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    lasst uns jetzt über toleranz reden... recht und freiheit führen offenbar zu kampf - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 06.02.06 11:44:04 von
    neuester Beitrag 07.02.06 08:31:00 von
    Beiträge: 12
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      schrieb am 06.02.06 11:44:04
      Beitrag Nr. 1 ()
      was meint ihr dazu?

      Was bedeutet Toleranz heute?
      Überlegungen aus Anlass des Karikaturen-Streits

      Die durch Mohammed-Karikature provozierte Krise in den Beziehungen zwischen der islamischen und der westlichen Welt wäre vermeidbar gewesen. Unsere frühneuzeitlichen Vorfahren nämlich kannten sogenannte Schmäh- verbote, die um des interkonfessionellen Friedens willen eingehalten wurden.



      Kann ein säkularer, demokratischer, europäischer Staat religiös begründete Gebote akzeptieren? Selbstverständlich. So atmen etwa unsere Feiertagsregelungen konfessionelle Traditionen. Über die Gültigkeit von Normen entscheidet nicht deren (religiöser oder säkularer) Inhalt, sondern der souveräne Gesetzgeber. Insofern kann es in einer europäischen Demokratie religiös motivierte Vorschriften geben - aber nur diejenigen, welche sie sich selbst auferlegt. Nun hat der Kulturredaktor der Zeitung «Jyllands-Posten» ausgelotet, inwieweit fremde religiöse Vorschriften im säkularen Dänemark informelle Geltung haben, wie weit die «Selbstzensur» gehe (NZZ 3. 2. und 4. 2. 06). Das war ein doppeltes Experiment: Wie stellen westliche Karikaturisten den islamischen Religionsstifter dar? Und wie reagiert eine Religionsgemeinschaft, die solche Abbildungen verbietet, auf diese Bilder? Bilder, wohlgemerkt, nicht von braven Kinderbuchillustratoren, sondern von Leuten, die von Berufs wegen Details zuspitzen, Ungewöhnliches hervorheben, dem Schmunzeln oder Spott preisgeben.

      Regeln der globalen Koexistenz
      Die praktizierenden Muslime in Dänemark stürzten sich nicht umgehend auf die Karikaturen, sondern nahmen erst Stellung, als Journalisten sie befragten. Sie gaben die Antwort, welche die Experimentatoren schon im Voraus kannten; die Antwort, die zwingend war, wenn die Befragten die Gebote ihrer Religion ernst nahmen. Sie protestierten gegen die Bilder, die unter anderem den Propheten als Finsterling mit einer Bombe samt Zündschnur als Turban darstellten. Ebenso müsste jeder Christ protestieren, wenn der Heiland mit einem Atompilz als Nimbus gezeichnet würde. Und ähnlich würde, um ein säkulares Beispiel zu wählen, jeder von uns protestieren, wenn sein Konterfei in eine blutverschmierte SS-Uniform hineinretuschiert und öffentlich gezeigt würde. Alle Gesellschaften haben Tabus, alle Menschen haben empfindliche Bereiche. Alle sind wir darauf angewiesen, dass andere diese Tabus und Empfindlichkeiten respektieren, wenn wir einander gleichberechtigt, würdevoll begegnen wollen. Aber natürlich haben wir unterschiedliche Tabus, und ebenso selbstverständlich sind sie dem historischen Wandel unterworfen. In Sachen Bilderverbot braucht dies in Zwinglis Zürich nicht betont zu werden.

      Im Islam werden solche Vorschriften weiterhin sehr ernst genommen, wie das Experiment von «Jyllands-Posten» bestätigt. Damit ist die Aktion auch ein kleiner Teil des globalen Ringens um die Spielregeln, die das Zusammenleben der einander unheimlich nahe gerückten Kulturen bestimmen sollen. Entsprechend grundsätzlich wird argumentiert: heilige Meinungsäusserungsfreiheit contra heiliger Respekt vor religiösen Gefühlen. Diese Problematik führt über das nationale Recht hinaus, das der dänische Souverän festlegen kann oder das «France-Soir» trotzig behauptete: «Oui, on a le droit de caricaturer Dieu.» Wenn wir in unseren Staaten das Recht haben, unsere traditionellen Götter zu karikieren, müssen wir dann auch das Recht beanspruchen, den Gott von anderen zu karikieren? Man muss ein Recht nicht unter allen Umständen ausüben, um es weiterhin zu haben und seiner nicht verlustig zu gehen. Verantwortungsgefühl gebietet oft Zurückhaltung. Auch Verkehrsteilnehmer dürfen das Vortrittsrecht nicht erzwingen, weil die Gefährdung von Leben schwerer wiegt als eine vorübergehende, bescheidene Einschränkung der subjektiven Rechte.

      Toleranz tut weh
      Es geht in dieser Auseinandersetzung nicht um kulturelle Freiheit in einem Land, sondern um kulturelle Macht auf dem Erdball; um die Macht, ganz konkrete Tabus aufrechtzuerhalten oder sie abzubauen. Wenn globale Spielregeln nicht als Diktat eines übermächtigen Abendlands entstehen, sondern - nachhaltiger, wenn auch anspruchsvoller - als kulturelle Angleichung von Normen, dann ist Toleranz nötig. Toleranz meint nicht die gängige religiöse Indifferenz, für die Buddhisten, Baptisten und Bhagwan gleichermassen irrelevant sind. Toleranz im historisch ursprünglichen Sinn bedeutet, dass der Mächtigere religiöse Abweichungen duldet, obwohl sie ihn zutiefst irritieren - und solange sie nicht die öffentliche Ordnung gefährden. Toleranz ist eine Zumutung: Sie anerkennt nicht eine andere Überzeugung als prinzipiell gleichwertig; sondern sie erträgt mit Mühe eine Überzeugung, die sie nicht versteht, ja ablehnt. - In unserer multikulturellen Weltgesellschaft braucht es pragmatische Toleranz, die - zum Beispiel - das islamische Bilderverbot weder verstehen noch innerlich billigen muss, aber um des friedlichen Zusammenlebens willen diese Differenzen nicht aggressiv thematisiert, keine Experimente macht; erst recht nicht, wenn deren explosiver Charakter absehbar ist. Unsere frühneuzeitlichen Vorfahren kannten Schmähverbote: nicht weil die Zürcher oder Luzerner Obrigkeiten die andersgläubige Konfession akzeptierten, aber weil sie sich nicht von theologischen Prinzipienreitern in Bürgerkriege treiben lassen wollten. Auch heute sind die Nutzniesser von Eskalationen nicht liberale Vertreter von Freiheitsrechten, sondern die Integralisten: Chauvinisten und Säkularisten hüben, Islamisten drüben.

      Eskaliert der Konflikt, ergibt sich ein fataler Solidarisierungszwang: Jede weitere Zeitung, die Mohammed-Karikaturen abdruckt, führt Zehntausende den muslimischen Demonstrationszügen zu; und Attacken auf die Pressefreiheit, gar der Mord an einem Karikaturisten würden uns zwingen, uns für Freiheitsrechte und Rechtsordnung in die Schanze zu werfen. Schon jetzt titelt das belgische «Brussels Journal», das die Karikaturen im Internet zeigt: «We are all Danes now». Die Dänen selbst sprechen sich bei Umfragen klar für deren Veröffentlichung und gegen eine Entschuldigung aus.

      Eine verantwortungsvolle Presse schürt solche Konflikte nicht, schon gar nicht in einer aus vielen Gründen ohnehin schwierigen Beziehung. Wenn einige der Karikaturen den Islam mit Gewalt assoziieren, so hat das ja nicht nur mit der christlichen Fremdwahrnehmung, sondern auch mit der Selbstdarstellung allzu vieler Muslime zu tun. Toleranz heisst also nicht bedingungslose Duldsamkeit. Es gibt nicht nur Rechtsnormen, es gibt auch kulturelle Werte, die für uns Abendländer unverhandelbar sind. Doch wenn auf dieser Welt statt autistischer Monologe ein interkultureller Dialog geführt werden soll, muss dieser unverhandelbare Wertekatalog möglichst eng definiert werden. Es darf sich nicht jede, zumal jede selbst verursachte Komplikation zu einer Staatsaffäre zu einem Prinzipienstreit auswachsen. Was verlieren wir an Freiheit, an Lebensqualität, an Selbstverwirklichungsmöglichkeiten, wenn wir freiwillig, respektvoll oder tolerant darauf verzichten, den Propheten einer anderen Religion zu karikieren oder überhaupt darzustellen? Nichts.

      Thomas Maissen

      Der Autor, der über mehrere Jahre für historische Analysen zuständiger redaktioneller Mitarbeiter unserer Zeitung war, lehrt an der Universität Heidelberg neuere Geschichte.
      Avatar
      schrieb am 06.02.06 12:06:52
      Beitrag Nr. 2 ()
      Na, dann seid fleißig tolerant und verantwortungsvoll gegenüber irgendwelchen religiösen Mordbrennern.

      Nach dem Fall der Mauer druckte die Zeitschrift Titanic eine monatliche Kolumne des arbeitslos gewordenen DDR Agitators Karl-Eduard v. Schnitzler (vulgo: Sudel-Ede). Einige eben erst von der Diktatur befreiten Mitbürger fühlten sich damals auch sofort in ihren Gefühlen verletzt, wenigstens einige sahen es als erste Lehrstunde in Sachen Pressefreiheit.

      Wenn die Pfaffen aller Farben meinen, sie müßten tote "Propheten" oder "Gottessöhne" gegen lebende Menschen verteidigen, sollen sie es in der Moschee oder in der Kirche tun. Wenn im Zuge dessen Straftaten begangen werden ist es ein Fall für die Gerichte. Und wer einen Koran im Klo für schlimmer hält als Folter und Isolationshaft soll gleich nach Teheran zu seinen Geistesbrüdern.
      Avatar
      schrieb am 06.02.06 12:14:22
      Beitrag Nr. 3 ()
      Satire hat noch keinen umgebracht,
      der Islam schon....
      Avatar
      schrieb am 06.02.06 12:21:49
      Beitrag Nr. 4 ()
      Was muß ich eigentlich von einer freiheitlichen und toleranten westlichen Presse halten, die es nicht für nötig erachtet hat zu melden, daß bereits im Dezember letzten Jahres eine freundlichen pakistanische Organisation ein Kopfgeld auf den Dänen ausgesetzt hatte.

      http://www.welt.de/data/2006/01/13/830519.html
      Avatar
      schrieb am 06.02.06 12:32:58
      Beitrag Nr. 5 ()
      #3
      "Satire hat noch keinen umgebracht..."
      das ist schlicht falsch!

      #1
      mit der tolleranz ist das so eine sache. sie ist eben nicht teilbar. man kann leider nicht ein "bisschen" tollerant sein.
      wenn man in den usa die amerikanische flagge in der öffentlichkeit verbrennt, landet man dafür im knast. sebst wenn man noch minderjährig ist. so ist das eben.

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      schrieb am 06.02.06 12:33:33
      Beitrag Nr. 6 ()
      [posting]20.061.474 von Dollarscheffler am 06.02.06 12:14:22[/posting]Also Islam hat jemand umgebracht, so wie die das Christentum oder der Zionismus?

      Bist mir aber ein ganz schön radikaler Dollarscheffler!

      Gruß Kirschkern1
      Avatar
      schrieb am 06.02.06 13:28:35
      Beitrag Nr. 7 ()


      Frontwechsel

      Amerikas Regierung und die großen Medien sind sich einig: die Mohammed-Cartoons gehören nicht in die Zeitung. Rechte Blogger halten dagegen und entdecken ihre Liebe zu den Dänen

      Von Thomas Kleine-Brockhoff

      Das offizielle Amerika ist sich einig: Die Karikaturen hätten nicht gedruckt werden dürfen. Die Provokation einer religiösen Minderheit, ganz klar. Wäre in Amerika nicht passiert. Mal wieder ein transatlantischer Dissens. Nur diesmal mit verkehrten Rollen: Aus dem "alten Europa" stammen die Stimmen der Unnachgiebigen, die ihre Meinungsfreiheit gegen die Intoleranz verteidigen wollen. Aus der neuen Welt kommen jene, die Religionsfreiheit und Respekt vor Minderheiten betonen.

      In der Presse gibt es eine stille Übereinkunft: Die Cartoons werden nicht gezeigt. Nicht in der New York Times und nicht in der Washington Post, nicht in der Los Angeles Times und nicht in der Chicago Tribune. In Chicago trafen sich die Redakteure zu einer längeren Redaktionssitzung. Der Beschluss lautet: "Wir können den Lesern auch klarmachen, worum es geht, ohne die Zeichnungen zu zeigen." Ähnlich argumentiert das konservative Wall Street Journal: "Wir wollen nichts publizieren, das als aufhetzend empfunden werden könnte, wenn es nichts zur Geschichte beiträgt." In klarer Kritik an europäischen Zeitungen wie der ZEIT, die eine oder mehrere Zeichnungen nachdruckten, schreibt die Washington Post: "Keine ernsthafte amerikanische Zeitung würde Zeichnungen von Jesus in Auftrag geben, in denen es nur darum geht, Christen zu ärgern. Und wenn es doch geschähe, so wäre die Reaktion gewiss. Politiker würden sofort zum Kongress pilgern und ein Gewitter würde auf die Übeltäter niedergehen." Was in Dänemark geschah, findet die Post, sei Ergebnis des "religiösen Fundamentalismus, angeheizt durch politischen Fundamentalismus." Es scheint die Pressefreiheit gemeint zu sein. Ein bemerkenswerter Satz.

      Das Fernsehen, obwohl angewiesen auf Bilder, reagiert ähnlich. Nichts zu sehen auf CBS, auf CNN nur ein verschwommenes Bild. Nur ABC hat eine der Karikaturen einige Sekunden lang gezeigt. Ein Sprecher des Senders rechtfertigt seinen Arbeitgeber so: "Wir konnten dem Publikum nicht wirklich erklären, worum es in der Kontroverse geht, ohne die Kontroverse zu zeigen."

      Die Verblüffung der amerikanischen Journalisten über einen Teil ihrer europäischen Kollegen entspringt dem amerikanischen Verständnis von religiöser Toleranz. Das Land kennt keine Mehrheits-Religion. Es wurde als Staat der Sekten gegründet. Von allem Anfang an mussten alle Bewohner die religiösen Sitten aller anderen Bewohner tolerieren. Heute respektiert die Gesellschaft – Arbeitgeber wie Schulen – religiöse Feiertage aller Religionen. Ramadan spielt im christlichen Teil Amerikas eine größere Rolle als im christlichen Teil Deutschlands - obwohl der Anteil der Muslime in Amerika wesentlich kleiner ist. Ständig sehen sich Offizielle in multi-religiösen Städten wie New York dem Vorwurf der Benachteiligung einer oder mehrerer Gruppen ausgesetzt. Drum tun sie alles, religiöse Aufwallungen zu vermeiden. So erklärt sich der Streit, ob Weihnachten noch Weihnachten heißen darf. Eine entchristlichte Variante, eine "Feriensaison", würde jüdische und afro-amerikanische Feiertage einschließen. Schon heute steht neben Christbäumen vielfach die Menora, um religiöse Vielfalt auszudrücken.

      Aus der Perspektive der weitgehenden Gleichberechtigung von Mehrheits- und Minderheitsreligionen im öffentlichen Raum mutet die Veröffentlichung der Karikaturen in Europa geradezu hinterwäldlerisch an. Europa, so klingt mancher Kommentar, habe mal wieder die Moderne nicht verstanden. Komme mit Einwanderung nicht zurecht, mit Glauben nicht, also nicht mit Minderheiten. Kein Wunder also, dass sich die Muslime beschweren. Das Unverständnis gegenüber der alten Welt drückt Bill Clinton ziemlich radikal aus. Er sagt: "Und was sollen wir nun tun? ... Antisemitische Vorurteile gegen antimuslimische Vorurteile austauschen?" In dieser Äußerung spiegelt sich das Misstrauen, der Geist des Rassismus schlummere irgendwo in Europa. Auch das Genre der politischen Karikatur selbst weckt in Amerika Erinnerungen an den Stürmer, wie ein Satz auch der New York Times zeigt: "Die Stereotypisierung durch Cartoons hat eine dunkle Geschichte in Europa, wo antisemitische Karikaturen den Holocaust anfachten, genauso wie sie noch heute die anti-israelische Propaganda im Nahen Osten befeuern." Sogar die amtierende Regierung reiht sich ein in diesen Mainstream. Der Sprecher des Außenministeriums sagte, die Karikaturen wirkten verletzend für Muslime. Es sei nicht akzeptabel, in dieser Weise religiösen und ethnischen Hass hervorzurufen. Pressefreiheit müsse mit Verantwortung ausgeübt werden.

      Bei so viel Einigkeit kann es nicht ausbleiben, dass sich eine kleine Opposition ihr eigenes Forum schafft. Das ist - wie häufig - das Internet. Diverse politische Blogs haben ihre Gestaltung verändert und erscheinen in den dänischen Farben. "Wir sind alle Dänen", steht drüber, oder: "Die Freiheit verteidigen. Dänemark verteidigen". Am Sonntagnachmittag, vor dem wichtigsten Sportereignis des Jahres, dem Endspiel der amerikanischen Football-Meisterschaft, gab ein Reserve-Soldat bekannt, er wisse nicht viel über Dänemark, außer dass es eine westliche Demokratie sei. Nun werde er aber, bevor er das Spiel anschaue, dänisches Bier einkaufen. Den arabischen Boykott dänischer Produkte haben nämlich diverse Blogger mit dem Aufruf beantwortet: "Kauft dänisch." Im Internet kursieren Listen dänischer Produkte von Legosteinen bis H2O-Kleidung.

      Diese Blogger gegen den politischen Mainstream stehen fast sämtlich politisch rechts. Zum Marktplatz der Cartoon-Opposition ist michellemalkin.com geworden. Hier finden sich auch Versuche, den Mainstream zu erklären. Haupt-These: Das links-liberale Amerika habe seine Multikulti-Ideologie verinnerlicht, glaube an die Viktimisierung immer neuer Gruppen durch den machthabenden Westen und übersehe die Herausforderung westlicher Freiheit durch die Ideologie der Intoleranz. Eine gezielte Kampagne nahöstlicher Diktaturen spiele mit dem verbreiteten Schuldkomplex im Westen.

      Für die politische Rechte ist die Solidarisierung mit alteuropäischen Zeitungen eine bemerkenswerte Wende. Denn in Zeiten der Irak-Debatte waren es ja die Alteuropäer, die nach Lesart der Rechten alle Maßstäbe und vor allem ihr Rückgrat gegenüber dem radikalen Islam verloren hatten. Wie sich die Zeiten ändern. Der Cartoon-Streit lässt die Frontlinien innerhalb der westlichen Welt verschwimmen.

      http://www.zeit.de/online/2006/06/karikaturen_usa
      Avatar
      schrieb am 06.02.06 13:31:37
      Beitrag Nr. 8 ()
      „Zur Hölle mit der Demokratie“

      Die sonst nicht zimperlichen britischen Medien haben im Konflikt um die Mohammed-Karikaturen erstaunliche Zurückhaltung demonstriert. Und die Regierung Blair treibt die Angst um vor neuen Terroranschlägen

      Von Jürgen Krönig

      Hassverzerrt waren die Gesichter der muslimischen Demonstranten, die am Wochenende vor der dänischen Botschaft in London aufzogen, dräuend ihre Plakate und Slogans: „Zur Hölle mit der Demokratie“, „köpft“, „massakriert“, „vernichtet“ jene, die den Islam beleidigen; auch gereimt wurde auf einigen Plakaten: „Britain will pay – 7/7 is on its way“, Großbritannien werde mit neuen Selbstmordanschlägen zu „bezahlen“ haben. Die Kalifatspartei Hizb ut - Tahrir, in diversen Ländern Europas verboten, auf der Insel immer noch unbehelligt, war maßgeblich an der Inszenierung der Proteste beteiligt. Trotz der hetzerischen Tiraden und den Aufrufen zu Terror und Mord griff die Polizei nicht ein; dabei steht selbst in Großbritannien, einem Land mit einer ausgeprägten Tradition von Meinungsfreiheit, die Aufhetzung zu Mordtaten unter Strafe.

      Die britische Presse, nicht gerade als zimperlich bekannt, hatte im weltweiten Konflikt um die Mohammed-Karikaturen erstaunliche Zurückhaltung demonstriert. Keine einzige Zeitung veröffentlichte die Abbildungen. Die Sun, größtes Massenblatt des Landes, sprach im Grunde für alle Gazetten: Gewiss müsse das Recht auf Meinungsfreiheit unbedingt verteidigt werden. Doch nachzuziehen und die kontroversen Abbildungen nachträglich zu veröffentlichen, sei unnötig. Muslime könnten dies zu Recht als beleidigend empfinden. Die BBC dagegen, normalerweise äußerst penibel auf politische Korrektheit bedacht, präsentierte die Karikaturen, wenn auch nur flüchtig, in ihren Fernsehnachrichten, indem sie die Seiten der entsprechenden europäischen Zeitungen kurz ins Bild rückte – im „Interesse des Kontextes“, ansonsten könnten die Zuschauer die Hintergründe des Aufruhrs nicht verstehen. Diese journalistische Sorgfaltspflicht heimste der BBC aus muslimischen Kreisen die Drohung einer Fatwa ein, ähnlich der gegen Salman Rushdie, den Autor der „Satanischen Verse“. Inzwischen hat sich der Sender öffentlich entschuldigt.

      Fanatismus und Maßlosigkeit der muslimischen Reaktion stoßen sich hart mit dem britischen Bemühen, alles zu tun, um den Konflikt zu entschärfen und eine Eskalation zu vermeiden. London war sogar bereit, eine gewisse Distanz zu anderen europäischen Regierungen in Kauf zu nehmen. Während Paris und Berlin das Recht auf Meinungsfreiheit unterstreichen, betont der britische Außenminister Jack Straw die „Verantwortung“, die mit dieser Freiheit verbunden sei und hat die Entscheidung europäischer Zeitungen kritisiert, die dänischen Karikaturen zu publizieren. London treibt die Sorge um, die eigene muslimische Minderheit könne sich noch stärker provoziert und „diskrimiert“ fühlen als es ohnehin ständig der Fall zu sein scheint. Man kann es auch anders ausdrücken: Die Regierung Blair treibt die Angst um vor neuen Terroranschlägen.

      Die Lage gilt nach den Terrorakten vom Juli 2005 als äußerst gespannt. Eine Frage der Zeit sei es nur, bis muslimische Selbstmordbomber erneut zuschlagen würden, hieß es gerade erst in einem Untersuchungsbericht. Um die britischen Muslime zu besänftigen, war die Labourregierung sogar bereit, ein fragwürdiges Gesetz zu verabschieden, das die Anstiftung zu „religiösem Hass“ unter Strafe stellt. Muslimische Kreise hatten darauf gedrängt.

      Mit einer Stimme Mehrheit wies das Unterhaus vergangene Woche den Entwurf der Regierung zurück und verabschiedete ein stark abgeschwächtes, beinah zahnloses Gesetz. Die Abgeordneten folgten damit den Einwänden von Künstlern, Intellektuellen und Literaten, die das Gesetz als gefährlichen Anschlag auf die Freiheit gebrandmarkt hatten.

      In Großbritannien steht man vor dem gleichen Dilemma wie anderswo in Europa: Das Konzept westlicher Freiheit, mitsamt des Rechtes, Religionen verspotten und beleidigen zu dürfen, wird von den meisten Muslimen weder verstanden noch akzeptiert. Deshalb die Forderung aus muslimischen Kreisen, europäische Regierungen mögen sich für redaktionelle Entscheidungen entschuldigen, deshalb der absurde Appell aus Saudi Arabien, der Papst möge solche Veröffentlichungen untersagen, deshalb der kollektive Schuldspruch, der über europäische Staaten verhängt wird.

      Maßlosigkeit und Fanatismus der islamischen Reaktion erschreckten nun auch jene linksliberalen Kreise in Großbritannien, die instinktiv zu multikultureller Beschwichtigung tendieren, andererseits das Christentum bei jeder sich bietenden Gelegenheit genüsslich mit blasphemischen Attacken überziehen. Ein Beispiel lieferte im letzten Jahr die Jerry Springer Oper, in der ein schwuler Jesus in Windeln über die Bühne tanzte. Das Stück lief monatelang im Londoner Westend und wurde von der BBC ausgestrahlt, ungeachtet zahlreicher, allerdings friedlicher christlicher Proteste.

      Offenkundig schockiert über den Fanatismus, der in der islamischen Welt von Klerikern systematisch geschürt wird, befand der linksliberale Guardian in seinem Leitartikel am Wochenende, die Reaktion in muslimischen Ländern sei „maßlos“ und stehe in keinerlei Verhältnis zu jeglicher Beleidigung, „ob eingebildet oder real“.

      Eines lässt sich nicht übersehen: in vielen Ländern der islamischen Welt werden andauernd garstigste Bilder antisemitischen und antichristlichen Charakters verbreitet. Ganz abgesehen von der notorischen Missachtung von Menschenrechten und Bürgerfreiheiten. Freie Rede aber ist das Fundament einer freien Gesellschaft. Ohne das Recht darauf kann Freiheit nicht existieren. Man mag durchaus aus gutem Grund mehr Selbstdisziplin anmahnen in multiethnischen und multireligiösen Gesellschaften, wie sie sich in Großbritannien und anderen europäischen Ländern in den vergangenen Dekaden herausgebildet haben. Auch ist nichts gegen die Forderung nach einem „verantwortlicheren“ Umgang mit dem Recht der Meinungsfreiheit einzuwenden, auch wenn man vor allem dann danach verlangt, wenn Auffassungen und Glaubenssätze verspottet oder verunglimpft werden, die einem selbst besonders am Herzen liegen. Am Ende aber dreht sich der Konflikt um einen Wert, der für die westliche Zivilisation essentiell und damit unverzichtbar ist. Wer dies nicht begreift, hat die Lektionen der Geschichte nicht verstanden. Totalitäre Herausforderungen lassen sich durch Appeasement, durch Beschwichtigung, nicht friedlicher stimmen. Sie werden nur zu weiterer Agression ermuntert.
      http://www.zeit.de/online/2006/06/karikaturen_gb
      Avatar
      schrieb am 06.02.06 13:31:57
      Beitrag Nr. 9 ()
      [posting]20.061.792 von Kirschkern1 am 06.02.06 12:33:33[/posting]Mensch, Kirschkern, kauf Dir doch endlich mal ein paar Geschichtsbücher. Da kannst Du dann mal erfahren, was im Namen des Islam in Spanien, Frankreich und vielen anderen europäischen Ländern (von Afrika wollen wir gar nicht erst anfangen) angerichtet worden ist. Das soll nichts relativieren in Sachen Verbrechen im Namen des Christentums, aber dieses ewige Geheule vom "Moslem als Opfer" - das ist ja wirklich nicht mehr feierlich.

      Schon klar, dass das in Schulen nicht unterrichtet wird, weil der Geschichtsunterricht in Deutschland ja fast ausschließlich das Dritte Reich abhandelt und alles, was mit Moslems zu tun hat, in vorauseilendem Gehorsam oder sogar inzwischen auf Druck der türkischen Regierung (so geschehen im brandenburgischen Lehrplan) von den Lehrplänen verschwindet. Man kann es kaum für möglich halten, aber es war wirklich so.

      LM (die seitdem unserem Super-Umfaller Mathias Platzeck mehr als skeptisch gegenübersteht)
      Avatar
      schrieb am 06.02.06 14:41:24
      Beitrag Nr. 10 ()
      [posting]20.062.626 von LadyMacbeth am 06.02.06 13:31:57[/posting]Also du meinst, weil im Namen des Islam hingerichtet wurde,(das weißt du aus deinen Geschichtsbüchern und ist von mir unbestritten)soll es den Islamisten auch mal richtig gegeben werden.

      Oder ist alleine im Namen XY schuld?

      "Auge um Auge, Zahn umd Zahn"

      Hab ich dich da richtig verstanden?

      Gruß Kirschkern1
      Avatar
      schrieb am 06.02.06 22:32:35
      Beitrag Nr. 11 ()
      [posting]20.063.679 von Kirschkern1 am 06.02.06 14:41:24[/posting]Kirschkern, ich habe mich auf Deinen Satz bezogen "Also Islam hat jemand umgebracht, so wie die das Christentum oder der Zionismus?"

      Du meinst also, eine Religion könne niemanden umbringen, aber das Christentum kann. Findest Du das logisch?


      Dein Satz "Also du meinst, weil im Namen des Islam hingerichtet wurde,(das weißt du aus deinen Geschichtsbüchern und ist von mir unbestritten)soll es den Islamisten auch mal richtig gegeben werden." - das ist wirklich eine Dreistigkeit allererster Güte, und ich würde mir an Deiner Stelle wirklich gut überlegen, was Du hier anderen anzuhängen versuchst, nur weil sie nicht auf Dein islamisches Heiapopeia einstimmen.

      Ich verbitte mir hier von Dir die Unterstellung, ich wäre mit der Ermordung von Moslems einverstanden - ich habe mich NIE, wirklich NIE in auch nur annähernder Weise geäußert. Und was Du hier gerade versuchst, ist diese uralte sehr verbreitete Multi-Kulti-Strategie, jedem Moslemkritiker eine Art Neonazi- oder Mörderethik anzuhängen - was für mich einfach nur zeigt, was wirklich hinter der Maskerade einiger Multi-Kultis steckt - nämlich eine beinharte Ideologie, die ohne jegliche Skrupel vorgeht. Glückwunsch, Kirschkern. Jetzt wissen wir immerhin, wie Du wirklich tickst.

      LM
      Avatar
      schrieb am 07.02.06 08:31:00
      Beitrag Nr. 12 ()
      [posting]20.072.328 von LadyMacbeth am 06.02.06 22:32:35[/posting]Wenn ein Konflikt zur Krise wächst, sind geschichtliche Bezüge auf "Im Namen" einer Religion durchgeführte Gräueltaten in meinen Augen eskalierend und hetzerisch.

      Die Religionen habe alle mehr oder weniger schlechte Anhänger, deren Taten von anderen schlechten Anhängern gerne dazu benutzt werden, ihrerseits wieder etwas "Böses" zu fordern oder zu tun!

      Darauf habe ich in meiner Fragestellung an dich reagiert.

      Wenn Du damit nicht gut umgehen kannst, ist das dein Problem.

      Deine Unterstellungen von wegen Multi-Kulti usw. sind unpassend, wenn diese auf mich beziehst.

      Davon kannst du dich leicht selbst überzeugen!

      Brauchst nur mal in den von mir veröffentlichten Beiträgen ein bisschen zu lesen.

      Gruß Kirschkern1


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