wollen. Ich darf Ihnen unsere Expertenrunde vorstellen: Das ist zum einen Professor Dr. Dieter Birnbacher vom philosophischen Institut der Universität Düsseldorf. Dann darf ich vorstellen Herrn Dr. Robert Behr von der neurochirurgischen Klinik der Universität Würzburg, dann Steffen Suchert von ”Intelligent Implant” und Professor Dr. Thomas Lenarz von der HNO-Klinik der medizinischen Hochschule Hannover.

      Herr Lenarz, ich fange bei Ihnen an. Wenn ein Mensch von heute auf morgen erblindet oder taub wird - wie kann ihm die Medizin da helfen?
      Prof. Lenarz: Ich kann das nur für die Taubheit beantworten. Es gibt heute die Möglichkeit, das ausgefallene Innenohr durch eine elektronische Reizprothese zu ersetzen, die diese Funktion übernimmt. Das Innenohr hat die Aufgabe, über spezialisierte Sinneszellen Schall in Nervenimpulse umzusetzen. Bei den meisten Fällen von Taubheit sind diese Sinneszellen zerstört. Das sogenannte ”Cochlear implant”, d. h. eine elektronische Reizprothese übernimmt diese Aufgabe. Schall wird also über ein Mikrophon aufgenommen und in eine Abfolge von elektrischen Impulsen umgesetzt, die vom Hörnerven, dem meist noch intakten ”Verbindungskabel” zum Gehirn, genauso aufgenommen werden wie die natürlichen Impulse. Unser Gehirn kann dann diese künstlichen Reize entsprechend verarbeiten. Bei den meisten Patienten führt dies wieder zu einem Hören, zu einem Hören im Sinne von Sprachverstehen und auch von Umweltgeräuschen. Kurzum, es geht um das Wiederherstellen eines verlorenen Sinneseindrucks. Das geht so gut, daß die meisten Patienten damit ein offenes Sprachverstehen erreichen, daß sie also ohne zusätzliche Hilfsmittel in der Lage sind, wieder zu hören und zu verstehen. Es gibt eine bestimmte Phase der Anpassung, des Trainings. Allerdings ist es nicht so, daß das sehr lange dauern würde. Die meisten Patienten können innerhalb von wenigen Monaten diesen Stand erreichen.

      Herr Scheider: Wie können wir uns dieses Hören vorstellen? Ist das ein Hören wie wir es kennen, wie es die Hörenden kennen?

      Prof. Lenarz: Die Patienten beschreiben es zunächst als einen Wirrwarr von bestimmten Geräuschen und Tönen. Es braucht dann einige Zeit, bis der Patient in der Lage ist, das, was er abgespeichert hat - was er also von früher her kennt, von dem er weiß, wie es sich anhören sollte -, mit diesem neuen Höreindruck in Verbindung zu bringen und das Neue zu erkennen. Es ist nicht so, daß das jetzt komplett unterschiedlich wäre, aber es ist doch sehr verfremdet: Das nun auf das Gedächtnis sozusagen zu projizieren, ist die eigentliche Aufgabe, die sich in dieser Phase des Trainings abspielt. Je nachdem wie lange der Patient schon taub ist, je nachdem wie alt er ist, wie gut seine sonstigen Sinnesleistungen sind, geht es mehr oder weniger schnell und wird es auch mehr oder weniger vollständig gehen. Aber es kommt wieder zu einem, dem normalen Hören ähnlich empfundenen Verstehensvorgang.

      Herr Scheider: Herr Behr, Sie wollen ja zum gleichen Ziel kommen, also ein Sinnesorgan wie das Ohr, ich sage es jetzt einmal populär, wiederherstellen. Was sagen denn Ihre Patienten, was gibt es da für Reaktionen? Vielleicht können Sie kurz den Weg beschreiben, den Sie einschlagen und welche Reaktionen Sie dann bekommen?

      Dr. Behr: Um den gegenwärtigen Stand und dessen Wertigkeit zu begreifen, muß man sich vorstellen, wie der Anfang ausgesehen hat. Zu Beginn unseres Jahrhunderts waren Patienten mit dieser Erkrankung, also einem Akustikus neurinom, extrem gefährdet. Die chirurgische Therapie hatte Letalitätsraten von 75 und mehr Prozent. Durch die Entwicklung mikrochirurgischer Techniken, durch die enge Kooperation der einzelnen Fachdisziplinen - der jungen Entwicklung der Neurochirurgie und der Hals-Nasen-Ohrenheilkunde - und durch die gemeinsame Arbeit an diesem Ziel sind wir jetzt in der Lage, bei Patienten mit solchen Tumoren, die am Hörnerv gewachsen sind und den Hörnerv schädigen, einen Funktionserhalt zu erreichen, der sich bei 35 bis 40 Prozent bewegt, und darüber hinaus auch einen Funktionserhalt anderer Nerven, insbesondere des Nerven für die Funktion der Gesichtsmuskulatur.

      Herr Scheider: Das heißt 35 Prozent können wiederhergestellt werden.

      Dr. Behr: Nein, nicht wiederhergestellt, aber diese Patienten haben ein Resthörvermögen nach einer Operation. Es gibt aber natürlich auch die Situation, daß z. B. der Hörnerv nicht erhalten werden kann oder daß der Hörnerv zwar erhalten werden kann, aber trotzdem keine Sprache oder keine audiologischen Signale mehr leitet, sondern nur noch elektrische Impulse. In dieser Situation kann man dann den Patienten wählen lassen - je nachdem welche Situation vorliegt -, indem man ihm dieses ”Cochlear implant”, das ja schon angesprochen wurde, als eine Möglichkeit der Rehabilitation des Hörens anbietet. Das setzt voraus, daß der Hörnerv intakt ist. Bei Patienten mit einem Tumor am Hörnerven ist es aber häufig so, daß das Hören nicht erhalten werden kann. Dann besteht die Möglichkeit, den Hörnerv quasi zu überbrücken und mittels eines elektronischen Geräts die Höreindrücke, die von einem Mikrophon aufgefangen und verarbeitet werden, direkt an den Hörnervenkern weiterzuleiten - das nennen wir eine Hirnstammsonde oder ein Hirnstamm implant - und damit dem Patienten wieder Höreindrücke zu vermitteln: ihn praktisch wieder an die Klangwelt anzuschließen, ihn teilhaben zu lassen an dieser Klangwelt.

      Herr Scheider: Das klingt nach einer schwierigen Operation, bei der genaues und präzises Arbeiten nicht nur im Millimeterbereich, sondern wahrscheinlich in noch viel kleineren Einheiten gefragt ist. Ist man denn schon soweit, daß man das unproblematisch bewerkstelligen kann?

      Dr. Behr: Ja, die Operationstechniken sind im Rahmen der mikrochirurgischen, mikroneurochirurgischen Operationstechniken soweit entwickelt, daß das geht. Denn diese Techniken müssen wir ja auch für die Resektion von Tumoren in diesem Bereich einsetzen. Diese Technik ist ausreichend, um dann praktisch auch den nächsten Schritt zu gehen und eine Hirnstammsonde an den Hörnervenkern zu plazieren.

      Herr Scheider: Hirnstammsonde heißt, das ist ein Chip in meinem Kopf. Kann man das so beschreiben?

      Dr. Behr: Chip ist vielleicht nicht der richtige Ausdruck. Es sind verschiedene Elektroden, die auf eine Silikonplatine montiert sind. Das ganze ist fünf Millimeter lang und etwa drei Millimeter breit. Dieses Elektrodensystem von unterschiedlicher Anzahl - je nachdem, welches System man verwendet - führt dann zu einem Empfangsteil, das unter der Haut implantiert wird. Der eigentliche Sprachprozessor befindet sich außerhalb des Körpers. Das heißt, die eigentliche Umarbeitung des akustischen Signals erfolgt in diesem Sprachprozessor außerhalb des Körpers, wird mittels eines Senders durch Induktion durch die Haut nach innen geleitet und dann an dieses Elektrodensystem am Hirnstamm weitergegeben. Was wir also am Hirnstamm implantieren, ist an sich kein Chip im landläufigen Sinne, sondern ein Elektrodensystem mit zwölf Elektroden - es gibt aber auch 20 Elektroden -, die an eine Elektronik angeschlossen sind.

      Herr Scheider: Nun haben wir gehört, daß das mit dem Sinnesorgan Ohr oder mit dem Hören schon relativ weit gediehen ist. Wie sieht es denn beim Sehen aus, Herr Suchert?

      Herr Suchert: Leider ist die Forschung und die Technologie im Bereich des Auges, der Ophthalmologie, noch nicht soweit. Allerdings gibt es sehr vielversprechende Forschungsansätze: Interdisziplinäre Teams, die gerade in Deutschland durch das BMWF, also durch das Forschungsministerium, sehr gefördert werden, haben ein meines Erachtens außerordentlich hohes Niveau erreicht. Wobei durch Zusammenfügung verschiedener Expertenteams aus der Neuroinformatik, der Mikrosystemtechnik, der Mikroelektronik und der Photonik - also aus komplizierten Bereichen einschließlich der Chirurgie - die Machbarkeit belegt ist. Es gab vor Jahren eine Machbarkeitsstudie, die das Ganze ausgelöst und auch das Leitprojekt ”Retina implant” in den Vordergrund gestellt hat.

      Herr Scheider: Vielleicht kann man das einmal kurz erklären.

      Herr Suchert: ”Retina implant” bedeutet, wie man sagen könnte, die Implantation eines Mikrochips, einer Mikrokontaktfolie, auf die Retina. Das ist der aus verschiedenen Zellschichten bestehende Augenhintergrund, der dafür ausgelegt ist, die Lichteindrücke über den Sehnerv in den visual Cortex, d.h. das Gehirn, zu leiten. Sie werden dort von uns als Sehen interpretiert und verarbeitet.

      Herr Scheider: Ist das so ein bißchen das Prinzip einer Videokamera? Ein Chip, der ein Bild aufnimmt und es eben nicht auf einen Film, sondern in das Gehirn weiterleitet?

      Herr Suchert: Sie sind sehr nahe dran. Es ist nicht nur ein Chip oder überhaupt nur ein Teil, sondern es ist ein System. Dieses System besteht in der momentanen Auslegung aus einer Mikrokontaktfolie, die zunächst einmal mit 50 bis - vorstellbaren - 500 Mikrokontaktpunkten oberflächlich auf die Retina appliziert wird. Dort kontaktieren diese Mikrokontaktpunkte der Folie die Ganglienzellschicht. Das sind die Zellen, die normalerweise von den degenerierenden Zellschichten der Retina mit Informationen versorgt werden. Bei den Degenerationserkrankungen wie Retinopathia pigmentosa oder altersbedingter Makuladegeneration geht das nicht mehr, weil diese Zellen zunehmend in einem progressiven Prozeß ausfallen. Dann wird eben diese Funktion durch die Folie ersetzt. Das muß man sich vorstellen wie nasses Kleenex. Das ist eine Struktur, die man als Fläche oder als Ring ausbilden kann. Sie ist perforiert - je nachdem, wie es anwächst -, und sie beinhaltet Silicium oder Polymere. Diese Folie schickt dann die Signale, die von außen kommen, über die Ganglienzellen ins Gehirn.

      Herr Scheider: Ich habe Herrn Lenarz vorhin gefragt, was ein Patient mit so einem Implantat hört. Was aber sieht ein Patient?

      Herr Suchert: Das wissen wir nicht. Wir haben eine Vorstellung davon, wie es ist und wie es gehen kann. Es gibt nach meinem Wissen einen ersten Test mit Patienten. Das ist in Baltimore, in den USA passiert: Da wurde anläßlich einer Tumoroperation ein kompetent informierter Patient darum gebeten, daß man diesen Test mit ihm machen darf. Er hat dann zugestimmt, und da wurde in einem Low-Level-Bereich, es waren also nur neun Kontaktpunkte, seine Retina für eine kurze Zeit während der Operation kontaktiert. Er wurde gefragt, was er sieht. Das Ergebnis war, daß er doch differenzieren konnte zwischen einem L und einem M. Das hat eigentlich gezeigt, daß es machbar ist. Das war der Test. Nun zu Ihrer Frage, was ein Patient damit sehen kann. Die Hoffnung besteht darin, daß man zunächst einmal eine Mustererkennung hat in Räumen, in denen man zu Hause ist, oder in Umgebungen, in denen man sich etwas auskennt; daß man da Erkennungen und auch Tiefengestaltungen hat und Silhouetten sieht. In der ersten Auslegung solcher Produkte kann die betreffende Person dadurch z. B. von einem Blindenhund unabhängig werden, der sie ansonsten ja führen muß, wenn sie draußen ist - oder von Hilfspersonen, die sie begleiten. Die Zielrichtung dabei ist, daß man dann mit 500 Mikrokontakten zwar noch nicht die Lesefähigkeit erreicht, aber da doch näher an sie herankommt.

      Herr Schneider: Nun haben wir ja schon einiges gehört: Das ist ja ein wirklich ganz enges Zusammenspiel von Medizin und Mikroelektronik. Da scheint es in Zukunft für die Medizinethik viel Arbeit zu geben?

      Prof. Birnbacher: Es gibt schon eine gewisse medizin-ethische Diskussion um Probleme, die sich im Zusammenhang mit neurobionischen oder Neuroinformatik-Eingriffen stellen. Die besondere Qualität dieser Eingriffe besteht für die meisten Ethiker darin, daß sie sich z. T. nicht ausschließlich auf ausgefallene Organfunktionen richten - wie also z. B. bei der Behebung einer Retina-Funktionsstörung, die durch einen Retina-Ersatz irgendwelcher Art bewirkt wird -, sondern daß sie auch das Gehirn selbst, gewissermaßen das Organ der Organe betreffen. Es geht also z. T. um die Steuerzentrale und nicht nur um die Steuerfunktionen. Eine Cochleaimplantation ist im Prinzip immer noch vergleichbar mit der Auswechslung eines anderen Körperteils, einer Prothetik, meinetwegen des Bewegungsapparats oder des Stoffwechsels. Wenn die Ebene des Eingriffs sich auf das Gehirn verschiebt, scheint eine neue Qualität, ein Quantensprung, dazuzukommen. Und wir versuchen nun zunächst einmal zu verstehen, warum das so ist. Im Fall des Vortreibens von Sonden in das Stammhirn, also ein Ersetzen des Hörnervs, ist so etwas ja schon realisiert. Das heißt, hier werden Teile gewissermaßen technisch ersetzt, die z. B. gemäß der heute gültigen Todesdefinition ja unmittelbar etwas mit Leben und Tod zu tun haben: die Stammhirnfunktion gewissermaßen als das Zentrum von Leben und Tod. Die neue Qualität scheint zu sein, daß mit dem Gehirn ein multifunktioneller Träger der Person betroffen ist. Das heißt, das Gehirn ist die Grundlage von Bewußtsein, unseres Bewußtseinsleben, es ist die Grundlage unserer Identität. Das heißt, wir können uns das Gehirn nicht ausgetauscht denken. Wir können Körperteile austauschen, wir können Organe austauschen, aber wir können das Gehirn nicht austauschen, ohne damit nicht auch etwas an der Identität der Person zu ändern. Und das Gehirn hängt zusammen mit so etwas wie Persönlichkeitsvariablen, also mit dem ureigensten Bereich der eigenen Person. Auf längere Sicht kann man sich vorstellen, daß es auf dem Wege eines Forttreibens dieser Technik möglicherweise zu Identitätsstörungen in all diesen drei Bedeutungen kommt. Das ist aber nur eine Vision. Aber in der Ethik herrscht gewissermaßen das Prinzip der Wachsamkeit. Man sieht neben den faszinierenden Chancen und den ungeahnten Visionen, die sich für technische Eingriffe ergeben, natürlich auch die Gefahren. Man sieht die Angstpotentiale, die Bedrohlichkeitspotentiale - die sich vielleicht für den unmittelbar Betroffenen nicht so stellen, der in der Regel von diesen Eingriffen profitiert - und auch die gesellschaftlichen Folgen: besonders die gesellschaftlichen Ängste und Bedenklichkeiten, die sich an eine solche technische Entwicklung heften.

      Prof. Lenarz: Es besteht natürlich auch die Möglichkeit, daß wir ein Schicksal ändern. Wir hatten ja vorhin über die Möglichkeiten gesprochen - und das kam jetzt noch nicht zur Sprache -, daß wir ja auch Kinder kennen, die taub geboren werden. Deren Schicksal besteht bzw. bestand lange Zeit darin, daß sie nicht in der Lage waren, Sprache zu entwickeln: ohne Hören gibt es keine Sprachentwicklung. Jetzt sind wir in der Lage, durch einen frühzeitigen Einsatz dieser Cochleaimplantate den Kindern die fehlende Sinnesinformation zu geben.

      Herr Scheider: In welchem Alter geschieht das ungefähr?

      Prof. Lenarz: Sobald man weiß, daß das Kind nicht hört. Das heißt, idealerweise natürlich ganz kurz nach der Geburt, in der Praxis nähern wir uns heute dem Zeitraum des zweiten Lebensjahres oder um das erste Lebensjahr herum. Da sind wir in der Lage, diese fehlende Sinnesinformation zu ersetzen. Und das Erstaunliche ist, daß diese Kinder, obwohl das ja eine künstliche Information ist, trotzdem eine nahezu normale Sprachentwicklung erreichen. Das heißt, sie können ganz normal sprechen: Dialektfärbungen treten auf usw. Das bedeutet ja auch, daß wir einen Eingriff vornehmen, der die Gesamtentwicklung dieses Kindes ganz entscheidend und positiv beeinflußt. Es geschieht also auch hier etwas, das nicht nur den Ersatz der eigentlichen Sinnesfunktion anbelangt, sondern wir gehen damit schon einen Schritt weiter: Wir können kognitive Funktionen, wir können die gesamte psychische Entwicklung ganz erheblich beeinflussen. Wobei wir noch nicht wissen, wie weit das nachher tragen wird: Was wird aus diesen Kindern, die sozusagen über das künstliche Hören einen Teil der normalen Entwicklung erleben können, der ihnen sonst verschlossen wäre.

      Herr Scheider: Wie müssen wir uns diese Cochleaimplantate vorstellen? Man sieht ja von außen etwas, man merkt das ja. Ist da nicht z. B. bei Kindern wieder ein Gegeneffekt zu beobachten, was das Selbstbewußtsein betrifft, wenn die Kinder ganz normal in die Schule kommen ?

      Prof. Lenarz: Ich denke, daß es in verschiedenen Lebensaltern unterschiedliche Realisierungen dieses Andersseins gibt und sicherlich auch das Problem der Identität davon betroffen ist: Ich bin behindert, auch wenn ich ein solches Implantat habe, weil das ja trotz allem nur eine technische Hilfsmöglichkeit ist. Wenn das Implantat abgeschaltet wird oder ausfällt, dann bin ich ja nicht hörend. Ich sehe auch anders aus, weil ich bei dem heutigen Entwicklungsstand noch etwas äußerlich Sichtbares an mir habe. - Das mag sich zukünftig vielleicht ändern. - Das heißt, es wird damit sicherlich auch Identitätskrisen geben. Wobei diese sich im wesentlichen nach unserer Erfahrung in der Pubertät äußern. Danach wiederum ist es so, daß es zurückgedrängt wird.

      Dr. Behr: Ich möchte kurz zu der Aussage von Herrn Birnbacher etwas sagen, um etwas richtig zu stellen. Diese Hirnstammsonden werden nicht, wie Sie sich jetzt ausgedrückt haben, in den Hirnstamm vorgeschoben, sondern es gibt am Stammhirn quasi eine Tasche. Das ist der Eingang in den vierten Ventrikel, in die vierte Hirnkammer. Diese Tasche ist präformiert - von Natur aus schon immer da - und genau am Boden dieser Tasche liegt der Hörnervenkern. Die Sonde wird praktisch in diese vorgeformte Tasche eingeführt und überträgt dann die Impulse auf den direkt darunter liegenden Hörnervenkern, so daß also am Hirnstamm selbst eigentlich keine Verletzung erfolgt. Statt dessen bedient man sich der gegebenen Anatomie und appliziert dann dort diese Sonde. Man geht also in der Hörbahn praktisch nur einen Schritt weiter in Richtung Zentrale, also nicht nur an das Innenohr, an die Cochlea, wie jetzt beim ”Cochlear implant” gezeigt, sondern eben einen Schritt weiter nach hinten an den Hörnervenkern. Aber man bleibt im Grunde noch an der Oberfläche außerhalb des Hirnstamms selbst.

      Herr Scheider: Welche Probleme gibt es denn bei diesem Eingriff oder welche Probleme könnten auftauchen? Was sind momentan noch die größten Hürden?

      Dr. Behr: Hürden im eigentlichen Sinne gibt es nicht. Es ist so, daß der Eingriff im Rahmen einer Tumoroperation durchgeführt wird. Das heißt, das Risiko, das die Tumoroperation in sich birgt, ist von vorne herein auch gegeben und wird durch die Implantation der Hörsonde nicht zusätzlich angehoben. Das Problem, das auftreten kann, besteht darin, daß man durch die Stimulation z. B. Stimulationsnebenwirkungen, d. h. nicht nur Hörstimulationen, sondern auch Gefühlsempfindungen an Körperextremitäten, auslösen kann. Es gibt auch Beschreibungen, daß das Sehen verschwimmen, also leicht wackeln kann. Diese Nebeneffekte der Stimulation können verhindert und abgeschafft werden, indem man die Elektroden, die dafür verantwortlich sind, durch die Programmierung von außen im Rahmen der Anpassung abschalten kann. So daß also von den beispielsweise zwölf zur Verfügung stehenden Elektroden auf so einem Elektrodenarray nur noch fünf oder sechs oder sieben tatsächlich auditiv stimulieren. Damit hat der Patient keine Nebenwirkungen mehr, sondern nur mehr auditive Wahrnehmungen.

      Herr Scheider: Jetzt muß ich aber noch einmal nachfragen und zwar bei Herrn Suchert: da kommt doch ein Fremdkörper in den menschlichen Körper hinein - vom Problem der Wundheilung und der Installation einmal abgesehen, sind da überhaupt keine Risiken zu erwarten?

      Herr Suchert: Risiken sind bei operativen Verfahren operationsbedingt mehr oder weniger immer vorhanden. Ich denke, daß die Akzeptanz einer derartigen Technologie beinhalten muß, daß sie ausgetestet ist, das Risiko möglichst gering gehalten wird und die Eingriffe minimal invasiv ausgelegt und durchgeführt werden. Ich denke, das operative Risiko ist sehr stark beherrschbar, das ist eine Frage der Verfahrenstechnik. Das wird ja heute in anderen Formen auch gehandhabt. Netzhautchirurgie ist ein täglicher Prozeß, der natürlich jetzt für ein Implant ganz besondere Anforderungen stellt. Das ist hochfiligran und erfordert ganz neue Technologien: von der Langzeitstabilität, von der Biokompatibilität, von der Immunsuppression und was auch immer noch dazugehört.

      Herr Scheider: Das sind jetzt alles ganz schlimme Fachbegriffe.

      Herr Suchert: Ja, das soll aber auch nur ein Bild zeigen: daß es kompliziert, aber auch machbar ist. Man kann das schon beherrschen. Ich sehe an und für sich die Anforderungen dieser Technologie darin zu berücksichtigen, was dem Menschen begegnet, dem dann so ein Implant eingesetzt wurde. Das betrifft natürlich medizinische und technische Aspekte, aber das betrifft auch ethische Aspekte. Um dem gerecht zu werden, sollten bestimmte technische Layouts zur Verfügung stehen, also bestimmte Designs der Produkte. Zum Beispiel soll das Ganze so weit als möglich wieder explantierbar sein, damit der betreffende Patient, der sich dafür entschieden hat, seine Entscheidung revidieren kann, falls er sich geirrt hat. Das ist bei dem ”Retina implant” vorstellbar, ich bin aber nicht Wissenschaftler genug, um das so beurteilen zu können.

      Dr. Behr: Es ist nicht nur vorstellbar, sondern wird auch gemacht.

      Herr Suchert: Das halte ich aus ethischer Sicht für außerordentlich wichtig. Ich kenne Patienten, für die das ein ganz wichtiger Aspekt ist. Eine weitere wichtige Frage ist das Benefizprinzip: Es muß mir bzw. dem Betroffenen so viel helfen, daß das Risiko zu vertreten ist. Seine Situation darf also nicht schlechter werden. Das ist ganz wichtig.

      Dr. Behr: Das ist jetzt nicht direkt unsere eigene Erfahrung, aber es ist auch in der Literatur so beschrieben, daß Patienten, die eine Dysfunktion ihrer Hirnstammsonde hatten, weil sie z. B. verrutscht war, um eine Operation gebeten haben, damit die Hirnstammsonde wieder an den richtigen Platz gebracht werden kann. Sie wollten damit die Höreindrücke wieder zurückbekommen, die ihnen so viel geholfen haben.

      Herr Suchert: In der Tat beinhaltet diese Technologie im Fall des ”Retina implants” noch weitere Komponenten, wie z. B. lernfähige Encoder, die den Dialog mit dem Gehirn aufnehmen sollen und müssen. Sie sollen die Plastizität des Gehirns ansprechen, so daß der Seheindruck - den das Gehirn erwartet, aber z. B. schon seit Jahren bei einem Erblindeten nicht mehr hat - dem entspricht, was jetzt auf eine ganz minimale Weise durch die Technologie vermittelt wird. Das ist ein Soll-Ist-Abgleich, und es ist auch ein Teil des Konzeptes in unserer Firma, so einen PC, der mit dem Gehirn korrespondiert, mit im System anzubieten. Das ist ganz wichtig.

      Herr Scheider: Herr Lenarz, Plastizität ist ja ein ganz wichtiges Stichwort bei unserem heutigen Thema. Was sollen wir uns darunter vorstellen?

      Prof. Lenarz: Unter Plastizität versteht man die Fähigkeit des Gehirns oder bestimmter Hirnareale, sich auf eine veränderte Umwelt einzustellen. Diese Umwelt kann jetzt in Form von künstlichen elektrischen Reizen vermittelt werden. Das kann aber auch einfach bedeuten, daß z. B. ein Sinnesorgan auf einer Seite ausfällt und dann nur noch eines zur Verfügung steht. Jedwede Änderung führt also dazu, daß die Verarbeitung der Information im Gehirn, vorwiegend in der Hirnrinde, dieser neuen Situation angepaßt wird. Für diese künstliche Sinnesinformation bedeutet dies, daß das Gehirn versucht, ein Maximum an sinnvoller Information herauszuholen. Bei den Kindern ist das sicherlich sehr eindrucksvoll, da sie in der Lage sind, im Prinzip mit einer ”falschen Information” trotzdem das Richtige zu machen, nämlich zu dieser Sprache zu kommen.

      Herr Scheider: Können Sie dafür ein Beispiel nennen?

      Prof. Lenarz: Wenn die Mutter ”Guten Tag” sagt, wird das Kind das nicht genau so hören, sondern es wird irgend etwas Verformtes hören. Aber das Kind imitiert und wenn das, was es selbst spricht, so ähnlich klingt, wie das, was die Mutter sagt, dann muß ja das, was es gesagt hat, dem weitgehend gleichen. Also diese Leistung des Gehirns würde man unter Plastizität verstehen. Dasselbe trifft natürlich auch für die erwachsenen Patienten zu, die schon einmal gehört haben. Da geht es darum, daß diese anfänglich auch sehr unverständliche Information mit dem früher Abgespeicherten abgeglichen wird. Das ist ebenfalls eine Leistung, die nichts mit der Peripherie zu tun hat, sondern die tatsächlich unser eingebauter ”Großrechner” zu leisten vermag. Das trifft auch für die Hirnstammimplantpatienten zu, die ebenfalls dieses Erlebnis haben, daß sich das immer mehr dem angleicht, was sie an sich schon von früher her kennen und was in ihnen abgespeichert ist.

      Dr. Behr: Vielleicht darf ich noch dazu sagen, daß das nicht unbedingt eine falsche Information ist, die dem Gehirn angeboten wird, sondern einfach der Versuch, unsere physikalische Welt mit einem Hilfsmittel abzubilden. Diese physikalische Welt besteht eben in diesem Fall aus Frequenzspektren, die z. B. bei den ”Cochlear implants” ansonsten das Innenohr übernehmen würde. Es erfolgt dann eben eine Abbildung in das Gehirn, und je nachdem, wie weit das Gehirn im Altersprozeß in seiner Entwicklung fortgeschritten ist, ist eben diese Information oder dieses Abbild besser oder schlechter zu verarbeiten. Deswegen ist meines Erachtens der Ausdruck ”falsche Information” vielleicht ein bißchen zu weit gegangen: Es ist ein anderes Abbild unserer physikalischen Welt. Damit kann aber eben ein Kind sehr gut zurechtkommen und das daraus machen, was wir dann Sprache nennen - und dafür ist natürlich unser ”Großrechner” zuständig.

      Prof. Lenarz: Falsch war auch in Anführungsstriche gesetzt. Es sollte einfach bedeuten, es stimmt nicht mit dem überein, was wir natürlicherweise anbieten oder was natürlicherweise angeboten wird.

      Prof. Birnbacher: Darf ich noch einmal kurz von der medizinisch-technischen Dimension zu der sozialen und psychologischen gehen. Sie kennen ja wahrscheinlich alle den Film ”Jenseits der Stille” mit der sehr einfühlsamen und sehr eindrucksvollen Schilderung eines kulturellen Problems: des Zurechtkommens mit einem Kind in einer Taubstummenfamilie, das hören kann, in diesem Fall sogar musikalisch begabt ist und eine musikalische Karriere einschlägt. Es hat ja in Kanada, ich weiß das zufällig aus einer Pressemeldung, von Taubstummenverbänden schon massive Proteste gegen diese Art von technischer Entwicklung gegeben, weil darin gewissermaßen eine Definition von Taubstummheit als Behinderung gesehen wird, nämlich dadurch, daß eine Methode zu ihrer Überwindung zur Verfügung gestellt wird und auch ein gewisser Druck und eine gewisse Motivation herrscht, diese Methoden einzusetzen. Man definiert so das Taubstummsein als etwas in irgend einer Weise gegenüber der Normalität Defizitäres. Das ist ja eine hoch interessante Dynamik, die sich sicher im Falle der Blindheit nicht genauso zeigen wird, weil die Taubstummensprache, also die Zeichensprache, von den entsprechenden Verbänden durchaus als vollwertiges Äquivalent für die lautliche Kommunikation gesehen wird. Hier ergeben sich natürlich interessante Fragen: Wenn solche Operationen, wie es sinnvoll ist, an Kindern ausgeführt werden, dann kann man diese Kinder ja noch nicht selbst befragen, sie sind selbst noch nicht einwilligungsfähig. Man wird die Eltern hören müssen, und ich denke, hier steht man doch manchmal vor einem Konflikt: Ist es vielleicht im Sinne der Kinder auch dann legitim und vielleicht sogar notwendig, ihnen die Funktionsfähigkeit ihrer Sinnesorgane zu vermitteln, wenn das kulturelle, familiäre und schicksalsträchtige Konflikte für die entsprechenden Familien mit sich bringt? Hier sehe ich ein sehr schwieriges Problem. Ich würde aber vielleicht nicht nur spontan, sondern auch theoretisch begründet sagen: Hier hängt es auch vom Einzelfall ab. Ich kann mir Fälle vorstellen, in denen es vielleicht nicht anginge, ein Kind gegen den massiven Protest seiner Eltern zu behandeln. Ich sehe hier eine Fülle von Fragen, die sich auftun, wenn diese Behandlung Standard werden würde.

      Herr Suchert: Wenn ich da ganz kurz einmal einhaken darf. Ich denke nicht, daß man das nach dem Sinnesorgan oder dem Organ selbst differenzieren kann oder soll. Die Problematik, die Sie angesprochen haben, gilt durchaus auch für den Bereich des Sinnesorgans Auge. Das führt uns einfach auch auf folgendes zurück: Wenn artikuliert wird, ich bin nicht behindert, ich bin so, wie ich bin, ich werde durch diese Umwelt behindert, dann ist das ein Standpunkt, den man vertreten kann. Ich denke nur, man soll damit nicht missionieren. Das heißt, diese Technologie ist ein Angebot. Dieses Angebot erfährt eine Bewertung, und je nach individueller Auseinandersetzung und Chancen-Risiko-Betrachtung kann es wahrgenommen werden oder nicht. Das heißt, man kann diese Technik oder dieses Implant nicht mit einem besonderen Respekt versehen. Man sollte aber auch nicht das Gegenteil machen, indem man es abwertet. Es ist wirklich schwer zu beurteilen. Ein Punkt ist für mich noch wichtig: Sie hatten vorhin diesen Quantensprung Gehirn, Nervensysteme und Organe angesprochen. Das ist aus meiner Sicht wahrscheinlich richtig. Allerdings gibt es dazwischen auch sehr viele filigrane Bereiche. Auch die Persönlichkeit verändert sich durch Medikamente. Die Persönlichkeit verändert sich oder ändert sich ganz anders mit der Substitution einer nervlichen Dysfunktion, also mit dem Ersatz eines Organs, eines Sehnervs, eines Hörnervs. Das heißt, ich bilde dieses Gehirn sehr früh mit allem, was ich tue. Wir differenzieren nun und nehmen zunächst eine Grenze, mit der wir arbeiten können, indem wir sagen, das ist das Gehirn, und der Rest ist nicht ganz so in der derselben Art zu qualifizieren. Das ist im Grunde sicher richtig, aber es ist auch eine Frage der Betrachtung.

      Dr. Behr: Ja, und auch der unterschiedlichen Patientengruppen. Man kann einen Patienten oder eine Person, die seit 20 Jahren ertaubt ist, nicht mit jemandem vergleichen, der noch hört bzw. einen geringen Hörrest besitzt und dem z. B. durch eine dringend notwendige Tumoroperation droht, diesen Hörrest zu verlieren. Diese Person wird um das Gehör kämpfen, das habe ich selbst erlebt bei den Patienten, die wir betreuen. Sie sagen, ”jeder darf entscheiden”. Natürlich muß auch jeder entscheiden können, in dieser Behinderung, in diesem Fall der Ertaubung, weiterleben zu dürfen und sich anderer Mittel zu bedienen, um zu kommunizieren: Gebärdensprache und was es sonst noch an Möglichkeiten gibt. Dieses Angebot muß ihm gemacht werden. Er kann dann entscheiden und auch andere Betroffene fragen. Das machen wir auch: Wir stellen ihm die Patienten vor, die schon eine entsprechende Hörhilfe haben, damit sie ihm sagen können, es ist so und so und du kannst das und das erwarten.

      Herr Scheider: Das heißt, die Dringlichkeit ist für einen Patienten, der z. B. von Geburt blind oder taub ist, nicht so hoch wie für einen, bei dem die Gefahr besteht, daß er ein Sinnesorgan verliert.

      Dr. Behr: Die Wertigkeit ist wichtig, die derjenige z. B. an das Hören anlegt. Wenn er früher gehört hat und weiß, was ihm möglicherweise verloren geht - das muß man ganz anders einschätzen, als wenn jetzt z. B. jemand seit der Geburt ertaubt ist oder es sich um ein Kind handelt, daß sich überhaupt noch nicht entscheiden kann. Das sind auch ethisch völlig verschieden zu betrachtende Situationen. Man muß eben mit den Betroffenen sehr ausführlich und sehr intensiv sprechen und alles Für und Wider abwägen.

      Prof. Lenarz: Ich denke, es gibt hier trotzdem noch einmal einen Punkt, den man ganz klar machen muß. Daß nämlich die Diskussion, die ja im wesentlichen von erwachsenen Gehörlosen geführt wird - also von Menschen, die von Geburt an nicht gehört haben, jetzt erwachsen sind, sich ihr Leben schon organisiert haben und in dieser Gemeinschaft der Gehörlosen auch letzten Endes ihre eigene Kultur leben -, daß also diese Diskussion natürlich insofern nicht ganz zu vernachlässigen ist, als wir ja mit diesem Implantat oder mit dieser Sinnesprothese die Behinderung als solche nicht wegnehmen. Das heißt, wir geben ein Hilfsmittel. Dieses Hilfsmittel ist in der Lage, eine bestimmte Ersatzfunktion zu erfüllen. Der Wunsch, daß das Kind damit hören kann und so wie normal Hörende auch Sprache entwickeln soll, ist ein Wunsch, der von den Eltern ausgeht. Das ist ganz legitim: Die Eltern müssen entscheiden, das ist überhaupt keine Frage. Trotzdem ist es so, daß wir natürlich sagen müssen, wir wissen im Endeffekt heute noch nicht, was aus diesen Kindern einmal werden wird. Wir können damit nur die Hoffnung verbinden, daß wir über das eigentliche Hörerlebnis, das als solches ja einen qualitativen Wert hat, tatsächlich weitergehende Ziele erreichen wie z. B. Integration und damit natürlich auch eine Art von normalem Leben in der Welt der Hörenden ermöglichen. Das wird für die Sehenden genauso sein. Das soll jetzt nicht den Stellenwert dieser Möglichkeiten schmälern, aber dennoch auf diese langfristige Perspektive hinweisen, die immer auch vorhanden ist.

      Herr Scheider: Möglicherweise kommt dann doch eine Art Zweiklassengesellschaft auf uns zu, weil wir jetzt den Fall der Kinder haben, den Fall der plötzlichen Erkrankung durch einen Tumor und den Fall, daß jemand von Geburt an taub ist. Wie ist das z. B. mit einer altersbedingten Taubheit? Kommen diese Menschen für Sie auch als Zielgruppe in Frage?

      Dr. Behr: An sich nicht. Für die Implantation dieser Hirnstammsonden ist die Indikation eigentlich ganz klar umrissen: Patienten mit beidseitigen Tumoren am Hörnerven, mit einer erblichen Erkrankungen, der Von-Recklinghausen-Erkrankung oder Neurofibromatosis Typ 2 - diese Patienten haben, wenn der Tumor wächst und den Hörnerv zunehmend zerstört, ihr Schicksal eigentlich klar vor Augen.

      Prof. Lenarz: Anders ist es bei den Innenohrschwerhörigen, wo es bei der altersbedingten Schwerhörigkeit durchaus eine Möglichkeit sein kann - wenn sie denn so ausgeprägt sein sollte, daß der Hörrest, der noch verblieben ist, nicht mehr mit einem Hörgerät zu einem Sprachverstehen genutzt werden kann. Es gibt ”alte” Patienten, die 70, 75 Jahre alt sind, die ein solches Implantat bekommen und damit natürlich einer drohenden sozialen Isolation entgehen können. Das ist ja auch das, was Sie beschrieben haben: Wenn ein Patient weiß, er droht zu ertauben, dann kann er sich ausmalen, was das bedeutet. Er ist im Prinzip isoliert. Er kann nicht mehr teilnehmen und das ist es, was im Alter, wenn wir das einfach einmal so pauschal sagen, eine ganz wichtige Motivation darstellt, um eben auch bei diesen Patienten einen solchen Eingriff vorzunehmen. Und das sind natürlich große Gruppen. Die Gruppe der Patienten mit einer solchen Krankheit am Hörnerv ist glücklicherweise klein im Vergleich zu der sehr großen Zahl von Innenohrschwerhörigen, die natürlich potentiell auch in Frage kommen.

      Herr Scheider: Meine Herren, wir sind schon wieder fast am Ende unserer Sendung angelangt, und ich habe das Gefühl, man könnte noch sehr lange darüber sprechen. Ich würde Sie zum Schluß unseres Alpha-Forums Wissenschaft bitten, dem Zuschauer in zwei, drei Sätzen ganz kurz zu sagen, wieviel Hoffnung die Forschung und die Medizin den Patienten, den Betroffenen, die uns heute vielleicht zusehen, machen kann.

      Prof. Birnbacher: Ich habe die schönsten Hoffnungen für die Zukunft, weil die technische Entwicklung, so wie sie jetzt vorliegt, atemberaubend ist. Ich hätte vor 20 Jahre nicht vermutet, daß es so schnell gehen würde, z. B. Hörersatz auf diesem Wege zu vermitteln. Meine Sorgen richten sich auf eine Zukunft, in der wir vielleicht technisch so perfekt sind, daß wir nicht bereit oder auch fähig sind, diese Technik allen, die ihrer bedürfen, zur Verfügung zu stellen und sich deshalb neue Verteilungsprobleme ergeben. Denn die Kosten sind beträchtlich, und es ist fraglich, ob das Tempo der medizinisch-technischen Entwicklung nicht sehr viel schneller ist als das Tempo anderer entscheidender Größen der Gesellschaft - wie z. B. vor allem der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit.

      Dr. Behr: Die Philosophie, wie wir sie momentan und wahrscheinlich auch in Zukunft an unserer Klinik sehen, ist die, daß wir primär versuchen, für diese Patienten den Hörerhalt anzustreben, daß wir versuchen, wenn das nicht möglich ist, zumindest den Hörnerven anatomisch zu erhalten, so daß dann z. B. eine Cochleaimplantation in Frage kommt. Und wenn das auch nicht geht, daß wir dann dem Patienten anbieten können, eine Hirnstammsonde zu implantieren, um eben das Problem der Ertaubung mit möglichst wenig Folgen für den Patienten zu versehen.

      Herr Suchert: In Richtung der Neuroprothese für das ausgefallene Sehvermögen denke ich, daß die Forschung und Entwicklung, die jetzt noch läuft und notwendig ist, im Jahre 2001 eine ganz wichtige Signalfunktion übernehmen kann: ob es geht, ob es nicht geht und wie es geht. Ich bin da optimistisch, wenn man keine großen Fehler in der Forschung und der Entwicklung macht - auch was die Einkleidung sozialer Komponenten betrifft. Ich erhoffe mir auch, daß man mit solchen Produkten, mit solchen Implantaten nicht in eine sogenannte Fortschrittsfalle läuft: Daß einige sie sich leisten können, sie aber für die meisten zu teuer sind. Das ist ein weites Feld, aber es ist noch völlig offen.

      Prof. Lenarz: Die Entwicklung geht hin zu total implantierbaren Hörprothesen, sie werden unsichtbar sein, d. h. die Stigmatisierung wird wegfallen. Der Hörvorgang wird in einer Weise nachgeahmt werden, die ganz natürlich klingen wird, so daß wir wirklich einen Schritt in Richtung Integration gehen und damit auch ein Modell haben, das für andere Funktionen möglich wäre.

      Herr Scheider: Meine Herren, vielen Dank für Ihren Besuch. Liebe Zuschauer, das war Alpha-Forum Wissenschaft.
      Avatar
      schrieb am 20.03.01 15:08:55
      Beitrag Nr. 17 ()
      @Saarnuss: Danke.
      @Glückspfennig: Für den heutigen Menschen ist die Vorstellung des sich selbst erfindenden Menschen grauenhaft. Aber wie wird die Ethik des ausgehenden 21. Jahrhunderts sein, wenn dies alles einfach möglich ist? Werden dann Menschen nicht ganz anders mit diesen Möglichkeiten umgehen?

      Man denke, wie sehr sich in unserer Gesellschaft im 20. Jahrhundert die Einstellung zur Sexualität gewandelt hat.

      Und auch daran, wie selbstverständlich es heute Menschen ist, sich Tätowierungen und Körperschmuck anlegen zu lassen oder kosmetische Operationen zu kaufen. Das wäre Menschen zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts sehr widernatürlich vorgekommen oder zumindest einem Menschen des "zivilisierten" Europas nicht angemessen.

      Auch die Einstellung zur Abtreibung hat sich gewandelt. Und seit es möglich ist, Menschen im Koma zu erhalten, auch die Einstellung zur Sterbehilfe.

      Ich halte es für möglich, daß Menschen im Lauf der nächsten hundert Jahre einen gentechnisch manipulierten und durch Prothesen erweiterten Körper als nicht ungewöhnlich ansehen werden.
      Avatar
      schrieb am 20.03.01 15:28:51
      !
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      Avatar
      schrieb am 20.03.01 15:37:39
      Beitrag Nr. 19 ()
      Vielleicht ist eine Zusammenfassung möglich? Der Thread ist schon ganz schön "textmächtig".
      Avatar
      schrieb am 20.03.01 15:58:50
      Beitrag Nr. 20 ()
      @for4zim

      Du meinst,ich soll dei einzelnen Beiträge kürzer halten?
      Nun,dann werd ich es mal versuchen.

      Reparaturzellen für das Gehirn

      Bonn : - Wissenschaftler am Institut für Neuropathologie der Universität Bonn verfolgen das Ziel, Nervenzellen aus frühen, embryonalen Vorläuferzellen (sog. embryonalen Stammzellen) in großer Anzahl durch Zellkultur in der Schale zu gewinnen. Die künstlich gewonnenen Nervenzellen sind dazu bestimmt, durch Transplantation in das defekte Nervensystem inkorporiert zu werden und dort die Funktionen von lädierten Zellen zu übernehmen (z. B. bei Schlaganfall, Muliple Sklerose, Alzheimersche oder Parkinsonsche Krankheit). Erkrankungen des Gehirns stellen auch heute große ungelöste Probleme dar, denn im Gegensatz zu anderen Gewebezellen regenerieren sich Nervenzellen grundsätzlich nicht mehr. Lädierte Zellen sind für immer verloren.Doch das wirft ethische und auch Mengenprobleme auf. Denn hierfür werden Spenderzellen von Feten in großer Anzahl benötigt.
      Avatar
      schrieb am 20.03.01 16:07:53
      Beitrag Nr. 21 ()
      Zahnlöcher wachsen bald zu

      Zahnfüllungen aus Amalgam, Gold oder Kunststoff gehören möglicherweise bald der Vergangenheit an. Dem Dresdner Max-Planck-Institut für chemische Physik (MPI) ist es gelungen, im Reagenzglas eine dem natürlichen Zahnschmelz ähnliche Substanz zu züchten. Diese könne man „auf Zähnen aufwachsen lassen“, sagte die Chemikerin und Mitarbeiterin am MPI, Susanne Busch. Sie bestätigte damit einen Bericht der „Dresdner Neuesten Nachrichten“ vom Donnerstag.

      So könne es in naher Zukunft möglich sein, durch Karies verursachte Löcher im Zahn auf natürliche Weise zu schließen und herkömmliche Füllmaterialien überflüssig zu machen.

      „Das kristallisierte Material entspricht in seiner chemischen Zusammensetzung dem natürlichen Zahn“, erklärte Busch weiter. Nach ihren Angaben sind bisher keine Studien zu derartigen die Natur nachahmenden Ansätzen bekannt. Wann diese Entdeckung in den Zahnarztpraxen Einzug hält, ist noch unklar.
      Avatar
      schrieb am 20.03.01 16:10:01
      Beitrag Nr. 22 ()
      Biosensoren könnten in Zukunft Abstoßung erkennen

      Martinsried - Peter Fromherz ist eine neue Verbindung von Mensch und Maschine gelungen. Er verknüpfte eine lebende Leberzelle mit einem Silizium-Schaltkreis.
      Fromherz verstärkte die elektrischen Signale der Zelle durch eine Genveränderung der Ionenkanäle, so dass sie von dem Transistor aufgenommen und weiter verarbeitet werden konnten. Dazu ließ er die Zellen auf einer Silizium-Oberfläche wachsen. Allerdings haften die Zellen dabei nicht direkt auf dem Chip, sondern bewegen sich rund 40 milliardstel Meter (Nanometer) in einer Nährlösung über der Oberfläche. Durch die Verstärkung konnten nun die Signale diesen Abstand überbrücken.
      Fromherz hofft leistungsfähigere Biosensoren bauen zu können. Diese könnten innerhalb des Körpers biologische Vorgänge erkennen. Bereits im Februar letzten Jahres berichteten US-Forscher von einer Verbindung einer menschlichen Krebszelle mit einem elektronischen Schaltkreis. Über eine angelegte Spannung schafften sie es, die Poren in den Zellwänden, den Membranen, zu öffnen und zu schließen. Damit schufen sie quasi ein "Sesam, öffne dich" für die Zellwand, um bislang unheilbare Krankheiten wie Krebs oder Erbkrankheiten wie Mukoviszidose oder Diabetes des Typs I zu bekämpfen. Genverändernde Proteine oder Wirkstoffe lassen sich so in die Zellen einzuschleusen.
      Avatar
      schrieb am 20.03.01 18:31:02
      Beitrag Nr. 23 ()
      Ihr beide redet, als würdet ihr ein KFZ gegen Bezahlung in irgend einer Hinterhofwerkstatt reparieren.
      Avatar
      schrieb am 21.03.01 12:34:40
      Beitrag Nr. 24 ()
      Was wäre daran so falsch? Kann ein Mensch seinen Körper nicht einfach als einen Gebrauchsgegenstand ansehen, den er nach Belieben reparieren und erweitern kann?
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      schrieb am 21.03.01 13:27:45
      Beitrag Nr. 25 ()
      Nicht alles was künftig medizintechnisch u. gentechnisch möglich wird, sollte auch zur Anwendung gelangen. Es gibt sensible Grenzbereiche, die nicht verletzt werden sollten, Das menschliche Gewissen zeigt uns hier, zumindest bei Menschen, die ihr Gewissen wahrnehmen, ethische Schranken auf. Eine weise Einrichtung, die dem Menschen hier gegeben wurde.

      Natürlich soll medizinischer Fortschritt nicht im Keim erstickt werden, er ist richtig und wichtig auch als angewandte Gentechnik und er wird alsbald viele Krankheitsbilder, die die Medizin heute noch vor unlösbare Probleme stellt, als kuriert ad acta legen können.
      Aber das Ganze nur bis zu einem gewissen Punkt. Wenn es aber darum geht in das Innerste eines Menschen, dem menschlichen Erbmaterial einzugreifen, bewegt man sich ethisch auf einem sehr dünnen Grat, mit vielen noch heute unbekannten Komponenten dessen Auswirkungen einem schlicht unbekannt sind.

      Jedenfalls ist es ein Horrorszenario, sich vorzustellen, das irgendwann einmal etwa Eltern, einem Vorbild als Schönheitsideal folgend, ihren geplanten Nachwuchs quasi per Warenkatalog mit samt Zubehörausstattung wie Intelligenz oder atlethischer Körperbau, am Computerbildschirm ihres Hausarztes, selbst kreieren können. Menschliche Produktion am Fließband, die einer Züchtung gleichkommt. Elitäre gesellschaftliche Schichten mit entsprechender finanzieller Ausstattung bekommen Oberwasser, ärmere Bevölkerungsschichten werden gnadenlos ausgegrenzt. Eine perverse verachtende Entwicklung, wie ich finde.

      Eins lässt sich mit Sicherheit nicht gentechnisch manipulieren, unser aller Gewissen und das sorgt bei mir z.B. dafür, dass sich mein Standpunkt z.B. zur Sterbehilfe und Abtreibung nicht geändert hat und nie ändern wird.

      Gruß
      Glückspfennig
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      schrieb am 21.03.01 13:31:25
      Beitrag Nr. 26 ()
      Wie sieht es aber aus, wenn Du selbst am Computer Dein neues Aussehen und Deine neuen Körpereigenschaften bestimmst und dann die entsprechende Gensonde anforderst, die Dir diese Eigenschaften vermittelt?

      Oder anders herum, ist es eigentlich unmoralisch, daß sich heutzutage manche Menschen Schönheitsoperationen leisten können und andere nicht?
      Avatar
      schrieb am 21.03.01 15:10:34
      Beitrag Nr. 27 ()
      Sobald ich ein geborener Mensch bin, ist die Entwicklung bereits von statten gegangen denn ich bin existent und kann im nachhinein selbst meine eigenen angeborenen Fähigkeiten nicht mehr verändern oder leugnen. Die Selbstbestimmung über diesen gentechnisch manipulierten Vorgang kann ohnehin nie in der Hand dessen liegen, der da erst geboren werden soll, sondern es wird von anderen Menschen bestimmt, wie er auszusehen hat.

      Natürlich kann man Äusserlichkeiten chirurgisch per "Schönheitsoperation" plastisch verändern, wer das glaubt tun zu müssen um sein Ego aufzupolieren, bitte schön, habe ich moralisch überhaupt kein Problem mit, denn es betrifft ja nicht die Veränderung und Züchtung des Innersten eines Menschen.

      Gruß
      Glückspfennig
      Avatar
      schrieb am 16.05.01 14:27:04
      Beitrag Nr. 28 ()
      US-Mediziner will Körper transplantieren
      16. May 10:07, ergänzt 10:08

      Ein US-amerikanischer Neurochirurg will menschliche Köpfe auf andere Körper verpflanzen. Bislang fehlen ihm die Patienten.

      BERLIN. Der pensionierter US-Mediziner Robert White geht weltweit mit einer umstrittenen Idee hausieren: Der 75-jährige Gehirnchirurg möchte den Kopf von Menschen mit zerstörtem Körper retten, indem er ihn auf den Körper eines Hirntoten setzt.

      Unbestritten ist White ein Fachmann: Er war der jüngste Professor für Neurochirurgie der USA. Vollkommen neues Territorium betritt er in der Debatte um den zusammengesetzten Menschen nicht: Kopf- und Körpertransplantationen haben bei Rhesusäffchen bereits funktioniert - eine Pioniertat vor weit mehr als 20 Jahren. Die Äffchen überlebten wenige Tage.

      «Warum sollen wir Patienten mit einem unheilbar von Krebs zerfressenen Leib nicht helfen, indem wir ihnen einen neuen geben, der von einem hirntoten Unfallopfer stammt?», fragt White. Die Operation sei sogar einfacher als bei den kleinen Versuchstieren. Die Gefäße sind größer und der Mensch besitzt mehr Blut.



      Grenzen des Verfahrens
      Als möglichen Patienten für die Transplantation nennt er Stephen Hawking. Der Astrophysiker leidet an Amyotropher Lateralsklerose, einer Erkrankung des Nervensystems. Die Kranken bleiben bei klarem Verstand, aber irgendwann tritt der Tod durch Lähmung der Atem- oder Herzmuskeln ein.

      Manko auch für den zusammengesetzten White-Patienten: Er wird nach der Operation nicht gehen können. Noch ist es nicht möglich, die bei der Operation unterhalb des Hirnstammes durchtrennten feinsten Fasern des Rückenmarks wieder zu verbinden. Bislang gibt es keinen ernsthaft interessierten Kandidaten für die Operation.



      Neue Batterie für das Gehirn
      «Worin besteht der Unterschied, wenn ich einem Menschen während einer Operation Leber, Nieren und Herz implantiere oder ihm gleich einen neuen Körper gebe?», fragt der US-Mediziner. «Ich bin sicher, dass diese Operation einmal durchgeführt wird. Wahrscheinlich ist es in den nächsten zehn Jahren soweit.»

      Ob und wann sein Verfahren praxisreif wird, ist unklar. White ist im Ruhestand, sein Labor an der Case Western Universität existiert nicht mehr. Bereits 1997 hatte er eine Kopftransplantation für 1999 angekündigt - in der Ukraine, um rechtlichen Problemen mit US-Behörden aus dem Weg zu gehen.

      Ethische Probleme sieht der Arzt bei der Operation nicht: «Wir können das Gehirn und mit ihm Geist und Seele verpflanzen», behauptet White. Der Körper sei lediglich eine Art Batterie, die dafür sorgt, dass das Gehirn am Leben bleibt. (nz/dpa)


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